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Die Alabaster-Lüge

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26.05.2008
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Die Alabaster-Lüge

Als meine Eltern mich fragten, ob ich ein Geschwister haben möchte,
> security alert;
> run implemented behavior #18;
sagte ich, nur, wenn es sein muss. Aber wenn schon, dann einen großen Bruder. Meine Eltern haben gelacht und gesagt, ich meinte natürlich kleine Schwester. In Wirklichkeit meinte ich: Ich will überhaupt nichts. Man sollte meinen, meine Eltern hatten mit einem Sohn genug. Wir kommen zu dritt sehr gut zurecht.
Meine Eltern waren nicht von dieser kleinen Schwester abzubringen und fingen an, alles zu tun, damit Mama schwanger wurde. Papa räumte den Gerümpelraum aus und strich die Wände gelb.
"Sonnengelb", sagte Mama und lächelte. "Für das Baby."
"Wohin stellen wir jetzt das Gerümpel?", fragte ich.
Es stellte sich heraus, dass wir unser Gerümpel nicht behalten konnten. Dabei mochten wir unser Gerümpel. Ich musste altes Spielzeug weggeben und Papa die kaputten Möbel auf den Müll werfen. Papa hat alte Möbel gesammelt, um sie zu reparieren, "wenn er mal Zeit hat". Zeit hatte er nie, aber das Sammeln war wohl auch ganz schön. Mama trennte sich von ihren Papier-Büchern. "Sowas wird nicht mehr hergestellt", sagte sie mit Tränen in den Augen, "naja, wir machen Platz für das Baby."
Ich hätte lieber den Gerümpelraum behalten.
Mama wollte dieses Baby. In den Nachrichten las sie jeden Morgen die Todesanzeigen, um einen Namen zu bestellen.
"Nur schreckliche Namen werden frei", jammerte sie. "Wer will seine Tochter denn Lucia oder Lena nennen? Oder Laura? Wie das klingt ..."
"Das sind die Namen von hundertjährigen Frauen. Was erwartest du in den Todesanzeigen?", fragte Papa.
Zum Glück wurde ein kleines Mädchen von einer Steinlawine verschüttet. Mama rief die Kolonialverwaltung an und bestellte ihren Namen. "Truthhild", verkündete Mama stolz. "Unsere Truthi."
Dann baute sie ein Kinderbett für "unsere Truthi". Papa lackierte es gelb und ich trat rein zufällig dagegen, als der Lack noch feucht war. Papa wurde wütend und schrie mich an, da musste ich dann mal zurückschreien. "Die Kolonie ist viel zu groß, und ihr wollt ein Kind kriegen!"
"Das hast du falsch verstanden. Hier bekommt niemand einfach ein Kind. Wir warten, bis ein Name frei wird und reservieren den. Dadurch bleibt die Kolonie immer gleich groß."
Eigentlich wollte ich ganz viel dazu sagen. Die Sauerstofftanks werden schneller geleert, als wir sie auffüllen können, deswegen können wir die Größe nicht halten. Wir müssen schrumpfen, oder die Kolonie bricht zusammen. Sowas wollte ich sagen, so wie die Gómez in Sachkunde immer.
Stattdessen zuckte ich die Schultern. Es hat keinen Sinn, Mama und Papa sowas zu erklären.

Mama wurde krank und kränker, je länger sie und Papa versuchten, Truthhild zu bekommen. Der Arzt gab ihr dauernd irgendwelche Tropfen. Sie war ständig zur Behandlung und Papa musste sie hinbringen. Ich war alleine zu Hause und langweilte mich. Mama und Papa hatten mehr Spaß gemacht, bevor diese Sache mit "Truthi" anfing. Ich wollte Truthi beenden, also wurde ich selber krank. Das versetzte Mama und Papa in helle Aufregung, ich war nämlich noch nie krank gewesen. Erst blieb Mama bei mir, dann musste sie ins Krankenhaus und Papa blieb mit mir zu Hause. Am zweiten Tag kam der Kolonialwart und wollte wissen, was los war. Mama würde auf der Arbeit fehlen und Papa jetzt auch, Papa wüsste doch, wie die Kolonie jeden brauchte, und Papa wäre doch sowieso schon so langsam, wenn er jetzt noch Pause machte, wie wollte er das jemals aufholen?
Papa erklärte es ihm. Als der Kolonialwart hörte, dass ich krank war, sah er mich merkwürdig an. Ich lag auf der Couch im Wohnzimmer eingekuschelt, damit ich fernsehen konnte. Papa ging in die Küche, um für ihn einen Kaffee zu holen, da kam der Kolonialwart zu mir und beugte sich runter. "Ich weiß, dass du nicht krank bist. Was soll das Theater? Morgen machst du auf gesund, ist das klar?", flüsterte er mir ins Ohr.
"Mir tut der Bauch weh", sagte ich ruhig. "Mir wird der Bauch oft wehtun, wenn ich eine Schwester bekommen muss."
Der Kolonialwart nickte. "Du bekommst keine Schwester, mach dir keine Gedanken. Morgen gehst du zur Schule, sonst komme ich her und hole dich ab."
Er folgte Papa in die Küche, wo die beiden eine Weile redeten, ohne dass ich was verstehen konnte. Ich überlegte, wie viel Angst ich vor dem Wart haben sollte. Sein Sohn Pete war ein fieser Arsch, aber der Kolonialwart nur ein Arsch. Trotzdem ging ich am nächsten Morgen vorsichtshalber in die Schule und schickte Papa zur Arbeit. Mama kam am Nachmittag aus dem Krankenhaus zurück. Sie und Papa redeten lange, irgendwann riefen sie mich dazu, um mir zu sagen, dass ich keine Schwester bekommen könnte. Das freute mich. Außerdem taten sie ganz geheimnisvoll und Papa sagte, er hätte mir eine Überraschung von der Erde bestellt, in ein paar Wochen bekäme ich ein tolles Geschenk. Das freute mich erst recht. Ich wollte gerade erzählen, jetzt wo der Gerümpelraum frei war und frei bleiben würde, dass ich mir vorstellen könnte, ein zweites Spielzimmer daraus zu machen.
Und dann kam Mama und sagte, sie und Papa hätten sich angemeldet, um einen älteren Bruder für mich zu adoptieren. Da hörte ich mit Freuen auf.

Der Bruder hieß Alex und zog in meinen gelben Gerümpelraum. Das einzig Coole an ihm war die gezackte Narbe über der Schläfe. Mama und Papa erlaubten ihm, an den Wänden herumzupinseln. Also kaufte er sich Farbe, bemalte drei Wände mit schwarzen Skeletten und die vierte Wand mit etwas, das wie eine Supernova aussah. Mama und Papa sagten, dass sie sich sowas nicht für ihre Wände ausgesucht hätten, aber dass Alex unheimlich gut zeichnen konnte. Sie lobten viel an ihm herum. Ich sollte nett zu ihm sein, weil er schon so viele Familien durch hatte und es ihm bis jetzt nirgendwo gut gegangen war, sagte Mama.
"Ich finde dein Zimmer potthässlich", sagte ich zu ihm, als es sonst keiner hörte. Alex zuckte nur die Schultern, strich sich mit zwei Fingern über die Narbe und drehte sich weg. Er sprach nicht viel, als er zu uns kam. Meistens blieb er in seinem Zimmer. Zugegeben, er störte nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte.
Bis Pete in der Schule mit diesen Witzen anfing. Weil doch jede Familie einen Sohn und eine Tochter hatte, wenn Alex der Sohn wäre, müsste ich das Mädchen sein.
> defense alert;
> run implemented behavior #01;
Ich knallte Pete eine. Bloß dann kamen Theo und Jorge und seine anderen Freunde. Am Ende trat Pete mir in den Magen, in die Rippen und gegen den Kopf, während Theo und Jorge mich festhielten.
Frau Rietmeyer, meine alte Lehrerin aus der Zweiten, ging dazwischen. Da lag ich schon eine Weile auf dem Boden. Sie kreischte rum wegen dem Blut, aber als sie mich erkannte, beruhigte sie sich.
"Tut nicht schlimm weh, oder?", fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf. Es tat ein bisschen weh, aber das ging die Rietmeyer nichts an.
"Dann steh auf. Wir gehen zu Doktor Perrera. Dass du nicht nochmal eine Prügelei anfängst! Wehe, du! Hast du das verstanden?" Dabei hat die mich so am Arm rumgezerrt, immer hinter sich her, ich wollte schon sagen, ich bin doch keine Puppe.

Bei Perrera muss man immer lange warten, weil er der Beste ist. Als ich dran kam, wurden mir meterweise Bandagen umgewickelt, ich konnte kaum noch rausgucken. "Deine Eltern dürfen auf keinen Fall darunter sehen, in Ordnung? Für die Verbandwechsel kommst du zu mir", sagte Doktor Perrera. Er war längst fertig, als Mama kam, um mich abzuholen. Sie flatterte ins Zimmer und schlug die Hände vor den Mund, als sie die Verbände sah.
"Machen Sie sich keine Sorgen, das sieht schlimmer aus, als es ist", sagte der Doktor. "Nach dem, was mir erzählt wurde, hat sich Ihr Sohn die Prügel selbst zuzuschreiben."
Zum Glück hört Mama nie bei sowas zu. "Madre mía! Schatz, tut das weh?", rief sie.
"Ja", sagte ich. Es kam vielleicht etwas weinerlicher raus als nötig. Ich ließ mich von Mama in den Arm nehmen, gab ja kaum Zeugen. Über ihre Schulter warf ich Doktor Perrera einen wütenden Blick zu. Der verdrehte die Augen und drohte mir mit dem Finger, aber er grinste dabei. Mama streichelte über meinen Kopf und flüsterte mir zu, dass mein Geschenk angekommen wäre. Ich war noch immer sauer wegen Pete, seinen Freunden und der Rietmeyer, aber auf das Geschenk wurde ich neugierig, das ist ja klar. Ich wollte schnell nach Hause.
"Paar Tage, dann ist wieder alles mit ihm in Ordnung", sagte Doktor Perrera und hielt Mama die Tür auf.
"Doktor Perrera ist ein Netter, findest du nicht?", fragte Mama, als wir draußen waren.
Ich überlegte kurz. "Geht so", antwortete ich.
"Was ist überhaupt passiert? Erzähl mal."

Papa war vor uns zu Hause, dabei hätte er eigentlich Überstunden machen müssen, aber er schafft das nicht so. Er riss die Tür auf, lachte und war ganz albern und lustig, sah mich und erschrak zu Tode wegen der Verbände. Genau wie Mama. Das liegt daran, dass sie keine Ahnung haben, wie schnell ich repariert bin. Nachdem ich erklärt hatte, wie wenig einem der Kopf wehtut, wenn man eine Überraschung bekommt, zog Papa mich in die Küche. Freudestrahlend zeigte er auf einen Kasten, der auf dem Tisch stand. Der Kasten war mit einem dunklen Tuch abgedeckt. Aufgeregt riss ich das Tuch ab - was ein Riesendurcheinander aus Federn, Geflatter und Geschrei auslöste. Es waren Vögel. Große, erschrockene Vögel.
"Wo habt ihr die denn her?", fragte Alex, der in der Tür aufgetaucht war. Er sah ziemlich entsetzt aus. Ich war das auch, entsetzt, aber wenn Alex sie nicht mochte, dann gefielen mir die Vögel aus Prinzip.
"Das sind meine", sagte ich laut.
Papa legte einen Arm um Alex' Schultern. "Das ist ein Geschenk dafür, dass Ben so geduldig war, als Mama ins Krankenhaus musste. Weißt du was, du solltest auch ein Geschenk haben, ein Willkommensgeschenk. Wünschst du dir was Bestimmtes?"
Ich fand es unnötig, dass Alex ein Geschenk bekommen sollte, nur weil er da war. Aber meinetwegen. Er schüttelte den Kopf. "Ich wünsche mir, dass die Viecher nachts leise sind."
Papa lachte. "Nachts schlafen die, morgens könnte ein Problem sein. Das sind bestimmt Frühaufsteher. Sieh mal", er hockte sich vor den Käfig, in dem inzwischen Ruhe eingekehrt war, "die zwei sind ein Pärchen. Man darf sie nie einzeln halten, haben die auf der Erde gesagt. Du hast ein Männchen und ein Weibchen, wie sollen sie heißen?"
Ich betrachtete die Vögel, die dicht aneinandergedrängt auf einer Stange saßen und zurückguckten. Einer war braungrün, der andere schillernd bunt. Die Gurke und ihr Freund. "Pedro und Lieselotte", sagte ich. "Woher weiß ich, wer wer ist?"
"Der Schönere ist immer das Weibchen", versicherte Papa. Mama knuffte ihn in die Seite und lachte.

