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Zeit. Die

Seniors
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29.11.2005
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Zeit. Die

vergeht, ohne dass ich etwas zu Ende. Denke ich tiefer, erschwert es mir. Das Formulieren meiner Worte. Zu verstehen ist. Kaum vorstellbar, dass ich. Vor Kurzem noch viel mehr. Gewusst hatte ich nicht, was mit mir los. War doch gerade in der letzten Zeit häufiger. Diese zunehmende Dunkelheit in meinem Kopf ist. Beunruhigend auch für Menschen, die mir nahe. Stehen oft hilflos vor. Mir fällt es schwer, zu erkennen. Dass etwas nicht in Ordnung wäre, sagte mir eines Tages. Mein Arzt sprach sehr offen über. Meinen Zustand, und der ließ sich nicht mehr. Leugnen oder Verheimlichen wäre keine.
„Lösung“, sagte er, „im Sinne von Loslassen bedeutet ja nicht.“
Dass man verlöre, was einst war, daran will ich gar nicht. Denken die Anderen, man würde sich langsam an eine andere, undurchdringliche Dimension? Verlieren, statt das Leben noch einmal in vollen Zügen. Zu genießen fällt mir aber schwer, wenn ich die Endlichkeit erkenne, so unausweichlich zum Be … greifen. Nahe dem großen Vergessen, wenn es still wird. In meinem Kopf findet. Ein Kampf statt wohl überlegter Ordnung, bei dem es nur noch darum geht. Sich irgendwie an der Wirklichkeit festzuklammern, bis sie verglimmt, wie. Ein letzter Funke bleibt. Noch ist nicht alles. Verloren betrachte ich dieses schwindende.
„Leben“, denke ich. „ist so!“
Kostbar mit alle jenen.
Augenblicken, die noch bei mir.
Verweilen doch immer weniger.
Bewusste Momente. In letzter.

 

Hallo Rick

Schöner Text, schönes Experiment.

Die Folgen einer Alzheimer-Erkrankung, nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch verdeutlicht. Sätze, die mittendrin enden und für einen Zuhörer einzeln überhaupt keinen Sinn ergeben - in ihrer Gesamtheit aber doch eine Geschichte erzählen, wie vom Erzähler beabsichtigt. In seinem Kopf ist das Ganze klar, aber vernünftig artikulieren kann er es nicht mehr. Für Außenstehende wird das zur Qual.

Und das Ende führt wieder direkt zum Anfang - als Zeichen dafür, dass er wieder vergessen hat, was er bereits erzählt hat und einfach nochmal von vorne beginnt.

Und zwischen alldem kommt sowohl die Verzweiflung des Erzählers rüber, als auch die Hoffnung auf die letzten schönen Momente des Lebens.

Ein sehr kluges Experiment, wie ich finde. Kompliment.

Grüsse,
Schwups

 
Zuletzt bearbeitet:

Hier hast du deinen Hut.
Das ist recht und gut. Aber wo ist mein Gehirn?

Arno Geiger, Der alte König in seinem Exil​

Hey Rick,

ein kleines Experiment, das auch nicht länger sein darf, weil man dem (Uhrzeiger)sinn nicht leicht oder leichtfertig folgt. Umso schöner ist es, wenn sich am Ende alles schließt. Einen Kreis im Titel schließen - das durfte ich noch nie beobachten. Und schon lüge ich, weil Wahrheit eine Variable der Zeit ist.

Ein paar Anmerkungen:

Vor kurzem noch viel mehr.
Kurzem

Leugnen oder verheimlichen war keine.
Groß- und Kleinschreibung ist hier schwierig, weil ja in den meisten Fällen beides zutrifft, auch ein schöner Effekt, der halt auch alles rot unterkringelt in meinen Augen. Hier würde ich Verheimlichen groß schreiben.

Eine interessante Stellen:

zu Ende. Denke ich tiefer


-Gestrichen-

Kurz: Schönes Experiment! Auch, weil es metaphorische Züge zeigt, in dem, was es macht. (Kann da Schwups nur bestärken.) Ich weiß, Links sind hier nicht gern gesehen, aber dein Text ist das Äquivalent zu diesem Bild: Utermohlen.

Beste Grüße
markus.

 

Rick. Eben
bin ich draufgekommen! Dass sich das Verstehen deines Textes? Um ein Vielfaches schneller einstellt. Wenn man seine gewohnten Lesegewohnheiten nur minimal, verändert indem, man einfach die Augen. Zusammenkneift etwas abrückt. Vom Bildschirm und auf, diese Weise einen gänzlich neuen Blickwinkel auf die, semantische Disponiertheit. Des eigenen Gehirns erlangt wieso auf diese doch so naheliegende Idee? Des satzzeichenologischen Amoklaufs bisher.
„Noch niemand gekommen ist“, frage ich, mich und.
Gebe mir die Antwort gleich? Selber weil es rechteigentlich und überhaupt kompletter hirnsträubender!
„Quatsch ist nämlich.“

Interessant, witzig, die Augen öffnend, und für mein Gefühl allemal experimentell.
Hat Spaß gemacht, Rick.

offshore

Und wie immer ein fand ich einen kleinen Fehler:

… statt das Leben noch einmal in vollen Zügen.[zu] Genießen …

 

Rick. Eben
bin ich draufgekommen! ... wieso auf diese doch so naheliegende Idee? Des satzzeichenologischen Amoklaufs bisher.
„Noch niemand gekommen ist“, frage ich, mich und.

:


Ganz so einfach hat es sich Rick aber nicht gemacht, offshore.
Nicht nur das Verändern des Satzes in sich, sondern jedesmal mit dem Punkt von Neuem wieder einen sinnvollen Satz beginnend, wenn auch das Ende fehlt, das dann wieder ergänzt wird, da ist eine Ebene mehr drin. Denke ich.

 
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Lieber Rick,
das ist ein schlimmer und ein toller Text. Schlimm deshalb, weil es so anstrengend ist, ihn zu lesen und weil der Inhalt schlimm ist und du das Entgleiten der Gedanken und der Erinnerungen durch dein Experiment vorstellbar und nachfühlbar machst. Wie du das Kreisen der Gedanken, die nicht mehr in der Lage sind, etwas Neues zu greifen oder zu erschaffen, sondern sich in den eigenen Schwanz beißen, spürbar machst durch den kreisförmigen Aufbau, ja, das ist sehr gelungen.
Wunderbare Idee, weil es ein Experiment ist, das den Inhalt aufgreift und betont.
Bis die Tage, lieber Rick, ich hab mich gefreut, mal wieder was von dir zu lesen.
Viele Grüße aus dem Urlaub

Nachträglich reineditiert:
Das war ein guter Tipp von dir, Markus, hab mir die Bilder von Utermohlen eben angeguckt. Die passen richtig gut.

 

Lieber Rick,

das ist ein sehr reifes, ergreifendes und mutiges Experiment. Mutig, weil da sicher einige Scheu vorhanden war, sich so hineinzudenken in den Zustand, wo einem "die Welt abhanden kommt". Nicht leicht zu lesen und aufzunehmen. Alles sträubt sich gegen die Angst, der Krankheit einmal ausgeliefert zu sein. Die Einfühlsamkeit, die ich zwischen den Zeilen lese ist sehr berührend.
Danke, dass du es fertig bringst, mich immer wieder mit deinen Geschichten in den Bann zu ziehen.

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Rick,

ich kann mich allen anderen nur anschließen. Ich mochte den Text sehr. Mutig. Du hast dieses Leiden mit Reduktion und Stilistik nachvollziehbar gemacht, chapeau! Kurz und knackig von mir, mehr kann ich nicht sagen. Die Empfehlung von Markus ergänzt den Text um eine weitere, Gänsehaut erzeugende Dimension, wie ich finde.

Gruss, Jimmy

 

Hallo Rick,
wie versprochen :deal: :

Mir hat es auch sehr gut gefallen.

Zitat von Bernadette
Nicht nur das Verändern des Satzes in sich, sondern jedesmal mit dem Punkt von Neuem wieder einen sinnvollen Satz beginnend, wenn auch das Ende fehlt, das dann wieder ergänzt wird, da ist eine Ebene mehr drin.
Das macht es deutlich, dass es eben nicht nur ein kleines Sprachspiel ist.
Besonders schön:
Zeit. Die ... In Letzter.

Gruß, Elisha

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rick,

wieso Experiment? Eine realistische Darstellung des Vorgangs im Hirn, der viele ergreift, sei es aus Altersgründen oder im Rausch oder aus Krankheitsgründen. Körperlich fühlbar lässt du die Anstrengung werden, mit der diese Sätze, den natürlichen Verfall überwindend, vom Ich noch (!) gefunden werden. Dies scheint der Beginn der Reise in die Sprachlosigkeit zu sein. Noch sind die Veränderungen verstehbar. Das Ende dürfte das leere Blatt sein, wenn Sprache endgültig verlischt. Aber tut sie das? Bleiben nicht immer noch Reste der Sprache? Das zu konstruieren wäre ein Experiment. Aber sehr schön hast du diese Sätze mit den kleinen Verschiebungen konstruiert. Wie schon gesagt: der erschreckende Beginn einer Reise.
Deswegen ein tröstlicher Satz: Das Leben nimmt seinen Lauf.
Experiment? Ja, das Leben ist ein Experiment.
Deine Geschichte? Nein, eine feinsinnige Beachtung von Wirklichkeit.
Herzlichst
Wilhelm

 

wieso Experiment? Eine realistische Darstellung des Vorgangs im Hirn, ...
Deine Geschichte? Nein, eine feinsinnige Beachtung von Wirklichkeit.
Hallo Wilhelm,

du musst bei den Rubriken zwischen Inhalt und Form unterscheiden.
Die Rubrik "Experimente" lässt Textformen zu, die wir in anderen Rubriken löschen müssten. Es reicht aber nicht, einen Text in eine andere Form zu bringen (also z.B. nur Kleinschreibung, fehlende Satzzeichen) ohne dass sich der Autor weitere Gedanken dazu gemacht hat.

Es ist hier eine sehr spannende Rubrik, jedoch müssen wir auch oft Texte löschen, wenn Autoren es als "Experiment" ansehen, überhaupt einmal einen Text zu posten.

Das für dich zur Erklärung, wieso Rick in dieser Rubrik gepostet hat.

Viele Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zusammen,

zunächst einmal vielen Dank für die vielen positiven Rückmeldungen. Bei diesem Text war ich mir total unsicher, welche Wirkung er wohl auf anderen Leser erzielen wird. Ich hatte jedenfalls beim Posten kein gutes Gefühl. Umso mehr freue ich mich, dass die Meinungen zu dieser extrem verdichteten Kopfansicht einer Erkrankung, gestaltet als inhaltliches und stilistisches Experiment, so gut an- und aufgenommen wurde. Dabei war ich mir sehr wohl bewusst, dass sich in diesem Fall die "Geschichte" in einem nur angedeuteten Schicksal versteckt. Ich hatte die Hoffnung, dass die Rubrik Experimente da einen größeren kreativen Spielraum erlaubt. Und das tut sie wohl.

Ich wollte den Zustand nicht so beschreiben, dass die Lücken nur in Sinnlosigkeit münden. Der Sinn sollte letztendlich irgendwie erhalten bleibt, aber in einer neuen, veränderten Gestaltung. Das ist schwerer lesbar und man stockt bei jedem Satz und muss den Zusammenhang wieder neu überdenken. Ja, und so entstand dann dieser kleine Text und das Ergebnis (und auch die Wirkung) ist schon so, wie ich es mir vorgestellt habe. Damit bin ich jetzt zufrieden, da mir die vielen Kommentare das bestätigen.

Ich freue mich riesig, dass diese Idee so viel Zustimmung bekommt. Danke. Auf die einzelnen Kommentare will ich so bald wie möglich eingehen. Jetzt treibt mich das geile Wetter raus. Nutze den Tag! Man weiß ja nie, wie lange es noch möglich ist!

Rick

 

Nochmal ich, Rick,

weil ich meinen einigermaßen blöden Kommentar rechtfertigen will. Ihn zu löschen, obwohl er deinem Text überhaupt nicht gerecht wird, hat ja keinen Sinn mehr, da du ihn nun mal schon gelesen hast.
Also: den Beitrag schrieb ich Freitagnacht, nachdem ich eine zweitägige, wirklich anstrengende Bergtour mit einer gehörigen Menge von Bier begossen hatte … Entsprechend saß mir der Schalk im Nacken und anstatt mich ernsthaft mit deiner Geschichte auseinanderzusetzen, blödelte ich offshoremäßig herum. Für dieses dem Forum unangemessene Benehmen möchte ich mich entschuldigen und verspreche für die Zukunft Mäßigung.
Weil nüchtern betrachtet finde ich den Text nicht nur witzig, sondern vielmehr witzig, originell, experimentell und einem bedrückenden, sehr nachdenklich machenden Thema auf äußerst geschickte Weise gerecht werdend.

Tja, si tacuisses, offshore

 

Hallo bernadette, hallo Rick,

ich hatte mit

„wieso Experiment“
das Wort im Sinne von „Versuch, Probe“ verstanden und wollte damit aussdrücken, dass Du, Rick, hier sicher eine richtige Form verwendet hast, dass hier kein Ausprobieren stattgefunden hat, sondern eine überzeugende Form verwendet wurde. Die Zustimmung zeigt das. Tut mir leid, sicherlich habe ich mit den beiden Bedeutungen (Forum/Versuch) gespielt.
Herzlichst
Wilhelm

 

Hallo Rick

Als Geschichte, na ja, ist der Text mir knapp, zugleich aber klar, was sich da abspielt. Beim ersten Lesen gestern musste ich Schmunzeln, etwas das selten vorkam, wenn ich diese Rubrik besuchte. Tatsächlich faszinieren mich sprachakrobatische Experimente nicht so sehr und hier war es vorab die Thematik, welche mich in den Bann zog. Doch fand ich es schon raffiniert, das Muster, welches du dir ausgedacht hast. Es zwang mich als Leser Satzzeichen auszulassen resp. zu verschieben, zugleich aber Satzenden auch für den Anfang des nächsten Satzes nochmals einzubeziehen. In dieser Form kommt es mir der Wortsuche nahe, die sich der Menschen etwa mit Gedächtnislücken oder verschobener Artikulationsfähigkeit bemächtigt. – Demenz als Experimentierfeld, etwas frivol aber humorvoll zu lesen.
Ein gewagtes und zugleich gelungenes Experiment.
Ich zögerte meine Meinung als Leser abzugeben, entschloss mich nun spontan doch dazu, da auch wenn ich nicht im Trend von Experimentierfreudigen schwimme, vielleicht doch eine Farbnuance zu den Empfindungen beisteuern kann. :)
Nun lese ich dann erst mal die Kommentare der Experimente-Fans, um mir ein Bild zu machen, wieweit ich da zu abgedriftet bin.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Schwups,

danke für deinen Kommentar zu meinem Text. Ich bin immer froh, wenn unter meinem Werk als erstes etwas Positives steht. Bei diesem Text habe ich mich besonders gefreut. Das war etwas, von dem ich nicht einschätzen konnte, wie es wohl ankommt. Ich hatte natürlich eine Hoffnung, was bestenfalls in einem Kommentar stehen könnte. Und das stand gleich in deinem Kommentar. Das hat mich sehr gefreut.

Hallo M. Glass,

auch dir vielen Dank für die lobenden Worte. Deine Anmerkungen habe ich berücksichtigt. Der Link zu den Bildern ist eine echt starke Ergänzung zu dem, was mich zum Schreiben des Textes bewog. Das hat mich echt umgehauen. Auch dafür vielen Dank!

Hallo ernst offshore,

ich antworte auf deine beiden Kommentare. Den ersten finde ich launig und witzig. Hat mich nicht geärgert oder so. Wenn man mit dem Stil einer Story die Nachahmungstriebe eines Kommentatoren weckt - ist doch völlig okay. Eine Entschuldigung hätte es da wirklich nicht gebraucht. Dein zweiter Kommentar ergänzt dann dennoch sehr schön deinen ersten, etwas ernster und tiefer gehend. Also auch dafür Danke. Und nach ein paar Gläschen (zuviel) habe ich schon so manche Geschichte kommentiert oder auch gepostet (Texte, die ich nüchtern nie abgeschickt hätte ;-))

Hallo bernadette,

du hattest natürlich recht damit, dass ich die Verzahnung der Sätze etwas tiefsinniger versucht habe, als es ernst offshore in seinem Kommentar gemacht hat, aber nach einer Bergpartie und ein paar Gläschen Bier ... ;-) Eine Ebene mehr, genau, das habe ich versucht.

Hallo Novak,

eine Kritik aus dem Urlaub - wie entspannend. Und es ist auch eine sehr entspannende Kritik. Du fasst das, worauf es mir mit dem Text ankam, so gut zusammen, dass ich meine Geschichte durch deine Worte betrachtet richtig gut finde. Danke. Ich freue mich, dass dich das Experiment überzeugen und unterhalten konnte - auch mit diesem heiklen Thema.

Liebe Gisanne,

ich habe mich sehr gefreut, von dir wieder einen Kommentar zu bekommen. Du hast die Wirkung meines Textes in schönen Worten beschrieben. So, wie dir das Lesen dieses Textes offensichtlich Freude machte, so hat mir deine Kritik ebenso viel Freude gemacht. Ich konnte natürlich hoffen, dass dieses Experiment gelingt. Aber mit solchen Reaktionen habe ich ehrlich gesagt gar nicht gerechnet. Vielen Dank.

Rick

Wird fortgesetzt!

 

Hallo Rick,

dies ist eines der reinen und klaren Experimente hier. Es ist sogar sehr interessant zu lesen. Mir gefällt besonders, wie sich zwischen den geschriebenen Sätzen noch andere unsichtbare Sätze aus deren Kombination ergeben.

(Ohne jemanden drängen zu wollen, aber es sollte das Notwendige getan werden. Ich als Mod sollte das nicht tun. Ihr wisst schon.)

Gruß
Leif

 

„Gescham ich unde gebreste der rede,
sô trag ich wân ûf werden ze dôn.
in himelîchen sanc enein werden mit ir,
als wol mohtez sîn mit Hœlderlinc. –
doch wellent etwer wesen Hœlderlinc?“​

„Leben“, denke ich. „ist so!“

Vorm Rauchen warnt der Gesetzgeber. Es könnte tödlich sein. Wann kommt ein kleiner Balg zur Welt und wird zur Begrüßung gewarnt: Das Leben ist tödlich – aber vergiss es! Saugt der Bewohner Katatoniens jedes Wort auf wie ein Schwamm, so findet die arme Seele in Alzheim immer seltener das Wort. Nicht aber, dass er ein Kalkschwamm wäre!

Hallo Rick –

ein Text, vor dem die Kleinkrämerseele schier verzweifeln müsste (vielleicht fände sie ja doch ein Häppchen im obigen Zitat), wenn der Formwille übers allgemeine Vergessen obsiegt.

Alles schon gesagt?
Ich glaub eher nicht. Oder ich sag’s mal so: Niemand vermisst in Alzheim Mnemosyne, ließe Mnemosyne sich denn vermessen. Oder wäre denn die Mutter der Musen und Museen gar vermessen? Noch vorm Exil im Thurm hatt’ H. sie in der Hälfte seines Lebens dreimal gefasst, besser: zu fassen versucht und die überforderte Nachwelt mit ver- und zerstreuten Manuskriptseiten beglückt. Doch wer wollt’ schon werden wie Scardanelli?
*
„Aber es haben / Zu singen // …
Zweifellos / Ist aber der Höchste. Der kann täglich / Es ändern. Kaum bedarf er / Gesetz, wie nämliches / Bei Menschen bleiben soll. …
… Nicht vermögen / Die Himmlischen alles. Nämlich es reichen / Die Sterblichen eh an den Abgrund. Also wendet es sich / Mit diesen. Lang ist / Die Zeit, es ereignet sich aber / Das Wahre. // …“

Das Dahindämmern im Vergessen zeigt doch eigentlich, dass Zeit immer nur gerade jetzt ist, Vergangenheit und Zukunft gedankliche Konstrukte sind, die verschwinden –
mit der Zeit. Man muss nur alt genug werden … Keller hat Recht, wenn er sagt
„Die Zeit geht nicht, sie stehet still, / Wir ziehen durch sie hin; / Sie ist ein Karawanserei, / Wir sind die Pilger drin. // …“

Sicherlich stimm ich ins Lob ein – gewürzt mit ein wenig Skepsis, weil ich mich frage, was geschehen wäre, wenn ein 16-jähriger, nennen wir ihn ruhig Rimbaud oder Rambo, das Werk gepostet hätte …

Gruß

Friedel

 

Hallo jimmysalryman,

danke für deinen Kommentar. Es freut mich, dass dir das Experiment in Form und Stil gefiel. Die visuelle Ergänzung durch den Link von M. Glass fand ich auch toll.

Hallo Elisha,

danke für deinn Kommentar und das Lob.

Hallo Wilhelm Berliner,

die Reise in die Sprachlosigkeit ... sehr schön gesagt. Danke für deine ausführlichen Gedanken zum Text. In deinem Kommentar und der Ergänzung konnte ich sie gut nachvollziehen. Ja, das Spiel mit der Sprache wird hier zum Spiel mit der versiegenden Sprache. Es war in diesem Fall nicht die Suche nach den passenden Worten sondern eher eine Suche nach den passenden Schnittstellen für unvollständige Sätze. Ein beim Schreiben äußerst spannender Prozess, weil trotz der leicht veränderten Bauweise den Sinn erhalten bleiben sollte.

Hallo Anakreon,

als Geschichte ist mit der Text natürlich auch zu knapp, das schrieb ich schon an anderer Stelle. Da ist mein Text sehr grenzwertig und ich bin dankbar für die allgemeine Nachsicht, die mir hier widerfuhr.

Zitat: Es zwang mich als Leser Satzzeichen auszulassen resp. zu verschieben, zugleich aber Satzenden auch für den Anfang des nächsten Satzes nochmals einzubeziehen.

Ja, genau. Normalerweise beendet das Satzzeichen - in der Regel der Punkt - einen Satz und damit ist eine Aussage (meistens) gedanklich vollendet. In diesem Fall werden die Satzzeichen zu Türen, die zu früh ins Schloss fallen. Man muss sie wieder öffnen um den Rest zu verstehen, aber damit beginnt auch wieder etwas neues. Das kann man beim Lesen wohl nur über eine sehr kurze Distanz ertragen. Als ich diese Gedankentechnik erst einmal verinnerlicht hatte, hätte es eigentlich immer so weitergehen können. Aber ich denke, es war eine gute Entscheidung, den Text so knapp zu halten, das allgemein bekannte Schicksal nur so knapp zu skizzieren und den Lesern eine Art Kopfgeschichte zu bieten.

In der Experimente-Rubrik war ich auch noch nicht so oft. Bei diesem Text war es sinnvoll.

Übrigens war die Ursprungsidee ein Gespräch von zwei stark angetrunkenen Freunden, deren Dialog sich auf diese Weise ergänzt. Nach gefühlten hundert Versionen habe ich aufgegeben und kam auf die Idee, in eine andere Richtung zu gehen. Danke für deine Kommentierung!

Hallo Leif,

ich freue mich, auch vom Hüter der "Experimente-Rubrik" ein positives Urteil bekommen zu haben. Das ist wie so ein kleiner Ritterschlag ;-)

Ja, das, was dir besonders gefiel, war Konzept. Ich habe vrrsucht, den Raum zwischen den Zeilen zu verdoppeln.

Hallo Friedrichard,

danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ein mir sehr nahestehender Mensch hat immer gesagt: Das Leben an sich ist lebensgefährlich - und das ist es wohl auch.

Dass das Leben nur im Jetzt existiert, entspricht auch meinem Empfinden. Ich befürchte, dass vielen das immer mehr abhanden kommt. Entweder lebt man zu stark in der Vergangenheit, oder zu stark auf die Zukunft fixiert. Ich kenne Menschen, die sich morgens schon auf abends freuen. Dann sollten sie abends aufstehen ;-)

Danke für dein Lob, dass sich auch in einer Empfehlung ausdrückte (auch an Novak vielen Dank für die Empfehlung!).

Du hast dir überlegt, was wohl wäre, wenn z. B. Rambo diesen Text gepostet hätte? Nun, dann hätten die Löcher im Kopf eine andere Bedeutung bekommen ...

Rick

 

Nix zu danken, Ehre, wem Ehre gebührt,

lieber Rick,

aber ich hab mir eben nicht

… überlegt, was wohl wäre, wenn z. B. Rambo diesen Text gepostet hätte?,
aber wenn’s so wäre, dächte ich zu vörderst an'n Aap von Kölle – Peter Müller, der zwar wie ein Original wirkte, dem aber der Verstand rausgeprügelt wurde, für den gälte buchstäblich
Nun, dann hätten die Löcher im Kopf eine andere Bedeutung bekommen
Für die darstellerische Kunst eines Sylvester E. Stallone, der mit seinen 67 seine Oma weich klopfen würde, wenn sie denn für einen Zentner Kohle noch mitmachen könnte, hab ich an sich recht wenig übrig.
Aber was wäre hier vor Ort los, wenn ein 17-jähriger, gerade der Schule Entkommener hier auftauchte. Rimbaud - der in Ruhrdeutsch eher Ra(h)mbo(o) ausgesprochen wird - konnt auch Prosa und hätt’ dann wohl auch – so schätz ich – sehr schnell ein sehr prosaisches Leben aufgenommen …

Gruß

Friedel

 

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