Was ist neu

Etwas Tun ist keine Arbeit - Version 2

Team-Bossy a.D.
Seniors
Beitritt
23.02.2005
Beiträge
5.297
Zuletzt bearbeitet:

Etwas Tun ist keine Arbeit - Version 2

Die Geschichte stand zwei Wochen anonym unter dem Namen Maskenball hier im Forum. Hier ist die zweite Version:


Falls es überhaupt so etwas wie den ganz gewöhnlichen Morgen gibt, wünschte Felix sich diesen seit Monaten, während er vor seinem schwarzen Kaffee saß und Bärbel in der Küche beim Brote Schmieren beobachtete.

Sie hatte noch ihr Schlafshirt an, das knapp den Po bedeckte. Felix mochte das, wenn sie morgens zerknittert und zerzaust in der Küche hantierte. Nach Bett roch sie, nach ganz und gar ihrem Körper, und oft auch etwas streng nach ihm. Manchmal, wenn er sie beim Abschied umarmte und seine Nase im Stoff eingrub, trug er sie zurück ins Schlafzimmer und hörte sich gern die anzüglichen Bemerkungen seiner Arbeitskollegen wegen der Viertelstunde Verspätung an.

Seit einigen Wochen bekam er kaum noch einen hoch, als wäre alles andere nicht schon genug. Bärbel trug das bisher mit Fassung, oder tat jedenfalls so, und Felix gab sich besonders Mühe, wenn sie Lust auf ihn hatte.

Weit öffnete sie das Küchenfenster. Ihr kam warme Luft entgegen, ein Vorbote auf die anstrengende Tageshitze.
„Da wird der Beton aber gut abbinden“, plauderte Bärbel drauf los, „ich nehm' nur Salami, für Aufschnitt oder Käse ist es zu heiß.“
„In der Vesperpause gehen wir sicher wieder an den See.“

Felix schob seinen rechten Arm über die Tischplatte bis zur Tasse hin. Warum musste es gerade jetzt wieder losgehen. Zeige- und Mittelfinger drehte er konzentriert in den Henkel ein, zog die Hand zur Faust zusammen und passte den Moment ab, als Bärbel sich zum Kühlschrank umdrehte, um die Tasse anzuheben. Er konzentrierte sich mit aller Kraft. Er würde das hinbekommen.
Erfolglos. Kaffee rann über sein Kinn und tropfte auf die Zeitung.
Schnell stellte er die Tasse wieder ab und blätterte ein paar Seiten weiter. Bevor er das Gesicht abwischen konnte, blickte Bärbel ihn an.

„Du hast wieder was verschüttet. Das ist doch nicht normal! Ich möchte, dass du jetzt endlich zum Arzt gehst.“
„Ja, mach ich demnächst. “
„Nicht demnächst. Ich melde dich an.“

Er zog sich den Regionalteil der Zeitung unter die Nase und stierte angestrengt auf das Papier. Er wollte nicht reden. Nicht über den Arztbesuch und noch weniger über das Zittern, das in Schüben kam, was er schon einige Wochen bemerkte und immer weniger vor Bärbel verstecken konnte.

Früher hätte er ihr die Hände hingehalten und ihr vorgezittert, sich Dinge angehört, die er nicht hören wollte, aber sie wusste Bescheid und das tat gut.

Bärbel schichtete die Pausenbrote in die Vesperdose, legte noch eine Tomate, eine Karotte, ein paar Radieschen und einen Apfel dazu und schloss sorgsam den Deckel.
„Ich bin nicht da, wenn du Feierabend hast, nach meinem Dienst gehe ich noch zu Mutschka, sie bekommt heute wahrscheinlich den Rollator geliefert. Ich schreib dir eine SMS, wann du den Termin bei Dr. Holsten hast.“

„Ja, danke ... muss jetzt los.“
Felix nahm die Dose, stopfte sie in seinen Rucksack, die Thermoskanne mit Kaffee dazu, drückte Bärbel einen trockenen Kuss auf die Stirn und eilte im Flur zum Schuhschrank, aus dem er seine klobigen Bausandalen zog.
Er schwankte ein wenig, nachdem er in die Schuhe hineingeschlüpft war und sich wieder aufrichtete.
„Vielleicht ist ja nur was mit deinem Kreislauf.“ Sie wollte wenigstens ein versöhnliches Wort zum Abschied von ihm hören. In die frisch gewaschene Maurerhose steckte er einen Meterstab und einen Bleistift, holte den breiten Hut vom Regal und ging stumm in Richtung Haustüre.

„Bis heute Abend“, rief sie ihm nach, „und hol' bitte noch Geld. Deine Badesachen?“
„Unter der Woche geht’s ohne, weißt du doch.“

Die Stufen der Flurtreppe nahm er langsam nach unten. In ihn hatte sich eine immer stärker werdende Lethargie eingeschlichen, die wie ein Prellbock alles von ihm abhielt, was Kraft kosten könnte. Sogar Bärbels kritische Bemerkungen waren ihm zuviel. Sein Körper schien Dinge zu tun und zu sagen, die er so gar nicht wollte. Aber es war ihm egal. Wie sollte er das jemandem erklären? Da würde selbst Bärbel ihm den Vogel zeigen.

Heute musste er sich auch tagsüber zusammenreißen. Ein Gespräch mit dem Filialleiter der Bank stand an. Das Girokonto war ausgereizt, das hatte ihm Drömer gestern telefonisch mitgeteilt. Er war jedoch sehr freundlich, wahrscheinlich, da Felix noch eine feste Anlage bei ihnen stehen hatte. Bis die Bank öffnete, musste er sich die Zeit vertreiben. Als er in seinen verstaubten Golf einstieg, beschloss er kurzerhand, in die Waschanlage zu fahren. Er schloss sich in der Reihe wartender Autofahrer an. So konnte das mit dem Termin um halb Neun passen.

Er wurde in die Waschstraße eingewiesen. Als Felix die Bürsten unerbittlich auf sich zukommen sah, wurden sie durch die Scheibe immer verschwommener, je näher der Wagen auf sie zurollte. Er blinzelte irritiert, aber sein Blick wurde eindeutig trüber. Soviel Wasser konnte nicht über die Scheibe fließen. Nun drehte sich eine der Bürsten auch noch um 90 Grad, seit wann war das denn, nein, das Auto kippte - oder kippte die Mauer? Schlagartig wurde ihm übel und er kämpfte dagegen an, sich übergeben zu müssen. Hektisch drehte er den Kopf mehrfach von der Front- zur Seitenscheibe und versuchte sich zu orientieren. Säure kroch seinen Hals hinauf. Kurz darauf rutschte die Bürste über das Autodach und Felix sah von einer Sekunde zur nächsten wieder klar bis zum Ende der Waschstraße. Seine Übelkeit verschwand, doch das Sodbrennen war eindeutiger Beweis, dass er das alles nicht geträumt hatte. In ihm staute sich ein schmerzender Druck in Brust und Bauch auf, den er bis in die Zehen spürte. Er musste etwas dagegen tun, das hielt er nicht aus. Der Golf wurde an das Trockengebläse herangeschoben. Wieder fing alles an, vor seinen Augen zu verschwimmen. Seine Hände verkrampften sich am Lenkrad. Felix schrie mit schriller Stimme seine ganze Angespanntheit mit einem Nein in das Getöse hinaus. Dieses Mal blieb alles an seinem Platz, wie er es gewohnt war, nur das Brennen im Hals war unverändert. Als der Wagen am Ende der Waschstraße ankam, hatte er den inneren Druck verloren, aber er fühlte sich dadurch nicht besser, er fühlte sich gar nicht.

Unsicher und langsam fuhr er zur Bankfiliale. Was, wenn so etwas während des Fahrens passierte? Gerade wurde die hintere breite Glastüre, die den Bankautomaten vom Servicebereich trennte, von einem jungen Mädchen aufgeschlossen. Er hatte sie hier noch nie gesehen. Ihre langen, roten Haare erinnerten ihn an eine frühere Freundin. Nun blickte sie ihn auch noch mit den gleichen, grünen Augen an.

„Guten Morgen. Kann ich Ihnen helfen?“
„Guten Morgen. Sag, bist du die Tochter von der Evi? Bist du schon länger hier?“
„Ja. Nein. Also ich bin die Tochter, aber erst seit letzter Woche hier, ich fange grade mit der Ausbildung an.“ Ihr Lächeln war unverbraucht.
„Ach, das ist ja … ich habe einen Termin mit Herrn Drömer.“
„Ich seh' mal nach, Moment.“

Im gleichen Augenblick kam Drömer mit zu freundlichem Lächeln aus seinem Büro.
„Herr Brehm, ich grüße Sie. Gut, dass es gleich geklappt hat, kommen Sie bitte herein!“
Felix nahm auf dem Stuhl mit dem schwarzen Stoff vor dem Schreibtisch Platz. Drömer hatte eine rote Krawatte am Hals, passend zum Logo der Firma, und war ansonsten in Grau gekleidet.
„Sie müssen sicher gleich wieder zur Arbeit, aber wollen Sie trotzdem einen Kaffee?“
„Danke nein, ich muss gleich wieder los, ich habe zu tun. Herr Drömer, ich mach es kurz: Ich will das Geld von der Anlage auflösen und das Girokonto damit auffüllen. Ich brauche immer wieder größere Summen, deswegen soll es auch da drauf bleiben. Wir wollen anbauen.“

Langsam lehnte sich Drömer in seinen Bürostuhl zurück und blickte Felix ernst an. „Herr Brehm, wenn Sie den Fond jetzt auflösen, verlieren Sie in der gegenwärtigen Situation viel Geld.“ Felix sah in seine Augen und schwieg.

Drömer löste sich aus der Rückenlehne und kroch mit den Ellenbogen bis zur Mitte seines Schreibtisches. Sein Lächeln war ausgeleiert, als er Felix zuraunte: „Herr Brehm, jetzt sprechen wir doch einmal ganz offen miteinander. Sie haben seit fünf Monaten keine Gehaltseingänge auf ihrem Girokonto. Sie haben eine andere Bank als Hausbank gewählt, schätze ich. Jetzt holen Sie auch noch das Festgeld ab. Wieso sind Sie denn nicht erst auf mich zugekommen?“
Drömer dachte in die falsche Richtung. Er kam gar nicht auf die Idee, dass Felix gar kein Gehalt mehr erhalten haben könnte. In dem ganzen Irrwitz fühlte sich Felix für einen Moment erleichtert.

„Ich muss gleich los. Wir reden da ein andermal drüber.“
„Gut, Herr Brehm, morgen haben Sie das Geld auf Ihrem Konto.“

Felix verließ mit einem kurzen Gruß das Büro. Am gegenüberliegenden Beratungstisch im Foyer sortierte Evis Tochter Briefumschläge.
„Sagst du bitte der Evi einen lieben Gruß vom Felix?“
Sie lächelte ihn fröhlich an. „Das ist ja witzig. Ich heiße Felizitas. Wir sind beide die Glücklichen, oder?“
Felix zuckte hilflos die Schultern.
„Geht's deiner Mama gut?“
„Ja, ich denke schon. Wir zwei wursteln uns so durchs Leben.“
„Ja, dann … alles Gute euch.“
„Moment noch. Felix … wie?“
„Felix der Stromer.“ Er lächelte sie kurz an.
Dann zog er am Geldautomat 200 Euro und lief seltsam berührt hinaus in die Hitze.
Felizitas sah ihm nach und wunderte sich, dass er ein paar Schritte schwankend ging.

Felix fuhr zu seinem Weiher. Er kannte ihn mittlerweile wie einen alten Freund, denn seit fast fünf Monaten verbrachte er seine offiziellen Arbeitstage mit ihm.
Das Gewässer war nichts Besonderes, ein früheres Grubenloch einer Ziegelei.
Thomas, sein Freund, hatte vor Jahren Jungfische ausgesetzt, aber geangelt hatte er nie, denn kurz darauf bekam er die Stelle im Ausland. Felix zog regelmäßig größere Karpfen aus dem Wasser, die er nach kurzer Begutachtung und einem Foto gleich wieder zurückwarf. Außer dem kleinen Waldweg dorthin war alles zugewuchert. Glücklicherweise hatte Thomas hier noch einen kleinen Schuppen mit einem alten Ofen für kältere Tage.

Er setzte sich erst einmal in einen Campingstuhl. Alles war so anstrengend. Die Hitze, die Menschen, das Lügen. Aber die Wahrheit war für ihn noch schlimmer. Immer hatte er noch die Hoffnung, dass er wieder richtig wach und stark werden würde. Er würde dann bei seinem alten Chef vorbeischauen. Der würde ihn sofort wieder nehmen, auch wenn Felix von einem auf den anderen Tag sang- und klanglos nicht mehr auf die Baustelle gekommen war. Er war ein guter Arbeiter. Vielleicht dachten die Kollegen, er hätte im Lotto gewonnen und wollte es keinem sagen. Deswegen meldete sich auch niemand bei ihm, schlussfolgerte Felix.

