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Das Rübezahlfüllhorn

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13.02.2008
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Das Rübezahlfüllhorn

„Eine Gemüsekiste würde unser Leben perfekt machen“, sagt mein Mitbewohner Jan, „Stell Dir mal vor: Wir müssten kein Gemüse mehr schleppen und wir würden mehr Gemüse essen, Biogemüse, und wir wären viel gesünder, gerade im Winter.“
"Wieso unser Leben?", frage ich.
"Die kleinste Kiste ist für zwei."
Auf dem Werbeflugblatt ist ein quadratischer Gnom mit roten Haaren zu sehen. Er steht auf einem Berg von glänzendem Gemüse, lacht und reibt sich den Bauch, aber für mich sieht es aus, als stünde er auf einem Leichenfeld, schreiend, weil ihm gerade ein Schrappnell in die Gedärme gefahren ist.
„Ich esse eigentlich kein Gemüse“, sage ich.

Jan studiert das Sortiment der Genossenschaft „Rübezahl“ im Internet und bestellt schließlich die Saisonkiste „Füllhorn“.
„Das ist wie eine Überraschungstüte, dann lernen wir auch mal andere Gemüse kennen, mit den Rezepten dazu. Man isst notgedrungen viel kreativer. Hier, wir können auch Extras dazubestellen, Markknochen und so.“
Ich sage: „okay“, weil er anfängt, mir Rezepte für Schwarzwurzel, Melde und Topinambur vorzulesen, die er als "vergessene" Gemüse bezeichnet. Mir klingt das alles eher unheimlich, schon weil ich mir denke, diese Gewächse werden wohl aus gutem Grund vergessen worden sein. Meine Mutter musste als Kind Schwarzwurzeln essen und die sagt immer: „Wenn Krieg ein Gemüse wäre...“
„Ich hoffe, man kann das jederzeit abbestellen“, sage ich noch.
„Klar“, sagt Jan.

Als es am nächsten Morgen klingelt, liege ich noch im Bett. Ich warte darauf, dass Jan aufsteht und seine blöde Kiste entgegennimmt, aber Jan steht nicht auf und der Kistenmensch klingelt weiter wie ein Specht. Ich springe aus dem Bett, Shorts und T-Shirt, und drücke den elektrischen Öffner, gehe zur Wohnungstür und lehne sie an. Dann trete ich gegen Jans Tür.
„Der Rübezahl ist da! Nimm mal bitte dein Scheiß Gemüse entgegen!“
„Ja, ich bin da“, spricht es hinter mir und ich fahre erschrocken herum. Im Flur steht ein kurzer Mann mit roten Haaren und einem großen Sack über der Schulter. Er trägt ein mintgrünes Polo-Hemd auf dem „Rübezahl“ steht. Als er sich bückt, um den Sack zu öffnen, sehe ich einen dunklen Schweißstriemen auf der Rückseite des Hemdes. Er beginnt zwischen den Schulterblättern, verbreitert sich nach unten und verschwindet zuletzt mit Hemd unter dem Gürtel, „gesund und lecker“ steht darüber.
„Wo ist denn die Kiste?“, frage ich.
„Ich bin gekommen, um das Füllhorn einzubauen“, antwortet er und rupft weiter mit dicken Fingern an dem eng geknoteten Bastseil herum. „Wo ist die Küche?“
Ich deute wortlos auf die Tür am Ende des Flures und Rübezahl schleift seinen Sack an mir vorbei, verliert im Rückwärtsschlurfen fast seine Sandalen.
Ich renne in Jans Zimmer. „Jetzt komm mal raus hier, ein bisschen zügig! Der baut da irgendwas in die Küche ein. Das ist doch Mist. Sag das ab!“

Als ich Jan endlich in den Flur schiebe, steht Rübezahl schon wieder da, den schlaffen Sack über der Schulter. „Jetzt brauch ich nur noch eine Unterschrift.“
Ich gucke an ihm vorbei in die Küche und sehe dort das Füllhorn neben dem Kühlschrank aus der Wand ragen. Ein großer Metalltrichter, etwa einen Meter über dem Boden.
„Das ist doch echt unnötig“, sage ich, aber in dem Moment drückt Rübezahl mir schon den Stift in die Hand.
„Aua, Scheiße!“, fluche ich und lasse den Stift fallen. Er landet mit einem dumpfen Ton auf dem Boden und hinterlässt eine Macke im Parkett. Es muss ein elektrischer Schlag gewesen sein, denke ich. Ein blöder, handgeschmiedeter Kugelschreiber von manufactum, bei dem man die Tinte selbst nachfüllen kann, der Umwelt zuliebe und überhaupt. Nur dass er sich auflädt wie ein Weidezaun, wenn man mit solchen dummen Plastiklatschen rumschlurft.
„Sind Sie nicht Herr Schneider?“, fragt Rübezahl mit gerunzelter Stirn.
„Nein, Jan ist Herr Schneider“, sage ich und schüttele mein Handgelenk.
„Ja, das bin ich“, sagt Jan „wo soll ich unterschreiben?“
Der Zwerg hält ihm ein mintgrünes Klippboard mit grauem Umweltpapier hin. „Hier, hier und hier. Drei Mal, bitte.“ Er grinst mit kurzen breiten Zähnen und langem Zahnfleisch.
Ich schüttele den Kopf und mache Schicksalsergebenheitsgesten mit den Händen, während Jan mit roter Tinte unterschreibt.

„Ah, und hier kommt das Gemüse dann raus“, sagt Jan und steckt seinen Kopf in das Füllhorn. Ich schnippe gegen das Blech, damit ihm drinnen die Ohren dröhnen, aber auch, damit er den Kopf wieder raus nimmt. Es ist mir unwohl, wenn er so mit dem Kopf im Metalltrichter steckt und blechern spricht.
„Vor allem zieht es jetzt wie Sau“, sage ich und fuchtele mit der Hand unter der Trichteröffnung umher, aus der wirklich kalte Luft weht. Ich kann es an meinen flatternden Shorts sehen.
„Wir können ja was davor machen. Was meinst du, wann kommt die erste Lieferung?“
„Weiß nicht“, sage ich und dann horchen wir beide eine Weile konzentriert am Trichter. Nichts ist zu hören. Erst als Jan „hallo!“ hineinruft, kommt ein „hallo!“ zurück, aber es klingt seltsam, nicht nach normalem Echo, sondern höher und mehrstimmig, irgendwie gehässig.
„Du blutest“, sage ich, denn Jan trägt einen roten Striemen auf der Wange. Er untersucht sich. „Oh, wo? Ah, ich muss mich an diesem Stift gepiekt haben. Ich hab das gefühlt.“
Er steckt den Daumen in den Mund.
Mir wird langsam kalt, mit bloßen Füßen und nur in Unterwäsche. „Jedenfalls werde ich jetzt nicht den ganzen Tag davor hocken und warten“, sage ich, doch ein Blick in Jans glänzende Augen macht mir klar, dass es genau das ist, was er den Rest des Tages tun wird.
Er zieht sich einen Stuhl heran und ich koche Kaffee, mit dem ich mich schließlich in mein Zimmer zurückziehe. Dort sitze ich dann im Bett und lese Parzival, bis Jan anfängt zu kreischen.

Als ich in die Küche komme, tanzt er vor dem Füllhorn wie vor einem goldenen Kalb. „Es kommt, es kommt! Hör doch!“
Und tatsächlich rumpelt es tief unten im Trichter, ein leises Grollen nur, das jedoch stetig lauter wird, bis das Horn anfängt zu rattern. Es schüttelt und faucht. Wir treten ein paar Schritte zurück. Tiefe Risse wachsen durch den Wandputz um den Trichter und ich blicke Jan vorwurfsvoll an. Doch Jan ist nicht empfänglich für meine stummen Vorwürfe, denn jetzt scheppert etwas laut gegen die Metallwand des Füllhorns, scheppert und springt die tieferliegende Röhre hinauf, bis es schließlich unzeremoniell aus dem Trichter fällt und unter den Tisch rollt. Ich stupse die schmutzige Kugel mit der Fußspitze an und fahre erschrocken zusammen, als ein Placken Erde abspringt.
„Was in Gottes Namen ist das?“, flüstere ich und halte mich an Jans Ärmel fest.
„Das ist rote Beete“, sagt er und lächelt.

