Was ist neu

Hannah

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20.12.2002
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Hannah

Hannah


Doo-doo-Doo-doo-Doo-doo …!

Snacks


Vor Hannah hatte mich noch keine verlassen. Nicht wirklich. Wir gingen einfach auseinander, bis irgendwann der Punkt erreicht war, an dem man sich nicht mehr hören und spüren konnte. Dann sah einer über die Schulter und rief: Ich mach Schluss! Und noch war aber nicht Schluss. Der Spruch musste wiederholt werden, fünf, sechs, sieben, acht Mal, wie eine Zauberformel, die erst nach und nach ihre Kraft entwickelt. Vielleicht auch, weil wir Angst hatten, der Partner sei bereits zu weit weg, um es zu hören.
Ich mach Schluss!
Was?
Ich mach Schluss! Hörst du? Schluss!
Hast du Schluss gesagt?
Ja!
Komm mal bisschen näher.
Schluss! Schluss! Schluss!
Ich versteh dich nicht!
Etwas Drama gehört auch dazu, klar. Und dann wollen die Leute natürlich wissen, wer wen verlassen hat. Da war ich großzügig. Sie dürfte immer die Person sein, die ging, die unzähmbare Gestalt, die kometenhaft davonzog, während ich den Anschein machte, einem schwarzen Loch gleich in mich selbst zu versinken. Das sagte ich auch: Weißt du, wenn es dir so leichter fällt, können wir es ruhig so machen, dass ich am Ende der Verlassene bin, und du die Schlussmacherin. Ich komme damit klar.
Das hörten sie allerdings überhaupt nicht gern. Eine meinte mal zu mir, sie würde gleich kotzen, wenn ich nicht sofort damit aufhöre, mich in diese Jesus-Pose zu werfen. Und ich frage auch noch dumm: Jesus-Pose? Und sie: Als könntest du allen Ernstes völlig selbstlos die ganze Bürde unserer kaputten Beziehung auf dich nehmen!
Das war schlagfertig von ihr, muss ich schon sagen.
Trotzdem fand ich mein Angebot großzügig.
Und ein bisschen dramatisch eben. Ein bisschen Drama gehört einfach dazu. Wenn zum Schluss keine pathetischen, überdrehten Sprüche fallen, wenn kein Leid sichtbar wird - dann fehlt einfach was. Vielleicht sogar Respekt. Denn was am Ende nicht wehtut, kann doch auch am Anfang nicht so viel wert gewesen sein. No pain, no gain gilt auch in der Retrospektive.
Doch bei Hannah war es so: Sie hat gar nicht Schluss! gesagt. Sie hat etwas völlig anderes gesagt. Sie kam sonntagmorgens in die Küche, während ich Tee trank und vor dem Laptop saß, und sah total sexy aus. Sie trug keinen BH, kleine süße Nippel drückten sich durch ein lässiges weißes Schlafoberteil, das zu groß war und viel Haut zeigte. Ihre Schultern glänzten glatt und lecker, und sogar die Jogginghose hatte etwas Sexy-Verschlafenes an sich. Was sie wohl darunter trug? Das Schöne an Jogginghosen: Die kann man total schnell runterschieben. Ich hatte Hannah letzte Nacht nicht gesehen, weil sie von der Geburtsparty einer Freundin spät nach Hause gekommen war. Ihre WG war vor sechs Wochen aufgelöst worden und nun wohnte sie bei mir, bis sie eine neue fand.
Oder vielleicht zogen wir zusammen in eine Wohnung? Wir hatten vor kurzem darüber gesprochen, so wie man über die Namen zukünftiger Kinder spricht: ironisch, scherzend, wir gingen Szenarien durch und lachten. Und doch war das Gespräch viel mehr als nur Spaß, wir begaben uns auf eine große Ideenspielwiese, tasteten uns gegenseitig ab und sahen in einen weiten, geheimnisvollen Himmel.
Hannah kam in die Küche und im ersten Moment dachte ich natürlich nichts. Ich lächelte müde und streckte mich, wie man sich vielleicht nur am Wochenende strecken kann, die Hände weit über den Kopf und mit vorgewölbter Brust. Hannah lehnte sich gegen den Kühlschrank, verschränkte die Arme und sah mich an, voller Ernst. Ich runzelte die Stirn und brachte die Hände wieder nach unten. Und dann sagte sie: „Ich habe jemanden kennengelernt.“
Dazu muss man wissen: Wenn ich sonntagmorgens in der Küche vor dem Laptop sitze und Tee trinke und dazu noch ausgeschlafen bin, das ist praktisch der ausgeglichenste Moment, in dem man mich überhaupt vorfinden kann. Und so sagte ich zunächst nichts. Ich nahm sogar einen Schluck Tee und kam mir cool dabei vor. So wie Altkanzler Schmidt vor Antworten in aller Ruhe einen Zug nimmt, so wie De Niro die Mundwinkel weit nach unten zieht und ein paar Mal beleidigt nickt, so wie Jack Nicholson dich erst mit einem irren, leeren Blick ansieht, ehe er zu einem Grinsen ansetzt und was Zynisches sagt - so trank ich einen Schluck feinsten schwarzen Darjeeling-Tee von den weiten Hügeln Indiens. Und musterte die Hannah. Die zwar keine Tränen in den Augen hatte, aber für ihre Verhältnisse schon ziemlich angespannt aussah. So ließ ich alles Zwischengetöse weg und ging gleich zum Wichtigsten über: „Hattet ihr schon Sex?“
Und sie nickte. Einfach so. Sie nickte! Ohne Schluchzen, ohne Tränen, ohne langes Zögern, ohne überhaupt den Blick von mir abzuwenden. Gott! Hätte sie doch ein bisschen verschämt den Kopf nach unten sacken lassen. Oder zumindest etwas Zögern vor dem Nicken eingeschoben. Aber nein. Sie nickte einfach.
Da nahm ich gleich wieder einen großen Schluck Darjeeling-Tee. Und kam mir überhaupt nicht mehr cool vor.
„Es tut mir leid“, sagte Hannah, noch immer an den Kühlschrank gelehnt, noch immer total zum Anbeißen. Mir fiel auf, dass ihr langes braunes Haar sexy-zersaust war – woran lag das? Am Schlafen? Wann war sie nochmal heimkommen? Unwillkürlich fragte ich mich, ob man den Feind noch an ihr riechen konnte. Ein Scheißgedanke. Ich seufzte so schwer ein Mensch nur seufzen kann. Und sie seufzte auch. Immerhin: ein gemeinsames Seufzen. Ein Stück Anerkennung für die Schwere der Situation. Für einen ganz kurzen Moment war ich ihr dankbar dafür.
Dann fragte ich sie, ob ihr neuer Liebhaber Vegetarier sei.
„Was?“
„Ist er Vegetarier?“
Sie rückte vom Kühlschrank weg und warf ihr niedliches kleines Gesicht in Wutfalten. Gut so! Ärgere dich! Ich hab Recht, nicht wahr?
„Das hat wirklich nichts damit zu tun …“
Ich ließ mich nach hinten in den Stuhl fallen, klappte mit Gewalt den Laptop zu und schob den Tee von mir weg.
„Du willst mich doch verarschen!“

Vor zwei Tagen hatten wir uns gestritten. Wegen Vegetarismus, wie man so schön sagt. Hannah hatte ein komisches Buch gelesen, sich eine Doku reingezogen, drei Peta-Werbungen zu viel gesehen, und war dann irgendwie zu dem Schluss gekommen, Tiere Essen sei Mord.
Wir saßen zusammen beim Türken an einem kleinen Tisch, die Wände waren orange, es roch nach Baklava, Fett und Tee. Ich aß einen Döner, und sie nibbelte an einer Falafel in einem weißen Sommerkleid.
„Was soll das heißen, Tiere essen ist Mord?“, fragte ich.
„Nun …“, begann sie mit einem Unterton, der wohl die Banalität der folgenden Aussage hervorheben sollte. „Tiere leben! Und wenn man sie tötet, dann leben sie nicht mehr. Das nennt man Mord.“
„Aha …“, sagte ich, während ich zu einem großen, gezielten Biss ansetzte. Beim Döneressen versuchte ich immer, möglichst geschickt vorzugehen. Das heißt: So reinbeißen, dann man nicht nur Fleisch in den Mund bekommt. Aber auch nicht nur Kraut. Und wenn's geht, die richtige Menge Sauce. Wenn man dann noch ein Stück Tomate erwischt, hat man den perfekten Dönerbiss, der beim Kauen maximale Freude bereitet.
Sie nahm einen Schluck Bionade und sah mich an, während ich kaute. Ich ließ mir Zeit, wischte etwas Sauce mit dem Handrücken vom Mundwinkel weg und sagte dann: „Aber ich töte Tiere nicht, ich esse sie nur. Das ist doch ein Unterschied.“
„Ja, genau das hat man im Dritten Reich auch gesagt. Ach, ich bringe diese Menschen doch nur von A nach B, was dann passiert, hat doch nichts mit mir zu tun, ich bin doch nur der Fahrer. Nein, nein … die Fahrer waren genauso dran beteiligt. Und du bist auch dran beteiligt.“
Dazu sagte ich erstmal nichts.
„Ich verstehe nicht, warum du dir diese Doku nicht anschauen kannst“, sagte sie, „wirklich, ich versteh's einfach nicht.“
„Die eine über Massentierhaltungen?“
„Genau die.“
„So was verdirbt mir doch nur die Laune, Schatz …“
„Genau deswegen solltest du sie dir anschauen! Wäre das wirklich so schlimm? Wenn du einmal zur Abwechslung etwas Sinnvolles schaust? Statt immer diese Serien.“
„Du meinst wie Tatort?“
„Ich schaue genau einmal die Woche Tatort. Einmal. Aber das kannst du natürlich auch nicht verstehen.“
„Nicht wirklich …“
Sie wandte den Blick ab und zog ein genervtes Eigentlich-ist mir-diese-ganze-Unterhaltung-viel-zu-blöd Gesicht. Obwohl völlig klar war, dass sie kurz davor stand, sich total in diese Unterhaltung reinzusteigern.
„Komm schon, Babe …“ Ich fasste nach ihrer schönen schmalen Hand, und sie zog sie aber gleich zurück. Das überraschte mich. Ihr Zyklus mal wieder? Stand der Mond komisch? Das Wetter?
„Das nervt mich einfach“, sagte sie. „Wie du dich anstellst.“
„Ich ess grad nur einen Döner, Schatz. Und jetzt soll ich mich für den Holocaust entschuldigen, oder was?“
„Ich hab ja nicht gesagt, dass du ein Nazi bist. Ich sage nur, dass du wie einer argumentierst.“
Jetzt war ich auch genervt. „Weißt du … ach … überleg dir doch, was du sagst! Menschen essen seit Tausenden von Jahren Fleisch, auf der ganzen Welt ist das Kultur. Nein, was sage ich, das ist Biologie! Und du willst das verbieten? Wie krass bist du drauf? Und dann kommst du mir auch noch mit Nazis? Das ist alles so … so spießig auch. Spießiger noch als Tatort schauen.“
„Wenn du nur einmal die Doku sehen würdest …“
„Es geht doch nicht um die Doku! Mir ist schon klar, dass Massentierhaltung nicht schön ist. Ich find's doch auch nicht schön.“
„Aber du willst nichts dagegen tun.“
„Babe …“
„Die Welt wäre so viel besser und gesünder, wenn alle weniger Fleisch essen würden, Marc. Nein, hör mir einfach zu jetzt. Lass mich ausreden. Das wurde alles berechnet. In Brasilien holzen sie Regenwälder ab, um Getreide anzubauen. Meinst du, die hungrigen Kinder, die in den Slums direkt nebenan wohnen, bekommen davon was ab? Nein, man mästet damit Kühe, die geschlachtet und nach Europa versandt werden, damit wir uns mit Cheeseburgern vergiften können, die ein Euro kosten. So pervers ist das. Aber dir ist das natürlich egal, Hauptsache, du bist ein richtiger Mann, der richtiges Fleisch von richtig toten Tieren isst.“
„Ich bin ein blutrünstiger, fleischfressender Macho. Du hast es endlich erfasst.“
„Ich hab's schon immer gewusst.“
Ich biss in den Döner und ließ ihn mir schmecken.
Sie beäugte mich. „Das ist wirklich so ein Konstrukt, das in deinem Kopf wohnt, nicht wahr? Richtige Männer essen richtiges Fleisch! Arrarrarr …“
„Also … Fleisch essen ist auf jeden Fall sexier als kein Fleisch essen.“
„Siehst du!“ Sie lächelte, als hätte ich gerade die eigene Position verraten.
Ich zuckte mit den Achseln. „Es ist halt so.“
„Ha! Und du glaubst, das kommt jetzt sexy, so wie du gerade Döner isst?“
„Mmmm …“ Ich legte den Döner hin und nahm einen Schluck Ayran. „Jetzt den Essvorgang an sich vielleicht nicht unbedingt. Aber es geht ja um die Einstellung: Wenn jemand sagt: Mir ist völlig egal, wie geil etwas aussieht und schmeckt und duftet, das werde ich trotzdem niemals anfassen – was sagt das über einen Menschen aus? Über seine Art? Willst du wirklich mit einem Vegetarier ins Bett? Wenn man schon die Wahl hat?“
„Ich esse doch auch kein Fleisch. Und ich vermisse es auch gar nicht.“
„Ja … und du bist trotzdem sexy, die Ausnahme bestätigt die Regel. Aber vermisst du wirklich kein Fleisch, oder behauptest du das nur? Schon mal einem Menschen begegnet, der seit Jahren keinen Sex mehr hatte und von sich behauptet: Das ist eine Qual, die mich jeden Tag zerfrisst? Nein, sie sagen alle: Ach, das fehlt mir ja gar nicht. Die ganzen Christen, die Moralprediger … ist doch genau dasselbe. Weil Christen niemals Sex haben, soll auch kein anderer Sex haben. Und wehe, einer hat sogar guten Sex! Dafür kommt man direkt in die Hölle. Ist alles ein und dasselbe …“
„So ein Stuss!“
„Und bei dir jetzt - es tut mir leid, wenn ich das sagen muss, Superbabe – ist es ganz genau so. Da liegt dieses jämmerliche Veggiezeug vor dir auf dem Tablett - und du wärst vielleicht sogar zufrieden damit. Aber dann siehst du, wie ich diesen animalischen saftigen Döner verspeise, und das macht dich völlig kirre. Und drum soll ich in Zukunft keinen Döner mehr essen. Weil es dich verunsichert.“
Sie sagte nichts, sah mich nur an.
Ich lehnte mich zurück und grinste ein bisschen. „Willst du nicht mal probieren?“ Ich hielt den Döner nach oben.
„Du bist so ein Idiot.“
„Ach komm, Babe …“
„Nichts Babe. Du redest Müll. Und du weigerst dich einfach, dich als Mensch mit Verantwortung wahrzunehmen, ja, als jemand, dessen Handeln Konsequenzen hat, auch in einem globalen Kontext. Mir ist egal, wie spießig das klingt. Und wenn ich deine Sprüche mit dummen Naziausreden vergleiche, ist es nicht okay. Aber es ist offenbar völlig okay, wenn du meine Bitte, einen Dokumentarfilm anzuschauen, mit der missionarischen Eifer irgendwelcher von dir erfundenen Christen verknüpfst, die sämtlichen Menschen auf Erden den Sex ausreden wollen.“
„Ganz so hätte ich das jetzt nicht zusammengefasst, aber … jo.“
Sie wandte den Blick ab, sah aus dem Fenster.
„Hey …“, sagte ich.
Aber sie wollte mich nicht ansehen.
„Ich muss zum Seminar“, sagte sie nach einer Weile.
Sie stand auf und schlang ihren Hipsterbeutel auf die Schulter. Mit dem Aufdruck: Deine Mutter ist auch aus Fleisch.
Ich glaube, das war mir erst in diesem Moment aufgefallen.
Sie sah auf mich herab. Irgendwie nachdenklich.
Eigentlich verabschiedeten wir uns immer mit einem Kuss.
„Bis später“, sagte sie.
„Ja … bis später.“