Er fragte sich oft, wie er das so lange durchhalten konnte, ohne dass auch nur einer etwas bemerkte. Bärbel war mit ihrer Arbeit und der Pflege ihrer Mutter sehr beschäftigt und überließ ihm den ganzen Bürokram. Glücklicherweise, sonst hätte sie vielleicht schon einmal einen Brief von seiner Krankenkasse gelesen, die die fehlenden Beiträge einforderte.

Sein rechter Arm fing wieder an zu zittern. Er hielt ihn mit der linken Hand fest.
„Hör auf damit, was soll das?“
Sein Schreien ließ zwei Enten verschreckt vom Ufer auffliegen.
„Hör auf, hör auf. Ich will nicht mehr. Ich will nicht mehr!“
Felix brüllte sich in Rage. Er wurde mit jedem Satz lauter. Dann stand er aus dem Campingstuhl auf und lief gehetzt umher. Plötzlich schwankte er, stolperte über eine Baumwurzel und fiel ins Ufergras.

Er war sicher eine längere Zeit eingeschlafen, oder war er ohnmächtig gewesen? Felix rappelte sich auf und stand etwas wackelig auf den Beinen.
Sein Mund war trocken und seine Stirn tat ihm weh. Mit seinen Fingern tastete er etwas Feuchtes, wahrscheinlich eine Platzwunde. Langsam machte er sich zum Auto auf und besah sich das Malheur im Seitenspiegel. Die Schürfwunde an der oberen Stirnhälfte war nicht tragisch, er hatte Glück gehabt.

Er holte aus dem Auto eine Wasserflasche und trank diese fast leer. Er sah auf sein Handy. Es war schon gegen ein Uhr Mittag. Also lag er doch schon länger. Bärbels SMS hatte nur die Information, dass er um halb sechs beim Arzt sein sollte.

Ihm ging es nicht gut, vielleicht hatte er auch einen Sonnenstich vom stundenlangen Liegen in der Sonne. Er beschloss, sich in die Hütte zu setzen und mindestens bis gegen vier Uhr zu warten. Beim Gehen verlor er wieder das Gleichgewicht. Er konnte seine Bewegungen nicht kontrollieren. Die Hütte war noch etwa zehn Meter von ihm entfernt und verschwamm komplett vor seinen Augen, er blinzelte ununterbrochen und fühlte sich in diesem Moment völlig verloren. Felix ging in die Knie und krabbelte auf allen Vieren weiter.
Kieselsteine bohrten sich in seine Handflächen, Staub wirbelte ihm ins Gesicht. Die Holzwände vor ihm bogen sich, als würde er durch einen Flaschenboden blicken. Ihm war hundeelend. Er schaffte es bis zu einer Seitenwand und lehnte sich mit dem Rücken daran.
Die Magensäure brannte bis zur Zunge.
„Ich kann nicht mehr.“
Das Rascheln der Blätter im Wind war lauter als seine Kapitulation.

Felix stand unter der kalten Dusche und versuchte sich zu erinnern, wie er nach Hause gekommen war. Jetzt wollte auch er zum Arzt. Danach wollte er gleich mit Bärbel reden.

Er saß seinem Hausarzt Dr. Holsten gegenüber und beide schwiegen einen Augenblick. Felix war mit seinen Erzählungen über die letzten Wochen und Monate fertig.
„Herr Brehm, wieso kommen Sie jetzt erst?“
„Ich dachte, das wird wieder.“
„Sie müssen sofort in die neurologische Klinik, das hört sich nicht gut an.“
Die Sprechstundenhilfe klopfte leise an die Türe.
„Entschuldigung, Herr Brehm, ihre Krankenkassenkarte ist gesperrt. Haben Sie vielleicht eine neue?“
„Nein, ich habe ...“.
Die junge Frau blickte ihn erwartungsvoll an.
„Ich habe keine Beiträge mehr bezahlt. Ich bin gerade nicht versichert. Aber ich war ja zwanzig Jahre bei denen, das geht doch sicher irgendwie auch so.“

Dr. Holsten schnappte nach Luft, kniff aber dann gleich seine Lippen zusammen. „Sie müssen auf jeden Fall in die Klinik. Ich regle das gleich.“

„Felix, bist du da?“
„Ja, ich sitz im Wohnzimmer.“ Er wartete auf dem Sofa und blickte ihr entgegen.
„Und – was sagt der Holsten?“
„Ich muss morgen in die Neurologische.“
„Ja, wie … was meint er denn?“
„Er hat nichts Konkretes gesagt. Ich werde untersucht. Aber ich muss dir jetzt was sagen, Bärbel.“
Felix standen die Tränen in den Augen.
„Bitte glaub mir, ich wollte dich nie belügen. Ich liebe dich doch.“
„Felix, was ist los?“ Bärbel setzte sich neben ihn und nahm seine Hand.
„Ich bin schon lange nicht mehr … auf den Bau gegangen. Glaub mir, ich konnte einfach nicht mehr. Das war so … heftig. Ich hatte keine Kraft mehr. Ich hab' mich so geschämt. Es ging nicht mehr. Ich habe mich selber nicht mehr gekannt. Ich hab mich versteckt.“ Felix sah sie ängstlich an.
Bärbel schluckte, erwiderte den Blick und zog ihre Hand zurück.
„Wie lange schon?“
„So fünf Monate.“
„Wo warst du den ganzen Tag? Du hast doch immer erzählt, was ihr gearbeitet habt … Du hast doch immer dreckige Kleidung heimgebracht.“
Bärbel wurde von Wort zu Wort lauter, bis sie hysterisch schrie.
“War das alles … Theater?“
Sie stand auf und lief vor dem Sofa hin und her. So dumm kam sie sich vor. Als Frau musste man doch merken, ob der Mann zum Arbeiten geht oder nicht. Wie blind war sie denn?
„Ich bin im falschen Film. Das kann doch alles nicht wahr sein. Wieso hast du nichts gesagt?“
Felix blickte sie stumm wie ein leidender Hund an, der von seinem Herrchen beschimpft wurde.
„Felix!“ Sie schüttelte ihn mit beiden Händen an den Schultern.
„Wieso hast du nichts erzählt?“
Bärbels Stimme versank in einem Schluchzen.
Felix stand auf und wollte sie umarmen. Sie flüchtete ans Fenster und drehte ihm den Rücken zu.
„Bitte lass mich nicht alleine.“
„Ich muss das erstmal verdauen, ich mag jetzt nicht weiter mit dir reden, ich versteh das alles nicht.“
„Ich geh mal raus.“ Bärbel schlich sich aus dem Wohnzimmer und einige Sekunden später hörte Felix die Haustüre zuschnappen.

Am nächsten Morgen wurde er in der Klinik sofort in den Kernspintomograph geschoben. Anschließend hatte er ein Gespräch mit dem leitenden Professor. Bärbel hatte sich freigenommen und Felix begleitet.
„Herr Brehm, es war höchste Zeit, dass Sie kommen. Wir haben einen Tumor unter ihrer Hirnrinde entdeckt, der ist schon recht groß gewachsen. Deshalb hatten Sie die Seh- und Gleichgewichtsprobleme, weil er sich an den Nervenzellen, die dafür verantwortlich sind, breitgemacht hat.“
Bärbel stieß einen leisen Schrei aus und verdeckte mit ihrer Hand den Mund.
Die Luft ging ihr aus und mit tiefen Atemzügen versuchte sie, sich zu beruhigen und in sich keine Panik aufkommen zu lassen.

Felix saß ruhig auf dem Stuhl und fragte knapp:“ Wie sieht's für mich aus?“
„Herr Brehm, wir können im Moment noch nicht genau sagen, wie gefährlich er ist, das wird eine Gewebeprobe zeigen.“
„Sie wissen, dass ich keine Krankenversicherung habe?“
„Ja, aber das ist im Moment nicht das Wichtigste, oder?“

Bärbel nahm Felix' Hand und drückte sie, bis es ihm wehtat.

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe bernadette,
ja, mit dieser Enthüllung hätte ich nicht gerechnet. Goldene Dame hat ein gutes Gedächtnis und eine gute Beobachtungsgabe.
Mir war das gar nicht klar, wie lange du schon nichts mehr geschrieben hast, aber dass du wenig Zeit dafür hast, das ist mir spätestens klar, seitdem ich Moderatorin bin. Es erfordert schon ganz schön viel Energie, diese ungebärdige Bande von kg.de-Mitgliedern mit liebevoller (und manchmal) auch strenger Hand zu führen. Wenn ich mir dann noch dein Engagement für die Fotografie dazu denke, bin ich jetzt ziemlich platt, dass du neben den Antworten an uns gleich auch noch eine second version bietest.
Und die gefällt mir viel besser als die erste Version. Für mich liegt es einfach daran, dass ich jetzt verstehe, warum Felix so eigenartig reagiert. Die SOCs in der 1. G. erhalten übrigens durch deine Info mit dem Tumor eine andere Gewichtung. Aber ich finde es trotzdem besser, wenn sie weg sind, ein bisschen erlebte Rede tuts doch auch. Diese ganz knappen Gedankenfragmente, die so aneinandergeheftet wirken, ich glaub, ich mag das einfach eh nicht so.
Felix wird als Person nachvollziehbarer und sympathischer.

Einzelnes:

während er vor seinem schwarzen Kaffee saß und Bärbel in der Küche beim Brote schmieren beobachtete.
beim Brote Schmieren

Nach Bett roch sie, nach ganz und gar ihrem Körper, und oft auch etwas streng nach ihm.
Find ich schön, zeigt die Nähe, die eigentlich zwischen den beiden ist. Macht das Lügen, sein Elend im Kontrast dazu deulich.

Wenn er sie beim Abschied umarmte und seine Nase im Stoff eingrub, kamen ihm manchmal mehr als nur prickelnde Gedanken hoch. An solchen Tagen trug er sie zurück ins Schlafzimmer
Den Absatz würde ich ein bisschen einkürzen, weil die prickelnden Gedanken schon sehr sehr häufig gebraucht wurden.
Und wenn du das Prickeln lassen willst, würde ich aber das mehr als nur ... hoch streichen, ist zwar ein lustiges Wortspiel. Aber ich finde einfach, es passt hier nicht. Ist vielleicht Geschmackssache.
So würde es auch gehen:
Manchmal, wenn er sie beim Abschied umarmte und seine Nase im Stoff eingrub, trug er sie zurück ins Schlafzimmer ...

und handelte sich anschließend gern die anzüglichen Bemerkungen seiner Arbeitskollegen wegen der Viertelstunde Verspätung ein.
da hat er aber schnell geprickelt ... :D

und Felix gab sich besonders Mühe, ihr trotzdem ein wohliges Seufzen zu entlocken, wenn sie Lust auf ihn hatte.
das mit dem wohligen Seufzen, das ist das Pendant zum Prickeln, nee, find ich nicht gut.

Nicht über den Arztbesuch und noch weniger über sein Zittern, das in Schüben kam, was er schon einige Wochen und Bärbel seit kurzem bemerkte.
Also mit Possessivpronomen hab ichs nicht so. Mir kommen sie oft zu überladen vor, denn dass das Zittern seines ist, weiß man ja eh. Mir gefällt hier die Zusammenstellung der Informationen außerdem nicht. Würde die Schübe und wie lange er und Bärbel davon wissen, von dem Zittern selbst trennen. Entfaltet für mich dann mehr Wucht.
Also so z. B.:
Nicht über den Arztbesuch und noch weniger über das Zittern.
Seit Wochen spürte er die Schübe, aber Bärbel hatte sie erst seit kurzem bemerkt.

Es tat gut, wenn sie ihm ruhig zuhörte und ihm daraufhin ihre Meinung unverblümt auftischte, wenn es auch oft nicht das war, was er hören wollte.
Unverblümt ist ein schönes Wort, aber es geht in eine ähnliche Richtung wie der Nebensatz

Bärbel schichtete die Pausenbrote in die Vesperdose, legte noch eine Tomate, eine Karotte, ein paar Radieschen und ein Apfel dazu und schloss sorgsam den Deckel.
Das hattest du auch schon in er ersten Version, ich mochte das, habs begrüßt wie einen alten Bekannten. Das ist so ein schönes Bild für das Fürsorgliche, das Mütterliche, aber auch für die geordneten Verhältnisse, in die da jetzt so ein Zittern eindringt. Find ich jetzt auch viel besser eingeordnet, einfach nur durch die Zitterei vorher.

Es kam ihr vor, als würde er ein wenig schwanken, nachdem er in die Schuhe hineingeschlüpft war und sich wieder aufrichtete. Aber das kannte sie auch, da wurde es einem manchmal kurz schummerig.
Da hast du die Perspektive gewechselt. Auch später noch. Aber wolltest du ja vielleicht extra. Oder?
Das Fette könntest du ev. streichen.


Die Stufen der Flurtreppe nahm er langsam nach unten.
nach unten = überflüssig, denn eine Kellerwohnung werden sie ja wohl kaum haben.