Zum Mittagessen kocht Jan die rote Beete. Ich habe noch nie rote Beete angefasst, aber Jan hat eine e-mail von der Rübezahl Genossenschaft erhalten, mit Rezeptvorschlag. Also backt er die einzelne rote Beete erst 90 Minuten im Ofen, lässt sie eine halbe Stunde abkühlen und versuppt sie dann zu pinkem Schaum, der um fünf Uhr fertig ist. Eine halbe Schüssel für jeden von uns. Ich habe die Wurzel unter Jans Anleitung lange geschrubbt, aber die Suppe schmeckt trotzdem erdig. Insgesamt kommt mir das Ganze unpraktisch vor.
„Sehr viel Gemüse ist es ja nicht gerade“, bemerke ich.
„Sie haben geschrieben, dass sie erst die Leitungen testen wollten. Wir kriegen bald mehr.“
Und in diesem Moment fühlen wir auch schon den Boden erzittern. Diesmal hört es sich an, als käme eine ganze Gnuherde das Metallrohr heraufgalloppiert. Und dann fängt das Füllhorn an, Erde zu spucken, immer mehr, bis ihm der Haufen fast zur Unterlippe reicht, und dann schüttelt es ganz fürchterlich und hustet ein paar Brocken in diesen Erdhaufen hinein, dass der Dreck nur so stiebt. Jan zählt laut gegen den Lärm, „sechs, sieben, acht, neun!“, dann hört das Schütteln auf. Nur noch ein leises Fiepen ist aus dem Trichter zu vernehmen. Als der Staub sich legt, treten wir vorsichtig an den Haufen heran. Ich sehe an Jans Gesicht, dass mein Gesicht schmutzig sein muss. Das Gemüse kann ich kaum erkennen, es ist zu sehr mit Erde verkrustet. Aber die daumendicken Goldstücke, die im Dreck liegen, glänzen blank wie in Dagobert Ducks Geldspeicher.
„Echtes Gold“, hauche ich, aber Jan schüttelt den Kopf. Er hat einen Taler aufgelesen und ihm die Goldhaut abgezogen. Jetzt steckt er sich den braunen Kern in den Mund. „Kaubonbon“, sagt er und renkt sich fast den Kiefer aus.
Doch da ist noch was in der Erde. Klein, pink und wimmelig.
„Äch, Würmer“, sagt Jan und wir starren.
„Nein, das sind Putten“, rufe ich, als die kleinen Wesen sich die Erde aus den goldenen Locken schütteln und von den rosigen Hintern klopfen. Hinten haben sie Arschritzen aber von vorne sieht es aus, als ob sie winzige Hautunterhosen tragen. Eine nach der anderen fächert ihre schwarzblau schillernden Flügel auf und schwirrt hinauf zur Küchenlampe. Dort tanzen sie schließlich alle durcheinander, mindestens zwanzig Stück, und beginnen mit Glockenstimmen zu summen und zu singen.
„Was singen die da?“, fragt Jan, „ist das Griechisch, so kyrie eleyson?“
Doch ich weiß es auch nicht, bin mir nicht mal sicher, ob es überhaupt Worte oder nur Töne sind.
„Es klingt auf jeden Fall schön“, sage ich.
Jan beginnt nun, das Gemüse und die Goldtaler aus der Erde zu sammeln. „Drei Kartoffeln, drei Möhren und zwei Sellerieknollen“, verkündet er. „Das könnte Eintopf sein.“
Die Markknochen stecken in einem durchsichtigen Plastikbeutel.
Ich putze das Gemüse, Jan kocht Eintopf daraus und die Engel singen dazu im Chor. Sie singen noch um die Lampe herum als wir essen und manchmal lassen sie winzige Tropfen auf den Fußboden fallen, grün wie Vogelschiss. Als ich die Lampe probeweise ausschalte, murren sie und ziehen sich in die dunklen Spalten über den Küchenschränken zurück.

Am nächsten Tag schippen wir den Erdhaufen weg, damit das Füllhorn nicht verstopft, wenn es die nächste Lieferung spuckt. Ich finde zwei weitere Goldstücke und denke, vielleicht sollte ich die Erde aufheben, die ist bestimmt ganz gut für die Kräuter. Mittlerweile bin ich sehr hungrig, den letzten Eintopfrest habe wir mittags in der Uni gegessen. Jan erlaubt mir trotzdem nicht, einkaufen zu gehen, schon gar nicht Gemüse. „Ich kaufe nie Gemüse“, sage ich, bleibe aber daheim. Wir essen Brot mit Leberwurst.

Mitten in der Nacht werde ich von Gerappel geweckt und denke „aha!“. Ich drehe mich um und will weiterschlafen, doch dann höre ich ein schrilles Greinen, ein Greinen, das so jammervoll und schmerzerfüllt klingt, dass ich sofort auf den Beinen bin. Im Flur treffe ich Jan, der blass und nackt ist. Zusammen stürzen wir in die Küche. Dort liegt ein neuer Erdhaufen und ich rutsche fast auf einer Lauchstange aus. Um die Lampe herum summt es, ein ganzer Schwarm Putten, und aus dem Haufen greint es, dass es mir das Herz zusammenschnürt. Noch halb in der Erde steckt eine Putte, deren linker Flügel in einem fürchterlichen Winkel absteht. Glitzerndes Blut sickert auf das schwarze Gefieder. Silberne Knöchelchen, dünn wie Gräten, stehen mit scharfen Bruchkanten heraus. Das Gesicht ist ein winziger Krümel konzentrierter Schmerz. Ich kann weder Nase noch Auge erkennen, nur das greinende Maul mit den spitzen Zähnchen.
„Mein Gott, tu doch was, Jan!“, schreie ich und will ihn am Kragen packen, doch er ist nackt, deshalb packe ich ihn an den Schultern.
„Halts Maul! Was soll ich denn tun?“, schreit er zurück.
„Mach, dass es aufhört! Du musst es töten! Es leidet!“ Ich schüttele ihn und er schubst mich von sich.
„Ich kann das nicht anfassen. Du musst das machen!“, heult er, aber mir ist auch ganz schwindelig.
Dann erst erinnere mich der fröhlich um die Lampe schwirrenden Gefährten. Doch die schwirren nicht mehr fröhlich. Das fällt mir erst jetzt auf, da ich den schlimmen Anblick verspätet vor ihnen zu verbergen suche. Sie kreisen jetzt dicht über uns, das helle vielstimmige Zwitschern ist zum Brummen geworden, wie aus einer Kehle. Ich frage mich, was der Resonanzraum für dieses Brummen sein mag, bis ich merke, das mein ganzer Körper vibriert. Ich stopfe die zappelnde Putte hektisch in den Erdsack, der noch immer in der Küche steht, und spüre wie etwas Eiskaltes herausquillt. Trotzdem verliere ich die Fassung erst, als eine der übrigen Putten gegen mein Ohr summt und sich in meinen Haaren verfängt. Ich raufe sie hysterisch heraus und schleudere sie zu Boden. Sie beginnt sofort zu greinen. Dieses doppelte Greinen ist unterträglich. Ich krieche auf allen Vieren in die Ecke neben den Mülleimer und halte mir die Ohren zu. Ich sehe, wie sich mehrere Putten auf die Putte stürzen, die ich mir vom Ohr gerupft habe. Sie reißen ihr das Goldhaar büschelweise aus, beißen Fetzen aus dem prallen Hinterteil und ich höre silberne Knochen splittern, obwohl ich meine Finger tief in die Ohren gebohrt habe. Das Greinen wird schriller und verstummt dann abrupt. Die Putte im Erdsack ist schon lange still. Der Schwarm steigt auf und ein paar Federn trudeln herab. Jan sitzt auf dem Boden, zitternd, voll Rotz und Tränen.
Wir kriechen aus der Küche, schlagen die Tür hinter uns zu und lagern eine Weile auf dem guten alten Flickenteppich im Flur, bis wir wieder atmen können.
„Scheiß Gemüsebox!“, sage ich schließlich, nehme meine Jacke vom Haken und renne mit dem Müllsack, den ich noch immer schwitzig umkrallt halte, in den Hof hinunter. Während ich die Sackzipfel dort zu einem sehr haltbaren Knoten vertäue, überlege ich welche Tonne. Sondermüll, oder noch besser eine Säuretonne, denke ich. Aber wir haben natürlich nur Haus, Papier und Bio. Ich schlage den Biodeckel zweimal zu.
Jetzt spüre ich auch wieder die Kälte auf meiner Hand brennen. Im weißen Hoflicht glitzert es vielfarbig. Es ist ganz eindeutig dieser Glanzstaub, den man im Baumarkt kriegt, mit dem wir als Kinder Weihnachtsbilder gemalt haben. Mit Uhu vorgemalt und dann draufstäuben und so lange nicht niesen, bis die Mutter den Überschussglitzer in die Gläschen zurückgeschüttet hat. Dieser Staub hier ist auch nass von klebriger Trägerflüssigkeit. Ich wische die Hand an meiner Hose ab und denke „Mist“, als ich das alte Handtuch über meinem Fahrrad hängen sehe.

