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Nix da!

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12.04.2007
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Nix da!

"Children, don't do what I have done
I couldn't walk and I tried to run"​

„Nix da!“, sagte der in der Mitte zum Mann zur Linken, schüttelte den Kopf so wenig er konnte und war schon wieder in den halb schlafenden, teils wachen, kurz: den dösenden Zustand zurückgefallen.

Heut noch stehn in dem Garten auf der steil sich hebenden, gleichwohl niedrigen Kuppe westlich der Mauern der allzu irdischen Stadt alte Ölbäume, von denen drei bereits vor Zeiten geblüht haben müssen, da an ihnen je zwo uralte Querhölzer am Stamm angebracht sind – einer nur ein wenig überm Boden als „Ständer“ und weniger als ein Meter darüber der „Sitz“. Frage sich kein bequemer Sesselfurzer, was es an einem Baum zu stehen oder zu sitzen gebe!

Nun, das weitausladende Geäst dieser drei Bäume hatte dazu eingeladen, den blühenden Garten auch anderweitig als nur landwirtschaftlich zu nutzen und zur Hinrichtungsstätte des nahen Ortes umzuwidmen - was eine doppelte Rationalisierung bedeutete. Zum einen sparte man von nun an mit jeder Hinrichtung das Marterholz ein, andererseits erließ man Geistlichen die Peinlichkeit, an Übeltätern Hand anlegen zu müssen zur Letzten Ölung, fand die doch nunmehr auf quasi natürliche Weise am und durch den Baum statt, nachdem er einmal geweiht und gesegnet war – denn auch das übelste Pack gab sich durchaus rechtgläubig und hatte somit bei seinem letzten Gang ein Anrecht auf geistlichen Beistand, Trost und Vollzug des Ritus.

Bliebe noch mitzuteilen, dass dieser Ort den Namen „Schädelhöhe“ erhielt, nicht wegen der neuerworbenen Funktion, da wäre er „Galgenberg“ genannt worden, sondern – eine Ironie der Naturgeschichte - wegen der Form der Kuppe, die noch heute von Weitem betrachtet an einen menschlichen Schädel erinnert.

Wer die Geschichte kennt, wird darum schwerlich diese Stätte des Grauens mit dem Ölberg verwechseln, der mit einer Höhe von gut achthundert Metern eine ansehnliche Erhebung östlich der Stadt abgibt. Blühten auf der Westseite des Berges die Namen spendenden Bäume,
so liegt der Wüste zugewandt ein Friedhof, die am meisten gepflegte Parkanlage von Steingarten weit und breit, denn das Andenken der Verstorbenen wurde höher gehalten und gehandelt als das so mancher lebendigen, aber armen, da verlornen Seele. Zudem hatte die Nekropole mit seinen stummen und friedlichen Bewohnern die Funktion, der sich ausbreitenden Wüste einen Riegel vorzuschieben. Elite und Schriftgelehrte sahen im Ölberg ein Modell der Gesellschaft, wie sie sein sollte.

Diesen Berg hatte sich ein Konzern von Weltgeltung ausgesucht, um dort eine Raffinerie zu errichten, wodurch der Berg zwar seinen Namen beibehielte, wenn auch der Name seine Bedeutung durch das ungenießbare, dort zu reinigende Öl änderte. – War das Vorhaben in der politischen Gemeinde zunächst umstritten, setzte sich nach und nach die wirtschaftliche Vernunft durch - versprach die Industrieanlage doch Beschäftigung und Wohlstand –

womit der Leidensweg Js begann, als es hieß, unterm Asphalt der Fabrik breite die Wüste sich aus. Dem galt, sich zu widersetzen! Dieser J entstammte einer alteingesessenen Familie von Handwerkern, deren ehemals florierende Schreinerei und Holzhandlung durch die große Industrie bedrängt wurde und zu einem Einmannbetrieb verkam, der gerade mal das tägliche Brot der Familie durch kleinere Aufträge abwarf, an denen die Industrie kein Interesse fand.

Obwohl aus der Plebs und prekärer Lage, hatte J sich ein reichhaltiges Wissen erworben über Gott, Welt und allem, was darinnen sei, und gewisse rhetorische Fähigkeiten angeeignet. Das Naturtalent stieg binnen kurzer Zeit zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft wetterte. Eine eher symbolische Aktion sollte am ersten Frühlingsvollmond des Jahres mit der Besetzung des Ölberges stattfinden.

Doch wer ließe sich gern das Geschäft verderben? Um die Bewegung ein für allemal zu vernichten, genügte nach herrschender Meinung, den Kopf der Bewegung auszuschalten. Also nahm man Kontakt auf, versucht’ es zunächst im Guten und bot J eine sichere Führungsposition in der künftigen Raffinerie an mit der Aussicht, im Konzern bei Bewährung aufzusteigen. Worauf der Umworbne gar nicht einging, betrat er doch gerade den Tempel, in dem die Gemeinde der Gläubigen ums Goldne Kalb tanzte, dass es J schüttelte. Dennoch fand er die Kraft, den Muttertieren mitsamt der geleasten Zeugung, dem Handel mit Embryonen wie der Versteigerung von Organen und – zumeist kindlichen - Körpern Einhalt zu gebieten. Als er aber den Betrieb der Genbanken bekrittelte, das Entziffern und Vermarkten des Gencodes über Bibliotheken beklagte wider Leerverkauf von Seelen an der Börse wetterte, sah man die Ordnungsmäßigkeit aller Buchmacherei gefährdet. Da brauchte es nicht mehr der erwarteten Ablehnung des großzügigen Angebotes des Energieriesen, dem eh klar war, dass J nach anderm der Sinn denn nach Macht und Reichtum stünde.