Zwei Wochen später legte Pedro ein Ei. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, aber Pedro legte das Ei von ihrer Sitzstange aus. Es fiel runter und war sofort kaputt. Trotzdem wollte Pedro ein Nest bauen, rupfte sich Brustfedern aus, jagte Lieselotte durch den Käfig und benahm sich auch sonst sehr anstrengend. Alex und Papa hatten eine Voliere in mein Zimmer gebaut, in der Pedro aufgeregt hin und herflog und ihr Ei suchte. Ich hatte den Schnodder längst weggewischt. Nach vier Tagen legte Pedro ein neues Ei, am fünften Tag war auch das zermatscht.
"Ich glaube, deine Vögel sind zu doof dafür", meinte Alex.
"Sind sie nicht!" Ich hielt Pedro ein Salatblatt hin, aber die ließ sich nicht ablenken. Ihre Brust war nackt und blutig. Der völlig verschüchterte Lieselotte kauerte in einer Ecke und sagte gar nichts mehr.
"Es liegt bestimmt an der Umgebung. Wir wissen nicht, was Pedro braucht, um ein Nest zu bauen und Junge großzuziehen", tröstete Mama mich.
Alex setzte sich an den Computer und fand es heraus. Einen Brutkasten, Nistmaterial und so weiter. "Ist aber egal, in der Kolonie darf Pedro keine Eier haben", stellte er fest. "Kolonialisten dürfen nicht wahllos neue Lebewesen produzieren, man braucht eine Genehmigung. Und deine Vögel sind hier beide gemeldet als 'Mängelexemplare', guck mal." Alex zeigte auf den Bildschirm. Tatsächlich, da waren Fotografien von Pedro und Lieselotte mit ihren Registrationsnummern und dem Vermerk "Fitnessquotient: 0,85 - zur Zucht nicht zugelassen".
"Was soll ich jetzt machen?", fragte ich.
"Ja was?", fragte Mama. "Wir können doch nicht zu Pedro sagen 'verehrte Dame, seien Sie vernünftig'?"
"Nein, wir sollen ihr ein Gipsei geben. Das Gipsei zerbricht nicht und Pedro ist zufrieden. Die echten Eier nehmen wir weg und vernichten sie", erklärte Alex.
"Ja? Lass mich sehen." Ich drängelte Alex vom Bildschirm weg.
"Geht das auch freundlicher?", fragte Mama. "Dein Bruder hat dir eben geholfen und du schubst hier rum, muss das sein?"
>run acquired behaviour #24;
"Tschuldigung." Ich mag es überhaupt nicht, wenn sie sauer wird. "Das Gipsei lässt sich wiederverwenden beim nächsten Mal", las ich. "Die merken nicht, dass sie immer dasselbe Ei untergeschoben kriegen."
"Ist das nicht komisch für Pedro und Lieselotte, wenn sie brüten und es kommt nichts dabei heraus?", wollte Mama wissen.
"Schätze, für die Gipseier ist es auch nicht toll", sagte Alex und schlug mir auf die Schulter.
>security alert;
Ich sah ihn an. "Hier steht, das Bruterlebnis allein zählt."
Alex hatte Gips, von dem er mir was abgab. Er baute Modelle aus dem Zeug. "Hier, musst du mit Wasser anrühren", meinte er.
Ich rollte eine schiefe Gipskugel in der Größe von Pedros Eiern und legte sie zum Trocknen in die Fensterbank. Vielleicht würde Pedro mit dem Gipsei besser zurechtkommen als mit einem echten.

 

Hallo Möchtegern

Habe die Geschichte gestern schon kurz nach dem Einstellen gelesen, jetzt nochmal, aber ich muss dir leider sagen, dass es diesmal nicht mein Fall war. Irgendwie komm ich da überhaupt nicht rein, und dann ist sie auch sehr schnell wieder zu Ende.

Für mich ist die zu zerfasert, ich erkenne da keinen roten Faden. Es werden etliche Themen angeschnitten, sicher auch interessante Themen, aber du bleibst nirgends lange stehen, alles wird so oberflächlich abgehandelt. Es gibt für mich in dieser Geschichte keine Szene, in die man mal abtauchen könnte, wo ich jetzt sagen könnte: Hier, das ist die Schlüsselszene, die hat mich jetzt richtig gepackt.

Was mir gefallen hat, waren immer wieder diese dystopischen Andeutungen auf das Umfeld, in dem die Geschichte spielt:

"Sowas wird nicht mehr hergestellt", sagte sie mit Tränen in den Augen, "naja, wir machen Platz für das Baby."

oder dann vor allem das hier:

Mama wollte dieses Baby. In den Nachrichten las sie jeden Morgen die Todesanzeigen, um einen Namen zu bestellen.

Die hast du schön nebenbei eingestreut und in die Geschichte verwoben. Über diese Gesellschaft hätte ich gerne mehr erfahren. Wenn man jeden Morgen sehensüchtig die Todesanzeigen studiert und hofft, dass endlich mal ein Kind stirbt, damit der passende Name frei wird - das sagt schon viel über eine solche Gesellschaft aus. Ich frage mich, ob da normales Miteinander überhaupt noch möglich ist, wenn man Angst haben muss, dass die Nachbarn dem eigenen Kind an die Gurgel wollen, damit ein neuer Platz frei wird. Das ist eine spannende Idee für eine Geschichte.

Diese Stelle hat mich dann ziemlich fragend zurückgelassen:

"Ich weiß, dass du nicht krank bist. Was soll das Theater? Morgen machst du auf gesund, ist das klar?", flüsterte er mir ins Ohr.
"Mir tut der Bauch weh", sagte ich ruhig. "Mir wird der Bauch oft wehtun, wenn ich eine Schwester bekommen muss."
Der Kolonialwart nickte. "Du bekommst keine Schwester, mach dir keine Gedanken. Morgen gehst du zur Schule, sonst komme ich her und hole dich ab."

Das hab ich nicht kapiert, der Kolonialwart will unbedingt, dass der Vater zur Arbeit kommt, das tut er aber nicht, wenn der Sohn Bauchschmerzen hat (?). Diese Zusammenhänge sind mir nicht klargeworden, auch da hätte ich es besser gefunden, wenn du mehr ins Details gegangen wärst. Was arbeitet der Vater denn in der Kolonie, warum ist das so wichtig? Und warum kann der Kolonialwart bestimmen, wer welche Kinder bekommt, oder Androiden oder was auch immer die sind?

"Ich finde dein Zimmer potthässlich", sagte ich zu ihm, als es sonst keiner hörte. Alex zuckte nur die Schultern, strich sich mit zwei Fingern über die Narbe und drehte sich weg. Er sprach nicht viel, als er zu uns kam.

Auch hier bist du für mich zu weit weg von Alex. Ja, er spricht nicht viel, und entsprechend wenig erfährt man auch über ihn. Mir fehlt hier ein bestimmter Reiz an dieser Figur, vielleicht auch eine richtige Reaktion auf die Anfeindungen des Erzählers.

Dann gehst du nahtlos weiter in den Schulkonflikt, zu dieser Schlägerei, aber das ist schon wieder ein neues Thema, denn Alex hat damit nichts zu tun. Ich dachte, jetzt kommt irgendwie eine Szene, wo die beiden zusammenfinden (gemeinsame "Gegner" in der Schule könnten ja ein solches Motiv sein), oder sich noch weiter voneinander trennen.

"Deine Eltern dürfen auf keinen Fall darunter sehen, in Ordnung? Für die Verbandwechsel kommst du zu mir"

Auch wieder so eine Andeutung, die vieles bedeuten kann ... warum wirst du da nicht genauer oder greifst das später wieder auf? Ich finde das sind schon interessante Stellen, gute Ansätze auch, aber warum spinnst du diese Idee denn nicht weiter? Auch der Verband findet später ja keine Erwähnung mehr.

Dann die Sache mit den Vögeln - hm, ja, irgendwie hab ich das Gefühl, da liegt jetzt irgendeine Symbolik drin, oder wieder ein gesellschaftlicher Bezug (mal abgesehen vom Fitnessquotient), hat sich mir aber nicht erschlossen. Auch da fehlt mir wieder ein besonderer Reiz, mir ist das zu harmlos. Ich denke in diesem Umfeld, mit der Kolonie und ihren Regelungen und ihren Problemen, liessen sich peppigere Szenen entwerfen.

Sprachlich ist es souverän und sicher. Mir persönlich etwas zu viel indirekte Rede, bspw. bei solchen Stellen:

Am zweiten Tag kam der Kolonialwart und wollte wissen, was los war. Mama würde auf der Arbeit fehlen und Papa jetzt auch, Papa wüsste doch, wie die Kolonie jeden brauchte, und Papa wäre doch sowieso schon so langsam, wenn er jetzt noch Pause machte, wie wollte er das jemals aufholen?
Papa erklärte es ihm.

Ich finde die direkte Rede dynamischer und interessanter. Auch die Szene mit dem ersten Auftauchen von Alex würde mMn gewinnen, wenn sie ausführlicher und mit direkter Rede dargestellt wäre.

Vielleicht hab ich viel von der Symbolik und den Ideen, die du in den Text hineingepackt hast, einfach überlesen oder nicht gesehen. Ich will das nicht ausschliessen, aber vielleicht kannst du dann trotzdem mit meinem Feedback was anfangen. Ich muss sagen, ich werde aus dem Ganzen einfach nicht so recht schlau, ich weiss nicht, was du eigentlich erzählen wolltest mit der Geschichte. Für mich werden da zu viele Themen zu oberflächlich angerissen und verrührt.

Viele Grüsse,
Schwups

 

Galaktischer Gruß!

Ich mag die Geschichte. Ich finde sie frisch und lebendig. Die Parallele zwischen den Eltern und den Vögeln und ihren Nachwuchsproblemen ist zwar etwas überdeutlich, aber trotzdem witzig, weil es nicht nur eine Übereinstimmung gibt.

Eine witzige Geschichte mit eingebauter Sozialkritik. Klar könnte man die Figuren noch genauer zeichnen, aber die gewählte Perspektive schließt das eigentlich aus: Der Erzähler kennt die Figuren alle und interessiert sich nur für bestimmte Aspekte. Die implizite Charakterisierung des Erzählers impliziert (sic!) gleichzeitig den flapsigen Stil. Also, ich find's rund.

Uwe
:cool:

 

Hallo Möchtegern,

gelacht habe ich über den strunzdummen Vogel und die kaputten Eier. :D
Dein Stil ist solide und sparsam. Mir hätten mehr Beschreibungen gefallen, mit ein paar exotischen Elementen: wie es in der Kolonie aussieht, wo sie liegt, woher die Kolonisten stammen. Ein paar Farben, Klänge und Gerüche mehr.

Vor ein paar Tagen im Chat hatte ich so eine Vision von der totalen Geschichte, in der das NICHTS die Hauptrolle spielt und die sozusagen von den schöpferischen Fähigkeiten des Lesers lebt.
Dein Plot ist schon verdammt gut!

Zur Pointe:

Auch Vater und Mutter sind nicht fit genug, um sich fortzupflanzen.
Der Protagonist dient ihnen dazu, ihre Brutpflegeinstinkte auszuleben. Wie den Vögeln das Gipsei.

Noch eine Frage: Was genau ist er? Zuerst hatte ich an einen Androiden gedacht. Wenn er ein Mensch ist (mit dem Erbgut fitterer Kolonisten), wozu dann die Verhaltensprogramme?

Die Mutter hat ihn anscheinend bei einer normalen Geburt zur Welt gebracht und er wächst und benimmt sich wie ein normales Kind.


Es gibt eine weitere Sache, die du sehr gut kannst: Es gelingt dir immer wieder, sympathische Figuren zu schaffen. Hier mochte ich den langsamen Vater und den dummen Vogel Pedro am liebsten.

Freundliche Grüße vom

Berg

 

Hi Möchtegern,
ich mache es kurz und schmerzlos:
eine Geschichte ohne wirkliche Handlung. Kann das funktionieren?
Keine Ahnung...
bei mir aber hat es funktioniert.
Einfach deshalb, weil ich mich richtig gut amüsiert habe.
Ich mag deine Figuren, sie sind witzig, leicht überzeichnet, aber trotzdem nie blöd oder hoffnungslos übertrieben.
Und so habe ich die Kleine hier gelesen, immer in der Erwartung, jetzt passiert noch was auf der Handlungsebene. Tat es nicht, aber am Ende war ich trotzdem froh, sie gelesen zu haben.
Und zwar gern gelesen...

LG svg

 

Hallo Möchtegern,

sehr, sehr schön!

Ich habe nur einen einzigen Kritikpunkt, und das ist dein Ende. Ich hätte gern noch so zwei, drei Sätze gehabt, die die Geschickte ausklingen lassen, mich als Leser spüren lassen, hier ist Schluss. Wirklich Schluss. Klar, die Geschichte ist erzählt, sie ist fertig, aber der Lesefluss wird echt mit der Axt abgehackt, so mein Gefühl. Also, so zwei Sätze die das abklingen lassen, fände ich gut.

Das ist eine Geschichte, in der man sich im ersten Leserutsch gut unterhalten fühlt, beim zweiten Mal, fügt sich das ganze dann langsam zu einem Bild und beim dritten Mal tut sie richtig weh und aus lustig wird tragisch. Das ist verdammt gut gemacht, Frau Möchtegern.

Ich mochte die Erzählstimme. Ich mag deine Erzähler sowieso gern. Die reden so hübsch, so locker drüber weg und sind doch sehr glaubhaft dabei. Ich höre den ungemein gern zu.

Papa hat alte Möbel gesammelt, um sie zu reparieren, "wenn er mal Zeit hat". Zeit hatte er nie, aber das Sammeln war wohl auch ganz schön. Mama trennte sich von ihren Papier-Büchern. "Sowas wird nicht mehr hergestellt", sagte sie mit Tränen in den Augen,

Das mochte ich sehr. Diese Gerümpel-Liebe. Der Papa mit seinem Sammlerdrang und die Bücher, die nicht mehr hergestellt werden. Da waren mir die drei gleich sehr sympathisch.

Mama wollte dieses Baby. In den Nachrichten las sie jeden Morgen die Todesanzeigen, um einen Namen zu bestellen.
"Nur schreckliche Namen werden frei", jammerte sie. "Wer will seine Tochter denn Lucia oder Lena nennen? Oder Laura? Wie das klingt ..."
...
Mama rief die Kolonialverwaltung an und bestellte ihren Namen. "Truthhild", verkündete Mama stolz.

:lol:, also drei Mal. Für jeden Satz einen lol.

Und dann kam Mama und sagte, sie und Papa hätten sich angemeldet, um einen älteren Bruder für mich zu adoptieren. Da hörte ich mit Freuen auf.

älterer Bruder - hehe - oder auch großer Bruder
Sehr schön finde ich, dass man die adoptiert. Das macht es wirklich noch einen Tick gemeiner, wenn man die auch noch auf eigenen Wunsch ins Haus geliefert bekommt.

Ich fand es unnötig, dass Alex ein Geschenk bekommen sollte, nur weil er da war.

Das ist einer von diesen Sätzen, wo man beim ersten Lesen denkt, okay, und die beim dritten Mal weh tun. Großartig.

Zwei Wochen später legte Pedro ein Ei.