Als ich wieder hochkomme, hat Jan eine Hose an und zwei Gläser Korn bereitgestellt, weil Korn ordentlich fürchterlich ist, ein gutes, erwartbares Grauen. Er fragt: „Junge, hast du dich mit deinem Kanarienvogel gestritten?“, und zupft mir eine winzige schillernde Feder vom Kopf.
„Wir sollten aber trotzdem das Licht in der Küche ausschalten, sonst kommen die nie wieder runter“, sagt er noch und bleibt dann auf dem Flickenteppich stehen, während ich vorsichtig die Küchentür öffne.
„Ich weiß gar nicht, was du hast, jetzt sind sie ganz ruhig“, sage ich grinsend und stoße die Tür weit auf. Da fliegen sie wieder um die Lampe, nicht lebhaft durcheinander, sondern in einem perfekten Zirkel, die Hände vor der Brust gefaltet. Mit lieblichen Stimmen singen sie die Tonleiter hinauf und hinunter.

„Sie haben gesagt, wir sollen die Putten einfach rausscheuchen. Das hätten wir von Anfang an machen sollen, es sind nur Parasiten. Wenn es kälter wird, sollte sich das Problem von selbst erledigen.“
Als Jan mir dies nach Rücksprache mit der Rübezahl Genossenschaft verkündet, bin ich nur zu bereit, die Kannibalenbrut eigenhändig rauszuschmeißen. Ich knipse das Licht an und fange sie in Jans Kopfkissenbezug, schüttele sie ungeachtet allen Greinens und Knochensplitterns aus dem Fenster. Dort tanzen sie noch eine Weile, summen lächelnd wieder und wieder gegen die geschlossene Scheibe, bis sie erschöpft herabtrudeln und von ihren Artgenossen zerfetzt werden. Einige wenige geben schließlich auf und fliegen jubilierend davon.

Man kann die Putten leicht einsammeln, wenn sie noch in der Erde stecken, aber für das Füllhorn kann ich mich nicht mehr begeistern. Wir latschen den Dreck aus der Küche in alle Teppiche der Wohnung, sogar in den guten alten Flickenteppich, und die Nachbarin beschwert sich, dass wir die Biotonne mit Erde befüllen. Ich habe keine Lust mehr, das Gemüse zu putzen, bis meine Hände rot sind. Die Möhren sind menschenförmig und lassen sich mit all ihren Auswüchsen sehr schlecht schälen. Die Kartoffeln haben zentimeterlange Keime. Ich will überhaupt kein Wurzelgemüse mehr und gehe dem Füllhorn fremd. Obwohl ich mich noch nie sonderlich für Gemüse interessiert habe, fühle ich mich nun unwiderstehlich von den prallen Kurven glänzender südafrikanischer Paprika und dem süßen Duft grasgrüner mexikanischer Zuckerschoten angezogen, die ich roh und ungewaschen auf dem Weg vom Supermarkt nach Hause verschlinge. Jan putzt und kocht tapfer weiter, Eintopf, Suppe und Auflauf, aber er sieht nicht glücklich aus, nicht mal besonders gesund. Er geht nicht mehr zum Sport oder zum Duschen und kommt trotzdem nicht hinterher mit dem Essen. Mehr und mehr Möhren, die zu dreckig für den Kühlschrank sind, verschrumpeln neben dem Füllhorn zu alten Männern.
Als ich ihn eines Abends dabei ertappe, dass er wie hypnotisiert auf meine Tiefkühlpizza starrt, sage ich: „Jan, du bist zum Sklaven des Füllhorns geworden. Jetzt kündige doch endlich diesen vermaledeiten Vertrag!“
Er bricht in Tränen aus, schiebt den Teller grauer Suppe von sich und verbirgt das Gesicht in seinen rohen Händen. Tiefe Schluchzer erschüttern seinen ausgemergelten Körper, dann ist er eine Weile ganz still. Ich will schon nach seinem Puls tasten, doch da hebt er den Kopf und spricht ruhig: „Du hast Recht. Es muss aufhören. Morgen rufe ich an.“

Am Tag darauf komme ich nach Hause und der Trichter ist weg. Stattdessen klafft ein riesiges schwarzes Loch in der Küchenwand. Ich wundere mich, wie es da so weit und so schwarz klaffen kann, wo doch das Nachbarhaus von außen ganz eng neben unserem steht, und ärgere mich, weil es jetzt noch mehr zieht. Jan ist nicht zu Hause. Wahrscheinlich ist er zu seinen Eltern gefahren, um sich mit Schweinebraten aufpäppeln zu lassen. Hat mich einfach mit dem Loch allein gelassen.

Als es ein paar Tage später beginnt, aus dem Loch zu stinken wie hungriger Atem, habe ich noch immer nichts von ihm gehört. Ich fluche ihm auf die Mailbox und fahre zum Baumarkt, um eine Rigipsplatte zu kaufen. Mit langen Spaxschrauben befestige ich sie über dem Loch. Dann stelle ich das Regal davor und gehe mir Currywurstpommes holen.

 

Ich kann gar nicht so viel zu der Geschichte sagen, weil sie mir außerordentlich gut gefallen hat. Gerade der Anfang und so das dritte und vierte Fünfel des Textes sprühen vor Energie und tollen Einfällen. Die Piranha-Putten und die Leberwurst-Passage mochte ich am liebsten. Ich fand das Ende wurde sprachlich schwächer und ungefähr in der Mitte gab es einen kleinen Hänger, als die Putten schon erschienen, aber noch keine tot war.
Ansonsten ist das schon sehr toll, alles. Gern gelesen.