In ihm hatte sich eine immer stärker werdende Lethargie eingeschlichen, die wie ein Prellbock alles von ihm abhielt, was Kraft kosten könnte.
Ich kanns dir nicht beweisen, aber ich finde, es müsste ihn heißen: etwas schlich sich in ihn hinein.

Sogar kritische Bemerkungen von Bärbel waren im zuviel.
ihm

Sein Körper schien neben ihm Dinge zu tun und sagen, die er so gar nicht wollte. Aber es war ihm egal. Wie sollte er das jemandem erklären?
neben ihm = finde ich komisch, wüd ich einfach weglassen. Dass der Körper ihm nicht zu gehören scheint, das wird auch so schon klar.
und zu sagen
so gar = Füllsel
Aber es war ihm egal = Das widerspricht sich, du beschreibst ja gerade, dass es ihm überhaupt nicht egal ist, er kann es nur nicht erklären.

Die Szenerie dann in der Waschstraße gefiel mir, das war beklemmend. Hat nicht jeder schon mal überlegt, wie es wohl wäre, wenn die schützenden Wände des Autos wegbröseln würden? Was würden diese Riesenbürsten mit einem machen?
Ich fand nur den Eingangssatz so ein bisschen ungebärdig, so ein bisschen von hinten nach vorne.

Nachdem er in die Waschstraße eingewiesen wurde und Felix die Bürsten unerbittlich auf sich zukommen sah, wurden sie durch die Scheibe immer verschwommener, je näher er auf sie zurollte.

Was, wenn so etwas noch einmal während des Fahrens passiert?
noch einmal = überflüssig

Dann das "zu freundliche Lächeln" von Drömer, weiß die Stelle gerade nicht mehr, da könnte man überlegen, ob man nicht sagt, woran Felix das zu Freundliche sieht.

Drömer löste sich aus der Rückenlehne und kroch mit den Ellenbogen bis zur Mitte seines Schreibtisches. Sein Lächeln war ausgeleiert, als er Felix zuraunte:
Buaahh, das ist gut formuliert. Droemer ist ein Wurm.

Felizitas sah ihm nach und wunderte sich, dass er ein paar Schritte schwankend ging. Getrunken schien er doch nicht zu haben.
Hier ist wieder ei Perspektivwechsel. Ich glaube, ich bin da päpstlicher als, du weißt schon. Irgendwo hab ich mal gelesen, man dürfte die Perspektive nicht innerhalb eines Absatzes ändern. Ach, was weiß ich, Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden.

Das Gewässer war nichts Besonderes, ein früheres Grubenloch einer Ziegelei.

Felix rappelte sich langsam hoch und stand noch etwas wackelig auf den Beinen.
langsam steckt in sich hochrappeln schon drin
noch = überflüssig

Als Frau musste man doch merken, ob der Mann zum Arbeiten geht oder nicht. Wie blind war sie denn?

Irgendwie gruslig, was dem Felix da widerfährt und wie er sich glaubt, behelfen zu können.
Ich hoffe, dem Felixvorbild gehts wieder gut.
Jetzt hab ichs viel viel lieber gelesen.
Viele Grüße von Novak

 

Hallo bernadette,

Ich glaube es nicht. 5 Jahre ist es schon her? Mein erster Gedanke war wirklich, dass du die Geschichte geschrieben hast. Eigentlich finde ich es schade, dass du den SoC aufgegeben hast. Aber in dieser Version ist die Geschichte klarer, auch wenn manche Sätze tatsächlich noch etwas eingerostet auf mich wirken. Mir ging es übrigens auch so, als ich nach langer Schreibpause wieder etwas hier einstellte. Auch habe ich festgestellt, dass meine früheren Geschichten gänzlich anders waren.
Ein paar Anmerkungen

Bärbel schichtete die Pausenbrote in die Vesperdose, legte noch eine Tomate, eine Karotte, ein paar Radieschen und ein Apfel dazu und schloss sorgsam den Deckel.
einen Apfel

Sogar kritische Bemerkungen von Bärbel waren im zuviel.

Sogar Bärbels kritische Bemerkungen waren im zuviel.


Er hatte Glück, dass schon ein paar vor ihm warteten, so konnte das mit dem Termin um halb Neun passen.

Glück und warten ist paradox. Und der Leser versteht in diesem Moment nur Bahnhof, warum das Glück sein sollte. Dass er seine Zeit rumkriegen will und dankbar für jede Verzögerung ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt dieser Geschichte noch nicht eindeutig.

Was Novak schon angemerkt hatte, dem muss ich zustimmen. Die Erzählstimme wackelt in der Erzählperspektive.
Zum Inhalt:

„Du hast wieder was verschüttet. Das ist doch nicht normal! Ich möchte, dass du jetzt endlich zum Arzt gehst.“
„Ja, mach ich demnächst. Damit du endlich Ruhe gibst. “
„Nicht demnächst. Heute hat er lange Sprechzeiten. Ich melde dich an, hab' heute erst später Dienst.“

„Ich bin nicht da, wenn du Feierabend hast, nach meinem Dienst gehe ich noch zu Mutschka, sie bekommt heute wahrscheinlich den Rollator geliefert. Ich schreib dir eine SMS, wann du den Termin bei Dr. Holsten hast.“
Und nebenbei bemerkt: wenn Bärbel arbeitet, dann ist sie krankenversichert, es sei denn 450 EUR Job. Der Ehegatte ist, wenn er keine Einkünfte mehr hat und auch krankenversichert gewesen war, bei ihr familienversichert. Er braucht sich nicht freiwillig weiter zu versichern.

Was ich besonders schön gefunden habe, dass du diesmal in dieser Version Felix Nöte herausgestellt hast. Besonders die Passage in der Waschanlage finde ich überzeugend.

LG, GD

 

He bernadette,

wow, das ist eine lange Zeit. Es freut mich wirklich, dass du die Kritik, die du hast einstecken müssen, gar nicht niederschmetternd auffasst, sondern sie als Ansporn empfindest. Gerade nach so einer langen Zeit gäbe es wahrscheinlich viele, die jetzt so entmutigt wären, und das Schreiben womöglich ganz abhaken würde. Zumal, wenn man noch andere spannende Beschäftigungen (wie bei dir die Fotografie) zu seinen Hobbies zählt. Du lieferst anstattdessen eine nicht nur überarbeitete Version, sondern quasi eine vollkommen generalüberholte Geshcichte. Respekt.

In meinen Augen ist das jetzt viel klarer alles und in sich auch stimmiger.
Die Szene gen Ende, das fand ich richtig gut eingefangen, wie Felix beichten will und Bärbel nicht damit zurechtkommt. Da hats richtig geknistert, Kloßimhals-Faktor.
Insgesamt ist mir der Text dennoch etwas zu lang geraten. Also, dass er eindeutig krank ist, das wird ja schnell klar. In meiner Wahrnehmung rollst du das aber zu häufig und zu lang aus wie er da Probleme mit der Sicht und dem Gleichgewicht bekommt. Das hätte kürzer vll auch viel mehr gezogen. So ist das ... nun ja ... jetzt hat es auf jeden Fall jeder Begriffen. :shy:

Beim Lesen habe ich einige Sachen rausgepickt, die mich persönlich gestört haben, vielleicht kannst du ja mit dem einen oder anderen was anfangen:

kamen ihm manchmal mehr als nur prickelnde Gedanken hoch.
hm, musste ich zweimal lesen. du willst doch hier auf das schlüpfrige hoch hinaus, oder? geht das denn mit dem kamen? Da du solchen Wortwitz an keiner weiteren Stelle aufgreifst, fand ichs hier etwas deplaziert.
Seit einigen Wochen bekam er kaum noch einen hoch,
und hier doppelt sich das hoch
von Bärbel waren im zuviel.
ihm
Sein Körper schien neben ihm Dinge zu tun und sagen, die er so gar nicht wollte.
und zu sagen
Hektisch drehte er den Kopf mehrfach von der Front- zur Seitenscheibe und versuchte sich zu orientieren. Schlagartig wurde ihm übel und er kämpfte damit,
einen Satz würde ich umstellen
Sekunde zur nächsten wieder klar und mit gerader Linie bis zum Ende der Waschstraße
streichen, kein Mehrwert
Wieder fing alles an, vor seinen Augen zu verschwimmen.
fing alles an ... mja, das sind diese zu + infinitiv-Konstruktionen, also ich persönlich finde die immer sehr unbeholfen. Kann ja sein, dass ich mich da irre, aber immer wenn ich sowas lese, dann denke ich, dass diese Art sich auszudrücken gestelzt klingt und ungeschliffen. Da gibt es elegantere Wege.
Ach, das ist ja … ich habe einen Termin mit Herrn Drömer

„Herr Brehm, ich grüße Sie, gut, dass es gleich geklappt hat, kommen Sie bitte herein!“
boah, das sind aber viele Kommata, würde da in mindestens einen Punkt investieren
„Gut, Herr Brehm, morgen haben Sie die 50.000 Euro minus der Abzüge wegen der vorzeitigen Auflösung auf Ihrem Konto.“
weswegen die konkrete Summe? Frgate ich glaube ich, auch in der letzten Geschichte
Getrunken schien er doch nicht zu haben.
hm, vll sagt man das so bei euch, aber in meinen Ohren klingt das schief, bzw musste ich es zweimal llesen, um die richtige Betonung hinzulesen
Alles war so anstrengend für ihn
für ihn kann weg
Plötzlich schwankte er, stolperte über einen größeren Stein und flog in voller Länge ins Ufergras.
muss es der größere Stein sein? Stein reicht doch. Und fliegt man ins Ufergras? STürzen, fallen, aber fliegen? UNd dann noch in voller Länge? Naja, der Satz bräuchte schon eine Politur
und besah sich das Malheur im Seitenspiegel. Er hatte noch Glück.
das gibt mir jetzt kein Bild. WIe sieht er denn aus?
Die Holzwände vor ihm bogen sich, als würde er durch einen Flaschenboden blicken. Ihm war hundeelend. Er schaffte es bis zu einer Seitenwand und lehnte sich mit dem Rücken daran.
Die Magensäure brannte bis zur Zunge.
das fette beschreibst du doch mit dem drumherum in starken Bildern, weswegen diese Absicherung? Füllsel
was ihr gearbeitet habt … du hast doch immer dreckige Kleidung heimgebracht … war das alles … Theater?
Jeweils groß, sind doch neue Sätze
Aber das sehen wir konkret erst, wenn wir offen haben. Alles andere wird sich dann zeigen.“
unschicker letzter Satz. Streichen

Merke gerade, dass ich eine ganze Menge gemeckert habe. Hm, dennoch soll es nicht wie angeklebt klingen, wenn ich schließe mit: Gern gelesen. :) Vor allem, weil es echt wirkt, also die Situation und das Zusammenspiel der Verkettungen. Alltag, realistischer, trauriger Alltag. Bei solchen Geschichten überkommt mich dann immer so eine tiefe Dankbarkeit, weil mir wieder mal bewusst wird wie gut es mir eigentlich geht. Und dass das nicht selbstverständlich ist.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo bernadette

Mir gefällt die Geschichte nach der Überarbeitung auch besser. Unter den Maskenball habe ich geschrieben, Felix kann die Geschichte nicht schultern, jetzt sieht das deutlich besser aus. Dass man mehr über ihn erfährt und du ihn stärker in den Fokus rückst, ist in meinen Augen ein Gewinn für die Geschichte.

Goldene Dame hat geschrieben, einige Stellen wirken noch eingerostet, das war auch mein Empfinden beim Lesen. Vor allem bei den Dialogen ist mir das aufgefallen:

„Du hast wieder was verschüttet. Das ist doch nicht normal! Ich möchte, dass du jetzt endlich zum Arzt gehst.“
„Ja, mach ich demnächst. Damit du endlich Ruhe gibst. “
„Nicht demnächst. Heute hat er lange Sprechzeiten. Ich melde dich an, hab' heute erst später Dienst.“

Ich finde, das klingt gekünstelt.

Vor allem auch beim letzten Dialog der beiden sind mir viele Worthülsen drin:

„Wieso hast du nichts gesagt? Felix! Wieso hast du nichts erzählt? Wer soll dir denn helfen, wenn nicht ich? Ich bin doch deine Frau!“
Bärbel flüchtete ans Fenster und drehte ihm den Rücken zu.
„Bärbel, ich liebe dich. Ich wollte dir nicht weh tun. Bitte lass mich nicht alleine.“ Er konnte diese Worte nur noch schluchzen.
„Ich muss das erstmal verdauen, ich mag jetzt nicht weiter mit dir reden, ich versteh das alles nicht.“ Sie sahen sich beide mit Tränen in den Augen kurz an.

