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Pflichterfüllung

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22.03.2005
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Pflichterfüllung

Das Bimmeln des Telefons ließ Konrad Broder mürrisch von den Fallunterlagen aufsehen. Wie immer kam ihm Wachtmeister Lehmann zuvor und machte gehorsam Meldung. "Versuchter Ladendiebstahl beim Elektrofachgeschäft in der Marktstraße. Kam jemand mit 'nem Skateboard reingedüst und wollte sich einen CD-Player unter den Nagel reißen. Die überprüfen gerade seine Personalien."
"Die werden auch immer dreister." Broder ächzte, als er seinen bulligen Körper aus dem Drehstuhl erhob. "Na, dann nehmen wir ihn mal unter unsere Fittiche."
Lehmanns Gesicht nahm plötzlich einen betroffenen Ausdruck an.
"Was ist, Norbert? Hat er jemanden mit dem Skateboard überfahren?"
"Du, Konrad - es ist Phillip!"
"Phillip?", echote Broder begriffsstutzig.
"Kein Zweifel möglich. Sein Name ist Phillip Broder."
Konrad Broder starrte seinen Kollegen entgeistert an. Sein Blutdruck schoss plötzlich nach oben, Schwindelgefühle stiegen in ihm auf, und er musste sich am Drehstuhl festhalten.
Sein Sohn sollte so etwas getan haben? Ausgerechnet Phillip, der als kleines Kind vor dem Spiegel immer die Dienstmütze seines Vaters anprobiert hatte, sollte jetzt zum Ladendieb geworden sein?
Das war ungeheuerlich! Das musste eine Verwechslung sein! Die im Laden konnten was erleben, er würde ihnen die Leviten lesen, dass...
Aber in seinem Hinterkopf bohrte bereits der Zweifel. Was, wenn es doch Phillip war?
"Du musst wirklich nicht dabei sein, Konrad, ich werde einfach Kramer überreden, mitzukommen..."
"Nichts da!", blaffte er so laut, dass Lehmann zusammenzuckte und den Blick abwandte. Es tat ihm noch im selben Moment Leid, aber es hatte sich plötzlich so etwas wie Wut aufgestaut, und er wusste einfach nicht, wo er sie lassen sollte. Immerhin schaffte er es, seine Benommenheit abzuschütteln. "Entschuldigung, Norbert! Aber als Polizist habe ich meine Pflicht zu tun. Ob es nun mein Sohn ist oder nicht!"
Lehmann blickte ihn einen Moment lang zweifelnd an, nickte dann aber. "Du bist der Boss."
Broders Gedanken rasten. Wie hatte es so weit kommen können? Hatte er dem Jungen nicht alles vermittelt, was ihm selbst wichtig war? Wie konnte sein eigener Sohn ihn so enttäuschen?
Schließlich hatten sie nie einen ernsthaften Streit gehabt. Er war immer stolz darauf gewesen, seinem Sohn jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
"Ich versteh das einfach nicht!" Hilflos warf er die Arme in die Luft, als er mit Lehmann die Eingangstreppe hinunterstakste. "Er hat früher immer so begeistert zugehört, wenn ich ihm von meinen Erlebnissen auf dem Revier erzählt habe."
"Es ist schon keine einfache Sache mit der Erziehung", meinte Norbert Lehmann. "Du weißt nie, mit was für Leuten die Kinder zusammenkommen."
Broder nickte grimmig, und sein Trotz gewann die Oberhand über seine Gefühle, während sie in den Streifenwagen stiegen. "Das denke ich auch. Ich werde mir beizeiten seine Freunde vorknöpfen."
"Kennst du denn seine Freunde gut?", fragte Norbert, weniger aus Neugier als vielmehr um einer peinlichen Pause vorzubeugen.
Broder blinzelte irritiert. "Seine Freunde? Na, auf seinem Geburtstag sind die ja immer da, aber da hab ich sie unter sich sein lassen. Ich spioniere ihm ja nicht nach. Hab' ihn immer seinen eigenen Weg gehen lassen."

