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Der Besuch der alten Freunde

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14.10.2001
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Der Besuch der alten Freunde

Der Besuch der alten Freunde

Ich heiße Johanna. Ich bin Hausfrau, Mutter von zwei Studenten und Teilzeitkraft im Aldi. Frage mich jetzt nicht, wie das alles zeitlich klappt; ich habe schon lange her aufgegeben darüber nachzudenken. Eins steht fest: ohne mein Einkommen könnten wir die Hypothek nicht zahlen, ganz von den Studienkosten zu schweigen. Günther, mein Mann, ist Elektrotechniker bei einer Kleinfirma in Kassel, wo er für wenig Geld recht viel arbeiten muss.

Günther hat einen Freund namens Lucas. Er ist 38 Jahre alt, erfolgreicher Rechtsanwalt in Göttingen und er hat eine langbeinige Frau namens Sieglinde sowie zwei Söhne im Alter von 13 und 14. Lucas kennt meinen Mann, den Günther, schon sehr lange - sie spielten zusammen als Kinder. Ihre Lebenswege trennten sich erst als Lucas aufs Gymnasium ging und Günther in die Hauptschule, doch sie hielten die Freundschaft aufrecht.

Weil unsere Söhne zu Weihnachten in Australien waren, hat Günther seinen Freund Lucas und Familie auf einen Besuch bei uns über die Weihnachtszeit eingeladen, ohne das Ganze mit mir abzusprechen. Dass er nichts vorher abspricht, überrascht mich nicht – obwohl wir mit einander gut kommunizieren, weiß er, dass ich generell wenig von seinen vermeintlichen Freunden halte. Er hat halt in diesem Bereich wenig Feingefühl und seine „Freunde“ sind das, was ich unter „Kumpels“ verstehe. Er hat mich also überrumpelt und erzählte nachher, dass er gedacht hat, wir hätten das irgendwann besprochen und ich wäre damit einverstanden. Das alles ging noch. Dass er aber mit Lucas einen 10-tägigen Besuch festgelegt hat. Also, mein lieber Junge - so lange mit Lucas und Sieglinde in unserer Wohnung, ganz von den zwei Teenagern zu schweigen. Na gut, dachte ich mir - aus Erfahrung wird man schlau. Oder soll ich etwa stundenlang auf ihn einreden, bis er sich das anders überlegt? Nein, nein. Vielleicht wird es für ihn ja auch eine Freude sein – und er arbeitet doch sehr viel...

Sie kamen also am 24. bei uns an und verbrachten zwei Stunden erst mal damit, dass sie die Koffer und Weihnachtsgeschenke vom Range Rover ins Haus schleppten. Die zwei Jungen wollten gleich nach dem Kaffeetrinken ins Wohnzimmer und sich vor den Fernseher pflanzen, um den Berg mitgebrachter Science Fiction-Videos zu gucken, doch die Sieglinde fand, sie sollten sich am Erwachsenengespräch beteiligen. Ja, da haben sie sich natürlich riesig gefreut.

"Und was macht's Geschäft, Günther?" Fragte Lucas, nachdem die Sieglinde den Kindern deutlich gemacht hat, sie sollten dort auf ihren Stühlen bleiben und gefälligst zuhören.
Günther bleibt locker: "Na ja - kann mich nicht beschweren. Geht ja doch noch."
Sieglinde, begeistert, funkte ein: "Könntest du nicht deine Tätigkeit auf Computer erweitern, Günther?"
Lucas schaute verlegen zum Boden und Günther stockte kurz, bevor er sagte: "Na ja - könnte ich zwar machen, aber da müsste ich noch eine Schulung machen. Das haut nicht hin mit der Zeit. Schließlich muss ich was verdienen."
Sieglinde ließ nicht los. "Aber das wäre doch noch was, oder? Ich meine, unheimlich viele Leute haben Computer heutzutage... "
"Noch jemand eine Tasse?" Unterbrach ich.
"Oh ja, gerne" sagte Lucas, die Tasse erwartungsvoll vor sich gehalten. Er fing an, verzweifelt zu reden. "Das war eben eine lange Fahrt und es war viel Verkehr auf der Straße. Bin froh, dass wir überhaupt durchgekommen sind."
Es entstand ein kurzes Schweigen, das drohte, sich in ein langes zu verwandeln.
Sieglinde ließ sich nicht so leicht schlagen: "Obwohl, im Range Rover sitzt man total bequem und die Jungs habe viel Platz hinten, oder, was meint ihr, Kinder?"
"Ja - ist ganz gut", sagte lustlos Andreas, der Jüngere, indem er versteckt Fäden aus der Tischdecke zog.
Die Sieglinde schaute die zwei Jungen lieblich an und grinste dabei ganz breit. Es entstand dann doch ein langes Schweigen.

