In sich stimmig
„Die Geschichte ist in sich stimmig.“ – Eine oft verwendete Formulierung in Kritiken, die ausdrücken soll, daß die Geschichte von der Handlung her gut gelungen ist, alles zusammenpaßt.
Lesen oder schreiben wir deshalb gerne Geschichten, weil sie in sich stimmig sind? Es wird alles hingebastelt, damit es stimmt, Protagonisten wird etwas nachträglich in den Mund gelegt, damit die Geschichte im Ganzen stimmiger wird. Handlungen werden verändert, um ein stimmiges Gesamtbild abzugeben. Doch was ist eigentlich stimmig? Eigentlich stimmt das ja nicht unbedingt, denn in der Realität ist vieles nicht stimmig, sondern unstimmig. Schreiben wir uns deshalb in sich stimmige Geschichten, weil wir die unstimmige Realität nicht sehen wollen, können? Oder/und weil wir von den Stimmigkeiten träumen, die wir leider nur selten tatsächlich erleben?
Wie stimmig ist das Bild, wenn einer nicht weiß, wie er sein Vermögen am sparsamsten versteuert, der andere die letzten Cent zusammenkratzt für ein Mittagessen?
Wie stimmig ist das Bild für die Frau, die sich ein Kind wünscht und doch nicht schwanger werden kann, wenn sie von Kindesweglegung liest?
Wie passen Dürre und Hochwasser zusammen?
Wie stimmig ist das Bild der Welt, das eine israelische Frau ihrem Kind vermitteln kann?
Wie stimmig ist das Leben in sich selbst?
Geht in der Realität alles so gut aus, wie in den meisten Geschichten?
Versuchen wir, uns die Wirklichkeit vom Hals zu schreiben?
Vielleicht, weil wir nicht hinsehen wollen, daß in der Realität nicht immer einer kommt und hilft? Oder erkennt oder hinweist oder vielleicht, weil wir meinen, keinen Einfluß nehmen zu können, wie auf unsere Protagonisten?
(Ich hoffe, meine Gedanken kommen in sich stimmig an...?)