„Du willst mich doch verarschen!“
Ich bildete mir ein, sie würde gleich etwas sagen wie: Selber schuld. Wenn du keine Schwulen magst, bekommst du einen schwulen Sohn. Wenn du Rentner ärgerst, wirst du später mal alt und bitter. Und wenn du Tiere isst, setzten dir Vegetarier Hörner auf. Das ist Gerechtigkeit.
Aber das sagte sie nicht. Sie stand einfach da und schwieg. Mit einem zerknirschten Ausdruck im Gesicht, der da gar nicht hinpasste, hatte sie doch ein ausgesprochen schönes und gewinnendes Gesicht, eines, das der Zerknirschung praktisch nicht fähig war. Es war niedlich, so wie alle Frauengesichter irgendwie niedlich sind, aber auch offen und stark, mit Wangenknochen, Kinn und klaren Augen. Und jedes Mal, wenn sie lächelte, kamen tolle Zähne zum Vorschein, die Luft knisterte, und irgendwo auf der Welt schaffte es eine Babyschildkröte ins Meer.
Wo war dieses Lächeln nur?
„Ja, und jetzt?“, fragte ich in die Stille hinein. „Hast du dir dabei auch was gedacht?“
„Ich kann zu Ina ziehen, bis ich was find. Bei ihr ist auch Platz.“
So weit hatte sie also schon gedacht.
Ich biss mir auf die Unterlippe, starrte vor mich hin, und spürte, wie mein Puls in die Höhe schoss.
Sie war doch verrückt geworden.
„Es tut mir leid“, sagte sie erneut. „Aber vielleicht ist es auch besser so. So kannst du in Ruhe fürs Examen lernen, und ich … “
„Und du bist mich los.“
„So ist es nicht. Es ist nur, ich wollte das nicht, aber … es ist halt passiert.“
Es ist halt passiert.
Eine Million Sätze, Gesten, Umarmungen, Küsse, Geschenke und dann: Sorry. Gestern im Café. Es ist passiert.
„Was ist das für ein Typ?“, fragte ich.
„Er ist …“ Sie seufzte. „Muss das sein?“
„Ich weiß es nicht.“
Ich wusste es wirklich nicht. Was muss schon sein? Keine Ahnung, was in solchen Situationen muss.
„Er heißt Alex. Er ist Student.“
„Und?“
„Nichts und. Er ist … normal einfach. Es ist ja nicht wegen ihm … nicht nur. Bei uns ist es nicht mehr so wie früher, Marc. Wir streiten uns so viel. Findest du nicht?“
Wir streiten uns viel. Es ist nicht mehr so wie früher.
„Na gut“, sagte ich, obwohl natürlich gar nichts gut war. Warum sagte ich das? Und gleich hinterher: „Dann ist es halt so.“
Und sie nickte wieder. Dieses elende Nicken. Wo sie mir doch so gerne widersprach. Für ihr Leben gern widersprach sie mir. Und jetzt: kein Widerspruch mehr.
Dann ist es halt so. Mehr wollte sie gar nicht.
Ich stand auf und wollte gehen, musste aber vorher noch an ihr vorbei. Und das in meiner engen Küche. Ich ging praktisch auf sie zu, wie schon tausend Mal zuvor. Sie machte einen kleinen Schritt nach rechts und drehte sich zur Seite. Und blickte dabei nach unten. Und presste die Lippen ganz fest aufeinander. Ich blieb neben ihr stehen und sah auf sie herab, auf ihr schönes Profil. Ihre Augen konnte ich nicht sehen, nur die Wimpern, die hübsche Nase, das volle Haar, die glatten Schultern. Wie scheiße war doch diese Distanz, die sie mir aufzwang. Und wie unglaublich schmerzhaft. Und sie blieb wirklich hart. Sie spannte sich an wie eine in die Ecke gedrängte Katze, legte die Hand auf den kalten Herd, sah zu Boden und wollte unbedingt, dass ich weitergehe. Jetzt. Ich sollte verschwinden!
Da wäre ich fast ausgerastet. Da hätte ich sie auch anschreien können. Da hätte ich sie auch packen und schütteln können. Ich sah auf sie herab, blieb noch kurz stehen, und ging dann weiter.

Ich stecke mir Kopfhörer in die Ohren, stellte den Ipod auf Shuffle und legte mich aufs Bett. Mein Zimmer war voll mit ihrem Zeug: Bunte Tücher, Uniskripte, Kosmetikzeug, Safran-Foer, Hesse, DFW.
Ich schloss die Augen und shuffelte und shuffelte und shuffelte. Mir gefiel irgendwie nichts.
„Tja …“, dachte ich immer wieder. „Tja …“
Und: Bleib cool. Und: Shit happens. Und: So ist's Leben. Und: Alles Schlampen außer Mutti. Und: There are plenty more fish in the sea. Und: Kein Alkohol ist auch keine Lösung.
Als hätte irgendwer mein ganzes Innenleben in einen verdammten Twitterthread verwandelt.
Und wie ich so dalag, fand ich das furchtbar. Dass ich so hilflos war und mir so wenig einfiel. Dass ich so dumm war und dies nicht hatte kommen sehen. Das war fast furchtbarer, als von einem Vegetarier Hörner aufgesetzt zu bekommen. Naja, fast. Das mit den Hörnern war schon ziemlich scheiße.
Aber gut …
Shit happens!
Ich fand mich erbärmlich. Und während ich mich erbärmlich fand, fragte ich mich, ob sich erbärmlich finden eigentlich dasselbe ist wie erbärmlich sein.
Früher war es besser. Wir streiten uns so viel.
Wo waren wir schief gelaufen? Hätte ich mir die Doku reinziehen sollen? Es kotzte mich an. Ein Scheißvegetarier. Er ist normal, hatte sie gesagt. Als gäbe es normale männliche Vegetarier. Weibliche vielleicht, okay, aber doch keine männlichen! Kann mir doch keiner erzählen!
Wo waren wir schiefgelaufen?
Ich fragte mich, ob ich Hannah irgendwie aus den Augen verloren hatte in letzter Zeit. So weit das überhaupt möglich war, wenn man sich fast jeden Tag sah.
Aber vielleicht.
Vielleicht war es früher wirklich anders.

Wir lagen bei ihr im Bett und hörten Death Cab for Cutie.
„Ich hab eine Idee“, sagte sie.
„Ich auch.“
„Okay, du zuerst.“
„Ich finde, wir könnten als Bonnie und Clyde gehen.“
„Nein …“
„Warum? Wär doch stylisch.“
„Das ist total abgedroschen.“
„So abgedroschen ist es nicht.“
„Doch, Jan und Lena sind letztes Jahr als Bonnie und Clyde gegangen.“
„Scheiß auf Jan und Lena. Wir machen das viel cooler. Überleg mal, ich könnte einen grauen Anzug und einen Hut tragen, so wie die Gangster aus den Zwanzigern; Clyde hatte außerdem immer einen Zahnstocher im Mund. Und du könntest Faye Dunaway sein, mit einem Beret und einer Bluse und einem langen Rock und einer blonden Perücke. Und dann kaufen wir uns Spielzeugpistolen und rauben die Bar aus. Nehmen alle Vodka-Flaschen mit und so. Das wäre doch cool.“
„Du weißt, Clyde war impotent.“
„So genau müssen wir es nicht nehmen …“
„Hmja …“ Sie streckte sich zwischen den Laken. „Aber ich dachte eher an was anderes.“
„Was?“
„Die Schöne und das Biest.“
Ich verzog das Gesicht, und sie lachte laut auf.
„Die Schöne und das Biest ist genauso abgedroschen“, sagte ich.
„Aber es passt sooooooooo gut!“
„Na komm … so hässlich bin ich doch gar nicht.“
„Ich hab mir überlegt, bis dahin schneidest du deinen Bart einfach nicht mehr …“
„Es sind noch zwei Wochen bis dahin.“
„Und dann finden wir ein Yeti-Kostüm für dich.“
„Ein Yeti-Kostüm?“
„Ja!“ Sie warf sich an mir. „Und wir schminken deine Augen. Ganz Dunkel, weißt du, so richtig grotesk! Und schmieren dir Blut vielleicht in den Bart …“
„Also …“
„Und ich bin dann einfach nur schön!“ Sie grinste breit. „Ich dachte da an was ganz Elegantes. Vielleicht nehme ich die Perlenkette von meiner Mutter. Und stecke die Haare hoch. So wie Audrey Hepburn! Ach … das wird ganz toll, Schatz, ganz toll!“

„Hey, wach auf.“
„Mmmm …“
„Marc, wach auf!“
„Was denn?“
„Da ist was.“
„Wo ist was?“
„Hier drin! Im Zimmer!“
„Bei uns oder wie?“
„Hör mal!“
„Scheiße, was ist das?“
„Ich glaube, es lebt!“
„Mach mal Licht an.“
„Mach du Licht an!
„Wah …“ Ich sprang aus dem Bett und rannte zum Lichtschalter.
„AHHHHHHHHHHHH!!!“
„Scheiße!“
„Da! Da! Sie ist hinter dem Schrank!“
Ich sprang zurück ins Bett, und sie klammerte sich an mich. Einen Moment lang war alles still.
„Ich hab doch gesagt, das Hotel ist scheiße“, sagte sie.
Wir stellten uns aufs Bett, starrten auf den Schrank und horchten.
„Hast du schon von den Ratten gehört, die nachts in Krippen stiegen und Babys fressen?“, fragte ich.
„Nein …“
„Solche Ratten gibt es hier. Und ich glaube, das ist so eine.“
„Hör auf.“
Ich wog den Kopf hin und her. „Ich weiß nicht, schwierig.“
„Was denn?“
„Wenn sie hinter dem Schrank lebt, da komm ich nur schwer hin.“
Sie seufzte. „Ich glaube, wir müssen morgen auschecken.“
„Ja …“
„Komm, legen wir uns wieder hin.“
„Okay.“
„Lass das Licht an.“
Wir legten uns hin und ließen das Licht an.
„Ich kann so nicht schlafen“, sagte sie.
„Ich auch nicht.“
„O je …“ Sie kuschelte sich ganz eng an mich. „Ich mag keine Ratten.“
„Das ist irgendwie süß, wie du das machst.“
„Ja?“
„Ja, schon.“
Sie kuschelte sich noch enger an mich, drückte den Kopf unter mein Kinn.
Ich fing an, sie zu begrapschen, fasste nach ihrem Hintern und so.
„So kann ich keinen Sex haben, Schatz.“
„Warum nicht?“
„Das geht einfach nicht. Hörst du das? Da raschelt's schon wieder.“
„Ich höre nichts …“
„Nein, nein, das geht nicht. Ich denke die ganze Zeit, die Ratte springt ins Bett und beißt mir ins Gesicht.“
„Na gut, aber … vielleicht hat das auch was Aufregendes an sich?“
„Nein.“
„Mmm … sicher?“
„Ja … ich bin mir ziemlich sicher … mmmmm … jaaaa … sicher, sicher … Schatz!“
„Was denn?“
„Da ist sie wieder!“
„Ich bring sie um!“
„Was? Nein …“
Ich ging ins Klo und kehrte mit einem Besen zurück. „Die Ratte stirbt!“
„Nein! Schaff sie nur hier raus. Nicht töten! Nur rausschaffen!“
„Komm, hilf mir mit dem Schrank.“
„Nicht töten, Marc!“
„Das Tier frisst Babies, Hannah, es verdient den Tod.“
„Nein, nein, komm …“ Sie glitt in Unterwäsche aus dem Bett und trat zu mir.
„Hannah …“
„Du erwischt sie doch eh nie. Komm, Schatz …“ Sie griff nach dem Besen, schmiegte sich an mich, sah nach oben. „Komm zurück ins Bett …“