Es fiel mir etwas ein. "Sagt mal, Jungs - hinten im Garten ist der alte Basketballkorb noch - wollt ihr nicht mal schauen ob ihr's schafft den Ball durchzuschmeißen?"
Adrian, der Ältere, guckte seinen Bruder an, bekam keine Reaktion und so fasste er ihn an der Hand und führte ihn zur Verandatür. Sie gingen hinaus.

"Sag mal, Lucas," fragte Günther, indem er eine Schnapsflasche vom Regal holte und auf den Tisch stellte - das geht doch gut mit der Kanzlei, wenn du dir so'n Bonzenwagen da leisten kannst. Was verdienst du heutzutage?"

"Ach, um die 20 Tausend im Monat, wenn's gut läuft. Kann nicht klagen."

"Ach du heiliger Strohsack - das ist glatt das Fünffache von mir. "

"Ja aber Günther, du musst dich nicht mit diesen ekligen Spießer den ganzen Tag anbiedern, - und dann noch das sich verstellen und immer schick anziehen und weiß der Teufel was. Das ist auch nicht das Wahre."

"Hast schon recht - dafür kann ich immer Jeans anziehen und bin mein eigener Herr. Das stimmt schon, aber......" Günther zuckte mit den Achseln.

"Und das ist was Wert, Günther, das kann ich dir sagen. Ich pfeife auf das Geld. Würde ich sofort aufgeben, wenn ich Haus und Familie nicht hätte"

Sieglinde hatte wohl ihren Mann nie so reden hören. Sie war richtig verblüfft über diesen kurzen Wortwechsel. Sie grinste noch, aber ich konnte sehen, dass sie Lucas in einem stillen Moment fragen würde, was ihm einfiele, anderen Leuten sein/ihr Einkommen zu verraten - und überhaupt, solche Aussagen zu machen - "Wenn ich Haus und Familie nicht hätte... "

Günther und Lucas fachsimpelten weiter - sie hatten sich lange nicht mehr gesehen. Ich wollte Sieglinde gerade ansprechen, um den Frieden zu retten, als sie plötzlich aufstand und sagte:
"Ich geh raus und schau, was die Jungs machen." Und war weg. In dem Moment fragte ich mich, wie wir zehn Tage in dieser Wohnung aushalten wollten.


Über die Bescherung machte ich mir am meisten Sorgen. Das Problem war dies: Sieglinde war auf den Didaktik-Trip. Ich ahnte, dass den Kindern etwas Didaktisch-Praktisches in den vielen bunten Kartons von ihren Eltern erwartete, und ich hatte recht. Andreas bekam ein Scrabble-Spiel, natürlich aus Holz. Der Adrian konnte sich über eine Urkunde freuen, die besagte, er würde in den nächsten 21 Monaten jeden Monat ein Band der Schüler-Duden Enzyklopädie bekommen. Außerdem gab's noch einen Stofftierwal von Greenpeace (kostet etwa DM 700 -habe ich neulich in Kaufhof gesehen), zwei bunte Kaftans, zwei Sätze neue Mountainbikesicherheitsklamotten mit Helm und ein Haufen Schurwolle-Klamotten, die sie gleich zum vorzeigen anziehen mussten.
Als sie damit fertig waren, kamen unsere Geschenke für die Kinder an die Reihe. Am liebsten wäre ich gleich in die Küche gegangen. Ich habe mich von den Nachbarkindern sagen lassen, was so dieses Jahr einigermaßen "In" war. Ich hatte also von Sega in der Super-Planetenmegavernichter- Serie das Weltraum-Apokalypse Spiel II gekauft. In den Sekunden, als die Zwei das Geschenk auspackten habe ich mich nicht getraut, Günther in die Augen zu schauen. Sieglinde war sprachlos. Lucas stammelte etwas, um die Stimmung aufrecht zu erhalten. Erbarmen.

