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Feige Sau!

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20.11.2001
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Feige Sau!

Er lebt zu gerne, das ist sein Problem.
Genaugenommen wäre das ja kein Problem, wenn sie ihn weiter hier arbeiten und wohnen ließen. Wenn sie sein Ansuchen auf Asyl nicht abgewiesen hätten.
Jetzt steht er da oben auf dem Dach des fünfstöckigen Hauses und traut sich nicht hinunterzuspringen.

Er fürchtet sich vor dem, was ihm »zuhause« droht. Gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder hat er Essen zu den Widerstandskämpfern gebracht, bis die vom Militär seinen Bruder verhaftet und ermordet haben. Mohamed konnte sich verstecken und ist geflohen, als er vom Schicksal seines Bruders erfuhr. Sicher warten sie jetzt schon darauf, ihn von den österreichischen Behörden frei Haus geliefert zu bekommen … Aber diese Genugtuung gönnt er ihnen nicht. Lieber will er es selbst erledigen. Das erspart ihm dann die Schubhaft und den Flug und die ganze Angst dabei.

Blauer Himmel und ein sonnenbeschienenes Meer aus Schornsteinen, Bäumen, Satellitenschüsseln und Handymasten bieten sich ihm als Anblick. Darunter weiß er das Leben, ein Wechselbad aus Sorgen und Glück, solange man darin schwimmen darf. Er stellt sich vor, auf dem Sprungbrett eines Schwimmbeckens zu stehen, aber auch das klappt nicht. Es wächst nur Wut in ihm. Auf sich, weil er zu feig ist für diesen letzten Schritt; auf die Behörden, die sich zwischen Kaffee und Beamtenforelle nicht vorstellen können, was ihm in seiner Heimat droht. Oder es einfach nicht wollen, weil es für sie ein Spiel ist, an dessen Regeln sich zu halten sie vorgeben, doch wenn keiner hinschaut, schieben sie gern ein paar andersfarbige Spielsteine mehr vom Feld, als die Regel erlaubt. Tod oder Leben, die Würfel sind gefallen. Stempel, Unterschrift, nächster Akt. Mohamed ist klar, dass es keinen Sinn hätte, die Faust gegen sie zu erheben, und er senkt den Blick auf seine abgewetzten Turnschuhe.

Zweieinhalb Jahre ist er bereits hier. Zuerst in der Erstabschiebestelle Ost in Traiskirchen, dann im Wiener Schubhaftgefängnis, wo er in Hungerstreik trat, wenige Tage in ein Krankenhaus verlegt wurde und gleich, nachdem er wieder zwei Kilo zugenommen hatte, zurück in Schubhaft kam, bis in letzter Instanz doch noch ein Asylverfahren bewilligt wurde. Man entließ ihn und er dachte, das sei ein gutes Zeichen und er hätte eine Zukunft.

Seit fünfzehn Monaten ist er nun auf freiem Fuß, hat Hilfsarbeiten angenommen und begonnen, deutsch zu lernen. Er ist kein Sprachentalent und es fiel ihm nicht leicht, doch er bemühte sich redlich. Anita, eine junge Frau aus der Nachbarschaft, übte manchmal mit ihm und so machte er gute Fortschritte. Wofür, wenn sie ihn jetzt doch abschieben? Er könnte seinen Abschiedsbrief auf deutsch verfassen, damit sie sich den Übersetzer sparen. Er erspart ihnen gleich den ganzen Brief; egal in welcher Sprache, sie könnten ihn doch nicht verstehen.
»Und jetzt spring endlich«, sagt er sich, doch seine Beine bewegen sich keinen Millimeter, er wagt noch nicht einmal den Blick nach unten, aus Angst, das Gleichgewicht zu verlieren, wenn er sich nach vorne beugt. Tränen rinnen über seine braunen Wangen, mit ihnen tropfen seine kleinen Träume auf das Blech, von wo sie der Wind davonträgt; alles, was er sich jetzt noch wünscht, ist ein Tritt von hinten, der ihn in den Abgrund befördert. »Du elender Feigling, jetzt spring endlich«, fordert er sich selbst noch einmal auf, und wieder funktioniert es nicht.
Er dreht sich um, wischt sein Gesicht mit dem Ärmel trocken und zieht sich zurück in das Haus, von dessen Dach er springen wollte. So, wie er gekommen ist, meidet er auch jetzt den Aufzug, gelangt über die Stiegen nach unten und ungesehen aus dem Gebäude. Und wie er gekommen ist, irrt er weiter ziellos durch die Straßen und Gassen der Stadt, als suche er ein Loch, durch das er der Realität entfliehen kann. In welche Richtung er geht, registriert er nicht mehr, erlebt alles wie in einem Traum. Ein Rausch aus Angst, Wut und Verzweiflung. Häuser, Menschen, Autos ziehen an ihm vorüber. Verschwimmen wie ihre Geräusche.

Erschöpft lässt er sich auf eine Bank fallen. Sein Gesicht glänzt vor Schweiß und Tränen. Erst jetzt nimmt er wahr, dass er sich auf der Mariahilfer Straße befindet. Menschen rennen hektisch herum, als kaufte ihnen sonst jemand etwas vor der Nase weg. Eine junge Frau nimmt ihn wahr, bleibt stehen. Greift nach Taschentüchern, überlegt kurz, steckt sie wieder weg und geht weiter. Mohamed schließt die Augen. Er sieht sich inmitten eines Flusses, in dem er in einen Strudel geraten ist, der ihn erbarmungslos nach unten zieht. Am Ufer stehen Schilder mit der Aufschrift: »Rettungsringe zuwerfen verboten!« Er wünscht sich, endlich zu ertrinken, stattdessen strampeln und rudern seine Arme und Beine wild umher. Er macht die Augen wieder auf und denkt: Anita! In der nächsten Sekunde schimpft er sich für den Gedanken, sie so zu missbrauchen. Er weiß schließlich, dass sich strafbar macht, wer ihm Unterschlupf gewährt. Anita soll nicht für ihn ins Gefängnis müssen. Er steht wieder auf, sieht sich um. Keine Polizei in Sicht. Ob sie sein Bild in der Fahndung haben? Er will ihnen nicht lebend in die Arme laufen.

Mohamed geht weiter. Ständig nach den Tentakeln des Gesetzes Ausschau haltend, wendet er seinen Blick abwechselnd in alle Richtungen. Er zuckt zusammen, sucht instinktiv nach einem Versteck, als er beim Scannen der Umgebung eine Uniform registriert – nur ein Parkplatz-Sheriff. Ein paar Gassen weiter nimmt er die Aufschrift »U3 Neubaugasse« wahr, läuft den Abgang zwei Stufen auf einmal nehmend hinunter, erreicht den Bahnsteig. Zwei Minuten bis zum nächsten Zug, sagt die Leuchtschrift. Mohamed wartet. Balanciert am Bahnsteigrand entlang. »Treten Sie bitte hinter die gelbe Sicherheitslinie!«, faucht es aus den Lautsprechern. Erschrocken springt er zurück. Aus dem Tunnel hört er schon die Räder quietschen, er schaut ins Schwarze, wartet auf die erlösenden Lichter. Dann rollt die U-Bahn in die Station und Mohamed …
Er könnte vor Angst in die Hose machen, aber für den Sprung in den Tod reicht es nicht. Er steigt ein. Sein Herz schlägt wie eine Flügelratsche.
Bis zur nächsten Station braucht der Zug keine Minute, doch heute fährt er unerträglich viele Schweißperlen lang, und unzählige Male hämmert es in Mohameds Kopf: Feigling! Dann endlich: Zieglergasse, Türen auf, hinaus. Bahnsteig. Panik, er weiß nicht wohin. Ein paar Meter schwimmt er im Strom der Menschen.

Auf der Rolltreppe stößt er mit einem Mann zusammen. Schwarzer Parka, Kapuze auf dem Kopf, flucht Unverständliches in Richtung Mohamed. Tschetschene, schätzt Mohamed, als er ihm ins Gesicht sieht. In Traiskirchen hat er erfahren, dass viele Flüchtlinge von ihren brutalen Gewalterfahrungen traumatisiert sind. Er hat mitbekommen, wie ein sadistischer Aufseher sich manchmal einen Spaß daraus gemacht hat, einige von ihnen zu reizen. Mohamed fiel auf, dass es immer Tschetschenen waren, die der Wärter auswählte, und fragte sich, ob es bei ihnen besonders leicht ginge. Einige haben sich tatsächlich gewehrt, als wollte man sie nun auch hier foltern. Mohamed spürt Bäche aus Schweiß von seinen Achselhöhlen an den Rippen hinunterrinnen, bis das T-Shirt sie aufsaugt. Eine Idee schießt ihm in den Kopf. Du bist meine Rettung …, denkt er und fragt: »Ist was, feige Sau?«
Keine Reaktion. Mohamed tritt gegen sein Schienbein. Der Kapuzenmann packt ihn an der Jacke, schimpft abermals und lässt ihn mit einem Ruck los, dass er gegen die Seitenwand der Rolltreppe taumelt. Oben angekommen, zeigt ihm der Mann den Mittelfinger und will schon weitergehen, doch Mohamed zieht ihn am Arm, will ihn nicht gehen lassen. Dann stehen sie sich gegenüber, Mohamed blickt sich um. Immer noch keine Polizei.

