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Alltag von Trucker John

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16.01.2005
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Alltag von Trucker John

Trucker John fuhr schon den ganzen Tag auf dieser Route 66, er hatte wie immer lässig eine Kippe im Mundwinkel und hörte sich schlechte Countrymusik an. Über Funk sprach er ab und zu mit seinem Trucker-Kollegen Jack. Sie erzählten sich billige Blondinenwitze und sonst nur Smalltalk über Wetter, Frauen und Highwaytrucks. John war verdammt müde und sah am Horizont zum Glück schon ein Motel erscheinen. Als er dort ankam parkte er seinen Truck - mit einem zischen und brummeln stellte er den Motor ab. Er stieg aus dem Fahrerhaus und ging zur Rezeption. Sein Truck gab tickende Geräusche von sich - er war ziemlich heiss gelaufen und kühlte sich nur langsam ab.
Er klingelte an der Rezeption und wartete.

 
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"Komme." Von innen hörte John gemächliche Schritte. Riegel wurden zur Seite geschoben, ein Paar Augen lugte durch den Spion. Die Tür öffnete sich. "Hi, willkommen in Bob's Motel. Ich bin Bob." sprach ein ungewaschener Kerl und bließ John dabei einen Atem ins Gesicht, der ihn daran erinnerte, wie ihm als junger Spund die Whiskey-Fuhre umgekippt war. "Hi Bob, ich bin John. Hast du noch ein Zimmer für einen alten Trucker?" "Klar. Kommst ja gerade rechtzeitig zum Frühstück. Ich hol die Papiere. Molly macht dir inzwischen einen Kaffee. Sie macht den besten Kaffee auf der ganzen verfluchten Route 66. Molly!"

 

Es ertönte weder eine Antwort noch sonst ein Geräusch, das in irgendeiner Form darauf hingewiesen hätte, dass im Hinterzimmer jemand mit der Zubereitung von Kaffee begann. Bob zog erstaunt eine Augenbraue hoch und wiederholte, jetzt schon eine Spur schärfer: „Molly! Einen Kaffee für unseren Gast!“
„Es ist okay“, sagte John. „Bin hundemüde, klären wir erst mal das mit dem Zimmer.“
„Nein, es ist nicht okay.“ In Bobs Augen leuchtete etwas auf, das John beunruhigte. „Das ist nämlich nicht das erste Mal. Ich geh diesem schlampigen Miststück mal Beine machen. Bin gleich wieder da.“

 

"Molly...", John bekam bei diesem Grölen eine Gänsehaut. "Du faules Stück Dreck... - klatsch, eine Ohrfeige - ...was hat diese Whiskeypulle in deiner Hand verloren... -klatsch, die nächste- ... du versoffenes Miststück, auf die Beine, mach Kaffee - heute Nacht lernst du mich noch kennen...".
John hatte einen Klos im Hals, er spürte, wie sich sein Hals zusammenzog. Bob kam nun knallrot und mit schweissperlenbedeckter Stirn zurück. Er versuchte zu lächeln: "Alles klar Trucker... Kaffee kommt".
John sagte, "Also -hust- das hätte nicht ...also ich will hier...also Umstände..ich..also...", John kam ins Stottern.
"Ach Trucker - red kein Scheiss, ich sehe doch, dass du Kaffee brauchst...".
John senkte seinen Kopf und versuchte dem durchdringeden, irren Blick von Bob auszuweichen.

 
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Zumindest ließ er es so aussehen. In ihm brodelte es. Schritte aus der Küche, eine Flasche zersplitterte an der Wand knapp über Bobs Kopf. "Weißt du was, du Scheißkerl? Ich scheiß auf dein beschissenes Motel, und auf dich scheiß ich auch." lallte Molly. Bob bewegte sich bedrohlich auf sie zu. "Du dummes Miststück-" John stellte sich ihm in den Weg. "Weißt du, Kumpel, ich kann's gar nicht ausstehen, wenn jemand einer Lady nicht die angemessene Achtung entgegenbringt." "Halten Sie sich aus Dingen raus, die Sie nichts angehen, Mister."