Sonst verstrich Weihnachten überraschend reibungslos, obwohl Adrian und Andreas immer aufsässiger wurden und protestierten, sie wollten irgendwas anderes machen, was wir natürlich als nette Leute auch machten. So waren wir vier am 1. Weihnachtstag 5 Stunden in der Eiseskälte mit den Jungen Schlitten gefahren. Ich hatte gedacht, ich wäre die einzige, die das langsam auf den Nerven ging - vielleicht soll man sich ein bisschen mehr mit den Kindern freuen, dann merkt man das nicht. Als wir nach Einbruch der Dunkelheit in die Wohnung kamen sagte ich:
"Das ist vielleicht kalt draußen." Und rieb mir die Hände.
Die Sieglinde warf munter ihre dünne Jacke auf den Haken.
"Ach weißt du, wenn man so viel Spaß hat, merkt man die Kälte nicht mal."
Lucas und Günther sagten nichts. Lucas war dabei seine Schnursenkel aufzumachen, nur gelang ihm dies nicht, weil er absolut kein Gefühl in den Fingern hatte. Günther lächelte schwach, um mal Sieglinde beizustehen, aber der Beschlag auf seiner Brille sagte alles.

Am 28ten hatten wir schon DM 150 von Lucas beim Skat gewonnen - er hat eigentlich Günther gewinnen lassen, bis er schnallte, dass Günther ein regelmäßiger Spieler war. Ab dem Punkt gewannen wir nur hier und da ein Paar Mark.
Die Teenager hatten sich unten in Gunther's Büro vor dem Computer verschanzt und waren irgendwie bei Level 25 gelangt, nachdem sie die feindliche Raumflotte bereits 350 mal ausgerottet hatten. Sieglinde fing an, mehr zu trinken, als sie eigentlich vertragen konnte, und ab und zu ließ sie kantige Bemerkungen über den Lucas mitten in einem gemütlichen Gespräch los. Dinge wie "Ach, arme Lucas - ausnahmsweise hört die ganze Welt nicht auf dich" oder "Na ja, mein Schatz, auch du kannst manchmal Fehler machen". Und "Ach Lucas, schlaf weiter."

Wir aßen jedenfalls alle zusammen in McDonalds am 30. Dezember. Die Teenager hatten alles bestellt, was es zu bestellen gab und ich und Günther gaben uns mit einer Portion Pommes und ein Bier zufrieden. Lucas erlaubte sich einen Mexikanischen Salat und ein Orangensaft. Sieglinde wollte aus Prinzip nichts bestellen. Sie saß da und schweig, während wir all schweigsam gegessen und getrunken haben. Lucas hat, glaube ich, fünf mal sich als überrascht gegeben, dass der Salat doch ganz gut sei, aber davon wollte die Sieglinde nichts probieren.
"Wenn du sagst, dass es gut ist, dann ist es bestimmt auch gut," sagte sie, ohne Lucas anzuschauen.

Nachher liefen wir nach Hause - wir kehrten in ein Weinbistro unterwegs ein, was eine sehr schlechte Idee war, weil statt die erwünschte Wirkung zu haben - nämlich eine Auflockerung der angespannten Stimmung, befestigte der Besuch die bereits gehärtete Stellung der Gruppenmitglieder. Andreas und Adrian steckten eine Mark nach dem anderen in die Flippermaschine, wo sie keineswegs Erfolg hatten. Das Geld stammte von Lucas, der jetzt keine Anstalten machte, den Kindern überhaupt einen Wünsch zu weigern. Er spielte Darts mit Günther in dem Hinterraum, wobei sie Bier mit Schnaps tranken - und das zu schnell. Es ist mir an dem Tag auch zum ersten mal aufgefallen, dass die zwei sich seit drei Tagen nicht mehr rasiert hatten. Ja und sieh an - der Lucas fing an, seine sonst gepflegte Sprache mit Nordhessischen Plattheiten zu würzen und Günther führte sich in der Öffentlichkeit arrogant und großkotzig auf, was er sonst nie tut. Sieglinde saß mir gegenüber am Tisch, rauchte Rothhändle und bestellte ein Glas Rotwein nach dem anderen. Sie erzählte über die Männer, mit dem sie geschlafen hat, bevor sie Lucas kennenlernte - und das in Einzelheiten. Damit sie nicht auch über diejenigen zu erzählen beginnen würde, mit dem sie seitdem geschlafen hat - habe ich zum Aufbruch angeklungen. Ich dachte ihr Besuch bei uns hatte sein Tiefpunkt erreicht.

