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16.10.2013
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„Nein!“ schrie sie und schüttelte energisch den Kopf. „Wie oft soll ich Ihnen noch erklären, dass ich etwas Normales, etwas Gewöhnliches als Hintergrundszene möchte?! Diese krankenhausartigen weißen Bilder finde ich abscheulich! Morgen um 10:00 Uhr möchte ich neue Vorschläge und ich hoffe innigst dass etwas Brauchbares dabei ist!“

Sie hasste es, wenn das Team Ihre Vorstellungen nicht sofort umsetzen konnte. Zudem hatten sie nur noch knapp fünf Tage Zeit, um ihr Marketing-Konzept zur neuen elektrischen Zahnbürste mit speziell rotierenden Borsten und ergonomischem Griff vorzustellen. Es ging um Millionen – ein Auftrag, den ihre Agentur dringend brauchte, nicht nur des Geldes wegen, sondern auch um das Ansehen Ihrer Firma zu steigern. Sie hatte extrem viel Kraft, Geld und Herzblut in ihren Traum investiert. So etwas wie Freizeit gibt es in ihrem Leben nicht. Das von ihr eigens aufgezogene Unternehmen ist ihr Ein und Alles. Ihr Baby. „Wenn das nicht klappen würde, dann sterbe ich“.

Ihr Vater war ein erfolgreicher Marketing-Manager einer renommierten Firma und sie wollte ihm gleichtun. Trotz Realschulabschluss und abgebrochener Bürokauffrau-Ausbildung. Er hatte ihr nie auch nur einen Hauch an Glauben geschenkt, dass je noch etwas aus ihr werden würde. Doch nun hatte sie es fast geschafft. Sie brauchte nur noch diesen Auftrag, dann könnte sie endlich zum Grab ihres Vaters gehen und ihm das Auftragsschreiben unter die Nase halten – zumindest symbolisch. Gern hätte sie, wenn es soweit kommen würde, zu seinen Lebzeiten über ihren geschäftlichen Erfolg triumphiert, doch ein Herzversagen, tat seinem Leben ein jähes Ende.

Als sie gegen Mitternacht aus dem Firmengebäude trat, peitschte ihr die eisige Kälte direkt ins Gesicht. Sie fröstelte am ganzen Körper und ihre Finger hatten Schwierigkeiten die Autoschlüssel aus ihrer Handtasche zu ziehen. „Verdammt“ fluchte sie. Ihre Autoschlüssel lagen wohl noch oben auf ihrem Mahagoni-Schreibtisch. Kaum an der Eingangtür der Agentur angekommen, durchzog sie ein stechendes, wie mulmiges Gefühl. Die Autoschlüssel waren an einem Bund mit den Firmen- und ihren Hausschlüssel.

Das Firmengelände befand sich einsam am Rande der Stadt. Das war ihr Wunsch. Sie brauchte die Ruhe von dem alltäglichen Stadttrubel und den Blick auf den weiten Feldern. „Scheiße! Was mach’ ich denn jetzt?“ murmelte sie gehetzt, während sie nochmal ihre Handtasche durchwühlte. Ihr Körper fühlte sich inzwischen taub an. Sie hatte nur einen dünnen Mantel an, da sie ja eh den ganzen Tag im warmen Büro arbeitete und mit dem Auto fuhr. Auf einmal hielt sie etwas hartes Glattes in der Hand. Eine ganze Wallung Hoffnung durchfloss sie. „Mein Handy! Jetzt schnell den Schlüsseldienst anrufen“. Ihre Freude darüber war jedoch nur von kurzer Dauer. Das Handy war aus und ging nicht mehr an.

Eine Telefonzelle suchte man hier vergeblich. Die Ersatzschlüssel lagen bei ihr Zuhause im Tresor und einen Freund oder Ehemann, der sich um sie sorgen würde, wenn sie nicht nach Hause kam, hatte sie auch nicht. Plötzlich dämmerte ihr, dass sie tatsächlich ganz allein war. Allein ohne eine helfende Hand, ohne Liebe, ohne Wärme. Sie sank auf ihre Knie und fing an zu schluchzen.

Am nächsten Morgen wanderte ein süßer, gar leckerer Duft durch die Lüfte. Dutzende Duftkerzen standen vor der Eingangstür der Agentur. Es roch nach Vanille und Limette. Ihr Lieblingsduft.

Wörter: Duftkerzen • fluchen • Zahnbürste • sterben • Kälte - von Eine wie Alaska

 

Hallo Dreila,

herzlich willkommen hier bei uns und schön, dass du dieser leicht eingestaubten Rubrik neues Leben verleihst.

