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Ein verdammter Glückspilz

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16.03.2013
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Ein verdammter Glückspilz

Peter trottet mit gesenktem Kopf die Lessingstraße herunter. Ein grauer Mittfünfziger mit Aktentasche. Warum sich auch feierabends beeilen? Ihn erwartet nur der Tatort und Nudeln im Kühlschrank, die von seiner Vermieterin.
Mit den Gedanken ist er noch bei der Arbeit. Mittlerweile Abteilungsleiter, hat er in einem Versicherungsunternehmen Karriere gemacht. Ihm ist es immer gut gelungen, Zahlen und Menschen unter einem Hut zu bringen, auch wenn letztere oft den Kürzeren gezogen haben. So hat sich bei seinem Kollegium Oberflächlichkeit ihm gegenüber gebildet, was sich in letzter Zeit auch auf seinen Gemütszustand überträgt.
Hinzu kam letzte Nacht, die wie ein Schatten über dem Tag liegt. Ein immer wiederkehrender Traum hat ihn um den Schlaf gebracht:
Er ist auf der Flucht vor einer gewaltigen Standuhr mit Silberziffernblatt. Sie nähert sich, holt ihn fast ein. Ihr Ticken wird lauter, gleicht bald dem einer Bombe und er weiß nicht, wie lange noch, bis sein letztes Stündlein schlägt, wie lange noch, bis alles endet.

Irgendwann kommt Peter an der Haustür an. Schon den Schlüssel in der Hand, hält er inne. Da dreht er um und geht die Straße runter bis ans Ende des Blocks. Vor einer Kneipe mit dem Namen 'Feierabend' bleibt er stehen. „Passt doch“, denkt er und öffnet die Tür. Der dunkle Raum, in dessen Ecken sich einige Gestalten versteckt haben, wirkt nicht gerade einladend. Er versucht so zu tun, als fühle er sich heimisch, setzt sich an die Bar und bestellt einen Tee.

Da nimmt eine in blau gekleidete Dreißigjährige neben ihm Platz. Sie zündet sich eine Kippe an, pustet in die Luft und mustert Peter.
„Mein Gott, sehen Sie schlecht aus! Einen harten Tag gehabt?“, fragt sie.
„Hab gar nicht gewusst, dass man das mir ansieht.“
Warum einer wildfremden Person nicht den Seelenmüll abladen, denkt Peter und fängt an zu erzählen. Das ist auch neu: sich mit irgendwelchen dahergekommenen Frauen unterhalten.
„Schlaf. Das ist was mir fehlt. Ich komm einfach nicht mehr zur Ruhe. Eigentlich müsste alles laufen, seinen Gang gehen. Aber es hängt fest.“
„Wo hängts denn?“ Ihre Handtasche brummt. Sie greift hinein und drückt den Anruf weg. Peter nimmt den letzten Schluck.
„Ich habe nicht den blassesten Schimmer.“
Dann erzählt er ihr den Traum.
Sie hört aufmerksam zu, nickt ab und an verständnisvoll. Einmal fällt ihr dabei eine Strähne ins Gesicht. Nachdem Peter fertig ist, starrt er ins Teeglas. Beide schweigen eine Weile. Plötzlich schlägt sie ihm mit der flachen Hand auf den Rücken.
„Jetzt hör doch Mal auf, Trübsal zu blasen! Auf was wartest du? Dass dir jemand den Hintern rettet?“
Peter, leicht irritiert und aus der Fassung gebracht, weiß nicht so recht, wie reagieren. „Ja, vielleicht schon“, gibt er zögernd zu. „Kennen Sie so jemanden?“
Da fängt sie an, aus dem Bauch heraus zu lachen. Peter schaut verdutzt, blickt sich um und fragt, ob alles in Ordnung wäre. Doch sie kriegt sich nicht mehr ein. Es wird langsam peinlich, denn Leute schauen schon herüber und so was kann Peter gar nicht leiden.