 

John fasste allen Mut zusammen und rammte Bob seine rechte Faust in Bob´s Magengrube. Bob sackte vor ihm wimmernd zusammen. Molly nahm eine Bierflasche und zog sie über Bob´s Schädel. "Endlich s-sit--ist d-dieser s-scheisselr -kerl wegsssu sch--si ssau...", Molly torkelte wieder zurück ins Hinterzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen.
John sah, dass Bob am Kopf blutete und blieb erst einmal regunglos mit weit aufgerissenen Augen im Raum stehen. Er hatte die Kontrolle verloren - John ging langsam rückwarts aus der Rezeption und rannte dann zu seinem Truck. Bevor er einstieg drehte er sich jedoch noch mal um - überlegte - und rannte dann über die Strasse zum Telefon, dass an einer Strassenlaterne angebracht war. John rief bei der Polizei an und meldete anonym einen Ehestreit in einem Motel. Dann rannter er zu seinem Truck und fuhr mit Vollgas davon.

 

Er hatte sich so sehr auf seinen Aufbruch konzentriert, dass er zusammenfuhr, als ihm jemand die Hand auf den Arm legte. Der Truck geriet leicht ins Schlingern, aber John schaffte es, ihn innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder unter Kontrolle zu bringen.
„Verdammt, was soll das? Was-“
„Ich wollte mich bedanken“, sagte Molly und versuchte offenbar, nicht zu lallen.
„Sie sind der erste Mann, der mich eine Lady genannt hat.“
„Das ist kein Grund, einfach in meinen Truck zu klettern!“
Molly zuckte mit den Schultern.
„Nehmen Sie mich mit. Bei diesem Mistkerl bleibe ich keinen Tag länger. Und außerdem fahren wir sowieso schon.“

 

"Verdammt Molly... also... ich glaube...du bist doch besoffen - komm leg dich hinten in meine Schlafkabine und ruh Dich mal aus... ich kann Dich jetzt nicht irgendwo in einem wildfremden Motel rauslassen... ruh Dich aus - Morgen sieht doch alles wieder viel besser aus...OK?" John legte seine Hand auf ihren Arm und zeigte dann nach hinten zu seiner Schlafkabine.
Molly schaute ihn mit großen Augen an. "..a-also das wils-st..also danke... ich brauch jes-sz Ruhe...danke..", Molly gab John einen Kuss auf die Wange und krabbelte dann nach hinten und legte sich sogleich auf Johns Matratze. Nach drei Minuten schnarchte sie schon. John öffnete sein Fenster, da die Dame doch ordentlich Alkohol ausdünstete - weiss der Teufel wieviel die schon den ganzen Tag gesoffen hatte.

 

Er legte den linken Arm auf die Tür und winkte mit der Hand gegen den Windstrom während er mit dem Zigarettenanzünder den Tabak seines Glimmstängels entflammte. Die Müdigkeit wog schwer auf seinen Augenlidern und er bemühte sich den Truck auf der rechten Seite der Straße entlang zu navigieren. »Warum hast du sie erschlagen Bob? Warum?«, murmelte es aus der Schlafkoje. John öffnete den Vorhang zur Schlafkabine und sah Molly friedlich sein Kopfkissen vollsabbern. Er maß ihren Worten nicht viel Bedeutung bei, er wollte schlafen, er benötigte dringend Ruhe.
Ein paar Meilen Richtung Nordosten lag ein Truck-Stop der für seine Steaks berühmt und für die Chilli-Sauce berüchtigt war. Es war zwar ein Umweg aber die Zimmer waren sauber und die Bedienung freundlich. Außerdem fragte niemand woher man kam und wohin man ging und „Greyhound“ hatte einen Bus-Stop. Der perfekte Ort um Molly auszunüchtern und loszuwerden.

 

Er konzentrierte sich auf die Straße vor ihm und nahm sich vor, den erstbesten Anhalter mitzunehmen, der am Seitensteifen den Daumen in den Wind hielt.

»Könnte jetzt ein bisschen Unterhaltung gebrauchen«, dachte er und stellte das Radio lauter. Während er Shania Twains Stimme lauschte, wurde ihm bewusst wie einsam sein Job (und auch sein Arbeitsplatz) war. Was, wenn Molly an ihrer eigenen Kotze erstickt? War Jimmy Hendrix nicht genau das passiert? Vielleicht sollte er sie doch wieder wecken und auf den Beifahrersitz verfrachten. Der Gedanke, dass er den Truck-Stop womöglich mit einer Leiche als makabere Ladung erreichen könnte, machte ihn nervös. Er öffnete das Handschuhfach und kramte zwischen Lieferscheinen und leeren Zigarettenpackungen nach einer Dose Red Bull. Er war sich ziemlich sicher, dass noch irgendwo eine sein müsste. Er fand sie tatsächlich, allerdings leer und platt gedrückt. Genervt stopfte er die Zettel zurück in das Fach und blickte wieder auf die Straße.