Norbert dachte an eine Begebenheit auf dem Revier vor sechs Jahren. Der sechsjährige Phillip war ganz aufgeregt hereingeplatzt, wie Kinder das immer tun, wenn sie ein Erlebnis in der Schule oder auf dem Spielplatz loswerden wollen.
Konrad hatte abwesend über einem Fall gesessen. Als Phillip freudig erregt mit den Armen zu rudern begann und zu erzählen anfing, hatte sein Vater milde gelächelt und ihm einen Zehner in die Hand gedrückt, worauf der Junge enttäuscht davongelaufen war.
Eines war klar: Er musste das Thema ansprechen, oder der Tag würde in einem Desaster enden. Auch wenn Konrad im Moment nicht so wirkte, als wäre er für Sensilibisierungsversuche offen.
"Gehört nicht ein bisschen mehr dazu? Ich meine, hörst du ihm zu, wenn er mit einem Problem oder einem Erlebnis zu dir kommt?"
"Was heißt hier mehr?", blaffte Broder gereizt zurück. "Ich bin doch immer da gewesen. Aber die Jungs klären ihre Sachen doch lieber unter sich. Willst du mir sagen, ich bin schuld, dass er so was macht?"
"Nein, nein." Norbert hob beschwichtigend die Hände. "Ich meine nur, es ist manchmal nicht so leicht, die Kinder zu verstehen, besonders wenn sie in dieses Alter kommen. Da braucht es oft viel Einfühlungsvermögen."
"Da hast du wohl Recht." Broder schnitt eine zustimmende Grimasse. "Aus diesen Gören wird doch heute keiner mehr schlau."
Den Rest der Fahrt sprach keiner ein Wort.

Als sie das Geschäft betraten und der Geschäftsführer sie zum Überwachungsraum im ersten Stock führte, kämpfte Broder gegen ein leicht flaues Gefühl in der Magengegend an. Nein, er hatte keinen Grund, sich jetzt in der Nähe seines Sohnes unwohl zu fühlen. Wenn Phillip die Bedeutung von Verantwortung und Pflichtbewusstsein gegenüber der Gesellschaft nicht begriff, so würde er dafür sorgen, dass sich das änderte. Als Polizist und als Vater.

 
Zuletzt bearbeitet:

So, das war mal wieder eine kleine Schreibübung von einem blutigen Neuling zum Einstieg in das Forum ( sowas sagt man ja immer, um einem Verriss vorzubeugen :D ).
Hoffe auf baldigste Resonanz von sadistischen Kritikern, die mein Kunstwerk auseinanderpflücken! ;)

Ciao, Megabjörnie

PS.: Weiß eigentlich einer, wie man seine Dateien direkt vom PC in den Thread kopiert? Ich hab mir da unheimlich einen abgefummelt... :confused:

 

Hallo Megabjörnie,

herzlich Willkommen hier. :)

Deinen Einstieg fand ich ganz in Ordnung, wirklich überzeugt hat er mich allerdings nicht. Ich versuch mal zu erklären, warum nicht.

Stellenweise fand ich deine Geschichte einfach zu berichtend. Du sagst, dass sie nie Streit hatten, dass er alles bekommen hat, du zeigst es uns aber nicht wirklich. Vielleicht würden einfach ein paar Beispiele helfen, die die Situation konkreter machen würden? Broders Verzweiflung habe ich auch nicht richtig spüren können. Wie sah z.B. seine Körpersprache nach der Nachricht aus?
Am gravierendsten war für mich, dass ich den moralischen Zeigefinger viel zu deutlich gespürt habe. Dieser Polizist, der das Pflichtbewusstsein hochhält, aber der Vater-Pflicht nicht nachkommt, war mir einfach zu klischeehaft. Das Thema finde ich durchaus interessant, blieb mir aber zu sehr an der Oberfläche. Die Überschrift ist gelungen.

Viele Grüße
Juschi

P.S.: Über kopieren und einfügen. :)

 

Hello Mega,

Du magst es aber tun!
Ja, wenn der Vater richtig Vater gewesen hätte, seinem Kind zugehört hätte statt nur Geld zu geben, dann, ja dann wäre alles ganz anders verlaufen.

Du bedienst hier ein billiges Klischee, demzufolge es bei Kindern, um die sich gekümmert wird, keine Kriminalität geben dürfte - gibt es aber.