Also gut, sie verlassen die Kneipe auf einen Spaziergang, schließlich ist es ein herrlicher Herbsttag gewesen, der sich dem Ende neigt. Auf der Brücke schauen sie den Blättern im Fluss nach, die wie kleine Boote einem ungewissen Ziel zusteuern.
„Willst du einen Zug? Ich bin Vivian.“
„Ich heiße Peter.“
Warum denn eigentlich nicht, heute sind sie ihm egal, seine Grundsätze und sein aufgesetzter Idealismus.
„Schmeckt seltsam, irgendwie süßlich“, meint Peter. Eine warme Brise fährt ihm durchs schüttere Haar. Die Abendsonne lässt auf dem Wasser kleine Lichtinseln aufblitzen.
„Kennst du das“, spricht es aus ihm heraus, „wenn dir der Boden unter den Füßen weggezogen wird und dir die Beine gleichzeitig vorkommen, als wären sie in Zement gegossen? Du fällst aus allen Wolken in bodenlose Tiefen, und du weißt nicht warum. Aber du bist dir sicher, es gibt dafür einen Sinn, es gibt dafür einen Grund.“
Sie kichert, wirft sich den Schal um den Hals. „Und so fühlst du dich grade?“
Ohne es zu merken, raucht er den Joint alleine fertig. Es wäre schon ihn Ordnung sagt sie. Sie ist überhaupt nicht so, wie er anfangs gedacht hatte. Dann sagt sie:
„Es gibt kein Zufall. Oder warum haben wir uns sonst getroffen?“
Peter, nie um eine Antwort verlegen, bringt keinen Satz mehr hervor. Er hat das Gefühl, gegen eine Wand zu krachen. Er steht still, die Zeit steht still. Nur das Hier und Jetzt pocht in den Ohren. Peter gibt sich der Situation hin. Was bleibt ihm auch anderes übrig?
Zwei Schwalben fliegen ins Abendrot, aber ihr Flug gleicht einem Tanz. Sie tanzen um einander, bis es nicht mehr ersichtlich und auch unbedeutend ist, welche der beiden welche war.

„Jetzt, in diesem Moment, ist mir klar geworden, was mir fehlt“, sagt er da.
„So, so, da bin ich aber gespannt!“
„Es ist, ich glaube …“
Vivian blickt ihn ernst an. Er sieht sein Gesicht in ihren dunklen Augen.
„Etwa ich?“, flüstert sie.
Peter schaut verlegen zu Boden. Dann nimmt er ihre Hände, atmet tief durch und fragt:
„Wer bist du eigentlich?“
„Kannst du dir das nicht denken? Ich habe dir doch schon zwei Wünsche erfüllt.“
Peter runzelt die Stirn. Leichter Schwindel steigt ihm zu Kopf. Dann fährt er sich durchs Gesicht, als wollte er seine Verwirrung wegwischen. „Wünsche?“
„Du hast sie nicht ausgesprochen. Nur dein Herz. Du hast dir in letzter Zeit viel Mühe gemacht, es zu vernachlässigen. Also habe ich es für dich geöffnet.“
Peter legt die Stirn in Falten. „Was …“, will er anfangen, aber sie führt ihren Finger zu seinem Mund. Diese Güte in ihrem Lächeln, es wird warm in Peters Brust. „Genug geredet.“

Zum Abschied der Sonne versammeln sich die Farben des Himmels zu einem Freudenfest. Peter denkt sich: „Was bin ich doch für ein verdammter Glückspilz.“ Und endlich leuchtet auch sein Gesicht wieder.
Als er sich zu Vivian umdreht, ist sie weg. Er blickt umher und sieht kein bekanntes Gesicht. Nur ein blauer Falter zieht im Schmetterlingsgang davon.

 
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Hallo,

ich schreibe mal beim Lesen mit:

Peter ist erledigt und sein Schädel brummt.
Ich wünsche mir, dass dieser Gemütszustands deines Prots bisschen anschaulicher beschrieben wird; Peter ist erledigt - wie fühlt sich das an? Schmerzen seine Beine? Seine Füße? Der Schädel brummt - ich finde, das ist eine alte Floskel, ich würde sowas nicht verwenden

Ihn erwartet nur der Fernseher und ein Fertiggericht.
Wenn du deine Leser ins Geschehen hineinziehen willst, würde ich dir empfehlen, Details einzubauen - Fertiggericht, was ist das für eins? Eine Instantsuppe von Knorr, eine billige Tiefkühlpizza Margarita? Sowas charakterisiert erstens und macht die Welt, die du erschaffen willst, gleichzeitig plastisch