Da müsste für sie doch eine Welt zusammenbrechen, ihre Reaktion, sie möchte jetzt nicht weiter mit ihm reden, finde ich dann zu harmlos. Überhaupt wirkt sie ziemlich emotionslos in der Szene auf mich, da müsste sie wütender, enttäuschter, ängstlicher klingen, irgendwas, aber etwas wie "Ich muss das erstmal verdauen" ist mir zu nah am Standard-Repertoire in einem doch sehr aussergewöhnlichen Moment. Ich denke, du könntest die Charaktere noch schärfen, wenn die Dialoge mehr Ecken und Kanten hätten.

Gut gefallen haben mir dann die Szenen, wenn Felix mit den Auswirkungen seiner Krankheit konfrontiert wird. Vor allem der Moment, wenn Felix nichts mehr trinken kann und die Stelle in der Waschstrasse fand ich gut. Das zeigt, wie hilflos er der Krankheit doch gegenübersteht und wie eingeschränkt er dadurch wird.

Als der Wagen am Ende der Waschstraße ankam, hatte er den inneren Druck verloren, aber er fühlte sich dadurch nicht besser, er fühlte sich gar nicht.

Das gefällt mir nicht so gut. "Er fühlte sich gar nicht" - der Satz klingt nicht schlecht, aber was bedeutet das wirklich? Wie reagiert man auf eine solche Situation? Wut oder Verzweiflung scheinen mir angemessen, da muss man doch eigentlich am Durchdrehen sein, flapsig gesagt - aber "er fühlte sich gar nicht" - das ist mir dann zu wenig Reaktion.

„Ja. Nein. Also ich bin die Tochter, aber erst seit letzter Woche hier, ich fange grade mit der Ausbildung an.“ Ihr Lächeln war noch unverbraucht.

Auch so eine Stelle - was genau soll das heissen? Was ist ein unverbrauchtes Lächeln? (Oder anders formuliert, was unterscheidet es von einem verbrauchten Lächeln?)

„Herr Brehm, wenn Sie einen Fond auflösen, verlieren Sie erst einmal viel Geld.“

Das hat mich in der ersten Version schon gewundert, aber ich habs nicht angemerkt - ich kenne das von Lebensversicherungen, Rentenversicherungen, so Zeug das man zurückkaufen kann. Wenn ich einen Fonds auflöse, verkaufe ich meine Anteile zum gegenwärtigen Kurs, warum verliere ich dann viel Geld? Die Idee ist ja gerade, da flexibel zu sein ...

Auch hier klingt mir der Dialog zu konstruiert - vor allem die Stelle hier:

Sie haben eine andere Bank als Hausbank gewählt und wollen jetzt auch noch das Festgeld hier von uns abziehen. Wieso sind Sie denn nicht erst auf mich zugekommen? Habe ich Sie jemals schlecht beraten?

Warum kommt er nicht auf die Idee, dass Felix seinen Job verloren hat? Fände ich jetzt naheliegender. Und für einen Bankberater gibt er dann ziemlich schnell Ruhe :).

Thomas, sein Freund, setzte vor Jahren Jungfische aus, aber geangelt hatte er nie, denn kurz darauf bekam er die Stelle im Ausland.

Müsste hier Plusquamperfekt sein: "hatte vor Jahren Fische ausgesetzt"

Der würde ihn sofort wieder nehmen, auch wenn Felix von einem auf den anderen Tag sang- und klanglos nicht mehr auf die Baustelle gekommen ist.

Hier auch.

Langsam machte er sich zum Auto auf und besah sich das Malheur im Seitenspiegel. Er hatte noch Glück.

Ebenso: Er hatte noch Glück gehabt.

Viele meiner Notizen wurden auch schon erwähnt, insbesondere die Perspektivwechsel sind mir auch aufgefallen. Die solltest du streichen, sie verwirren eher.

Gut, bernadette, nach allem was du auch im Maskenball geschrieben hast finde ich es sehr nachvollziehbar, dass du diese Form der Veröffentlichung gewählt hast. Fast scheint es, als sei der Maskenball direkt für dich gemacht worden. Ich finde es auch toll, wie du auf die überwiegend kritischen Rückmeldungen reagiert hast - genau so, wie man es machen muss, wirklich lehrbuchmässig: Sie dir zu Herzen genommen und sofort eine neue Version der Geschichte eingestellt. Respekt, wie schnell du das hinbekommen hast. Und der Text ist auch wirklich besser geworden. Natürlich gibts noch das eine oder andere, an dem man arbeiten muss (in dieser Version sind es für mich vor allem die Dialoge), aber dafür sind wir ja schliesslich auch hier.

Viele Grüsse,
Schwups

 
Zuletzt bearbeitet:

Und was lernen wir daraus, bernadette?

Dass die besten Geschichten offenbar doch das Leben schreibt?
Nachdem ich deine Erläuterungen zur Erstfassung der Geschichte gelesen habe und jetzt auch die persönlichen Hintergründe kenne, die dich zur Geschichte inspirierten, frage ich mich nämlich schon, warum du so eine ungewöhnliche, eigentlich tolle True Story (verzeih den in diesem Zusammenhang einigermaßen geschmacklosen Begriff) nicht schon in der ersten Version unverfälschter abgekupfert, also schamlos ausgenutzt und deine Geschichte dadurch glaubwürdiger und berührender gemacht hast.

An falsch verstandener Diskretion kann’s ja wohl nicht gelegen haben, immerhin erzählst du uns jetzt ja auch von der Sache. Es war wohl dein künstlerischer Ehrgeiz, vermute ich, dir und uns diese reale Geschichte sozusagen neu erfinden zu wollen, und das ist ja schon mal ein achtbares Ziel, ja der eigentliche Grund, dass wir uns alle treffen hier im Forum.

Ich habe gestern Nacht noch einmal die Version 1 gelesen, diesmal mit all den zusätzlichen Informationen von dir, und zu entdecken versucht, ob ich vielleicht irgendwas überlesen habe beim erstenmal, aber auch diesmal blieb mir die Geschichte unsympathisch und ließ mich kalt, wiederum wirkte sie seltsam seelenlos auf mich.

Was aber egal ist, weil du uns jetzt eine Version 2 anbietest, die nicht nur neu, sondern wirklich anders ist und die für mein Gefühl wahrhaftig eine Seele besitzt.
Was für eine Scheißehe!“ ärgerte ich mich noch im Kommentar zur Urfassung, Felix verachtete ich als „Arschloch“ und „Simpel“, ja, ich mochte weder Felix noch Bärbel.

Und jetzt funktioniert das auf einmal alles. Du schilderst mir zwei echte Menschen, die in einer wirklich bösen, aber glaubhaft möglichen Klemme stecken, du schilderst mir Felix‘ Dilemma, seine Verzweiflung, seine Scham auf eine Art und Weise, dass ich mitleiden kann mit ihm, und auch seine Irritation darüber, so plötzlich aus dem Alltag gekippt zu sein, ist nun nachvollziehbar für mich.

In dem ganzen Irrwitz fühlte sich Felix für einen Moment erleichtert.

Alleine mit diesem einen Satz kann ich verdammt viel mehr anfangen als mit zehn Zeilen des ursprünglichen SoC.

Sie lächelte ihn fröhlich an. „Das ist ja witzig. Ich heiße Felizitas. Wir sind beide die Glücklichen, oder?“
Felix zuckte hilflos die Schultern.

Da kann ich förmlich spüren, wie er sich selbst von einem harmlosen Smalltalk ausgeschlossen fühlt, wie alleine er eigentlich ist in seinem Kummer und wie resigniert. Traurig.

Also da sind dir schon einige wirklich berührende Szenen gelungen. Seine Verzweiflung während der Anfälle in der Waschstraße und am Teich, schließlich seine Kapitulation vor Bärbel. Sehr, sehr traurig.


An sich mache ich es nicht gerne, aus einem überwiegend gekonnt geschrieben Text einzelne Sätze und Formulierungen heraus zu klauben, irgendwelche Wortumstellungen vorzuschlagen, das besser weg und dieses besser so, … ich habe da schnell das Gefühl, die Individualität des Autoren/der Autorin und die Eigenständigkeit des Textes anzugreifen, zumal das meist ja ohnehin nur eine Sache des persönlichen Geschmacks ist.
Aber unter Version 1 räumst du ja selber ein:

bernadette schrieb:
Mein aktives Schreiben ist eingerostet, ich muss mich wieder ölen und schmieren, um zu fühlen, wie was fließen könnte, Worte zu finden, Empfindungen von Protagonisten treffend beschreiben und so weiter und so fort.

Also will ich diesmal über meinen Schatten springen und die Mängellisten von Novak, Goldener Dame und weltenläufer noch ein wenig verlängern.

Thomas, sein Freund, setzte vor Jahren Jungfische aus, aber geangelt hatte er nie,
Müsste auch im Plusquamperfekt stehen, und solltest du das zusätzliche hatte vermeiden wollen, brauchst du den Satz nur geringfügig umstellen

Plötzlich schwankte er, stolperte über einen größeren Stein und flog in voller Länge ins Ufergras.
Weg damit

Kieselsteine bohrten sich in seine Handflächen, feiner Staub wirbelte ihm ins Gesicht, doch schien er das nicht zu bemerken. Die Holzwände vor ihm bogen sich, als würde er durch einen Flaschenboden blicken. Ihm war hundeelend. Er schaffte es bis zu einer Seitenwand und lehnte sich mit dem Rücken daran.
Die Magensäure brannte bis zur Zunge.
„Ich kann nicht mehr.“
Das Rascheln der Blätter im Wind war lauter als seine Kapitulation.

Wäre das Fette weg, hätte der Absatz für mich beinahe schon salarymaneske Qualität, kein Scheiß.
Im Gegensatz zu weltenläufer gefällt mir das: Ihm war hundeelend. Das empfinde ich nicht als überflüssig, für mich verstärkt es die Atmosphäre der Szene.

Er nahm sich vor, danach gleich Bärbel alles zu erzählen.
Hä? Klingt furchtbar, der Satz schreit wirklich nach einem Totalumbau.

Und apropos Totalumbau:
Die letzten zwei Absätze, also von

Am nächsten Morgen wurde er in der Klinik sofort in den Kernspintomograph geschoben.
bis
… Aber wichtig ist jetzt erst einmal die Operation.“

tja, also die gefielen mir beinahe gar nicht … Ich weiß gar nicht, ob ich das jetzt so recht erklären kann, irgendwie wirken die nur mehr so „hingeschrieben“, als wolltest du die Story einfach zu einem Ende bringen.
Und hier schließt sich vielleicht auch der Kreis zu meiner anfänglichen Frage, warum du das reale Vorbild in der ersten Version dermaßen verfremdet hast. Möglicherweise, um dieses unausweichliche Ende zu umgehen?
Dieses Ende wird für mein Gefühl der ganzen Geschichte vorher nicht gerecht, da ist mir zu viel Erklärung, zu viel versuchte Auflösung drin, diese (und nur diese) zwei Absätze haben für mich beinahe was, und jetzt wirst du mich gleich hassen, Dokusoap-mäßiges an sich.
Keine Ahnung, ob und wie du das ändern könntest oder solltest …

nur keine Panik.
Dieser Schluss der Version 1 ist das einzige, was ich an der besser fand.

Aber abgesehen davon, bernadette, hat mir die Geschichte wirklich gut gefallen.

offshore

 

Hej bernadette,

ich habe die zweite Version schon gestern gelesen. Mein Eindruck ist, dass die Geschichte jetzt deutlich länger geworden ist, dafür (für mich) viel nachvollziehbarer.

„Da wird der Beton aber gut abbinden“, plauderte Bärbel drauf los
Für mich kein Plaudern, schon eher ein Fachsimpeln.
Oder erklärt Bärbel dem Leser hier, welchen Beruf ihr Mann hat?

Felix schob seinen rechten Arm über die Tischplatte bis zur Tasse hin. Warum musste es gerade jetzt wieder losgehen. Zeige- und Mittelfinger drehte er konzentriert in den Henkel ein, zog die Hand zur Faust zusammen und passte den Moment ab, als Bärbel sich zum Kühlschrank umdrehte, um die Tasse anzuheben. Er konzentrierte sich mit aller Kraft. Er würde das hinbekommen.
Erfolglos. Kaffee rann über sein Kinn und tropfte auf die Zeitung.
Schnell stellte er die Tasse wieder ab und blätterte ein paar Seiten weiter. Bevor er das Gesicht abwischen konnte, blickte Bärbel ihn an.
Diese Stelle finde ich gut. Nach meinem Empfinden könnte das schon von Anfang an noch stärker mitschwingen.

Früher war es selbstverständlich, dass er mit ihr seine Sorgen und Gedanken teilte.
Interessant wäre, warum er sich diesmal dagegen entscheidet, seine Sorgen mit ihr zu teilen.

Es kam ihr vor, als würde er ein wenig schwanken, nachdem er in die Schuhe hineingeschlüpft war und sich wieder aufrichtete. Aber das kannte sie auch, da wurde es einem manchmal kurz schummerig.
Ich finde, sie sollte ihren kritischen Blick behalten, sie hat ja nichts laut gesagt, sondern sich ihren Teil gedacht.
Oder Du zeigst sie deutlicher ängstlich, dann würde diese unnötige Erklärung passen.