Die Geschichte ist gut zu lesen und würde für meinen Geschmack eher in 'Alltag' passen - es sei denn, Du wolltest auf die Vorzüge der antiautoritären Erziehung ('seinem Sohn jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Kaum den Mund aufgemacht, hatte Phillip schon bekommen, was er wollte') hinweisen. ;-)

Viele Grüße vom gox

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Leute!

Erst mal schönen Dank für eure Kritik! Wie ihr seht, habe ich gleich mal ein paar Änderungen vorgenommen, bezugnehmend auf:

[/QUOTE]Stellenweise fand ich deine Geschichte einfach zu berichtend.

Tja, da konnte ich nicht allzuviel machen. Ich wüsste nicht, wo ich die "konkreten Beispiele" unterbringen sollte, ohne dass die Geschichte an Glaubwürdigkeit verliert.
Immerhin ist die eine Perspektive die des ignoranten Vaters, der sich zwischenmenschliche Dinge sehr leicht macht, und der verständnisvolle Kollege soll ja auch kein so inniges Verhältnis zu beiden haben, sondern nur Zeuge sein.

[/QUOTE]Broders Verzweiflung habe ich auch nicht so richtig spüren können.

Hast Recht. Vielleicht gefällt dir die neue Version besser.

Am gravierendsten war für mich, dass ich den moralischen Zeigefinger viel zu deutlich gespürt habe.
Du bedienst hier ein billiges Klischee...

Da kann ich wohl nicht widersprechen. Beides ist mir schon beim ersten Schreiben aufgefallen. Aber was sollte ich da machen?
Wie ihr wissen müsst, war es eine Übung mit in etwa vorgegebenem Umfang ( ca. 50 Zeilen ) sowie vorgegebenem Schauplatz, vorgegebenem Prot, vorgegebenem Konflikt ( stehlender Sohn ) und vorgegebenem Thema ( das mir, ehrlich gesagt, nicht so am Herzen liegt: siehe Überschrift ).
Ich wollte aber trotzdem eine halbwegs gehaltvolle Geschichte daraus machen. Nach einegehendem Brainstorming ( was sich da nicht alles durch meine engen Hirnwindungen gequält hat :dozey: ) kam dann das dabei heraus.

Ciao, Megabjörnie

 

Megabjörnie schrieb:
Ich wüsste nicht, wo ich die "konkreten Beispiele" unterbringen sollte, ohne dass die Geschichte an Glaubwürdigkeit verliert.

Vielleicht durch Rückblenden? Manche lassen für solchen Sachen ganz gern die Handlungen parallel laufen, die eigentliche Handlung, wie der Vater fährt um den Sohn zu vernehmen und daziwschen immer wieder in kursiv Absatze, die exemplarisch frührere Begegnungen der beiden schildern. Ist natürlich schwierig aus der Perspektive des ignoranten Vaters, da geb ich dir recht, aber was spricht eigentlich gegen Perspektivenwechsel als Stilmittel?

lg
mög

 

@mög:
Den Perspektivenwechsel habe ich zwischen Broder und Lehmann schon vorgenommen. Für die Rückblenden müsste ich die Perspektive des Sohnes auch noch mit hinzunehmen, dann hätten wir schon drei. Das wäre zu viel für Kurzgeschichten allgemein und besonders für diese, denn das Vater-Sohn-Problem soll ja vor allem anhand der emotionalen Entwicklung von Broder veranschaulicht werden.

Es gäbe vielleicht die Möglichkeit, die Schauplätze zu wechseln: Polizeiwache - Elektrofachgeschäft - Polizeiauto - Elektrofachgeschäft. Der Sohn übernimmt dann den emotional tiefergehenden Rückblendenpart, der Vater den oberflächlichen.
Die Gefahr ist dabei immer - wie ich auch bei Beispielen in diesem Forum zur Genüge erfahren habe - dass die Geschichte thematisch auseinanderdriftet. Denn jede Figur erzählt ja eine eigene Geschichte.
Der Leser würde sich mehr mit Phillip identifizieren als mit Broder, und das Ergebnis wäre, dass nicht mehr "Pflichterfüllung" im Vordergrund steht, sondern "Alleingelassenwerden". Ein Thema lässt sich eben komprimierter behandeln, wenn der Autor sich auf eine Perspektive konzentriert.