Wir kamen also doch endlich zum letzen Abend ihres Besuches - sie wollten am 1. nachmittags fahren. Um diese langweilige Zeit zwischen Spätnachmittag und Mitternacht zu überbrücken, packten sie auch den Range Rover bereits, damit sie morgens nur noch die Tragetasche vollkramen und abreisen mussten.

Günther hatte einige Kollegen aus der Branche zu einer Fete bei uns eingeladen. Das war ein spontaner Einfall von Lucas – er wollte die Kollegen von Günther unbedingt kennen lernen. Lauter Elektrogesellen und Techniker von der Stadt mit ihren Ehefrauen. Ich hatte schon einige Ausreden in weit entwickelten Stadion bereit, damit wir das Ganze abzublasen konnten - aber als ich diese Möglichkeit bei Günther anklingen ließ, würde ich mit der festen Meinung zurückgewiesen, dass das alles zu spät war, und ich müsse es nur noch bis morgen aushalten, dann sei das alles überstanden. Schön und gut, dachte ich mir - aber bis dann konnte noch einiges passieren. Außerdem - ich hatte irgendwie das Gefühl, das ganze gefiel dem Günther recht gut.
Schon um sieben waren Günther und Lucas bei den Blondenwitzen und dem Mariakron. Diese Flasche war bereits leer als Herr Schneider und Frau von Elektrobetrieb Backmann um acht Uhr als erste Gäste erschienen. Günther hatte es vorgehabt, mit dem viel älteren Herr Bruderschaft im Laufe des Abends zu trinken - aber es gleich an der Haustür mit einem Plastikbecher Vodka-Cola zu machen. Na ja. Es wäre auch halb so schlimm gewesen, wenn Lucas sich zurückgehalten hätte, dasselbe zu machen. Und Frau Schneider am Po zu kneifen - das hätte er wirklich lassen können.
Um elf waren alle Gäste da und tranken und rauchten reichlich im Wohnzimmer. Lucas machte sich zum Mittelpunkt des Geschehens. Er erzählte den ganzen versammelten Handwerker rassistischer Witze und dann Sauereien aus seiner Kanzleierfahrung, die bestimmt noch streng geheim waren. Alle vier Minuten lachte die Versammlung haushoch, als er zu einer neuen Pointe kam. In der Küche hatte die Sieglinde sämtliche Ehefrauen um sich versammelt und erzählte eine Männerfeindliche Geschichte nach der andere. Das waren solche Gehschichten, wo die Handlung weder lustig noch außergewöhnlich ist, sondern nur dazu da, um eine festgelegte Ansicht vermeintlich zu beweisen. Na ja - die versammelten Ehefrauen nickten, grinsten und sagten "ja, ja" in Einklang mit dem hin und her der Erzählung, sodass ich nicht die Befürchtung haben müsste, sie langweilten unsere Gäste. Ich war wie jede Gastgeberin, eigentlich glücklich, dass sie sich alle auf irgendeinerweise amüsierten. Es war klar, dass irgendjemand beleidigt nach Hause gehen würde oder dass durch den Suff vielmehr gesagt und getan werden würde, als allen nachher geheuer sein würde, aber dazu sind solche Partys da.
Da ich so etwas eigentlich nicht mag - aufgebauschter Fröhlichkeit - ging ich unten ins Arbeitszimmer, wo die Jungs bei Level 78 waren und gerade die Galaxien-Bomber ausgerückt wurden, um in die Endphase des Weltraumkriegs lästige Planetenkomplexen zu räumen. Sie konnten sich noch unterhalten, trotz des schnellen Rumzuckens mit dem Joystick. Als ich sie fragte, ob sie unter die Gäste kommen wollten, antworteten sie zunächst nicht. Dann sagte der Adrian:
"Ich find das immer doof mit den Feten."
"Wieso?" Fragte ich.
Die Jungs guckten einander kurz an und lächelten. Andreas sprach.
"Weil die Eltern immer eine Show abziehen. Ist peinlich."
"Peinlich?"
"Ja. Nee, meistens ist es einfach blöd."
Mehr wollten sie dazu nicht sagen, aber ich hatte es schon irgendwie verstanden. Wir sagten nichts mehr und ich schaute eine Weile zu, während sie tonlos Kampfraumschiffe hin und her blitzen ließen. Ich muss wohl eingenickt sein, weil ich dann feststellte, sie waren plötzlich auf Level 85. Ich schaute auf die Uhr - es war 11.50. Ich musste hoch.
In der Küche war niemand. Ich ging vorne ins Wohnzimmer, wo jemand die Musik viel lauter gedreht hat. Jemand, ich vermute der Lucas, hatte eine von diesen CDs mit 70er Musik aufgelegt - als ich reinkam, stand Lucas auf dem Tisch. Alle waren um den Tisch versammelt und klatschten. Er war total besoffen. Er machte ein Striptease. Als ich gekommen bin, war er bereits zu der Unterhose gelangt und die Frauen schrieen, dass er das auch noch ausziehen sollte.
Dies tat er auch. Es kam schallendes Gelächter auf und die Männer klappten die Hand über die Augen. Günther mag so viel getrunken haben, aber ich sah, dass es ihm peinlich war. Doch lange konnte ich die Szene nicht studieren, da es plötzlich ein Rumms gab und Lucas vom Tisch verschwand. Er war rückwärts vom Tisch gefallen und hatte noch Glück, dass die Meute ihn halb gefangen hatte, bevor er auf dem Boden aufdotzte. Aber bei seiner Landung knirschte etwas dumpf und Lucas verzog ein Schweppesgesicht.
Ich weiß nicht ob Schweppes tatsächlich in dem Glas war, auf dem er mit seinem hintern gelandet ist, jedenfalls drehte er sich ganz schnell um auf dem Teppich. Aus seinem Pobacken ragten drei eisbergähnlichen Weinglassplitter.
Die Gäste waren jetzt um ihn versammelt und machten hm und ha und redeten darüber, was man am besten mache. Soll man das Glas rausziehen? War es vielleicht besser einen Arzt zu holen oder was auch immer? Nach langem Gerede einigten sich alle, einen Krankenwagen zu holen.
"Das hast du davon." Sagte die Sieglinde als sie über seinen nackten Körper bückte und sich die Glassplitter anschaute.
"Von dir hätte eh kein Mitleid erwartet." sagte er knapp.
"Gut. Du hättest auch keins gekriegt".
"Scheißweiber." Sagte Lucas.
Sieglinde reagierte schnell. Sie fasste die größte Glasscherbe mit zwei fingern und zog sie ruckartig heraus.
Vom Fernseher hörte man gerade die letzten zwei Glockenschläge, nachdem Lucas zu schreien aufhörte und in Ohnmacht fiel.