Während er den Mann weiterhin provoziert, lockt er ihn ans gegenüberliegende Ende des U-Bahn-Abganges. Das rechteckige Loch im Boden ist an drei Seiten mit einer hüfthohen Mauer eingefasst, an der vierten enden Rolltreppe und Stufen. Mohamed und der Kapuzenmann sind schon fast an der Schmalseite angelangt, die sein Ziel ist, da besinnt sich der Mann und meint: »Ey, Mann, ist gut. Stay cool. Tanzen, Mann! Was bist du für ein Schwarzer? Tanz, und alles ist gut!« Er beginnt, sich rhythmisch zu bewegen, fordert Mohamed noch einmal dazu auf, es ihm nachzumachen.
Mohamed geht einen Schritt zurück, nennt ihn einen Feigling. Noch ein Schritt. »Na, komm! Trau dich, feiges Arschloch!«
»Ich, feiges Arschloch?!« Der Mann hat aufgehört zu tanzen. Mohamed geht, ohne ihn aus den Augen zu lassen, zu der niedrigen Mauer, genau über dem unteren Ende der Rolltreppe. Der Mann folgt ihm, will wissen: »Was ist los, du?«
»Zeig, dass du kein feiges Arschloch bist, schmeiß mich da runter.«
Eine Hand klatscht gegen die Stirn unter der Kapuze. »Deppert?« Der Mann wendet sich ab, doch da sagt Mohamed, während er weiter nach rechts geht, sodass er sich über den Stufen befindet: »Feiger, tschetschenischer Arsch!«
Der Mann kommt zurück. »Sag du nochmal und ich geb dir feige, tschetschenische Arsch! Du … «, droht er und will sich umdrehen und gehen. Mohamed erwischt ihn am Handgelenk, drückt Daumen und Mittelfinger an die Knöchel, dass es sich anfühlt wie Handschellen. Eine Mischung aus Angst, Verzweiflung und Wut blickt ihm aus der Kapuze entgegen. Mohamed lässt los und sagt: »Na komm, mach schon, feiger Tschetschene.« Mohamed setzt sich auf die Mauer. »Heb meine Füße hoch und schieb an!«
Der Tschetschene schaut, greift seitlich an Mohameds Beine, wirft ihm einen fragenden Blick zu. »Anschieben?«
»Ja, aber von vorne.«
»Du deppert.« Er lässt los, geht kopfschüttelnd zwei Schritte weg.
Mohamed wiederholt sein »Feiger, tschetschenischer Arsch!«, dabei zieht es ihm innerlich alles zusammen, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
Dem Tschetschenen ist es jetzt zu viel; er kommt zurück. Mohamed streckt ihm seine Beine entgegen, macht sich steif. Ist froh, seinem Schicksal zu entkommen. Er fühlt sich erlöst, als er spürt, wie seine Beine hochgehoben werden. Wie er über die Mauer hinweg- statt abgeschoben wird. Seine Lippen formen ein »Danke«, doch sein Inneres will keine Stimme hergeben. An der untersten Stufe bricht er sich das Genick.
Der Tschetschene läuft weg.
Menschen stehen herum, schauen, halten es für einen Streit unter Drogendealern. Über Foltertraumen steht schließlich nichts in der Zeitung.


.

 

Prima Häferl,

immer mehr habe ich im Laufe der Geschichte gehofft, dass Mohammed sein Vorhaben nicht gelingt, zumal er immer mehr andere mit ins Verderben reißen würde.
Besonders erwähnenswert natürlich, dass dies eine Suizidgeschichte ist, der es weder an Glaubwürdigkeit mangelt, noch an Spannung. Sie ist politisch fundiert (soweit ich die Verhältnisse in Österreich beurteilen kann), wäre bis auf Kleinigkeiten genau so auch in Deutschland möglich, ohne dass sich die Presse groß drum kümmern würde. "Eine Auseinandersetzung im Drogensumpf" eben.
Hat mir wirklich gut gefallen.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo sim!

Danke Dir fürs Lesen und Deinen Kommentar dazu!

immer mehr habe ich im Laufe der Geschichte gehofft, dass Mohammed sein Vorhaben nicht gelingt, zumal er immer mehr andere mit ins Verderben reißen würde.
Naja, daß er andere mit ins Verderben reißt, ist nicht bei allen Varianten unbedingt gegeben; beim Sprung vom Hausdach etwa müßte der dumme Zufall eintreten, daß er gerade auf jemanden drauffällt. Er selbst schließt ja erst sogar noch die Variante aus, daß er sich bei Anita verstecken könnte – er könnte dann nach einiger Zeit, wenn sie ihn nicht finden, einen neuerlichen Antrag stellen, und hätte damit noch einmal eine Chance, allerdings macht man sich neuerdings strafbar, wenn man einen Abzuschiebenden bei sich aufnimmt, und das mutet er ihr nicht zu. Erst, als ihm nach dem neuerlichen, mißlungenen Versuch bei der U-Bahn der Druck zu groß wird, ist er dazu fähig, einen anderen mit hineinzuziehen. Er überträgt seine Wut auf sich selbst für seine Feigheit auf den anderen. (Klar, würde er sich vor die U-Bahn werfen, kämen viele irgendwohin zu spät, aber in Relation ist das in meinen Augen kein »mit ins Verderben reißen«.)

Besonders erwähnenswert natürlich, dass dies eine Suizidgeschichte ist, der es weder an Glaubwürdigkeit mangelt, noch an Spannung. Sie ist politisch fundiert
Danke für das Lob. Glaubwürdigkeit und Spannung freuen mich sehr, politisch Fundiertes zu schreiben ist bei solchen Geschichten für mich eigentlich Grundvoraussetzung, um überhaupt anzufangen. ;)
Mit der Flüchtlingsthematik befasse ich mich jetzt schon länger, aber das war nicht der einzige Grund für die Geschichte. Die Szene, die im letzten großen Absatz beschrieben wird, war nämlich tatsächlich ein Video auf youtube, es war ziemlich verstörend (mittlerweile ist es weg). Allerdings verstand man nicht, was die sagten, man hörte nur die Umstehenden. Da mußte ich einfach eine Geschichte drumherum konstruieren, was gar nicht so einfach war, und deshalb bin ich über die Bestätigung der Glaubwürdigkeit auch sehr froh.

Ich wollte aber noch eine wichtige politische Aussage treffen, die eigentlich spätestens im vorletzen Satz, »Wir handeln nur nach den geltenden Gesetzen«, ankommen sollte. Tut sie das nicht?

ohne dass sich die Presse groß drum kümmern würde.
Huch, da könnte die Bevölkerung ja zu denken beginnen …

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

Naja, daß er andere mit ins Verderben reißt, ist nicht bei allen Varianten unbedingt gegeben
nein, so habe ich das auch nicht gemeint. Wenn er sich vom Hochhaus stürzt, wird sich eventuell der Hausbesitzer ein paar unangenehmen Fragen bezüglich der Sicherheit stellen lassen müssen, aber das steht wirklich nicht in Relation.
Wenn er sich von den Zug stürzt, kommen allerdings nicht nur ein paar Menschen zu spät (das wäre wirklich kein ins Verderben reißen), sondern ein Zugführer wird je nach Konstitution mehr als nur einen schweren Schock davon tragen.
Bei Youtube werden solche Videos zum Glück bei Entdeckung gelöscht, meistens werden sie über Handys ausgetauscht. Ich finde es immer schwierig, an ihnen die Verrohung einer Gesellschaft zu beklagen. Natürlich sind sie ein Symptom davon, aber oft ist derart roher Zynismus ja ein Schutz vor eigener Hilflosigkeit. Hier werden Grenzen verwischt, das reale Leben nur noch als coolen Horrorfilm wahrzunehmen, den man auf Portalen hochladen kann, schützt davor, sich durch die Realität verletzten zu lassen. Was bleibt, ist der Horror.
Was die politische Aussage betrifft, die mit dem vorletzten Satz klar geworden sein sollte. Die hattest du ja zuvor mit dem übrigens gelungenen Bild vom Spiel eingeleitet. Dazu wollte ich erst vorschlagen, konkreter in ein Spiel zu gehen (eines, bei dem man "ausscheiden" kann) und auch für den Stempel in dem Bild zu bleiben (Brett zusammenklappen, Figuren in die Schachtel schmeißen, Deckel zu). Das hat den Vorteil, das mit Beendigung des Spiels auch die Siegerspielsteine nicht mehr interessieren, die Unmenschlichkeit ev. drastischer dargestellt wird.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Häferl!

Kann mich sims Urteil nur anschließen. Eine interessante politische Geschichte. Als Suizidgeschichte würde ich sie jetzt nicht unbedingt bezeichnen, da Selbstmord meines Erachtens nicht im Mittelpunkt steht.