Trotzdem danke für die Anregung. Sicher lässt sich aus der Substanz der Geschichte mehr machen, aber das wäre eben eine völlig neue Geschichte. Ich werde wohl noch darauf zurückkommen, wenn so etwas für eine Anthologie oder einen Wettbewerb gesucht wird ( okay, da müsste ich schon stark was verändern ),aber momentan schwirren mir zu viele andere Ideen im Kopf rum... :)

 

Hallo Megabjörnie,

deine Geschichte erscheint mir zu kurz. so kann der Konflikt zwischen Vater und Sohn nicht vermittelt werden. Auch steigst du auf diese Weise aus, bevor der Plot wirklich interessant wird, nämlich vor der Konfrontation.
In dieser Konfrontation könntest du Philip ein Gesicht geben, wenn er sich vielleicht trotzig stellt, sowie der Vater da ist. Du könntest den Jungen schweigsam im Auto mitfahren lassen, Vater und Sohn auf der Rückbank, während Konrad schlaue Ratschläge von vorne gibt. So bleibt die Story für meinen Geschmack stecken, ohne dass sie richtig angefangen hat. Es ist eher die erste Szene zu einer längeren Geschichte.

Das was bisher hier steht lässt sich ja flott lesen. Wenn du die Geschichte einfach verlängerst und Vater und Sohn über den Dialog in den Konflikt treten lässt, dann brauchst du auch keine Rückblenden oder Perspektivwechsel für Phillips Sichtweise, sondern nur wörtliche Rede. Konrad könnte dabei als Vermittler fungieren.

Versuche mal, sie weiter zu schreiben, egal, ob sie dabei 30 oder 60 Seiten bekommt. Ich denke, es lohnt sich.

Lieben Gruß, sim

 

Hi Sim!

Also, ich muss zugeben, jetzt bin ich richtig gerührt :D.
Eine Zeitlang dachte ich, nach Beitrag Nummer vier wäre die Geschichte abgehakt. Und jetzt interessiert sich sogar der Global Moderator dafür :shy:.
Wo ihr alle unisono auf einer weiteren Ausarbeitung des Vater-Sohn-Konflikts besteht, muss ich mich wohl tatsächlich wieder daran versuchen *ächz*.

Ursprünglich ging es mir allerdings weniger darum, einen Vater-Sohn-Konflikt zu beschreiben, sondern die ausweglose Situation darzustellen, die entsteht, wenn Mangel an Einfühlungsvermögen und Mangel an Kommunikationsbereitschaft zusammentreffen ( dieses Thema liegt mir sehr wohl am Herzen! ). Das Ende war so gedacht, dass sich der Leser denkt: "Oh Gott, jetzt wird er wieder alles falsch machen, und dann geht die Beziehung zu seinem Sohn endgültig kaputt!"

Eine Erweiterung würde, wie gesagt, eine Geschichte mit anderer Aussage hervorbringen.
Doch wenn ihr alle der Meinung seid, dies käme beim Leser besser an, muss ich mir wohl noch was überlegen... :hmm:
Ein bisschen müsst ihr euch aber noch gedulden, ich hab' gerad' was anderes in Arbeit :comp:.

Ciao, Megabjörnie

P. S.: Der Prot heißt mit Vornamen Konrad. Der Kollege heißt Lehmann. Ging das aus der Handlung etwa nicht hervor? :rolleyes:

 

Hi Megabjörnie,

für den Namen Konrad habe ich die Geschicht extra noch mal hochgescrollt und mich dabei wohl vertan. Während des Lesens, waren die Namen deutlich. Ich konnte mir halt nur Phillip merken.
Was den von dir erhofften Schlusseffekt betrifft, kann ich natülich nur für mich sprechen. Der tauchte nicht auf. Generel blitzten die Stichwörter "mangelnde Kommunikationsbereitschaft" und "mangelndes Einfühlungsvermögen" in meinen Assoziationen beim Lesen nicht auf.
Eher erschien mir Konrad im Dialog mit Norbert hilflos. Vielleicht kam daher der Eindruck, dass die Geschichte noch nicht fertig ist.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Megabjörnie!