Er hatte immer ein geregeltes Leben mit geregelten Arbeitszeiten und geregeltem Einkommen.
Das ist mir zu narrativ. Ich würde dir empfehlen, das dem Leser szenisch zu zeigen

Da nimmt eine einfarbig gekleidete Frau neben ihm Platz.
Ich versuche immer, mit Figuren, die ich im Text einführe, so, dass ich mir zwei bis drei (oder manchmal auch nur ein) hervorstechendes, individuellmachendes Merkmal der Figur herauspicke und sie so beschreibe. Dass die Frau einfarbig gekleidet ist, mhm, da kann ich mir nichts drunter vorstellen. Welche Farbe hat ihre Kleidung? Schwarz, weil sie trauert? Gelb, weil, ... keine Ahnung? Hat sie ein große Nase, einen eckigen Kopf, lange Zöpfe, kurzgeschorene Haare, Hamsterbacken? Solche Details machen Geschichten anschaulich und leicht vorstellbar für den Leser

„Wo hängts denn fest?“ Ihre Handtasche brummt. Sie greift hinein und drückt den Anruf weg. Peter nimmt den letzten Schluck.
„Ich habe nicht den blassesten Schimmer.“
Dann erzählt er ihr den Traum.
Sie hört aufmerksam zu, nickt ab und an verständnisvoll. Einmal fällt ihr dabei eine Strähne ins Gesicht. Nachdem Peter fertig ist, starrt er ins Teeglas. Beide schweigen eine Weile. Plötzlich schlägt sie ihm mit der flachen Hand auf den Rücken.
Dieser Teil ist schön geschrieben, mit vielen Details, das kann man sich richtig vorstellen.

Also, ich hab es jetzt fertig gelesen. Ja ... irgendwie hat mir die Geschichte nicht so viel gegeben. Einerseits ist der Plot recht flach: Mann kann nicht schlafen, geht in Bar, trifft Frau, es ist seine neue Liebe. Mhm. Das ist halt nichts, was mir jetzt die Schuhe ausgezogen hat, was eine Wendung hatte, die ich nicht vorhersehen konnte. Ja, du könntest jetzt sagen, wollte ich doch so, aber ich finde, man darf nie vergessen, dass man nicht für sich, sondern primär für den Leser schreibt, und der will mitgerissen, überrascht werden. Als die Frau zum ersten Mal ins Geschehen trat, dachte ich mir halt schon, dass die beiden sich verlieben sollen. Und genauso kam es dann auch.
Ich glaube, du kannst noch viel durch atmospherischeres Schreiben rausholen. Mir ist halt die Motivation deines Prots, wieso er in eine Kneipe geht, ziemlich unklar; ja, es wird gesagt, der Prot ist fertig. Aber das spüre ich als Leser nicht. Ich kann sowas bloß nachvollziehen, wenn ich das mit dem Prot selbst durchgelebt habe; und das erreichst du bloß durch Szenen. Wenn ich Szenen mit dem Prot lese, wie am Ende er ist, und ich das als Leser nachempfinden kann; dann verstehe ich, wieso er in eine Bar geht schon besser. Ich kenne die beiden Figuren als Leser halt überhaupt nicht, ich verstehe sie nicht, sie sind mir zu unplastisch, sie sind bisschen wie Pappfiguren; das kann man natürlich einerseits auf die Kürze des Textes schieben, klar, aber ich kenne Kurzgeschichten, da bekommt das der Autor auf die Kürze des Textes hin, die Szenerie und die Figuren plastisch und anfassbar darzustellen. Ich würde mich als Autor immer fragen: Was fühlt der Prot gerade? Was denkt er, was riecht er, was schmeckt er, was sieht er?
Also bitte versteh mich nicht falsch, ich will hier nicht deine Geschichte mutwillig zerreißen, ich will dir lediglich zeigen, an was es für mich hier mangeld, damit du mit dem Schreiben weiterkommst. Manche Autoren nehmen sowas immer sehr persönlich.
Also für mich war's leider nichts, sorry. Ich hoffe, du kannst trotzdem was mit meinem Feedback anfangen. Einfach weiterschreiben.