Gegen diese verbohrte Haltung wetterten Kirchengründer und Säulenheilige, nach deren Wort dem Kaiser zu geben wäre, was des Kaisers sei. Selbst Bruder Martin, Papst zu Wittenberg, dozierte, dass „jedermann […] der Gewalt und menschlichen Ordnung untertan [sei], dass er nicht erschlagen werd als irgendein Lump.“ Doch wurde dabei seine Denkschrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ nur soweit zitiert, als es den Eliten nützlich erschien: „Solch wunderlich’ Zeiten sind itzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann bass denn andere durchs Beten“, da selbst des Kohlhaasens Anfrage keine Fürsprache im Doktor erfuhr.

Was soll hier Weiter’s erzählt werden, ohne dass wir uns aufs Niveau des Pöbels herabließen, welcher ein kindlich’, nein, ein kindisches Vergnügen find’t am Elend des andern, was im Schauer und Horror als literarischer Verlängerung öffentlicher - weil angeblich abschreckender - Hinrichtung eine Fortsetzung findet, so lange man selbst nicht betroffen wär?

Als ein kleiner Trupp Fremdlegionäre anrückte, die Besetzung des Ölberges aufzulösen, rang J mit sich selbst: Flucht oder konsequent Bleiben und Konfrontation mit der Staatsmacht. Obwohl nur sechs Leute kamen, die Demonstration aufzulösen - vier Legionäre, ein bewährtes staatliches Mittel von alters her, Fremde einzusetzen, könnten sich doch Rechtsbrecher und Ordnungshüter kennen und verbrüdern -, ein Offizier und der Verräter, der bis gerade noch als der beste Freund Js gegolten hatte und sich nun als V-Mann offenbarte.

Während J blieb, flohen die elf, die mit ihm waren, denn bis auf den Verräter kamen dort ausgebildete und ausgewiesene Handwerker des Todes, die weder fragen, noch fackeln, ob ihr Tun gerechtfertigt wär, die auch nicht – vor wem auch immer - zu Ölberggötzen erstarrten, wie es uns eine spätere Presse glauben machen will.

Also nennen wir nur, dass nach der Festnahme gegen Mittag das Urteil gesprochen und sofort vollzogen wurde mit der Entkleidung und Geiß’lung Js bis auf die Knochen, dass ihm das Gedärm durchgehen musste. Das Volk aber, das ihm zuvor zugejubelt hatte, mutierte zum Mob, jubilierte und applaudierte nun dem Mordsgesind’.

Den Querbalken sollt’ er tragen und war doch zu schwach für einen solchen letzten Gang von nicht mal einer halben Meile. Ahasver weigerte sich, denn niemand könne sein Kreuz per se aussuchen - womit er nicht unrecht hat, was selbst den Legionären einleuchtete: denn den meisten kommt das Kreuz von selbst, um den Leib und den aufrechten Gang niederzudrücken. Dem Simon aber wurd ungefragt des Fremden Querbalken aufgetragen und der trugs Kreuz an dessen statt zur Schädelhöhe.

Hier wurden die Arme Js an den Balken gebunden. Die sonst übliche Nagelung hätte beim Zustand des Mannes ein vorschnelles und somit unerwünschtes Ende des Schauspiels in drei Akten aus Geißeln zum ersten, wahlweise zum zweiten, wie’s die Sachzwänge zu einem ergreifenden und ansehnlichen Schauspiel halt erforderten, Nageln oder Binden und letzlich dem Verreckenlassen zum Unterhalt und zur Belehrung des Publikums erfordert.

"Father, you left me but I never left you
I needed you but you didn't need me"​

Querholz und J wurden am mittleren Ölbaum hochgestemmt. Zwischen den Ästen kam der Balken zu liegen. Söldner rückten J zurecht, dass die Füße auf den Ständer kamen, das geschändete Hinterteil aber zugleich vom Sitz gestützt wurde. Gleiches geschah rechts und links von J, der noch den vom Centurio gebotenen Trunk ablehnte, um dann in den dösenden Zustand zu verfallen, in den hinein der zur Linken fragte, ob ein Gott sei.