:rotfl: Auch im weiteren, wenn es die Pedro und der Liselotte heißt. Sehr schön durchgezogen, aber nicht überbemüht.

"Tschuldigung." Ich mag es überhaupt nicht, wenn sie sauer wird. "Das Gipsei lässt sich wiederverwenden beim nächsten Mal", las ich. "Die merken nicht, dass sie immer dasselbe Ei untergeschoben kriegen."

Böse! Das ist so böse!

Ja, dass ist lustig und tragisch und gemein. Es entblättert sich da so nach und nach und fügt sich und es ist wirklich sehr sauber gemacht. Respekt!

Es ist schon wirklich grausam, wie Mama und Papa da so liebevoll ihre beiden "Gipseier" umtutteln und sich mühen, um ihre Kuckuckskinder. Das tut richtig weh, dass mit anschauen zu müssen.

Sehr gern gelesen! Und wird lange in Erinnerung bleiben.
Beste Grüße Fliege

 

Liebe Möchtegern,
zur Zeit bist du ja sehr produktiv. Eine schöne Geschichte ist es geworden. Aber auch eine, die mich echt fertig macht.
Was mir an all deinen Geschichten sehr gut gefällt, das ist diese eigenartige Mischung aus Witz und Hintergründigkeit. Du plauderst so schön und dann sieht Pedro aus wie eine Gurke und ist doch ein Weibchen. Und die Kindernamen sind auf den Kopf gestellt, keine Lenas mehr, Truthis sind top. Und dann kommt raus, dass man erst mal den Tod einer Truthi abwarten muss, um ein Kind zu haben. Das Lachen friert dann so ein bisschen ein.

Dein Hauptfokus liegt auf den Figuren, die wie nebenbei charakterisiert werden, dem Leser nah kommen, ohne dass man da die Konstruktion bemerkt. Es ist sehr locker gemacht. Und ich mag das total gerne, wie du das hinkriegst. Du hast einen sehr treffsicheren, trockenen Humor, der sich halt sehr interessant mit dem Abgründigen, dem Harte dieser Gesellschaft mischt. Eklig fand ich dann auch die Vorstellung, dass jede Sau weiß, dass die Eltern Androiden als Kinder haben, nur sie selbst dürfen es anscheinend nicht wissen, weil der Icherzähler ja die Mutter nicht unter den Verband gucken lassen soll. Und er redet von sich selbst als er sei repariert worden, aber an den Eltern geht das vorbei.
Wie du den Icherzähler als Roboterkind eingeführt hast, das gefiel mir eh gut, die Einsprengsel über das jeweilige Programm, das gerade bei ihm abläuft, oder als er einmal sagt, ich wollte schon sagen, ich bin doch keine Puppe. Das ist ein bisschen infam und grad dewegen gut.

Ein bisschen gefehlt hat mir das Ambiente. Das Aussehen dieser Gesellschaft. Wenn ich mich richtig erinnere, machst du das nie so genau, die Charakteristika der zukünftigen Gesellschaft erfährt man bei die über bestimmte Entwicklungen gesellschaftlicher Art, die du dann zuspitzt. Hier in dieser Geschichte hätte ich einfach aus Neugierde gern mehr erfahren. Da ist zum Beispiel die Andeutung mit den Sauerstofftanks. Das fand ich spannend, gleichzeiitig hab ich mir dann überlegt, dass da doch jedes neue Kind (ok, hier sinds Androiden) oder Lebewesen wie die Vögel streng "rationiert" werden müsste, weil der Sauerstoff doch gar nicht reicht. Oder hab ich da was falsch verstanden?
Das ist also kein echter Kritikpunkt, wenn ich gern mehr erfahren hätte, ist eher ein Kompliment.

Die zweite Sache, die ich anmerken will, weil sie mir gefehlt hat, ist komplizierter. Ich weiß nämlich nicht, ob es dein Fehler ist oder meiner. Naja, im Zweifelsfall natürlich deiner, denn du bist die Autorin. Also Quatsch jetzt mal zur Seite gestellt, ich kapiere einfach nicht, wieso Berg und Fliege so wahnsinnig sicher auf ihre Interpretation kommen.
Ich schreib das jetzt mal nicht hin, weil das ja vielleicht eine Art Ratespiel ist wegen der Spoiler.
Du machst viele Andeutungen und Parallelen. Aber so richtig raffe ich nicht, wie die beiden auf ihre Erklärungen kommen.
Hmm, vielleicht stell ich mich ja auch nur dusslig an.

Diese Stelle hier habe ich nicht gerafft:

Der Kolonialwart nickte. "Du bekommst keine Schwester, mach dir keine Gedanken. Morgen gehst du zur Schule, sonst komme ich her und hole dich ab."

Viele, viele supergern gelesene, schöne bitterwitzige Stellen, die ich aus Zeitmangel nicht aufzählen kann, aber sie bleiben mir im Kopf. Definitiv.

Am liebsten mag ich übrigens Pedro. Das soll aber keinesfalls gegen die Menschen und Androiden sprechen. Ich liebe einfach Viecher, die Männernamen kriegen, hatte mal ein Kaninchen, das hab ich Harry genannt und dann ist es scheinschwanger geworden und hat die Rosen unterwühlt, um für den Nachwuchs einen Bau zu buddeln. War genau so ein Theater wie mit Pedro.

Ja supergerne gelesen, ich warte schon auf die nächste Geschichte.
Viele Grüße Novak

 

Hi appo,

du bist fast vom Stuhl gefallen? Klingt super :O)
Mir gibt das immer einen richtigen Kick, wenn ich das Gefühl habe, ein Text von mir hat jemanden gut unterhalten (was immer man jetzt auch unter "gut unterhalten" verstehen mag).
Diese Einschübe, die dir aufgefallen sind - damit wollte ich auf was ganz Bestimmtes hinaus, ich dachte, die machen schon mit der zweiten Zeile klar, wer oder was da erzählt. Die Sache / die Deutung dieser Einschübe ist längst nicht so offensichtlich wie von mir vermutet, das hab ich jetzt schon mehrfach als feedback bekommen.

Schön, dass du Truthild mochtest. Für ein paar Wochen kannte ich mal eine Truthild. Und dann hat sich rausgestellt, dass ich den Namen der Frau nur hartnäckig falsch verstanden hatte.

und das alles erzählst auf den Hintergrund einer Welt die, weil sie aus allen Nähten platzt, stark reglementiert ist. Und wohl auch autoritär.
Jaaa, schön, dass das rübergekommen ist.

In erster Linie habe ich mich ziemlich amüsiert und das wollte ich dir mitteilen.
Das ist die Hauptsache!

Danke für die Rückmeldung.


Hi Schwups,

Ja, schade, war diesmal so gar nicht deins.
Wobei ich der Idee, der Geschichte fehle es an einem roten Faden, entschieden widersprechen möchte. Es gibt einen, und der wird ab dem ersten Satz losgesponnen, der Text hat ein ganz klares Thema.
Aber ich seh schon, dass nicht jeder so hinter die Geschichte steigt, wie ich das gehofft hatte. Ich war auch sehr gespannt auf das feedback zu dem Text, wie der gelesen werden würde. Zwei mögliche Szenarien hatte ich mir ausgemalt:

1) der Leser liest nur die vordergründige Geschichte, so wie sie dasteht
2) der Leser sieht da die Parallelen zwischen den Figuren, überträgt dann das Konzept von x auf y und errät dann Identität und Lebenszweck des Erzählers.

Ich dachte, das würde so eine Schwarz/Weiß-Sache, entweder ein Leser durchschaut den Text komplett, oder aber gar nicht.
Und du hast jetzt aber 3), du siehst da Parallelen und Andeutungen, und trotzdem stehst du im Regen und wirst nicht schlau aus der Geschichte.
Das überrascht mich total, schon allein deswegen bin ich dir für die Rückmeldung dankbar. (Und du bist auch nciht der einzige, dem das so ging.)
Eine simple Lösung für das Problem scheint es nicht zu geben (außer natürlich, ich interpretiere mich selbst und erkläre dir, wie du meinen Text gefälligst zu lesen hast - aber das will ja auch keiner).
Man könnte den Text weiterschreiben und innerhalb der Geschichte die Idee nochmal auserzählen (was ich übrigens tatsächlich gemacht hatte, aber nachdem manche Leser den Text wohl doch so verstanden haben, wie von mir angelegt, will ich die extended version doch nicht mehr posten).
Muss ich vielleicht damit leben, ein bisschen zu kryptisch geschrieben zu haben.

Das hab ich nicht kapiert, der Kolonialwart will unbedingt, dass der Vater zur Arbeit kommt, das tut er aber nicht, wenn der Sohn Bauchschmerzen hat (?). Diese Zusammenhänge sind mir nicht klargeworden, auch da hätte ich es besser gefunden, wenn du mehr ins Details gegangen wärst. Was arbeitet der Vater denn in der Kolonie, warum ist das so wichtig? Und warum kann der Kolonialwart bestimmen, wer welche Kinder bekommt, oder Androiden oder was auch immer die sind?
Bei der Stelle habe ich mich zuerst ziemlich verarscht gefühlt, ich dachte erst, das Kursive gehört zusammen und du wolltest allen ernstes sagen, du würdest den Zusammenhang augenscheinlich krankes Kind -> Vater bleibt zu Hause -> dem "Arbeitgeber" passt das nicht nicht verstehen.
Den Absatz hab ich mehrfach lesen müssen. Die unklaren Zusammenhänge sind die, die du NACH dem Kursiven genannt hast, ne? Also dir ist nicht klar, warum der Vater für die Kolonie wichtig ist (bzw., seine Arbeitskraft), und warum der Wart bestimmen kann, wer welche Kinder bekommt. Ach so.
Zum ersteren: in einer Gesellschaft, die an ihr Größenmaximum stößt und deren Ressourcen limitiert sind (steht so explizit im Text) ist es mMn selbstverständlich, dass jedes Mitglied der Gesellschaft sein Dasein durch irgendeine Form von Leistung rechtfertigt. Wenn diese Leistung nicht gebracht werden kann, die Gesellschaft aber am Limit steht - schwierig.
Ob der Vater da Müllkehrer ist oder Herzchirurg oder ein Chemiker, der Sauerstoff herstellt - für den Text völlig gleichgültig.
Vielleicht hilft das ja auch, die zweite Frage zu beantworten. Das ist nämlich eine, die der Leser sich auch stellen sollte.

Auch hier bist du für mich zu weit weg von Alex. Ja, er spricht nicht viel, und entsprechend wenig erfährt man auch über ihn. Mir fehlt hier ein bestimmter Reiz an dieser Figur, vielleicht auch eine richtige Reaktion auf die Anfeindungen des Erzählers.
Man bekommt die Geschichte nun mal durch den Filter des Ich-Erzählers erzählt, und der findet nicht viel an Alex. "Das einzig Coole an ihm war seine Narbe." Und später lässt er sich gerademal dazu herab, festzustellen, dass Alex "nicht stört".

Dann gehst du nahtlos weiter in den Schulkonflikt, zu dieser Schlägerei, aber das ist schon wieder ein neues Thema, denn Alex hat damit nichts zu tun.
Alex war indirekt der Auslöser für die Schlägerei, und die Verletzungen des Erzählers bzw. die Reaktionen der Lehrerin und des Doktors sind wichtige Hinweise.

Auch wieder so eine Andeutung, die vieles bedeuten kann ...
Nein, find ich gar nicht. Was sind denn diese vielen Bedeutungsmöglichkeiten, die dann immer noch zum Rest der Geschcihte und den anderen Andeutungen passen? Ernstgemeinte Frage. Also eine Andeutung ist es, ja, aber die ist doch ziemlich konkret zu deuten, sobald man das Ende des Textes kennt.

warum wirst du da nicht genauer oder greifst das später wieder auf? Ich finde das sind schon interessante Stellen, gute Ansätze auch, aber warum spinnst du diese Idee denn nicht weiter?
Weil ich wollte, dass der Leser am Ende ein Aha-Erlebnis hat und die story dann selbständig deuten kann.
Ich mach das wohl nicht wieder in der Form, aber so als Experiment ist das interessant zu sehen, was beim Leser ankommt oder eben auch nicht.

Dann die Sache mit den Vögeln - hm, ja, irgendwie hab ich das Gefühl, da liegt jetzt irgendeine Symbolik drin, oder wieder ein gesellschaftlicher Bezug (mal abgesehen vom Fitnessquotient), hat sich mir aber nicht erschlossen.
Ja und das ist eben das, wo ich echt drüber gegrübelt hab. Das liest sich so, als hättest du zu 99,9% alles im Text gesehen, was es zu sehen gibt - aber irgendwas hat dann doch gefehlt.
Ich komm durch Nachdenken nicht drauf, WAS ich ergänzen müsste. Im Chat wurde mir konkret vorgeschlagen, es muss ein deutlicherer Hinweis rein, dass
der Erzähler ein Android/Roboter/künstlicher Mensch ist
aber deine Rückmeldung zeigt mir, dass es daran eben NICHT liegen kann. Oder: dass es daran zumindest bei dir nicht gescheitert ist.

Mir persönlich etwas zu viel indirekte Rede, bspw. bei solchen Stellen ...
Ich finde die direkte Rede dynamischer und interessanter. Auch die Szene mit dem ersten Auftauchen von Alex würde mMn gewinnen, wenn sie ausführlicher und mit direkter Rede dargestellt wäre.
Die von dir zitierte Stelle hatte ich beim Schreiben auch auf dem Kieker, aber aus dem Grund, weil ich mir nicht sicher war, ob das korrekte Wiedergeben der wörtlichen Rede (Konjunktiv) zur Sprache des Erzählers passt. Was die Dynamik angeht, bin ich mit beiden Stellen aber sehr zufrieden, weil sie durch das Zusammenfassende ein höheres Tempo machen. Also wenn ich diesen Dialog zwischen dem Vater und dem Wart wirklich ausformuliert hätte, mit allem Hin-und-Her und den Erwiderungen des Vaters, das wäre eine sehr lange Szene gewesen mit wenig Informationen für die Geschichte.
Ich will das nicht ausschliessen, aber vielleicht kannst du dann trotzdem mit meinem Feedback was anfangen.
Doch, auf alle Fälle, wenn sich nur Leser gemeldet hätten, die "aus dem Ganzen schlau wurden", dann hätte ich ja nicht mitgekriegt, dass manches einfach zu verschleiert ist.

