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Die Kirche von Wildenwart

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10.11.2003
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Die Kirche von Wildenwart

Am Rande des Waldes, gleich nachdem das Ziel ihrer Wanderschaft vor ihnen auftauchte, blieben sie stehen. Die kleine, auf dem Hügel gelegene Kirche beherrschte ihre Umgebung mühelos, das Pfarrhaus und erst recht die etwas größere, aber noch tiefer gelegene Schule nahm man zuerst ebenso wenig wahr, wie das in einer Mulde weiter nördlich gelegene Dorf, um vom Schloss, das man auf der anderen Seite hinter den Bäumen nur vermuten konnte, gar nicht zu reden.

Stumm, fast andächtig standen sie da und betrachteten das achteckige, aus der Ferne rund wirkende Gotteshaus. Es war das Haus eines Gottes, der vor Jahrtausenden Mann und Weib erschaffen und ihnen aufgetragen hatte, fruchtbar zu sein. Gott sagte ihnen noch mehr damals, doch der Mann, der gerade mit seinem Weibe über die wohlgeordneten Felder und Wiesen bis hierher gewandert war, wusste nicht mehr so genau, was das war. Auf den Wanderstab gestützt und die Schultern seiner Frau umarmend, betrachtete er die ihn umgebende Landschaft. Es gab in ihm keinen Zweifel, die Menschen hatten weitere Gebote Gottes treu befolgt, hier wuchs fast keine Pflanze, die ihnen nicht genehm wäre, und wenn sie während der Wanderung noch Tieren begegneten, so waren dies nur Kühe, Pferde, Hühner und im Wald ein paar Eichhörnchen gewesen, dem Umstand, für den Menschen nützlich oder zumindest nicht schädlich zu sein, schuldete alles Getier auf Erden sein Leben.

Alles schien also bestens unter dem weißblauen Himmel, und wenn das in den besten Jahren stehende Paar das Gottgewollte auch schon getan hätte, so stünde das gottesfürchtige Land vielleicht wirklich derart mustergültig da, wie manche nicht müde werden zu behaupten, ganz so, als ob zum Glück auf Erden nur liebliche Landschaft und schönes Wetter gehörten.

Plötzlich drang Kindergeschrei zu ihnen herauf, und als ob sie nur darauf gewartet hätten, kam Leben in das Paar. Sie schauten sich an, dann, nach einer Weile, nickte der Mann. Genau genommen nickte er nicht, er schloss nur seine Augen für jenen sprichwörtlichen Augenblick. Ohne Zögern und ohne sich aus seiner Umarmung ganz zu lösen, fasste sie sich mit beiden Händen unter den Rock und zog ihren Slip aus.

Mit einem Lächeln stopfte sie das dünne und mit feinen Spitzen besetzte Stück Baumwolle in die Brusttasche seiner Jacke. Sie arrangierte es in Form einer Tulpe wie ein Einstecktuch, es kümmerte sie offenbar nicht, dass das schon längst nicht mehr der Mode entsprach, das Wissen darüber, wozu Herrensakkos auf der linken Brustseite diese kleinen Taschen aufweisen schien genauso verloren gegangen zu sein wie die Kenntnis darüber, warum an den Ärmelunterseiten Knöpfe angenäht sind.

Ihren Duft mochte er schon immer, aber an Tagen wie diesen mochte er ihn besonders. Schon am Morgen hatte er ihn wahrgenommen und noch bevor sie es ihm sagte gewusst, dass sie bereit war. Er brauchte nichts als seinen Geruchsinn, um zu wissen, wie es um sie stand. Im Laufe der Jahre lernte er ihre Düfte zu unterscheiden, ein tiefer Zug durch die dicht an ihren schlafwarmen Körper gehaltene Nase sagte ihm mehr als alle Wissenschaftler dieser Welt es mit ihren feinen Apparaturen je könnten.

Von ihrem Duft umschmeichelt suchten sie sich den Weg zur Kirche, doch die tobenden Kinder auf dem Sportplatz neben der Schule zwangen sie bald zum Verweilen. Sie haben es noch nie vermocht, an solchen Szenen einfach vorbei zu gehen, und auch jetzt konnte nicht einmal die Gefahr der zugegeben milden, aber manchmal recht heftigen Windstöße des gerade erwachten Frühlings etwas daran ändern. Die Frau konnte den immer wieder hoch flatternden Rock zwar notdürftig nach vorne sichern, doch wenn jemand hinter ihnen gestanden hätte, könnte er ab und zu trotzdem das Aufblitzen der weißen Haut oberhalb der Strümpfe wahrnehmen. Aber es gab keinen Zuschauer, und wenn, dann blieb er verborgen hinter den Gardinen des Pfarrhauses, es stürmte jedenfalls kein wutentbrannter Schwarzberockter heraus, als ein unverschämter, als linder Lufthauch getarnter Windstoß den weiten Rock von unten erfasste und für eine kleine Ewigkeit die beiden von Strapsen umrahmten Monde ihres Hintern entblößte.

Wie um dem Treiben des Windes Einhalt zu gebieten, legte er eine Hand auf ihren Hintern, doch schon bald spürte die Frau einen leichten Druck, der sie dazu veranlasste, sich halb zu ihm zu drehen. Die Augen suchten und fanden sich, wortlos verstärkte der Mann seinen Druck auf ihrer Hüfte. Mit einem Lächeln glitt ihr Blick wieder von ihm, nur kurz auf dem Einstecktuch verweilend; sie errötete leicht, als ihr bewusst wurde, dass nun auch er bereit war, und dass sie die Ursache für diese Bereitschaft war. Sie gab dem Druck seiner Hand nach und sie verließen den Zaun und begaben sich Hand in Hand auf geraden Wegen dorthin, wo allein die Hoffnung wohnte.

Ein flüchtiger Blick genügte und sie wussten: sie waren allein im Gotteshaus. Allein und zu allem entschlossen. Mit dem Wanderstab verriegelte er schnell die Tür und führte seine Frau weiter in den Kirchenraum hinein. Sobald sie den schützenden Bereich unter dem Chor verließen, wurden ihre Schritte auf wundersame Weise lauter, ihren gummibesohlten Schuhen zum Trotz. Je weiter sie kamen, desto stärker wurde der Klang ihrer Schritte, bald hatte er das Gefühl, da gingen nicht nur sie beide über die beigefarbenen Steinplatten, sondern unendlich viele.

Sie ließen sich jedoch nicht täuschen vom Echo, das sich Kuppel und der glatte Boden zuwarfen, sie hielten nicht ein, bis sie genau die Mitte des Raumes erreichten. Dort, an der Stelle der stärksten Resonanz, blieben sie abrupt stehen und lauschten dem Nachklang noch einen Augenblick. Dann, sich an Händen haltend, sanken sie zu Boden, und als er sich behutsam auf sie legte, war er überrascht, wie feucht sie schon war. Ohne Mühe drang er in sie ein, doch als ihr Aufstöhnen tausendfach verstärkt an sein Ohr drang, hielt er unwillkürlich inne. Mit einem Lächeln umarmte sie ihn, und als ihre Hände dann weiter an seinem Rücken entlang glitten und bald seine Hüften erreichten, um dort seinen Körper an sich zu pressen, dann wusste er wieder, warum er, warum sie beide hier waren.

Gleichwohl zuckte er auch bei seinem nächsten Stoß zusammen, so stark, so mächtig war der Hall im Raum, es bedurfte noch mehrerer Aufforderungen seiner Frau, bis er sich überwand und den Rhythmus fand, den sie beide kannten, und der allein in der Lage war, sie dem Ziel näher zu bringen. Von den fordernden Händen seiner Frau geführt, wurde er langsam mutiger, er holte immer weiter aus, kümmerte sich immer weniger um das laute Klatschen, das seine Stöße begleitete, und das sich bald wie das einst mit Schlegeln durchgeführte Dreschen des Korns, bald wie das beim Flamenco übliche Gegenklatschen anhörte.

Er schloss seine Augen, wollte hören, was auch Gott hören sollte. Immer kräftiger stieß er in sie ein, war plötzlich sogar darauf bedacht, so laut wie möglich sein gottgefälliges Werk zu verrichten, es schien, als wollte er darin seiner Frau nacheifern. Schon bisher hatten ihre, fest in das Fleisch seines Gesäßes gekrallten und ihn zu mehr Tempo zwingenden Hände einen nicht geringen Anteil an seinem Lauterwerden gehabt, nun aber begleitete sie das Auf und Nieder ihres Beckens auch mit lautem Ächzen, jedes Mal, wenn ihr nackter Hintern auf den harten Boden schlug, hörte sich das an wie das Aufschlagen einer nassen Hand auf ebenso nasser Haut.

Doch weder sie noch er hörten dies, denn all das Stoßen, Stöhnen und Klatschen wurde vermischt und verstärkt von der Kuppel zurück auf den Boden geworfen, von wo sie mit neuem, frischem, reinem Klang angereichert, wieder aufstiegen, nur um den Raum vollständig auszufüllen und damit Gott keine Möglichkeit zu geben, sie nicht zu hören. Denn auch wenn Gott sich bisher jahrelang ihren Bitten verweigerte oder nur so tat, als hörte er sie nicht, jetzt musste er sie hören. Er musste sie erhören, wenn nicht hier, in seinem Haus, wo sonst?

 

lieber Dion, ich betrachte den Rechten Weg nicht als den meinen, da ich selber noch auf der Suche bin. derlei Spitzen sind eigentlich umnnötig.
ich teile dir nur meine Ansicht mit, was du daraus machst ist und bleibt deine Sache.
deshalb achte ich dich dennoch als Autor unterhaltsamer Geschichten, und dabei wird es hoffentlich auch bleiben.
MfG Lord

 
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Hallo Dion,

die Grundidee der Geschichte finde ich gut: Dass ein Ehepaar den Geschlechtsverkehr in einer Kirche als Mittel betrachtet, endlich das ersehnte Kind zu kriegen, ist originell. Mir gefällt auch, dass der Leser erst ganz am Schluss merkt, worum es eigentlich geht - eben den Kinderwunsch.

Aber den Anfang deiner Wildenwart-Geschichte finde ich nicht besonders spannend. Du fängst wenig spektakulär an, und ohne eine Frage im Leser aufzuwerfen - außer der, wohin die Geschichte führen wird. Die eigentliche Geschichte beginnt erst nach der Landschaftsbeschreibung und den Bemerkungen über "Gott und die Welt". Sie beginnt mit dem Kindergeschrei: Da "kam Leben in das Paar" - und in die Story.

Dein Sprachstil erinnert mich eher an die Zeit von Thomas Mann als an zeitgenössische Literatur. Beipiele aus dem ersten Absatz: Am Rande des Waldes (statt: Am Waldrand), das Ziel ihrer Wanderschaft (statt Wanderung). Das klingt hochtrabend und altmodisch - das "e" am Wortende vor allem: Am Rande.

Ich finde, es klingt auch umständlich und weitschweifig: "das Pfarrhaus und ,, die ... Schule nahm man zuerst ebenso wenig wahr, wie das ... Dorf, um vom Schloss ... gar nicht zu reden." Was man zuerst und was man erst später wahrnimmt, ist hier ja eigentlich gar nicht wichtig. Ich nehme an, diese Weitschweifigkeit soll den Erzähler charakterisieren. Du verwendest einen auktorialen Erzähler, der sicher erfunden ist, so wie der immer abschweifende Erzähler im L. Sternes "Tristram Shandy" zum Beispiel. Deiner neigt zum Schwadronieren, finde ich. Ich hab jedenfalls den Eindruck, er gehört nicht zu den Leuten, die schnell auf den Punkt kommen. Das soll keine Kritik sein - ich sag nur, wie's auf mich wirkt.

Bei deinem Anfang kann ich mir die Szene leider nicht richtig vorstellen. Ich weiß nicht, wie weit das Paar von der Kirche entfernt ist: 20 Meter oder 500 Meter? Besser fände ich, wenn das "aus der Ferne" (2. Absatz) gleich im ersten Absatz stünde. Dafür könnte ich auf Dorf und Schloss verzichten, die danach ja gar nicht mehr wichtig sind. Aber vor allem fehlt deinem Anfang eins: Du wirfst keine Frage im Leser auf.

Es geht in der Story um einen Tabubruch: Geschlechtsverkehr in einer Kirche. Daraus hätte sich Spannung ableiten lassen. Der Leser befürchtet doch, dass jemand kommt, und die beiden überrascht. Der Pfarrer zum Beispiel, der plötzlich aus der Sakristei kommt oder so. Das wäre der Ansatzpunkt für die Spannung gewesen, aber die Befürchtung kommt erst ziemlich am Schluss auf. Vor allem wegen dem vielen Grün am Anfang. Lord Arion schlägt deswegen vor, den Plan der beiden schon am Anfang anzudeuten: "die aufkommende Lust, Gott erneut zu versuchen" Fände ich auch besser. Den Kinderwunsch würde ich mir aber als Pointe für den Schluss aufsparen.

Du verwendest einen auktorialen Erzähler, der einen altmodischen Sprachstil hat, um einen Tabubruch zu erzählen. Lord Arion empfindet deswegen einen Gegensatz von "epischer Breite" und Deftigem. Ich find es auch ein bisschen seltsam: Zu dem altmodisch eingestellten Erzähler hätte es gut gepasst, wenn er ein bisschen verklemmt wäre. Jemand, der "am Rande des Waldes" denkt und "sie vermochten es nicht" - guckt der wie ein Voyeur zu?

Lord Arion bemerkt bei deiner Art des Erzählens ein Augenzwinkern. Ich habe den Eindruck, dass du dich über die Sprache dieses Erzählers lustig machst: Die Wanderschaft, der Wanderstab, das gottesfürchtige Land, die liebliche Landschaft, sie hatten nicht vermocht. Das klingt nicht so, als wäre es ernst gemeint.

Noch ein paar sprachliche Anmerkungen:
- An einigen Stellen hättest du Plusquamperfekt statt Imperfekt schreiben sollen.
Am Rande des Waldes, gleich nachdem das Ziel ihrer Wanderschaft vor ihnen auftauchte, blieben sie stehen.
-> besser: nachdem das Ziel ... aufgetaucht war.

Gott sagte ihnen noch mehr damals
-> besser: hatte ... gesagt

Im Laufe der Jahre lernte er ihre Düfte zu unterscheiden
-> besser: hatte er ... zu unterscheiden gelernt.

Denn auch wenn Gott sich bisher jahrelang ihren Bitten verweigerte oder nur so tat,
-> besser: ihren Bitten verweigert oder nur so getan hatte


- "die Schultern seiner Frau umarmend" ist nicht besser als "die Schultern seiner Frau umfassend", ich finde es sogar schlechter. Hast du schon mal jemand gesehen, der eine Schulter umarmt? Vorschlag: "den Arm um die Schulter seiner Frau gelegt"

Grüße,
Stefan

 

Mann, Stefan, du hast dir richtig Mühe gemacht mit meiner Geschichte! Du hast dich mit ihr auseinander gesetzt und sie auch ein bisschen auseinander genommen, wenn auch ich dir dabei nicht überall folgen kann.

Du hast zweifellos Recht, der Anfang ist nicht besonders. Ich habe daran schon viel herumprobiert, was Ordentliches ist es nicht geworden. Zu meiner Verteidigung kann ich nur meine Intention anführen, eine Geschichte schreiben zu wollen, der es nicht auf dem ersten Blick anzusehen ist, wohin sie führen wird.

Das Betuliche am Anfang ist daher durchhaus gewollt, einen kleinen Hinweis auf „mehret euch“ hielt ich einfach für nötig, die Motivation für das Handeln der Protagonisten sollte aus der Bibel kommen. Ein wenig sollte dabei auch das, was Menschen daraus gemacht haben, gescholten werden, es mir unverständlich, wieso Christen derart sexfeindlich werden und das Natürlichste der Welt mit Schmutz und Teufel in Verbindung bringen konnten; ich wollte damit all denen, die nach wie vor dieser Meinung sind, den Wind aus den Segeln nehmen, und das war auch mit ein Grund, den Anfang – wie du sagst – so hochtrabend und altmodisch und weitschweifig zu gestalten – sie sollten sich in Sicherheit wiegen.

Zu deiner Kritik im Einzelnen:

Ich finde, es klingt auch umständlich und weitschweifig: "das Pfarrhaus und ,, die ... Schule nahm man zuerst ebenso wenig wahr, wie das ... Dorf, um vom Schloss ... gar nicht zu reden." Was man zuerst und was man erst später wahrnimmt, ist hier ja eigentlich gar nicht wichtig.
Das Schloss ist ein Überbleibsel. Es hatte ursprünglich schon eine Funktion – eine bayerische Prinzessin liegt bei der Kirche begraben -, doch diversen Kürzungen haben es um den Sinn gebracht – ich werde es ändern.
Bei deinem Anfang kann ich mir die Szene leider nicht richtig vorstellen. Ich weiß nicht, wie weit das Paar von der Kirche entfernt ist: 20 Meter oder 500 Meter?
Gegenfrage: aus welcher Entfernung wirkt ein achteckiger Turm rund?
Es geht in der Story um einen Tabubruch: Geschlechtsverkehr in einer Kirche. Daraus hätte sich Spannung ableiten lassen. Der Leser befürchtet doch, dass jemand kommt, und die beiden überrascht. Der Pfarrer zum Beispiel, der plötzlich aus der Sakristei kommt oder so. Das wäre der Ansatzpunkt für die Spannung gewesen, aber die Befürchtung kommt erst ziemlich am Schluss auf.
Daran habe ich gedacht, etwas Ähnliches auch geschrieben – es rütteln Besucher an der verriegelten Tür gerade als es mit dem Akt zu ende geht -, doch das fiel meinen eigenen Rotstift zum Opfer – ich fand es kitschig und zu konstruiert.
Vor allem wegen dem vielen Grün am Anfang. Lord Arion schlägt deswegen vor, den Plan der beiden schon am Anfang anzudeuten: "die aufkommende Lust, Gott erneut zu versuchen" Fände ich auch besser.
Hier liegt wohl ein Missverständnis vor: es geht gar nicht darum, Gott zu versuchen, sondern Gottes Wille in die Tat umzusetzen.
Du verwendest einen auktorialen Erzähler, der einen altmodischen Sprachstil hat, um einen Tabubruch zu erzählen. Lord Arion empfindet deswegen einen Gegensatz von "epischer Breite" und Deftigem. Ich find es auch ein bisschen seltsam: Zu dem altmodisch eingestellten Erzähler hätte es gut gepasst, wenn er ein bisschen verklemmt wäre. Jemand, der "am Rande des Waldes" denkt und "sie vermochten es nicht" - guckt der wie ein Voyeur zu?
Bei der Sexszene habe ich mich auf das unbedingt Notwendige beschränkt – ich sehe nirgendwo Voyeuristisches: die beiden haben diese Kirche ausgewählt, weil sie dieses enorme Echo hat - ich musste das bringen. Aber ich will nicht verhellen, dass es mir Spaß gemacht hat, die Szene zu erfinden – seit meinem zweiten Besuch der Kirche spuckte sie in meinen Kopf rum, meine damalige Freundin meinte deswegen, ich wäre durch und durch verdorben, an einem solchen Ort an Sex zu denken wäre abartig.
Lord Arion bemerkt bei deiner Art des Erzählens ein Augenzwinkern. Ich habe den Eindruck, dass du dich über die Sprache dieses Erzählers lustig machst: Die Wanderschaft, der Wanderstab, das gottesfürchtige Land, die liebliche Landschaft, sie hatten nicht vermocht. Das klingt nicht so, als wäre es ernst gemeint.
Absolut richtig erkannt.

Deinen sprachlichen Anmerkungen werde ich wohl folgen müssen, meine Abneigung gegen die Sätze mit hatte nutzt mir bei Sprachpuristen wie dich offensichtlich nicht weiter.

Wegen diesem letzten Punkt kann ich mich leider nur zähneknirschend bei dir für die Kritik bedanken, ich hoffe, du verstehst mich.

Dion

 

@Dion: He, das ist ja eine wirklich nette Geschichte, schöne Landschaftsbeschreibung und auch der erotische Teil hat mir wirklich gefallen. Das positive ist alles schon gesagt worden. Nur dieser distanzierte Erzählstil sagt mir nicht so zu, ein kurzer Dialog z. B. hätte die Geschichte lebendiger gemacht. Aber das ist Geschmackssache.
Gruß tamara

 

Schön, tamara, dass dir die Geschichte gefallen hat. Sie schwirrte mir lange im Kopf herum, keine Wunder, denn fast immer, wenn ich im Chiemgau unterwegs bin, besuche ich diese kleine Kirche – des Echos wegen. Wenn du mal in Bayern Ferien machst, kannst dich ja selbst davon überzeugen, vielleicht fällt dir dazu auch eine Geschichte ein.

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Dion,

ehrlich gesagt dachte ich die ganze Zeit über, die beiden hätten vor, die Kirche sozusagen zu "schänden".

Ehrlich gesagt, dachte ich das sogar noch bis zu dieser Stelle:

wieder aufstiegen, nur um den Raum vollständig auszufüllen und damit Gott keine Möglichkeit zu geben, sie nicht zu hören.
Aber das hängt vllt auch mit meiner Mozartleidenschaft zusammen. Ich musste nämlich an Milos Formans "Amadeus" denken, an Saliere, der Gott zwingt, zuzuhören. Ich glaube, er sagt selber so was wie "Und Gott musste zuhören. Er hatte keine andere Wahl." oder so was in der Art.

Na ja, deshalb hat mich das Ende dann auch umgehauen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass ich da relativ alleine mit da stehen werde (muss auch mal sein) :)

Und so bleibt mir nur zu sagen, dass mir die Geschichte gut gefallen hat, was den Schreibstil und den Inhalt angeht.

:thumbsup:

Tserk!
Keine Fehler gefunden.

 

Tserk schrieb:
ehrlich gesagt dachte ich die ganze Zeit über, die beiden hätten vor, die Kirche sozusagen zu "schänden".
Da hast du vollkommen richtig gedacht, Tserk, die meisten, wenn nicht alle Leute denken, Kinder in einer Kirche zu zeugen käme einer Schändung gleich.
Der Grund dafür kann nicht der Akt der Zeugung selbst sein, es sind die Begleitumstände. Ich meine, ohne ficken geht das Zeugen nicht, und Ficken ist leider etwas in Verruf geraten in Laufe der letzten 2000 Jahre, wurde dem Fleisch zugerechnet, und das dem bocksfüßigen Luzifer, dem Nachfolger Dionysos, von dem ich wiederum meinen Nick habe – ist es dann ein Wunder, daß ich solche Geschichten schreibe? :D


Tserk schrieb:
Aber das hängt vllt auch mit meiner Mozartleidenschaft zusammen.
Freut mich, daß du Mozart magst, ist auch er einer meiner Lieblinge, wenn auch ich Schubert höher schätze, seine 8.Sinfonie, die Unvollendete, ist ein Hammer ohne gleichen, und … ich schweife wieder ab, wenn ich begeistert bin, sprudelt nur so aus mir heraus, zu vergleichen nur mit dem Zustand der Wut.


Tserk schrieb:
Na ja, deshalb hat mich das Ende dann auch umgehauen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass ich da relativ alleine mit da stehen werde (muss auch mal sein) :)
Alleine stehen, Tserk, das ist, wenn man erwachsen wird. Wenn man jung ist, will man so sein wie die anderen – daraus schöpft man in der pubertären Unsicherheit etwas Zuversicht -, doch als Erwachsener braucht man das nur noch ab und zu, dein „muss auch mal sein“ sagt mir, du bist auf dem richtigen Wege, bald wirst du diesen Spruch nur noch verwenden, um den zeitweiligen Rückfall in die Konformität zu beschreiben.


Tserk schrieb:
Und so bleibt mir nur zu sagen, dass mir die Geschichte gut gefallen hat, was den Schreibstil und den Inhalt angibt.
Danke.

Danke auch fürs Lesen und Kommentieren, deine Bemerkungen sind gut bei mir angekommen, denn als ich die Geschichte hier in München vorlas, mußte ich mir Einiges anhören, kg.de scheint in diesem Punkt wesentlich toleranter - sind wohl zu wenige Katholiken hier. :sealed:

Dion

 

Da hast du vollkommen richtig gedacht, Tserk, die meisten, wenn nicht alle Leute denken, Kinder in einer Kirche zu zeugen käme einer Schändung gleich.
Nein. An diese Möglichkeit hatte ich ja gar nicht gedacht! Ich dachte, es wäre der reine Geschlechtsakt, ohne "Sinn". Darum auch schänden. Kinderzeugen ist natürlich schon im Sinne der Bibel (gehet hin und mehret euch, wie erwähnt). Aber ich dachte, sie wollten es einfach nur an außergewöhnlichen Orten treiben :Pfeif:
wenn auch ich Schubert höher schätze, seine 8.Sinfonie, die Unvollendete
die übrigens nicht unvollendet ist ... aber auch ich schweife ab ;) (und Mozart ist doch der beste!!!)
Alleine stehen, Tserk, das ist, wenn man erwachsen wird.
auch hier hast du mich falsch verstanden :) Meinte, dass es sonst eher umgekehrt ist, ich bekomme Pointen früher raus als andere - hier war es eben umgekehrt, und das musste eben auch mal sein :)
Aber ehrlich gesagt, hab ich schon immer eher meine eigene Meinung vertreten als zu einem Kollektiv zu werden.
Ich hatte auch nie ein Vorbild, wollte nie so sein wie jmd anderes ... aber schon wieder schweife ich ab ;)
Danke.
wie war das doch gleich? Musst dich nicht dafür bedanken, dafür sind wir von kg.de doch da ;)

Also, n bissl wars jetz doch noch dazu ...

Tserk!

 

Ja, das sind lauter Mißverständnisse, Tserk, man liest (versteht) wirklich nur, was man lesen (verstehen) will. Aber so

Tserk schrieb:
Ich hatte auch nie ein Vorbild, wollte nie so sein wie jmd anderes ...
war Lee Harvey Oswald auch. Du siehst, es kann gefährlich sein, Nonkonformist zu sein oder sein zu wollen :D okay, habe gestern eine Doku über ihn gesehen: Hohe Intelligenz, aber unverstanden und der Mutter im Wege. Tja, immer diese Mütter!

Tserk schrieb:
die übrigens nicht unvollendet ist ... aber auch ich schweife ab ;) (und Mozart ist doch der beste!!!)
Ja doch, Mozart ist der beste. Auch für mich, wenn auch nicht immer. Jedenfalls geben die Kühe mehr Milch, wenn sie Mozartmusik hören. Und natürlich ist die Achte von Schubert nicht unvollendet – nur die Schubladedenker haben’s nicht kapiert. Da schließt sich der Kreis: In einer Kirche fickt man nicht, und eine Sinfonie ist unvollendet, wenn sie nur 2 Sätze hat!

So einfach kann die Welt sein – man muß nur wollen.

In diesem Sinne

Dion

 

Hallo Dion,

da ich mich gerade ein wenig mit erotischer Literatur befasse, habe ich angefangen, die KG´s zum Thema zu lesen und würde Dir gern ein paar Gedanken zu diesem kleinen Text mitteilen.

Erotik scheint mir innerhalb des Kurzgeschichtenformats ein schwieriges Thema zu sein. Das mag mit der Konvention zusammenhängen, nach der Sex ohne Liebe(sgeschichte) drumherum etwas Amoralisches anhaftet. Wenn also der Sex, die Erotik in den Mittelpunkt der Kurzgeschichte gestellt wird, alarmiert das sicher schon so manches Gemüt.

In Deiner Geschichte kommt noch etwas dazu, das den Charakter eines Sakrilegs trägt – Sex in der Kirche.

Im Kontrast dazu steht die sanfte, ein wenig altmodisch anmutende Erzählweise. Das hat auf jeden Fall einen besonderen Reiz. Und natürlich kommt noch die Tatsache hinzu, dass das Paar etwas Unfrommes tut, aus einem frommen Wunsch heraus – Gott um ein Kind zu bitten. Das ist eine schöne Idee.

Man kann allerdings einwenden, dass ein Christ, der die Kirche für einen Ort hält, der für das Zwiegespräch mit Gott reserviert ist, diesen Ort nicht durch Sex entweihen würde. Das Paradoxon, das Deine Idee nicht ganz auflösen kann, ist also: Einem Atheisten würde es (außer gewöhnlicher Scham) nicht viel ausmachen, Sex in einer Kirche zu haben, aber er würde damit nicht Gott anrufen. Ein Christ würde zwar Gott anrufen, nie aber in einer Kirche Sex haben. Das was die beiden tun, ist also ein bisschen unlogisch, aber es gibt ja die verrücktesten Mischformen und Varianten gläubigen bzw. magischen Denkens.

Die von Dir verwendete Sprache ist mir ein Tick zu altbacken. Das sind nur Nuancen. Ich finde darin viele schöne Motive, Wendungen und Figuren, aber der Stil leidet für meinen Geschmack unter zwei Schwächen. Erstens ist er ein bisschen geschwätzig ("… wozu Herrensakkos auf der linken Brustseite diese kleinen Taschen aufweisen…") und zweitens klingt er ein wenig gespreizt ("Wie um dem Treiben des Windes Einhalt zu gebieten …"/ "Gleichwohl zuckte er…") Ich schreibe auch in einem eher altmodischen Stil, deshalb sind mir diese Schwächen (nach meinem Empfinden) bewusst. Man muss aufpassen, dass man es damit nicht übertreibt.

Vielen Dank für diese Geschichte.

Beste Grüße
Achillus

 

Ja, Achillus, die Sprache ist in diesem Text etwas altmodisch. Das sollte von der kühnen Tat ablenken, die die beiden Prots vorhaben. Und leise auf Widersprüche hinweisen, die sich in der offiziellen Auslegung der Bibel auftun, wenn man ein bisschen nachdenkt. Ich meine, warum sollte Sex etwas Unmoralisches darstellen, wo doch ohne diesen der Auftrag Gottes, sich zu vermehren, gar nicht erfüllt werden kann. Und ich mag Geschichten nicht, die schon nach ein paar Sätzen verraten, wohin die Reise geht.

Die übrigen Kritikpunkte sind alle berechtigt – aus deiner Sicht. Aber selbst wenn ich wollte, ich fühle mich derzeit außerstande, in der Geschichte noch etwas zu ändern. Habe schon seit Ewigkeit nichts mehr geschrieben, und wenn ich mich jetzt dran setzte, würde ich die Geschichte nur verschlimmbessern.

Danke dir fürs Lesen und Kommentieren. Habe nicht erwartet, dass noch jemand nach so langer Zeit ein Kommentar schreibt. Andererseits: Warum nicht? Habe ich's auch schon fertig gebracht. :D

 

Hey Dion,

ich verstehe, dass Du Dich da nicht mehr ransetzt. Nur ganz kurz:

Und leise auf Widersprüche hinweisen, die sich in der offiziellen Auslegung der Bibel auftun, wenn man ein bisschen nachdenkt. Ich meine, warum sollte Sex etwas Unmoralisches darstellen, wo doch ohne diesen der Auftrag Gottes, sich zu vermehren, gar nicht erfüllt werden kann.

Das verstehe ich nicht so ganz. Für eine Religion, die in vielen Aspekten leibfeindlich eingestellt ist (und es auch im Hinblick auf die Jenseitsorientierung wohl sein muss) wäre es inkonsequent, die körperliche Liebe zu feiern. Man kann nicht einerseits den entkörperlichten Zustand der himmlischen Erlösung als oberstes Ziel anbeten und andererseits den Körper als heilig betrachten.

Leibfeindliche Aspekte gibt es in allen Jenseits-Religionen, auch im Islam, im Buddhismus usw.

Gruß Achillus

 

Hallo,
das ist schon eine ziemlich tolle Geschichte. Schön, dass sie wieder herausgekramt wurde. Ich habe jetzt die Kommentare nicht gelesen, also werde ich unter Umständen was wiederholen.
Den Schreibstil finde ich etwas umständlich, teilweise hatte ich mich in den Nebensätzen verloren, aber vielleicht bin ich gerade nur etwas unkonzentriert. Auf jeden Fall ist die Darstellung in der gewählten Weise stimmig, und das ist im Grunde das Einzige was sich objektiv beurteilen lässt. Der Rest ist Geschmacksache.
Dieses blinde/stumme Verständnis zwischen den beiden, diese Kommunikation über den Geruch, das ist sehr sinnlich und ist mir stellenweise unter die Haut gegangen. Du konntest dem Verhältnis von Mann und Frau Seele einhauchen, das ist für mich auf jeden Fall einer der wichtigsten Punkte bei einer gelungenen Geschichte. Auch die Sexszene ist sehr authentisch, explizit genug, aber geschmackvoll aufgezogen.
Ja, und der Hintergrund, der Kerngedanke deiner Geschichte, der ist wirklich klug. Wie die beiden ihre Sehnsucht nach Kindern, die auch schon im Mittelteil in einer kurzen Szene angedeutet wird, wie sie die zu Gott tragen, und wohl in ihrer Verzweiflung mit den Konventionen brechen, ja eigentlich etwas Blasphemisches ausführen (zumindest nach dem religiösen Verständnis), das hat mir sehr gut gefallen. Das ist natürlich auch ein Widerspruch hier, wenn man sagt, ja, Gott dürfte doch sicher nichts gegen Sexualität haben einerseits, die Religion, die christliche jedenfalls, andererseits natürlich schon. Und dann gehen die beiden aber gerade in eine Kirche, um ihren Wunsch Gott anzutragen. Ja, das ist auf jeden Fall ein intelligenter Clou.
Also Dion, das hat mir insgesamt sehr gefallen.
lg, randundband

 

Fast hätte ich deine Anmerkungen, randundband,

vergessen, obwohl ich sie sofort gelesen hatte. Ich danke dir für die freundlichen Worte und freue mich, dass dir die Geschichte gefallen hat und stellenweise sogar unter die Haut gegangen ist.

Du hast – wie viele andere Kommentatoren - natürlich Recht, wenn du sagst, das Paar tut nach kirchlichem Verständnis etwas Blasphemisches, wenn es ausgerechnet in einer Kirche ein Kind zeugen will. Aber diese Kirche hat sich schon lange von ihrem gläubigen Volk verabschiedet, was gerade in diesen Tagen wieder deutlich wurde: Die Kirche hält sich selbst den Spiegel vor – Zitat:

Das Ergebnis ist dramatisch eindeutig: Selbst Katholiken aus dem Inneren der Kirche können nichts mit dem anfangen, was diese Kirche zu Sexualität, Ehe, Familie sagt.

Es bleibt zu hoffen, dass der neue Papst da etwas ändert, denn vieles an deren Regeln, Geboten und Verboten ist einfach Menschwerk, entstanden in einer längst vergangenen Zeit, in der es z.B. noch gesetzlich bestimmt war, Frondienst zu leisten und seinen Grundherren um Ehe-Erlaubnis zu bitten. Dies alles hat sich geändert, nicht aber die Haltung der Kirche zu Sexualität, Ehe und Familie.

Dazu kann ich nur sagen: Wer nicht mit der Zeit geht, wird mit der Zeit gehen (müssen).

 

Ich grüße Dich, Dionysos, mit großem Respekt! Das ist doch mal ein Lesegenuss - satt, deftig und trotzdem sehr fein. Wunderbar. Ich bin restlos begeistert. Da hat ein Autor Vorräte angehäuft, aus denen er schöpfen kann! So etwas Gelungenes könnte ich jeden Tag lesen, gerne auch zweimal.

Beinahe bestürzt bin ich allerdings über einige Kommentare dazu. Mein Gott, liebe Leute - wir haben mittlerweile das Jahr 2014!! Und diese schrecklichen Spitzfindigkeiten (sogar von Provokation ist die Rede!) vermiesen mir die Laune. Aber das ist nun wirklich nicht Deine Schuld. Wir alle sollten Dich hochleben lassen! Ich auf jeden Fall tu's.
Dein neuer Fan Joséfelipe

 

Das ist doch mal ein Lesegenuss - satt, deftig und trotzdem sehr fein.
(...)
Beinahe bestürzt bin ich allerdings über einige Kommentare dazu.
Danke, Joséfelipe, für die Blumen.

Und was manche Kommentare betrifft: Sie sind genauso Meinungen wie Deine eine ist. Deshalb muss man sie respektieren selbst dann, wenn die einem nicht passen. Aber wie man gerade in diesen Tagen gesehen hat, bewegt sich diese Kirche vielleicht doch noch – siehe diesen Artikel in der Süddeutschen - und mit ihr dürften sich auch die konservativen Katholiken (das sind die, die zum Papst immer ja und amen sagen) bewegen.

Mal sehen, was in 10 Jahren über diese Geschichte gesagt wird. :D

 

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