J antwortete, dass keiner sei. „Suchte den Vater, ging durch die Welt, stieg zu den Sonnen und flog über Milchstraßen durch den Himmel, aber der ist wüst und leer, bisschen Staub wird aufgewirbelt, sonst ist da nix. Ich rief nach dem Vater und es antwortet’ Stille. Allein die Ewigkeit wie der Augenblick nagen an sich, fressen sich auf. –
Alle sind wir verwaist und allein im starren, stummen Raum, nichts denn schier unendliche Leichengruft“, und schließt nach dieser letzten Rede mit dem „nix da!“, schüttelte den Kopf so wenig er konnte und starrte mit weit aufgerissnem Auge auf einen Futtertrog zu Füßen des Galgens. Am Trog aber stünd’ der Sohn des großen Herodes und hielte mit der einen Hand einen kleinen Balg am dürft’gen Schopf und in der andern ein römisches Kurzschwert. Der spräche dem Kinde: „Wenn Abrams Herz im Leibe weint’ und keinen Trost wollt’ finden, rief’ ich ihm zu, ich wär’ ein Freund, zu tilgen seine Sünden! –
Was jammert dich, klein’s Brüderlein? Du solltest guter Dinge sein – ich treibe deine Schulden ein!“ Der aber am Galgen verreckte mit dem Schrei „Papa, Papa! Warum hastu uns verlassen?“

Johann Paul, der mit Js Mutter an der Stätte stand, notierte als letzte Worte: „Maria hilf!“
Da es weder einen Dienstplan noch eine vorgeschriebene Form der Exekution gab und Johann Paul halbtaub war, könnte es auch „Mama, hilf!“ geheißen haben und überhaupt alles ganz anders gewesen sein. Auf jeden Fall schließt Götz – Schüler des Johann Paul – seinen Abend auf Golgatha mit den Versen

„Nicht ganz blieb verlassen ihr Schöpfer: den Pfeiler des Kreuzes
Hielt umfangen das Weib, das J zur Mutter sich schuf“,

derweil züngelte es aus allen Himmeln und die Schleusen öffneten sich. Mit Pauken und Trompeten verfinsterte sich der Tag und die Erde bebte, dass der Tempel zerbrach, als eine weiße Taube herabstieg und eine Botschaft absetzte.

"Mother, you had me but I never had you
I wanted you but you didn't want me
So I got to tell you
Goodbye goodbye"​

 

Dem geneigten Leser seien die Quellen genannt:

Jean Paul „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei“

Gottfried Keller „Abend auf Golgatha“

Willibald Bösen „Der letzte Tag des Jesus von Nazaret. Was wirklich geschah“, 2. Auflage, Freiburg – Basel – Wien, 1994

 

Dem geneigten Leser seien die Quellen genannt:
Voll fies, Friedrichard! Ich wollte schon losprotzen, daß ich den Jean Paul und den Gottfried Keller erkannt habe, und losjammern, daß sicher noch zwanzig andere drinstecken, die wieder kein Mensch kennt außer Dir, und dann kommst Du mit sowas! Jetzt bin ich beleidigt.

 

hallo Friedel,

ich frage mich einmal mehr, ob Du diese schöne Geschichte nicht auch von einer Position etwas näher am Geschehen aus schildern könntest - es klingt wie nach dem vierten Glas Wein am Kaminfeuer, Geschichten aus längst vergangener Zeit. Der Stil fängt ein, aber führt weit weg von dem Genre "Kurzgeschichte". Ein bißchen mehr Verdichtung der Handlung und wörtliche Rede könnte mir gefallen.-
Die Handlung und die Örtlichkeiten sind mir vertraut, stamme ich doch aus einer Stadt, die von Hinrichtungsstätten nur so umgeben war und diese wohl nötig hatte, die heutigen Namen künden noch davon: der Galgenberg wurde zu "Hoheluft", der Teich zum Ersäufen der "Diebsteich".
Tja, und die Rubrik Weihnachten? Darf man da alles posten, was uns aus den Weihnachtsillusionen herausrüttelt?

Gruß Set

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo
ihr zwo,

schön, dass ihr euch meiner erinnert.

Es tut mir echt leid,

liebe Makita,

so'ne fiese Möp zu sein. Gegen das gekränkt sein empfehle ich ein paar alte Aufzeichnungen der Missfits (woselbst der fiese Möp Fritz heißt, abr gerade zu Tode gekommen ist). So is' dat Leben.
Eben!

Eine "schöne" Geschichte,

lieber Set,

kann eine Geschichte des Scheiterns (zu Lebzeiten, was man dann krampfhaft uminterpretieren muss - doch was nützt irgend einem Sünder, wenn ein Gott sich opfert? Ein Sektenführer durch einen (kaufmännisch geschulten) Anhänger zum Religions-/Kirchengründer umgewidmet wird und als Höhepunkt bleibt da nur die Verkitschung der Geburt und des Mithras-Lichterfestes zum Konsumrausch) schön sein? Näher am Geschehen - ginge sicherlich, aber Horror ist mir ein Horror und bleibt es auch, selbst wenn's in schönen Worten daherkommt. Aber Du weißt, dass ich zu allem Distanz suche. Ich liebe meine Protagonisten nicht unbedingt. Gut und schön in jedem Fall, dass der Stil einfange, aber wie könnte er bei einer der vielgestaltigsten Gattungen - eben der Kurzgeschichte, für die es gar keine Poetologie gibt - weit wegführen und keine Kurzgeschichte sein? Zugegeben: Dialoge könnte es mehr geben.