Also Danke!



Galaktischer Gruß, Uwe

Danke für mögen, für "frisch" und für "lebendig". Ob da irgendwelche Parallelen und Übereinstimmungen überdeutlich sind, bezweifle ich inzwischen :D

Der Erzähler kennt die Figuren alle und interessiert sich nur für bestimmte Aspekte. Die implizite Charakterisierung des Erzählers impliziert (sic!) gleichzeitig den flapsigen Stil.
So war das beabsichtigt, sieht aber vielleicht nicht für jeden Leser nach Absicht aus sondern evtl. wie ein Unfall(?).
Aber bei dir hat's geklappt wie geplant, das ist doch schon mal was!

---
Ich mach hier später weiter :)

 

Also ... ich hol tief Luft. Ich leiste mal ganz große Abbitte.
Ich war gestern Abend ein bisschen chatten.
Ok, jemand hat gesagt, wenn der Leser was nicht rafft, kann das auch mal an ihm selbst liegen, nicht am Autor.
Gut - das stimmt. Und ich bin die Letzte, die das in Abrede stellt.
Trotzdem, ich hatte alles gelesen, alles gesehen - ähnlich wie Schwups - und trotzdem den Zusammenhang einfach nicht erkennen können/wollen, was mir sonst eigentlich immer gelingt ... was weiß ich.
Heute Morgen denk ich "ach Möchtegern hat geantwortet, mal sehen, was sie schreibt" und guck auf den Titel und da stehts:
ALABASTERLÜGE = GIPSLÜGE.
Und dann polterte ein Ahaerlebnis vom Hirn in die Fußzehen und ich kam mir sehr sehr blöde vor.
Ich wusste sogar, was Alabaster ist, aber ich hatte dieses Mal einfach nicht den Titel gelesen bzw über ihn nachgedacht. Keine Ahnung warum, mach ich sonst immer. Gestern Abend wurde sogar mal gefragt, ob wir denn wüssten, was Alabaster sei, ich hatte mich schon gewundert, warum diese Frage gestellt wurde ... so weg war der Titel aus meinem Kopf. Und naja ... ein Titel gehört einfach nun mal dazu zu einer Geschichte. Kann ja sogar ein Informationspuzzleteilchen, ein Teil des Inhalts, sein. (ähnlich wie bei offshores witwer)

Also sorry für meine Dussligkeit, ich habs in Gänze (im inneren Zus.) erst jetzt gerafft. Und das liegt wirklich nicht an dir.

Aber - weshalb ich das schreibe, ich will mich ja hier nicht selbst bedissen - vielleicht ist das ja der Grund, warum andere es nicht verstanden haben, sie haben genauso wenig wie ich den Titel gelesen oder wussten zufällig nicht, was Alabaster heißt. Das heißt du bräuchtest dir wirklich nichts weiter überlegen, was du an der Geschichte ändern musst, könntest einfach auf den Titel verweisen.
Liebe Grüße aus dem Schneetreiben - es ist toll
Novak

 

Liebe Möchtegern,

ich mag, dass du dieses Genre nutzt, um Geschichten zu schreiben, die uns zeigen, wohin wir uns entwickeln werden. Mir gefällt die Idee deiner Erzählung. Ich hatte vor zwei Wochen ein Praktikum in der Reproduktionsmedizin und wurde mit einer ähnlichen Fragestellung konfrontiert. Dieses Thema bietet sehr viel Stoff zum Diskutieren. Der Vogelvergleich ist schon ziemlich genial, ich musste auch schmunzeln, als die Vögel das mit dem Ei verkacken, und dabei ist es schrecklich. Bei aPhone habe ich gesagt, dass das nett und harmlos sei und das ist es hier eigentlich auch, doch steckt da eine grausame Realität dahinter. Dass da noch sehr viel mehr abgehandelt wird, wie reagiert ein Kind auf ein neues Geschwisterchen, beispielsweise, das mit der Überbevölkerung und dass man die Namen von Verstorbenen nehmen muss. Die Szene mit den Vögeln finde ich auch richtig gut umgesetzt, auch den Einstieg, das mit der Abstellkammer, usw. Nur als Alex dazu kommt, die Szene in der Schule und die auch beim Arzt, die lässt mich irgendwie seltsam kalt. Es liegt nicht daran, wie es erzählt wird, sondern um das, was erzählt wird. Ich kann das noch nicht genau benennen.

Hab deine Alabaster-Lüge gern gelesen, aber irgendwie nicht richtig genießen können.

Beste Grüße
markus.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zum dritten. :D

Also sorry für meine Dussligkeit, ich habs in Gänze (im inneren Zus.) erst jetzt gerafft. Und das liegt wirklich nicht an dir.

Aber - weshalb ich das schreibe, ich will mich ja hier nicht selbst bedissen - vielleicht ist das ja der Grund, warum andere es nicht verstanden haben, sie haben genauso wenig wie ich den Titel gelesen oder wussten zufällig nicht, was Alabaster heißt. Das heißt du bräuchtest dir wirklich nichts weiter überlegen, was du an der Geschichte ändern musst, könntest einfach auf den Titel verweisen.

Da muss ich mich anschließen. Der Groschen ist zu spät gefallen. ;) Mein Kommentar hat sich damit erledigt, deshalb habe ich ihn gelöscht.


Bin jetzt dazu gekommen, die Geschichte ein zweites Mal zu lesen. Du hast das Ganze mit viel Witz gebastelt, Achtung Spoiler: die Idee des 'Fortpflanzungsscheiterns' samt Pseudobrut mit der Figur des Protagonisten und auf der Ebene mit den Vögeln seines Adoptivbruders intelligent umgesetzt. Was mich stört, sind einzelne Stellen, die falsche Fährten legen, wie ich finde. Warum blutet der Protagonist? Dann muss er zum Arzt, wird bandagiert, weiß aber genau

Das liegt daran, dass sie keine Ahnung haben, wie schnell ich repariert bin.
An dieser Stelle ist klar, der Prot weiß über die eigene 'Seinsform' Bescheid, was aber im Rest des Textes nicht selten zweideutig ist.
Und ja, es ist richtig - siehe Novaks Chaterfahrung zu Lesern, die aus eigener Schuld nicht raffen ;) -, du musst als Leser auch mitspielen und nicht durch den Text rasen und dann meckern, weil du was übersehen hast. Aber du als Autorin musst dann auch sehen, was für Hinweisschilder du aufstellst (zugegeben, gerade Doktor Perreras Hinweis zu den Bandagen macht deine Pointe sehr offensichtlich, genau wie die Reaktion der Lehrerin nach der Prügelei, shame on me, dass ich das überlesen habe;)), und wenn diese Schilder mir - wie das Blut nach der Prügelei oder auch die Ambivalenz des Protagonisten selbst, der über sein Androidensein im Bild ist, das aber weitesgehend für sich behält -, wenn diese Schilder also eine Richtung vorgeben, die in die Irre führt, dann sag ich, du bist schuld! :D ;)

Wohwollender klänge wohl: Du erzählst sehr fintenreich, man muss aufpassen, in deinen Geschichten nicht vom Kurs abzukommen. ;)

Fazit: Aller Meckerei zum Trotz: Ja, verdammt, es ist eine gute Geschichte. :D

Einen lieben Gruß
Sam

 

Hi Berg,

ich hab ja bisschen Haustiererfahrung, und so strunzdumm im Sinne von außergewöhnlich verhalten sich die Vögel in dem Text gar nicht. Wenn die Umgebung nicht stimmt, kommt es eben zu etlichen Formen des Versagens.

Mir hätten mehr Beschreibungen gefallen, mit ein paar exotischen Elementen: wie es in der Kolonie aussieht, wo sie liegt, woher die Kolonisten stammen. Ein paar Farben, Klänge und Gerüche mehr.
Damit stehst du nicht alleine da, aber dieser Erzähler hier wollte einfach nichts darüber sagen, der hat sich gewehrt. Der ist schon sehr egozentrisch, der sieht und redet nur über bestimmte Sachen, seine Umgebung hält der für selbstverständlich, da sagt der wenig zu. So hab ich den zumindest im Kopf.
Vor ein paar Tagen im Chat hatte ich so eine Vision von der totalen Geschichte, in der das NICHTS die Hauptrolle spielt und die sozusagen von den schöpferischen Fähigkeiten des Lesers lebt.
So ein leeres Geschichtsfenster und oben steht ein möglichst allumfassender Titel? ;)

Auch Vater und Mutter sind nicht fit genug, um sich fortzupflanzen.
Der Protagonist dient ihnen dazu, ihre Brutpflegeinstinkte auszuleben. Wie den Vögeln das Gipsei.
Ja, genau so hab ich mir das gedacht. Dass, nachdem der Leser die Parallelen zwischen Vögeln und Menschen gesehen hat, das Gipsei-Konzept von den Vögeln auf die Menschen übertragen wird.
Noch eine Frage: Was genau ist er? Zuerst hatte ich an einen Androiden gedacht. Wenn er ein Mensch ist (mit dem Erbgut fitterer Kolonisten), wozu dann die Verhaltensprogramme?
Eben, dass der Erzähler ein Mensch ist mit dem Erbgut fitterer Kolonisten passt nicht richtig zum Text, diese Einschübe mit den Programmen sollten den Leser in Richtung Android/Roboter/künstlicher Mensch schubsen.
Und außerdem: siehe Gipsei / Vogelkonzept. Du gibst doch deine Vogeljungen mit dem besten Erbgut nicht bei den unfähigsten Vogeleltern zur Aufzucht. Die wären viel zu wertvoll! Und wenn die Lehrerin dann zu einer Prügelei kommt, wo ein so wertvolles Kind verletzt wurde - die würde doch nicht so reagieren, wie die Lehrerin im Text jetzt.
Also es ist irgendein Menschenersatz hier, der geht nicht so schnell kaputt, um den ist es nicht schade. Was GENAU man sich da jetzt vorstellt, Roboter oder Andi oder ganz was anderes - das ist dem Leser überlassen, da gibt der Text ja nicht zwingend etwas vor. Vielleicht ist es ein mit Fleisch und Blut umhülltes Gipsmodell? ;O)

Die Mutter hat ihn anscheinend bei einer normalen Geburt zur Welt gebracht und er wächst und benimmt sich wie ein normales Kind.
Siehe Gipsei-Konzept: Die Eltern glauben, das ist ihr normales Kind, und es unterscheidet sich für die Eltern auch durch nichts von anderen normalen Kindern.
Bei den Vögeln funktioniert das so, dass man die echten Eier entfernt nach der Eiablage und dann entweder vernichtet oder von anderen Vogelpaaren aufziehen lässt.
Übertrag das auf die Menschen.
Und jetzt interpretiere ich mich schon wieder selbst, verdammich!

Freut mich, dass dir die Figuren gefielen (vor allem Pedro scheint ja seine Fans zu haben).

Danke für den Komm!

Hi svg,

sieht aus, als hätte ich dich gut unterhalten, sehr gut!

Ich mag deine Figuren, sie sind witzig, leicht überzeichnet, aber trotzdem nie blöd oder hoffnungslos übertrieben.
Ja, ich kenn das Problem, wenn man versucht lustig zu schreiben, und dabei werden die Figuren im wahrsten Sinne des Wortes zu Witzfiguren. Sehr schön, dass ich diese Klippe umschifft habe.

Danke für den Kommentar!

Hi Fliege,

Ich habe nur einen einzigen Kritikpunkt, und das ist dein Ende. Ich hätte gern noch so zwei, drei Sätze gehabt, die die Geschickte ausklingen lassen, mich als Leser spüren lassen, hier ist Schluss. Wirklich Schluss. Klar, die Geschichte ist erzählt, sie ist fertig, aber der Lesefluss wird echt mit der Axt abgehackt, so mein Gefühl. Also, so zwei Sätze die das abklingen lassen, fände ich gut.
Ich hab eingesehen, dass der letzte Satz keine Schlusssatz-Qualität hatte. Einen hab ich noch drangeklebt. Ob dir das schon reicht, weiß ich nicht.
Ich hab so ein bisschen rumgespielt mit Sätzen wie "Der Gips schimmerte weiß. Draußen vor dem Fenster wippten die Baumwipfel.", was ich furchtbar krampfig fand. Und für andere Sachen, wenn sich zB nochmal die ganze Familie versammelt und Pedro beim Gipseibrüten zusieht, habe ich wesentlich mehr Sätze gebraucht, als fürs Timing mMn gut war.
Also ich lass es jetzt mal so.

Das ist eine Geschichte, in der man sich im ersten Leserutsch gut unterhalten fühlt, beim zweiten Mal, fügt sich das ganze dann langsam zu einem Bild und beim dritten Mal tut sie richtig weh und aus lustig wird tragisch. Das ist verdammt gut gemacht, Frau Möchtegern.
Sieht aus, als wäre mein Plan bei dir aufgegangen!

Ich mochte die Erzählstimme. Ich mag deine Erzähler sowieso gern. Die reden so hübsch, so locker drüber weg und sind doch sehr glaubhaft dabei. Ich höre den ungemein gern zu.
Goes both ways. Ich schieb das darauf, dass deine Erzähler mich irgendwie an meine erinnern und umgekehrt. Also so auf einer bestimmten Ebene, was den Humor betrifft. Du kannst bestimmte Sachen besser als ich, aber die müssen wir ja nicht unter meiner Geschichte ausbreiten. :D

Das mochte ich sehr. Diese Gerümpel-Liebe. Der Papa mit seinem Sammlerdrang und die Bücher, die nicht mehr hergestellt werden. Da waren mir die drei gleich sehr sympathisch.
Gut, dass du das sagst. Das war so eine Stelle, die hab ich für Charakterisierung und Sympathiepunkte-Sammeln hingeschrieben, und mich später gefragt, ob die überhaupt funktioniert, oder vielleicht nur langweilig ist. War also gut, sie zu behalten.