Deine Geschichte hat mir recht gut gefallen! :) – Ich weiß, sie ist ein älteres Werk von Dir, aber sie hat mich angegrinst, als ich in Deine Geschichtenliste geschaut hab. Ich bin Dir nicht böse, wenn Du sie nicht gleich überarbeitest, Kritiken schimmeln ja nicht. ;)

Mit den Namen hatte ich auch meine Probleme. Entweder würde ich zumindest im ersten Satz gleich mal »Konrad« einfügen (ich hoffe, das ist jetzt der richtige Name :D), also »Das Bimmeln des Telefons riss Oberwachtmeister Konrad Broder aus seinem Vormittagsnickerchen.« Und da ist auch schon das zweite Problem, das ich sehe: Du willst uns den Protagonisten als pflichtbewußt vorstellen, beginnst aber, indem Du ihn im Dienst ein Nickerchen machen läßt – das widerspricht sich gefühlsmäßig.
Außerdem kommt es mir seltsam vor, daß ein Mensch, der so denkt, wie Dein Protagonist, mit einem Untergebenen per du ist – ich jedenfalls habe solche Menschen immer als so »korrekt« erlebt, daß sie zwischen Privat und Dienst sehr stark trennen, selbst, wenn man bei einer Firmenfeier per du ist, ist am nächsten Tag die autoritäre Ordnung wiederhergestellt und man sagt »Sie«. – Vielleicht ist das aber auch regional unterschiedlich, jedenfalls würde es bei der Charakterisierung sicher hilfreich sein, und Du würdest zugleich die Vornamen der beiden einsparen. ;)
Lehmann könnte ja auch direkt sagen, daß es sich um Broders Sohn handelt, z.B. »… es ist Phillip, dein/Ihr Sohn!« … »Kein Zweifel möglich. Er ist geboren am …«

Der Rest der Reihe nach:

»Wie immer kam ihm Wachtmeister Lehmann zuvor und machte Gehorsam Meldung.«
gehorsam

»"Phillip?" echote Broder begriffsstutzig.«
– "Phillip?", echote

»ich werde einfach Kramer überreden mitzukommen..."«
– überreden, mitzukommen …

»Es tat ihm noch im selben Moment leid, aber unmerklich hatte sich so etwas wie Wut aufgestaut, und er wusste einfach nicht, wo er sie lassen sollte.«
Leid
– findest Du das »unmerklich« hier wirklich passend? Er merkt es doch …

»Kaum den Mund aufgemacht, hatte Phillip schon bekommen, was er wollte.«
– Hier könnte eine kurze Aufzählung nicht schaden, z.B. »… bekommen, was er wollte. Eigener Fernseher, Videorekorder, Computer, X-Box.« (Also alles Dinge, mit denen man Kinder sich selbst überlassen kann, sich nicht wirklich um sie kümmern muß.)

»"Seine Freunde? Woher sollte ich die schon kennen? Ich spioniere ihm ja nicht nach. Hab' ihn immer seinen eigenen Weg gehen lassen."«
– »Woher sollte ich die kennen« finde ich nicht so richtig passend, sowas wie »Ja, vor drei Jahren auf der Geburtstagsparty, habe ich sie kennengelernt« fände ich besser. – Siehst Du, was ich meine, oder soll ich versuchen, es ausführlicher zu erklären?

»Norbert dachte an eine Begebenheit auf dem Revier vor fünf Jahren.«
– Der Perspektivwechsel hat mich verwirrt, weil ich die Namen verwechselt habe und erst dachte, Phillips Vater würde plötzlich so nachdenken, was so gar nicht gepaßt hätte. Würde da zumindest einen Absatz machen. Am besten noch Sternchen zwischen die Perspektivwechsel, dann bekommt man sie als Leser besser mit.