Da würde selbst Bärbel ihm den Vogel zeigen.
Nein, so wirken die beiden nicht, im Umgang miteinander. Und dass es etwas Ernsteres sein könnte, steht doch im Raum. Das fehlt mir bei beiden. Sie wirken nicht ängstlich genug, weder in ihrem Bemühen zu verdrängen, noch in ihrem Handeln.

Die Waschstraße finde ich wieder gut. Das gelingt Dir mMn besser, dieses Zeigen-wie-es-um-Felix-steht, ganz konkret. An den anderen Stellen kritisiere ich, dass er so harmlos reden kann, er fragt nach einer alten Freundin, das ist alles okay, aber ich spüre nicht, dass er überall nur wegrennt und das sollte er doch oder anders, das ist sein Konflikt und der pausiert nach meinem Empfinden immer mal wieder, im Laufe der Geschichte.

„Gut, dass meine Hose frisch gewaschen ist.“ Felix grinste schief.
Du zeigst: Felix rechtfertigt seine gewaschene Hose, weil er ja weiß, dass sie dreckiger sein müsste, weil er ein schlechtes Gewissen hat. Aber er kommt von zu Hause und geht zur Bank, da liegt es nicht unbedingt nahe, dass er farb- oder dreckverkrustet da sitzt. Und so wirkt seine Erklärung auf mich wie ein tiefer Bückling vor dem Bankangestellten, der in keinem rechten Zusammenhang steht. Ich würde solche Stellen mehr Raum geben, sie deutlicher machen. Vielleicht ist Felix immer so unterwürfig, bei offiziellen Gesprächen, der Leser weiß es nicht.

Als er mit den Fingern über sie tastete, spürte er Feuchte
und jeder Mensch, sogar ein Kind, behaupte ich jetzt mal, der oder das einigermaßen bei Bewusstsein ist, wird seine Finger ansehen und herausfinden, ob da Blut dran ist. Wer begnügt sich schon mit einer "wahrscheinlichen" Platzwunde? :)

Deshalb hatten Sie die Seh- und Gleichgewichtsprobleme,
Deshalb haben Sie ...

Die Dialoge gegen Ende fand ich immer ein bisschen steif. Vor allem, als Felix Bärbel alles beichtet. Nicht, dass ich da etwas finde, was direkt nicht passt, aber "ich bin doch deine Frau" und "ich liebe dich doch", das sind einfach Worte, die (bei mir) nicht viel bewirken.

Liebe Grüße,
Ane

 

Liebe bernadette,

als ich gestern deinen Kommentar zur 1. Version las, war ich echt bewegt über deine Offenheit. Wie du dich zu den negativen Komms stellst und dir doch die Freiheit gibst, dich ehrlich mit dem Thema auseinander zu setzen, die Geschichte umzuschreiben und nochmals einzustellen, zeugt von innerer Grösse, das finde ich beispielhaft und beispielgebend – für uns alle und natürlich auch für mich. Hab dafür zunächst einmal herzlichen Dank.

Ich habe die neue Version zügig durchgelesen, was ohne Not und Stolpersteine sehr angenehm war. (Die Kommentare hab ich noch nicht gelesen, um dir unbeeinflusst zu antworten.) Im Vordergrund stand dabei die Frage: was ist los mit Felix. Wie löst er sein Problem, wie stellt er sich Bärbel und wie reagiert sie? Bin also dem roten Faden gefolgt. Dabei ist mir aufgefallen, dass du als Autorin manchmal sehr dicht am Felix dran bist (Autowaschanlage und wenn er auf den Schuppen am See zugeht.) Da bist du so dicht dran, dass es schmerzt, dass seine ganze Not ungemein belastend wird. Das sind grosse Stellen und besonders in diesem Zusammenhang diese Stelle:

Die Magensäure brannte bis zur Zunge.
„Ich kann nicht mehr.“
Das Rascheln der Blätter im Wind war lauter als seine Kapitulation.
Und weit und breit kein Mensch und ich kann als Leserin nicht eingreifen. Das packt, das ist gut, gut, gut!

Dann gibt es aber auch Passagen, wo ich das Gefühl von Distanz bekomme, oder wo du, als Autorin, mich als Leserin auf Distanz hältst. Zum Beispiel die Passagen bei den Ärzten. Da musste ich meinen eigenen Erinnerungsapparat einschalten und denken, so cool, so gefasst? Kann das sein? Ebenso erging es mir bei seiner Beichte. Da fehlt mir das, was mich in der Autowaschanlage und vor dem Schuppen so ergriffen und gepackt hat: die Darstellung aus der Nähe. Da stehst du mittendrin – hier daneben. Ich merke, ich suche nach Worten, kann‘s aber nicht besser sagen, leider.
Nun weiss ich aber, dass deine Geschichte einen realen Hintergrund hat und dass ist ohnehin enorm schwierig: in bekannte Personen und Schicksale hinein zu kriechen, nach Spannungs- und Ausdrucksmitteln zu suchen, quasi sich die Macht zu nehmen und das Recht zu geben, in die Innenwelt der Personen einzugreifen und darüber zu entscheiden, wie sie zu reagieren und zu sprechen haben, damit der Leser nahe dran bleibt. Aber du k a n n s t es, deswegen schreibe ich dies alles so langatmig und ausführlich.
Kleinkram:

„Herr Brehm, es war höchste Zeit,
Weiter unten wiederholst du das „Herr Brehm …“ nochmal und ich finde, einmal ist in dem Dialog genug.
Irgendwo fehlt noch ein ‚zu‘, ach ja, hier:
Sein Körper schien neben ihm Dinge zu tun und sagen, die er so gar nicht wollte.
zu sagen? Aber sein Körper sagt nicht, sein Mund…

Und der See war nicht nichts besonderes sondern nichts Besonderes
Zur 1. Version noch: 'Scheisse' ist für mich ok, aber 'Scheeeiiisse'? Nee! :)

Das war’s von mir. Ich glaube, ich habe noch nie so lange an einem Kommentar geschrieben...

Weiterhin alles Gute für dich, ob nun beim schreiben oder fotografieren
Liebe Grüsse,
Gisanne

 

Eine kurze Zwischenmeldung von mir:

Vielen Dank für die erneuten Rückmeldungen, die mich - natürlich auch inhaltlich - sehr gefreut haben. Ich lese die Kommentare ganz gespannt. Ich möchte aber jetzt die Geschichte erst einmal ein paar Tage ruhen lassen, weil mir jetzt grade der Gesamtblick fehlt, da ich mich die letzten Tage so intensiv damit beschäftigt habe - ich muss mich erst wieder etwas neutralisieren.
Später dann mehr an euch alle.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe bernadette,

die Maske stand dir ausgezeichnet, ich hätte dich nie erkannt, aber wie soll man jemand hinter der Maske erkennen, wenn man nicht weiß, wie er ohne Maske aussieht? Nun steige ich in deine Geschichte und nichts ist mehr verschwommen, auch das Bild, wie er sie ins Schlafzimmer trägt und dann von seinen Kollegen auf die Verspätung angesprochen wird, das macht das ganze Setting viel persönlicher, zieht mich näher an Geschehen. So verwirrt und verloren, wie ich mich in deiner ersten Version gefühlt habe, so verwirrt und verloren muss sich Felix hier fühlen. Das fand ich auch interessant: das man mit dem Vorgeschmack der ersten Fassung hier rein spaziert. Hat einen tollen Effekt!

Ein paar Anmerkungen:

An solchen Tagen trug er sie zurück ins Schlafzimmer und handelte sich anschließend gern die anzüglichen Bemerkungen seiner Arbeitskollegen wegen der Viertelstunde Verspätung ein.
Der zweite Teil klingt sehr technisch, warum nicht: An solchen Tagen trug er sie zurück ins Bett (statt Schlafzimmer) und hörte sich anschließend (Also direkt nach dem Akt? Ich weiß, wie es gemeint ist, aber das anschließend vermittelt schon den Eindruck.) gern die anzüglichen Bemerkungen seiner Arbeitskollegen wegen der Viertelstunde Verspätung an. Eigentlich gar nicht viel ändern, aber hätte große Wirkung, zumindest bei mir.

Seit einigen Wochen bekam er kaum noch einen hoch
That`s financial crisis!

Das Küchenfenster hatte sie weit geöffnet und in der Frühe des Tages ließ die einflutende Luft keinen Zweifel an der Hitze.
Ich glaube, in der ersten Version habe ich genau das Gegenteil kritisiert. Aber: Entweder strömt heiße Luft in die Küche oder die einflutende Luft lässt keinen Zweifel an der Hitze, die noch kommen wird. So wie du es schon hattest.

„Nicht demnächst. Heute hat er lange Sprechzeiten. Ich melde dich an, hab' heute erst später Dienst.“
Was hat das zu bedeuten, dass sie erst später Dienst hat? Dass sie den Termin ausmachen kann?

Nicht über den Arztbesuch und noch weniger über sein Zittern, das in Schüben kam, was er schon einige Wochen und Bärbel seit kurzem bemerkte.
Du schreibst so herrlich vom Verstecken des Zitterns, warum also nicht weiter: Nicht über den Arztbesuch und noch weniger über sein Zittern, das in Schüben kam, was er schon einige Wochen bemerkte und immer weniger vor Bärbel verstecken konnte.

Früher war es selbstverständlich, dass er mit ihr seine Sorgen und Gedanken teilte. Es tat gut, wenn sie ihm ruhig zuhörte und ihm daraufhin ihre Meinung unverblümt auftischte, wenn es auch oft nicht das war, was er hören wollte. Aber sie wusste Bescheid.
Das ist sehr allgemein. „Früher hätte er ihr die Hände hingehalten und ihr vorgezittert, sich Dinge angehört, die er nicht hören wollte, aber sie wusste Bescheid und das tat gut.“

Er war jedoch sehr freundlich im Ton, da Felix noch eine feste Anlage bei ihnen stehen hatte.
Warum nicht nur: Er war jedoch sehr freundlich?

Er hatte Glück, dass schon ein paar vor ihm warteten, so konnte das mit dem Termin um halb Neun passen.
Die Logik mag ich nicht. Er wartet gerne an der Waschanlage, weil dann der Termin passen konnte!? Glück wäre es, wenn er vor dem Termin noch eine Nummer mit Bärbel schieben könnte, oder? Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Es freut sich doch niemand über das Anstehen vor der Waschanlage. Und warum kümmert ihn sein verstaubter Golf? Das ist mir nicht klar.

Dieses Mal blieb alles an seinem Platz, wie er es gewohnt war, nur das Brennen im Hals war unvermindert.
Wortwahl: unverändert statt unvermindert?

Als der Wagen am Ende der Waschstraße ankam, hatte er den inneren Druck verloren, aber er fühlte sich dadurch nicht besser, er fühlte sich gar nicht.
Ich mag die Autowaschanlageszene, sie hat für mich etwas Metaphorisches. Allen voran: er bleibt sitzen, obwohl er genauso gut aussteigen könnte, aber er bleibt, kämpft, macht weiter. Und auch wenn die Karosserie glänzen sollte, im Inneren staubt es noch immer. Wie es ihm schlecht wird, er die Kontrolle verliert, sich alles auf den Kopf stellt – doch, hat mir gefallen.

Unsicher und langsam fuhr er zur Bankfiliale. Was, wenn so etwas noch einmal während des Fahrens passiert?
passierte?

Ihre langen, roten Haare erinnerten ihn an eine seiner früheren Freundinnen.
Warum Plural? Ich würde es bei einer früheren Freundin belassen. Passt dann auch besser zu seiner Vermutung: „Bist du die Tochter von …“

Ihr Lächeln war noch unverbraucht.
Den Satz mag ich immer noch.

Drömer hatte eine rote Krawatte am Hals, passend zum Logo der Firma, und war ansonsten in tristem Grau gekleidet.
Das „tristem“ würde ich weglassen. Ich denke, die Farbe vermittelt auch allein sehr gut diesen Eindruck.

Langsam lehnte sich Drömer in seinen Bürostuhl zurück und blickte Felix ernst an. „Herr Brehm, wenn Sie einen Fond auflösen, verlieren Sie erst einmal viel Geld.“ Felix sah in seine Augen und schwieg.
Das funktioniert jetzt viel besser.

„Das ist ja witzig. Ich heiße Felizitas. Wir sind beide die Glücklichen, oder?“
Das ist eine wunderbare, eine sonderbare Art der Ironie.

Felizitas sah ihm nach und wunderte sich, dass er ein paar Schritte schwankend ging. Getrunken schien er doch nicht zu haben.
Vorschlag: Felizitas sah ihm nach und wunderte sich über seinen zeitweise schwankenden Gang. Nach Alkohol hatte er ja nicht gerochen.