>Tja, und die Rubrik Weihnachten? Darf man da alles posten, was uns aus den Weihnachtsillusionen herausrüttelt?< Ja, Set, man darf und muss. Denn wenn der Kitsch obsiegt wird vergessen, dass die Passionsgeschichte mit den drei Königen beginnt, die den König von Roms Gnaden geradezu dazu zwingen, Kleinkinder abschlachten zu lassen - wahrlich ein Thema von Totensonntag - Advent - Weihnacht - Karfreitag.

Gruß & Dank

Friedel

 

Hallo Friedel,

(... stieg ... zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die sich gegen die Ökonomisierung der Gesellschaft wandte."

Gab es attac damal schon?

Nach unserem ersten Disput sei Achtung gezollt vor diesem Exkurs, zeigt er doch, daß die Geschichtsklitterung nicht nur ein immanenter Bestandteil unserer Kultur ist (da treffen wir uns), sondern schon deren Anfang begründet.

Gruß Set

 
Zuletzt bearbeitet:

>Gab es attac damal schon?<

Nee,

Set,

die NGO attac wurde 1998 gegründet - läuft sich aber, wie mir erscheinen will, langsam tot. Aber es gab Sekten noch & noch und von dem "Führer" ist gegenüber andern "Führern" erwiesen, dass er das Stammesrecht, das unter den Richtern/Saul/David/Salomon die Stämme beisammenhielt, bis eben Israel (zehn Stämme) sich vom Hause David und somit von Judäa lossagte, auf alle Völker angewendet wissen wollte.

Aber an sich war's ja 'ne mehr rhetorische Frage,

oder?

Gruß

Friedel

 

Friedel,

ich fand halt den Ausdruck "Ökonomisierung der Gesellschaft" für die Zeit vor 2000 Jahren zu globalisierungsgeprägt; deshalb habe ich da eingehakt. Aber irgendwie ging ja damals auch eine Globalisierung los.

Set

 

... und noch früher,

Set,

wenn Du so willst. Was z. B. im komm. Manifest beschrieben wird ist an sich nix Neues gewesen, bis eben auf die Beschleunigung und das Wissen darum, dass die weitergehen wird.

Gruß

Friedel

 

Hallo Set,

hab heftig gerungen (jetzt ist meine Dauerwelle wieder hin!) und werde "Ökonomisierung der Gesellschaft" durch "Kommerzialisierung" ersetzen, was m. E. der Tempelreinigung nahe kommt.

Gruß und schönes Wochenende

Friedel

 

hallo Friedel,

habe ich da im Religionsunterricht etwas falsch verstanden? Die Tempelreinigung steht in meiner Erinnerung für die Abkehr von der Kommerzialisierung der Kultstätte...weg mit dem Flohmarkt, dem Gewerbe, den Nutten...Weg frei für die neue, reine, globale kommerzielle Religion...aber die kam erst 300 Jahre später.

Gruß Set

 

>habe ich da im Religionsunterricht etwas falsch verstanden?<, weiß ich - kann's anders sein? - aus der anschließenden Bemerkung nicht so recht zu schließen,

lieber Set.

Von der Tempelreinigung/-austreibung berichten alle vier "Evangelisten" -
und da ist wirklich kein aggressionsfreier Typ am Werk -
wenn auch Johannes das event direkt zu Beginn des öffentl. Auftretens Js stellt und nicht in dessen letzte Lebenswoche. Opfer hatten makellos zu sein und wurden so am besten vor Ort gehandelt werden, was Geldwechsler (und -wäscher) und weitre tüchtig Kaufleute auf den Plan rufen musste. Interessant auch die Rede bei Markus: „Steht nicht geschrieben: ‚Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker‘? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“ (Mk 11,17) Da sag ich nur: wie wahr, und das nicht nur aus dem Bethaus.

Bei den Gedanken erschien mir der Ausdruck "Kommerzialisierung" sinnvoller, als der der Ökonomisierung, womit dann auch andere Dinge hineinspielen können, wie - wo ich Luther & Kleist drin missbrauch, der Ablasshandel zu Kohlhaasens Zeiten ...

Ich hab langsam den Eindruck, dass dieser Text einen Dialog unter uns zweien erzeugt (obwohl die hits dagegen sprechen).

Gruß & Dank vom

Friedel

 

Hallo Are,

schön. wieder von Dir zu lesen. Mehr als interessant sind Deine Hinweise auf Gemeinsamkeiten und Gegensätze

a) der zweierlei Ölberge (Golgatha vs. dem eigentlichen Ölberg)
b) zweierlei Öle (genießbar/ungenießbar, das sogar - pervers genug - Macht zu erzeugen vermag, schön der Hinweis, das Wortspiel mit der Oligarichie)
c) der Drohung des "wehe euch ..." / Nix da!
und vor allem die Widersprüche in dem in Bälde zu feiernden Fest selbst.

Aber da muss ich mir noch ein wenig Zeit zu nehmen.

Ich dank Dir in jedem Fall fürs Lesen/Kommentieren/Interpretieren!

Gruß

Friedel

 

Hallo Friedrichhard,

eine etwas ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte, Weihnachtsgeschichten können – glücklicherweise – viele Gesichter zeigen.

Du hast einen etwas altmodisch wirkenden Sprachstil gewählt, das durchaus interessant, wenn auch sicher nicht für jeden zum Lesen animierend. Störend finde ich die arg berichtende Erzählweise, die manchmal etwas belehrend wirkt (z.B. Abs. 3).
Mir ist der Text zu lang, etwas spröde, zu wenig auf das Wesentliche konzentriert, im folgenden Aspekt zu einseitig:


„Das Naturtalent stieg binnen kurzer Zeit zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die sich gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft wandte.“

Die Gegnerschaft zur „Kommerzialisierung der Gesellschaft“ ist nur ein kleiner Teil der genannten Bewegung (wenn man das schon so nennen darf). Im Bezug auf die Gottessohnschaft (die durch die Darstellung am Kreuz von deinem Text aufgehoben wird) gibt es einen bedeutenderen Aspekt: Den Anspruch der Messias zu sein (und zwar nicht nur politisch, sondern als Erfüllung der Rede der Propheten).


Hier weiß ich nicht so recht, auf was du anspielst:

„um dort eine Raffinerie zu errichten, wodurch der Berg zwar seinen Namen beibehielte, wenn auch der Name seine Bedeutung durch das ungenießbare, dort zu reinigende Öl änderte.“

So stehe ich denn dieser Geschichte zwiespältig gegenüber: Einmal die genannten Stolpersteine, andererseits als Grundidee ein interessanter Blickwinkel auf die Weihnachtsthematik.

Textkram:

„Wer die Geschichte kennt, wird darum niemals diese Stätte des Grauens mit dem Ölberg verwechseln“

Wenn man etwas kennt, dann verwechselt man es nicht. Welche Information bietet dieser Satz?

„so erblüht’ der Wüste zugewandt ein Friedhof“

Auf welche Quelle beziehst du dich mit dem ‚erblühen’? (Den ‚Prophetenfriedhof’?) Jüdische Friedhöfe sind eher karg, sprich steinig. Jedenfalls habe ich in Israel keine grünen Friedhöfe gesehen.


„Leidensweg Js begann“

Mit welcher Intension verwendest du die Abkürzung? Man kennt diese Vorgehensweise in der Literatur um den Leser den Eindruck eines Geheimnisses oder Persönlichkeitsschutzes zu geben, hier sehe ich keinen Grund für etwas wie ‚Jots Leidensweg begann’.

„Gegen diese verbohrte Haltung wetterte selbst der Papst zu Wittenberg, nach dessen Wort man dem Kaiser gebe, was des Kaisers sei“

‚Dem Kaiser geben, was dem Kaiser ist’ ist doch kein (ursprüngliches) Wort des Papstes. Ich denke, hier muss man verdeutlichen, dass hier zitiert wird.

„Obwohl nur sechs Leute kamen, die Demonstration aufzulösen - vier Legionäre, ein bewährtes staatliches Mittel von alters her, Fremde einzusetzen, könnten sich doch Rechtsbrecher und Ordnungshüter kennen und verbrüdern -, ein Offizier und der Verräter, der bis gerade noch als der beste Freund Js gegolten hatte.“

Nur der Vollständigkeit halber: Es ist wohl umstritten, wer die Verhaftung vornahm – Tempelpolizei, Römer; Römer in Anwesenheit der Polizei.


„ging durch die Welt, stieg zu den Sonnen und flog über Milchstraßen durch den Himmel“

Es ist sicher juristisch interessant, ab wann etwas sinngemäß zitiertes kein Zitat mehr ist, aber eigene Formulierungen sind doch authentischer oder man wählt (markiert) ein wörtliches Zitat.


Aus deinem Text schließe ich, dass du (wie manchmal die jeweiligen Kirchenobersten) den Kommerz an Weihnachten anprangerst. Da es – laut dem Ende deines Textes – keine christlichen Inhalte für Weihnachten geben kann ist diese Kritik in diesem Kontext eigentlich unnötig.
Doch das nur am Rande.


Tschüß,

Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

schön, dass es nicht beim befürchteten Zwiegespräch zwischen Set und mir geblieben ist.

Ja, es ist sicherlich eine der ungewöhnlicheren Weihnachtsgeschichten, die m. E. "eigentlich" mit der Passionsgeschichte zu verquicken ist. Menschen neigen dazu, Angenehmes gerne anzuschauen, Ungemach aber auszublenden. So wie’s drei prominente Männer auf einem alten Gemälde des Hans Memling’ tun. Auf einem Altarbild zeigt Memling, wie die drei das Jesuskind anbeten. Und plötzlich ist durch Memlings Kunst die Adventsgeschichte inmitten der Passionszeit! Die drei führen uns auf ihre Weise zum Kreuz, zum menschlichen Leiden schlechthin. Die Krippe hat der Maler direkt unter dem dunklen Palast des Königs Herodes platziert. Dessen Turm ragt bedrohlich in den Himmel und verdeckt fast den Stern, dem die Weisen gefolgt sind. Die mit dem Namen Herodes verbundene Passionsgeschichte, die an Weihnachten selten verlesen wird, ist auf Memlings Bild auch zu sehen. Aus Angst vor dem Machtverlust lässt Herodes zornig alle männlichen Kinder unter zwei Jahren in Bethlehem und der ganzen Gegend umbringen. Nur wenige Meter von den heiligen drei Männern und der Krippe entfernt zeichnet Memling Soldaten in das Bild, die einer Frau das Kind entreißen - wodurch die heilige Legende gebrochen wird zu ihrem Ende hin durch eine weitere Legende, die eher als kirchliche Propaganda angesehen werden darf, ist doch der Kindermord Herodes' historisch nicht belegt. Stattdessen könnt' man an den Kindermord vorm Auszug aus Ägypten denken ...
Im Neuen Testament wird die Volkszählung unterm Imperator Augustus erwähnt und speziell das Evangelium des Matthäus erzählt, was vor über 2000 Jahren sich in der Stadt Davids zugetragen haben soll: Die Suche nach der Herberge und die Geburt des kleinen Jehoschuas, das Volk sprach damals Aramäisch. Erzählt wird auch vom Stern, der die drei Magier aus dem Morgenland auf den Weg zur Krippe führte.
Anführen lassen sich auch die Varianten vom vierten König, der nicht nach Bethlehem kommt, weil ihn allerlei anderes - insbesondere seine guten Taten - auf seinem Weg aufhält. Er vrplempert im Grunde seine Zeit und kommt erst zur Kreuzigung, sprich: mehr als dreißig Jahre nach der Geburt des Kindes und zur Zeit des Tiberius sein Ziel erreicht, wenn auch mit leeren Händen und dann unterm Kreuz. (Im Ben Hur wird hier noch 'ne Variante geschaffen, indem der Ägypter sowohl in Bethlehem als auch auf Golgatha dabei war.)

Ich glaube nicht, dass man die Geschichte unbedingt flott und modern erzählen muss/sollte, womöglich mit Anglizismen bereichere. Animation überlass ich der Werbebranche, PR-Abteilungen und dem Event-Management - was nichts gegen Deinen Einwand besagen muss und erst recht nicht böse gemeint ist. Es dient die Sprache auch der Verfremdung, ist also mit Absicht spröde. Bei Abs. 3 muss ich nachschaun, obwohl Belehrungen sicherlich nicht schädlich sein müssen. Aber ich denk drüber nach - wie auch über die Länge.

Du bemängelst die Passage als einseitig. dass „Das Naturtalent stieg binnen kurzer Zeit zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die sich gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft wandte.“ Dass Kommerzialisierung (ursprünglich "Ökonomisierung") nur einen kleinen Teil ausmacht, ist richtig, solange man an eine Religion glaubt. Das Ende zeigt aber, dass der Institutionalisierten Religion das wichtigste abhanden gekommen ist: Gott (von Göttern brauchen wir da gar nicht erst zu reden). Der da am Kreuz hängt, nennt sich ja auch selbst nie Gottessohn (wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung hab), sondern "Menschen"sohn, weiß durchaus, dass er eben von seiner Religionsgemeinschaft (mosaischen Glaubens, denn die "christliche" Kirche ist m. E. eine paulinische Schöpfung mit dem Simon/Petrus als Erfüllungsgehilfen).

>„um dort eine Raffinerie zu errichten, wodurch der Berg zwar seinen Namen beibehielte, wenn auch der Name seine Bedeutung durch das ungenießbare, dort zu reinigende Öl änderte“ stellt den Bezug zu heute her. Will sagen: die erzählte Geschichte könnte sich wiederholen.

>„Wer die Geschichte kennt, wird darum niemals diese Stätte des Grauens mit dem Ölberg verwechseln“

Wenn man etwas kennt, dann verwechselt man es nicht. Welche Information bietet dieser Satz?<
Die meisten, welche Lukas - also die Ursprungslegende - kennen, kennen nicht den Unterschied der beiden Erhebungen, wie ja auch eine Erzählung bestenfalls eine Beschreibung, ein Abbild. ein Modell liefert, aber niemals die Wirklichkeit

>Auf welche Quelle beziehst du dich mit dem ‚erblühen’? (Den ‚Prophetenfriedhof’?) Jüdische Friedhöfe sind eher karg, sprich steinig. Jedenfalls habe ich in Israel keine grünen Friedhöfe gesehen.< Auch ein Steingarten hat was und steht - im weitesten und übertragenen Sinn - ganzjährig "in Blüte". Hier vor Ort gibt's übrigens zwo "jüdische" Friedhöfe, die ich kenne.

Die Verwendung dallein des ersten Buchstabens des Namens ist Klangmalerei im Deutschen und in einigen Gegenden das g gleich dem j ausgesprochen wird. Damit ist dann auch drüber nachzudenken, ob dieses unbekannte höhere Wesen, das wir alle verehren, seit Dr. Murke nicht in Wirklichkeit eine Umkehrung der Schöpfungsgeschichte erfordert: G. ist (gedankliches) Geschöpf des Menschen.

>„Gegen diese verbohrte Haltung wetterte selbst der Papst zu Wittenberg, nach dessen Wort man dem Kaiser gebe, was des Kaisers sei“< Nix gegen die Leistung Luthers, aber wie der reagiert hätte ...

>‚Dem Kaiser geben, was dem Kaiser ist’ ist doch kein (ursprüngliches) Wort des Papstes< dürfte jedermann/frau bekannt sein. Es ist sicherlich derart zum geflügelten Wort geworden, dass man es nicht wieder einfangen sollte, um es seinem ursprünglichen Besitzer wieder zukommen zu lassen.

>Es ist wohl umstritten, wer die Verhaftung vornahm – Tempelpolizei, Römer; Römer in Anwesenheit der Polizei<, richtig. 's ist auch nicht der Anspruch da, unter "Historik" zu firmieren.

>Es ist sicher juristisch interessant< in der Tat. Aber die Quellen sind genannt und "Johann" Paul ist sicherlich kein Papst.

Die abschließende Randnotiz geht fehl: man kann eine (christliche) Ethik auch ohne göttlichen Firlefanz und/oder Kirche anerkennen oder ist "Christentum" identisch mit Kirche?

Ich dank Dir für Deine Auseinandersetzung mit dem Text und wünsch schöne Tage diese Tage!

Friedel

 

Hallo Friedrichhard,

danke für die schnelle Antwort, so erwische ich dich noch vor dem Urlaub.

„Ich glaube nicht, dass man die Geschichte unbedingt flott und modern erzählen muss/sollte, womöglich mit Anglizismen bereichere.“

Nun, dies stand niemals zur Debatte.
Obwohl ich den Eindruck habe, ein Essay (was natürlich nicht ins Forum passen würde) wäre die günstigere Form für deine Aussagen gewesen, dann hätte ich mir sogar noch mehr Fakten (Belehrungen ) gewünscht.

„Dass Kommerzialisierung (ursprünglich "Ökonomisierung") nur einen kleinen Teil ausmacht, ist richtig, solange man an eine Religion glaubt“

Das ist richtig, doch genau dies produziert Probleme: Man weiß nicht, welcher Kontext die Grundlage deines Textes ist. Wenn ich nicht an Religion glaube, glaube ich auch nicht: „Das Naturtalent stieg binnen kurzer Zeit zum Führer einer charismatischen Bewegung auf, die sich gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft wandte“


„die "christliche" Kirche ist m. E. eine paulinische Schöpfung“

Ein interessanter Punkt, den Christen kaum bewusst. Paulus führt seine Zeitgenossen erst wesentlich über das Judentum hinaus.


„Diesen Berg hatte sich seinerzeit ein Konzern von Weltgeltung ausgesucht, um dort eine Raffinerie zu errichten“

Verwundert hat mich das „seinerzeit“. Ist die Zeit Jesu gemeint? Gut, ich wei9 annähernd, was du meinst.


„Die meisten, welche Lukas - also die Ursprungslegende - kennen, kennen nicht den Unterschied der beiden Erhebungen“

Du sprichst doch von denen, die die Geschichte kennen, bei denen ist es zu erwarten, dass sie nichts verwechseln. Na ja, nicht so wichtig.

Ein Friedhof mit einem Steingarten gleichzusetzen, na ja … (ein Steingarten ist auch bewusst bepflanzt).

Das mit dem „J“ kann ich akzeptieren, obwohl ich den wortspielerischen Gewinn für recht klein halte. Aber man muss natürlich auch erst einmal auf so etwas kommen …

Das mit dem geflügeltem Wort hatte ich so nicht empfunden, aber das stimmt, man kann schon wissen, worauf es zurückgeht.


„Die abschließende Randnotiz geht fehl: man kann eine (christliche) Ethik auch ohne göttlichen Firlefanz und/oder Kirche anerkennen oder ist "Christentum" identisch mit Kirche?“

Eine christliche Ethik geht nicht ohne Gott, da sie den Erlösungsgedanken beinhaltet, den es ohne Gott(essohnschaft) nicht gibt.
Selbstverständlich kann man eine Ethik ohne Gott (und Götter) vertreten, so gelesen stimme ich dir zu.
Da sich dein Text aber auf christliche Historie bezieht, halte ich meine Aussage aufrecht.

Ich wünsche dir eine schöne Feiertagszeit,

Woltochinon

 

Na ja,

lieber Woltochinon.

nix zu danken. Das "seinerzeit" ist auch "unsere" Zeit und daher rührt der erzählte Bogen aus der Zeit, da Tiberius Imperator war, über den Zeitausschnitt, da Karl V. Kaiser sich nennen konnte (Lutherpassage) bis hin zu der Zeit, da Ölmagnaten und Betriebswirtschaftler sich als Herren der Welt gebärden.

Wer die Geburtslegende kennt, muss nicht unbedingt ans Ende denken, schon gar nicht muss er die einzelnen Örtlichkeiten kennen. Und wie könnte man die Bergpredigt anders als eine "christliche" Ethik benennen, selbst wenn man dem kirchlichen Firlefanz nicht in allem folgt? Umso mehr, als man sich nach ursprünglichem Text kein Bildnis von Gott machen sollte?

Gruß

Friedel

 

Lieber Friedrichard,

über Umwege bin ich Gott-weiß-wie wieder einmal dazu gekommen, einen Text von Dir zu lesen. :) Diesen. Anregend finde ich die Freude an der Interpretation, die in den Kommentaren sichtbar wird - ähnlich wie Theologen stundenlang über Formulierungen und Andeutungen und Geschichte und Vor-Vorgeschichten räsonieren können. Da mir diese Art zu denken fern liegt, will ich dazu nichts sagen, sondern es einfach nur anschauen. Auch die Formulierungen in einer Diktion, wie sie ziemlich einzigartig sein dürfte, ist von einer Art, dass ich dazu nichts sagen kann, da ich niemanden vor den Kopf stoßen will. ;)

Kommen wir also zur Geschichte. :) J - Jesus, oder einer, der Jesus ähnlich ist, versagt dem Räuber zu seiner Linken den Trost. Das ist interessant und inspirierend, ebenso der Verweis auf das hier:

Jean Paul „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, daß kein Gott sei“
Das erinnert mich an eine Szene, die ich zufälligerweise einmal in einer Dokumentation über das Judentum aufschnappte: Ein hochbegabter Zwölfjähriger brillierte bei seiner Bar Mizwa mit einer Rede, in der er darlegte, warum er nicht an Gott glaubte. Das zu sehen war ein ästhetisches Vergnügen.

Womit wir zur Form des Textes kommen, zu der Du sagst:

Friedrichard schrieb:
Ich glaube nicht, dass man die Geschichte unbedingt flott und modern erzählen muss/sollte, womöglich mit Anglizismen bereichere. Animation überlass ich der Werbebranche, PR-Abteilungen und dem Event-Management - was nichts gegen Deinen Einwand besagen muss und erst recht nicht böse gemeint ist. Es dient die Sprache auch der Verfremdung, ist also mit Absicht spröde.
Hier sind unsere Auffassungen grundverschieden. Meiner Meinung nach dient die Form nur der Vermittlung. Dir scheint es Freude zu machen, sie mit Bedeutungen zu versehen, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind. Für mich sind Form und Stil wie Muster auf Tapeten und schön geformte Kaffeetassen. Nicht sonderlich interessant. Für Dich scheinen sie die Hauptsache zu sein.

Die Verbindung verschiedener Elemente, man könnte es Eklektizismus nennen, kann schon anregend sein. In Deiner Geschichte bleiben die handelnden Menschen mindestens in hundert Schritt Entfernung. Auch das mag ein bereichernder Blickwinkel für manche Leser sein.

Love and Peace,

Berg

 

Hallo Berg,

schön von Dir zu lesen und noch schöner, dass man auch über Umwege hierher finden und nicht aufgeregt, sondern angeregt werden kann und einiges inspiriernd findet. Es ist interessant, dass man einen Betriebswirtschafter (und Chemielaboranten!) immer wieder in die Nähe von Theologen rückt, obwohl ich als Presbyter auch mal den umgekehrten Fall erlebt hab, dass ein Pfarrer - damals Vorsitzender des Presbyteriums, mit dem ich als Finanzkirchmeister eng zusammenarbeitete - geschäftstüchtiger sein kann als manche Heuschrecke.
Über "Kunst"sprache(n), die ich bevorzuge, hatten wir uns letzten unterhalten und da verwundert mich ein wenig, dass Du zur Diktion nix sagen könntest, vor allem die Begründung, >niemanden vor den Kopf stoßen< zu wollen. Mein Schädel ist da ziemlich hart, lieber Fritz, und einiges gewohnt. Und mir ist es lieber. eine (relativ) einzigartige Sprache zu haben/zu nutzen, statt im mainstream herumzupaddeln.

>Kommen wir also zur Geschichte.<

J ist "Jott", wenn auch nicht der Herrjott. Der ist - schade, dass mir das Bild nicht schon in den Antworten an Woltochinon eingefallen ist - Geßlers Hut, und wenn man J. als Gottessohn ansieht ... Überhaupt wirstu in meinen Texten wenig Tröstliches finden und Jean Paul ist auch nicht unbedingt trostreich. Ich hoff aber doch, dass Du - trotz Verschweigens (s. o.) und anderer Auffassung bzgl. dr Form incl. Tapete - den Text auch ästhetisch reizvoll findest. Mein Ziel ist in jedem Fall, dass Form & Inhalt übereinstimmen. Oder hätt' ich hier jemals Fisches Nachtgesang geschrieben?

Aber wie kommstu darauf, ich könnte so etwas wie ein Hippy sein (>Love and Peace<)?

Ich dank Dir für's Lesen & Kommentieren!

Friedel

 

Werter Friedel,

ich hatte Dich für einen Germanisten gehalten, aber BWL ist ja auch eine dieser scholastischen Wissenschaften. ;) Jede Art von Sprache, die es schafft, eine schöne Geschichte zu transportieren, soll mir recht sein. Mir scheint nur, dass in Deinen Texten das Formale sich zu wichtig macht und die Geschichten unter den Tisch fallen. Die wichtigste Zutat einer Geschichte, die Hauptfigur, bleibt in diesem Text sehr blass.

Freundliche Grüße vom

Berg

 

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