»Der elfjährige Phillip war ganz aufgeregt hereingeplatzt, wie Kinder das immer tun, wenn sie ein Erlebnis in der Schule oder auf dem Spielplatz loswerden wollen.«
– Würde die Aufregung etwas zurückschrauben. Da er ja sonst auch nicht viel Aufmerksamkeit bekommen hat, wäre so eine aufgeregte Erwartungshaltung hier falsch. Er weiß ja zumindest unterbewußt schon vorher, daß er nicht die Art von Aufmerksamkeit bekommt, die er gern hätte. Es ist nur ein weiterer Versuch – nehme ich zumindest an. Oder anders ausgedrückt: Wer immer alleingelassen wird, verlernt auch leicht (bzw. lernt es erst gar nicht), Freude etc. zu teilen oder überhaupt nach außen hin zu zeigen – weil es ja eh keinen Sinn hat.
Eine Möglichkeit wäre natürlich, ihn jünger zu machen, sodaß er noch unbefangener war. Aber mit elf hat man solche Dinge schon gelernt. Wenn er jetzt, also zum Zeitpunkt des Diebstahls elf wäre, fünf Jahre davor demnach sechs, dann würde ich es noch eher als glaubwürdig einstufen, besser fände ich aber, die Begebenheit wäre spätestens im fünften Lebensjahr gewesen, wofür Du ja auch den zeitlichen Abstand etwas vergrößern könntest.

»Als Phillip freudig erregt mit den Armen zu rudern begann«
– Auch das paßt bei den Altersangaben nicht zu dem geschilderten Vater-Sohn-Verhältnis. Ich glaube zwar, zu erkennen, daß Du das so geschrieben hast, um herauszustreichen, wie unpassend die Reaktion von Broder ist, aber ich glaube, das muß nicht so extrem sein, um dem Leser aufzufallen (außer eben, Du änderst das Alter).

»"Was heißt hier mehr?", blaffte Broder gereizt zurück.«
– Was hältst Du denn von einem »Willst du jetzt etwa mir die Schuld geben?«

»Als Polizist sowie als Vater.«
– Vielleicht würde ein »Als Vater und Polizist« besser rüberkommen?

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Häferl.

Danke, dass du den alten Schinken wieder nach oben geholt hast *seufz*. :rolleyes:

Hey, Moment, sie gefällt dir? *Freu* :shy:

Und das, obwohl ich so billige Klischees bedient habe? Nein, jetzt erkenne ich es: Ich habe der Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten, ihr ewige Wahrheiten vermittelt. Ich bin ein Genie! :bounce:

Tja, die Vorschläge muss ich mir wohl noch mal durch den Kopf gehen lassen. Wenn ich dran denke, dass ich die Geschichte mehrmals abgeschickt habe ... :bonk:

Bei den meisten psychologischen Unstimmigkeiten hast du wohl Recht. Tja, als Frau und dann noch als Mutter hat man ja gewisse Vorteile, ich sach dat immer ... :smokin:

Ciao, Megabjörnie

 

So, Änderungen vorgenommen.

Der Umgangston zwischen den beiden bleibt aber so. Bei uns im Norden sind wir nicht mehr so formell. Auch nicht bei der Polizei. Ich muss es wissen, meine Mutter arbeitet dort. ;)

 

Hallo Megabjörnie!

Danke, dass du den alten Schinken wieder nach oben geholt hast *seufz*.
Naja, sooo alt ist sie auch wieder nicht. Aber vielleicht hängt das Alter von Geschichten subjektiv davon ab, in welchen Intervallen man selbst schreibt. Bei mir altern sie halt sehr langsam. ;)

obwohl ich so billige Klischees bedient habe?
Das einzige Klischee, das mir mißfallen hat - der Büroschlaf -, ist ja jetzt draußen. Find ich gut so, wie es jetzt ist. :)

Auch, daß Du den Sohn jünger gemacht hast und die Geburtstagsparty eingefügt hast, finde ich gut. - Die Sache mit den Namen kann ich jetzt nicht mehr beurteilen, dafür mußt Du dir wohl einen neuen Leser anlachen. ;)

Sein Blutdruck schoss plötzlich nach oben, Schwindelgefühle stiegen in ihm auf,
Die Schwindelgefühle kenne ich vom niedrigen Blutdruck - ist das beim hohen tatsächlich auch so?

Bei uns im Norden sind wir nicht mehr so formell.
Das ist aber auch wirklich das Einzige, worum ich Euch beneide... :D

Alles Liebe,
Susi :)

 

Auch, daß Du den Sohn jünger gemacht hast und die Geburtstagsparty eingefügt hast, finde ich gut.

Klar, das waren ja auch deine Vorschläge. :D

Die Schwindelgefühle kenne ich vom niedrigen Blutdruck - ist das beim hohen tatsächlich auch so?