Das konnte sie nicht machen.
Ich stand auf und ging zurück in die Küche.
Sie saß mit angezogenen Beinen am Tisch und starrte auf ihr Smartphone. Und wie sie mit interessiertem Blick drauf rumtippte, packte mich die Gewissheit, dass sie mit dem Feind kommunizierte.
„Und … was schreibt der Vegetarier?“
Sie sah hoch. Blinzelte. Blickte zur Seite und strich eine braune Strähne aus dem Gesicht. Und sah mich wieder an. „Weißt du, ich finde das schon erstaunlich.“
„Was denn?“
„Wie aufmerksam du bei so Dingen auf einmal bist.“
„Bei so Dingen?“ Ich schüttelte fassungslos den Kopf. „Ich dachte, du spielst die ganze Zeit Candy Crush.“
Sie verzog den Mund.
„Leg das Handy weg“, sagte ich.
Sie blickte kurz aufs Display, zögerte, sah wieder zu mir.
Bin kurz weg, Feind, Kussi-kuss!
Das wollte sie noch schreiben, bevor ich sie gleich ablenkte, das wussten wir beide, und das konnte sie einfach nicht bringen.
Sie legte das Handy auf den Tisch, seufzte und verschränkte die Arme.
„Marc, ich weiß nicht, was du …“
„Ich will nur reden“, sagte ich.
„Ich kann dir nur sagen, dass es mir leidtut. Wirklich. Mir fällt das auch schwer. Ich hoffe, du denkst nicht, ich bin voll die Schlange und betrüge dich schon seit Monaten hinter deinem Rücken. So ist es nicht. Wirklich nicht.“
„Aber du hast mich betrogen.“
Sie nickte.
„Gestern Nacht?“
Dieses Mal zögerte sie tatsächlich vor dem Nicken. Aber sie nickte, und ich spürte meinen Puls wieder in die Höhe schnellen. Ich hätte den Feind direkt töten können und sie am besten gleich mit, aber ich war nicht nur wütend.
Ich hatte auch Angst. Richtige Angst.
„Das heißt, du warst gestern gar nicht auf einer Geburtstagsparty?“, fragte ich.
„Doch, war ich …“
„Und er auch?“
„Ja.“
„Und dann seid ihr zusammen zu ihm?“
Sie nickte.
„Und warum bist du dann hierher zurück?“
Sie seufzte. „Marc, bitte …“
„Ja tut mir leid, wenn ich das fragen muss! Ich komme mir einfach verarscht vor. Wie soll ich mir das vorstellen? Da habt ihr Sex, ihr liegt so im Bett, es ist drei Uhr morgens, und dann sagst du: Ach, mir fällt gerade ein, ich muss noch schnell mit meinem Freund Schluss machen! Bis später! Warum bist du nicht einfach dort geblieben?“
„Weil ich dir gesagt hatte, dass es nicht spät wird.“
„Weil du …“ Ich runzelte die Stirn.
Und auf einmal hatte sie Tränen in den Augen.
„Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst“, sagte sie.
„Ich mache mir Sorgen“, sagte ich.
„Ich …“ Sie senkte den Kopf und kämpfte mit den Tränen. „Ich musste es dir einfach sagen. So konnte es nicht weitergehen.“ Sie griff nach dem Handy und stand auf.
„Bleib sitzen, Hannah.“
„Marc …“
„Bitte. Bleib sitzen.“
Sie wischte die Tränen aus den Augenwinkeln und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid.“
„Wie lange kennst du diesen Typ?“
„Es geht nicht so lang.“ Sie seufzte. „Marc, bitte …“
„Was denn? Was? Ich will's doch nur verstehen. Setz dich hin und erklär's mir. Erklär's mir und ich lass dich gehen.“
Sie lehnte sich an die Wand. „Wir unternehmen weniger. Du bist nicht mehr so, wie früher, und ich vielleicht auch nicht. Wir leben irgendwie nebeneinander. Und mit ihm ist es anders. Wir lachen viel.“ Sie zuckte mit den Achseln, als könnte sie mit dieser kleinen Scheißbewegung einen Strich drunter ziehen.
Ich schloss für einen Moment die Augen und atmete durch.
Sie lachen viel, dachte ich.
Der Vegetarier und sie, sie lachen.
Worüber, verdammt nochmal?
Die Vorstellung machte mich irgendwie fertig. Dass Hannah so viel ohne mich lachte. Und schon war ich bereit, mich wieder ins Bett zu legen. Oder mich zu erhängen oder einfach nur zu schreien.
Ich sagte einfach nichts mehr, und sie ging.

Wenig später hörte ich, wie sie mich verließ, wie sie Hesse und DFW zusammenklaubte, wie sie die bunten Tücher zusammenfaltete, wie sie Reißverschlüsse rauf und runter riss und atmete und schwirrte. Das hielt ich nicht lange aus. Ich verließ die Wohnung, setzte mich vor Tonis und ließ die Sonne auf meinen Kopf brutzeln. Der Kellner kam, und ich bestellte eine Pizza Hawaii, die ich nicht essen konnte. Keinen Bissen bekam ich runter. Die Halbe lief dafür wie geschmiert. Die zweite Halbe auch. Mir ging's danach nicht besser. Ich beobachtete die frischen Paare, wie sie kichernd durch die Stadt gingen, und prophezeite ihnen einen kurzen Sommer, einen bewölkten Herbst und einen depressiven Winter. Ich sah die jungen Frauen in Röcken vorbeihüpfen und bekam fürchterliche Lust, sie alle zu verführen, sie verliebt zu machen, ihnen das Blaue vom Himmel zu lügen, schmutzige Dinge mit ihnen anzustellen und mich nie wieder zu melden - einfach so, aus Protest. Aus Protest gegen das Versprechen, das jeder von ihnen innewohnte, das in jedem Grübchenlächeln steckte und in jedem wippenden Schritt, in jeder gefärbten Strähne und in jedem gepiercten Ohr, dieses Versprechen, das Glück hieß und so unendlich verlogen war.
Es war schon sieben, als ich heimkehrte. Ich warf einen Blick in mein Zimmer, sah die gähnende Leere, ging gleich wieder in die Küche und drehte das Radio auf.
Wenig später kam Luca nach Hause, mein Mitbewohner und Chemiestudent im dritten Semester.
„Oh Mann …“, sagte er. Er ging gleich zum Kühlschank und holte ein Bier raus. „Willst auch eins?“
„Ja.“
Er setzte sich mir gegenüber, wir stießen an, und das kalte Bier schmeckte hervorragend.
„Okay …“, sagte er, und er fuhr mit einer Hand durch seine Wuschelfrisur und atmete voll durch. „Wir sind zum See gefahren, ich hab's echt gemacht, wie besprochen. Wir saßen auf einer Decke, neben uns Cracker, Trauben, Wein und drei verschiedene Käsesorten, das war super, Laura mag Camembert, und dann …“ Er nahm wieder einen Schluck, einen viel zu großen, sodass sich sein ganzes Gesicht dabei verzog und er kurz die Augen schließen musste. „Wir haben ewig geredet, wirklich ewig! Sie hat mir so viele Sachen erzählt und ich habe die ganze Zeit zugehört, und dann war es irgendwann ganz still, Seestille, das war richtig schön, und wir sitzen nebeneinander und blicken aufs Wasser, und sie streckt die Beine von sich und wippt mit dem rechten Fuß, und ich denke mir: Jetzt kann ich sie küssen. Ist schon das dritte Date, das muss gehen. Wie du gesagt hast, muss einfach. Und ich war echt kurz davor, wirklich, ich wollte es machen, und dann … also dann … dann schaut sie aufs Wasser und sagt voll verträumt: Ohhh … wenn ich all diese Schwäne sehe, mit den weißen Federn und den langen Hälsen und den starken Flügeln, das macht mich richtig an. Das sagt sie einfach so. Die Schwäne machen sie an! Und ich so wie bitte?, und sie bricht in Gelächter aus, hält sich am Bauch fest und rollt sich ins Gras. Hey … die Frau ist so heftig, Marc, so heftig! Und jetzt haben wir uns immer noch nicht geküsst. Ich weiß nicht, ich finde die Lücke einfach nicht. Ist schwierig. Hey, ist alles okay mit dir? Du siehst nicht gut aus.“
„Hannah hat mich verlassen.“
„Was?“
„Sie hat schon ihre Sachen gepackt, sie ist weg.“
Er suchte einem Moment lang nach der Verarsche in meinem Ausdruck. Dann stand er tatsächlich auf und sah in meinem Zimmer nach.
„Was ist passiert?“, rief er durch die Wohnung. „Marc!“
Er eilte zurück und sah mich entsetzt an.
„Sie hat jemanden kennengelernt“, sagte ich. „Einen Student. Einen Vegetarier.“
Er legte die Hand auf die Stirn setzte sich langsam hin. „Nein …“
„Wusstest du schon davon?“, fragte ich.
Anhand seiner Mimik – er verzog das Gesicht, als hätte ich ihm in die Eier getreten – wusste ich sofort, dass dem nicht so war. Und schon tat mir die Frage leid. Aber ich musste sie einfach stellen. An dem Tag fühlte sich alles möglich an.
„Wenn ich so was gewusst hätte, Marc, das hätte ich dir doch auf jeden Fall gesagt.“
„Ich weiß, ich weiß … so meine ich das nicht. Ich meine nur: Ist dir vielleicht etwas Komisches aufgefallen in letzter Zeit? Hat du etwas gesehen oder gespürt, seit Hannah hier wohnt? Oder vorher schon?“
Er sah nach oben, kniff angestrengt die Augen zusammen und fuhr mit der Hand über sein junges Gesicht.
„Gar nichts? Sie hat gemeint, wir leben nebeneinander. Hat das so gewirkt?“
„Also manchmal warst du da, manchmal war sie da, und manchmal wart ihr zusammen da … “
Ich unterdrückte ein Augenrollen. „Sonst irgendwas?“
„Manchmal kam sie in die Küche und sagte Hallo. So ganz knapp, weißt du? Hallo. Mehr nicht, nur Hallo. Da hab ich auch Hallo gesagt. Und dann hat sie etwas aus dem Kühlschrank geholt und ist gleich wieder gegangen. Sie hat nicht traurig gewirkt, wie sie Hallo gesagt hat, aber ich kann auch nicht sagen, dass sie voll glücklich dabei ausgesehen hat.“
Ich seufzte. „Dir ist also gar nichts aufgefallen.“
„Letzte Woche haben wir doch noch alle zusammen gegessen, Marc. Hannah hat diesen Curry mit Kokosmilch gemacht, das war schön.“
Die Erinnerung drückte mich in den Stuhl zurück.
„Bist du dir sicher?“, fragte er. „Dass es wirklich vorbei ist?“
„Ich kann's auch nicht fassen“, sagte ich.
„Aber so schnell? Es muss doch irgendwas gewesen sein?“
„Wir haben uns ein bisschen mehr gestritten als sonst, aber … ich weiß es nicht. Ist es anders geworden zwischen uns? Etwas vielleicht. Aber das ist doch normal nach zwei Jahren, oder? Es bleibt ja nicht ewig so wie in den ersten zwei Monaten.“
„Meine längste Beziehung ging vier Wochen, also … ja.“
Wir nahmen beide einen Schluck Bier.
„Vielleicht habe ich Hannahs Idealismus unterschätzt“, sagte ich. „Das ganze Weltverbesserungszeug. Vielleicht meint sie das wirklich ernst und will einfach was anderes.“ Ich zuckte mit den Achseln. „Oder sie hat sich einfach in diesen Vegetarier verliebt? Einfach neu verliebt und das war's? Sie hat gemeint, sie lachen viel.“
„Sie lachen viel?“ Das gab Luca zu denken. „Hat sie auch gesagt worüber?“
„Genau das habe ich mich auch gefragt! Genau das Gleiche! Hast du schon mal einen Vegetarier mit Humor getroffen?“
„Hmmm …“
„Es gibt keine Vegetarier mit Humor, Luca. Wer Humor hat, schafft es nicht, etwas so Grundlegend-Schönes wie Essen in ein megaenges Korsett zu zwingen, das aus jedem Beisammensein eine Umständlichkeit macht, über die nicht gelacht werden darf.“
„Und dann gibt es noch die Veganer.“
„O Gott, fang jetzt bloß nicht mit Veganern an …“
Luca fing nicht damit an, und im Radio spielten sie Hey Jude. Es war komisch, aber für einen Moment hätte ich schwören können, dass Paul McCartney direkt zu mir spricht. Wir lehnten uns zurück, hörten zu und tranken.
„Naja“, sagte ich nach einer Weile. „So ist halt das Leben, was?“
Er nickte. „Ich glaube, ich werde Laura niemals küssen.“
„Ach, Quatsch, Luca!“
Er schüttelte den Kopf. „Ich war heute alleine mit ihr am See. Wenn nicht da, wann dann? Beim Abschied gab es auch einen Augenblick, wo ich dachte: okay … jetzt vielleicht. Aber dann hab ich's irgendwie versaut. Und jetzt waren es drei Dates.“
„Wie alt ist sie?“
„Achtzehn.“
„Und du?“
„Neunzehn.“
„Da gilt die Drei-Date-Regel nicht.“
„Aber Hannah hat doch auch gesagt …?“
Ich schüttelte den Kopf. „Wir haben euer Alter vergessen. Die Drei-Date-Regel kommt aus den USA, und in den USA darf man erst ab einundzwanzig Alkohol trinken. Und solange kein Alkohol im Spiel ist, greift die Drei-Date-Regel nicht.“
„Aber wir haben Wein getrunken.“
„Aber ihr seid unter einundzwanzig.“ Ich zuckte mit den Achseln. „Eine Regel ist eine Regel, Luca.“
„Hmm … ja.“ Er kratzte mit dem Daumen am Bieretikett. „Aber es ist halt so kompliziert … wirklich. Glaub mir, das ist schräger als du denkst. “
„Das glaube ich dir schon, aber guck mal, Frauen, die solche Sprüche raushauen, wenn alles still wird …“ Ich zuckte mit den Achseln. „Sie weiß doch auch nicht, was sie machen soll, Mann. Sie hat doch auch keine Ahnung.“
„Glaubst du?“
„Ich kenn sie jetzt nicht, aber ich gehe jede Wette mit dir ein, dass sie ein ganz normales verwirrtes Mädchen ist.“
„Laura ist schon speziell.“
„Klar, natürlich, sie ist speziell … aber halt auch normal.“
„Naja, vielleicht versuche ich es nochmal.“
„Unbedingt, Mann.“
Er kratzte weiter am Bieretikett. „Und was ist mit dir und Hannah? Ihr wart doch so ein cooles Paar, Marc, vielleicht ist es ja nur eine Phase?“
Ich seufzte schwer. „Es klang schon ziemlich endgültig.“
„Was ist passiert, als sie es dir erzählt hat? Hast du sie angeschrieen, weil sie fremdgegangen ist?“
„Nein, nein …“ Ich schüttelte den Kopf. „Vielleicht hätte ich das tun sollen, aber … nein. Ich hab nur gefragt, warum.“
„Aber hast du dann auch wirklich alles versucht? Wenn ich mir vorstelle, ich wäre zwei Jahre mit einer Frau wie Hannah zusammen … da ist es doch nicht so schnell vorbei.“
Ich nahm einen Schluck Bier und fand, dass er gar nicht mal so unrecht hatte.
„Hast du ihr gesagt, dass du sie liebst?“, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf.
„Liebst du sie?“
„Also heute Morgen war's noch so.“
„Dann solltest du etwas tun, um sie kämpfen vielleicht? Ich hab sonst nicht so viel Ahnung, aber … vielleicht ist das eine gute Idee?“
„Naja“, sagte ich. „Ich hab dich bestimmt schon Unsinnigeres sagen hören.“
Er lächelte.
Ich stand auf und ging zum Kühlschrank. „Noch eins?“
Wir stießen an, und das frische Bier schmeckte wieder hervorragend, wie mit Tigerblut gepanscht.
„Ihr wart wirklich so cool, Marc. Wirklich. So cool …“
„Ja, wir waren schon cool …“
„Letztes Jahr, als ihr als die Schöne und das Biest auf den Medizinerfasching gegangen seid, das war voll geil.“
Ich lachte bittersüß, und im Radio spielten sie Wonderwall.
Die Zeit verstrich.
„Es ist schon komisch“, sagte ich. „Schon komisch. Es ist so schnell gegangen mit Hannah, und jetzt, wo ich dieses Bier trinke und dieses Lied höre, kann das gar nicht sein. Ich hab immer noch das Gefühl, dass wir ein Paar sind, dass wir zusammengehören, wir beide, Marc und Hannah.“
Luca nickte.
„Das ist wie in diesem Song. Ich glaube nicht, dass irgendwer auf der Welt so viel für Hannah empfindet wie ich in diesem Augenblick. So geht’s mir auch. Vielleicht sage ich ihr das. Vielleicht mach ich das noch … ja, das sollte ich wirklich tun …“
Luca saß da und hörte einfach zu.
„Was macht eigentlich gerade deine Schwanenfrau?“, fragte ich. „Wo ist sie jetzt?“
„Sie trifft sich mit den Freundinnen, sie schauen gemeinsam Tatort. Heute kommt die letzte Folge vor der Sommerpause.“
„Tatort?“
„Ja.“
„Hast du gerade wirklich Tatort gesagt?“
„Ja, hab ich … warum?“
„Hat sie auch gesagt, wo sie Tatort schaut?“
„Weiß ich nicht mehr genau, ich glaub …“
„Im Munros? Schaut sie im Munros?“
„Ja, genau, Munros, das hat sie gesagt.“
Ich drückte die Hände gegen die Schläfen und schloss für einen Moment die Augen. Eine Erkenntnis bahnte sich an, etwas Ungeheuerliches.
„Was ist los?“, fragte Luca.
„Hannah schaut auch im Munros Tatort.“
Er sah mich an.
„Verstehst du denn nicht?“, sagte ich. „Das heißt, dass sie beide dort sind, am Tatort … O Gott!“
„Was? Was ist los?“
Ein Gefühl, als hätte mir jemand den Bauch aufgeschlitzt. „Er ist auch da.“
„Das weißt du doch nicht …“
„Doch, doch, das weiß ich. Hannah geht jeden Sonntag ins Munros. Und ich bin nie mitgegangen, nie, ich hab mich immer geweigert, und dann ist sie immer voll spät zurück. Weißt du noch? Wir haben uns immer in die Haare gekriegt, ich hab gesagt, was guckst du den ganzen Sonntag so einen Scheiß an, und sie hat gesagt: Pschhhhht, Pschhhhht, wenn du nicht mit willst … Pschhhhht, Pschhhhht, sie hat doch immer gehisst, Pschhhht, Pschhhht, und dann haben wir uns gestritten, wegen Massenphänomenen und Qualitätsfernsehen und so, und hinterher waren wir schlecht gelaunt. Und dabei ging es unterschwellig die ganze Zeit um etwas ganz anderes! Sie hat dort jedes Mal diesen Typ gesehen, jeden beschissenen Sonntag, Woche für Woche für Woche … O Gott! Der Vegetarier ist nicht nur Vegetarier, Luca, er ist auch noch Tatort-Gucker.“ Ich schlug beide Hände auf den Kopf und zerrte an meinen Haaren. „Wie kann sie mir das antun?“
„Scheiße …“
„Aber das kann doch kein Zufall sein! Das kann doch alles kein Zufall sein …“ Ich führte die Flasche zum Mund, saugte das Tigerblut herunter. „Sie sind jetzt beide dort, überleg dir das mal, Luca. Beide. Die Schwanenbraut und Hannah, sie sitzen in einem Raum und schauen gemeinsam Tatort an. Weißt du, was das heißt?“
„Nein …“
„Wir gehen da jetzt hin.“
„Hä? Wie? Warte …“
„Nein, nein, nichts warten!“ Ich stand auf und knallte beide Hände auf den Tisch.
„Was sollen wir dort machen?“
„Dü küsst die Schwanenbraut, und ich hole mir Hannah zurück. Genau so machen wir das, Luca. Genau so machen wir das!“
„Ich weiß nicht …“
„Haha! Was gibt’s da zu wissen? Was gibt’s da zu wissen? Das passiert einfach!“
„Marc …“
„Auf geht’s, Mann. Ich sage Hannah, dass es niemand auf der Welt gibt, der so viel für sie empfindet wie ich in diesem Augenblick, und du sagst der Schwanenbraut, dass sie geküsst gehört. Und dann läuft das.“
„Meinst du?“
„Na klar, was ist schon das Herz einer Frau?“
„Äm …“
„Los, Luca!“