Einzige kleine Anmerkung:

Ein Fünfzehnjähriger hat die Szene mit seinem Handy gefilmt, läuft ans andere Ende des Abgangs, um auch noch einen Blick auf die Leiche zu erhaschen, und meint, youtube sei der passende Ort für sein Video.
Hier gibst du Seitenhiebe auf ein anderes Feld. Finde ich persönlich im Zuge der Geschichte nicht notwendig. Eher was für eine eigenständige Geschichte. :)

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Häferl

Er lebt zu gerne, das ist sein Problem.
Ja, das ist der Grund, warum er zu "feige" ist, um zu springen. Das Problem, warum deine Geschichte an mir vorbeidüst, ist, dass du zwei große Themen bearbeitest, und beide konkurrieren miteinander und das eine, ist wirklich ein abgelutschtes Thema, das andere ist ein Aktuelles, aber für viele Uninteressantes, weil es ihrer Meinung nach nicht ihr Problem ist. Für mich vergrault die Selbstmordgeschichte die eigentliche Idee und die Intention der Geschichte. Du willst die Ungerechtigkeit zeigen, die vielen integrierten Ausländern widerfährt, aber du richtest nicht den Blick darauf, sondern auf den Selbstmord, der zwar eine Konsequenz dieser Ungerechtigkeit ist, aber zuviel Raum einnimmt.

Ende der 90iger gab es viele Abschiebungen von Kosovo-Albanern, die von den Serben unterdrückt wurden und deshalb nach Deutschland geflüchtet sind. Da die UN der Ansicht war, man hätte dort nun Ordnung geschafft, hat auch Deutschland diese besagten Abschiebungen durchgeführt und dass unter den Asylanten Familien waren, deren Kinder kein albanisch sprechen konnten, war ihnen egal; dass sie möglicherweiser umgebracht werden, kam ihnen auch nicht in den Sinn oder sie wollten es nicht wahrhaben; dass die meisten ihr Leben hier aufgebaut haben, interessierte sie nicht, da sie ein eigenes Land haben. Ein Fall in Duisburg, das nur in den Lokalzeitungen war, berichtete vom Selbstmord eines Kosovo-Albaners, der von einer Brücke gesprungen ist. Die meisten gingen aber "freiwillig". Einige wurden in ihrem Land umgebracht, einige sind wieder illegal nach Deutschland geflüchtet usw.
Vor einiger Zeit habe ich beim Ausländeramt einen Libanesen getroffen, der eine 'Duldung' hatte. Er meinte, er hätte Deutschland zu sehr geliebt. Dein Satz hat mich daran erinnert. Und nach sims Kritik musste ich die Geschichte einfach lesen, aber leider konnte sie mich nicht überzeugen.

Also eigentlich wäre das ja kein Problem, wenn sie ihn weiter hier arbeiten und wohnen ließen. Wenn sie sein Ansuchen auf Asyl nicht abgewiesen hätten.
Um mal in der naiven Weise dieser Passage zu antworten: Schau mal, wenn Deutschland oder Österreich oder, oder zu viele Ausländer hier hätten, und alle arbeiten würden, wo wäre da Platz für die eigenen Leute?
Man achtet auf eine proportionierte Verteilung, sonst würden (Gott bewahre) in Zukunft nur noch Migranten hier wohnen. Das ist auch einer der Gründe, warum die Türkei niemals in die EU schaffen wird, aber das ist ein anderes Thema.
Sicher warten sie jetzt schon darauf, ihn am Flughafen in Empfang zu nehmen …
Brauchen sie nicht, es gibt genug Maulwürfe unter den eigenen Leuten.
Statt Mut bekommt er nur Wut.
Na ja, wieso sollte er auch durch diese Gedanken Mut kriegen; der Satz ist für mich eh so eine hohle Phrase, und durch die beiden gleichklingenden Worte, hört er sich etwas albern an.
Auf sich, weil er zu feig ist für diesen letzten Schritt; auf die Behörden, die sich zwischen Kaffee und Knackwurst nicht vorstellen können, was ihm in seiner Heimat droht. Oder es einfach nicht wollen, weil es für sie nur ein Spiel ist, an dessen Regeln sie sich halten. Tod oder Leben, die Würfel sind gefallen. Stempel, Unterschrift, nächster Akt.
Die Passage finde ich gut, und die Perspektive stimmt. Insgesamt aber nicht immer. Z.B bei der youtube-Passage kommt der allwissende Erzähler dran, und sonst erzählst du aus der Sicht von Mohammed.
Gegen Ende kommt für mich eh zu sehr dieses Anklagende rein, das da nicht reinpasst. Als wolltest du dem Leser auf jeden Fall noch zu verstehen geben: Schaut her, diese Leute werden ungerecht behandelt.
Das ist für mich zu plakativ, zu direkt, zu plump. Entweder du konzentrierst dich ganz auf Mohammed oder nur auf seine Umgebung. Beides funktioniert nicht. Mich konnte es jedenfalls nicht überzeugen.
Auch Anitas Szene brauchst du nicht, ich hätte es besser gefunden, wenn er ein Einzelkämpfer (ohne Selbstmitleid natürlich) wäre, aber okay, ist deine Geschichte. : )

Ein Thema, aus dem man viel machen kann, ja.

Cu JoBlack

P.S.:
Der Titel ... konntest du keinen besseren finden? Hört sich einfach provozierend und nichtssagend an.

 

Salü Häferl,

bei mir kommt Deine Geschichte weder plump, noch plakativ an - aber schon, im positiven Sinne, sehr direkt. Sie trifft, sie schmerzt und beschäftigt nachhaltig. Gerade auch im Sinne der 'Herbergssuche', die wir ja morgen vor dem Stall feiern, die aber offenbar für viele Menschen nicht zu einem Fest werden darf. (Dies sind so meine Gedanken, nachdem ich heute morgen die Geschichte las.)
Mich hast Du beeindruckt und in all diese Härte fällt dann so ein weicher Satz:

Tränen rinnen über seine braunen Wangen, Träume tropfen auf das Blech, der Wind trägt sie davon.

Über diese Thematik liesse sich endlos debattieren, über Deine Geschichte, meine ich, nicht. Es sei denn, jeder schriebe eine Eigene. Ob's dann immer so klar herüber kommt, wie Du es hier geschafft hast, wage ich zu bezweifeln.

Wenn Du vielleicht unter

»Das ganze ausländische G’sindel, g’hörn eh alle weg.«
drei *** einmittest und dann weiterfährst? Irgendwie könnte ich den Zusatz des Jungen mit dem Video und Anitas Gang zum Gericht besser als zusätzlichen Hieb einordnen.

Liebe Grüsse zu Dir nach Wien,
Gisanne

 

aloa häferl,

muss mich der meinung von joblack anschließen, deine geschichte behandelt zwei themen, aber auf eine weise die beider irgendwie nicht gerecht wird. was mich bei deinen geschichten bisslang immer erstaunt hat; in welch eindrucksvollerweise, du es schaffst, den leser in eine gefühlswelt eintauchen zu lassen, die praktisch miterleben lässt. so auch hier!:thumbsup:
das thema des selbstmordes, der aus feigheit ein provozieter mord wird, ist meines erachtens nicht sonderlich spannend, wirkt auch hier auf mich nicht so faszinierend. dann hatte ich den eindruck, du warst selbst in einer weise angestachelt, irgendwie involviert, so dass es zu diesen plakativen und plumpen seitenhieben kommt. merkwürdig:confused:
so wie du den hammer herausholst und aufschlagen lässt, zerschlägst du auch deine geschichte.
den perspektivwechsel hab ich ebenfalls nicht ganz nachvollziehen können.
der titel passt aber sehr gut.
schade, aber ich weiß, du kannst das besser.:D

germane

 

Hallo sim!

Danke fürs nochmalige Melden.

Wenn er sich von den Zug stürzt, kommen allerdings nicht nur ein paar Menschen zu spät (das wäre wirklich kein ins Verderben reißen), sondern ein Zugführer wird je nach Konstitution mehr als nur einen schweren Schock davon tragen.
Ja, das stimmt natürlich, für den Fahrer ist das sicher auch nicht leicht. Wobei jemand, der U-Bahn-Fahrer wird, ja irgendwie schon damit rechnen muß, daß sich auch vor seinem Zug irgendwann jemand auf die Gleise wirft – das ist leider eine relativ beliebte, weil ziemlich sichere und vor allem schnelle Selbstmordart.
Aber darum geht es ja eigentlich nicht in der Geschichte. ;)

Bei Youtube werden solche Videos zum Glück bei Entdeckung gelöscht, meistens werden sie über Handys ausgetauscht. Ich finde es immer schwierig, an ihnen die Verrohung einer Gesellschaft zu beklagen. Natürlich sind sie ein Symptom davon, aber oft ist derart roher Zynismus ja ein Schutz vor eigener Hilflosigkeit. Hier werden Grenzen verwischt, das reale Leben nur noch als coolen Horrorfilm wahrzunehmen, den man auf Portalen hochladen kann, schützt davor, sich durch die Realität verletzten zu lassen. Was bleibt, ist der Horror.
Naja, das Video war schon eine ganze Zeit online – als ich es zum ersten Mal gesehen hab, hatte es schon um die tausend Views, und dann war es noch rund drei Wochen da.
Ich hab diese Feststellung ja glaub ich ziemlich wertungsfrei hingeschrieben, sodaß sich jeder seine Gedanken drüber machen kann. Meine sind ähnlich wie Deine, aber ich möchte es so sagen: Wenn man früher etwas derartiges gesehen hat, was man nicht so leicht verarbeiten konnte, hat man anderen davon erzählt und es wurde leichter. Wenn heute ein Fünfzehnjähriger so etwas sieht und filmt, ist es vermutlich dasselbe Mitteilungsbedürfnis, das ihn dazu veranlaßt, es ins Netz zu stellen, nur: Während man es beim direkten Erzählen mit allen Gefühlen loswerden kann und irgendeine menschliche Reaktion vom Zuhörer kommt, kommt aus dem Netz nur eine Anzahl an Views, nichts Menschliches, und das führt dann wohl erst zu dem Horror, von dem Du schreibst. Also ich denke nicht, wie Du schreibst, daß er sich vor der Realität schützen will, sondern daß die Realität (etwa die Eltern) vielleicht keine Zeit hat, zuzuhören. Aber egal, wie: Es ist jedenfalls ein trauriges Zeichen der Zeit.