Mein Kommentar fällt jetzt leider nicht so positiv auf. Aber du schreibst ja, dass du noch am Anfang deiner Schreibkarriere stehst - also nicht entmutigen lassen, sondern dabei bleiben. Gerade am Anfang macht man schnell fortschritte, wenn man sich anstrengt. Hoffe also, dass du was aus meinem Kommentar mitnehmen kannst. Und lass dich nicht entmutigen. :)

„Nein!“ schrie sie und schüttelte energisch den Kopf. „Wie oft soll ich Ihnen noch erklären, dass ich etwas Normales, etwas Gewöhnliches als Hintergrundszene möchte?! Diese krankenhausartigen weißen Bilder finde ich abscheulich! Morgen um 10:00 Uhr möchte ich neue Vorschläge und ich hoffe innigst dass etwas Brauchbares dabei ist!“
Hier übertreibst du, meiner Ansicht nach, mit den Ausrufezeichen. Zwar passen die eigentlich zur Redeweise (sie schreit ja), aber in den Häufung wirkt das sehr schnell übertrieben. Als "Regel gilt", sparsam sein mit Ausrufezeichen, also nur verwenden, wenn man einen Akzent setzten möchte. Und bei dem ?! muss ich ehrlich gesagt an Comics denken und an Chat-Rooms. Einen einfaches Fragezeichen würde es doch auch tun, oder? :)
Noch zur Wortwahl: "innigst" klingt, in meinen Ohre, selbst für eine sehr hochtrabend sprechende Person gespreizt. Ich glaube, das Wort habe ich noch nie jemanden ernsthaft verwenden hören, nur als Ironie vielleicht mal.
Achja, vor das zweite "dass" kommt noch ein Komma.

Sie hatte extrem viel Kraft, Geld und Herzblut in ihren Traum investiert
Das klingt ein bisschen nach Allgemeinplatz: Herzblut investieren. Ist sicher ne Geschmackssache, aber für mich klingt das kitschig.

So etwas wie Freizeit gibt es in ihrem Leben nicht. Das von ihr eigens aufgezogene Unternehmen ist ihr Ein und Alles. Ihr Baby. „Wenn das nicht klappen würde, dann sterbe ich“.
Hier springst du in der Zeit. Sonst hast du alles im Präteritum. Das "eigens" ist überflüssig, dass ist doch redundant - es wird auch ohne klar, dass sie das Unternehmen aufgezogen hat. Und dann: "Wenn das ..." Den Teil finde ich übertrieben. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass das jemand wirklich so sagt. Dass man verzweifelt, zerbricht, okay, aber doch nicht sterben - jedenfalls nicht ernstgemeint.

Ihr Vater war ein erfolgreicher Marketing-Manager einer renommierten Firma und sie wollte ihm gleichtun. Trotz Realschulabschluss und abgebrochener Bürokauffrau-Ausbildung. Er hatte ihr nie auch nur einen Hauch an Glauben geschenkt, dass je noch etwas aus ihr werden würde. Doch nun hatte sie es fast geschafft. Sie brauchte nur noch diesen Auftrag, dann könnte sie endlich zum Grab ihres Vaters gehen und ihm das Auftragsschreiben unter die Nase halten – zumindest symbolisch. Gern hätte sie, wenn es soweit kommen würde, zu seinen Lebzeiten über ihren geschäftlichen Erfolg triumphiert, doch ein Herzversagen, tat seinem Leben ein jähes Ende.
In dem Absatz hast du ein paar Formulierungen drin, die einen Hauch am Ziel vorbei klingen, jedenfalls für mich: "wollte ihm gleichtun" - das geht noch, klingt für mich aber auch nicht nach natürlichem Sprachfluss; Hauch an Glauben geschenkt - das ist doch umständlicher formuliert, als nötig - "er hatte nie geglaubt, dass" würde es doch auch tun; "wenn es ... kommen würde - ist für mich ein Kandidat zum streichen, macht den Satzbau unnötig kompliziert; und "tat seinem Leben" - das heißt doch "machte", oder irre ich mich?

Sie hatte nur einen dünnen Mantel an,
Hier würde ich "sie trug" schreiben. Falls möglich sollte man immer die "stärkere" Verbkonstruktion verwenden.