Sehr schön finde ich, dass man die adoptiert. Das macht es wirklich noch einen Tick gemeiner, wenn man die auch noch auf eigenen Wunsch ins Haus geliefert bekommt.
Das find ich auch klasse, dass du Alex als Gipsei gelesen hast. Das hab ich mir tatsächlich so vorgestellt, für mich ist Alex das Gipsei, das immer wieder verwendet wird.
Aber ich denke, es ist auch möglich, das so zu lesen: nur der Erzähler ist ein Gipsei, Alex einfach ein Kind, das niemand wollte.

Es ist schon wirklich grausam, wie Mama und Papa da so liebevoll ihre beiden "Gipseier" umtutteln und sich mühen, um ihre Kuckuckskinder. Das tut richtig weh, dass mit anschauen zu müssen.
Ja.
Kuckuckskinder war übrigens der Titel, unter dem ich den Text fast gepostet hätte. Mittlerweile denke ich: hättste mal. Vielleicht hätte das die Interpretation erleichtert ...
Sehr gern gelesen! Und wird lange in Erinnerung bleiben.
Schön :)

Hi Novak,

zur Zeit bist du ja sehr produktiv.
Das täuscht. ;O)

Was mir an all deinen Geschichten sehr gut gefällt, das ist diese eigenartige Mischung aus Witz und Hintergründigkeit. Du plauderst so schön und dann sieht Pedro aus wie eine Gurke und ist doch ein Weibchen. Und die Kindernamen sind auf den Kopf gestellt, keine Lenas mehr, Truthis sind top. Und dann kommt raus, dass man erst mal den Tod einer Truthi abwarten muss, um ein Kind zu haben. Das Lachen friert dann so ein bisschen ein.
Ja, das ist toll, dass das bei dir so klappt. Ist so eine Form von Galgenhumor vielleicht, die ich habe. Und ob ein Leser das mag oder nicht, ist sicher Geschmackssache.

Dein Hauptfokus liegt auf den Figuren, die wie nebenbei charakterisiert werden, dem Leser nah kommen, ohne dass man da die Konstruktion bemerkt. Es ist sehr locker gemacht.
Ich kenn den Autor persönlich, und ich weiß, dass es ein totaler Krampf war, das so locker hinzubekommen :D
Eklig fand ich dann auch die Vorstellung, dass jede Sau weiß, dass die Eltern Androiden als Kinder haben, nur sie selbst dürfen es anscheinend nicht wissen, weil der Icherzähler ja die Mutter nicht unter den Verband gucken lassen soll.
Jo, Gipseier halt. Die Eltern kapieren das ja nicht und dürfen es auch nicht kapieren, darum geht es ja.

Und er redet von sich selbst als er sei repariert worden, aber an den Eltern geht das vorbei.
Wie du den Icherzähler als Roboterkind eingeführt hast, das gefiel mir eh gut, die Einsprengsel über das jeweilige Programm, das gerade bei ihm abläuft,
Ja, ich hatte gedacht, das wäre total offensichtlich und wäre dem Leser ab der zweiten Zeile schon klar. Aber so einfach ist es nicht, hab ich am feedback gemerkt.
Dass der Erzähler kein Mensch ist, wollte ich eigentlich nciht als Pointe inszenieren, sondern schon früh klarmachen. Die Pointe oder die große Enthüllung am Ende sollten eher das Warum und Weshalb sein.

oder als er einmal sagt, ich wollte schon sagen, ich bin doch keine Puppe. Das ist ein bisschen infam und grad dewegen gut.
Ich interpretiere mich wohl eh schon mehr, als für einen Autor gut ist, aber:
Bei der Stelle zB hab ich mir gedacht, dass der Erzähler dagegen rebelliert, wie die Lehrerin ihn sieht. Das kommt später nochmal, dem Erzähler passt seine eigene Rolle nicht, das, worauf er reduziert wird.

Ein bisschen gefehlt hat mir das Ambiente. Das Aussehen dieser Gesellschaft. Wenn ich mich richtig erinnere, machst du das nie so genau, die Charakteristika der zukünftigen Gesellschaft erfährt man bei die über bestimmte Entwicklungen gesellschaftlicher Art, die du dann zuspitzt.
Ja, also es sind zwei Sachen:
- Wenn ich das Ambiente nicht irgendwie für die Geschichte brauche, langweilt mich die Beschreibung.
- Nicht jedem Ich-Erzähler lässt sich das so leicht unterjubeln. Die Persönlichkeit von dem Kleinen hier steht mir ziemlich klar vor Augen. Dem ist das einfach so scheißegal bzw. so selbstverständlich, wie es bei ihm zu Hause oder draußen oder in der Schule aussieht, der sagt da nix zu. Ist halt seine Welt, der denkt nicht darüber nach.

Hier in dieser Geschichte hätte ich einfach aus Neugierde gern mehr erfahren. Da ist zum Beispiel die Andeutung mit den Sauerstofftanks. Das fand ich spannend, gleichzeiitig hab ich mir dann überlegt, dass da doch jedes neue Kind (ok, hier sinds Androiden) oder Lebewesen wie die Vögel streng "rationiert" werden müsste, weil der Sauerstoff doch gar nicht reicht. Oder hab ich da was falsch verstanden?
Die Welt da ist am Limit und deswegen wird alles rationiert und reglementiert, ja, so war das gedacht. "Sauerstofftanks" - ehrlich gesagt ist das ein Platzhalter. Da kann man auch einsetzen "Erdöl" oder "Trinkwasser" oder sowas.

Die zweite Sache, die ich anmerken will, weil sie mir gefehlt hat, ist komplizierter. Ich weiß nämlich nicht, ob es dein Fehler ist oder meiner. Naja, im Zweifelsfall natürlich deiner, denn du bist die Autorin. Also Quatsch jetzt mal zur Seite gestellt, ich kapiere einfach nicht, wieso Berg und Fliege so wahnsinnig sicher auf ihre Interpretation kommen.
Ich schreib das jetzt mal nicht hin, weil das ja vielleicht eine Art Ratespiel ist wegen der Spoiler.
Ich grüble natürlich auch genau darüber. Also erstmal: nachdem ich deinen Komm gelesen hatte, war ich bis hierhin sicher, du hättest alles verstanden. Also, ich hab nicht kapiert, was du nicht kapiert hattest, wo du ausgestiegen bist. Wenn man doch schon sieht, dass es Andis (oder etwas in der Art) sind, dass die Eltern nichts davon wissen etc etc.
Dein Komm hat mich auf die Idee gebracht - wenn ich hier so einen Titelzusatz hätte setzen können wie bei den Ratekrimis, vielleicht hätte das dem Text geholfen. :) Also, dass der Leser überhaupt auf die Idee kommt, dass er da interpretatorisch tätig werden soll.
Ich bin mir sicher, ich hab Berg und Fliege nicht vorgesagt, ABER beide wussten aus dem Chat, DASS es da einen doppelten Boden geben sollte. Und vielleicht ist das ja schon alles, was es braucht, dass der Leser mit dem Wissen an den Text geht "Autor hat da nicht nur gefaselt, es gibt einen Hintergrund"?
Also, ich weiß es echt nicht, ich find das alles total offensichtlich, (Kunststück, schließlich hab ich es geschrieben). Und ich find deine und Schwups' Reaktion echt faszinierend, weil ich nicht nachvollziehen kann, wie man so auf halbem Wege stehen bleibt. Also, klar, so ganz vordergründig lesen und die story ohne Subtext angucken - klar, manche machen das und ist ja auch ok. Oder halt Andeutungen und Parallelen sehen und mit dem Ende im Hinterkopf alles einordnen - darauf hatte ich gehofft. Aber das es da so ein Zwischending geben könnte, das fuchst mich.
Diese Stelle hier habe ich nicht gerafft:
Inzwischen aber schon, oder? Sonst nachfragen.

Am liebsten mag ich übrigens Pedro. Das soll aber keinesfalls gegen die Menschen und Androiden sprechen. Ich liebe einfach Viecher, die Männernamen kriegen, hatte mal ein Kaninchen, das hab ich Harry genannt und dann ist es scheinschwanger geworden und hat die Rosen unterwühlt, um für den Nachwuchs einen Bau zu buddeln. War genau so ein Theater wie mit Pedro.
Ja, ich kenn sowas. Nur zu gut. ;O)
Ganz toll auch immer, wenn man sich zwei Wüstenrennmäuse kauft (sind beides garantiert Weibchen!, sagt der Typ im Zoofachgeschäft), und wohin willst du dann mit zweihundert Wüstenrennern?
Mein Vater hingegen hat ein Händchen dafür, sich fürs Aquarium zwei "Weibchen" und drei "Männchen" andrehen zu lassen (sind Schwarmfische, jaaaaa), und zu Hause stellt sich raus, es sind zwei unterschiedliche Spezies, die einen erbitterten Territorialkrieg anzetteln.

Ich leiste mal ganz große Abbitte.
Dir ist klar, dass dein zweiter Komm mir eine Steilvorlage liefert, um hier auf verkanntes Genie zu machen? :D

Ok, jemand hat gesagt, wenn der Leser was nicht rafft, kann das auch mal an ihm selbst liegen, nicht am Autor.
Gut - das stimmt. Und ich bin die Letzte, die das in Abrede stellt.
Trotzdem, ich hatte alles gelesen, alles gesehen - ähnlich wie Schwups - und trotzdem den Zusammenhang einfach nicht erkennen können/wollen, was mir sonst eigentlich immer gelingt ... was weiß ich.
Ich halte weder dich noch Schwups für oberflächliche Leser, deswegen wurmt es mich ja gerade, dass ich so an euch vorbeigeschrieben hatte.

Heute Morgen denk ich "ach Möchtegern hat geantwortet, mal sehen, was sie schreibt" und guck auf den Titel und da stehts:
ALABASTERLÜGE = GIPSLÜGE.
Und dann polterte ein Ahaerlebnis vom Hirn in die Fußzehen und ich kam mir sehr sehr blöde vor.
Erstmal, wieso kommst du dir blöde vor, wenn du was verstehst?
Ich dachte, Leser halten sich in diesem Moment für klug ... ernsthaft, das ist entgegen meinen Absichten.
Der Titel hat den Ausschlag gegeben? Hm. Ich hab's wohl mit Titeln. Ich hatte als Arbeitstitel immer gehabt "Gipseier". Dann wollte ich als richtigen Titel "Kuckuckskinder" <- wäre vermutlich eine echte Interpretationshilfe gewesen. Aber ich hatte mir sagen lassen, dass ich in meinen Titeln "dauernd" Anspielungen auf etwas anderes mache (siehe Froschkönig mit der Märchenanspielung und den ersten Titel zum aPhone mit dem Bibelzitat). Also dachte ich, okay, mach mal was eigenes. Und hatte dann diesen schwurbeligen Gedankengang, wie sich hinter Alabaster, was ich immer für etwas Besonderes, besonders Schönes, besonders Wertvolles gehalten hatte (das Wort klingt ja schon so toll) ... halt Gips verbirgt. Also wie sich hinter Alabaster etwas verbirgt, was eigentlich gar nicht so toll ist, sobald man weiß, um was es sich handelt. Hat perfekt auf meine Geschichte gepasst. Und Lüge ist es eben weil, ach okay, jetzt hör ich aber echt auf mit dem Autor-erklärt-sich. ;O)

Also sorry für meine Dussligkeit, ich habs in Gänze (im inneren Zus.) erst jetzt gerafft. Und das liegt wirklich nicht an dir.
Ich weiß nicht. Also ich seh mich nicht in der Position, dir irgendwelche Vorwürfe zu machen, weil ich selbst eine viel zu große Leserarroganz habe. Vor allem hier im Forum. Damit meine ich: Ich guck mir einen Text an, ich versteh ihn nicht, ich schließe daraus, der Autor hat Grütze geschrieben. Innerhalb von Millisekunden. Und das ist auch gut so. Also bei jedem Erstposter, der unverständliches Geschwurbel postet, wenn man da jedesmal denkt "uh, der neue Kafka, ich verstehe es nicht, also muss es Kunst sein, ich beschäftige mich jetzt eine Woche lang mit diesem Text" - bah, wo kommt man denn da hin.

Danke für die Rückmeldung jedenfalls!

---
Sam & Markus: Ich antworte euch morgen. Ich will mir ein bisschen Zeit nehmen, um zu sehen, wo ihr Recht habt oder wo ich uneinsichtig sein will :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Erstmal, wieso kommst du dir blöde vor, wenn du was verstehst?
Ich dachte, Leser halten sich in diesem Moment für klug ... ernsthaft, das ist entgegen meinen Absichten.
Klar - weiß ich doch. Manchmal kommt man sich blöd vor, weil man im Nachhinein nicht mehr versteht, wieso man was nicht verstehen konnte, wenn man es dann endlich verstanden hat. Verstehst du? :D

Gedankengang, wie sich hinter Alabaster, was ich immer für etwas Besonderes, besonders Schönes, besonders Wertvolles gehalten hatte (das Wort klingt ja schon so toll) ... halt Gips verbirgt. Also wie sich hinter Alabaster etwas verbirgt, was eigentlich gar nicht so toll ist, sobald man weiß, um was es sich handelt. Hat perfekt auf meine Geschichte gepasst.
Genau das leistet der Titel ja auch, man muss ihn nur zur Kennnis nehmen. Wenn man das dann tut, wird man automatisch verstärkt zu den beiden Vögeln gelenkt und kriegt die Info "zur Fortpflanzung nicht geeignet" und dann dröselt sich alles, was man bemerkt hat, auf.

Und daher finde ich, jedenfalls was mich betrifft, du solltest aufhören an deiner Geschichte rumzukritteln, dieses Mal lags an der Leserin.
Liebe Grüße von mir

 

@Novak & Möchtegern,

gerade das Unklare und dass man nach dem ersten Mal lesen nur eine ungefähre Ahnung hat, worum es hier geht, hat Spaß gemacht!
Für die verborgenen Botschaften in solchen Texten gibt es ja Spoiler.