Grüße

 

Hallo Zigga!
Vielen Dank dass du dich mit dem Stückchen befasst hast. Ich stimme dir zu, der Plot ist recht flach, aber naja. :hmm:

Ich versuche immer, mit Figuren, die ich im Text einführe, so, dass ich mir zwei bis drei (oder manchmal auch nur ein) hervorstechendes, individuellmachendes Merkmal der Figur herauspicke und sie so beschreibe.
Kann ich versuchen. Das macht Sinn.
Ja, du könntest jetzt sagen, wollte ich doch so, aber ich finde, man darf nie vergessen, dass man nicht für sich, sondern primär für den Leser schreibt, und der will mitgerissen, überrascht werden.
Ja, ich will für den Leser schreiben, habe aber bewusst auf eine Pointe verzichtet. Bei diesem ging es mir um die einzelnen Sätze. Als Geschichte taugts nicht viel, wie schon gesagt. Habe mir gedacht, mal sehen wie es rüberkommt. Bei dir wohl eher nicht so, aber das ist in Ordnung, ich danke dir nochmals für dein offenes Feedback.

Grüße,
Cybernator

 

Hallo cybernator,
so steht es um deinen Protagonisten: ein Einsiedler, der innerlich vertrocknet ist, weil er in einer geregelten Welt lebt, die erschöpft macht.
Eine überirdische Macht schickt ihm einen Traum: Eine Standuhr - ich stelle mir eine der schweren Uhren mit einem Eichholzkorpus und Silberziffernblatt als Zeichen bürgerlichen Wohlstands vor - nähert sich dem Träumer bedrohlich. Zeit = Tod?
Diese Gefahr setzt die Handlung in Gang.
Statt in der Fernsehwelt behütet zu sein, setzt er sich der Verführung in einer Bar aus.
Tatsächlich ergreift ihn dort eine gute Fee, erfüllt zwei Wünsche und wahrscheinlich den dritten auch.

Kleinigkeiten

einem ungewissenen Ziel
ungewissen
schütterne
schüttere
Auch sie zum ersten Mal in dieser Kneipe gewesen.
Ist
Ich hatte diese Zeilen vor der Lektüre dieses Satzes geschrieben:
Als Geschichte taugts nicht viel, wie schon gesagt. Habe mir gedacht, mal sehen wie es rüberkommt.
Wenn du schon als Autor zu dem Ergebnis kommst und die Kommentatoren nur so ausprobieren willst
mal sehen wie es rüberkommt,
bin ich doch von so einer Einstellung enttäuscht, denn ich hatte mir wirklich Mühe machen wollen, aus diesem Text Möglichkeiten abzuleiten, die ihn zu einer sinnvollen Lektüre machen, ich hätte hier Märchen- mit Traumelementen zusammen kombiniert und vor allem eine Kürzung empfohlen, aber …
Herzlichst
Wilhelm Berliner

 

Hallo Cybernator,

insgesamt eine sehr ansprechende Geschichte, die sich in ihrem Verlauf ins Märchenhafte entwickelt. Wobei Du diese Entwicklung vielleicht von Anfang an eher als roten Faden einbauen könntest, sodass sich das Märchen vor dem Auge des Lesers frühzeitig anbahnt. Evtl. indem Du am Anfang schon etwas von der Stimmung einbaust, die Du weiter unten so schön beschreibst: Z.B., "Die Abendsonne lässt Lichtinseln auf dem Wasser blitzen." Diese Stelle hat mir richtig gut gefallen!

So eine Stimmung könnte gleich bei Peters Heimweg im Spiel sein, nur bemerkt er sie in seinen trüben Gedanken, seiner angeödeten und perspektivlosen Verfassung natürlich nicht. Diese finde ich auch gut eingefangen, sprachlich könnte sie an einigen Stellen noch überarbeitet und eleganter ausgedrückt werden.

Ein Beispiel: "So hat sich bei seinem Kollegium ein wortkarges und oberflächliches Verhalten ihm gegenüber gebildet."