»OH SCHEISSE, VERDAMMT!«. Hektisch riss er das Lenkrad zur Seite und trat auf die Bremse. Keine fünfzehn Meter vor seinem Truck war die Straße gesperrt. Zwei aufgestellte Holzböcke, sowieso ein parkender Streifenwagen blockierten den Weg. Warnlichter blinkten.

 

»Aussteigen und auf den Boden legen!«, brüllte einer der Cops, seine Waffe auf John gerichtet. Cop Nummer Zwei hatte sich breitbeinig vor dem Truck aufgebaut und war ebenfalls in Schussposition. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen (mein Gott, ich könnte tot sein, wir könnten alle tot sein … der Truck) öffnete John die Fahrertür und hatte das Gefühl sich jeden Moment übergeben zu müssen. Aus der Schlafkoje war kein Laut mehr zu hören, vielleicht hatte er sich Mollys Schrei nur eingebildet und sie schlief immer noch den Schlaf der Gerechten. Vielleicht ist sie aber auch tot, flüsterte etwas in seinem Kopf. Seine Füße drohten unter ihm wegzuknicken, als er schwankend die Fahrerkabine verließ. Sobald er den Boden berührt hatte, wurde er grob gepackt und zu Boden geworfen.
»Okay Arschloch, Hände auf den Rücken«. John spürte, wie sich ein Stiefel in sein Rückgrad bohrte.
»Stu, kontrollier den Truck«, sagte Cop Eins zu Cop Zwei, der anscheinend noch nicht ganz begriffen hatte, was in den letzten drei Minuten geschehen war. Gehorsam verschränkte John die Hände hinter dem Rücken und spürte, wie sie sofort von kaltem Stahl umschlossen wurden. Da er mit dem Gesicht zum Boden lag, konnte er nicht viel mehr als die Reifen seines Trucks und die Stiefel der Cops erkennen. Aber was er hörte, bestärkte ihn im Glauben, dass alles nur ein böser Traum sein musste und er friedlich im Motel schlummerte.
»Verdammt, Jimmy, hier liegt ne Frau, scheint tot zu sein«, rief Stu, der durch die Beifahrertür in den Truck geklettert war. Für dreißig Sekunden herrschte Stille, dann ertönte ein Schuss. Pause. Noch ein Schuss.
Cop Eins, Jimmy, nahm den Fuß von Johns Rücken und stürzte in den Truck.
»Bleib wo du bist, du Wichser!«, hörte John eine schrille Frauenstimme.

 

»Okay John, du fährst jetzt Richtung Desert Junction. Du weißt doch wo das liegt?«
John merkte, wie Speichel die Mundwinkel, am Kinn herab rann. Molly saß entspannt auf dem Beifahrersitz, den rechten Fuß auf das Armaturenbrett abgelegt, stoisch auf den Highway starrend. Die Kanone lag in ihrem Schoß, jedoch fest im Griff der rechten Hand.
»Ist das nicht eine Geisterstadt?«, fragte er.
»Richtig«, antwortete Molly, ohne das Bedürfnis zu verspüren, weitere Einzelheiten preis zu geben. John wischte sich die Spucke vom Mund und zog eine Zigarette aus der Tasche seines Hemdes. Nachdem er sie sich angezündet hatte, sog er den Rauch bedächtig in seine Lungen um ihn einen kurzen Moment später mit einem langen Seufzer auszustoßen.
»Das wird dich umbringen«, verwies Molly auf den Glimmstängel.
»Ich befürchte, dass du mein Tod sein wirst.«
Sie lächelte und steckte die Waffe in ihren Hosenbund. Nichts war mehr zu sehen, von einer betrunkenen Frau. Umständlich kuschelte sie sich in den Sitz und bemerkte: »Ich werde jetzt ein wenig schlafen. Aber ich warne dich, ich werde schneller sein als du also bemühe dich nicht dir die Knarre zu krallen.«
John war die ganze Situation suspekt. Es schien, als gehöre er zu einem Plan. Was haben die Bullen in diesem Spiel verloren? Es musste eine Verbindung geben. Und was wollten sie in Desert Junction? Er benötigte Schlaf. Er war hellwach.

