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Alles wird gut

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02.01.2014
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Alles wird gut

„Alles wird gut.“, sagte der Mann, der auf einer Parkbank sitzt und auf den See hinaus blickt. „Alles wird gut, sagen sie…“ Seine Hand hält er fest verschlossen um den kleinen Zinnsoldaten. „Alles wird gut. Bald ist‘s vorbei…“, brabbelt er vor sich hin.
Er steht auf und läuft den Schmalen Weg entlang zum Spielplatz. „Alles wird gut. Morgen tut‘s nicht mehr weh…“
Die Kinder, die sonst mit Tim gespielt haben, winken dem Mann zu. Die kleine Lisa kommt angerannt. Der Mann geht in die Knie. Das kleine Mädchen schaut ihm tief in die Augen. Sie nimmt ihre Hände und legt sie tröstend auf seine Wangen. „Alles gut… Morgen tut nicht mehr weh…“, wiederholt der Mann.
Er steht auf und geht weiter durch den Park, zurück zum See, da wo sie immer die Enten fütterten. Jetzt steht er da, auf der kleinen Brücke, die Enten kommen laut schnatternd angeschwommen, als sie ihn sehen. „Ganz ruhig“, sagt der Mann, „Morgen tut’s schon nicht mehr weh.“
Der alte Mann verlässt den Park mit schweren Schritten. Sein Weg führt ihn weiter zur Grundschule. Die Lehrerin der Klasse 3b empfängt ihn wie sie es gestern schon getan hat und die Tage davor. „Alles wird gut Frau Hoffmann… Morgen ist es so weit und es tut nicht mehr weh.“
Verloren läuft der Mann die Straße entlang. Seine Faust immer noch fest um das kleine Spielzeug geschlossen.
„Alles wird gut.“, murmelt er immer wieder vor sich hin, bis er schließlich den städtischen Friedhof erreicht. Ohne sich um zu sehen, steuert er auf das kleine Grab am Ende des dritten Ganges zu.
Als er den Namen, seines kleinen Sohnes liest, treten ihm die Tränen in die Augen. Er fällt auf die Knie und stellt den kleinen Zinnsoldaten zu der kleinen Armee, die sich mittlerweile auf dem Grad des Kindes versammelt hat. „Alles wird gut mein Junge. Wir müssen weiter leben. Morgen tut’s nicht mehr weh mein Kleiner. Du wirst sehen.“

 

Hallo MilaMilchig,

eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Als Vater fällt es mir schwer, nicht berührt zu sein. Anfangs hatte ich mit dem Zinnsoldaten eine Zweideutigkeit vermutet, die ja aber zum Schluss Gott sei Dank sich als falsch erwies. Ein alter Mann, der spät Vater geworden ist, so vermute ich. Umso mehr trauert er um seinen kleinen Sohn, und trotzdem hat er den Mut, Stätten aufzusuchen, die seinem kleinen Sohn sicherlich auch immer gut gefallen hatten und sogar mit seinen Spielkameraden zu sprechen, ja sogar Trost hat er von ihnen erfahren.

Was aber geschieht mit der Frage: Morgen tut's nicht mehr weh? Bald ist's vorbei? Es regt schon sehr die Phantasie an. Möchte er sich morgen das Leben nehmen?

Für mich werden mit dieser Geschichte leider nur Fragen aufgeworfen und keine geklärt. Erfolgt die Klärung später? Auch ist mir nicht klar, was vom Betrachter dieses Bildes (denn als solches stellt es sich für mich dar) erwartet wird.

Im vorletzten Satz gehört ein Komma vor "mein Kleiner", ebenso vor "mein Junge", und weiterleben schreibt man eigentlich zusammen: Alles wird gut, mein Junge. Wir müssen weiterleben. Morgen tut's nicht mehr weh, mein Kleiner. Du wirst sehen.

Wegen der Schwere des Themas habe ich die Geschichte eigentlich nicht wirklich gerne gelesen, aber sie ist trotzdem unbedingt lesenswert.
;)
Viele Grüsse
Jeanmarie Malté

 

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