 

tut mir leid, fiz, ich habs nicht kapiert, dass der erzähler ein junge ist, bis erika ihn so nennt. das hat mich die ganze zeit aus dem konzept gebracht. wieso redet die denn mit jan als wären die ein pärchen und schläft trotzdem im eigenen zimmer, habe ich gedacht. auch den wink mit rübezahls frage hab ich nicht gekriegt, ob er herr schneider sei. na, der hinweis sollte nämlich reichen. so viel zu meinen leseschwierigkeiten.
vom gefühl her haut die szene nicht ganz hin, in der beide in der küche stehen, jan nackt, und der erzähler ihn an den schultern packt. das halte ich für ungewöhnlich für eine freundschaft zweier heteros, dass der eine da so nackt rumsteht. sei es auch nachts und katastrophenstimmung.

toll gelungen finde ich die integration von füllhorn und putten in die geschichtswelt. die fügen sich durch die rezeptmails und die info dass die putten ganz normale parasiten seien ganz unaufgeregt ein, wirklich klasse gemacht. wobei die kleinen nacktärsche ja echt alles zu können scheinen, niedlich aussehen, die küche vollscheißen und super singen. in anbetracht des niedlichkeitsfaktors tun die beschreibungen von gläsernen köchelchen, die gebrochen sind und in unnatürlichem winkel herausragen und dem gesicht als ein krümel konzentrierten schmerzes umso mehr weh. fies, aber saugut erzählt die ganze putten-subgeschichte.

grüße! ;)

 
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Hallo Quinn,

freut mich, dass die Geschichte dir so gut gefallen hat. Du hast auch Recht mit Schluss und Mitte. Und zumindest fuer letzteres meine ich eine Loesung gefunden zu haben. Im Grunde braucht es nicht wirklich zwei Puttenszenen, zumal die eine eigentlich nur die Steigerung der ersten ist. Sie sind ja schon recht aehnlich, zweimal senkt sich da der Schwarm mit dunklem Gesang, zweimal bleiben Putten in den Haaren haengen. Ich hab jetzt eine Szene draus gemacht. Damit hat die Geschichte nur ein Herzstueck und ist auch ort-und personenmaessig kompakter.

Hallo Kubus,

tut mir leid, fiz, ich habs nicht kapiert, dass der erzähler ein junge ist, bis erika ihn so nennt. das hat mich die ganze zeit aus dem konzept gebracht. wieso redet die denn mit jan als wären die ein pärchen und schläft trotzdem im eigenen zimmer, habe ich gedacht. auch den wink mit rübezahls frage hab ich nicht gekriegt, ob er herr schneider sei. na, der hinweis sollte nämlich reichen. so viel zu meinen leseschwierigkeiten.
:dozey:
Also wie Du das hingekriegt hast, selbst ueber den "Herrn" hinaus deine Protagonistin zu behaupten, ist mir auch schleierhaft. Bei der anderen Geschichte konnte ich es wegen der Zartheit des Protagonisten ja noch nachvollziehen. Aber hier wirken wohl hoehere Maechte an Lesererwartung, die ich in so einem Text kaum umschmeissen kann.
Ich wuerde fast sagen, es ist egal, ob der Protagonist nun ein Mann oder eine Frau ist, waere da nicht diese wichtige Verwechslung durch Ruebezahl.

Man muss auch kein Paerchen sein, um sich eine Gemuesebox zu teilen. Die Geschichte entstand aus meiner eigenen schmerzvollen Erfahrung und ich habe mir die Kiste mit meinem Mitbewohner geteilt (gut, der ist schwul, aber ich glaube nicht, dass das entscheidend ist)
Auch dass man in heterosexuellen Maennerfreundschaften auch bei naechtlichen Katastrophen nicht nackt sein darf, kommt mir einigermassen streng vor. Aber ich nehm das mal so hin.

Dass Du mir meine Maenner nicht abnimmst fuchst mich schon. Zumal mir das hier echt noch nie passiert ist, dass jemand sowas sagt. Aber zumindest kann ich mich damit troesten:

fies, aber saugut erzählt die ganze putten-subgeschichte.

Schoenen Dank Euch beiden,
fiz

 
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Ach fiz, natürlich darf man auch in heterosexuellen Männerfreundschaften nackt sein, herrje. Wie klingt das denn. :D Wir springen auch ohne Klamotten in irgendwelche Seen, wenn wir kein Badezeug dabei und Bock auf Schwimmen haben oder gehen in die Sauna. Wir stehen halt nur nicht nackt in Küchen rum, und solang die Bude nicht brennt, würde zumindest ich nach meinen Shorts greifen, bevor ich in die Küche laufe.
Ja, bei dieser Verwechslung musst ich auch gleich daran denken, dass der letzte Junge für mich sehr weibliche Züge hatte. Ob das an meinen Erwartungen liegt, weiß ich nicht, schließlich passiert mir das sonst auch nicht. Aber das sollte für dich nicht wichtig sein, es ist ja nur eine Einzelmeinung.
Und außerdem soll ja zwischen den Kritikpunkten nicht verloren gehen wie geil die Geschichte ist.
kubische Grüße

 
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Hallo fiz!

Dein Prot ist ein Mädchen, ganz egal, in welchem Körper er steckt. Ich war jedenfalls verwirrt, als sie (und es ist ne sie) in ihr eigenes Zimmer gegangen ist. Da dachte ich kurz an Bruder und Schwester, hab mir dann aber ne WG vorgestellt und war damit glücklich. So glücklich sogar, dass ich all die weiteren Hinweise auf seine Männlichkeit ignoriert habe.

Und ... hey, damit klappt die Geschichte wunderbar. Warum muss das ein Kerl sein? Lass den Charakter so, wie er ist, ändere diese Fehler, die ihn als Mann bezeichnen. Das mit der Verwechslung durch den Gnom bekommst du schon irgendwie hin, da bin ich mir sicher.

Die Putten waren mir auch zu viel, da hab ich für ein paar Zeilen auf Fast Forward gedrückt, dann aber gleich wieder reingefunden.

Insgesamt fällt mir auf, dass du immer so die gleichen Charaktere verwendest. Ich les ja jetzt deinen gesamten Kram, weil ich copywrite, und meistens hast du einen Char im Spot (den Ich-Erzähler halt), und alle anderen sind einfach nur dumm und im Hintergrund und ich finde, etwas mehr Liebe hätte man denen schon schenken können.

Aber ich hatte dann auch den Gedanken, und der gefiel mir gleich viel besser, dass das so ne gewisse Einsamkeit zeigt, vor allem in der Geschichte hier. Jan ist nicht dumm, er lebt nur in einer anderen Welt. Aus der Perspektive der Erzählerin raus. Und in Jans Welt ist auch das Füllhorn und der Gnom ganz normal. Und die Erzählerin scheint in ihrer eigenen Welt zu leben, die ganz anders ist als die Umgebung. Fast ein bisschen wie Alice im Wunderland. Und aus ihrer Perspektive ist es völlig normal, dass Menschen komische Dinge tun, sie hat sich dran gewöhnt und ihre Art der Problemlösung ist eben die der bedingungslosen Akzeptanz.
Gut, da kommt eben ein Gnom. Okay, dann haben wir halt ein Loch in der Wand. Gut, dann ist Jan eben weg und kommt nicht wieder, was soll man auch tun, machen wir das Loch halt zu.
Und ich denke, sie würde einen Flugzeugabsturz mit den gleichen Blick beobachten wie einen Schmetterling, der auf einer Blume landet oder ihren Freund, der sie verlassen hat. Alles hat so eine gewisse Absurdität, so etwas Sinnloses, das sie nicht versteht, und mit großen Augen sieht sie dabei zu und versucht, die ihr so widersprüchlichen Zusammenhänge zu begreifen. Sie akzeptiert jedoch, dass die Welt für alle anderen Menschen normal ist und sie sich irgendwie damit zurechtfinden muss, auch wenn sie ihr fremd bleiben wird.

Und das am Ende, das mit der Platte, die sie davor hängt, das ist so süß kindlich, machen wir einfach den Deckel drauf, dann sehen wirs nicht mehr. Und wenn ichs nicht sehen kann, dann ist es nicht da.