Wir fürchten uns alle - vermute ich mal - dass wir bei solchen Geschichten das Offensichtliche nicht sehen, weil wir zu oberflächlich oder zu doof sind, oder zu viele Kochshows schauen, anstatt den Dingen auf den Grund zu gehen. ;)
Wenn das dazu führt, dass manche Leute (z. B. myself) bei interessanten Texten genauer hinschauen, kann das nur von Vorteil sein.

Liebe Grüße,

Berg

 

Hallo Möchtegern

Jetzt sag ich auch nochmal was dazu.

Ich hab die Geschichte gleich am Abend gelesen, als du sie eingestellt hast. Gut, da hab ich schon gemerkt, ich komm nicht so damit zurecht, wollte dann aber auch nicht voreilig urteilen, vor allem, weil appo auch schon einen begeisterten Kommentar geschrieben hatte.

Dann hab ich sie am nächsten Abend noch zweimal gelesen, hab mich aber auch nicht besser zurecht gefunden. Aber weil mir zum einen deine letzten beiden Geschichten hier sehr gut gefallen haben und zum anderen auch immer wieder gesagt wird, dass auch solches Feedback für den Autor wertvoll sein kann, wollte ich dir meine Meinung nicht vorenthalten.

Novak sagt:

Ok, jemand hat gesagt, wenn der Leser was nicht rafft, kann das auch mal an ihm selbst liegen, nicht am Autor.

Würde ich auch nie bestreiten. Den Witz hier haben auch genug Leute verstanden, dass ich mir den Schuh ohne Probleme anziehe. Es lag dabei nicht an zu wenig Aufmerksamkeit, wie gesagt, ich hatte den Text vor meinem Kommentar dreimal gelesen und habe ihn jetzt nach allen Erklärungen nochmal gelesen.

Wobei ich der Idee, der Geschichte fehle es an einem roten Faden, entschieden widersprechen möchte.

Nun, ich habe gesagt, ich erkenne keinen roten Faden. Was auch die Wahrheit war. Wie gesagt schätze ich deine Texte, und ich weiss, du überlegst dir was dabei, das ist nicht einfach runtergeschrieben und schnell schnell und so. Von daher war ich mir recht sicher, es gibt dieses übergreifende Thema - gesehen habe ich es aber nicht.

Nach Erklärungen und nochmaligem Lesen nehme ich den Punkt auch zurück. Inzwischen ist auch bei mir der Groschen gefallen. Dass der Sohn ein Android ist, hab ich ja schon in meinem ersten Kommentar so als Randnotiz erwähnt - dass er den Eltern untergeschoben wurde wie ein Gipsei, ist mir dabei entgangen. Ich war irgendwie der Meinung, die Eltern wüssten das oder es sei normal in der Kolonie oder sie seien selbst Androiden, keine Ahnung. Für mich war die ganze Welt da, diese Kolonie, zu schummrig, um da ein klares Bild zu kriegen. Ich war der Meinung, die Mutter müsste sich doch an die Geburt erinnern. Oder vielleicht fand ich auch die Vorstellung absurd, dass ein Android wächst und älter wird. Oder dass sich ein Kind auch mal das Knie aufschürft und es dann sichtbar wird.

Klar, wenn ich die Geschichte mit jetzigem Wissen lese ist es offensichtlich. Aber das ist es meist, wenn man den Witz kennt.

Bei der Stelle habe ich mich zuerst ziemlich verarscht gefühlt, ich dachte erst, das Kursive gehört zusammen und du wolltest allen ernstes sagen, du würdest den Zusammenhang augenscheinlich krankes Kind -> Vater bleibt zu Hause -> dem "Arbeitgeber" passt das nicht nicht verstehen.

Möchtegern, du kannst mir glauben, dass ich hier Autoren nicht verarschen will, wenn ich ihre Texte kommentiere. Ich fand es zwar verwunderlich, dass ein immerhin schulpflichtiges Kind (habe den irgendwie auf 12 oder so eingeschätzt) wegen Bauchschmerzen elterliche Betreuung braucht (zumal der Arbeitsplatz des Vaters auf dem Spiel steht), aber es passt dann schon zur (vielleicht übertriebenen?) Fürsorge der Eltern, denen es schwerfällt, ein Kind zu bekommen. Insofern, mit meinem Wissen jetzt ist das konsequent.

Insgesamt ist die Geschichte dann auch schlüssiger. Ein grosser Fan werde ich davon trotzdem nicht, da meine ursprünglichen Kritikpunkte, wie bspw. die Distanz zu den Figuren, nach wie vor gelten. Das sind jetzt aber sicher meine subjektiven Eindrücke, das hat mich halt alles nicht so angesprochen, insgesamt hat die Geschichte ja viel Lob bekommen.

Ich mach das wohl nicht wieder in der Form, aber so als Experiment ist das interessant zu sehen, was beim Leser ankommt oder eben auch nicht.

Ja ist sicher so. Klar, als Autor ist einem immer alles klar, man hat ja meist noch viel mehr Bilder im Kopf als die, die im Text stehen. Wie gesagt, ich nehm das auch auf meine Kappe - aber ich glaube, ohne Hinweise wäre ich auch nach zehnmaligem Lesen nicht draufgekommen. Wollte diesmal halt einfach nicht zünden bei mir, vielleicht beim nächsten Mal wieder.

Viele Grüsse,
Schwups

 

Viel später als geplant, aber besser jetzt als gar nicht mehr ...

Hi Markus,

Gut, dir hat die Idee gefallen und du fandest den Vergleich genial, das ist doch eine gute Basis.

Bei aPhone habe ich gesagt, dass das nett und harmlos sei und das ist es hier eigentlich auch, doch steckt da eine grausame Realität dahinter.
Wir müssen mal dringend über deine Definition von "nett und harmlos" reden! ;O)

Insgesamt scheinst du eher enttäuscht gewesen zu sein, schade, aber wohl nicht zu ändern. Warum dir die Szenen Alex-Schule-Arzt so missfallen, kann ich nicht erraten, für mich sind die nicht "anders" als die Szenen, die dir gefallen haben (also ich wüsste nicht, wie der Qualitätsunterschied zustande kommt).

Immerhin hast du's trotz allem "gern gelesen", sowas seh ich natürlich gern unter meinem Text!

Hi Sam,

sorry, dass du so ewig auf eine Antwort warten musstest, aber was änderst du auch deine Meinung hinter meinem Rücken, die Antwort auf deinen ersten Komm hatte ich schon fertig gehabt ... ;O)
Aber gefreut hat es mich natürlich, sieht so aus, als hättest du inzwischen in der Richtung gelesen, die ich mir für den Text vorgestellt hatte.

Was mich stört, sind einzelne Stellen, die falsche Fährten legen, wie ich finde. Warum blutet der Protagonist?
Darüber hab ich nachgedacht, weil ich "falsche Fährte" mit "Leserverarsche" gleichsetze, und das ist etwas, was ich als Leser auch überhaupt nicht ab kann. Also, da gehe ich mit, dass sowas verwerflich ist und ärgerlich. Meist hat man das bei irgendwelchen Krimis, wo man als Leser gar nicht den Durchblick haben kann, weil der Autor Informationen zurückhält oder falsch darstellt oder ... ja, ist nicht mein Ding.
Und ich hab mich hier gefragt: hab ich in Alabaster so eine Nummer abgezogen? Hab mir den Text mehrfach durchgelesen und komme zu dem Schluss: nein. Wenn man den Text zum ersten Mal liest, dann stößt man auf mehrere Ungereimtheiten, Sachen, die nicht richtig passen. Wenn man das Ende kennt und es mit diesem Aha-Erlebnis klappt (ich weiß ja jetzt, das ist nicht so selbstverständlich), dann fügen sich alle Ungereimtheiten in ein bestimmtes Bild. Ja, der Erzähler weiß um seine 'Seinsform' (also, er weiß, dass er kein Mensch ist), ja, er behält das für sich. Der Witz bei Gipseiern ist doch gerade, dass die Eltern sie für echt halten müssen. Er kennt seinen Lebenszweck nicht (wer tut das schon) und er reagiert wütend auf die Lehrerin und den Arzt, die ihn behandeln wie ein minderwertiges Irgendwas (finde ich sehr verständlich, dass der Erzähler sich dagegen wehrt, ein Wesen mit so hoch entwickeltem Bewusstsein). Soweit keine falschen Fährten.
Bleibt die Sache mit dem Blut. Das hat ja nicht nur dich verwirrt, ich glaube, Schwups ebenfalls. Vielleicht braucht es viel Vorstellungskraft, dass man einen künstlichen Menschen mit Haut und Blut und Gewebe bauen kann (ja, ist unrealistische SciFi, das hier). Aber das muss so sein, damit die Eltern nix merken. Und es steht nicht im Text, was genau der Erzähler sein soll, also sollte es da auch kein vorgefertigtes Bild im Leser geben, mit Definitionen, gegen die das Blut verstoßen könnte. Steht denn irgendwo in Stein gemeißelt, dass Androiden niemals bluten? Bluten die in BladeRunner nicht sogar ganz fleißig?
Also, ich hab mir das überlegt, weil gerade der Vorwurf falscher Fährten ja schwerwiegt bei so einem Text, aber ich seh da keine. Ich kann natürlich nicht verhindern, dass Leser auf falsche Fährten abbiegen, weil die bestimmte Gedankengänge haben, die ich nicht vorhersehen und ausschließen kann (zB: Kind blutet -> muss auf alle Fälle ein Mensch sein). Also, wenn das für dich eine feststehende Schlussfolgerung ist "Blut->Mensch", dann hat der Text natürlich keine gute Chance bei dir. Aber ist wie gesagt nichts, was ich hätte wissen können, da kann ich auch nicht um solche Stolperfallen herumschreiben.
Dabei versuch ich schon immer, mich gegen mir nicht genehme Lesergedanken abzusichern, aber es geht halt nicht vollständig. Hier zB hab ich aus einem Blockwart in letzter Sekunde einen Kolonialwart gemacht, weil ich befürchtet hatte, Leser bekommen sonst ganz ganz schräge Nazi-Assoziationen und driften in komische Richtungen, die ich für meinen Text nicht wollte. Vielleicht wär's aber auch gut gegangen, das weiß man nicht.
Wohwollender klänge wohl: Du erzählst sehr fintenreich, man muss aufpassen, in deinen Geschichten nicht vom Kurs abzukommen.
So hab ich mich bisher noch nicht gesehen. Ich werde das auch in Zukunft wieder anders haben, versprochen.
Fazit: Aller Meckerei zum Trotz: Ja, verdammt, es ist eine gute Geschichte.
Danke :)

Hi Novak,

Manchmal kommt man sich blöd vor, weil man im Nachhinein nicht mehr versteht, wieso man was nicht verstehen konnte, wenn man es dann endlich verstanden hat. Verstehst du?
Ich kenn das Gefühl. So sollte es aber nicht laufen, mein Plan war, dass Leser sich hinterher schlau vorkommen, weil sie alles durchschauen, die meisten Figuren in der Geschichte aber nicht ... ja, der Plan ist nicht so richtig aufgegangen.

Danke für die Rückmeldung.

Hi Berg,

gerade das Unklare und dass man nach dem ersten Mal lesen nur eine ungefähre Ahnung hat, worum es hier geht, hat Spaß gemacht!
Yeah, bei dir hat der Plan funktioniert!

Wir fürchten uns alle - vermute ich mal - dass wir bei solchen Geschichten das Offensichtliche nicht sehen, weil wir zu oberflächlich oder zu doof sind, oder zu viele Kochshows schauen, anstatt den Dingen auf den Grund zu gehen. ;)
Wenn das dazu führt, dass manche Leute (z. B. myself) bei interessanten Texten genauer hinschauen, kann das nur von Vorteil sein.
Ich zieh mir den Schuh an, dass mein Text nicht soooo offensichtlich ist, das feedback ist doch eher durchwachsen. ICH find es halt offensichtlich, aber ich weiß halt auch über den Text Bescheid ...

Hi Schwups,

Ich finde nicht, dass du dich rechtfertigen musst, den Text "nicht verstanden" zu haben. Das ist eben so, du warst (leider) nicht der einzige, ich muss akzeptieren, dass mein Text nicht so klar für den Leser ist, wie er mir im Kopf steht.
Ich würde das reparieren, wenn ich wüsste, wie. Mir gibt das nichts, nicht verstanden zu werden. Siehe meine üble Tendenz, mich selbst zu interpretieren (war glaub ich noch nie so deutlich wie hier in diesem Thread, und ich gelobe Besserung in der Hinsicht).

Aber weil mir zum einen deine letzten beiden Geschichten hier sehr gut gefallen haben und zum anderen auch immer wieder gesagt wird, dass auch solches Feedback für den Autor wertvoll sein kann, wollte ich dir meine Meinung nicht vorenthalten.
Ich freu mich sowieso über jedes feedback, und deins WAR wertvoll, wie gesagt.

Den Witz hier haben auch genug Leute verstanden, dass ich mir den Schuh ohne Probleme anziehe. Es lag dabei nicht an zu wenig Aufmerksamkeit, wie gesagt, ich hatte den Text vor meinem Kommentar dreimal gelesen und habe ihn jetzt nach allen Erklärungen nochmal gelesen.
Es nagt an mir, dass sich der Text so bockig anstellt, auch wenn ein Leser ihn mehrfach liest, aufmerksam liest und sich auch sonst gründlich damit auseinandersetzt (was du, wenn ich mir deine Kommentare angucke, grundsätzlich tust hier im Forum). Aber ich wüsste nicht, warum das an DIR nagen sollte. Nochmal, du bist nicht der einzige, der vor dem Text mit einem großen Fragezeichen stand, nicht der einzige hier im Thread, und ich vermute, für jeden Komm unter einem Text gibt es eine ganze Lesergruppe, der es ähnlich ging, die aber nicht kommentieren.

Wie gesagt schätze ich deine Texte,
Autorenego freut sich ;O) Das mal so aus der Reihe.