Auf dem Weg zur Tür blieb er vor dem Spiegel stehen. Er fuhr mit der Hand durch sein Wuschelhaar und rückte sich zurecht. Ich stellte mich neben ihn, kraulte meinen Bart und nickte wie De Niro. Wir lachten beide. Luca trug eine kurze Khaki-Hose und ein blaues Hemd. Ich hatte das Übliche an: Jeans, Chucks und irgendein T-Shirt - heute ein Weißes mit dem Batman-Logo auf der Brust. Das fand ich super.
„Weg-Bier“, sagte ich. „Wir brauchen Weg-Bier.“

Wir gingen nach draußen und fühlten uns tatvoll und prächtig. Der Heidelberger Sonnenuntergang ist ein Traum. Die Zeit im Zustand des Zerfalls erfasst, die Welt im Kampf mit der ureigenen Rotation, der Himmel als Schlachtfeld. Dazu Studentenstadtluft: Frisch und fein wie in einer tibetischen Teestube. Herb und dunkel wie im Londoner Untergrund. Antiker Schweiß strömte von den Pflastersteinen, Schweinsbraten verführte in die Fachwerkgaststätten, Schokolade floss in den Cafés und aus den Bars wehte Drachenatem - das ist eine ganz besondere, von unterdrückten Trieben schwül geheizte Abendessenz, mehr Energie als Duft, mehr Leben als Sterben, mehr Hannah als Später. Unsere Wg-Lage: genial. Nur zwei Gassen von der Unteren Straße entfernt, dem Epizentrum des Drachenatems. Wir bogen da ein und gingen an der legendären Destille vorbei, der coolsten Bar der Stadt, nur hundert Meter von der längsten Einkaufsstraße Deutschlands entfernt. Ich liebe Heidelberg.
„Wir bleiben locker“, sagte ich. „Wir sehen uns das an, bleiben locker, und schlagen dann zu wie Viper. Bleiben aber locker …“
„Locker“, sagte Luca.
„Genau“, sagte ich. „Locker.“
Wir stießen an.


Wir spazierten bis zur Alten Brücke, ich nickte dem Heidelberger Affe zu, dann gingen wir ein Stück am Neckar entlang und bogen in eine Seitenstraße, die in einem großen Hof mündete. Er war mit Kies bedeckt, in dessen Mitte spritzte ein Brunnen, und hier und dort wuchsen kleine Palmen aus Tontöpfen. Es gab auch Stoffstühle, Sonnenschirme, eine lange Sommerbar und Holztische, an denen ein paar Medizinstudenten in Polohemden saßen und Mojitos tranken. Ganz hinten leuchtete in hellweißen Buchstaben Munros. Das Gebäude war groß, häufig fanden dort auch Podiumsdiskussionen und Poetry Slams statt. Durch die Panoramafenster sah ich bereits die Leinwand flackern. Die Tatort-Gucker saßen mit dem Rücken zum Hof auf kleinen Hockern, ganz in dem Krimi vertieft.
Wir blieben in sicherer Entfernung hinter dem Brunnen stehen und tranken unser Bier.
„Und jetzt?“, fragte Luca. „Wir können da nicht einfach reinlaufen.“
„Wie lange geht der Scheiß?“
Luca sah auf sein Handy. „Ist fast vorbei, etwas Action noch, und in zehn Minuten gibt's die Auflösung.“
„Ich muss da jetzt reingehen“, sagte ich.
„Vielleicht warten wir, bis die Sendung vorbei ist“, sagte er. „Sie bleiben doch alle noch eine Weile da und diskutieren über die gesellschaftliche Relevanz der Folge. Vielleicht warten wir das ab und schlagen dann zu … wie Viper!“ Er lächelte.
„Verarscht du mich?“
„Nein, nein …“ Er lächelte immer noch.
„Ja, lach nur. Wenn du die Schwanenfrau heute Nacht nicht küsst, vergebe ich dein Zimmer an eine Filmstudentin.“
„Das kannst du gar nicht.“
„Doch, doch, ich kann.“ Ich trank das Bier leer, stellte die Flasche auf den Boden ab und marschierte in Richtung Tatort-Hölle.
„Du hast doch gesagt, locker bleiben!“, rief er mir hinterher.
„Ich bin locker.“

Auf dem Weg zur Tür fing mein Herz wild zu schlagen an. Wut und Angst und Tigerblut mischten sich mit solcher Heftigkeit, dass ich kurz stehen bleiben und durchatmen musste. Wenn ich gleich durch die Tür ging und Hannah sah, wenn dieser Typ wirklich neben ihr saß …
Ich musste es sehen.
Ich ging langsam rein. Sie sahen alle nach vorne, völlig fixiert auf die Leinwand. Munros war keine echte Studentenbar, auch wenn sie gerne diese Klientel bediente, zumindest nicht nach meiner Auffassung. Es roch zu sehr nach Geld darin, zu sauber und farblos. Ein Beamer hing von der Decke. Ein polierter Chromtresen stand zu meiner Linken. Schwarzumrahmte, schwarz-weiß-Bilder von supercoolen, superschlanken Kate-Moss-Models blickten von der Wand. Die Mitarbeiter trugen weiße Hemden und schwarze Schürzen und waren alle jung und heiß. Niemand rauchte. Ein paar Leute standen an einer runden Stehbar in der Nähe und knabberten an Salzstangen. Ich stellte mich hinter sie und sah nach vorne.
Ein kleiner dicker Kommissar rannte gerade durch Münster mit einer Pistole in der Hand. Er stolperte über den Bordstein, fiel auf den Gehweg und fluchte vor sich hin. Der halbe Laden gluckste vor Freude.
Wo war Hannah?
Ich spähte mit pochendem Herzen durch die Menge. Zwölf perfekte Reihen mit je acht Hockern – kein Platz unbesetzt. Keiner saß komisch da. Keiner drehte sich zu mir um. Alle saßen gerade, alle starrten nach vorn. Der dicke Kommissar versuchte über einen Zaun zu klettern, schaffte es gerade so und gab wieder einen launischen Spruch von sich. Die Menge lachte.
Da.
Sie saß in der vorletzten Reihe, ganz außen rechts, keine vier Meter von mir entfernt. Ihr Lachen klang vertraut, unendlich vertraut.
Der Typ, der neben ihr saß und mit ihr lachte, musste der Feind sein.
Er hatte sehr kurzes, sehr ordentliches, sehr blondes Haar, und ein frisch rasiertes, irgendwie glatt gelecktes, ausdrucksloses Gesicht. Seine Lippen waren schmal, und eine schwarze Nerdbrille saß auf einer kleinen Nase. Er trug ein enges rot-blau-kariertes Holzfällerhemd, dunkelblaue Jeans und neu-modische braune Lederschuhe. Obwohl er saß, konnte ich sehen, dass er nicht größer als ich war. Und ganz sicher nicht kräftiger. Er war schlank. Einfach nur schlank. Mittelgroß und schlank.
Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte. Aber nicht ihn. Ich hatte irgendwie einen imposanten Kerl im Kopf gehabt, einen mit großen Händen und keine feine Nase. Einen Ruderer oder einen Ringer oder einen Schwarzen vielleicht. Wobei das natürlich auch nicht wirklich gepasst hätte. Gibt es schwarze Vegetarier?
Ich stand da und konnte mich nicht bewegen. Seine ganze Erscheinung brachte mich durcheinander, traf mich an empfindlichen Stellen, bedeutete nichts Gutes. Verzweiflung regte sich in mir. Ich hatte nicht vorgehabt, den Feind zusammenzuhauen, nicht wirklich, nicht konkret … einigen wir uns auf nicht bewusst, doch spätestens jetzt wusste ich: Das war keine Option. Nicht mit der Nerdbrille da. Er kam bestimmt aus guten Verhältnissen, er mochte den Tatort und er hatte eine spitze Nase - da hätte ich doch gleich die übelste Anklage am Hals. Das war einer, der sich gern für intelligent hielt. Der gewisse Dinge besser-wusste als ich. Der keine Macken hatte. Der BWL oder so studierte. Der Hannah doch unmöglich so viel zum Lachen bringen konnte. Aber offenbar mit ihr schlief.
Hass flammte in mir auf, unmenschlicher, wahnsinniger, purer Hass.
Warum, Hannah?
Sie saß weiter außen, von mir aus gesehen hinter dem Feind. Ich lehnte mich vor und sah ihr Profil, die leckeren Schultern, das volle Haar …
Ich rückte von der Stehbar weg, ging aus der Deckung, fühlte mich wie ein Soldat, traute mich in den Gang.
Und kam nicht weit.
Ihre schöne schmale Hand lag auf seinem Schoß. Und er hielt sie fest. Er hielt ihre Hand fest. Das war wohl etwas, auf das ich hätte gefasst sein müssen. Trotzdem wurde ich im ersten Moment nicht schlau daraus. Ich kam einfach nicht klar damit. Ich musste an eine Beerdigung denken. An eine Beerdigung in der Kirche. Wenn man nach vorn schaut und dem Pfarrer zuhört, wenn man traurig und einsam ist, wenn nichts mehr geht, dann legt man die Hand auf den Schoß des Partners, und er hält sie fest. Er hält sie fest und man fühlt sich weniger allein, man kann wieder atmen und die Welt ist wieder ertragbar. Dann ist sie wieder in Ordnung, und man kann wieder atmen. Und man kann wieder atmen. Und man kann wieder atmen …


Der Heidelberger Himmel kann auch kalt, dunkel und leer sein.
Ich lehnte mich gegen den Brunnen, sah nach oben und sagte nichts. Luca musterte mich kurz und sagte ebenfalls nichts.
„Tja …“, sagte ich nach einer Weile.
„Er ist da?“
Ich nickte.
„Und … was ist das für einer?“
„Nerdbrille, blond, so groß wie du …“
„Wie alt?“
„Keine Ahnung, 23, 24 …“ Ich zuckte mit den Achseln. „So wie Hannah und ich.“
Luca nickte, und hinter mir plätscherte der Brunnen. Ich sah nach unten, steckte die Hände in die Hosentaschen und schob ein bisschen Kies mit den Füßen hin und her, versuchte einen kleinen Berg zu formen.
Bald kamen die ersten Tatort-Gucker raus, im Gespräch vertieft, lachend. Die Musik wurde aufgedreht, Elektro schoss durch den Hof, und schlagartig war die Atmosphäre eine andere.
Luca sah mit großen Augen in die Menge, trat von einem Fuß auf den anderen und erstarrte plötzlich, wie vom Schlag getroffen. Er lächelte, fuhr mit einer Hand durch sein Wuschelhaar, wusste nicht wohin mit den Händen, fuhr wieder mit der Hand durch sein Wuschelhaar.
Die Schwanenfrau kam auf ihn zu.
Sie nippte an einem Glas Weißwein und grinste und sah zu Boden und warf den Kopf zurück und blondes Haar flog durch die Luft und sie lächelte. Ein vollbusiges, achtzehnjähriges, gebräuntes, Wangen-Baby-Speck-besitzendes, grünes-Sommerkleid-und-Festivalbändchen-tragendes, übermütiges kleines Vollweibchen.
„Luca! Hiiiiiiiiiii! Was machst du hier?“
„Hi, Laura. Hey! Ja, ich … also … ich …“ Und schon wurde er rot.
Sie sah ihn, abwartend, mit offenem Mund, total gespannt auf seine Antwort.
„Naja … ich dachte halt … weil … es war halt so, dass …“
„Wir hatten Durst“, sagte ich.
Das kleine Biest wandte sich mir zu. Und sah mich tatsächlich so an, als nähme sie mir das nicht ab, als genüge ihr die Antwort nicht.
Ich schenkte ihr ein ganz kleines Lächeln und sonst nichts.
Einen Moment lang hielt sie meinem Blick stand. Dann sah sie nach unten, legte die Hand auf die Brust und brach in Gelächter aus. Richtig laut. Luca lachte auch. Haha. Beide zusammen jetzt. Sie schaukelten sich hoch und kriegten sich fast nicht mehr.
Das war einer dieser Momente, wo man merkt, dass man nicht mehr achtzehn ist.
„Das ist Marc“, sagte Luca, nachdem sie sich beruhigt hatten. „Marc: Laura.“
Ich schüttelte ihre Hand, lächelte ein bisschen freundlicher und ging.


Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Sommerbar, bestellte ein Bier und sah auf den immer voller werdenden Hof.
Hannah fand ich nirgends. Vielleicht war sie noch drin. Oder schon gegangen?
Welten lagen zwischen diesen beiden Möglichkeiten. Wenn sie weg war, war sie wirklich weg, das spürte ich, dann war die Sache gelaufen. In der Hinsicht gab es keinen Morgen.
Aber wenn sie noch hier war … nun, dann hatte ich noch eine Chance. Keine besonders gute, das musste ich mir eingestehen, aber ich hatte eine. Der Feind mochte ein glattgebügelter Schwiegermuttertraum sein, aber auch nur ein Typ. Wahrscheinlich war er nett, ein netter Typ, der Tatort guckte und kein Fleisch aß und eine Nerdbrille trug. Die Welt ist voller solcher Typen. Drauf geschissen. Sollen sie doch die Welt vererben, sich die neueste ökofreundliche E-Klasse holen und dafür sorgen, dass eine Fleischsteuer eingeführt wird. Mir doch scheißegal. Mir war alles egal. Solange sie die Hände von Hannah ließen.
Ich wusste, dass ich eine Chance hatte. Das wusste ich einfach …
Ich trank mein Bier leer, bestellte ein Neues, spähte angestrengt in die Menge, spürte jede einzelne Minute an mir vorbeistreichen wie ein Fingerzupfen am Herzen - und fand sie. Sie stand beim Brunnen in einem großen Kreis von etwa zehn Leuten.
Ein Mal tief Luft holen. Etwas Tigerblut runterhauen. Sich auf sich selbst besinnen.
Und los geht's.
Ich nahm mein Bier, marschierte los und drängte mich in den Kreis, in diesen heiligen Clusterfuck, wo man den Tatort mit ironisch-kritischer Distanz sezierte, Banalitäten wie Weihrauch von sich gab und jederzeit aussah, als würde man an einem pseudoalternativen Style-Krieg teilnehmen. Alte Jeansjacken, gepflegte Bärte, Nerdbrillen, Hippie-Kopftücher, Second-Hand-Hosen, 200-Euro-Schuhe, Gypsy-Ketten … alles war dabei.
„Ich muss mir dir reden, Hannah.“
Es wurde ganz ruhig in dem Kreis.
„Jetzt“, fügte ich noch hinzu.
Sie stand neben dem Feind und sah natürlich gut aus, Style-Krieg hin oder her. Sie hatte schwarze Leggings an, diese sexy Wahnsinnsdinger, die einfach nur alles betonen, wie eine zweite schwarze Haut. Darüber wedelte ein ultrakurzer Stofffetzen, im Grunde ein Alibi-Rock, einer mit einem altmodischen Omablumen-Muster drauf, so bisschen punkig. Dazu bronzefarbener Lippenstift und hübsche Slipper mit goldener Schnalle. Sie trank einen Schluck Rotwein und sah mit blauen Augen zu mir auf.
Neben ihr stand der Feind und funkelte mich von hinter seiner Brille an.
Ich sah ihm direkt in die Augen. Drei, vier, fünf Sekunden lang. Er schluckte, blinzelte, versuchte locker auszusehen, scheiterte kläglich. Als nächstes war der Kumpel dran, der neben ihm stand. Dann die komischen Öko-Tussis …
Ich nahm sie alle ins Visier, einen nach dem anderen. Sollte doch einer was sagen, komm schon, sag doch einer mal was!
Hannah sah nach unten und seufzte. Sie seufzte und dachte nach, während der Fokus der Gruppe langsam von mir auf sie rückte – schließlich lag der Ball bei ihr. Nach einer langen, heftigen Stille, sah sie mich endlich an, mit einem launischen Ausdruck im Gesicht, den ich gut kannte: die Brauen hochgezogen und den Mund zur Seite geschoben.
Das klingt jetzt völlig absurd, aber da musste ich fast lachen.
Ja, Superbabe! Du musst jetzt mitkommen! Anders läuft das hier nicht …
Sie sah den Feind an. Und er nickte, ganz ruhig, selbstsicher, fast schon gönnerhaft. Ich hasste ihn für dieses Nicken. Hannah spazierte aus dem Kreis, und ich folgte ihr. Wir gingen ein gutes Stück durch den Hof, weg von der Menge. Sie blieb stehen und drehte sich in der Dunkelheit. Etwas Licht von der Bar schien auf ihr Gesicht.
„Hannah, du machst einen Riesenfehler“, sagte ich. „Einen Riesenfehler.“
Sie sah mich nur an.
„Du kannst mich doch unmöglich wegen dieser Nerdbrille verlassen.“ Ich gestikulierte wild in seine Richtung. „Das geht einfach nicht!“
„Du kennst ihn doch gar nicht.“
„Was gibt’s da zu kennen? Guck ihn dir an! Ist er reich?“
„Er ist nicht reich …“
„Dann macht das aber wirklich gar keinen Sinn.“
Sie seufzte. „Ich wusste, dass du hier auftauchen würdest …“
„Du Hellsichtige.“
„Marc …
„Was studiert er denn?“
„Jura.“
Jura …
Ich schüttelte den Kopf. „Du mit einem Juristen?“
Sie rollte die Augen. „Und du immer mit deinem Schubladendenken … Ich mach Kulturwissenschaft, na und? Du studierst Sport und Englisch auf Lehramt – willst du darauf reduziert werden?“
Wie sie ihn verteidigte gegen mich!
Ich sah ihr in die Augen. „Hannah, schau mal, ich … ich glaube einfach nicht, dass es irgendwen auf der Welt gibt, der so viel für dich empfindet, wie ich es tue. Das glaube ich einfach nicht.“
Sie runzelte die Stirn. „Hast du das von irgendeinem Lied?“
„Ach komm …“ Ich drehte mich zur Seite und kämpfte gegen den Impuls an, einfach zu gehen. Aber ich konnte jetzt unmöglich gehen. Ich wandte mich ihr wieder zu. „Ich liebe dich, Hannah.“
„Marc … du bist betrunken.“
„Ist doch wurscht.“
„Nein, das ist nicht wurscht. Du hast dich betrunken und dir komische Gedanken gemacht und dich da voll reingesteigert. Schau mich nicht so an, ich kenn dich.“
Ich fasste nach ihrem Arm, versuchte sie zu greifen. „Schatz …“
Sie ging weg, verzog das Gesicht. „Hör auf.“
„Was soll ich machen, Hannah?“
„Nichts …“
„Sag, was soll ich tun? Ich schau mir auch die Doku an, wirklich!"
„Marc …“
„Ich ess auch mal ne Falafel!“
„Marc …“
„Ich geh auch Tatort mit dir gucken und versuche an den richtigen Stellen zu lachen!“
„Marc, es funktioniert einfach nicht. Du wirst das schon selber merken. Warum schläfst du nicht einfach eine Nacht drüber? Dann können wir nochmal reden … okay?
„Okay?“ Ich schüttelte fassungslos den Kopf. „Nein, das ist nicht okay.“
Sie widersprach nicht. Sie stand einfach da, das linke Knie vorgeschoben, die Arme verschränkt.
Ich senkte den Kopf. Mir fiel nichts mehr ein. Ich war am Ende meiner Möglichkeiten, am Ende meiner Kräfte auch. Einfach nur am Ende.
„Marc, wir sprechen uns morgen, okay?“
„Leb wohl, Hannah.“
Jetzt setzte sie doch zum Widerspruch an. Ein Ruck ging durch ihren Körper, sie hob die Hand, machte den Mund auf - und zögerte.
Wenn ich gehen sollte, musste sie mich schon gehen lassen.
Leb wohl …
Ich glaube, an einen Abschied dieser Art hatte ich den ganzen Tag über kein einziges Mal gedacht. Aber nun war der Satz gefallen, und … war es nicht so? Ich war doch kein Typ, der sich irgendwo mit der Exfreundin und ihrem Neuen blicken ließ.
Wir würden nie wieder kuscheln, nie wieder zusammen in den Urlaub fahren, uns nie wieder verkleiden, uns nie wieder über Tiere und Tatort und Schubladendenken streiten … es war vorbei.
Vielleicht ist das auch ihr erst in diesem Moment bewusst geworden. Etwas Härte wich aus ihrem Gesicht, die Art Härte, die bei Frauen erst auffällt, wenn sie nicht mehr da ist. Sie trat vor, nahm meine Hand, und ich sah in diese Augen, die ich so sehr vermissen würde. In diesem Moment fühlte es sich wie früher an, ich drückte ihre schöne schmale Hand und fragte mich, ob ich nicht doch noch etwas sagen wollte! Irgendwas! Jetzt oder nie! Eine letzte Umarmung vielleicht!
Aber ich ließ es sein, und sie machte auch nichts mehr, und ich ließ ihre Hand los, und sie ging in der Dunkelheit davon.


„Das geht nicht, Luca.“
Ich saß auf dem Boden, ganz am Rande des Hofs, wirklich in der dunkelsten, hintersten, elendesten Ecke, wo man normalerweise nie im Leben gefunden werden kann.
Irgendwie hatte Luca mich trotzdem gefunden.
„Wir können noch nicht gehen“, sagte ich. „Du hast sie nicht geküsst.“
„Ich hab morgen früh Vorlesung und …“
„Und?“
„Heute ist schlecht, es sind voll viele Leute da.“
„Luca, wenn du wüsstest, wie krass du mich fertigmachst …“
„Ich weiß, dir geht’s nicht gut, Marc, aber …“
„Ich versteh dich einfach nicht. Willst du sie eigentlich küssen oder nicht?“
„Natürlich, aber …“
„Ich hab euch vorhin beobachtet, das sieht doch gut aus, sie fasst dir die ganze Zeit an den Arm und lacht.“
„Das macht sie nicht nur bei mir so …“
Gut, das konnte natürlich sein.
Ich stand auf. „Wo ist sie jetzt?“
„Da hinten.“
„Komm, wir schauen uns das an.“
„Marc …“
„Wir schauen nur.“
Sie stand mit fünf Freundinnen im Kreis, immer noch am Weißwein trinken, noch immer gut gelaunt, ein kleines, hüpfendes, lachendes, Energiebündel.
„Und?“, sagte Luca.
„Ich finde, sie sieht tatsächlich so aus, als hätte sie so viele Hormone im Blut, dass sie kaum noch zwischen einem Schwan und einem Mann unterscheiden kann.“
Er verzog den Mund.
Ich klopfte ihm auf die Schulter. „Das ist doch was Gutes, Mann. Das ist doch auch was Gutes … also ich kann dich auf jeden Fall verstehen.“
Er nickte irgendwie leidvoll.
„Fassen wir mal zusammen, Luca. Sie ist achtzehn, sie ist single, sie ist angetrunken, sie ist scharf, du hast heute den halben Tag alleine mit ihr am See verbracht, wir haben gleich Zwölf und kein anderer Typ steht grad in der Nähe - ist das die aktuelle Lage?“
Er nickte. „Im Großen und Ganzen.“
„Boah, ich fang gleich an, dich zu beneiden. Okay, pass auf: Willst du es jetzt machen, oder nicht? Ich habe den ultimativen Move für dich, wirklich den ultimativen Move.“
„Aber ich hab mich halt schon verabschiedet, verstehst du? Ich hab ihr gesagt, dass ich gehen muss. Wenn ich jetzt zurückkomme … das ist doch komisch.“
„Das ist perfekt!“
„Aber …“
Ich seufzte. „Luca, hast du schon mal von der Friend Zone gehört?“
„Hab ich.“
„Das ist die Hölle auf Erden, Mann. Wenn du da reingerätst, bei der Frau, das ist wie Folter. Und ich bin jetzt ganz ehrlich mir dir: Du schlitterst im Augenblick gerade so dran vorbei. Noch bist du nicht drin, aber ich sehe die Gefahr bei dir schon. Ich sehe sie.“
Er machte ein langes Gesicht.
„Aber … das passt schon. Das passt schon. Du musst halt irgendwann ein Zeichen setzen, am besten letzte Woche schon, aber heute Nacht ist perfekt, guck mal, wie schön es hier ist, perfekt, perfekt, perfekt … hörst du zu?“
Er hörte zu.
„Okay, pass auf: Zuerst musst du sie von ihren Freundinnen wegführen. Du gehst rüber, ganz unauffällig, kommst so von der Seite an, und sagst: Ich muss dir noch was sagen. Komm mit. Das sagst du ein bisschen leiser, sodass nur sie es hören kann. Und dann geht sie auch mit. Du bist der Mann, vergiss das nicht. Wenn du komm mit sagst, gehen sie auch mit. Dann bringst du sie irgendwo hin, wo es dunkel ist, da bei der Palme vielleicht, dort sieht euch niemand. Du bleibst dort stehen und drehst dich ihr zu. Und dann wird sie dir ganz sicher in die Augen schauen, denn sie wird wissen wollen, was du jetzt sagst. Sie wird voll gespannt sein. Und du erwiderst ihren Blick und sagst einfach Folgendes: Laura, ich fand den Tag so schön mit dir, ich kann ihn einfach nicht enden lassen, ohne dich zu küssen. Merk dir den Satz: Laura, ich fand den Tag so schön mit dir, ich kann ihn einfach nicht enden lassen, ohne dich zu küssen. Und das war's schon. Der Rest ergibt sich.“
Er sah über den Hof, dachte nach. „Und du glaubst, das klappt?“
„Ich hab noch nie erlebt, dass das nicht klappt.“
Er dachte immer noch nach.
„Seh's so“, sagte ich, „das Einzige, was du verlieren kannst, ist ne Ein-Weg-Fahrt zur Friend Zone. Und gewinnen kannst du ziemlich viel.“