Sein rechter Arm fing wieder an zu zittern. Er hielt ihn mit der linken Hand fest.
„Hör auf zu zittern, was soll das?“
Vielleicht nur „Hör auf damit, was soll das?“ Wegen der Wiederholung.

Sein Schreien ließen zwei Enten verschreckt vom Ufer auffliegen.
Entweder: Sein Schreien ließ …
Oder: Seine Schreie ließen …

„Hör auf, hör auf. Ich will nicht mehr. Ich will nicht mehr!“
Felix brüllte sich in Rage. Er wurde mit jedem Satz lauter.
Da könnte man mit Großschrift arbeiten: „Hör auf, HÖR AUF. Ich will nicht mehr. ICH WILL NICHT MEHR!“

Felix rappelte sich langsam hoch und stand noch etwas wackelig auf den Beinen.
Rappelt man sich nicht auf?

Als er mit den Fingern über sie tastete, spürte er Feuchte, wahrscheinlich eine Platzwunde.
Gefällt dir das „spürte er Feuchte“? Vorschlag: Mit seinen Fingern tastete er etwas Feuchtes, wahrscheinlich eine Platzwunde.

Er hatte noch Glück.
Wie Felizitas zu ihm gesagt hat: Wir sind die glücklichen. Und nicht nur die fehlende Platzwunde ist Glück, sondern auch das Warten an der Waschanlage. Der ist echt kaputt. Sein Glück zumindest.

„Ich kann nicht mehr.“
Das Rascheln der Blätter im Wind war lauter als seine Kapitulation.
Ein schönes Bild, wenn man es so liest: Seine geflüsterte Kapitulation wird vom Rascheln verweht; aber es führt ein wenig weg, wenn man bedenkt, wie groß diese Kapitulation ist, leise vielleicht, aber riesig. Ich weiß nicht, ob man diese Kritik verstehen kann.

Er nahm sich vor, danach gleich Bärbel alles zu erzählen. Nur noch die Wahrheit, das war wichtig.
Ist das „das war wichtig“ wirklich wichtig?

„Egal was, Sie müssen auf jeden Fall in die Klinik.
Über das „Egal was“ bin ich gestolpert.

Als Frau musste man doch merken, ob der Mann zum arbeiten geht oder nicht.
zum Arbeiten
oder anders: ob der Mann arbeiten geht oder nicht. (Hast du hier absichtlich Präsens?)

Deshalb hatten Sie die Seh- und Gleichgewichtsprobleme, weil er sich an den Nervenzellen, die dafür verantwortlich sind, breitgemacht hat.“
Während die Sehbahn im Hinterlappen des Hirns, der Sehrinde endet, laufen die Fasern des Gleichgewichtsorgans ins Kleinhirn, ins Rückenmark und in den Thalamus. Den Schwindel löst ein Tumor im hinteren Rindenbereich eher indirekt aus, weil der Gleichgewichtssinn auch mit den Augenmuskelkernen assoziiert ist. Wenn also ein Tumor nahe der Sehrinde lokalisiert ist, kann das zu Sehstörungen führen und die Sehstörungen führen in der Regel zu Gleichgewichtsproblemen und Schwindel. Das sage ich nur, weil ein einziger Tumor, der sowohl die Neuron der Sehrinde als auch die des Gleichgewichtssinns verdrängt, sehr groß sein muss, um nicht riesig zu sagen. So viel von der möchtegernmedizinischen Seite. Ich finde, du hast das aber trotzdem fein gemacht. Nicht immer wieder geschrien: Kopfschmerzen! Kopfschmerzen! Du hast dich für eine nicht total typische Symptomatik entschieden, die sich dem Leser nicht aufdrängt. Eine Symptomatik, die dein Protagonist verdrängt, die ihn verwirrt und ins Verderben treibt.

Aber das sehen wir konkret erst, wenn wir offen haben.
Unschön formuliert.

Wir werden ein Gutachten erstellen, in dem bestätigt wird, dass Sie durch den Tumor schon lange nicht mehr zurechnungsfähig waren. Vielleicht schaffen wir es so, die Krankenkasse wieder ins Boot zu holen. Aber wichtig ist jetzt erst einmal die Operation.
Ach, was für ein Happy End.

Ich muss sagen, liebe bernadette, ich hätte dir den fiesen Kommentar niemals unter deine erste Version gesetzt, wenn ich gewusst hätte, dass du es bist, aber das ist ja Sinn und Zweck des ganzen Theaters, nicht wahr? Wie die anderen bin ich wahrlich erstaunt, dass du dich von den Kritiken nicht angegriffen, sondern ermutigt gefühlt hast und nun so eine Geschichte lieferst, die im Gegensatz zur vorherigen klar und stimmig ist. Den Bewusstseinsstrom hast du trocken gelegt, jetzt kann man auch durch deine Geschichte wandern, ohne einzusinken. Hast die Krankheit dem Felix in den Kopf geschoben, das macht das Ganze mit der Arbeit viel glaubwürdiger, am besten hat mir die Szene in der Waschanlage gefallen, wie einem der Alltag auf dem Kopf fallen kann.

Hab dir wieder eine lange Liste kleinlicher Anmerkungen dagelassen, und auch wenn ich finde, du hättest dieses Nicht-mit-der-Frau-sprechen, diese Parallelwelt, die er sich da aufbaut, noch ein bisschen mehr herausarbeiten können, das mit dem Weiher als Arbeitsplatz, wie er sich im Dreck wühlt, um so auszusehen, als hätte er gearbeitet, wie er das Zittern verheimlicht, wie er mit dem Geld nicht mehr klar kommt, das geht alles in die richtige Richtung, aber für meinen Geschmack hättest du da noch ein paar Schritte weitergehen können, ein bisschen mehr Dramatik, einen weiteren Blick in die Gefühle. Jedenfalls hat mir diese Version sehr viel besser gefallen und allein, dass du dich bei einer Überarbeitung einer Geschichte so steigerst, zeigt, dass sich da noch einiges in dir versteckt.

She is back!

Beste Grüße
markus.

 

Hallo bernadette,

und Respekt vor der Zweitauflage, in doch so umfangreicher Überarbeitung. Ich habe es schon vor zwei Tage gelesen, wollte aber nicht nur ein Pauschalurteil abgeben, sondern schon mehr auf den Text eingehen, von daher - jetzt habe ich Zeit :).

Das Küchenfenster hatte sie weit geöffnet und in der Frühe des Tages ließ die einflutende Luft keinen Zweifel an der Hitze.

Ich weiß nicht, ob du dir damit einen Gefallen tust, neben den Rückblenden auch das aktuelle Geschehen ins Plusquamperfekt zu setzen. Das hast du ab und an drin im Text, diese Sprünge. Ich finde, es staut den Text nur unnötig mit "hatte" auf. Also, da würde ich mal sagen, Mut zum liniearen.
Sie öffnete das Küchenfenster ...
Zudem kommt mir einflutende Luft und Hitze nicht wirklich stimmig vor. Hitze steht ja immer irgendwie. Obwohl, ist ja noch Morgen, da ist ja noch nicht so bullich. Also einflutende Luft will mir stilistisch auch nicht gefallen, das macht so auf Poesie und die ist hier ja grad nicht.

„Nicht demnächst. Heute hat er lange Sprechzeiten. Ich melde dich an, hab' heute erst später Dienst.“

Kennen die sich? Einen Termin am gleichen Tag - schön wenn das geht :).

Früher war es selbstverständlich, dass er mit ihr seine Sorgen und Gedanken teilte. Es tat gut, wenn sie ihm ruhig zuhörte und ihm daraufhin ihre Meinung unverblümt auftischte, wenn es auch oft nicht das war, was er hören wollte. Aber sie wusste Bescheid.

Ich weiß nicht, ist mir zu nachgelegt. Ich brauch das nicht. Aber wenn du das magst, unbedingt störend finde ich das auch nicht.

Es kam ihr vor, als würde er ein wenig schwanken, nachdem er in die Schuhe hineingeschlüpft war und sich wieder aufrichtete. Aber das kannte sie auch, da wurde es einem manchmal kurz schummerig.
„Vielleicht ist ja nur was mit deinem Kreislauf.“ Sie wollte wenigstens ein versöhnliches Wort zum Abschied von ihm hören.

Vorsicht - Perspektivfalle. Du hast einen personalen Erzähler und der läuft nicht mit Bärbel mit ;)

Ja, und dann würde ich diesen ganzen Morgen auch strafen. Das zieht sich ganz schön, bis man dann endlich an eine Stelle kommt, die einen aufhören lässt. Ist überhaupt ein Thema, über das man nachdenken könnte, des Tempo. Es wirkt auf mich manchmal so, als würdest du Angst haben, das Geschehen vorwärtszutreiben und gehst ständig auf die Bremse.

Nun drehte sich die Bürste auch noch um 90 Grad, seit wann war das denn, nein, das Auto kippte - oder kippte die Mauer? Hektisch drehte er den Kopf mehrfach von der Front- zur Seitenscheibe und versuchte sich zu orientieren. Schlagartig wurde ihm übel und er kämpfte damit, sich nicht übergeben zu müssen. Säure kroch seinen Hals hinauf. Kurz darauf rutschte die Bürste über das Autodach und Felix sah von einer Sekunde zur nächsten wieder klar und mit gerader Linie bis zum Ende der Waschstraße.

Schön.

Gerade wurde die hintere breite Glastüre, die den Bankautomaten vom Servicebereich trennte, von einem jungen Mädchen aufgeschlossen. Er hatte sie hier noch nie gesehen. Ihre langen, roten Haare erinnerten ihn an eine seiner früheren Freundinnen. Nun blickte sie ihn auch noch mit den gleichen, grünen Augen an.

Eine Nebenhandlung die für mein Empfinden zu wenig der Geschichte dient und eigentlich nur ablenkt. Selbst wenn sie seine Tochter ist, von der er nichts weiß. Ist aber eine andere Geschichte, nicht diese, finde ich.
Überhaupt das ganze Bank-Ding. Also mir ist schon klar, dass Du darauf hinaus willst, dass er sich in einer Situation sieht, die ihn zwingt, Farbe zu bekennen. Aus der er aber heil rauskommt, weil der Bankmensch ihm eine Hintertür öffnet, an die er selbst noch nicht gedacht hat. Das verschwimmt aber so hinter, Guten Tag, eine Tasse Kaffee, wie geht es Ihnen. Zudem glaube ich fast nicht, dass man für 50 000 und einem normalen Maurergehalt gleich Chefkunde wird. Also, normaler Schalter, er überlegt vorher, was er sagt und dann muss er es nicht sagen, mehr er, weniger die anderen.

Sein rechter Arm fing wieder an zu zittern. Er hielt ihn mit der linken Hand fest.
„Hör auf zu zittern, was soll das?“
Sein Schreien ließen zwei Enten verschreckt vom Ufer auffliegen.
„Hör auf, hör auf. Ich will nicht mehr. Ich will nicht mehr!“
Felix brüllte sich in Rage. Er wurde mit jedem Satz lauter. Dann stand er aus dem Campingstuhl auf und wollte sich durch etwas Bewegung abreagieren. Plötzlich schwankte er, stolperte über einen größeren Stein und flog in voller Länge ins Ufergras.

Das ausbrüllen fand ich gut. Das ist menschlich.
und wollte sich durch etwas Bewegung abreagieren - solche Einschübe, naja. Sag doch einfach, er ging drei Schritte ...

Er hatte einen ausgetrockneten Mund und seine Stirn tat ihm weh.

In der Zeitform bleiben - Sein Mund war trocken und die Stirn tat ihm weh.

Nachdem er aus dem Auto eine Wasserflasche geholt und diese fast leergetrunken hatte, sah er auf dem Handy nach der Uhrzeit. Es war schon gegen ein Uhr Mittag. Also hatte er doch länger dort gelegen. Bärbels SMS hatte nur die Information, dass er um halb sechs beim Arzt sein sollte.

Hier gleich ein ganzer Absatz, obwohl alles linear läuft. Hast du das mit Absicht gemacht? Warum? Ich sehe hier keinen Grund zum Tempuswechsel.

Er nahm sich vor, danach gleich Bärbel alles zu erzählen.

Warum nicht direkt? Warum der Schlenker? Und danach würde er gleich mit Bärbel reden.

Ja, schlimme Geschichte das. Ich kann gut verstehen, warum Du da versucht hast, in Version eins, drumrumzuschreiben. Vielleicht war die ja auch wichtig, damit du dich als Autorin von den realen Vorlagen lösen kannst. Erzählenswert auf jeden Fall. Ich finde es übrigens sehr nett von Dir, dem Ende so etwas positives untermischen zu wollen. Wirkt nur irgendwie seltsam. Wirkt auf mich so, wie, da hat eine sehr liebe Autorin geschrieben. Ich hätte das wahrscheinlich alles viel offener gelassen.
Berührende Geschichte. Ich denke, wenn man die strafft und gerade erzählt und den Fokus immer schön auf Felix Empfinden und seine Sicht auf die Dinge der Welt hält, könnte sie noch gewinnen. Glaub ich. Ich würde das machen, aber ich bin nicht du ;). Aber du hattest mich immer genau an den Stellen. Wo nur Felix da war und der doch sehr dominierende Erzähler mal in die Ecke geschickt wurde. Da war ich sehr bei Felix.