Aber vielleicht geht das auch zu weit, ich weiß ja nicht. Ist eben mein Eindruck gewesen, nach der Geschichte hier und ein paar anderen von dir.

Vielleicht sollte ich dir noch ein paar Dinge erläutern, warum sie für mich ein Mädchen ist.

„Eine Gemüsekiste würde unser Leben perfekt machen“, sagt Jan, „Stell Dir mal vor: Wir müssten das Gemüse nicht mehr schleppen und wir würden mehr Gemüse essen, Biogemüse, und wir wären viel gesünder, gerade im Winter.“

Hier denk ich bei "user Leben" an eine Beziehung. Und das schon im ersten Satz. Außerdem hab ich den Eindruck, er sorgt für sie ... weil ich mir denke, dass er den Satz mit dem gesünderen Essen auf sie beide bezieht.

Auf dem Werbeflugblatt ist ein quadratischer Gnom mit roten Haaren zu sehen. Er steht auf einem Berg von glänzendem Gemüse, lacht und reibt sich den Bauch, aber für mich sieht es aus, als stünde er auf einem Leichenfeld, schreiend, weil ihm gerade ein Schrappnell in die Gedärme gefahren ist.
„Ich mag eigentlich kein Gemüse“, sage ich.

So trotzig sind nur Kinder und Mädchen. Männer sagen nie, was sie mögen oder was sie nicht mögen. Sie formulieren das neutral. "Gemüse ist doch Scheiße."

Ich sage: „okay“, weil er anfängt, mir ein Schwarzwurzelrezept vorzulesen. Ich habe noch nie Schwarzwurzeln gegessen, weil meine Mutter immer sagt: „Wenn Krieg ein Gemüse wäre...“
„Ich hoffe, man kann das jederzeit abbestellen“, sage ich noch.

Es ist ein Klischee, dass Männer ständig an ihre Mütter denken. Und ihre Sorge für alles, das ist so weiblich. Ein Mann würde das direkter formulieren. "Wenn du das Geld dafür hast ..."

Abends hole ich Currywurstpommes, um ihn über die Enttäuschung hinwegzutrösten, dass kein Gemüse geliefert wurde.

Gott ist das süß! Ein Mann würde sagen: "Abends ESSE ich Pommes, weil ich weiß, das Jan nicht kochen wird." Oder sogar: "Am Abend bestellen wir uns ne Pizza, das Gemüse kam nicht." Männer planen ihr Essen nie. Männer essen, wenn sie Hunger haben.

Ja, das sind Stereotype, um Gottes Willen, aber ich will nur ein paar so ... naja, Schubser geben, in welche Richtung es gehen könnte. Weißt ja.

Es ist mir unwohl, wenn er so mit dem Kopf im Metalltrichter steckt und blechern spricht.

So ein Mädchen!

Das reicht, glaub ich. Insgesamt fand ichs schön. Wie gesagt, ändere einfach den Fehler im Text mit ihrem Geschlecht, dann passt das schon ganz gut.

Bis bald,
yours

 
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Ihr macht mich echt wild!

Natuerlich sind Jan und der Erzaehler Maedchen, sie kreischen und heulen, wenn sie sich vor Putten fuerchten! So sind Maenner oft.

Nett, dass Du mir eine Liste machst, um mich davon zu ueberzeugen, dass mein Protagonist im falschen Koerper geboren wurde.

Hier denk ich bei "user Leben" an eine Beziehung. Und das schon im ersten Satz. Außerdem hab ich den Eindruck, er sorgt für sie ... weil ich mir denke, dass er den Satz mit dem gesünderen Essen auf sie beide bezieht.
DAS leuchtet mir ein!
Alles andere ist Indizienprozess in den 50iger Jahren. Aber gut, ich werde stereotypisieren, wo es ratsam erscheint.

Gott ist das süß! Ein Mann würde sagen: "Abends ESSE ich Pommes, weil ich weiß, das Jan nicht kochen wird." Oder sogar: "Am Abend bestellen wir uns ne Pizza, das Gemüse kam nicht." Männer planen ihr Essen nie. Männer essen, wenn sie Hunger haben.
Grrr, guck doch mal. Er holt Pommes. Das ist schwerlich als Planung zu bezeichnen. Ausserdem plant Jan essen und komischerweise zweifelt niemand Jans Maennlichkeit an, weil er Gemuese mag, gesund sein will, heult und sich vor Putten fuerchtet. Kann mir das vielleicht mal jemand erklaeren? Liegt es vielleicht nur am Namen? Der Erzaehler mag kein Gemuese, er findet aufwaendiges Kochen laestig, er tritt gegen Tueren um zu wecken und flucht. Und er ist pragmatisch, weiss mit Rigips und Spaxschrauben umzugehen. Und, hallo?!, er schiebt ein Regal vors Problem. Ein Mann wie er im Buche steht! Ich kann nicht fassen, dass ich mich hier zu so ner mistigen Aufrechnung hinreissen lasse. Natuerlich kann das alles auch ne Frau tun, aber ihr habt angefangen... und wenn wir hier schon Maennlichkeitspunkte verteilen, dann bitte konsequent.

Ich hab tatsaechlich gedacht, och, diesmal koenntest du auch ne Protagonistin haben, ist eigentlich wurscht. Aber jetzt bin ich garantiert zu stur, das zu aendern.
Was mich aergert ist, dass ich Angst habe, dass jetzt dieser Junge-Maedchen Quatsch den Blick auf die Geschichte total dominieren wird. Das interessiert mich naemlich am allerwenigsten.

Und ueberhaupt Mister, ein Mann wuerde auch keine Geschichten ueber tote Kinder und verstoerte Maedchen schreiben :P Wie suess!

So, jetzt zum Rest:

Es stimmt, dass ich immer die gleichen Figuren benutze. Was ich nicht so richtig nachvollziehen kann, ist das Du meinst, alle meine Nebenfiguren seien dumm. Im Hintergrund, ja, weil mein Prot ein grundeinsamer Mensch ist. Aber er ist ja echt kein Superheld - neben ihm kann man leicht gut aussehen, finde ich. Und ich habe alle meine Figuren lieb. Auch Jan ist kein Depp - wie Du schon richtig feststellst.
Eigentlich unterscheiden sich die Welten von Jan und dem Protagonisten auch nicht doll. Beide nehmen ja Fuellhorn, Gnom und Putten einfach so hin.
Also alles, was Du ueber Alice schreibst schreibst, ja, aber das gilt fuer alle Figuren der erzaehlten Welt (also Jan und Prot).

So, genug geschimpft.

Vielen Dank fuer Deinen Kommentar,

fiz

P.S.: Zumindest die Beziehungskiste hab ich mal aus dem Weg geraeumt.

 

Moi feirefiz,

"Mein Gott, tu doch was, Jan!“, schreie ich und will ihn am Kragen packen, doch er ist nackt, deshalb packe ich ihn an den Schultern.
„Halts Maul! Was soll ich denn tun?“, schreit er zurück.
„Mach, dass es aufhört! Du musst es töten! Es leidet!“
*kicher tot* Bin kein Freund von diesen "Mein Gott"-Ausrufen, so sie nicht einen guten Grund haben, aber der Rest ist zum Schreien.

Ich hätte fast eine Anekdote zu so einer Ökogemuesekiste zu erzählen, mit Kochvorschlägen fuer Dinge, die ich nie zuvor gesehen hatte ... anyway, wirklich niedlich. Am Anfang könntest Du vllt einen paar Zeilen kuerzen, ich meine nix Bestimmtes, was mich stört, aber die Geschichte und der Witz kommen etwa tranig in Gang. (Bis zum roten Gnom)

Hoffe sehr, Du nimmst keine Geschlechteranpassung vor, was ich ausgesprochen absurd finden wuerde - erstmal gibt es schon genug stomlinienförmige stories, grad was Männer/Frauenrollen angeht - zweitens hab ich ueberhaupt keine Probleme gehabt, das hier als realistisches Personal zu sehen. (Bin nur durch die Komms ueberhaupt auf das Thema gekommen, jetzt.) Also, bitte. :)

Fieser Schluss, ich mag so'ne vordergruendige (oder besser: untergruendige?) Naivität bei Erzählern.