Ich wartete draußen auf ihn, in der Gasse vor dem Hof.
Es dauerte lange.
Endlich kam er raus, irgendwie locker, mit etwas Swag im Gang, die Arme schwangen mit – ich wusste sofort, dass es geklappt hatte.
„Du Tier!“, rief ich ihm zu.
Er strahlte. „Ja, also …“ Er lachte. „Hammer-Move, Marc!“
„Haha! Ich hab's dir doch gesagt: das klappt immer.“
„Echt Hammer-Move …“
Wir spazierten davon, und er ging neben mir her, als hätte er Jetpacks in den Fußsohlen.
Ich lachte. „Flieg nicht davon.“
Er strahlte nur, konnte gar nicht mehr aufhören damit.
„Krass“, sagte ich. „Was hat sie denn mit dir gemacht?“
Er strahlte nur.
„Hast du ihr an die Titten gefasst?“
„Nein.“
„Nicht mal aus Versehen gestreift oder so?“
„Nein, nein …“
„Boah, du hast ja voll die Selbstbeherrschung!“
Er lachte, hob die Brauen an und sagte: „Aber die sind echt ziemlich groß …“
„Du hast sie angefasst!“
Er grinste und grinste.
„Alter …“ Ich lachte.
Er holte sein Handy raus, sah nach unten, blieb plötzlich stehen. „Was meinst du?“, sagte er. „Soll ich mich heute Nacht noch melden? Oder erst Morgen?“
„Puh … keine Ahnung. Ist das jetzt anders mit Smartphones? Morgen vielleicht? Ach, macht doch keinen Unterschied. Irgendwann bald.“
Er nickte. „Ich schreib ihr nachher kurz.“
„Jo …“
Wir gingen ein Stück am Neckar entlang.
„Weißt du“, sagte ich, „ab jetzt wird das alles eine große Spazierfahrt. Du hast jetzt den schwierigsten Teil hinter dir, und alles, was fortan mit Laura passiert, wird total einfach werden, total einfach …“
Er nickte und schwebte einfach weiter. Ich fand das lustig, dass er die Ironie in meiner Stimme gar nicht mitbekam, dachte aber zugleich, dass es vielleicht gut war, wenn er sie nicht hörte. Und dass ich das vielleicht gar nicht hätte sagen brauchen.
Dann blieb er aber doch stehen und sah mich an.
„Das tut mir echt leid mit Hannah“, sagte er.
„Ich weiß“, sagte ich. „Ich weiß …“ Und auf einmal wurde es ganz still um mich rum. Eine Stille legte sich auf meine Brust, schwer wie der Tod, und ich bekam keine Luft mehr. Ich wusste nicht, was dagegen tun, also zuckte ich schnell mit den Achseln und sagte: „Shit happens.“
Er nickte. „Ja, shit happens.“
Und schon war die Stille weg, und mir ging es wieder besser.
„Hast du Hunger?“, fragte ich.
„Und wie!“
„Meinst du, der Döner bei der Post hat noch offen?“
„Das wär jetzt so geil.“
„Machen die nicht um eins zu?“
Er holte sein Handy wieder raus. „Wir haben jetzt fünf vor eins …“
Wir sahen uns an.
„Komm“, sagte er, „das schaffen wir noch.“

 

Dann sah einer über die Schulter und rief: Ich mach Schluss! Und noch war aber nicht Schluss. Der Spruch musste wiederholt werden, fünf, sechs, sieben, acht Mal, wie eine Zauberformel, die erst nach und nach ihre Kraft entwickelt. Vielleicht auch, weil wir Angst hatten, der Partner sei bereits zu weit weg, um es zu hören.
Ich mach Schluss!
Was?
Ich mach Schluss! Hörst du? Schluss!
Hast du Schluss gesagt?
Ja!
Komm mal bisschen näher.
Schluss! Schluss! Schluss!
Ich versteh dich nicht!
Etwas Drama gehört auch dazu, klar.
Das ist wirklich ein großartiger Anfang. Wenn ich einen Text les und mich nach 20 Sekunden schon einmal freu und fett gegrinst habe, dann hat der Text natürlich gewonnen. Wir tun ja immer so, als wär Schreiben so furchtbar schwer und als wär das alles ein Geheimnis: Wenn mich ein Text nach 20 Sekunden so derbe auf seiner Seite hat, dann ist überhaupt nix schwer.

„Nichts und. Er ist … normal einfach. Es ist ja nicht wegen ihm … nicht nur. Bei uns ist es nicht mehr so wie früher, Ben. Wir streiten uns so viel. Findest du nicht?“
Das ist wirklich feindselig. Es liegt nicht an ihm, es liegt an dir.
Ich hab bei der Geschichte den Eindruck, dass der Protagonist das Mädchen nicht „ernst nimmt“: Nicht als „Die ist auch ein Mensch wie ich, die hat auch einen Willen, Gedanken, das ist gleichberechtigt.“ Sondern so als etwas, das man durchschaut hat, das auf Weise X funktioniert: Sie zickt -> Tage. Morgens -> süß. Gleich lächelt sie -> goldig. Also als etwas, aus dem man Freude gewinnt. Das merkt man auch an dem Gespräch, das muss man ja mal loben, es kommt mir auch so vor, als wären die zumindest eine Weile zusammen und er hat sie schon 200-mal damit gedisst, dass sie den Tatort schaut. Und wertet das so als Beweis für „Die kann ja kein vernünftiger Mensch wie ich, sondern das ist eine andere Gattung, irgendein rätselhaftes Wesen, dessen Verhalten man nur beobachten und daraus Schlüsse ziehen, es aber nicht verstehen kann.“ Wie soll ich das sagen: Mir kommt das heute häufig so vor, dass die „Liebes“-Begriffe aus der Fiktion, die wir alle kennen – die laufen darauf hinaus, dass jemand sich verwirklicht und der andere geht in den Hintergrund (und meistens ist es der Mann).
Aber wenn beide Partner so einen starken Drang haben, sich auf Kosten des anderen zu profilieren, dann wird’s schwer. Ich denke bei diesen Beziehungen immer: Die haben in ihrem Leben ja gar keinen Platz für einen Partner, der eine dominante oder wichtige Rolle einnimmt, weil sie sich zu viel mit den Dingen beschäftigen, die bei ihnen selbst los sind. Und wenn man den Dialog hier sieht, da interessiert es beide nicht, was der andere sagt oder denkt, sondern nur in Bezug auf so ein „Ich gewinne“-Argument, ich schärfe mein Profil.
Und wenn man der „Held“ in seinem eigenen Film und gewohnt ist, dass andere auf einen Rücksicht und auf die eigenen Spinnereien eingehen, dann ist es natürlich heftig, wenn die Partnerin genau dasselbe für sich reklamiert. Das ist nicht vorgesehen. Ich denke, das hat viel damit zu tun, dass wir aus Hollywood-Filmen und Serien gelernt haben, was Liebe ist und wie das funktioniert. Nur – wenn halt beide in einer Beziehung so sind – autsch. Also das hier tat sicher richtig weh.

Für mich zeigt das, das mag jetzt kitschig sein, aber Beziehungen funktionieren auf zwei Arten. Einer nimmt Rücksicht auf die Launen des anderen und gibt immer nach oder es kracht halt und man hält das aus (das ist so, mit Verlaub, das Konzept in der Generation meiner Eltern). Oder beide nehmen Rücksicht aufeinander (das gibt’s bestimmt und ist die Idealvorstellung). Aber hier dieses beide sind im Prinzip rücksichtslos und gucken, was sie aus der Beziehung rausziehen (das ist schon derbe).

Als hätte irgendwer mein ganzes Innenleben in einen verdammten Twitterthread verwandelt.
Ja. Sehr schön. Ich glaub, da ist auch nicht viel mehr. :) Ich merk das auch an mir bei vielen Themen: Man hat dann immer nur bis zur ersten Ecke gedacht – oh, da ist ja eine Meinung, die hört sich gut an. Die nehm ich mal. Da hat man halt nicht viel mehr als „Alles Schlampen außer Mutti.“
Und grad so im Netz – was man da für Leute trifft und man hat eine Meinung und Gedanken, aber alles passt so in Schlagzeilen. Ich hab heute auch so den Eindruck: Die Eloquenz steigt, das Pointierte steigt, die Selbstwahrnehmung steigt, aber so diese Tiefe ist … furchtbar. Früher gab’s die Thekenphilosophen, heute die Twitter- und Facebookpoeten.

„Die Schöne und das Biest.“
Du weißt, ich kommentier immer während ich lese. Also diese Bett-Kostüm-Szene bestätigt mich in dem Zeug, was ich vorhin über Beziehungen gesagt habe. Bei Bonnie und Clyde ist natürlich Clye in dieser John Dillinger-Pose supercool. Da sieht der Mann doch tuff aus, während Bonnie … na ja gut, das ist doch mehr so eine Anhängsel/Schlampen-Rolle.
Und bei „Die Schöne und das Biest“ – ja. :) Das hätte ein Hinweis sein können, dass hier beide auf Kosten des anderen strahlen möchten.

„Also manchmal warst du da, manchmal war sie da, und manchmal wart ihr zusammen da … “
Ich unterdrückte ein Augenrollen. „Sonst irgendwas?“
„Manchmal kam sie in die Küche und sagte Hallo. So ganz knapp, weißt du? Hallo. Mehr nicht, nur Hallo. Da hab ich auch Hallo gesagt. Und dann hat sie etwas aus dem Kühlschrank geholt und ist gleich wieder gegangen. Sie hat nicht traurig gewirkt, wie sie Hallo gesagt hat, aber ich kann auch nicht sagen, dass sie voll glücklich dabei ausgesehen hat …“
Extrem komischer Dialog!
„Achtzehn.“
„Und du?“
„Neunzehn.“
„Da gilt die Drei-Date-Regel nicht.“
„Aber Hannah hat doch auch gesagt …?“
Ich schüttelte den Kopf. „Wir haben euer Alter vergessen. Die Drei-Date-Regel kommt aus den USA, und in den USA darf man erst ab einundzwanzig Alkohol trinken. Und solange kein Alkohol im Spiel ist, greift die Drei-Date-Regel nicht.“
„Aber wir haben Wein getrunken.“
„Aber ihr seid unter einundzwanzig.“ Ich zuckte mit den Achseln. „Eine Regel ist eine Regel, Luca.“
Ich find’s echt gut. Das hat echt Qualität, das ist wirklich gut.

„Letztes Jahr, als ihr als die Schöne und das Biest auf die Medizinerfasching gegangen seid, das war voll geil.“
Ich lachte bittersüß, und im Radio spielten sie Wonderwall.
Ja … das mit dem Kostüm ist sehr gut, das sind typische Mittel einer modernen US-Komödie. Gags lustig, aber im Nebensatz einzuführen. Und dann später einen Pay-Off zu ernten. Das mit der Musik, als andauernder Quell von Melancholie für 20jährige nervt mich unheimlich seit diesem Film da … Perks of being a wallfower, wo die ältesten 18jährigen der Welt den Verlust ihrer Jugend betrauert haben und ständig irgendwelche Musik da eine Rolle spielte. Wonderwall – meine Fresse.

Doch, doch, das weiß ich! Hannah geht jeden Sonntag ins Munros! Und ich bin nie mitgegangen, nie, ich hab mich immer geweigert, und dann ist sie immer voll spät zurück.
Alter, es gibt eine Kneipe, wo hippe junge Leute Tatort gucken, weil das ironisch ist oder weil sie das an eine heile Welt ihrer Dörfer erinnert oder weil sie das echt mögen? Die gucken sich ironisch an, wie die blonde, spröde Frau mit der spitze Nase einen Mord an einer Teenager-Zwangsprostituierten aufklärt? Das ist ja echt strange. Also ich kann mir vorstellen, dass man sich manche Tatorte anschaut. Aber die Qualität und die allgemeine Ausrichtung geht doch immens auseinander. Also hier „Die fette Hoppe“ mit Ulmen/Tschirner oder das Zeug von Schweiger oder Wotan Wilke Möhring, das könnte ich mir gut vorstellen. Und der bayrische Tatort ist, mal ganz unironisch gesprochen, oft auf einem Top-Niveau und muss sich da vor kaum einer internationalen Produktion verstecken. Aber so einen Standard-Tatort … hmpf.

Ganz hinten leuchtete in hellweißen Buchstaben Munros.
Hast du das nach der Nobelpreisträgerin benannt? Ansonsten ist das naütlrich schon alles so eine Szene: „Wir spielen jetzt Abenteuer. Wir spielen jetzt Rollen in einem Film.“ DeNiro immer, zwei, drei Mal schon. Und alles muss jetzt endlich so wie in Stand-by-me sein, muss sich so anfühlen, muss was geben, das man Erzählen kann. Eine Heldengeschichte, eine Fiktion. Ich kenn das auch sehr gut. Mein Cousin ist das totale Gegenteil von mir, der beschäftigt sich dann irgendwie damit, wie es wäre für ein halbes Jahr nach Dubai zu gehen oder wen man wählen sollte oder wo er karrieremäßig in 3 Jahren ist. Und ich bin auch mehr so ein Fiktionalisierer. Ich weiß nicht, wie die Mehrheit der Welt so ist. Ich kenne beide. Während der Schulzeit hatte ich auch einen Freund, der hat praktisch schon immer, das was gerade passiert ist, aus einer Perspektive gesehen, wie er sich mal 15 Jahre später daran zurückerinnern würde. So hat auch Helmut Kohl, dem Vernehmen nach, am Ende regiert: „Was wird die Geschichte über mich sagen.“
Also hier ist ja der Moment schon „fiktionalisiert“, das müssen wir jetzt alles so machen, dass wir uns so fühlen wie Leute, die sowas machen. „Die ist da, die ist da, der Feind ist da – das ist jetzt die perfekte Konstellation! Das Schicksal möchte, dass wir uns jetzt wie Kerle in einem Film verhalten.“ Und es ist auch der Rückblick schon: Wenn wir das jetzt nicht machen, dann sagen wir uns, wir haben da eine Chance verpasst.