Was die politische Aussage betrifft, die mit dem vorletzten Satz klar geworden sein sollte. Die hattest du ja zuvor mit dem übrigens gelungenen Bild vom Spiel eingeleitet. Dazu wollte ich erst vorschlagen, konkreter in ein Spiel zu gehen (eines, bei dem man "ausscheiden" kann) und auch für den Stempel in dem Bild zu bleiben (Brett zusammenklappen, Figuren in die Schachtel schmeißen, Deckel zu). Das hat den Vorteil, das mit Beendigung des Spiels auch die Siegerspielsteine nicht mehr interessieren, die Unmenschlichkeit ev. drastischer dargestellt wird.
Das Bild mit dem Spiel weiter auszubauen, finde ich an sich eine richtig gute Idee, aber sie wäre es auch wert, eine eigene Geschichte damit zu schreiben. Außerdem würde hier die Stelle dann glaub ich etwas zu ausgewalzt, was meiner Ansicht nach da nicht paßt.
Worauf ich eigentlich hinaus wollte: In den Kriegsverbrecherprozessen nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich auch Angeklagte damit verteidigt, nur die herrschenden Gesetze erfüllt zu haben. Dasselbe hat jetzt auch unser Innenminister, Günther Platter, gesagt, als er auf die Unmenschlichkeit der (jetzt doch) Deportation der Familie von Arigona angesprochen wurde. Begründet hat er das damit, daß große Teile der Familie im Kosovo leben, also eine Bindung dorthin bestehe; daß man die auch schon alle abgeschoben hat, sagte er natürlich nicht dazu …


Hallo Nothlia!

Freut mich sehr, daß Du die Geschichte gelesen und mir einen Kommentar hinterlassen hast! :)

Kann mich sims Urteil nur anschließen. Eine interessante politische Geschichte.
Danke für das Lob.

Als Suizidgeschichte würde ich sie jetzt nicht unbedingt bezeichnen, da Selbstmord meines Erachtens nicht im Mittelpunkt steht.
Ja, ich will sie eigentlich auch nicht als Selbstmordgeschichte sehen, mehr als Aufzeigen, in welche Verzweiflung dieses System manche Menschen bringt.

Hier gibst du Seitenhiebe auf ein anderes Feld. Finde ich persönlich im Zuge der Geschichte nicht notwendig. Eher was für eine eigenständige Geschichte.
Erst hatte ich hier noch eine Verteidigung geschrieben, aber gut, nach Deiner und JoBlacks Kritik daran ist der YouTube-Satz jetzt draußen. ;-)


Hallo JoBlack!

Auch über Deinen Kommentar hab ich mich sehr gefreut! :)

Ja, das ist der Grund, warum er zu "feige" ist, um zu springen.
Die Feigheit ist über die ganze Geschichte bzw. sämtliche Mitwirkenden verteilt, und betrifft nicht nur Mohameds Feigheit zu springen. ;)

Das Problem, warum deine Geschichte an mir vorbeidüst, ist, dass du zwei große Themen bearbeitest, und beide konkurrieren miteinander und das eine, ist wirklich ein abgelutschtes Thema, das andere ist ein Aktuelles, aber für viele Uninteressantes, weil es ihrer Meinung nach nicht ihr Problem ist. Für mich vergrault die Selbstmordgeschichte die eigentliche Idee und die Intention der Geschichte. Du willst die Ungerechtigkeit zeigen, die vielen integrierten Ausländern widerfährt, aber du richtest nicht den Blick darauf, sondern auf den Selbstmord, der zwar eine Konsequenz dieser Ungerechtigkeit ist, aber zuviel Raum einnimmt.
Wie Du ja schon sagst, ist der »Selbstmord« die Konsequenz dieser Ungerechtigkeit, daher will ich die Themen nicht trennen. Es hat wahrscheinlich jeder Selbstmord einen Hintergrund, der allein eine Geschichte wert wäre und wo man sagen könnte, der Selbstmord vergrault das Thema. Wäre das Thema allein meine Intention gewesen, hätte ich wahrscheinlich eine ganz andere Geschichte geschrieben, aber da war eben auch dieses Video und es lag mir daran, eine glaubwürdige Geschichte drumherumzubasteln. Daher war die Richtung durch die eine Szene vorgegeben, und da es zum Wesen eines Selbstmordes gehört, daß das Rundherum immer weniger an Gewicht bekommt, letztlich nur mehr der Selbstmord selbst im Mittelpunkt steht, mußte auch die Geschichte so verlaufen, daß ich Informationen eigentlich nur zu Beginn geben konnte. Er denkt am Ende nicht mehr darüber nach, was ihn in die Situation gebracht hat, er will es nur endlich hinter sich bringen.
Aber es war bestimmt nicht meine letzte Geschichte zu dem Thema, und beim nächsten Mal werde ich mehr Raum für das Aufzeigen der Ungerechtigkeiten lassen. :)

Ende der 90iger gab es viele Abschiebungen von Kosovo-Albanern, die von den Serben unterdrückt wurden und deshalb nach Deutschland geflüchtet sind. Da die UN der Ansicht war, man hätte dort nun Ordnung geschafft, hat auch Deutschland diese besagten Abschiebungen durchgeführt und dass unter den Asylanten Familien waren, deren Kinder kein albanisch sprechen konnten, war ihnen egal; dass sie möglicherweiser umgebracht werden, kam ihnen auch nicht in den Sinn oder sie wollten es nicht wahrhaben; dass die meisten ihr Leben hier aufgebaut haben, interessierte sie nicht, da sie ein eigenes Land haben. Ein Fall in Duisburg, das nur in den Lokalzeitungen war, berichtete vom Selbstmord eines Kosovo-Albaners, der von einer Brücke gesprungen ist.
Ja, es wird viel zu wenig darüber berichtet, und wenn, dann so, daß die meisten nicht mehr als mit den Schultern zucken, weil ihnen die Hintergründe nicht mitvermittelt werden.
Das betrifft aber auch nicht nur die Kosovo-Albaner. Asylverfahren dauern oft bis zu drei Jahre, und egal, woher jemand kommt, ist das eine Zeit, in der man sich integriert, und nach so einer langen Zeit ist jede Abschiebung unmenschlich. Besonders natürlich, wenn jemand dann wirklich damit rechnen muß, umgebracht zu werden.
Und wie Du ja selbst auch schreibst: Es ist für manche ein Grund für einen Selbstmord. Das allein ist ja schon ein Zeichen für die Härte, die wirklich dahinter steckt, und deshalb dachte ich auch, daß genau dieser Selbstmord, wo jemand sogar soweit geht, einen anderen derart mit hineinzuziehen, die Tragik dahinter deutlich machen kann. Da will plötzlich jemand sterben, der bis kurz zuvor noch mit seiner Zukunft beschäftigt war, indem er alles getan hat, um hierbleiben zu können. Da muß schon eine immense Angst vor dem sein, was ihn »zuhause« erwartet.
Aber wie gesagt: Bei der nächsten Geschichte zum Thema werde ich einen anderen Weg einschlagen. ;-)

Vor einiger Zeit habe ich beim Ausländeramt einen Libanesen getroffen, der eine 'Duldung' hatte. Er meinte, er hätte Deutschland zu sehr geliebt. Dein Satz hat mich daran erinnert. Und nach sims Kritik musste ich die Geschichte einfach lesen, aber leider konnte sie mich nicht überzeugen.
Schade, daß sie Dich nicht überzeugen konnte (Du bist aber wohl gerade bei dem Thema auch die härteste Kritikerin hier ;-)). Freut mich trotzdem, daß Du Dich durch meinen Satz an die Begegnung erinnert hast, und vielleicht magst Du ja eine Geschichte mit dem Satz des Libanesen schreiben? ;-)

Um mal in der naiven Weise dieser Passage zu antworten: Schau mal, wenn Deutschland oder Österreich oder, oder zu viele Ausländer hier hätten, und alle arbeiten würden, wo wäre da Platz für die eigenen Leute?
Man achtet auf eine proportionierte Verteilung, sonst würden (Gott bewahre) in Zukunft nur noch Migranten hier wohnen.
Wir gehören alle zu den reichsten Ländern der Erde – die Schweiz an erster, Deutschland an fünfter und Österreich an siebter Stelle –, wir können uns ein paar Flüchtlinge mehr leisten.
Statt der Flüchtlinge sollte man sich besser überlegen, wie man das Geld besser verteilt.