Liebe Gruesse,
Katla

 

Liegt es vielleicht nur am Namen?

Um jetzt mal etwas methaphysischer zu werden und mit etwas Esoterik: Jan TUT etwas, der andere da REAGIERT drauf. Und da kommen mir eben Männlein und Weiblein in den Sinn, halt mich für altmodisch, stereotyp, was auch immer, aber es ist ein Steinchen in der Waagschale, und wenn es sonst keine und nur ganz spärliche Hinweise gibt, dann kippts halt und der Kerl ist ein Weib.

Wobei, ganz ehrlich, mich das ja überhaupt nicht gestört hat.

Und, hallo?!, er schiebt ein Regal vors Problem. Ein Mann wie er im Buche steht!

Ja nee, echt nicht. Ein Mann hätte das Loch einfach so gelassen, warum auch verschließen? Ein Mann würde sich nicht drüber aufregen, dass es zieht, mein Gott, ein starker Mann hält das aus.

Aber ganz egal, es gibt ja solche und solche Männer, darum gehts ja auch nicht, und wie gesagt, da bewegen wir uns in der Nähe von ganz bedrohlichen Stereotypen, die uns fressen könnten. Mir gehts nur um diese dezenten Hinweise, die in mir eben aus dem Kerl ein Mädchen haben werden lassen, und die wollte ich dir schildern. Hätte das sonst niemand angemerkt, ich hätte es sicher gelassen.

Und für Katla klappts ja auch. Ihr seht die Männer eben gleich, oder zumindest richtiger ... passender, in dieser Geschichte. Ihr als Frauen.

Und ueberhaupt Mister, ein Mann wuerde auch keine Geschichten ueber tote Kinder und verstoerte Maedchen schreiben :P Wie suess!

Touché! Ich kann halt auch süß sein.

Was mich aergert ist, dass ich Angst habe, dass jetzt dieser Junge-Maedchen Quatsch den Blick auf die Geschichte total dominieren wird. Das interessiert mich naemlich am allerwenigsten.

Ja, eben, darum hab ich dir ja auch einen ganzen kompletten Absatz geschrieben, was ich eigentlich aus der Geschichte rauslese, und weshalb ich sie so interessant gefunden habe.

Was ich nicht so richtig nachvollziehen kann, ist das Du meinst, alle meine Nebenfiguren seien dumm.

Okay, ich wollte das "Dumm" schon wieder rauseditieren. Das war ne blöde Wortwahl. Sie wirken auf mich so entfernt, so wie ... Nebenfiguren. Leute, mit denen ich nicht gerne interagieren will, mit denen mag ich eigentlich nichts zu tun haben. Solche Leute treffe ich in Büchern von Hohlbein und sie sind nur einfach dafür da, dem Erzähler einen dynamischen Gegenpart zu geben. Als würde er mit einem Segelboot fahren und den Wind beschreiben.
"Ich fuhr raus, und der Wind blies mir ins Gesicht und ich dachte mir: So ein Mist, jetzt muss ich einen neuen Frisörtermin ausmachen".
Hmm ... weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Und es ist ja auch nur ein Detail an der Geschichte, und ich kann nicht beurteilen, obs wichtig ist.

Vielleicht ... sind sie mir zu zielstrebig. Ich weiß, dass sich Jan nicht ändern wird, er ist immer so, wie ein Bild, das man wo aufklebt und jeden Tag ansieht, man entdeckt aber nichts Neues mehr daran, auch wenn es hübsch aussieht, vielleicht erinnert man sich an etwas, vielleicht spricht man auch mit dem Bild, aber irgendwie lebts nicht richtig.

Das ist aber kein richtiger Kritikpunkt, eigentlich, und ich wills nicht weiter auswalzen. Sondern nur dir sagen, dass es mir eben aufgefallen ist, und ich mir vorstellen könnte, würde ich Jan mehr Eigenleben zutrauen, wäre die Geschichte nicht so gerade.

Keine Ahnung! So denk ichs mir halt.

Jedenfalls, also um das nochmal zu unterstreichen: Ich mag die Geschichte sehr, und das sag ich nicht einfach nur so, damit ich dir gefalle oder damit du dich freust, sondern weil es eine Tatsache ist.

Würde ich sie nicht mögen, würde ich nicht so lang drüber nachdenken, und das macht schon Spaß, wenn eine Geschichte dafür taugt.

Und so ... bis bald!
yours

 

Hallo Katla,

Bin kein Freund von diesen "Mein Gott"-Ausrufen, so sie nicht einen guten Grund haben, aber der Rest ist zum Schreien.
Na, zum Glueck haben sie hier einen guten Grund, nicht wahr? Ich haette wohl auch nicht gedacht, dass ich mal eine Geschichte mit "Mein Gott" Ausrufen schreiben wuerde. Aber hier kam es irgendwie - ist ja schon auch ein wenig Comic, das alles.

Ich hätte fast eine Anekdote zu so einer Ökogemuesekiste zu erzählen, mit Kochvorschlägen fuer Dinge, die ich nie zuvor gesehen hatte ...
Aber genau die wollte ich doch hoeren. Dafuer habe ich die Geschichte ja geschrieben, dass sich von Gemuesekisten versklavte Menschen austauschen koennen. Zumal der Kaffeekranz ja geschlossen ist.

Am Anfang könntest Du vllt einen paar Zeilen kuerzen, ich meine nix Bestimmtes, was mich stört, aber die Geschichte und der Witz kommen etwa tranig in Gang. (Bis zum roten Gnom)
Du hast Recht, es gibt zum Beispiel keinen Grund, warum es so lange dauert, bis das Fuellhorn kommt. Ich habe die Warterei dazwischen weggemacht. Und damit unabsichtlich auch die zarte, aber heterosexuelle Geste eines Mannes gegenueber einem anderen geloescht.

Hoffe sehr, Du nimmst keine Geschlechteranpassung vor, was ich ausgesprochen absurd finden wuerde - erstmal gibt es schon genug stomlinienförmige stories, grad was Männer/Frauenrollen angeht - zweitens hab ich ueberhaupt keine Probleme gehabt, das hier als realistisches Personal zu sehen. (Bin nur durch die Komms ueberhaupt auf das Thema gekommen, jetzt.) Also, bitte.
Har, gut! Ich schreibe meinen Protagonisten ja eigentlich nicht, um aus politischen Gruenden irgendwelche Geschlechterstereotypen zu unterminieren. Der ist halt einfach so. Also werde ich ihm auch weder was abschneiden, noch was drankleben. Ich denke auch, das sich weniger bestimmte Verhaltensauffaelligkeiten als die ungeklaerte Beziehung zwischen den beiden Figuren am Anfang problematisch auf die Geschlechtsbestimmung auswirkt. Bis zum eindeutigen Herrn zumindest.

Schoen, dass Du Spass hattest.

Hallo yours,

ich bin Dir ja dankbar dafuer, dass Du Dir die Muehe machst, so genau aufzudroeseln, wie Du zu Deinem Urteil gekommen bist. Wie ich schon bei Katla schrieb, ich glaube die vermutete Beziehung zwischen Jan und dem Prot hat den Anfangsverdacht der Weiblichkeit begruendet. Scheint mir zumindest plausibler als das esoterisch-maennlich-aktive Moment, zumal das ja in diesem Fall darin bestuende, das Abonnement einer Gemuesekiste anzuregen.
Ich finde es halt nur ein bisschen lustig, wenn man implizite Hinweise wie Unwohlsein, wenn der Kumpel mit dem Schaedel in einem gruseligen Trichter stellt, gegen den ganz expliziten Hinweis, dass er vom Zwerg fuer Jan Schneider gehalten wird ausspielt. Das Unwohlsein ist fuer mich nicht geschlechtsspezifisch.

Was meine Nebenfiguren angeht. Du hast schon Recht, dass die sehr "neben" sind. Und obwohl ich mein letztes Hohlbeinbuch vor 15 Jahren gelesen habe, glaube ich, dass meine Nebenfiguren aus anderen Gruenden blass sind als seine. Die Geschichten, auf die Du Dich beziehst, sind ja alle aus dem Bewusstsein meines Protagonisten geschrieben, und der nimmt andere Menschen eben nur sehr eingeschraenkt wahr. Ich glaube, hoffe zumindest, dass man als Leser mitkriegt, dass diese Wahrnehmung sehr speziell ist, und es als Instrument der Charakterisierung des Protagonisten liest. Und der Leser kann sich vielleicht auch ein bisschen vom Blick des Erzaehlers emanzipieren und sehen, das die anderen Figuren Seiten haben, die im toten Winkel des Helden liegen.

Aber hey, Du hast ja nun die Chance ihnen endlich eine Stimme zu geben. Du bist eh schon hinterher. Also hurtig hurtig an die Arbeit!

Vielen Dank fuer Eure Kommentare und lieben Gruss,
fiz

 

Hallo feirefiz,

„Eine Gemüsekiste würde unser Leben perfekt machen“, sagt Jan,

:D, andere haben da ganz andere Wünsche - ich mochte diesen bescheiden Einstieg in die Geschichte.

„Das ist wie eine Überaschungstüte, dann lernen wir auch mal andere Gemüse kennen, mit den Rezepten dazu. Man isst notgedrungen viel kreativer. Hier, wir können auch Extras dazubestellen, Markknochen und so.“

Ich spendiere ein "r".
Kreativer Essen und Markknochenextras - spätestens hier war ich ganz bei Dir.

Er untersucht sich. „Oh, wo? Ah, ich muss mich an diesem Stift gepiekt haben. Ich hab das gefühlt.“
Er steckt den Daumen in den Mund.

Hehe, eine wahre Männer-WG! Aber wenigstens bekommen sie jetzt keinen Schnupfen mehr, bei den vielen Vitaminen, die auf sie einstürzen werden.

Ich putze das Gemüse, Jan kocht Eintopf daraus und die Engel singen dazu im Chor. Sie singen noch um die Lampe herum als wir essen und manchmal lassen sie winzige Tropfen auf den Fußboden fallen, grün wie Vogelschiss.

wunderschön ... boah bist Du böse!

„Mein Gott, tu doch was, Jan!“, schreie ich und will ihn am Kragen packen, doch er ist nackt, deshalb packe ich ihn an den Schultern.
„Halts Maul! Was soll ich denn tun?“, schreit er zurück.
„Mach, dass es aufhört! Du musst es töten! Es leidet!“ Ich schüttele ihn und er schubst mich von sich.
„Ich kann das nicht anfassen. Du musst das machen!“, heult er, aber mir ist auch ganz schwindelig.

Schöner Charakterdialog!

Dieses doppelte Greinen ist unterträglich ... Jan sitzt auf dem Boden, zitternd, voll Rotz und Tränen.

Herrliche Szene.

Dort tanzen sie noch eine Weile, summen lächelnd wieder und wieder gegen die geschlossene Scheibe, bis sie erschöpft herabtrudeln und von ihren Artgenossen zerfetzt werden.

mochte ich auch sehr

Jan putzt und kocht tapfer weiter, Eintopf, Suppe und Auflauf, aber er sieht nicht glücklich aus, nicht mal besonders gesund. Er geht nicht mehr zum Sport oder zum Duschen und kommt trotzdem nicht hinterher mit dem Essen.

Tapfer der Junge! Kein Sport, keine Hygiene, aber Biovitamine ... toll.

Hat mich einfach mit dem Loch allein gelassen.

:sealed:

Sehr schön! Die Kürzungen tun der Geschichte gut. Obwohl ich sie gar nicht so als Längen empfunden habe, aber nun ist es bissiger.
Ich hatte sehr viel Spaß an den beiden Jungs mit ihren Putten. Ich hab gar nix Kritisches.

Einfach nur: gern gelesen!
Lieben Gruß Fliege

 

Hallo Fliege,

vielen Dank fuer die positive Kritik. Wer liebt es nicht, wenn einzelne Stellen gelobt werden :D Und ich beherrsche mich jetzt ganz doll keinen flachwitzigen Zusammenhang zwischen Deinem nick und den Putten herzustellen.

Ich spendiere ein "r".
Kreativer Essen und Markknochenextras - spätestens hier war ich ganz bei Dir.
Jippieh! Und danke fuers "r". Ich dachte schon, das sieht komisch aus, habe aber nicht gehandelt

Sehr schön! Die Kürzungen tun der Geschichte gut. Obwohl ich sie gar nicht so als Längen empfunden habe, aber nun ist es bissiger.
Danke. Ich finds auch viel besser jetzt. Komisch, dass mir sowas immer erst nach dem Posten aufgeht.

lg,
fiz

 

Hallöchen fiz,

also, den Einstieg in Deine Gemüsegeschichte fand ich schon mal ganz up to date, schließlich ist gesunde Ernährung ja wichtig.
Dass es nicht so idyllisch bleiben würde, hatte ich fast befürchtet, schon bei der "Installation" des Füllhorns.

Er grinst mit kurzen breiten Zähnen und langem Zahnfleisch.

:) Braucht man sicher, um Gemüse richtig zu kauen.

Als ich in die Küche komme, tanzt er vor dem Füllhorn wie vor einem goldenen Kalb.

Schöne Vorstellung.

„Sie haben geschrieben, dass sie erst die Leitungen testen wollten. Wir kriegen bald mehr.“

Da musste ich breit grinsen, die Größe der "Leitungen" mag ich mir gar nicht vorstellen.

Das mit den "Putten" habe ich ehrlich gesagt nicht ganz begriffen. Die blieben mir doch ein wenig fremd in der Geschichte, weil ich mir nichts Richtiges drunter vorstellen konnte.

Dafür haben mir andere Sachen echt gut gefallen:

Jan putzt und kocht tapfer weiter, Eintopf, Suppe und Auflauf, aber er sieht nicht glücklich aus, nicht mal besonders gesund. Er geht nicht mehr zum Sport oder zum Duschen und kommt trotzdem nicht hinterher mit dem Essen. Mehr und mehr Möhren, die zu dreckig für den Kühlschrank sind, verschrumpeln neben dem Füllhorn zu alten Männern.

Da war ich wieder voll drin, konnte mit Jan mitfühlen und hätte das Füllhorn auch verflucht.

Auch das Ende gefiel mir gut. So ist das immer im Leben: Wenn des Guten zuviel ist, isst man am besten ne Currywurst. Wohl bekomm's.

Ach ja, so zwischen zwei Bissen: Sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße
Giraffe :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Giraffe,

die Größe der "Leitungen" mag ich mir gar nicht vorstellen.
Da passt ein ganzer Mensch rein.

Das mit den "Putten" habe ich ehrlich gesagt nicht ganz begriffen. Die blieben mir doch ein wenig fremd in der Geschichte, weil ich mir nichts Richtiges drunter vorstellen konnte.
Hmm, na so kleine, dralle Engelchen halt. Was eben so aus Fuellhoernern kommt. Ich weiss nicht, ob ich die Verwirrung richtig nachvollziehen kann, aber gut wenn Dir der Rest gefallen hat.

Vielen Dank fuer Deinen Kommentar,
fiz

 

Hallo fiz,

Also, wenn man nicht alles gleich googelt, aber naja ... ;)
Jetzt hab' ich's gerafft, ich danke Dir.