„Vielleicht warten wir, bis die Sendung vorbei ist“, sagte er. „Sie bleiben doch alle noch eine Weile da und diskutieren über die gesellschaftliche Relevanz der Folge. Vielleicht warten wir das ab und schlagen dann zu … wie Viper!“ Er lächelte.
Wer hat denn so ein Leben? Irgendwas mach ich hier total falsch.

Gibt es schwarze Vegetarier?
Gegenfrage: Gibt es vegetarisches Hühnchen? Awww, that’s racist, man. Ich hab neulich gelesen, zwei Typen waren in einem Restaurant und da saß Samuel L. Jackson. Und der eine fragte: „Hey, ist that Samuel L. Jackson?“ – Und der andere natürlich: „dude, that’s racist, man!“

Sie saß weiter außen, von mir aus gesehen hinter dem Feind. Ich lehnte mich vor und sah ihr Profil, die leckeren Schultern, das volle Haar …
Das Interessante an dem Absatz ist ja, wie genau der Mann analysiert wird, über 4 Zeilen wird alles beschrieben. Und das Mädchen hier ist dann „Irgendwie lecker.“ Also man sieht ja, dass es nicht darum geht, die Frau nochmal zu kriegen. Da ist diese eine Episode mit der Ratte, wo man sagen würde: Okay, er hat noch Gefühle für sie, er will sich nochmal so fühlen, aber das kam nur einmal kurz hoch und hielt dann den Abgleich mit der Realität (Harte Frau am Handy) nicht Stand und ist seitdem völlig verschwunden. Es geht ja auch nicht um Sex. Dass er denkt: Mann, die würd ich gern noch mal richtig … Sondern das ist ja alles weg. Es geht dann, dass er sich nochmal nach einer Geste sehnt (wenn sie sich von ihm abwendet in der Küche) oder dass er gerne „heroisch“ herauskäme, aber jetzt so richtiges „Leid“ oder „Verlust“ oder „Sehnsucht“ – das ist ja nicht da. Sondern das ist ein waidwundes Ego, das jetzt beschwichtigt werden muss.
Man sieht das auch in dem kleinen Dialog mit Luca: „Sie ist ein normales Mädchen“ – „Nee, sie ist schon speziell.“ – „Ja, speziell normal halt.“ Ben ist jetzt keiner, der daran glaubt, dass es nur die eine für ihn gäbe, sondern der weiß schon, dass es interessante Frauen da draußen gibt, jede auf ihre Weise. Und auch diese Rachgedanken: Die verführ ich alle und ruf dann niemals wieder an, in der Geschichte ist ja nie der Gedanke „Oh Gott, so eine wie die krieg ich nie wieder.“ „So werde ich nie wieder für eine empfinden.“ Sondern es ist mehr: Was erlaubt die sich eigentlich? So geht’s ja nicht, Frollein!

Ich nahm mein Bier, marschierte los und drängte mich in den Kreis, in diesen heiligen Clusterfuck, wo man den Tatort mit ironisch-kritischer Distanz sezierte, Banalitäten wie Weihrauch von sich gab und jederzeit aussah, als würde man an einem pseudoalternativen Style-Krieg teilnehmen.
Ich find das so cool, dass tatsächlich diese Realität dargestellt wird. Das ist ungefähr so, als steht man vor einem Firmengebäude in Peking und denkt, da drinnen geht es zu wie in einem Jackie-Chan-Film. Oder dass man denkt in Nairobi laufen gerade Schwarze einem Tiger mit Speeren nach. So dieses standhafte Bild von außen, was die da treiben.
Okay, pass auf: Zuerst musst du sie von ihren Freundinnen wegführen. Du gehst rüber, ganz unauffällig, kommst so von der Seite an, und sagst: Ich muss dir noch was sagen. Komm mit. Das sagst du ein bisschen leiser, sodass nur sie es hören kann. Und dann geht sie auch mit. Du bist der Mann, vergiss das nicht. Wenn du komm mit sagst, gehen sie auch mit. Dann bringst du sie irgendwo hin, wo es dunkel ist, da bei der Palme vielleicht, dort sieht euch niemand. Du bleibst dort stehen und drehst dich ihr zu.
Ich hab von den Ärzten gelernt, der ultimative Move ist: hey du, süße Tittenmaus, gehst du heut mit mir nach Haus, ich geb dir auch einen Jack Daniels aus. Aber „Du bist der Mann, wenn du komm mit sagst, gehen sie auch mit“. – ist auch der Hammer.
Also ist wirklich ein sehr lustiger, trauriger und auch guter Text. Weil sich hier in der Handlung auch die Psychologie ziegt. Ben braucht jetzt einen Sieg, braucht irgendwas unter Kontrolle, muss sich beweisen, dass seine Weltsicht passt.

Ja, schöner Text. Würd den empfehlen.
Kritik: Auf die Pronomen und Präpositionen achten, das ist eine grammatikalische Schwachstelle, die du noch hast, auf hohem Niveau allerdings. Dir/dich, da mal was, da mal was. Das passiert dir so 1-mal alle 2 Seiten, würde ich sagen.
Und manchmal könntest du dir noch so eine stilistische Kapriole verbieten, die deutlich zeigt: Hier bin ich der Autor, hallo, hallo, siehst du mich? Ich winke dir aus dem Text zu? Guck mal „blickfickte“ ist das nicht schön! Das ist doch schön, oder? Da hatte ich eine tolle idee! Immer gucken, was aus den Figuren kommt und was vom Autor kommt. Das machst du wirklich über weite Strecken hervorragend und beißt dir da in die Finger, wenn sie sowas machen, aber manchmal rutscht es dir noch durch. „Blickfickte“, fand ich furchtbar. Das Stilmittel dann zu sagen: Um das zu beschreiben, gestalte ich es als Folge von Substantiven – das ist auch schon gestaltet und von Figuren weg - ist okay, fällt nicht so auf. Aber „blickfickte“ als Neologismus ist dann exaltiert und man merkt’s.

Gruß
Quinn

 

Hi Juju,

ja, tolle Geschichte. Hat was Sommerliches, irgendwie, diese flirrende Stimmung, und trotz dieses Schlussmachens aber gar nicht deprimierend. Finde ich gut. Konnte man gut lesen, alles sehr flüssig, gute Dialoge, ziemlich nah dran alles. Ich habe bei der Szene mit den Ratten einmal kurz nachdenken müssen, das war mir nicht so klar. Warum diese Szene? Was sagt die mehr aus? Ich fand die passte da einfach nicht rein, die sagt mir auch nicht mehr über die Beziehung zwischen den beiden. Die wirkt wie ein störender Block. Sonst finde ich das mit den Rückblenden gut gemacht.

Du hast extrem viele Ausrufezeichen drin!!! :D Ich glaube, du warst es, der mir mal den Rat gegeben hat, pro Buch (!) nur zwei oder drei Ausrufezeichen zu benutzen.

Ansonsten finde ich, machst du geschickt um das Finale ein Bogen. Warum Hannah ihn jetzt für die Nerdbrille verlassen hat, wird nie so ganz klar. Es sind ja immer nur seine Vermutungen. Ich finde die Reaktionen des Prots trotzdem sehr gut nachvollziehbar, er ist gefangen in dieser Gedankenhölle, und dann geht er sich auch noch den "Feind" ansehen.

Ich schreib nachher noch was, bin grad auffe Arbeit.

Gruss, Jimmy

 
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Und jedes Mal, wenn sie lächelte, kamen tolle Zähne zum Vorschein, die Luft knisterte, und irgendwo auf der Welt schaffte es eine Babyschildröte ins Meer.

Am liebsten ließe ich mir diesen Satz auf die Stirn tätowieren, JuJu, kein Witz, so sehr gefällt er mir. Und noch ein paar andere starke Sätze aus der Story. Leider ist da kein Platz mehr. Seit deiner Geschichte „Wie ich das 100%ige Mädchen verlor“ steht da schon: „Vollkommen unkritischer und bedingungsloser JuJu-Verehrer“ drauf. (Okay, das ist natürlich Quatsch. In Wahrheit steht da: „Ich möchte so schreiben können wie Philippe Djian!“)
Also mir hat die Geschichte echt getaugt, Juju, sehr, sehr sogar, vom ersten bis zum letzten Satz. Das ist so ein Text, wo ich schon nach wenigen Zeilen aufhörte, mir den Kopf zu zerbrechen über so theoretisches Zeugs wie Spannungsbogen, Dramaturgie, Prämisse, Message, bla bla bla … drauf geschissen. Es blieben nur noch so gefühlsduselige Schlagwörter im Kopf - glaubwürdig, wahrhaftig, schön, traurig, liebevoll, wunderbar, lebennsnah, klug, schräg und verdammt witzig.
Ich las einfach und las und las und hörte den Figuren beim Quatschen zu, als stünde ich direkt neben ihnen, ich war einfach dermaßen drin in der Geschichte, dass ich rein gar nichts anderes mehr mitkriegte und schon gar nichts hinterfragte. That’s Life, sonst nix. Das ist Unterhaltungslektüre im wahrsten Wortsinn, im Sinne von: ich unjunger Mann fühlte mich bestens unter(den Armen ge)halten und durch den Text geführt, hineingeführt in eine glaubwürdige Welt, die ich zu kennen meinte und doch nicht mehr kenne. Auch wenn sich in Wahrheit ja nicht so viel geändert hat bei diesem Thema. Liebesglück und Liebesleid, Herrjemine! Und doch ist es immer wieder neu und herzzerfetzend.
Vielleicht bin ich altersmäßig zu weit weg von den Figuren, um sie als zu klischeehaft begreifen zu können. Ich mein, nerdbrillentragende Studentenschnösel, die sich intellektuell über Krimiserien austauschen, sind, trotz des Umstandes, dass ich einen zwanzigjährigen Sohn habe, ungefähr so nahe an meiner persönlichen Lebenswelt dran wie, was weiß ich, Nordic Walking oder Feng Shui. Will sagen, ich erlebte all die Personen als wirklich leibhaftige, unverwechselbare Individuen. Und alle mochte ich sie, diese alltäglichen Helden, die siegreichen wie die geschlagenen.

„Komm“, sagte er, „das schaffen wir noch.“
Genau.

In Ermangelung des Empfehlungsbuttons bekommst du 100 offshore-Punkte von mir, JuJu, was immer du damit anfangen magst. Oder ein Cornetto. Such's dir aus.

offshore

 
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Vielen Dank für die Hammerkommentare, Jungs! Freut mich sehr! Quinn, ich sehe Ben ein bisschen anders als du! Aber nur ein bisschen! :) Vergiss das einfach mit den Ausrufezeichen, Jimmy! :D Ernst, ich will ein Magnum!
Bis später in aller Ausführlichkeit!

 

Oh nein... schon zu Ende?
Ich hab mich schon so an sie gewöhnt. Ich will jetzt sofort weiter lesen. Ich will lesen, wie Hannah nach kurzer Zeit merkt, dass der doofe Jurist nur ein Lückenfüller ist, wie sie bald nur noch genervt von seinem Gutmenschcharakter ist, ich will das sich Ben neu verliebt, ich will dabei sein, wenn der kleine Bub das erste Mal fünf Wochen mit einem Mädchen zusammen ist. Und das alles in Heidelberg, von Dir geschrieben.

Du hast mich total rein gezogen. Auf eine Autorenbühne schmeißt man keine BHs, um seiner frenetischen Begeisterung Ausdruck zu verleihen? Wahrscheinlich nicht, aber fühle Dich symbolisch beworfen.

 
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Hallo Quinn,


Das ist wirklich ein großartiger Anfang. Wenn ich einen Text les und mich nach 20 Sekunden schon einmal freu und fett gegrinst habe, dann hat der Text natürlich gewonnen.

das freut mich!

Ich hab bei der Geschichte den Eindruck, dass der Protagonist das Mädchen nicht „ernst nimmt“: Nicht als „Die ist auch ein Mensch wie ich, die hat auch einen Willen, Gedanken, das ist gleichberechtigt.“ Sondern so als etwas, das man durchschaut hat, das auf Weise X funktioniert: Sie zickt -> Tage. Morgens -> süß. Gleich lächelt sie -> goldig. Also als etwas, aus dem man Freude gewinnt. Das merkt man auch an dem Gespräch, das muss man ja mal loben, es kommt mir auch so vor, als wären die zumindest eine Weile zusammen und er hat sie schon 200-mal damit gedisst, dass sie den Tatort schaut. Und wertet das so als Beweis für „Die kann ja kein vernünftiger Mensch wie ich, sondern das ist eine andere Gattung, irgendein rätselhaftes Wesen, dessen Verhalten man nur beobachten und daraus Schlüsse ziehen, es aber nicht verstehen kann.“

Hmm ... ja, welches Gespräch meinst du? Im Dönerladen, ja? "Er nimmt sie nicht ernst" klingt halt immer so brutal. Da beim Döner … das Gespräch hat diese Dynamik einfach. Die schaukeln sich hoch, und man kennt sich schon, und keiner hat Lust nachzugeben oder auszusteigen - und dann ist es halt so. Ben könnte anders, denke ich, und sie auch, aber man hat grad keine Lust dazu, aus welchen Gründen auch immer, und dann ja … Das ist halt ein „Streit“. Ich denke, das gibt's einfach auch.

Im weiteren Sinne magst du schon Recht haben, was diese Dynamik angeht, dass man aneckt, wenn beide ähnlich sind, dass man generell mehr Kompromisse eingehen müsste, mehr Rücksicht und so, dass es sonst kracht ... ja.


Die Eloquenz steigt, das Pointierte steigt, die Selbstwahrnehmung steigt, aber so diese Tiefe ist … furchtbar. Früher gab’s die Thekenphilosophen, heute die Twitter- und Facebookpoeten.

Ja, die Facebookphilosophie, das macht mich auch fertig.


Alter, es gibt eine Kneipe, wo hippe junge Leute Tatort gucken, weil das ironisch ist oder weil sie das an eine heile Welt ihrer Dörfer erinnert oder weil sie das echt mögen? Die gucken sich ironisch an, wie die blonde, spröde Frau mit der spitze Nase einen Mord an einer Teenager-Zwangsprostituierten aufklärt? Das ist ja echt strange. Also ich kann mir vorstellen, dass man sich manche Tatorte anschaut. Aber die Qualität und die allgemeine Ausrichtung geht doch immens auseinander. Also hier „Die fette Hoppe“ mit Ulmen/Tschirner oder das Zeug von Schweiger oder Wotan Wilke Möhring, das könnte ich mir gut vorstellen. Und der bayrische Tatort ist, mal ganz unironisch gesprochen, oft auf einem Top-Niveau und muss sich da vor kaum einer internationalen Produktion verstecken. Aber so einen Standard-Tatort … hmpf.