Dass der Sohn ein Android ist, hab ich ja schon in meinem ersten Kommentar so als Randnotiz erwähnt - dass er den Eltern untergeschoben wurde wie ein Gipsei, ist mir dabei entgangen.
Ja, ich würde den letzten Punkt reparieren, wenn ich eine Idee hätte, wie. Wie man den Leser darauf bringt, diese Idee zu haben (ohne es auszuformulieren)
Ich war der Meinung, die Mutter müsste sich doch an die Geburt erinnern.
Ja, tut sie, genau wie die Vogelmutter sich an ihre Eiablage erinnert, und die Geschichte verdankt dir einen zusätzlichen Satz:
"Was soll ich jetzt machen?", fragte ich.
"Ja was?", fragte Mama. "Wir können doch nicht zu Pedro sagen 'verehrte Dame, seien Sie vernünftig'?"
"Nein, wir sollen ihr ein Gipsei geben. Das Gipsei zerbricht nicht und Pedro ist zufrieden. Die echten Eier nehmen wir weg und vernichten sie", erklärte Alex.
Mir war das völlig klar. Aber vielleicht hat nicht jeder so eine morbide Phantasie wie ich.

Oder vielleicht fand ich auch die Vorstellung absurd, dass ein Android wächst und älter wird. Oder dass sich ein Kind auch mal das Knie aufschürft und es dann sichtbar wird.
Ja, auch Sam hat sowas gesagt, der meinte, das Blut wäre eine falsche Fährte. Also, ich seh es nicht als solche (siehe meine Antwort an Sam). Ich hatte überhaupt kein Problem damit, mir einen Menschenersatz vorzustellen, der wächst, älter wird und blutet. Aber ich sehe, da will nciht jeder Leser mit. Das ist eine interessante Information. Hab ich nicht vorausgesehen, dieses Problem.

Klar, wenn ich die Geschichte mit jetzigem Wissen lese ist es offensichtlich. Aber das ist es meist, wenn man den Witz kennt.
Eben. Fragen, auf die man die Antwort kennt, sind einfach.
Möchtegern, du kannst mir glauben, dass ich hier Autoren nicht verarschen will, wenn ich ihre Texte kommentiere.
Glaub ich dir. Aber im ersten Moment hab ich ehrlich gedacht "okay, bei dem Punkt mit Papa-bleibt-zu-Hause stellt der sich jetzt absichtlich blöd, oder?". Liegt wohl daran, dass ich bei den anderen Sachen so verzweifelt war, dass die Übertragung des Gipsei-Konzepts nicht geklappt hat und so.

Ich fand es zwar verwunderlich, dass ein immerhin schulpflichtiges Kind (habe den irgendwie auf 12 oder so eingeschätzt) wegen Bauchschmerzen elterliche Betreuung braucht (zumal der Arbeitsplatz des Vaters auf dem Spiel steht), aber es passt dann schon zur (vielleicht übertriebenen?) Fürsorge der Eltern, denen es schwerfällt, ein Kind zu bekommen.
Ja, ich seh jetzt auch, woher das Missverständnis kommt. Also, ja, ich hab mir vorgestellt, dass die Eltern da extrem fürsorglich sind - u. a. deshalb, weil das Kind zum allerersten Mal (!) krank ist. Da ist richtig Panik angesagt, die sind da nicht so reingewachsen wie echte Eltern heute.
Und dann kommt noch hinzu, dass ich mir den Erzähler jünger vorstelle, jünger als zehn. Aber sein extrem altkluges und ich-hab-hier-alles-im-Griff-Auftreten in Verbindung damit, dass ich die Sprache nicht auf zu kindlich trimmen wollte (das hat sich so furchtbar gelesen, ich hatte es probiert), führt wohl dazu, dass der Kleine bei vielen Lesern älter wirkt.

Ein grosser Fan werde ich davon trotzdem nicht, da meine ursprünglichen Kritikpunkte, wie bspw. die Distanz zu den Figuren, nach wie vor gelten.
Okay. Die Distanz zu bzw. der extrem eingeschränkte Blickwinkel auf Alex ist ja absichtlich so gebaut. Wenn dir der Erzähler auch so fern geblieben ist (was NICHT meine Absicht war) - ja, klar, da kann der Text nicht bei dir zünden. Schade.

aber ich glaube, ohne Hinweise wäre ich auch nach zehnmaligem Lesen nicht draufgekommen.
Glaub ich dir. Und wäre der Text wirklich richtig richtig richtig gut, dann würde der eben alle Leser mitnehmen.

Wollte diesmal halt einfach nicht zünden bei mir, vielleicht beim nächsten Mal wieder.
Ja, das wär schön, probieren wir es aus!

 
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Hallo Möchtegern,

ich habe deine Geschichte gern gelesen. Die Erzählstimme führt sehr gut und wegen des trockenen Stils auch sehr unterhaltsam durch das Geschehen. Alles, was du so scheinbar nebenbei offenbarst, baut eine interessante Ansicht zusammen, das geschieht unaufgeregt und entspannt. Einige Stellen fand ich sehr lustig, einfach aus der lakonischen Betrachtungsweise deines Prots heraus, das hat mir gefallen.

Du ziehst den Stoff konsequent durch, es ist fast mehr eine alltägliche Familiengeschichte mit sparsamen SiFi-Elementen, aber diese geben dann ausreichend Möglichkeiten zum Nachdenken, wie sich das Leben in der Zeit, die du beschreibst, geändert hat. Teilweise fand ich deinen Beschreibung fast so ein bisschen Astrid-Lindgren-mäßig, aber auf eine sehr ironische Art, weil du mit dem Familienleben an sich so schön herumspielst.

Die Geschichte über das Vogelpärchen ist ein schöne ironische Zusatzbetrachtung zum Thema Kontrollierte Familienplanung. Ich habe an Rosenköpfchen (im Volksmund auch "Liebesvögel" genannt) gedacht. Meine Eltern hatten die mal früher, und die haben sich genau so verhalten, wie du das beschreibst (Die Vögel, nicht die Eltern!). Berühmt wurden die Rosenköpfchen durch den Film "Die Vögel", da fährt Tippi Hedren mit einem Pärchen im Käfig zum Haus der Brenners, wo sich dann so nach und nach die wirkliche Vogel-Katastrophe entwickelt. Auch da waren die Rosenköpfchen eine ironische Fußnote.

Nun denn, es hat Spaß gemacht, die KG zu lesen und einmal mehr beweist du, dass es auch außerhalb vom Krieg der Sterne und blutrünstigen Aliens eine Zukunft gibt, die es zu beschreiben lohnt. Deine Zukunftsstorys lesen sich immer so, als hätte das, was du beschreibst, eigentlich schon fast begonnen.

Irgendwo stach mir ein "das" ins Auge, das eigentlich "dass" hätte lauten müssen, aber ich find's jetzt nicht. Such mal selbst danach ;-)

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Rick,

sieht aus als hätte der Text dir Spaß gemacht, das ist schön :)
Wobei ich über "ironisches-Astrid-Lindgren-mäßig" echt gestaunt habe, so hätte ich den Tonfall gar nicht eingeschätzt ... wobei, da ich die Lindgren-Kinderbücher, die ich kenne, allesamt liebe - nehm ich das einfach mal als tolles Kompliment.

Einige Stellen fand ich sehr lustig, einfach aus der lakonischen Betrachtungsweise deines Prots heraus, das hat mir gefallen.
Jawohl, ich hab auf den einen oder anderen Schmunzler auf Leserseite natürlich gehofft. Ob das dann so funktioniert - DAS ist natürlich immer die Frage.
Die Geschichte über das Vogelpärchen ist ein schöne ironische Zusatzbetrachtung zum Thema Kontrollierte Familienplanung.
Für mich ist es mehr als eine "Zusatzbetrachtung", ich dachte, ohne diesen parallelen Strang der Geschichte lässt sich der Rest des Textes gar nicht verstehen? Aber das ist bei diesem Text sowieso sehr durchwachsen, wer den wie liest (ich weiß nicht, ob du dir die anderen Komms durchgeguckt hast).

Ich habe an Rosenköpfchen (im Volksmund auch "Liebesvögel" genannt) gedacht. Meine Eltern hatten die mal früher, und die haben sich genau so verhalten, wie du das beschreibst (Die Vögel, nicht die Eltern!).
Das hör ich jetzt zum zweiten Mal, dass ein Leser an Rosenköpfchen erinnert wird. Ich hab nicht bewusst an die gedacht, aber wir hatten früher Wellensittiche und Rosenköpfchen -> und meine Vorstellungen, wie sich Hausvögel so verhalten, habe ich von denen. Inklusive zerbrochener Eier.
Beim Schreiben dachte ich immer an "irgendwelche Papageien", aber dann wollte ich den Gag mit der falschen Geschlechtsbestimmung bringen - und gerade bei Papageien ist Geschlechtsdimorphismus selten. Speziell Rosenköpfchen unterscheiden sich äußerlich glaub ich gar nicht.
Also sind es im Text jetzt nur "Vögel".

Berühmt wurden die Rosenköpfchen durch den Film "Die Vögel", da fährt Tippi Hedren mit einem Pärchen im Käfig zum Haus der Brenners, wo sich dann so nach und nach die wirkliche Vogel-Katastrophe entwickelt. Auch da waren die Rosenköpfchen eine ironische Fußnote.
Ja, ich erinnere mich. Den Film haben wir in Englisch in der Schule gesehen (nachdem wir die Vorlage gelesen hatten), und ich habe die Vokabel lovebirds in dem Zusammenhang gelernt, das weiß ich noch ganz genau. Auf Deutsch hab ich allerdings noch nie gehört, dass jemand von seinen "Liebesvögeln" geredet hat, das waren dann immer "meine Rosenköpfchen", "meine Pfirsichköpfchen" usw.


Nun denn, es hat Spaß gemacht, die KG zu lesen und einmal mehr beweist du, dass es auch außerhalb vom Krieg der Sterne und blutrünstigen Aliens eine Zukunft gibt, die es zu beschreiben lohnt. Deine Zukunftsstorys lesen sich immer so, als hätte das, was du beschreibst, eigentlich schon fast begonnen.
Daran erkenne ich, dass du meinen Froschkönig nicht gelesen hast :D
Ich hab nichts gegen Aliens oder Krieg der Sterne (im Gegenteil, ich bin gespannt wie ein Flitzebogen auf die von Disney angekündigten Fortsetzungen), aber ich selbst hab noch nichts in der Richtung fertiggeschrieben. Kommt noch ... 8)

Irgendwo stach mir ein "das" ins Auge, das eigentlich "dass" hätte lauten müssen, aber ich find's jetzt nicht. Such mal selbst danach
Ich guck gleich mal. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass ich keine Fehler aus Schlamperei mache sondern immer mit der Inbrunst der Überzeugung "das gehört so", daher ist es fraglich, ob ich dieses das(s) aufstöbern kann ...

Danke!

Edit: Ich habe diese Stelle verdächtigt und geändert:
"Dann steh auf. Wir gehen zu Doktor Perrera. Dass du nicht nochmal eine Prügelei anfängst! Wehe, du! Hast du das verstanden?"
Falls ich daneben lag, möge man es mir mitteilen ... :D

 

Hallo,

Aber wenn schon, dann einen großen Bruder. Meine Eltern haben gelacht und gesagt, ich meinte natürlich kleine Schwester. In Wirklichkeit meinte ich: Ich will überhaupt nichts. Man sollte meinen, meine Eltern hatten mit einem Sohn genug. Wir kommen zu dritt sehr gut zurecht.
Meine Eltern waren nicht von dieser kleinen Schwester abzubringen und fingen an, alles zu tun, damit Mama schwanger wurde. Papa räumte den Gerümpelraum aus und strich die Wände gelb.
Ich find das wirklich hervorragend, das ist für mich stilistisch eine der besten Geschichten, die ich im Forum überhaupt je gelesen habe. Weil die Erzählstimme herausragend ist, dieses Kind ist der Hammer, wie das erzählt
Hier die Dynamik schon in den ersten Szenen mit der falschen indirekten Rede, was da für ein Drive reinkommt. Es läuft und dann kurz Stop und das Kind sagt so einen „Basta“-Satz, so einen „so ist es“-Satz: Wir kommen zu dritt sehr gut zurecht.
Dann waren die Eltern „nicht von dieser kleinen Schwester abzubringen“ - da ist die Formulierung mit dem Demonstrativpronomen und der Verwendung des Verbs „abbringen“ schon wirklich toll.
Also ich bin von dieser Figur begeistert und von der Erzählstimme, die gefunden wurde, da ist die Balance getroffen zwischen so einem altklug-magischem Kind und einem naiven, natürlich ist das eine Kunstsprache, Kinder sind nicht soo clever – aber der Trick in der Geschichte ist es ja, diese Kunstsprache durch den Inhalt zu legitimieren.
Das ist ein Stil hier, der natürlich nicht durch Metaphern oder besonders schöne Ausdrücke punktet, sondern durch die Dynamik in der Erzählstimme, wie das fließt, wie das fällt – das ist ganz großes Tennis hier. Ich kann das Kind hören, ich kann das sehen, ich merke, wie es denkt. Alles durch die indirekte Charakterisierung in der Erzählstimme.