Vom Inhalt her:
Finde ich schwierig, weil so auf die Kürze wirkt der Text ziemlich Kitschig - eine Frau stirbt, weil ihr die Arbeit soviel wichtiger ist als ein Sozialleben. Ich denke, damit das glaubwürdig rüberkommt, müsste der Text viel länger sein. Dann hättest du Raum, deine Figur tatsächlich zu zeigen, statt nur von ihr zu erzählen. Dann kannst du Szenen einbauen, in denen sie mit ihren Angestellten spricht, in denen sie vielleicht eine Einladung zum Abendessen ausschlägt, vielleicht auch einen Besuch am Grab ihres Vaters.
Was du jetzt hast, ist quasi die Skizze deiner Geschichte. Einmal runtererzählt, was so passiert. Jetzt wäre der nächste Schritt eigentlich, dem ganzen mehr Fleisch zu verpassen. damit käme mir die Figur näher und wäre nicht nur so eine Gliederpuppe und ich könnte auch ihre Motivation besser verstehen und das Ende wäre glaubwürdiger.
Wobei ich ehrlich gesagt, vom Tod abraten würde. Solche Abgänge wirken meisten übertrieben, weil sie so die Moralkeule schwingen. Auch ist es, meiner Meinung nach, viel stärker, wenn ihr der verfehlte Lebensentwurf bei einer anderen Gelegenheit auffällt und sie damit vor den Trümmern ihrer Existenz steht, ohne den "bequemen" Ausgang, in Folge der Erkenntnis gleich wegzusterben.

Also eher nicht so meines. Aber, wie gesagt, nicht entmutigen lassen. Der Anfang ist immer schwer, aber du bekommst hier sehr viel hilfe, also fleißig üben - und andere Texte kommentieren, dabei kann man viel lernen.

Gruß,
Kew

 
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Hallo Kew,

vielen Dank für Deine Kritik. Selbstverständlich lasse ich mich nicht entmutigen, im Gegenteil, ich freue mich neue Dinge zu lernen. ;)

Hier übertreibst du, meiner Ansicht nach, mit den Ausrufezeichen.

Gut zu wissen! Ist mir gar nicht aufgefallen, dass ich so viele Ausrufezeichen benutze und dass das eher zur Übertreibung neigt. Danke für den Hinweis - ich werde versuchen, die Ausrufezeichen bewusster zu setzen.

Noch zur Wortwahl: "innigst" klingt, in meinen Ohre, selbst für eine sehr hochtrabend sprechende Person gespreizt.

Die Person sollte auf jeden Fall hochtrabend und geschäftig wirken. Aber vielleicht ist das Wort "innigst" tatsächlich etwas zu übertrieben.

"Wenn das ..." Den Teil finde ich übertrieben. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass das jemand wirklich so sagt. Dass man verzweifelt, zerbricht, okay, aber doch nicht sterben - jedenfalls nicht ernstgemeint.

Der Satz ist von ihr auch nicht ernst gemeint. Sie sagt das, um die hohe Wichtigkeit, den Auftrag zu erhalten, auszudrücken. Sonst im üblichen Sprachgebrauch sagt man ja auch z. B. "Boah, was würde ich sterben, wenn ich jetzt n' Glas Wasser kriegen könnte".

und "tat seinem Leben" - das heißt doch "machte", oder irre ich mich?

Ich finde, dass "normale" Wörter, wie "machte" zu einfach sind. Deshalb grübele ich dann solange nach, bis ich etwas Anderes gefunden habe und denke, dass sich das besser anhört. Aber dem ist scheinbar nicht so.

Finde ich schwierig, weil so auf die Kürze wirkt der Text ziemlich Kitschig - eine Frau stirbt, weil ihr die Arbeit soviel wichtiger ist als ein Sozialleben. Ich denke, damit das glaubwürdig rüberkommt, müsste der Text viel länger sein.

Ich muss zugeben, dass ich die Geschichte ebenfalls nach mehrmaligem Durchlesen viel zu kurz finde - zumindest für meine angestrebte Handlung. Wenn mich die Muße bald wieder küsst, versuche ich die Geschichte mal auszuweiten. Mal gucken, ob's mir gelingt....:shy:

 

Ich nochmal.

Ich finde, dass "normale" Wörter, wie "machte" zu einfach sind. Deshalb grübele ich dann solange nach, bis ich etwas Anderes gefunden habe und denke, dass sich das besser anhört. Aber dem ist scheinbar nicht so.
Den Fehler mache ich selbst gerne. Es hilft zumindest ein bisschen, wenn man sich selbst beim Suchen nach außergewöhnlichen Worten erwischt, zu fragen, ob man das jetzt macht, weil es tatsächlich besser klingt, oder nur, weil man nicht "normal" klingen will.

Gruß und Frohes Schaffen,
Kew

 

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