Äh, Moment. Eigentlich dachte ich, wenn ich mich recht entsinne, daran, dass sein Gefühl der Unfassbarkeit Schwindelgefühle verursacht. Aber du hast Recht, das ist ein wenig missverständlich. Ich frage mal nach, ob der Zusammenhang trotzdem richtig wäre.

Bei uns im Norden sind wir nicht mehr so formell.

Das ist aber auch wirklich das Einzige, worum ich Euch beneide...


Ha! Und was ist mit unserer Kultur? Aus dem Norden kamen zum Beispiel die Wikinger ... Nee, warte, schlechtes Beispiel ... Gerhard Schröder ist Niedersachse ... Mist, hätt' ich besser nicht erwähnt ... :idee: Wir haben das sauberste Hochdeutsch des ganzen Sprachraums und das Meer direkt vor der Haustür. :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Klar, das waren ja auch deine Vorschläge. :D
Ich hab aber nicht dazugesagt, wodurch Du z.B. den Büroschlaf ersetzen könntest, mein Vorschlag mit der Geburtstagsparty war auch ganz anders, als Du ihn umgesetzt hast. Das Wie war also auf jeden Fall Deine Leistung. :)

Wir haben das sauberste Hochdeutsch des ganzen Sprachraums
Des wü oba eh ka aund‘ra... :D

und das Meer direkt vor der Haustür.
Das Eiswasser? Darum beneide ich Euch auch nicht. Würde mich nur ärgern: Das Meer vor der Haustür und dann ist es zu kalt zum Baden… :lol:

Ich helf Dir: Die flachen Fahrradwege sind es, um die Ihr noch zu beneiden seid. ;)

 

Hallo Megabjörnie,
wie ich rekonstruieren konnte, hast du Häferls Vorschläge übernommen (z.B. Fallunterlagen statt Büroschlaf), und auch ich kann sagen, dass ich deinen Einsteiger ganz gut fand.

Na ja, wäre schön, wenn mit Mitgefühl erzogene Kinder wirklich nicht kriminell würden! Aber zumindest hast du ja darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht nur finanzielle Not fürs Klauen gibt.

Der arme Philip, der Schluss klingt ja wie eine Drohung! Dann doch besser aufgebrummte Sozialstunden: bei meinem Sohn, der (hoffentlich) beim ersten Spaß-Klauen erwischt wurde, war danach das Thema durch.

Gruß, Elisha

 

Hallo Megabjörnie,

deine Geschichte hat mir gefallen, eine wichtige Problematik wird in ihr aufgegriffen. Doch ab

„Er war immer stolz darauf gewesen, seinem Sohn jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Kaum den Mund aufgemacht, hatte Phillip schon bekommen, was er wollte.“

War schon vorprogrammiert, wie es weiter geht, das schwächt den Text.

Diese Stelle ist gelungen, sie zeigt treffend, was in dem Vater vorgeht:

"Du musst wirklich nicht dabei sein, Konrad, ich werde einfach Kramer überreden, mitzukommen..."
"Nichts da!", blaffte er so laut, dass Lehmann zusammenzuckte und den Blick abwandte. Es tat ihm noch im selben Moment Leid, aber es hatte sich plötzlich so etwas wie Wut aufgestaut, und er wusste einfach nicht, wo er sie lassen sollte. Immerhin schaffte er es, seine Benommenheit abzuschütteln.“


“Als sie das Geschäft betraten und der Geschäftsführer sie zum Überwachungsraum im ersten Stock führte, kämpfte Broder gegen ein leicht flaues Gefühl in der Magengegend an. Nein, er hatte keinen Grund, sich jetzt in der Nähe seines Sohnes unwohl zu fühlen. Wenn er es auch bisher versäumt hatte, ihm die Bedeutung von Pflichtbewusstsein zu vermitteln, so würde er es ab jetzt tun. Als Polizist und als Vater.“

Der Schluss erläutert zu direkt, was der Vater immer noch nicht kapiert, eine Überraschende Wendung, wie der Vater zu Selbsterkenntnis kommt, wäre spannender.


Änderungsvorschläge:

„Und wenn es doch so ist? , kam es leise aus seinem Hinterkopf.“

- klingt so, als sei da ein kleiner Lautsprecher am Werk. Irgendetwas wie `Zweifel mischten sich in seine Gedanken´, `ihm kamen Zweifel´ fände ich günstiger.

„Hatte er dem Jungen nicht stets alles vermittelt, was ihm selbst wichtig war? Wie konnte sein eigener Sohn ihn so enttäuschen?“

„Stets“ „alles“ ist recht dick aufgetragen, eines der beiden Wörter würde ich weglassen.

L G,

tschüß… Woltochinon

 

Hi Woltochinon!

Schön, dass ich in deinen Augen Gnade finde. :)
Hm, wenn meine erste Geschichte so viele positive Resonanzen hervorruft, gibt mir das fast schon zu denken. Manche andere ist nicht halb so gut weggekommen. Habe ich mich überhaupt verbessert? Aaaargh, diese Ungewissheit! :schiel: *Haarerauf*

Aber jetzt mal zu deinen Kritikpunkten:

„Er war immer stolz darauf gewesen, seinem Sohn jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Kaum den Mund aufgemacht, hatte Phillip schon bekommen, was er wollte.“

War schon vorprogrammiert, wie es weiter geht, das schwächt den Text.


Das guck ich mir noch mal genauer an. Irgendwie klingt es ja auch ein bisschen klischeehaft. Vielleicht lässt es sich ersetzen.

Der Schluss erläutert zu direkt, was der Vater immer noch nicht kapiert, eine Überraschende Wendung, wie der Vater zu Selbsterkenntnis kommt, wäre spannender.

Das wollte ich ganz bewusst nicht tun. Das gesellschaftliche Problem soll der Leser aus der Geschichte mitnehmen. Nach dem Motto:

Der arme Philip, der Schluss klingt ja wie eine Drohung!

Siehste, genau das war mein Ziel! :D

„Und wenn es doch so ist? , kam es leise aus seinem Hinterkopf.“

- klingt so, als sei da ein kleiner Lautsprecher am Werk. Irgendetwas wie `Zweifel mischten sich in seine Gedanken´, `ihm kamen Zweifel´ fände ich günstiger.


Das war auch die einzige Stelle, wo ich einen Gedanken in Form wörtlicher Rede geschrieben habe. Ändere ich besser.

„Hatte er dem Jungen nicht stets alles vermittelt, was ihm selbst wichtig war? Wie konnte sein eigener Sohn ihn so enttäuschen?“

„Stets“ „alles“ ist recht dick aufgetragen, eines der beiden Wörter würde ich weglassen.


Vielleicht hast du Recht. Ich muss auch sagen, dass ich Broder beim Schreiben nicht so richtig ernst genommen habe. An solchen Stellen scheint das dann durch. ;)
Werde diesen Vorschlag ebenfalls prüfen.

@Elisha: Nee, keine Angst, hab dich nicht vergessen. :D
Danke für die Rückmeldung, ne.

Ciao, Megabjörnie

 

Auch wenn ich Bellas Copywritegeschichte nicht gelesen hätte, Megabjörnie, deine Geschichte hinterläßt bei mir einen ziemlich unentschlossenen Eindruck: Sie hat kein richtiges Ende, weil der Umschwung im Denken des Vaters zu plötzlich und völlig unbegründet kommt, und zudem nicht mehr ist als eine Absichtserklärung.

Andererseits hast du die Charaktere gut entwickelt, sowohl der Vater als auch sein Kollege wirken glaubwürdig und der allwissende Erzähler hält sich klug im Hintergrund. Die Dialoge sind gut, lediglich auf so Kleinigkeiten wie echote Broder begriffsstutzig oder meinte Norbert Lehmann könntest du verzichten.

Ja, und dann ist da noch diese Sache mit dem Vorfall vor 6 Jahren: Ich glaube nicht, daß sich ein Kollege nach so langer Zeit an so etwas erinnert - und dann noch gleich den Analogieschluß zieht! -, besser wäre es, der Vater würde sich daran erinnern, zum Beispiel, wenn sie schweigend an einem Spielplatz vorbeiführen …

Dion

PS: Sim hat Recht, wenn er sagt, die Geschichte ist nicht fertig, es fehlt das Wesentliche - die Konfrontation mit dem Sohn. Ohne diese Konfrontation - oder einer vergleichbaren Handlung - wird der Sinneswandel des Vaters nie mehr sein können als eine Absichterklärung.

 

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