Am nächsten Tag fuhr Sieglinde mit den Kindern nach Hause. Lucas verbrachte zwei Tage in den Städtischen Kliniken in Kassel - Günther hat ihn dann nach Hause gefahren. Er hat mir erzählt, dass es keine dicke Luft gab, als Lucas zu Hause angekommen ist.

Das verstehe ich nicht. Vielleicht machen sie's jedes Jahr so.


Copyright Andrew Whitmore 1999

 

Hi Andrew,

Deine Aussage "Sonst verstrich Weihnachten überraschend reibungslos" scheint der Kern der gesamten Geschichte zu sein. Jeder kennt wohl diese Besuche von Bekannten und Verwandten, die so wahnsinnig wenig zu einem passen und deren Lebensweise der eigenen so vollkommen entgegen stehen.

Ich weiß nicht, ob Du die Handlung bewußt so schleppend beschrieben hast, um dieses herauszuarbeiten, aber dadurch wirkt die Story schon ausgesprochen zäh und teilweise schwer genießbar. Teilweise gehst Du auch auf das klitzekleinste Detail ein (Preise der Geschenke, etc.) und manchmal wird eben nur so "im Vorbeigehen" beschrieben. Ist das nun bewußt oder unbewußt geschehen? Ich weiß es nicht.

Vielleicht hätte die Story mehr Prägnanz durch eine gestrafftere Form bekommen.

Aber: Was lernt man aus dieser Geschichte? Möglichst weit zu rennen, wenn sich solche Bekannten oder Verwandten zum Besuch anmelden... :D

Gruß
Heike

 

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