Liebe Grüße Fliege

 

Hallo bernadette,

ich habe nun auch deine neue Version gelesen. Das ist mehr! Mehr Geschichte, mehr Hintergrund, deine Figuren sind mehr, und das macht diese Sache insgesamt interessanter, glaubwürdiger und auch tiefer.

An manchen Stellen liest sich der Text noch etwas "eingerostet", wenn ich das mal so sagen darf, aber mir gefällt diese Version wesentlich besser als der Maskenballbeitrag. Mit diesem ausgearbeiteten Text "degradierst" du den Urtext zur Skizze, und die dort geschaffenen Figuren zu Platzhaltern.

Inhaltlich ist das ja erst ein Anfang, und ich hätte gern noch gewusst, wie es weiter geht.

Bärbel ist mir etwas zu lieb und ich würde mir da mehr Kontur wünschen. Sie reagiert eigentlich hauptsächlich nach meinem Empfinden.

Platzangst ist nicht die Angst vor der Enge, z. B. vor Fahrstühlen, sondern genau das Gegenteil, die Angst vor der Weite, davor, große Plätze zu betreten.

Ich glaube, wenn du dm Schreiben wieder mehr Zeit widmen würdest, könnten wir uns wieder auf tolle Texte von dir freuen.

Rick

 

Hallo Bernadette!

in der Frühe des Tages ließ die einflutende Luft keinen Zweifel an der Hitze.
Der Satz wirkt verstümmelt.

„ich nehm' nur Salami, für Aufschnitt oder Käse ist es zu heiß.“
Das hält mich auf beim Lesen. zuerst denke ich, dass ja Salami und Käse meistens in Scheiben (Aufschnitt) auf einem Brot liegen und dann frag ich mich, was das jetzt mit der Hitze zu tun hat. Klär mich auf.

Felix schob seinen rechten Arm über die Tischplatte bis zur Tasse hin. Warum musste es gerade jetzt wieder losgehen.
Ab hier wirds für mich interessant. Vorher hab ich nur weitergelesen, weil dein Name drübersteht.

In ihm hatte sich eine immer stärker werdende Lethargie eingeschlichen, die wie ein Prellbock alles von ihm abhielt, was Kraft kosten könnte
Kommt mir wie ein Fremdkörper vor der Satz.

Nachdem er in die Waschstraße eingewiesen wurde und Felix die Bürsten unerbittlich auf sich zukommen sah
Müsste doch heißen: Nachdem er ... eingewiesen worden war.

er kämpfte damit, sich nicht übergeben zu müssen.
er kämpfte dagegen an, sich übergeben zu müssen, fänd ich besser. So klingt es krumm in meinen Ohren.

vielleicht hatte er einfach nur Platzangst, so was kennt man ja auch von Erzählungen mit Aufzügen
Ich glaube, Platzangst ist das Gegenteil: Wenn man Angst vor großen Flächen hat.

Er würde dann bei seinem alten Chef vorbeischauen. Der würde ihn sofort wieder nehmen, auch wenn Felix von einem auf den anderen Tag sang- und klanglos nicht mehr auf die Baustelle gekommen ist. Er war ein guter Arbeiter.
Ich bin mir fast sicher, dass da häufiger was durcheinander geht mit den Zeiten. Auf die Baustelle gekommen war. Die Erzählung ist ja in der Vergangenheit geschrieben und dann müsstest du an solchen Stellen in die vollendete Vergangenheit gehen. Ansonsten komme ich durcheinander.

Also insgesamt: Ich denke, da kann man mehr rausholen aus dem Thema. Ich bin mir sogar sicher. kennst du Breaking Bad? Da fängt die erste Folge ähnlich an, aber es gibt insgesamt fünf Staffeln, in denen die Geschichte des kranken Mannes dann auserzählt wird. Das Thema find ich gut. Mir fehlt so die Feinabstimmung und es ist auch bisschen unsauber erzählt, finde ich. Die Zeiten und so manche Formulierungen. Trotzdem ist es an sich eine gute Herangehensweise an das Thema, es ist interessant (nach den ersten paar Absätzen) und man will wissen, was ist. Zuerst dachte ich, der Felix hängt an der Flasche, säuft auf der Arbeit, was ja bei Maurern vorkommen soll ... Ich fands nicht schlecht aber auch nicht richtig gut.


Lollek

 

Hallo bernadette

habe mich nicht nur durch Deine Geschichte, sondern auch durch die Kommentare gelesen. Was für eine geballte Ladung von Anerkennung und hilfreichen Vorschlägen!
Die Handlung ist spannend, das Thema erschütternd und all-täglich und die Problematik - die Kommunikationsstörung zwischen Mann und Frau - anscheinend häufig. Dies hätte ich besser erklärt bekommen wollen. Warum schweigt er so lange? Wie begründet er diese Entscheidung vor sich? Trifft er in den Monaten des Zitterns niemanden? Warum ist er so desinteressiert an seiner Gesundheit (was man Männern so nachsagt)? Jetzt verstehe ich Deine gegenwärtige Lektüre.
Wie die Frau im Text verstehe ich auch nicht, wie er sagen kann, er liebt die Frau und lügt sie in so wichtigen Angelegenheit so lange an. Männnlichkeitswahn? Die Pflicht zum "Hochkriegen"?
Ein Text für mehr Vetrauen unter Liebenden!
Herzliche Grüße
Wilhelm

 

Hallo M. Glass, Fliege, Rick, herrlollek, Wilhelm,

danke euch für die weitere Auseinandersetzung mit dem Text. Die nächsten Tage werde ich mich wieder dran setzen, jetzt kann ich ihn wieder mit "unverbrauchterem" Blick bearbeiten.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo bernadette

Endlich komme ich dazu, die zweite Version zu kommentieren.

Jawoll, die Geschichte fliesst jetzt, und sie gefällt mir um einige Längen besser als Version 1, sie ist nicht mehr so skizzenhaft und wirkt durch die frühe Andeutung des medizinischen Problems von Anfang an stringent. Durch die Konzentrierung der auslösenden Probleme von Felix wirkt die Geschichte weniger zerfahren, allerdings bleibt mir Bärbel dadurch noch stärker als blasse Statistin auf der Strecke.

Ok, obwohl du eine Überarbeitung angekündigt hast, trotzdem hier noch meine 50 Cents. (Hab nicht alle Kommentare bis ins Deatil gelesen, sorry, wenn sich was überschneidet.)

„Nicht demnächst. Heute hat er lange Sprechzeiten. Ich melde dich an, hab' heute erst später Dienst.“
Wirkt so drangepappt, kann man mE streichen.

Es kam ihr vor, als würde er ein wenig schwanken, nachdem er in die Schuhe hineingeschlüpft war und sich wieder aufrichtete.
Bin ich gestolpert, denn nach meiner Lesart schwankt er zum Schuhschrank, dann aber doch erst, als er die Schuhe angezogen hatte.
Würde ich demnach umstellen:
"Nachdem er in die Schuhe hineingeschlüpft war und sich wieder aufrichtete, kam es ihr vor, als würde er ein wenig schwanken. Aber das kannte sie, ihr wurde es dabei auch manchmal kurz schummerig."

Er war jedoch sehr freundlich im Ton, da Felix noch eine feste Anlage bei ihnen stehen hatte.
Hier wechselt der Erzähler zu abrupt auf Drömers Sichtweise. Ich würde da eher bei Felix bleiben:
"Er war jedoch sehr freundlich im Ton, wahrscheinlich weil Felix noch eine feste Anlage bei ihnen stehen hatte."​

Bis die Bank öffnete, musste er sich die Zeit vertreiben. Als er in seinen verstaubten Golf einstieg, beschloss er kurzerhand, in die Waschanlage zu fahren. Er hatte Glück, dass schon ein paar vor ihm warteten, so konnte das mit dem Termin um halb Neun passen.
"Bis die Bank öffnete, musste er sich die Zeit vertreiben. Also beschloss er kurzerhand, seinen verstaubten Golf zur Waschstrasse zu fahren."​

Nachdem er in die Waschstraße eingewiesen wurde und Felix die Bürsten unerbittlich auf sich zukommen sah, wurden sie durch die Scheibe immer verschwommener, je näher er auf sie zurollte.
er, sich, sie, er, sie. -> je näher der Wagen auf sie zurollte.

Nun drehte sich die Bürste auch noch um 90 Grad,
Entweder "drehten sich die Bürsten" oder "drehte sich eine der Bürsten"

Seine Übelkeit verschwand etwas langsamer und das Sodbrennen war eindeutiger Beweis, dass er das alles nicht geträumt hatte.
Der Satz liest sich komisch, vielleicht so:
"Seine Übelkeit war weg, doch das Sodbrennen war ein deutlicher Beweis, dass er das alles nicht geträumt hatte."​

Seine Hände krampften sich um das Lenkrad fest.
Seine Hände/Finger verkrampften sich am Lenkrad.

Als der Wagen am Ende der Waschstraße ankam, hatte er den inneren Druck verloren, aber er fühlte sich dadurch nicht besser, er fühlte sich gar nicht.
Der haut rein! :)

Felix nahm vor dem Schreibtisch auf einem Stuhl mit schwarzem Stoff Platz. Drömer hatte eine rote Krawatte am Hals, passend zum Logo der Firma, und war ansonsten in tristem Grau gekleidet.
„Gut, dass meine Hose frisch gewaschen ist.“ Felix grinste schief.
„Sie müssen sicher gleich wieder zur Arbeit, aber wollen Sie trotzdem einen Kaffee?“
„Danke nein, ich muss gleich wieder los, ich habe zu tun. Herr Drömer, ich [...]
Hier finde ich auch, durch Umstellen kommt der Bezug von Gedachtem zu Beobachtetem besser zur Geltung.
"Felix nahm vor dem Schreibtisch auf einem Stuhl mit schwarzem Stoff Platz.
'Gut, dass meine Hose frisch gewaschen ist', dachte Felix und grinste schief.
Drömer hatte eine rote Krawatte am Hals, passend zum Logo der Firma, und war ansonsten in tristem Grau gekleidet.
„Kaffee?“
„Danke nein, ich muss gleich wieder los zur Arbeit. Herr Drömer, ich [...] "​

Als er mit den Fingern über sie tastete, spürte er Feuchte, wahrscheinlich eine Platzwunde. Langsam machte er sich zum Auto auf und besah sich das Malheur im Seitenspiegel. Er hatte noch Glück.
Er hatte noch mal Glück gehabt / Da hatte er (wohl) Glück gehabt.
o. ä.

Nachdem er aus dem Auto eine Wasserflasche geholt und diese fast leergetrunken hatte, sah er auf dem Handy nach der Uhrzeit. Es war schon gegen ein Uhr Mittag.
Gestörter Lesefluss. Der Nachsatz impliziert bereits die Frage nach der Uhrzeit.
"... , sah er aufs Handy. Es war schon gegen ein Uhr Mittag."​

Die Sprechstundenhilfe klopfte leise an die Türe.
„Entschuldigung, Herr Brehm, ihre Krankenkassenkarte ist gesperrt. Haben Sie vielleicht eine neue?“
„Nein, ich habe ...“.
„Was, Herr Brehm?“Die junge Frau blickte ihn erwartungsvoll an.
„Ich habe keine Beiträge mehr bezahlt. Ich bin gerade nicht versichert. Aber ich war ja zwanzig Jahre bei denen, das geht doch sicher irgendwie auch so.“
Das Nachfragen wirkt so herrisch. Würde ich weglassen, die Frage wird ja implizit in "erwartungsvoll" gestellt.

Wir werden ein Gutachten erstellen, in dem bestätigt wird, dass Sie durch den Tumor schon lange nicht mehr zurechnungsfähig waren. Vielleicht schaffen wir es so, die Krankenkasse wieder ins Boot zu holen. Aber wichtig ist jetzt erst einmal die Operation.
Diesen Kniff, der Geschichte eine versöhnliche Wendung zu geben, mag ich gar nicht. Das könnte man ruhig offen lassen, dieser Vorschlag ist mE juristisch heikel und ob ein Arzt das so offen aussprechen würde, ist fraglich. Warum nicht einfach vorschlagen auf Kulanz und Nachzahlung der verpassten Prämien zu plädieren, er hat ja jetzt noch etwas auf der hohen Kante.

Aber alles in allem eine gute Überarbeitung, obwohl, und da geht es mir wie Lollek, eigentlich stehen wir hier immer noch am Anfang der Story und wüssten nun gerne, ob die beiden es letztendlich schaffen, ihre Beziehung zu retten und dabei vielleicht auch noch den Krebs zu besiegen.