Ein Verhalten "bildet sich" meines Wissens nicht (das kann nur etwas Stoffliches oder auch eine soziale Gruppierung). Besser wäre: "entwickelt". Auch ist das Verhalten wohl wortkarg, als oberflächlich würde ich eher ein Verhältnisbezeichnen.

Also, evtl. formulierst Du den ganzen Text ein wenig märchenhafter aus - dann würde bei mir nicht der Eindruck entstehen: Na, so ein Glück will ich auch mal haben (kenne zurzeit eine ähnliche Stimmung wie Dein Prot), ob das mit rechten Dingen zugeht? Vivian erwies sich denn auch als eine Fee... Wunderschön, der blaue Schmetterling.

Gerne gelesen von
Roger

 
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Hallo Wilhelm!

Schade, dass du wegen diesem

Als Geschichte taugts nicht viel, wie schon gesagt. Habe mir gedacht, mal sehen wie es rüberkommt.
enttäuscht warst.
Ich kann das auch nachvollziehen, wenn es meiner Einstellung entspräche, dass ich schnell was Getipptes hier reinstellen wollte, nur so zum Zeitvertreib und reiner Geltungssucht, um dann anhand euren Kommentaren abzuwägen, ob es nun Sinn macht oder nicht. Ich gebe zu, das könnte man wegen meiner schlechten Wortwahl so verstehen. Mein Fehler! :(
Was ich aber ausdrücken wollte: dass der Plot der Geschichte zu "flach" war. Er hat mich selbst nicht überzeugt. Ich habe dann hin und herüberlegt und wollte der Geschichte noch eine Chance geben. Das was in meinem Kopf war doch noch aufs Papier zu bringen, denn es waren ein paar Sätze darin, die mir gefallen haben. Die Grundidee, von dem festgefahrenen Angestellten, der von eine Fee wachgeküsst wird, wollte ich auch rüberbringen. Ob diese Grundidee nun schon rüberkommt kommt oder nicht, das hatte ich gemeint.
Nach ziggas Kommentar, war ich ein bisschen enttäuscht. (Ich bin halt schon eiitler Hund.:shy:)
Aber das war gut so! Ich hab versucht, den Ratschlägen zu folgen und siehe da, jetzt bin ich schon viel mehr zufrieden damit. Die Fee musste natürlich am Schluss verschwinden. Dieser Einfall kam mir kurz vorm Schlafengehen und das auch nur als Folge ziggas Kommentar. Ehrlich:
Meine platten Geschichten haben durch eure Ratschläge doch erst an Tiefe gewonnen und dafür bin ich euch echt dankbar!
Schade, dass du, lieber Wilhelm, wegen dieses Satzes abgebrochen hast. Du hast durch deine Fragen und Zusammenfassungen die Storys auf eine für mich neue und tiefgrundige Art beleuchtet, was mir immer ermöglicht hat, es besser auf den Punkt zu bringen.

Eine überirdische Macht schickt ihm einen Traum: Eine Standuhr - ich stelle mir eine der schweren Uhren mit einem Eichholzkorpus und Silberziffernblatt als Zeichen bürgerlichen Wohlstands vor - nähert sich dem Träumer bedrohlich. Zeit = Tod?

Hier zum Beispiel: Ich wollte den Traum längst streichen. Aber dieses Bild als "bürgerlichen Wohlstand" zu verstehen - na klar, jetzt macht das für mich wieder Sinn! Und mag sein, dass ich es an dieser Stelle noch ausbaue.

Ich hoffe ich konnte rüberbringen, wie viel mir eure Kommentare bedeuten und wie wichtig es für mein Schreiben ist.
Und wie schade ich es finde, wenn durch mein unüberlegtes Dahergelabere es so rüberkommt, als wäre dies nicht so.

Also, bitte, bitte mir Zucker obendrauf: Lieber Wilhelm sei nicht enttäuscht und beehre mich auch weiterhin mit deinen Kommentaren.
:shy:

Grüße,
Cybernator

 

Hallo Roger!

Danke für die Beschäftigung mit dem Text!

So eine Stimmung könnte gleich bei Peters Heimweg im Spiel sein, nur bemerkt er sie in seinen trüben Gedanken, seiner angeödeten und perspektivlosen Verfassung natürlich nicht.