Brauchen sie nicht, es gibt genug Maulwürfe unter den eigenen Leuten.
Ist aber trotzdem so, weil der abschiebende Staat ja den Herkunfts- bzw. Zielstaat bei einer Abschiebung benachrichtigt und der Abgeschobene den dortigen Behörden übergeben wird.

Na ja, wieso sollte er auch durch diese Gedanken Mut kriegen; der Satz ist für mich eh so eine hohle Phrase, und durch die beiden gleichklingenden Worte, hört er sich etwas albern an.
Hm, na gut, ist geändert.

Die Passage finde ich gut, und die Perspektive stimmt. Insgesamt aber nicht immer. Z.B bei der youtube-Passage kommt der allwissende Erzähler dran, und sonst erzählst du aus der Sicht von Mohammed.
Das kleine Lob zwischendurch freut mich, und der YouTube-Satz ist jetzt weg.

Gegen Ende kommt für mich eh zu sehr dieses Anklagende rein, das da nicht reinpasst. Als wolltest du dem Leser auf jeden Fall noch zu verstehen geben: Schaut her, diese Leute werden ungerecht behandelt.
Wie schon bei sim gesagt, sollte das noch mehr aussagen, aber vielleicht hilft es ja schon, daß ich den YouTube-Satz rausgenommen hab?

Das ist für mich zu plakativ, zu direkt, zu plump.
Wenn das, was ich sagen wollte, nicht ankommt, kann es nicht zu direkt oder plump sein, dann ist es wohl eher noch zu wenig …

Auch Anitas Szene brauchst du nicht, ich hätte es besser gefunden, wenn er ein Einzelkämpfer (ohne Selbstmitleid natürlich) wäre
Wie gesagt, ist sie für meine gewollte Aussage sehr wichtig. Was ich machen kann, daß die ankommt, weiß ich noch nicht, vielleicht hilft es ja, wenn der YouTube-Satz nicht mehr ablenkt.

P.S.:
Der Titel ... konntest du keinen besseren finden? Hört sich einfach provozierend und nichtssagend an.
Provozierend sollte er sein, nichtssagend nicht. Wie schon oben erwähnt, bezieht er sich ja nicht nur auf Mohameds Feigheit, sich selbst zu selbstmorden. Vor allem ist dabei auch die Feigheit der Verantwortlichen, hier in Form des Richters, gemeint, die sich heute wie damals auf die bestehenden Gesetze berufen. Aber auch die Feigheit Anitas, die sich am Ende nicht sagen traut, was sie denkt. Daß das nur in Form eines »F…« dargestellt ist, hat den Sinn, daß so wahlweise auch ein anderes Wort hineinpaßt.


Liebe Gisanne!

Dein uneingeschränktes Lob freut mich natürlich ganz besonders, und Deine Gedanken dazu von der Herbergssuche gefallen mir sehr gut. :)

Ein * hab ich an der von Dir vorgeschlagenen Stelle gemacht – da hast Du natürlich Recht und eigentlich hatte ich mir das ja schon beim Schreiben gedacht, aber der Gedanke ging wohl irgendwo am Weg zu den Tasten verloren. ;-)


Hallo germane!

Auch, wenn ich mich wiederhole: Über Deine Kritik hab ich mich auch sehr gefreut. Obwohl Du mich nicht so schön lobst, wie Gisanne. Aber das …

was mich bei deinen geschichten bisslang immer erstaunt hat; in welch eindrucksvollerweise, du es schaffst, den leser in eine gefühlswelt eintauchen zu lassen, die praktisch miterleben lässt. so auch hier!
… tut auch schon ganz gut! :-)

muss mich der meinung von joblack anschließen, deine geschichte behandelt zwei themen, aber auf eine weise die beider irgendwie nicht gerecht wird.
Wie gesagt, gehört das in dem Fall für mich zusammen, wie Donner und Blitz. Aber ich verspreche, die nächste Geschichte zum Thema ohne Selbstmord zu schreiben. ;-)

das thema des selbstmordes, der aus feigheit ein provozieter mord wird, ist meines erachtens nicht sonderlich spannend, wirkt auch hier auf mich nicht so faszinierend.
Das entstand wie gesagt dadurch, daß ich eben diesem provozierten Mord eine Geschichte geben wollte, und deshalb muß er auch so sein, wie er ist, aber verstehen kann ich Deine Kritik daran trotzdem, auch die von JoBlack, daß der Selbstmord so zu viel Raum einnimmt. Es wäre aber in meinen Augen unglaubwürdig, würde ich ihn gleich losziehen und jemanden provozieren lassen, ohne es vorher selbst versucht zu haben. Wäre es ein einfacher Selbstmord, hätte ich ihn kürzer abwickeln können, aber die Variante braucht eben die fehlgeschlagenen Versuche zuvor.

dann hatte ich den eindruck, du warst selbst in einer weise angestachelt, irgendwie involviert, so dass es zu diesen plakativen und plumpen seitenhieben kommt. merkwürdig
Nein, direkt involviert war ich nicht, aber es war kein Zufall, daß ich zu dem Video gekommen bin. Der, der das gefilmt hat, war mit einem Freund unterwegs, der das auch gesehen hat, und dieser Freund geht mit meinem Sohn in eine Klasse. Dadurch ging es mir auch irgendwie sehr nahe, vor allem auch deshalb, weil mir wieder einmal besonders bewußt wurde, was unsere Kinder für eine Welt kennenlernen. Und es sind die bestehenden Gesetze, die sie zu einer Welt machen, in der ein Menschenleben nichts mehr wert ist.

den perspektivwechsel hab ich ebenfalls nicht ganz nachvollziehen können.
Ich hoffe, das ist jetzt besser?

der titel passt aber sehr gut.
Danke. :-)

schade, aber ich weiß, du kannst das besser.
Das macht Mut für neue Taten. :-)


Danke Euch allen für Lob, Kritik und Vorschläge! :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

erst mal ein frohes Fest.

Hier zwei Kleinigkeiten:

sodaß er sich über den Stufen befindet:
sodass

Was du will!
was du will?

Auch mir hat deine Geschichte sehr gut gefallen! Ein aktuelles politisches Thema hast du schon in eine spannende Geschichte verpackt. Klasse. Die Geschichte ist sehr routiniert geschrieben, einfach eine runde Sache eben.

Dennoch hab ich ein paar Kritikpunkte, was man meiner Ansicht nach hätte besser machen können.

Mohamed geht weiter. Ständig nach Uniformen Ausschau haltend. Paranoia.
Aber hier gehst du weg von den Gefühlen des Prots und erzählst mehr, statt dass du zeigst, so wie zu beginn. Am Anfang konnte man seine Verzweiflung sehr schön spüren, hier hätte ich gerne die Paranoia gespürt. Dei kommt in dem Absatz mMn zu kurz. Lass ihn sich ein paar mal umdrehen, bei Geräuschen erschrecken oder lass ihn sich vor Menschen verstecken, weil er in ihnen einen Polizisten sieht. Aus dieser Passage könntest du noch mehr rausholen.

Dann das Ende:

Anita geht aufs Gericht und fragt, warum man Mohamed abschieben wollte, er sei doch integriert gewesen.
»Wir handeln nur nach den geltenden Gesetzen«, erhält sie als Antwort.
Anitas Mund formt ein »F…«, doch sie hält es sich zurück.
Friss oder stirb. Ich denke, jedem ist klar, was du mit dieser Geschichte sagen willst, da brauch es diesen Absatz mMn nicht. Er macht das Ende nur unrund und man hat als Leser das Gefühl bevormundet zu werden. Lieber Leser, hast du es auch wirklich kapiert? Ich geh trotzdem nochmal auf Nummer sicher ... Würde den Absatz streichen.

lg neukerchemer

 

Hallo neukerchemer!

erst mal ein frohes Fest.
Danke! Dir auch noch einen schönen Rest vom Fest! :)

Hier zwei Kleinigkeiten:
Danke für das "sodaß", die alte Rechtschreibung schleicht sich immer wieder irgendwo ein.
Das "Was du will" war eigentlich schon mit Rufzeichen, nämlich als "Was immer du willst" gedacht, aber ich hab es jetzt ganz rausgenommen.

Dein Lob freut mich natürlich sehr. Deine Kritik an den Gefühlen bzw. der Paranoia kann ich nachvollziehen und werde versuchen, Deine Anregung umzusetzen, sobald ich ein bisschen mehr Zeit habe.

Was Deine Kritik am Ende betrifft:

Ich denke, jedem ist klar, was du mit dieser Geschichte sagen willst, da brauch es diesen Absatz mMn nicht. Er macht das Ende nur unrund und man hat als Leser das Gefühl bevormundet zu werden. Lieber Leser, hast du es auch wirklich kapiert? Ich geh trotzdem nochmal auf Nummer sicher ... Würde den Absatz streichen.
Da ich nicht so davon überzeugt bin, daß wirklich das ankommt, was ich mit dem Ende sagen möchte (siehe meine Antwort an sim, letzter Punkt), denke ich eher drüber nach, den Vergleich noch weiter auszubauen.

Danke fürs Lesen, Lob, Kritik und Anregung,

liebe Grüße,
Susi :)

 

Liebe Häferl,

Ja, das stimmt natürlich, für den Fahrer ist das sicher auch nicht leicht. Wobei jemand, der U-Bahn-Fahrer wird, ja irgendwie schon damit rechnen muß, daß sich auch vor seinem Zug irgendwann jemand auf die Gleise wirft – das ist leider eine relativ beliebte, weil ziemlich sichere und vor allem schnelle Selbstmordart.
Aber darum geht es ja eigentlich nicht in der Geschichte.
naja, es ist sicherlich ein Nebenthema, da aber ein gewichtiges. Dein Prot ist in einer Notlage, in der er bei Anita noch daran denkt, dass er es ihr nicht antun möchte, dass sie sich seinetwegen strafbar macht.
Später bei der Überlegung, sich vor den Zug zu schmeißen, ist die Verzweiflung größer, er denkt nur noch an seine eigene Angst, nicht an den Zugführer.
Noch später, als die Not am größten ist, mutet er in seiner Verzweiflung dem Tschetschenen mehr als das zu, wovor er selbst in den Tod flieht. Erst eine möglicherweise lange Gefängnisstrafe mindestens wegen Todschlags, dann garantierte Abschiebung.
Dies ist kein Kritikpunkt an der Geschichte, denn darin, ob es ihm gelingt liegt ein großer Teil der Spannung, weil man immer hofft, es möge ihm nicht gelingen. Auch ist es ja durchaus plausibel und es macht die Geschichte bitterer.
Die Aussage, jemand, der Zugführer wird, müsste aber damit rechnen, dass sich auch mal jemand vor seinen Zug schmeißt, würde ich aber noch mal überdenken, zumindest als Rechtfertigung, ihm es deshalb auch antun zu dürfen, halte ich sie nicht für geeignet.
Worauf ich eigentlich hinaus wollte: In den Kriegsverbrecherprozessen nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich auch Angeklagte damit verteidigt, nur die herrschenden Gesetze erfüllt zu haben.
Diese Aussage lag für mich nun so nah, dass ich sie gar nicht für erwähnenswert hielt und nach deinem dezidierten Hinweis eher nach einer versteckteren Aussage suchte.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo nochmal, sim, und danke für Deine erneute Rückmeldung.

Noch später, als die Not am größten ist, mutet er in seiner Verzweiflung dem Tschetschenen mehr als das zu, wovor er selbst in den Tod flieht. Erst eine möglicherweise lange Gefängnisstrafe mindestens wegen Todschlags, dann garantierte Abschiebung.
Richtig. Deshalb ist es auch ein Tschetschene geworden und nicht, wie meine erste Idee war, irgendjemand auf Koks. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob die Abschiebung dann nicht gleich nach der Verurteilung erfolgt bzw. Verurteilte bis zur Abschiebung in Schubhaft kommen.

Die Aussage, jemand, der Zugführer wird, müsste aber damit rechnen, dass sich auch mal jemand vor seinen Zug schmeißt, würde ich aber noch mal überdenken, zumindest als Rechtfertigung, ihm es deshalb auch antun zu dürfen, halte ich sie nicht für geeignet.
Eine Rechtfertigung, es ihm antun zu dürfen, sollte es natürlich nicht sein, mehr eine simple Feststellung. Soviel ich weiß, gehört das zumindest bei unseren U-Bahn-Fahrern hier zur Einschulung dazu, daß sie den Umgang damit lernen, wenn ihnen so etwas wirklich passiert - weil es eben schon genug solche Fälle gab. Dessen sind sich die Fahrer natürlich bewußt - es ist ein Berufsrisiko, wie es auch andere Berufe gibt, bei denen man erhöhten Gefahren ausgesetzt ist.

Diese Aussage lag für mich nun so nah, dass ich sie gar nicht für erwähnenswert hielt und nach deinem dezidierten Hinweis eher nach einer versteckteren Aussage suchte.
Gut; allerdings weiß ich damit noch nicht, ob das für alle gilt. Wenn Dir jemand sagt "Ich verstehe, was du sagen willst", weißt Du nicht, ob er wirklich das verstanden hat, was Du sagen wolltest. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl.

Zunächst wollte ich an deiner Geschichte das Plakative bemängeln: Drohende Abschiebehaft = Selbstmord. Klar, ganz so simpel hast du es natürlich nicht dargestellt ;)
Aber dennoch war mir der Handlungsstrang zu Anfang zu linear gestrickt; für mich persönlich schlecht nachvollziehbar. Ein Selbstmord ist doch normalerweise eine durchdachte Sache und man geht nicht von "Station" zu "Station" und versucht es mal hier und mal da (ich wähle meine Worte bewusst etwas überspitzt).
Doch dann kam die Situation mit dem Tschetschenen. Und da ergab sich für mich in deiner Geschichte ein absolut positiver Wendepunkt. Die zu Anfang dargestellte Angst (Feigheit) erhält ihren tieferen Sinn. Die Idee, die eigene Feigheit auf eine andere Person zu kompensieren, fand ich wirklich gelungen.
Und als sie am Ende auch noch ausgeführt wird, da fuhr mir ein wahrer Schauer über den Rücken. Wirklich erschreckend!

Den letzten Abschnitt fand ich hingegen wieder überflüssig. Eine dieser berühmt berüchtigten Holzhammermethoden.
Vielleicht könntest du den vorletzten Absatz noch etwas dezenter ausbauen:
»Das ganze ausländische G’sindel, g’hörn eh alle weg.« - "Ja, einfach abschieben sollte man das G'socks. Dann hätten wir diese Probleme nicht."
(So in dieser Art etwa. Aber das ist ja bekanntlich Geschmacksache :D)

Insgesamt: Wirklich gern gelesen. Frohe Restfeiertage noch.

Gruß! Salem

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Salem!

Vielen Dank auch Dir fürs Lesen und Deine Kritik zu meiner Geschichte! :)

Die zu Anfang dargestellte Angst (Feigheit) erhält ihren tieferen Sinn. Die Idee, die eigene Feigheit auf eine andere Person zu kompensieren, fand ich wirklich gelungen.
Das Lob freut mich ganz besonders. Schön, wie Du das erkannt hast! :)

Und als sie am Ende auch noch ausgeführt wird, da fuhr mir ein wahrer Schauer über den Rücken. Wirklich erschreckend!
Als mein Sohn von der Schule heimkam und meinte, er müsse mir ein Video zeigen, das der Freund eines seiner Klassenkollegen aufgenommen hat, hatte ich mir eher etwas Witziges erwartet – und dann kam diese eine Szene. Da wurde mir auch anders …

Den letzten Abschnitt fand ich hingegen wieder überflüssig. Eine dieser berühmt berüchtigten Holzhammermethoden.
Ich hab jetzt wirklich lange überlegt, hatte zwischendurch ein anderes Ende geschrieben, das nicht weniger Holzhammer gewesen wäre, aber in eine andere Richtung gezielt hätte, und hatte hier einen ganzen Absatz an Begründung, warum ich das Subtile bei manchen Themen nicht so gut finde – z. B. eben genau deshalb, weil es für den Leser angenehmer ist, und er es so auch leichter hinterher wieder wegschieben und vergessen kann –, nur um das alles jetzt wieder zu löschen und doch Deinen Vorschlag anzunehmen. :)
(Aber es war sicher nicht mein letzter Holzhammer … :D)


@ neukerchemer: Die Passage ab »Mohamed geht weiter« hab ich aufgrund Deiner Kritik nun auch noch ein bisschen bearbeitet und hoffe, daß sie jetzt besser rüberkommt. Es ist zwar nicht viel, was ich geändert habe, aber es soll ja auch nicht langatmig werden. Wenn’s noch immer zu wenig ist, kann ich ja noch ein Schäuflein nachlegen. ;)

Danke nochmal Euch beiden und auch allen anderen für’s hartnäckige Austreiben des Holzhammers. :D

Einen schönen Jahresausklang und einen guten Rusch ins Neue,
liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

ich war zunächst von deiner Geschichte hin und hergerissen. EInerseits hat mir das direkte und unverschnőrkelte gefallen, andererseits fand ich die Aufmachung irgendwo zu plakativ.
Je länger ich jedoch űber die Geschichte nachdenke und mir auch die KOmmentare durch den Kopf gehen lasse, weichen die Anteile, die mir zu schablonenhaft wirken und deine kg bekommt einen eindringlicheren Charakter.
Den KOmmentaren entnehme ich, dass du zunächst einen anderen Schluss stehen hattest, genau dieses (jetzige) Ende finde ich jedoch sehr gelungen , setzt ein wirklich deftiges Ausrufezeichen hinter deine Aussage. Irgendwo nimmt dieser kurze Schlussdialog der kg auch den plakativen Charakter, obwohl dieser paradoxerweise recht plakativ ist. Hier jedoch kann ich wirklich Leute hőren, die soetwas sagen wűrden und das wiederum hilft mir auch die anderen Dinge, die mir eigentlich zu aufgesetzt daher kommen (letztlich wohl schlicht meine Realität űbersteigen), dahingehend als wirklich zu akzeptieren.
Das klingt jetzt etwas wirr, aber ich hoffe du hast trotzdem verstanden? :shy:

Du hast einige starke Passagen in der Geschichte.
Diese Stelle hier finde ich sehr eindringlich:

Alles, was er sich jetzt noch wünscht, ist ein Tritt von hinten, der ihn in den Abgrund befördert; doch wenn man sie braucht, sind sie nicht da, die, die so gerne auf seinesgleichen treten, mit Worten oder Stiefeln.

