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Die Rede eines Politikers

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09.09.2013
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Die Rede eines Politikers

Meine Damen und Herren, wir haben schon immer betont, dass die Dinge so sind, wie sie sind. Wir haben gewonnen, weil wir das immer wieder unseren Wählern gesagt haben. Es kann doch nicht so funktionieren, wie die anderen es meinen. Das wissen die doch selbst. Deshalb sind wir die Sieger. Wir waren es, die in der Vergangenheit, in der Gegenwart und sogar in der Zukunft ständig darauf hingewiesen haben. Aber das muss ich jetzt eigentlich gar nicht wiederholen, wir haben ja unseren verdienten Sieg nach unserem harten Kampf. Das alleine spricht doch für uns. Was wir meinen, sagen wir und haben wir immer wieder gesagt. Was getan werden muss, haben wir getan und werden wir auch in der Zukunft tun. Ohne uns hätte es doch nie eine Veränderung in diesem so schönen Land gegeben. Meine Damen und Herren, wir danken Ihnen dafür, dass Sie das erkannt und mit Ihrer Stimme belohnt haben. Als es überhaupt nicht mehr weiter ging, haben wir doch die Weichen gestellt. Wir haben die Richtung vorgegeben, geändert und sind dorthin gelaufen. Sonst wären wir doch alle in einen elenden Abgrund gestürzt. Wir haben ein Paket geschnürt, das der Wähler angenommen hat. Unser Paket enthält alles und die Inhalte sind im richtigen Verhältnis. Selbst all die Dinge, die wir in so einem Behälter verstecken, dienen unseren Wählern und die wissen das. Wir haben neue Konzepte gebastelt. Wir füllen unsere Worte mit Inhalten. Es gibt die Themen, über die wir gesprochen haben. Mit riesigem Erfolg haben wir ja den Superjunior eingeführt. Das zeigt, dass wir den jungen Leuten auch eine Chance geben. Und schließlich sind wir es, die endlich denjenigen, die im November geboren sind, die gleichen Chancen geben wollen. Dazu haben wir ein Modell vorgelegt, welches so etwas Zentrales unter den zu erwartenden Kosten zulässt. Notfalls müssten wir denen, die an einem 4. oder 26. Geburtstag haben, eine gemeinnützige Zusatzabgabe vorschlagen. Unser Gerechtigkeitssinn wird sich auch dabei mit weiterem Erfolg füllen. Wir können auf unsere Ideen und Bauwerke und das, was wir bisher alles geleistet haben, besonders stolz sein. Unsere Systeme sind gerecht durchdacht. Auch wenn man von der anderen Seite immer wieder zu Unrecht hört, dass sie zu kompliziert seien, so muss ich darauf antworten, dass die meisten Bürger ja auch nicht verstehen, wie der Motor in ihrem Auto funktioniert. Und trotzdem fahren Sie sorglos auf unseren Straßen herum. Genauso sorglos müssen und können Sie unserer Politik vertrauen. Denn nur wir machen Politik: in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft.

Meine Damen und Herren, heute haben wir schlechter als erwartet abgeschnitten. Aber Verlierer sind wir nicht. Niemals! Wir wissen, dass unsere Pläne die besseren sind und die Wähler werden uns das bald honorieren. Dass es heute nicht ganz zu unserer Zufriedenheit gelaufen ist, liegt daran, dass unsere Parolen zu deterministisch progressiv waren. Aber das, was wir immer schon gesagt haben, ist auch jedes Mal eingetroffen. Meine Damen und Herren, wir wollen uns an dieser Stelle bei all denjenigen bedanken, die das erkannt und uns ihre Stimme gegeben haben. Wir werden auch – wie ständig betont - in der Zukunft Politik machen. Es wird sich aber herausstellen werden, dass wir die besseren und bunteren Pakete geschnürt und gebastelt haben, die irgendwann kommen werden müssen. Die anderen machen doch nur leere Worte. Man wird bald merken, dass die Inhalte von uns gekommen wären. Wir sind trotz allem stolz auf das, was wir bisher geleistet haben. Man hat noch nicht gemerkt, dass es die Themen, über die wir gesprochen haben, tatsächlich gibt. Der Juniorarbeitslose ist genauso wichtig wie der Superjunior. Wir nennen die Dinge beim Namen und verbergen nichts. Wir haben als einzige vorgeschlagen, dass diejenigen, die im April geboren worden sind, endlich gleichgestellt werden. Dass dies ein dringendes Problem ist, hat sich bisher noch nicht in aller Härte gezeigt. Die Kosten müssten diejenigen der Gesellschaft tragen, die am 14. oder 18. eines Monats geboren sind, und wir sind die einzigen, die das verwalten können.

Unsere Politik ist der Realität angepasst. Die zugrunde liegenden Gesetze sind genauso natürlich, wie die Naturgesetze, die dafür sorgen, dass der Motor ihres Wagens läuft. Das ist doch bei den anderen überhaupt nicht der Fall, ist nie der Fall gewesen und wird nie der Fall sein.

Wie bei den staatenbildenden Insekten die Herrscher zurechtgefüttert werden, wählen unsere Verbraucher ihr Futter. Und das ist so gut für uns.

 
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Hallo Fugusan

"Meine Damen und Herren!

Politik bedeutet, und davon sollte man ausgehen, das ist doch, ohne darum herum zu reden, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenigen Worten zusammenfassen: Erstens das Selbstverständnis unter der Voraussetzung, zweitens und das ist es was wir unseren Wählern schuldig sind, drittens die konzentrierte Beinhaltung als Kernstück eines zukunftweisenden Parteiprogramms.

[...]"​

(Zitat aus Loriot, Die Bundestagsrede)​

Viel Reden ohne konkrete Aussage. Was Loriot hier gekonnt mit halb angefangenen Sätzen und rethorisch geschickt gesetzten Worthülsen karikiert, wirkt bei dir leider konstruiert und bewusst auf Inhaltslosigkeit getrimmt.

Klar, ich will von dir jetzt auch nicht einen zweiten Loriottext lesen, das wäre vermessen, aber da die Idee bereits so erfolgreich umgesetzt wurde, müsstest du hier neue Aspekte setzen, also rein das Weglassen von jeglichem Inhalt trägt den Text leider nicht, da ich nach den ersten Sätzen die Absicht des Textes bereits erkenne. Vielleicht kommt ja noch eine Pointe, aber du hast den Text konsequent nichtssagend beendet. ;)

Ich nehme an, dass deine Intention zum Experiment darin bestand, viel Text ohne Inhalt zu erzeugen. Leider ist dir damit nicht gelungen, mich als Leser bei der Stange zu halten, also dass ich wissen wollte, ob doch noch was kommt, so nach dem Motto "...hier können Sie aufhören, zu lesen, es kommt wirklich nichts, aber Sie wollen das anscheinend nicht wahrhaben, nun gut, aber ich habe Sie gewarnt, nicht dass Sie danach enttäuscht sind, weil es kommt wirklich ni... " usw.

Auch wenn der Weg das Ziel sein soll, so ermüden die Wiederholungen der Worthülsen zusätzlich:

Wir haben ein Paket geschnürt, das der Wähler angenommen hat. Unser Paket enthält alles und die Inhalte sind im richtigen Verhältnis. Selbst all die Dinge, die wir in so einem Paket verstecken,
Wir können auf unsere Ideen und Pakete und das, was wir bisher alles geleistet haben, besonders stolz sein.
Es wird sich aber herausstellen werden, dass wir die besseren und bunteren Pakete geschnürt und gebastelt haben,

Fazit: Obwohl sauber geschrieben, fehlen mir hier die verdrehten, hochtrabend klingenden Phrasen, die Politikern so eigen sind.

Gruss dot

 

Hallo Fugusan,
ich sekundiere dotslashs Kritik. Da fehlen auch so typische Phrasen. Ich habe zum Beispiel schon auf den "breiten Konsens" gewartet. Oder auch auf die "breite gesellschaftliche Debatte". Außerdem ist hier gar nichts "auf das Schärfste verurteilt" worden. Die Sätze hätten länger und verschachtelter sein können. Das muss nicht unbedingt heißen, dass sie wie bei Loriot dann auch mittendrin abbrechen sollten, das würde ja nur dem Humor dienen.

Gruß
Leif

 

Hallo dotshlach, hallo Leif,

vielen Dank für eure Kritik. Ein Ziel war, beim Leser das Befürfnis zu wecken, nicht mehr weiter lesen zu wollen. Man liest aber weiter und es kommt nichts Neues. Wie in der Politik.

Sicher kann man da noch sehr viel verbessern.

LG
Fugusan

 

Ein Ziel war, beim Leser das Befürfnis zu wecken, nicht mehr weiter lesen zu wollen.
:lol:
Zum Glück haben hier wenige Autoren dieses Ziel!

Sicher kann man da noch sehr viel verbessern.
Und das soll dann heißen, dass du es schaffst, dass man es nicht mehr weiter lesen kann? ;)

 

Also ich bin bewusst politisch nicht informiert. Und wenn sich auch manches etwas "probiert" liest, habe ich mir gedacht: " Auf was immer der Autor raus will, ich weiß warum ich keine Politiker und deren Reden mag".
Also du hast erreicht was du wolltest.

Nicht jeder kann so inhaltslos geschwollen reden wie Berufsschwaffler. Auch dazu gehört Talent. ; )

 

Hallo Klitzeklein,
vielen Dank fürs Kommentieren dieses älteren Textes. Es freut mich, dass er bei Dir funktioniert hat. Die nächste Stufe wäre, über nichts zu streiten. Fortsetzung der „Brot und Spiele“.

Hallo Leif,
ich sehe, vergessen zu haben, Dir zu antworten; tut mir leid. Wahrscheinlich wollte ich das Experiment beenden und dich nicht weiter zumüllen.

Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo zurück,
Was meinst du mit "nicht streiten"? Mit "Berufsschwaffler" waren die Politiker gemeint, nicht meine Vorredner beleidigen. Entschuldigung für das Missverständnis!

 

Hallo Klitzeklein,

"über nichts streiten!"

Ich meine, die nächste Geschichte könnte davon handeln, wie Politiker über nichts streiten und dann z. B. einen Krieg beginnen. Hier haben sie ja erstmal über nichts geredet.

Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo Fugusan,
in deiner Rede des Politikers kommen das Wie 41mal, das Ich zweimal und Ihr/Ihnen fünfmal vor.
Klasse und realistisch gemacht. Denn für den Politiker ist das Wir Ich,
Den Sätzen fehlen die üblichen Phrasen, das ist gut, denn diese wirken komisch: Jeder kennt und verlacht sie (bei Loriot).
Deine Sätze leeren die Sprache und bringen den Zuhörer/Leser in einen meditativen Zustand, den man vielleicht „lullen“ nennen kann.
Die häufigen Wiederholungen haben den Einlullungseffekt. Enzensberger hat in einem Artikel gemeint, das Fernsehen habe eine meditative Funktion, denn die ewige Wiederholung des Ewiggleichen lulle ein.

Wir füllen unsere Worte mit Inhalten.
Das zeigt die Eigenständigkeit der Politikersprache: Dein Verdienst ist es, dich nicht nur über die Politikerrede lustig zu machen, sondern das Wesentliche spürbar werden zu lassen: den Einlulleffekt, die meditative Ausschaltung der Bevölkerung durch eine Politikerrede.
Fröhlichst
Wilhelm

 

Hallo Wilhelm,
vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren dieser Geschichte. Es freut mich sehr, dass das Einlullen bei Dir eine Abneigung auslösen konnte. Ja, so ähnlich ist es mit dem „Wir-Gefühl": Wir kassieren da mal alle mit. Eine Symbiose aus Banken, Versicherungen und Staat. Und der Bauer füttert uns.
Viele Grüsse
Fugu

 

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