Find ich eine gute Idee! Will ich einbauen.

Dieser Satz

"So hat sich bei seinem Kollegium ein wortkarges und oberflächliches Verhalten ihm gegenüber gebildet."
fand ich auch grauenvoll. Wenn sich etwas so ungelenk anhört, steckt meistens der Wurm drin. Muss ich umformulieren.

Ob ich den Text nun märchenhafter ausformuliere, hmm, muss ich mal drüner nachdenken.
Bleibt zu hoffen, wir lassen den Alltag das Märchenhafte in unserem Leben nicht überschatten!

Grüße,
Cybernator

 

Hallo Cybernator;
Schwamm drüber.
Zur neuen Geschichte:
Der Schmetterling ist eine gute Idee, ist er doch schon im alten Griechenland Träger der Seele, in Japan symbolisiert er ein Mädchen (Madame Butterfly) und der Flügelschlag eines Schmetterlings bringt in der Chaostheorie alles durcheinander.
Das hat der Schmetterling mit seinem Gespräch mit dem Bürokraten getan. Und blau ist er auch noch, der flatternde Falter, das Blau der deutschen Romantiker, und das in der Kneipe „S’ist Feierabend“. Die romantische, magische Nacht bricht deutschgewaltig über den Abteilungsleiter herein.
Und was für eine Verführung er bekommt: eine androgyne Gestalt, denn Vivian ist ein männlicher und weiblicher Vorname. Aus dem lateinischen Vivere entspringt hier der Lebensgeist, der dem Peter die Abteilungsleiterschaft versüßen soll. Also haben wir die typische romantische Gegenüberstellung von Bürgerlichkeit (Spießer versus Künstler) und Außenseitertum . Das ist der dritte erfüllte Wunsch, dass der Karrierist zum Lebenskünstler wird.
Eine flache Geschichte, nein, eine tiefe Geschichte, eine Symbolgeschichte, die den Zwang zu Wandlung darstellt.
Auch die Gegenüberstellung Zahl/Mensch, ähnlich wie Prosa und Poesie (ob das ein Joint sein muss?), zeigt die Tradition, in der sich deine Geschichte befindet.
Der Schluss: Fliegt seine Seele weg oder seine Seelenleiterin, weil er nun selbstständig sein Leben gestalten muss. Ein offenes Ende?
Vielleicht ist es richtig. Im 19. Jahrhundert wäre Peter zu einem Freizeitdichter geworden. Heute sehe ich das nicht unbedingt kommen.
Aber wie auch immer, wir wünschen Schmetterling und Abteilungsleiter einen guten Flug.
Ist doch eine gute Geschichte?
Herzlichst
Wilhelm Berliner
Der Titel: Warum ist er verdammt? Hier würde sich eine weitere Geschichte anbieten: Verdammt, glücklich zu sein (ist aber nicht mehr romantisch).
Zur Sprache habe ich nichts gesagt. Ich denke, sie müsste dem Inhalt angemessener sein. Es ist keine Märchensprache, sondern eine nüchterne Alltagssprache. Ich würde die Geschichte entweder a la 19. Jahrhundert und mit ironischer Verfremdung oder als modernes Märchen mit einer reduzierten, kalten Sprache schreiben.

 

Hallo Wilhelm!

Das mit der Sprache hab ich so beabsichtigt: In der büroktaten Alltagswelt herrscht die nüchterne Sprache und je mehr er in das übersinnliche abdriftet kommen diese romantische Inseln. Schön wäre es, wie Roger schrieb, wenn diese romantischen Bilder schon von Anfang an da wären, Peter sie aber nicht in den Focus rückt und dadurch alltagsprachlich abtut. Aber ich kann das erst wieder in ein, zwei Wochen sprachlich überarbeiten, wenn sich die erste Staubschicht drüber gelegt hat. Im Moment sind die Sätze noch zu sehr in der Netzhaut eingebrannt und ich möchte sie einer neueren Perspektive heraus lesen.

Schön, das du dir den Text nochmal vorgenommen hast und auch, dass du ihn zwischen den Zeilen gelesen hast!

Grüße Cybernator

 

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