Menschen rennen hektisch herum, als könnten sie ihr Geld nicht schnell genug gegen Waren tauschen.
das finde ich hingegen zu aufgesetzt, da stach mich der erhobene Zeigefinger unangenehm ins Gesicht.

Am Ufer stehen Schilder mit der Aufschrift: »Rettungsringe zuwerfen verboten!«
wieder sehr deftig!
Meine Lieblingsstelle

Es reißt ihn, als er beim Scannen der Umgebung eine Uniform registriert – nur ein Parkplatz-Sheriff.
das sagt mir nichts (ősterreichisch?)

insgesamt ein gelungenes Stűck, das sich in der Oberstufe auch gut fűr den Unterricht eignen wűrde ...

grűsslichst
wetenläufer

 

Hallo weltenläufer!

Freut mich sehr, auch von Dir einen Kommentar hier zu finden! Danke dafür und natürlich fürs Lesen! :)

Je länger ich jedoch űber die Geschichte nachdenke und mir auch die KOmmentare durch den Kopf gehen lasse, weichen die Anteile, die mir zu schablonenhaft wirken und deine kg bekommt einen eindringlicheren Charakter.
Darüber bin ich sehr froh. Wobei es natürlich auch nicht so gut ist, wenn man den Einstieg erst überwinden muß …

Den KOmmentaren entnehme ich, dass du zunächst einen anderen Schluss stehen hattest, genau dieses (jetzige) Ende finde ich jedoch sehr gelungen , setzt ein wirklich deftiges Ausrufezeichen hinter deine Aussage. Irgendwo nimmt dieser kurze Schlussdialog der kg auch den plakativen Charakter, obwohl dieser paradoxerweise recht plakativ ist.
Das alte Ende findet sich noch in neukerchemers Posting (das letzte Zitat). Daran haben ja fast alle kritisiert und deshalb freut es mich besonders, daß Du das neue gelungen findest. :)

Hier jedoch kann ich wirklich Leute hőren, die soetwas sagen wűrden und das wiederum hilft mir auch die anderen Dinge, die mir eigentlich zu aufgesetzt daher kommen (letztlich wohl schlicht meine Realität űbersteigen), dahingehend als wirklich zu akzeptieren.
Das klingt jetzt etwas wirr, aber ich hoffe du hast trotzdem verstanden? : shy:
Ja, und Deine Worte sind sehr erleichternd. Wobei ich nicht verschweigen will, daß ich mich über die Paradoxie, die Du beschreibst, besonders freue. Obwohl sie gar nicht beabsichtigt war, aber wenn es denn so ist, muß ich ja den Anfang auch nicht ändern und weniger plakativ machen, oder? :D

Über die von Dir als stark und eindringlich zitierten Sätze freue ich mich auch sehr. Die Stelle mit den Rettungsringen könnte wohl auch ein Ansatz für eine Satire sein, vielleicht gefällt sie Dir deshalb so gut. :)

Daß »Es reißt ihn« österreichisch ist, war mir nicht bewußt, damit ist gemeint, daß man sich schreckt und zusammenzuckt. Aber ich hab es geändert auf »Er zuckt zusammen«.
Und den Einkaufssatz hab ich auf »Menschen rennen hektisch herum, als kaufte ihnen sonst jemand etwas vor der Nase weg« geändert – ob damit der Zeigefinger weg ist, weiß ich nicht sicher. Für mich war’s vorher auch kein Zeigefinger, da ich damit andeuten will, daß wir nicht so ein armes Land sind, das sich keine Flüchtlinge leisten könnte. Aber wenn es anders ankommt, ist das natürlich blöd, und ich hoffe, ich hab das damit behoben.

Nebenbei hab ich auch noch ein paar andere Kleinigkeiten geändert, zum Beispiel hier einen Satz zwischen das Fallen und das Genickbrechen eingefügt:

Wie er über die Mauer hinweggeschoben wird und hinunterfällt. Er wollte nicht viel, nur eine Chance, wie ein Mensch zu leben. An der untersten Stufe bricht er sich das Genick.
Ich denke, damit bin ich im letzten Moment noch einmal nah beim Protagonisten, und hoffe, es wirkt dadurch nicht wieder plakativer … ;)

insgesamt ein gelungenes Stűck, das sich in der Oberstufe auch gut fűr den Unterricht eignen wűrde
Ein sehr schönes Lob, danke! :)

Und was hast Du denn da für seltsame Umlaute mit schrägen Strichen drüber? :susp:

Dir einen guten Rutsch
und liebe Grüße,
Susi :)

 

»Menschen rennen hektisch herum, als kaufte ihnen sonst jemand etwas vor der Nase weg« geändert
ja, finde ich so besser, aber so richtig rund erscheint es mir trotzdem noch nihct. Allerdings verstehe ich deine INtention, von daher gehört ein Satz dieser Art natűrlich schon irgendwie dahin
Daß »Es reißt ihn« österreichisch ist, war mir nicht bewußt, damit ist gemeint, daß man sich schreckt und zusammenzuckt. Aber ich hab es geändert auf »Er zuckt zusammen«.
wieder was gelernt :)

Ich denke, damit bin ich im letzten Moment noch einmal nah beim Protagonisten, und hoffe, es wirkt dadurch nicht wieder plakativer …
nun ja, um ehrlich zu sein ... :shy:

Und was hast Du denn da für seltsame Umlaute mit schrägen Strichen drüber?
bin London und hacke auf einer ungarischen Tastatur ein :D
Glűcklicherweise habe ich unter Krämpfen das ä gefunden, sonst hätte ich mich gar nicht einlocken können (was die hier nicht alles für Laute haben: ö,ü,ó,ő,ú,é,á,ű,í)

Dir einen guten Rutsch
wünsche ich dir auch :)

grüsslichst
weltenläufer

 

Ein furchtbar harter Titel!

Hallo Häferl,

ich hatte ursprünglich einen Widerwillen, diese Geschichte zu lesen, weil mir der Titel zu hart und zu ordinär war. Ich vermutete spontan Bösartigkeit des Autoren. Nachdem ich dann doch die Geschichte gelesen hatte, bemerkte ich bereits schon nach dem ersten Absatz die gutartige Absicht des Erzählers, der hier aber eine recht bösartige Geschichte vonsichgibt. Ich habe an ihr nicht viel auszusetzen und ich habe mir zum erstenmal eine persönliche Meinung gebildet über ein spezielles juristisches Problem, nämlich dem einer Tötung auf Verlangen. Nachdem ich diese Geschichte gründlich gelesen hatte, verstand ich nämlich, daß es hierum geht.

Deshalb möchte ich nur einen Absatz in Zitat hervorheben, den ich für kritikwürdig halte.

Während er den Mann weiterhin provoziert, lockt er ihn ans gegenüberliegende Ende des U-Bahn-Abganges. Das rechteckige Loch im Boden ist an drei Seiten mit einer hüfthohen Mauer eingefasst, an der vierten enden Rolltreppe und Stufen. Mohamed und der Kapuzenmann sind schon fast an der Schmalseite angelangt, die sein Ziel ist, da besinnt sich der Mann kurzzeitig und meint: »Ey, Mann, ist gut. Stay cool. Tanzen, Mann! Tanz, dann alles ist gut!« Er beginnt, sich rhythmisch zu bewegen, fordert Mohamed noch einmal dazu auf, es ihm nachzumachen.

Die Geschichte erzählt weiter, daß der Tschetschene Mohamed später über die Mauer stieß. Ich fragte mich willkürlich, ob T. erwarten mußte, daß M. zwingend durch einen Sturz von der Mauer hinein in den Treppenschacht tötlich verletzt sein wird, denn der Fall war in zu erwartender Weise nicht sehr tief, wie du die Situation beschreibst. Dann wäre die Tat aber nur fahrlässig und T. wäre kein Mörder. Ich meinte ihn aber im Verlauf der Geschichte so erkannt zu haben. Es erschwert auf jedenfall die Ermessensentscheidung über die Schwere der Tat des T.

Ich habe diese Geschichte gerne gelesen und ich habe mir ein abschließendes Urteil bilden können, wie ich für mich selbst grundsätzlich die Tat "Tötung auf Verlangen" als Straftat klassifizieren will und ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß es sich hierbei grundsätzlich um eine Mordtat handelt, die man niemals freisprechen darf. Der Täter hier handelt triebhaft, wie die meisten Täter die diese Straftat begangen haben, ist meine Meinung. Bevor ich die Geschichte las, hatte ich mir noch keine so grundlegenden Gedanken gemacht. Ich bin überzeugt des der Täter in dieser Geschichte alle Wesensmerkmale einer Mordtat erfüllt. Er handelt aus Lust daran. Er spielt mit dem Tod eines anderen Menschen. Somit ist er kein Totschläger. Grundsätzlich gibt es keinen fahrlässigen Mord. Die Fahrlässigkeit im Handeln des Täters hier ist aber, wie sich aus dem Handlungsablauf herleiten läßt, deutlich vorgetäuscht. Er will über seine eigentliche Absicht, nämlich die vorsätzliche Tötung eines Menschen, wenn der es auch selber will, hinwegtäuschen. Er tötet aus Lust am töten. Selbst der Angriff des Protagonisten rechtfertigt nicht die Annahme einer Notwehrhandlung des T, die es durch Deine Erzählung zu erwägen gilt. Er hatte sicherlich die Möglichkeit, auszuweichen und er handelte mit voller Absicht. Er hat die Tat entschieden. Nach meinem Ermessen schreibst Du hier einen Krimi mit großem sozialkritischen Hintergrund. Die Schuld am Ausgang in dieser Geschichte trägt ganz konkret weder der provozierende Protagonist noch die ihn ausweisende Behörde sondern einzig und allein der Tschetschene. Zu diesem Urteil bin ich am Ende dieser Geschichte gelangt.