 

Einige Meilen und zu viele Kippen später, bog John auf eine staubige Piste Richtung Desert Junction – der Geisterstadt, die sein und vor allen Dingen Mollys Ziel war. Getrieben vom Hass auf Molly oder wie immer ihr richtiger Name lauten mochte, zirkelte er den Truck mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve. Die Fliehkraft stieß ihren Kopf gegen die Tür. Ein dumpfer Schlag paarte sich mit einem kurzen Klicken und John sah in den Lauf der Waffe, welche auf seinen Kopf gerichtet wurde.
»Ich sagte ja, dass ich schnell bin.« Molly entspannte den Hahn und legte den Revolver in ihren Schoß.
»Was willst du in dieser Geisterstadt? Wozu brauchst du mich dafür?« John versuchte sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. Es gelang ihm kaum.
»Nun, sagen wir mal so, ich habe dort mein Domizil. Meinen Zufluchtsort. Hauptquartier – nenn es wie du willst.« Molly setzte sich wieder aufrecht in den Sitz und zog John eine Zigarette aus der Brusttasche.
»Du bist ein glücklicher Zufall. Ein Bonbon sozusagen.«
Die Strecke war unwegsam. Jeder kleine Brocken war spürbar und eine gewaltige Staubwolke hing am Truck wie eine Schleppe.
»Es ist doch vollkommen unlogisch, wenn du mich tötest. Ich meine, ich habe doch gar keine Ladung… ich bin doch nur ein einfacher Trucker. Was hat das alles mit mir zu tun?«
Molly lachte laut auf und die Fahrerkabine war von Spott und Hohn durchflutet.
»Du bist nicht wichtig John. Wenn ich dich töte liegt das einfach in meiner Natur. Dich trifft keine Schuld. Du hast eben Pech gehabt, das ist alles. Sieh mal…« In ihrer Stimme lag plötzlich etwas behutsames, als ob eine Mutter ihrem Kind den Tod erklären müsste.
»…es gibt immer nur zwei Kategorien von Menschen: die guten und die bösen. Du gehörst zweifellos zu den guten; ich zu den bösen. Es gibt jedoch auch die Sorte Mensch, die immer und überall Glück haben. Zu dieser Kategorie gehörst du nicht. Heute habe ich Glück gehabt. Und man kann nicht immer die Hauptrolle spielen, wenn du verstehst was ich meine.«
John hörte kaum noch hin. Ein Gedanke blitzte aus den letzten Möglichkeiten zum Überleben aus der hintersten Ecke seines Gehirns. Flucht war die einzige Hoffnung. Ein Busch am Rand der Strecke um den Sturz ein wenig abzufangen, die Staubwolke um der Kugel zu entfliehen.
Da war sie. Ein vertrocknetes Bündel von Zweigen und allerlei Gestrüpp. Die letzte Hoffnung. Nur einige hundert Meter entfernt. Vorsichtig ließ er seinen Arm aus dem Fenster baumeln und den Türgriff fassen.
»Okay. Halt an!«
»Was?!«
»Halt an verdammt noch mal!«
Der Truck stoppte ruppig und wenige Augenblicke später war die Fahrerkabine von staubigem Dunst umhüllt.
»Aussteigen!«
»Was? Aber…«
»Spreche ich so undeutlich? Los, aussteigen!«
John tat wie ihm geheißen wurde. Molly rutschte auf den Fahrersitz.
»Hast du irgendwelche wichtigen Sachen hier drin?« Sie deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf die Schlafkojen.
John schüttelte den Kopf.
»Na dann, mach’s gut!«
Sie schloss die Tür und fuhr an.
Dreck umhüllte John. Die Sonne stand hoch und brannte furchtbar. Ringsherum nur Gegend und keine Hoffnung auf eine Menschenseele geschweige denn Rettung.
Egal welche Richtung er einschlagen würde, der Durst würde ihm den Verstand kosten und dann das Leben.
Er brauchte dringend Glück.

 
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