Zum Glück wurde ein kleines Mädchen von einer Steinlawine verschüttet. Mama rief die Kolonialverwaltung an und bestellte ihren Namen. "Truthhild", verkündete Mama stolz. "Unsere Truthi."
Dann baute sie ein Kinderbett für "unsere Truthi". Papa lackierte es gelb und ich trat rein zufällig dagegen, als der Lack noch feucht war. Papa wurde wütend und schrie mich an, da musste ich dann mal zurückschreien. "Die Kolonie ist viel zu groß, und ihr wollt ein Kind kriegen!"
"Das hast du falsch verstanden. Hier bekommt niemand einfach ein Kind. Wir warten, bis ein Name frei wird und reservieren den. Dadurch bleibt die Kolonie immer gleich groß."
Eigentlich wollte ich ganz viel dazu sagen. Die Sauerstofftanks werden schneller geleert, als wir sie auffüllen können, deswegen können wir die Größe nicht halten. Wir müssen schrumpfen, oder die Kolonie bricht zusammen. Sowas wollte ich sagen, so wie die Gómez in Sachkunde immer.
Stattdessen zuckte ich die Schultern. Es hat keinen Sinn, Mama und Papa sowas zu erklären.
Hier auch wieder, was da für eine Dynamik drin ist in diesem unverbundenem Stil. Da heißt es immer: Ja, warum denn keine Adjektive, warum denn keine Füllwörter, warum willst du das verbieten? Ja, weil wenn man es weglässt, man so einen dynamischen Text wie den hier hinkriegt. Weil das halt eine so schlanke, tolle Prosa gibt – das ist ja auch nicht karg, also es bleiben Adverben drin, aber die sind in kurzen, abwechslungsreichen Sätzen.
Da kann man wirklich mal gucken, was hier richtig gemacht wurde, was in Texten, die sich schwer lesen lassen, nicht so gut gemacht wurde. Das hier sind vor allem kurze Sätze, sie haben einen abwechslungsreichen Satzbau, der Modus wechselt häufig, es sind wenig Füllsätze, wenig Erklärungen, es gibt nur einen Hauptstrang und es fließt so großartig.
Zum Glück wurde ein kleines Mädchen von einer Steinlawine verschüttet.
Papa lackierte es gelb und ich trat rein zufällig dagegen, als der Lack noch feucht war.
Natürlich ist das lakonisch, aber es ist auch von so einer neurotischen Hilflosigkeit, da verliert ein Kind die vermeintliche Kontrolle über sein Umfeld. Und irgendwie ist das was, das wir süß finden, dass ein Kind wirklich meint, es hätte die Kontrolle über sein Umfeld. War in „Blind Side“, hab ich neulich gesehen, auch so, da ist ein Knirps, der dann mit den Footballmanagern verhandelt, wo sein Adoptivbruder spielen soll.

Papa wüsste doch, wie die Kolonie jeden brauchte, und Papa wäre doch sowieso schon so langsam, wenn er jetzt noch Pause machte, wie wollte er das jemals aufholen?
Die Geschichte ist natürlich was zum mehrfach lesen. Im Prinzip klappt hier das, was mir in diesen „Lieber Papa, liebe Mama, Gruß Schatz“-Briefgeschichten so missfallen hat, hier wird eine Dystopie durch Kinderaugen schön gezeigt. Da sind Leute „krank“, wenn man das durchdenkt, dann sieht man was das für eine „Krankheit“ ist – also der ganze Text ist, für mich, nur zu verstehen mit den Gipseiern, dass man sagt: Man hat hier diese Leute, Mama und Papa, die brauchen eine Perspektive, die brauchen ein Kind, damit ihr Leben nicht sinnlos ist – aber fortpflanzen lassen können wir die nicht, zu schlechte Gene, und der Platz ist zu wertvoll, im Käfig gibt’s auch nur Platz für zwei Vögel, aber wir erkennen diesen Instinkt an und halten die beiden „artgerecht“ und geben ihnen halt ein Androiden-Kind zum Spielen. So wie man kleinen Mädchen eine Puppe geschenkt hat, damit sie schon mal Mami üben können.

Das find ich schon richtig gut, ich hab in den Details, also für mich war Alex nicht ein weiterer Android, sondern der war für mich wirklich so ein „Strafkolonist“, der da hingeschickt wurde, um dann seinen eigenen Käfig zu bewohnen.

"Ich weiß, dass du nicht krank bist. Was soll das Theater? Morgen machst du auf gesund, ist das klar?", flüsterte er mir ins Ohr.
"Mir tut der Bauch weh", sagte ich ruhig. "Mir wird der Bauch oft wehtun, wenn ich eine Schwester bekommen muss."
Der Kolonialwart nickte. "Du bekommst keine Schwester, mach dir keine Gedanken. Morgen gehst du zur Schule, sonst komme ich her und hole dich ab."
Ja, das sind ja so Passagen, beim ersten Mal hab ich die gelesen und hab die als „etcetera“ abgehakt, und beim zweiten Lesen, mit dem Gipsei-Gedanken im Kopf, sind die natürlich genial. Der Kolonialwart weiß, dass es ein Roboter ist und er weiß auch, dass die Eltern nie die Erlaubnis für „normale Fortpflanzung“ kriegen. Vielleicht sind die da sterilisiert worden sogar, oder sie tun was sterilisierendes ins Trinkwasser.

Mit dem etcetera-Prinzip, dass ein Leser so viel übersehen kann und trotzdem den Text liest, in der Hoffnung der Rest ergibt sich schon noch (also warum nicht jeder nach 1 Zeile sieht das ist ein Android, obwohl da diese Befehlszeilen stehen):
Persönliche Anekdote: Ich hab mal bei einem der ersten Sadhowrun-Romane (das ist so Standard-SF mit durchaus talentierten Autoren), da gibt es eine Szene, da fängt ein Kapitel ganz anders an, als das letzte aufgehört hat, Protagonist und semi-Antagonistin sind auf einmal ein Paar, die Probleme haben sich erledigt, alles sieht ganz cool aus und als Leser dachte ich so: „Oh, hab ich wohl vorhin nicht so richtig aufgepasst, muss ich wohl 2, 3 Kapitel im Blindflug überlesen habe“, dabei war das natürlich nur die sinistre Gedankenmanipulation des Schurken (mit den Figuren mein ich, nicht mit mir), also das mal als Beispiel dafür, was man unter diesem „etcetera“-Konzept alles machen kann, da kannst du einen Düsenjet parken.

Frau Rietmeyer, meine alte Lehrerin aus der Zweiten, ging dazwischen. Da lag ich schon eine Weile auf dem Boden. Sie kreischte rum wegen dem Blut, aber als sie mich erkannte, beruhigte sie sich.*
"Tut nicht schlimm weh, oder?", fragte sie.
Das ist das zweite Beispiel für etwas, das man beim zweiten Mal lesen entdeckt.

"Ja", sagte ich. Es kam vielleicht etwas weinerlicher raus als nötig. Ich ließ mich von Mama in den Arm nehmen, gab ja kaum Zeugen. Über ihre Schulter warf ich Doktor Perrera einen wütenden Blick zu. Der verdrehte die Augen und drohte mir mit dem Finger, aber er grinste dabei. Mama streichelte über meinen Kopf und flüsterte mir zu, dass mein Geschenk angekommen wäre. Ich war noch immer sauer wegen Pete, seinen Freunden und der Rietmeyer, aber auf das Geschenk wurde ich neugierig, das ist ja klar. Ich wollte schnell nach Hause.
Ich find das hinreißend. Ich find die Erzählfigur hier und der Tenor – der ist wirklich hinreißend. Und das durch dieses kalte SF-Setting verstärkt ist der Hammer. Und dann noch diese geile Idee dieser Geschichte. Also das ist wirklich eine riesen Geschichte hier.
Es ist dann die Frage, ob man mit einem „klassischen“ Aufhänger-Plot das ganze konventioneller macht, damit es mehr Leute mitkriegen, dass man sagt, man braucht eine äußere Handlung noch, dann kommt man aber leicht aus der Kurzgeshichte raus und muss ganz anders gewichten.
So als Idee der Geschichte: Diese „Gipsei“-Idee auf den Menschen angewandt – das reicht mir völlig, das ist frisch und neu, da braucht es drumherum keinen Exo-Plot. Deshalb fand ich das Ende so toll, dass man wirklich bei den Gipseiern rausgeht, dass der leser hochguckt und sich fragt: Was ist denn jetzt? Warum ist das hier zu Ende? Und dass dann ein Prozess eintritt.
Das Problem ist, hier im Forum, wenn man da irritiert von einer Geschichte hochschaut, dann denkt man nicht drüber nach, sondern ruft „Autor Autor, ich hab da was“.
Das ist wirklich ein Problem. Neulich einen Musiker gehört, der meinte, in den 70ern sei er aufgewachsen, jede Woche mit dem Taschengeld eine Single gekauft und die gehört; wenn sie ihm gefallen hat 50mal, wenn nicht dann immer noch 10, 12 mal, weil es war halt die einzige Single. Heute Ipod-Playlisten, spulen die Leute nach 20 Sekunden weiter.
Und: Ich denke das muss man mal verlangen können wieder, wenn ein Leser mit einem Text nicht gleich was anfangen kann, ist das auch mal okay. So eine „Einsame Insel“-Situation, ich bin mir sicher, wenn man den Text hier ausdrücken würde, und läse ihn am 1. Tag eines 2wöchigen Urlaubs, hat den da mit, ohne Internet, ohne alles, vielleicht weiß man nicht, wer den geschrieben hat, oder schreibt den Namen eines Autors mit Kredit drüber, dann wird so ein Text ganz anders gelesen.
Das ist wirklich ein Problem unserer Zeit – nicht nur des Forums hier – aber es liegt an der Art, wie wir lesen, was wir mit Lesen verbinden, dass sich das ändert, dass sich die Lesetiefe ändert. Da hab ich neulich einen Artikel gelesen, wo es um diesen „digitalen Analphetismus“ geht, da hat eine Professorin gesagt, sie habe jetzt ihr Lieblingsbuch wieder gelesen, von Hesse, und sie könne nichts mehr damit anfangen, sie kann sich einfach nicht mehr so intensiv auf einen Text einlassen wie früher.
Mein Lieblingskolummnist schreibt das immer, früher war er im Stadion und hat Basketball geguckt oder Baseball, dann hat er 4 Stunden Baseball geguckt und nix anderes. Heute: Smartphone, Ipad, Notebook, Emails, was weiß ich.
Die Leute gucken Filme im Internet, nach 30 Minuten stehen sie auf, gehen aufs Klo, gucken die Mails durch, bei langweiligen Szenen spulen sie vor, jetzt wollen sie noch einen „Second Screen“ einführen, damit man zwischendurch noch erfährt, wer Jessica Biel die Haare gemacht hat.
Ich mein damit, dass Autoren selbst gerne tief schreiben wollen und möchten, dass man sich mit ihren Werken gesondert und ruhig befasst, aber es gibt so eine Bewegung zum Multi-Tasking, zum „gleich verstehen“ wollen, zu einer großen husch-husch-Oberflächlichkeit, die ist da, aber – ich denke -wenn es in irgendeinem erzählerischen Medium dazu kommen wird, dass es da einen „backslash“ gibt, dann ist das klar, das geschriebene Wort und die Erzählung.
Und da sollte man als Leser auch nicht verführt werden. Oder nicht immer. Das ist nicht hier der große Zeigefinder des Verurteilens, sondern das merke ich bei mir auch. Ich kann auch bald nicht mehr 60 Minuten was konzentriert machen, ohne irgendeine Seite zu aktualisieren oder so. Andere machen das mit ihren Smartphones – wenn ich so ein Ding hätte, würde ich wahrscheinlich völlig implodieren. Das verträgt sich nicht tieferen Erlebnissen, wenn man sich mit Kunstformen beschäftigt. Sondern da sind wir bei so einem 2:30-Rhythmus.
Das Problem bei dem Text ist – ich hab das auch erlebt -, dass es als Autor natürlich unheimlich reizt, eine Geschichte in einer Geschichte zu verstecken, dass man so tut als wär da nix, dass man nicht auf die Geheimnisse in der Geschichte zeigt und dicke Neon-Zeigefinger hinstellt. Das ist ein Trieb als Autor und es ist auch ein Vergnügen als Leser, dieses Verstecken, das zu Schwierigkeiten führt. (wie gesagt: Ich hab das auch erlebt), aber wenn es klappt: Genuss!

Für mich ist das eine der besten Geschichte, die ich hier je gelesen habe.
Man könnte als Kritik anführen, dass es einen stärkeren Außenplot bräuchte, um Leser, die nur drüber lesen wollen, stärker in die Geschichte hineinfallen zu lassen, aber naja … ich find die Geschichte einfach so wie sie ist, verdammt gut, vielleicht weil auch 50% davon nur in meinem Kopf da sind und da fühlen sie sich sehr wohl. Vielleicht les ich bei so einer Geschichte nicht nur das, was da steht, sondern noch mehr, aber – ist das nicht das, warum man überhaupt liest?

Großes Kompliment für die Geschichte
Quinn

 

Hey Moechtegern,

also ich weiss auch nicht, warum ich so lange um die Geschichte rumgeschlichen bin, ohne sie ueberhaupt anzulesen. Weil sie in SciFi steht? Weil die Kommentatoren verwirrt waren? Weil mir Deine letzte Geschichte mit der Frau und dem aPhone nicht so gut gefallen hat? Egal. Jetzt hab ich sie gelesen und hab mich echt darueber gefreut. Also die Grundidee ist schonmal sehr sehr clever. Ob ich auch ohne die Kommentare verstanden haette, worum es da geht? Ich behaupte einfach mal: ja. Warum sollte das Alabasterei sonst so prominent am Ende stehen. Da macht man sich als Leser doch auf die Suche, wenn da was so rumsteht. Und es gibt ja auch vorher Hinweise.
Was mir aber am besten gefallen hat, da muss ich Quinn recht geben, ist die Kinderstimme. Weil das echt schlimm und peinlich ist, wenn die schief gehen. Das geschieht m.E. vor allem, wenn man da in die Niedlichkeitsfalle tapst. Dein Kind ist nicht niedlich, sondern ziemlich trocken und pragmatisch - wie Kinder oft so sind. Ist auch lustig, wie er sich mit seinen dumm-gutmuetigen Eltern rumschlaegt. Natuerlich ist das auch keine "authentische" Kinderstimme. Das ist alles zu clever, zu sarkastisch, zu praezise getimt (wie schreibt man das, sieht komisch aus). Ist aber ziemlich wurscht, wenn es sich cool liest. Und es ist ja nunmal eh kein Durchschnittskind.

Also doch, sehr schoene Geschichte, originell und gut gemacht und damit zurecht empfohlen.

lg,
fiz

 

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