Liebe Grüsse
dot

 

So, nun meine Antworten auf eure Kommentare zur überarbeiteten Version.
Mal ein paar grundsätzliche Gedanken vorweg, da einige gleiche Details angesprochen haben oder in die gleiche Kerbe schlugen.

Erst einmal ein großes Danke an euer Lob für die offensichtliche Verbesserung. Das ich nach der Kritik von Version 1 tief in die Umwandlungskiste greifen musste, ist doch selbstverständlich. Das so explizit als was Besonderes zu betonen, hat mich fast etwas irritiert.

Da wären mal die Dialoge, an denen ich noch arbeiten sollte. Teilweise habe ich sie geändert, aber auch ziemlich eingekürzt. Ich dachte mir, bevor ich was verschlimmbessere, versuche ich lieber durch Kürze Floskeln zu vermeiden.

Das Kürzen wurde allgemein an vielen Stellen vorgeschlagen, sei das nun, innerhalb eines Satzes Füllsel loszuwerden oder gar in der Handlung auf einige Elemente zu verzichten.
Die Vorschläge zur Streichung der Füllsel habe ich zu 100% übernommen.

Was die einzelnen Szenen angeht, kamen öfters zur Sprache:
Die Bankszene (unnötig), die Beichte (zu unaufgeregt) und die Passage bei den Ärzten (distanziert; zu weichspülend).
Ich habe dann gemerkt, dass es genau die Szenen sind, die ich in den Text aufgenommen habe, um damit durchgehend logische Abläufe zu liefern, damit keiner fragen kann, wieso das oder jenes so laufen konnte. Aber das ist auch generell ein Augenmerk von mir, fast schon spleenig manchmal. Deswegen z.b. die Bankszene. Ansonsten fragt man sich doch, (oder eben ich mich) , woher die lange Zeit ohne Arbeit das Geld kommt.
Genauso wie die Einstiegsszene, die manche zäh fanden. Ich möchte doch Bärbel und auch die Ehe, wie sie mal war, aufzeigen. Möglich wäre vielleicht, das als Einschub zu bringen. Aber so Einschübe regen mich meist noch mehr auf, weil ich dann noch eher weiterkommen will, wenn ich schon mal Blut am Handlungsvorgang geleckt habe.

Gefallen haben allen die Szenerien, bei denen Felix mit seiner Krankheit körperlich konfrontiert wird.

Dann noch der Perspektivwechsel, da nehme ich auch gleich die manchmal diffuse Wahl der Zeiten mit. Leute, das war keine Absicht, einfach nur Schlampigkeit und auch Unwissen oder fehlende Übung. Aber ich bin wieder etwas mehr sensibilisiert durch eure Anmerkungen.

Wenn ich nun resümiere, müsste ich die Rahmenhandlung noch mehr verschlanken und die Dialoge noch reifen lassen. Dann gäbe es noch die Option, in der Handlung ein Stück weiter zu gehen. Das aber wäre für mich eine andere Geschichte. Auf dieser hier ist der Fokus, was so ein Tumor mit einem machen kann.

Nun zu den einzelnen, das meiste jedoch ist ja schon in meinen allgemeinen Worten aufgegriffen.

Novak

Alles, was dich betrifft, hab ich oben schon angesprochen. Ich hab so ziemlich alle Vorschläge übernommen. Oder hatte sie übernommen, bis der nächste mit einem noch besseren kam ;).

Goldene Dame

Ja, das Glück mit dem Anstehen bei der Waschanlage hat noch mehrere gestört. Ist geändert.

Das mit der Krankenversicherung von der Frau ist korrekt, wie du es beschreibst. Es gibt aber auch noch andere Varianten. Die sind halt auch nicht immer legal.


weltenläufer

weltenläufer schrieb:
Insgesamt ist mir der Text dennoch etwas zu lang geraten. Also, dass er eindeutig krank ist, das wird ja schnell klar. In meiner Wahrnehmung rollst du das aber zu häufig und zu lang aus wie er da Probleme mit der Sicht und dem Gleichgewicht bekommt. Das hätte kürzer vll auch viel mehr gezogen. So ist das ... nun ja ... jetzt hat es auf jeden Fall jeder Begriffen.

Ach, komm, alle anderen finden grade diese Szenen am stärksten und die soll ich deiner Ansicht nach noch kürzen.

Jedoch deine Meckereien habe ich alle übernommen; außer dem hundeelend, das steht noch, besonders, nachdem offshore mir zur Seite stand.

Schwups

Bei der Beichte hast du die Dialoge als zu harmlos beschrieben. Ich habe leicht nachgelegt, vielleicht geht es jetzt mehr in deine Richtung, wenn es für dich sicher auch noch schärfer sein könnte.

Ein unverbrauchtes Lächeln kommt von Herzen. Kennst du das nicht, dass dich manchmal Leute anlächeln, nur, weil der Job das verlangt? Das sehe ich schon manchmal in meinem Alltag.

offshore

Deine Kürzungen machen es knackiger, grade die beim See.

Ja, was das Ende betrifft - da werde ich noch ein paar Nächte drüber schlafen. Du bist ja nicht der einzige, den es nicht überzeugt hat. Ich würde auch sofort alles streichen, wenn ich eine adäquate Alternative hätte. Naja, die Geschichte ist ja noch jung, das kann ja noch werden.

Ane

Die frischgewaschene Hose ist ganz gelöscht. Es sollte kein Bückling vor dem Bankangestellten sein, sondern ihn eher etwas hochnehmen. Kam wohl nicht so an.

Den Dialog zwischen Bärbel und Felix habe ich auch aufgrund deiner Bemerkung etwas verändert.

Gisanne

Dein Kommentar hat mich sehr zum Nachdenken gebracht, raus kam eben die Erkenntnis mit meiner Logiksucht. Aber das hat etwas gebraucht. Es war eine wichtige Einsicht für mich, denn wenn ich mir das im Hinterkopf behalten kann, weiß ich auch künftig eher, wo ich an Erklärungen (die Längen bringen) sparen kann.

M.Glass

Also dieser Schlafzimmer-Bett-Arbeitskollegen-Satz hat mich nun wirklich mehrfach beschäftigt. Teile deines Vorschlages habe ich übernommen; das Bett nicht, weil das eine Doppelung zum vorherigen Satz gewesen wäre.

Und erst dieser Fenstersatz mit der heißen Luft. Pffff...
Irgendwann habe ich gedacht, dass ich mich nicht weiter verkopfe. Ich habe den total geändert. Weg mit dem einströmen, Mut zum Einfachen.

Hey, ich habe sonst so ziemlich alles von dir übernommen, weil es mich überzeugt hat.

Fliege

Also dein krasser Vorschlag mit der Bankenszene war mir zuviel. Hätten da alle dagegen gewettert, wäre ich sofort beim Verändern, aber es gab ja auch Gegenstimmen, die was damit anfangen können.

Zu den Tempi habe ich mich schon geäußert. Du willst sie schlanker. Ein klein wenig habe ich schon angefangen. Dialoge, ein paar Details. Vielleicht bringt das schon was.

Rick

Dir ist Bärbel auch zu farblos. Ich habe sie etwas echauffierter werden lassen - aber ob das für dich reicht?

lollek

bernadette schrieb:
„ich nehm' nur Salami, für Aufschnitt oder Käse ist es zu heiß.
lollek schrieb:
Das hält mich auf beim Lesen. zuerst denke ich, dass ja Salami und Käse meistens in Scheiben (Aufschnitt) auf einem Brot liegen und dann frag ich mich, was das jetzt mit der Hitze zu tun hat. Klär mich auf.

Du hast wohl noch nie ein belegtes Brot essen müssen, dass 5-6 Stunden in der Hitze draußen rumgelegen ist, oder? Aufschnitt heißt für mich Frischwurst (Lyoner, Bierschinken, Schinkenwurst oder so was in der Art), der ist nach der Zeit labbelig und grau - Käse verlaufen oder schwitzig, dass es nicht appetitlich aussieht, - Salami hält sich einfach am besten.

Ich habe auch Vorschläge von dir übernommen.

lollek schrieb:
Ich fands nicht schlecht aber auch nicht richtig gut.
also mittel ;)

Wilhelm Berliner

Wilhelm schrieb:
Die Handlung ist spannend, das Thema erschütternd und all-täglich und die Problematik - die Kommunikationsstörung zwischen Mann und Frau - anscheinend häufig. Dies hätte ich besser erklärt bekommen wollen. Warum schweigt er so lange? Wie begründet er diese Entscheidung vor sich?

Du konntest es nicht herauslesen, dass ihn seine Krankheit an für sich so verändert hat.
Ich wüsste jetzt auch nicht, wo ich da noch ansetzen könnte.

dot
Ich habe auch von dir die meisten Vorschläge übernommen. Die versöhnliche Wendung habe ich gekillt.

An alle ein herzliches Dankeschön, dass ihr euch die Geschichte noch einmal vorgeknöpft habt.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo bernadette

Ich habe die Geschichte – und nur diese Version - in einem Zug gelesen, kein Moment des Zauderns. Während des Lesens wurde mir die sprachliche Eloquenz bewusst, die den Text gleiten lässt, gleich der, welche mir bei manchen bekannten Autoren Eindruck macht.

Die Handlung fügt sich gut zur Alltagsgeschichte, hebt sich dennoch von Gewöhnlichem ab, den Blick sonst nicht allgemein Sichtbarem öffnend. Zu Beginn glaubte ich andeutungsweise eine entwicklungsbedingte Veränderung zu erkennen, dazu die Anzeichen von Erschöpfung, die sich dann aber dramatisch als etablierte Krankheitssymptome weisen. Die Diagnose deckt sich letztlich mit den aufgetretenen Anhaltspunkten ohne Überzeichnungen.
Die Figuren wirken überzeugend, das Verhalten von Felix aufgrund seines Zustands plausibel, entlarvend sein Schweigen als menschliche Schwäche. Auch die Reaktion von Bärbel kam bei mir so echt an, als sei sie aus dem Leben gegriffen. Ich hatte an keiner Stelle den Eindruck, es wirke literarisch konstruiert, enthalte Passagen, die etwas für den Ausgang zurechtbiegen müssten. Ein Einschub, der mich kurz in eine falsche Richtung drängen wollte, war die Begegnung von Felix mit Felicitas, sein erkennen und erinnern an Evi. Doch trat es nicht störend auf, ein kurzes Austreten aus dem zwingenden Ablauf, ein Moment der Ablenkung, wie es in der Realität sich auch ergibt.

Passagen, deren Sinngehalt sich mir hervorhob, waren etwa:

Falls es überhaupt so etwas wie den ganz gewöhnlichen Morgen gibt, wünschte Felix sich diesen seit Monaten,

Gleich zum Einstieg ein Satz, der mich auf eine ungewöhnliche Entwicklung hinwies und meiner Erwartung Anreiz gab.

Er wurde in die Waschstraße eingewiesen. Als Felix die Bürsten unerbittlich auf sich zukommen sah, wurden sie durch die Scheibe immer verschwommener, je näher der Wagen auf sie zurollte.

Diesen klaustrophobischen Moment sah ich unwillkürlich vor Augen. Es erinnerte mich an Eindrücke eigenen Erlebens, auf die Walzen zurollend, alsbald dem Druck auf die Scheiben und das Blech ausgesetzt.

Bärbel wurde von Wort zu Wort lauter, bis sie hysterisch schrie.
“War das alles … Theater?“

Die Steigerung meinte ich beinah physisch zu spüren, durch den Schall der vorstellbaren Worte.

Bärbel nahm Felix' Hand und drückte sie, bis es ihm wehtat.

Mit dem Schlusssatz rundete es die Geschichte, ohne grosse Worte die Gefühlslage gelungen ausdrückend.

Es war mir eine eindrückliche Geschichte, schlicht in der Handlung und dennoch mit starker Dynamik erfüllt, die meine Sinne als Leser ausreizten.

Was mich ursprünglich nicht einlud sie zu lesen, war der Titel. Er vermittelte meiner subjektiven Wahrnehmung den Hauch von etwas Gezwungenem. Erinnerte mich an Titel, wie sie Kursanbieter feilhalten, die vorgeben eine selige Lebenshaltung verkaufen zu können. Aber da bin ich in meine eigene Falle als Titelfreak getappt. Ein Vorurteil, das mir zuweilen bei ansprechenden Titeln durch inkompatible Inhalte frustriert wird. In diesem Fall überwand ich glücklicherweise meinen Vorbehalt.

Sehr gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Tja, da du hier schon so viel konstruktove Kritik erhalten hast, bleibt mir nur eins zu sagen:
Deine Geschichte it wirklich wahnsinnig berührend und die Beklemmung, die sich durch sie zieht, hat mir tatsächlich kurzweilig selbst eine Übelkeit beschert. Klasse!

 

Hallo LittleLola,

vielen Dank fürs Lesen der alten Geschichte und die lobenden Worte - wenn beim Lesen auch Übelkeit aufkam (die hoffentlich nur leicht war).

Liebe Grüße
bernadetete

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom