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Weinender Cowboy
Auf der Faschingsparty unseres Betriebs saß sie mir gegenüber. Sie war als Prinzessin verkleidet, hatte ihr Gesicht voll geschminkt und trug ein rosa Kleid mit einem tiefen Ausschnitt. Ich saß da und fühlte mich elend in meinem Cowboy-Kostüm. Krampfhaft versuchte ich, nicht auf ihre Brüste zu sehen, während sie plapperte wie ein Wasserfall. Ich hörte ihr nicht wirklich zu, aber sie schien es nicht einmal zu bemerken. Laute Musik dröhnte und raubte mir den letzten Nerv.
Eigentlich hatte ich nicht zu dieser Feier gehen wollen. Es ist es nicht so mein Ding, albern verkleidet zu entsprechender Musik durch die Gegend zu hüpfen und ein großer Trinker bin ich auch noch nie gewesen. Aber man muss sich ja auch sehen lassen in der Firma und außerdem war mir die Gelegenheit ganz recht gekommen, einen Abend nicht mit meiner Frau verbringen zu müssen.
Ich hatte Edith einmal geliebt und ich empfand immer noch etwas für sie, aber in letzter Zeit war es beinahe jeden Tag zu Diskussionen gekommen. Sie ließ sich gehen, pflegte sich nicht, aber das war nicht der Grund. Ich wusste selbst nicht wirklich woran es lag, aber unsere Beziehung war in einer Krise, ich konnte ihr blasses, verbittertes Gesicht einfach nicht mehr sehen. Der einzige Grund, warum ich bei ihr blieb, waren die Kinder. Sie waren gerade mal in der Grundschule und ich wollte ihnen eine Trennung nicht zumuten, obwohl mir bewusst war, dass sie auch unter den ständigen Streitigkeiten sehr litten.
Und jetzt war ich auf dieser Party und saß ausgerechnet vor meiner Kollegin Barbara Schlatter, die mich schon seit langem bezirzte. Aus diesem Grund war ich ihr bei der Arbeit auch immer so gut es ging aus dem Weg gegangen.
Barbara beugte sich weit vor. Ich konnte mich nicht länger zurückhalten und starrte direkt in ihren Ausschnitt. Sie schien es zu genießen und ließ blitzschnell ihre Zunge aufreizend über die Lippen fahren. Ich schaffte es irgendwie, meinen Blick von ihr loszureißen und schöpfte stattdessen etwas von der Bowle, die auf dem Tisch stand, in mein Glas. Tausende Fantasien spielten sich in einem Kopf ab. Früher hatte ich Frauen wie sie als billig und abstoßend empfunden. Jetzt konnte ich mich kaum zügeln. Wahrscheinlich lag das daran, dass zwischen mir und Edith seit über zwei Jahren schon nichts mehr lief.
Bevor ich Barbara noch einmal anschaute, griff ich lieber schnell zu meinem Glas, stocherte in den Früchten herum und trank es dann auf einen Zug leer. Der Alkohol betäubte die Gefühle aber nicht, sondern er verstärkte sie nur. Sie rasten durch meinen ganzen Körper. Ich dachte, ich würde gleich explodieren. Natürlich tat ich genau das falsche und trank gleich noch eine Bowle.
Jetzt war alles zu spät. Ich sah nur noch sie, ihr rosa Kleid und ihre rot gefärbten Lippen. - Ich musste einen Ausweg finden. Ich hatte eine Familie! Wie sollte ich das später meiner Frau erklären?
Ich nahm all meine Kraft zusammen und lallte etwas von einem Monatsbericht, den ich unbedingt noch fertig schreiben müsse. Dann stand ich auf und ging ohne einen Blick auf Barbara zum Aufzug.
Ich fuhr ein Stockwerk höher und ging in mein Büro, wo ich mich in einen Sessel fallen ließ. Immer noch aufgekratzt versuchte ich mich zu beruhigen. Doch schon kurze Zeit später öffnete sich die Tür und sie kam herein. „Musst du nicht arbeiten?“ Fragte sie und rollte das „r“ in der Aussprache. Es machte mich wahnsinnig. „Ich hhhhatte Probleme mit dem Drucken“ stammelte ich undeutlich. Sie kam zu mir und schlang die Arme um mich. Ich wollte mich wehren, aber der Alkohol hatte meine Sinne benebelt und ich reagierte nicht. Stattdessen starrte ich sie wie ein gieriges Tier an.
Jetzt konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, ich riss ihr Kleid am Ausschnitt auf und schlüpfte ungewollt in die Rolle des wilden Cowboys, der die Prinzessin auf dem Bürostuhl liebt.
Danach sah sie gar nicht mehr aus wie eine Frau aus dem Königshaus. Ihr Kleid hatte ich zerrissen, sie hatte nur ihr schwarzes Top wieder angezogen. Ihre Schminke war total verschmiert und ihr Lippenstift klebte mehr an meinem Cowboykostüm als in ihrem Gesicht. Ich empfand rein gar nichts, außer Ekel.
Noch lange nachdem sie wieder aus dem Büro gegangen war blieb ich sitzen und dachte nach. Ich registrierte, was geschehen war und weinte – wahrscheinlich auch wegen des Alkohols, den ich nicht vertrug - bittere Cowboytränen.
Ich habe die Folgenden Wörter aus der Wörterbörse verwendet:
118.: Monatsbericht, Fasching, drucken, Prinzessin, erklären