Tschüss, bis bald
Giraffe :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey fiz!

Jetzt will ich endlich mal diese Geschichte loben, die ich schon vor Wochen toll fand. Die war so nach meinem Geschmack.
Essen, Dimensionslöcher, Rigips und Helden, die Schnaps trinken, weil er ordentlich fürchterlich ist. Das sind mal Themen! Sowas müßte es hier viel öfter geben.
Jedesmal beim Lesen mußte ich lachen, weil Du großartige Logik so tantentüdelig servierst. Das klingt bezaubernd. :shy:

Daß meine Ersterwartung, irgendwas von der Rübezahlsage in Deiner Geschichte zu finden, nicht erfüllt wurde, machte mir gar nichts aus. *beton*

Da, meine Gemüsekistenanekdote:
Ich hab mal von einem befreundeten Pärchen (!) ein Probegemüseabo geschenkt bekommen. Drei Lieferungen. Das fing auch mit Roter Beete an, Kartoffeln und Petersilienwurzel, und bei der ersten Kiste hab ich auch noch gejubelt und Borschtsch gekocht, beim zweiten Mal klingelte der Lieferant uns in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett und präsentierte ein überdimensioniertes Kohlsortiment mit Käfern drin und ein paar schlaffe Möhren. An die dritte Kiste kann ich mich gar nicht mehr erinnern, aber ich weiß noch, daß ich wochenlang dieses Pärchen mied, weil ich fast alles Kistengemüse weggeworfen und Angst vor Fragen hatte.

Glückauf,
Makita.

P.S. Was mir gerade auffiel: Das ist die schönste Geschichte, die ich hier in letzter Zeit gelesen habe. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi fiz

Ich finde die Beziehung zwischen den Beiden ist nicht mehr Pärchen. Weiß jetzt nicht im Einzelnen, was du verändert hast, aber insgesamt ist der Eindruck stimmig. Beim nochmaligen Lesen fiel mir besonders auf, dass die Protagonisten immer um dieses Füllhorn herumtanzen und fast alles zwischenmenschliche in Reaktion dazu stattfindet. Diese indirekte Charakterisierung.
In Wie eine ansteckende Kinderkrankheit haben sie direkter miteinander zu tun und wurden mir trotzdem nicht so greifbar in ihrem Nähedistanztreiben. Die Charaktere wirken hier straighter. Aber hier geht es ja auch um das titelgebende Füllhorn.

Gefällt mir immer noch sehr gut die surreale Geschichte. Davon würd ich gern mehr lesen. Seltsam, dass die noch niemand empfohlen hat.

Diesmal hört es sich an, als käme eine ganze Gnuherde das Metallrohr heraufgalloppiert.

Da kannste ein l sparen bei Galopp

Noch halb in der Erde steckt eine Putte, deren linker Flügel in einem fürchterlichen Winkel absteht. Glitzerndes Blut sickert auf das schwarze Gefieder. Silberne Knöchelchen, dünn wie Gräten, stehen mit scharfen Bruchkanten heraus. Das Gesicht ist ein winziger Krümel konzentrierter Schmerz. Ich kann weder Nase noch Auge erkennen, nur das greinende Maul mit den spitzen Zähnchen.

Das ist richtig gute Bitterschokolade.

vom Haken und renne mit dem Müllsack, den ich noch immer schwitzig umkrallt halte, in den Hof hinunter.

Dieses schwitzig umkrallt ist für mich ein Störfaktor in dem eleganten Textkörper.

Er fragt: „Junge, hast du dich mit deinem Kanarienvogel gestritten?“, und zupft mir eine winzige schillernde Feder vom Kopf.

Fein gesagt.

Viele Grüße
Kubus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Makita,

da bin ich aber erleichtert. Ich habe schon gegruebelt, was Dir an dem Text so missfallen haben koennte, dass Du ihn grosszuegig uebersiehst. Dabei habe ich natuerlich bei dem Dimensionsloch und vor allem bei dem Kugelschreiber an Dich gedacht.

Daß meine Ersterwartung, irgendwas von der Rübezahlsage in Deiner Geschichte zu finden, nicht erfüllt wurde, machte mir gar nichts aus. *beton*
Also ein bisschen hab ich schon noch reingestopft. Die Moehren, die wie Menschen aussehen und zu alten Maennern verschrumpeln.

Vielen Dank fuer die Anekdote. Ich wusste doch, dass ich mit meinem Trauma nicht alleine bin. Mit unserer Gemuesekiste wurde uebrigens immer ein grosses Stueck Stilton (das is son Blauschimmelkaese, queen of cheeses) mitgeliefert. Wir haben das mehrfach, auch telefonisch abbestellt, aber es hat nix geholfen. Stilton kann man leider nur in sehr kleinen Dosen essen und danach erstmal ein paar Monate gar nicht.
Eine Bekannte hat mir erzaehlt, dass sie mal in einem Haus gewohnt hat, wo alle eine Gemuesekiste bekamen, und dass die Nachbarn vorwurfvoll in die Einkaufstuete geguckt haben, wenn sie mit importierten Ananas aufgestockt hat.

So, ich weiss noch mehr Anekdoten, die ich bei Vorlage gerne austauschen werde.

Hallo Kubus,

ich habe gar nicht viel geaendert. Nur am Anfang sagt er jetzt "Warum unser Leben?". Das sonstige Miteinander ist gleich.

In Wie eine ansteckende Kinderkrankheit haben sie direkter miteinander zu tun und wurden mir trotzdem nicht so greifbar in ihrem Nähedistanztreiben. Die Charaktere wirken hier straighter. Aber hier geht es ja auch um das titelgebende Füllhorn.
Jo, das ist ja eine grundandere Art von Text, mal abgesehen von der indirekten Charakterisierung (ich kann das gar nicht anders). Keine Charakterstudie sondern Action. Ich glaub nicht, dass dieser Text hier feinzieselierte Akteure mit ambivalentem Innenleben braucht.
Das extra-l fliegt raus. Bei schwitzig umkrallt gucke ich mal, aber das ist ja nicht wirklich ne elegante Szene. Ich denke ...

Hallo Monty,

schoen, dass Du Freude dran hattest und nicht verwirrt warst.

Vielen Dank Euch allen fuer das Lob. :D Ich geb mir Muehe und denk mir demnaechst noch mehr Wildes und Bezauberndes aus.

lg,
fiz

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Feirefiz,

sie hat mehr sehr gut gefallen deine Geschichte. Ich weiß nicht warum, aber von der Interaktion der Protagonisten angesichts dieser strangen Füllhornhandlung hat mich das alles an so manche Short Story von King erinnert, allerdings im absolut positiven Sinne. Vielleicht habe ich deshalb anfangs auch noch an eine die platonische Ebene übersteigende Beziehung gedacht (ja, ja ich weiß, jetzt fange ich auch noch damit an ;)). Tut aber dem gefallen haben keinen Abbruch. Dafür sorgten allein schon Sätze wie

Man isst notgedrungen viel kreativer.
Hervorragend. Das ist genau meine Tasse Tee.

Lg fvg.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo fvg,

sie hat mehr sehr gut gefallen deine Geschichte.
fein, fein :D
Also das mit den King short stories bleibt mir ein bisschen raetselhaft. Obwohl ich ja auch einige gelesen habe - aber an die Interaktion der Figuren erinnere ich mich nicht mehr recht.

Vielleicht habe ich deshalb anfangs auch noch an eine die platonische Ebene übersteigende Beziehung gedacht (ja, ja ich weiß, jetzt fange ich auch noch damit an ).
Ich hoer nur Rauschen ;)

Vielen Dank fuer Deinen Kommentar und liebe Gruesse,

fiz

PS: Keine Gemueseboxanekdote, hmmm?

 

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