Es hat mir eine Menge gebracht, darüber einmal nachgedacht zu haben.

Herzliche Grüße von joasch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo weltenläufer!

Danke fürs nochmalige Nachlesen und Melden!

ja, finde ich so besser, aber so richtig rund erscheint es mir trotzdem noch nihct. Allerdings verstehe ich deine INtention, von daher gehört ein Satz dieser Art natűrlich schon irgendwie dahin
Mit »besser« bin ich schon zufrieden. :)

nun ja, um ehrlich zu sein ...
Öhm … na gut, der Satz ist gekürzt, dafür hab ich in den davor noch etwas eingefügt:
Wie er über die Mauer hinweggeschoben wird und hinunterfällt, wie Sperrmüll in den Container. Er wollte gern wie ein Mensch leben.

bin London und hacke auf einer ungarischen Tastatur ein :D
Glűcklicherweise habe ich unter Krämpfen das ä gefunden, sonst hätte ich mich gar nicht einlocken können (was die hier nicht alles für Laute haben: ö,ü,ó,ő,ú,é,á,ű,í)
Silvester in London, das ist sicher interessant – vorausgesetzt, es regnet nicht. Aber wegen dem Einloggen (wenn Du mal bei einer chinesischen Tastatur bist oder so): Dafür kannst Du auch Deinen Nick irgendwo kopieren und in das Feld einfügen. ;-)


Hallo joasch!

Danke auch Dir fürs Lesen und für Deine lange Stellungnahme dazu.

ich hatte ursprünglich einen Widerwillen, diese Geschichte zu lesen, weil mir der Titel zu hart und zu ordinär war.
Das ist der Schutz für die besonders zart besaiteten Leser, so lassen sie gleich die Finger von der Geschichte. :D

Ich habe an ihr nicht viel auszusetzen und ich habe mir zum erstenmal eine persönliche Meinung gebildet über ein spezielles juristisches Problem, nämlich dem einer Tötung auf Verlangen. Nachdem ich diese Geschichte gründlich gelesen hatte, verstand ich nämlich, daß es hierum geht.
Ja, als Tötung auf Verlangen sehe ich es im Grunde auch, und es ist sicher auch ein Thema der Geschichte, wenn auch nicht das Hauptthema.
Leider weiß ich nicht, wie der Fall gerichtlich bewertet wurde. Ich hatte zwar herausbekommen, in welcher Woche die Verhandlung war, und habe in dieser Woche täglich vier Zeitungen danach durchsucht, um etwas über die realen Hintergründe zu erfahren, aber es war leider genau die Woche, in der der Fall Arigona in allen Medien war, die ja mit ihrem Selbstmord gedroht hat, sollten sie sie und ihre Familie abschieben, und da konnte man natürlich solche Meldungen nicht gebrauchen, sonst hätte man Arigona ja nicht so gut als Erpresserin hinstellen können, deren Drohung man doch eh nicht ernst nehmen braucht.

Die Geschichte erzählt weiter, daß der Tschetschene Mohamed später über die Mauer stieß. Ich fragte mich willkürlich, ob T. erwarten mußte, daß M. zwingend durch einen Sturz von der Mauer hinein in den Treppenschacht tötlich verletzt sein wird, denn der Fall war in zu erwartender Weise nicht sehr tief, wie du die Situation beschreibst.
Naja, ein paar Meter sind es schon, und darunter die Stufen sind auch keine Wiese; und es war klar vorauszusehen, daß er mit dem Kopf zuerst hinunterfällt – umgekehrt hätte er sich vielleicht nur ein paar Brüche geholt.

Dann wäre die Tat aber nur fahrlässig und T. wäre kein Mörder. Ich meinte ihn aber im Verlauf der Geschichte so erkannt zu haben. Es erschwert auf jedenfall die Ermessensentscheidung über die Schwere der Tat des T.
Finde ich sehr interessant, daß Du vor allem den Tschetschenen als Schuldigen siehst, während sim vor allem den Mißbrauch des Tschetschenen durch Mohamed sieht.

Der Täter hier handelt triebhaft, wie die meisten Täter die diese Straftat begangen haben, ist meine Meinung.
Nein, das ist nicht triebhaft. Der Tschetschene ist traumatisiert, wie viele Tschetschenen, weil sie oft brutale Szenen mitansehen oder selbst durchmachen mußten. Dann die Flucht, und wenn sie hier sind, erfahren sie die unmenschliche Behandlung durch die Behörden, die gerade in den Flüchtlingslagern, die auch gern Abschiebelager genannt werden, die sadistischsten Wärter unterbringen. Für psychosoziale Betreuung ist kaum Geld vorhanden, so gibt es auch keine Therapie für die Traumatisierten, das Erlebte wird nicht aufgearbeitet, und so kann es leicht passieren, daß sich einer so reizen läßt, obwohl er das ja eigentlich nicht vorhatte.

Ich bin überzeugt des der Täter in dieser Geschichte alle Wesensmerkmale einer Mordtat erfüllt. Er handelt aus Lust daran. Er spielt mit dem Tod eines anderen Menschen.
Wie gesagt: nein. Er hatte es ja nicht vor, sondern ließ sich durch seine Traumatisierung (und Mohamed war das bewußt) dazu reizen.

Er will über seine eigentliche Absicht, nämlich die vorsätzliche Tötung eines Menschen, wenn der es auch selber will, hinwegtäuschen. Er tötet aus Lust am töten. Selbst der Angriff des Protagonisten rechtfertigt nicht die Annahme einer Notwehrhandlung des T, die es durch Deine Erzählung zu erwägen gilt. Er hatte sicherlich die Möglichkeit, auszuweichen und er handelte mit voller Absicht.
Der Tschetschene hat doch sogar versucht, Mohamed davon abzubringen, hat gemeint, er solle tanzen, dann würden seine Probleme schon leichter. Dann hat er ihm noch gesagt, daß er deppert, also verrückt ist, ging wieder weg, und erst, als Mohamed ihn noch einmal arg beschimpfte, kam er zurück und bewies ihm, daß er kein feiger Arsch ist. Der Tschetschene hätte das doch nie gemacht, wenn Mohamed ihn nicht so provoziert hätte.
Natürlich: Normalerweise sollte man sich nicht so leicht provozieren und schon gar nicht zu solchen Handlungen hinreißen lassen. Aber normal ist man eben auch nicht derart traumatisiert. Das soll auch keine Rechtfertigung der Tat sein, aber eine Erklärung zum Verstehen und vor allem zum nicht falsch Verstehen der möglichen Vorgänge in dem Tschetschenen.

Nach meinem Ermessen schreibst Du hier einen Krimi mit großem sozialkritischen Hintergrund.
Danke für das Lob, das freut mich. :)

Die Schuld am Ausgang in dieser Geschichte trägt ganz konkret weder der provozierende Protagonist noch die ihn ausweisende Behörde sondern einzig und allein der Tschetschene.
Der Tschetschene ist am Ende natürlich der Täter, denn auch wenn es erklärbar ist, ist es doch die Tat. Ich würde ihm allerdings eine milde Strafe geben.
Zugleich ist aber auch Mohamed schuldig, denn er hat ihn ja bewußt dafür mißbraucht.
Davor sind aber natürlich auch die Behörden schuld – allein schon deshalb, weil sie Menschen noch nach drei Jahren, in denen die sich hier ihr Leben eingerichtet haben, ausweisen, nur weil einige Verfahren so lange dauern. Sowas ist doch unmenschlich. Manche werden erst noch quer durch Europa hin- und hergeschoben, weil irgendwelche Dublin-Bescheide das so vorschreiben.
Und wenn wir noch weiter an die Ursachen gehen, dann sind es alle kriegstreibenden Machthaber, egal, ob politisch/wirtschaftlich oder religiös motiviert: Ohne die gäbe es nämlich auch keine Flüchtlinge. Oder höchstens solche, die aufgrund von Naturkatastrophen kein Dach mehr über dem Kopf und nichts zu essen haben.
Bequemer ist es natürlich, den Tschetschenen zu verurteilen, deshalb ist auch anzunehmen, daß er am Ende die Suppe für alle auslöffeln mußte.

Danke nochmal fürs Lesen, und ich hoffe, ich konnte Dich nun zu einem weiteren Nachdenken inspirieren, ;)

liebe Grüße Euch beiden,
Susi :)

 

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