So Kneipen gibt es auf jeden Fall, ich war auch schon bei so was, wenn auch nicht besonders oft. Wollte eigentlich nochmal speziell für die Geschichte hingehen, aber leider grad Sommer-Tat-Ort-Pause. Ich hab gelesen, das hat angefangen nach der WM 2006, nach dem Public Viewing, dass die Betreiber gesagt haben, wir brauchen jetzt was Neues. Und dann halt: Tatort. So ein Gemeinschaftsding einfach. Man geht dorthin, weil alle dorthin gehen. Da bei der Fanmeile in Berlin, da sieht man eigentlich nix, wenn man unter 1,80 ist. Trotzdem schwirren überall Frauen rum und ach …


Während der Schulzeit hatte ich auch einen Freund, der hat praktisch schon immer, das was gerade passiert ist, aus einer Perspektive gesehen, wie er sich mal 15 Jahre später daran zurückerinnern würde. So hat auch Helmut Kohl, dem Vernehmen nach, am Ende regiert: „Was wird die Geschichte über mich sagen.“
Also hier ist ja der Moment schon „fiktionalisiert“, das müssen wir jetzt alles so machen, dass wir uns so fühlen wie Leute, die sowas machen. „Die ist da, die ist da, der Feind ist da – das ist jetzt die perfekte Konstellation! Das Schicksal möchte, dass wir uns jetzt wie Kerle in einem Film verhalten.“ Und es ist auch der Rückblick schon: Wenn wir das jetzt nicht machen, dann sagen wir uns, wir haben da eine Chance verpasst.

Das ist sehr interessant. Hab ich glaub so nie drüber nachgedacht, aber ich denk, ja, das kenn ich auch. :)


Das mit der Musik, als andauernder Quell von Melancholie für 20jährige nervt mich unheimlich seit diesem Film da … Perks of being a wallfower, wo die ältesten 18jährigen der Welt den Verlust ihrer Jugend betrauert haben und ständig irgendwelche Musik da eine Rolle spielte. Wonderwall – meine Fresse.

Ich denk, das ist aber so. Da ist alles nur noch ein Lied. Ich hatte noch viel mehr Songs drin, Ärzte, zu spät, sound of silence … Horby beschreibt das super in High Fidelity.

Das Interessante an dem Absatz ist ja, wie genau der Mann analysiert wird, über 4 Zeilen wird alles beschrieben. Und das Mädchen hier ist dann „Irgendwie lecker.“ Also man sieht ja, dass es nicht darum geht, die Frau nochmal zu kriegen. Da ist diese eine Episode mit der Ratte, wo man sagen würde: Okay, er hat noch Gefühle für sie, er will sich nochmal so fühlen, aber das kam nur einmal kurz hoch und hielt dann den Abgleich mit der Realität (Harte Frau am Handy) nicht Stand und ist seitdem völlig verschwunden. Es geht ja auch nicht um Sex. Dass er denkt: Mann, die würd ich gern noch mal richtig … Sondern das ist ja alles weg. Es geht dann, dass er sich nochmal nach einer Geste sehnt (wenn sie sich von ihm abwendet in der Küche) oder dass er gerne „heroisch“ herauskäme, aber jetzt so richtiges „Leid“ oder „Verlust“ oder „Sehnsucht“ – das ist ja nicht da. Sondern das ist ein waidwundes Ego, das jetzt beschwichtigt werden muss.

Hmm .. ja, wobei ich denke, dass es schon irgendwie "normal" ist, wenn man zunächst den Feind unter die Lupe nimmt. Ich bin mir sicher, Frauen machen das in der umgekehrten Situation genauso. Also keine Ahnung, aber das vermute ich halt. Wie Hannah aussieht, weiß er ja, von den Leggings schwärmen tut er trotzdem.
Ich hab das Bedürfnis, Ben zu verteidigen nach deinem Kommentar. Ich denke halt: Trennungen sind hässlich. Da kommt alles mögliche Hässliche hoch. Ist halt so. Diese Trennung hier geht eigentlich noch. Natürlich ist das Ego angekratzt und man will, "gut wegkommen", und dann sieht Ben sich vielleicht wie in einem Film und man ist Krieger und man will die Chance nutzen und man steigert sich rein … ja. Das kann man dem aber auch zugestehen, finde ich.
Ich denke, man darf das auch nicht unterschätzen, wie hart das ist, wenn man einfach verlassen wird. Das verkraftet doch niemand gut und souverän. Manche verkraften es nie, ein ganzes Leben lang nicht. Und wenn man da noch was "drehen" will, wenn man da hingeht, sich selbst aufs Spiel setzt, „warum?“ fragt, Gott … was muss man da nicht alles in Kauf nehmen? Meinst du, Dieter Bohlen macht das? Der flippt einfach aus und sagt: Du dumme Schlampe, verpiss dich und zwar schnell. Und die Schuhe da behalte ich.
Wenn ich mein Ego schützen will, erzähle ich doch keiner Frau, die mein Ego grad zerstört hat, dass ich sie liebe, oder? Der stelle ich auch keine Fragen. Der erzähle ich einfach gar nix mehr. Oder ich mach's wie Bohlen oder Mel Gibson und beschimpfe sie. Oder meinst du, das ist alles nur Ego und Spiel bei Ben?

Man muss auch den Mut dazu aufbringen, da so auftauchen, Spiel oder Fiktion oder Ego hin oder her. Und wenn man dann Alkohol trinkt und sich pusht und Feindbilder erschafft und an De Niro denkt und "ich bin ein Mann" - das ist halt auch ein Mittel. Irgendwie muss man sich motivieren auch. Irgendwie will man sich motivieren. Sonst hat man gar keine Chance.
Keine Ahnung, was Frauen machen. Die treffen sich und heulen zusammen und dann heißt es: So ein Arschloch. Du warst eh zu gut für ihn. Du bist die tollste. Weiß ich nicht. Ich glaube, da fließen mehr Tränen. Ben hat vielleicht keine Lust zu weinen. Der will irgendwas machen.
Irgendwie muss man mit der Situation umgehen.

Was ist denn die Alternative? Gibt es da schöne Alternativen? Was kann man da machen in so einer Situation? So richtig "leicht" fällt ihm doch nix … und Luca fällt es auch nicht „leicht.“ Und dann heißt es halt: Du bist der Mann, und dann geht sie auch mit … jo. Wenn ne Frau zu mir sagt: Hey, JuJu, ich will dir noch was sagen, komm mal mit da geh ich auch immer mit. Klar. Ich hör mir alles an. Frauen sagen vorher: Auf geht’s Schnecke, klaps auf Arsch, du bist so geil, hol ihn dir. Ist doch praktisch dasselbe. Da wird bei Männern halt auf die Männertugenden geklopft: Mut, Stärke und so. Bei Frauen Geilheit oder Schönheit oder weiß was ich. Ist doch ganz normal.

Wenn Ben den Feind sucht und bisschen garstig wird - der muss sich selbst doch irgendwie schützen auch. Ich denke, der heult schon irgendwie rum, aber halt auf seine Art. Da ist natürlich auch viel Gekränktes und so was dabei, ja. Der ist schon auch so. Aber der ist nicht nur so.
Ich denk mir dann manchmal, das sind auch „Männerfallen.“ Wenn man als gekränkter Exfreund einer Frau hinterherläuft – dann ist man eigentlich schon schuldig und man hat verloren. Und dann heißt es auch schnell: Du empfindest doch eh nichts für sie. Hau ab, du Erbärmlicher. Lass sie in Ruhe. Man hat da schon verloren. Zu „Gefühlen“, die man nachvollziehen kann, gehören halt immer zwei.
Man hat auch wirklich verloren.

Ist vielleicht irgendwo auch eine Grundsatzfrage. Mal ganz überspitzt: Glaubst du, Walter White empfindet gar nichts für seine Familie?

Man sieht das auch in dem kleinen Dialog mit Luca: „Sie ist ein normales Mädchen“ – „Nee, sie ist schon speziell.“ – „Ja, speziell normal halt.“ Ben ist jetzt keiner, der daran glaubt, dass es nur die eine für ihn gäbe, sondern der weiß schon, dass es interessante Frauen da draußen gibt, jede auf ihre Weise. Und auch diese Rachgedanken: Die verführ ich alle und ruf dann niemals wieder an, in der Geschichte ist ja nie der Gedanke „Oh Gott, so eine wie die krieg ich nie wieder.“ „So werde ich nie wieder für eine empfinden.“ Sondern es ist mehr: Was erlaubt die sich eigentlich? So geht’s ja nicht, Frollein!

Klar … man kann das so sehen. Aber wer schwärmt groß von der Liebe, zwei Sekunden, nachdem man verlassen wurde? Frauen sagen: Alle Männer sind Schweine! Alle! Nie wieder Mann! Und er denkt halt: Ich schlaf mit fünf oder sechs und ruf nie wieder an. (Wenn's gut läuft, könnte auch schwierig werden jetzt.) Es gibt übrigens auch Frauen, die genau dasselbe machen. Ich habe keine Lust auf Bindung, ich gehe jetzt nur noch so mit Männern im Bett, und wenn sie mehr wollen, ihr Pech. Ich weiß nicht, warum ich alles in Frau übersetzte, aber ich denk halt: So kommt es eher an. Sonst ist man immer in der Männerfalle drin. Warum sollte man da nicht auch rachsüchtig sein dürfen? Kann man nicht gleichzeitig rachsüchtig, verletzt, zynisch und unglücklich verliebt sein? Nein? Gehört das nicht einfach auch dazu? Bisschen Rache? Zumindest der Gedanke? Das muss doch mal auftauchen, wenn man ein Mensch ist. So Jesus ist doch keiner.
Und das mit Luca ist doch einfach auch: Sei ein bisschen weniger verliebte Angsthase und ein bisschen mehr Abchecker. Das klingt dann abwertend Laura gegenüber, und Luca verteidigt sie gleich, aber ich glaube, es geht tatsächlich eher darum: Hab weniger Angst. Und nicht unbedingt: Sei dominant oder Weltbild oder so.


Es geht ja auch nicht um Sex.

Hmm … das weiß ich auch nicht. Er könnte schon auch denken, die müsste ich mal wieder richtig … und dann passt es wieder. Aber für den Gedanken ist es vielleicht schon zu spät? Sonst guckt er sie aber schon an, finde ich. Guckt nicht jeder Freund seine Freundin so an.

Aber „Du bist der Mann, wenn du komm mit sagst, gehen sie auch mit“. – ist auch der Hammer.

lol :)

Also ich stimm dir in vielem zu, aber wenn man das so hinstellt: Ben nimmt Hannah nicht ernst und empfindet gar nix für sie, es geht hier nur um sein Ego und Kontrolle – dem kann ich nicht ganz zustimmen. Wenn es nur das wäre, würde das Ganze nochmal viel hässlicher sein, das wäre von vornherein auch eine andere Beziehungsstruktur, glaube ich, dann wäre die ganze Geschichte viel hässlicher und brutaler und weniger spaßig. Gluabe ich zumindest.

Ich finde das schon interessant, ich denke, das kann man auch anders sehen und bewerten, ich weiß auch nicht, wie man das alles bewerten soll, das alles als Gegenentwurf auch. Ich weiß nur: Trennungen sind hart und hässlich. Und das kann man der Figur dann schon zugestehen, denke ich. Und das tun die Leser dann auch, glaube ich.
Ich kenne niemanden, der souverän bei einer Trennung aussieht – und wenn, dann stimmt wieder was nicht. Da hängt glaub auch viel mit zusammen: Was für ein Männerbild hat man? Was für Erfahrungen und Erwartungen an eine Beziehung? Wie geht ein Mann mit so was um? Wenn Frau sagt: Ich hab übrigens gestern mit einem anderen gefickt und tschüs. Puh … wie geht Mann damit um? „So eine tolle finde ich nie wieder!“ in Endlosschleife? So einer wie Ben verbietet sich das beinahe.
Da sind vielleicht auch Stellen drin, wo sich bei manchen vielleicht die Haare aufstellen. Ich weiß nie genau, wie das bewertet wird, da schreibt man ja im Vakuum, ist aber vielleicht auch nicht immer so wichtig, ich will realistische Figuren. Vielleicht liest das auch irgendeine Russin oder Andrea oder so und denkt: Ach, mit so einem Softie wie Ben wollt ich eh nicht zusammen sein. Ist vielleicht auch möglich. Weiß ich nicht.

Die Pronomen … ja. Ich hasse das. Hab auch das Gefühl, langsam müsste ich das auch alles können, aber ich glaube, muttersprachtechnisch falsche Vernetzung im Kopf und das macht es echt schwer. Aber ich gebe mir echt Mühe.


Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar, Quinn! Hat mich sehr gefreut! Denk ich bestimmt noch drüber nach.


Hi Juju,

ja, tolle Geschichte. Hat was Sommerliches, irgendwie, diese flirrende Stimmung, und trotz dieses Schlussmachens aber gar nicht deprimierend. Finde ich gut. Konnte man gut lesen, alles sehr flüssig, gute Dialoge, ziemlich nah dran alles.


das freut mich!

Ich habe bei der Szene mit den Ratten einmal kurz nachdenken müssen, das war mir nicht so klar. Warum diese Szene? Was sagt die mehr aus? Ich fand die passte da einfach nicht rein, die sagt mir auch nicht mehr über die Beziehung zwischen den beiden. Die wirkt wie ein störender Block. Sonst finde ich das mit den Rückblenden gut gemacht.

Ja, ist halt ne Rückblende. Da wollte ich zeigen, wie es früher war. Man kann wenig Süßes zeigen, wenn sie ihn gerade verlässt, das ist schwer. Wenn das trotzdem insgesamt eine positive Geschichte für dich ist, freut mich das. Da steckt auch nicht so viel Bitterkeit drin, glaube ich, so vom Gefühl her. Das freut mich dann.

Die Rattenszene erlebe ich tatsächlich auch ein bisschen als Fremdkörper im Text, vom Fluss her und so– aber irgendwie ist das halt auch so, ich weiß nicht, wie ich es anders machen soll. Meine Schwester meinte, das sei ihr Lieblingsszene, dann musste es drin bleiben. Irgendwie ist die Szene auch wichtig, weil man sonst nirgends wirklich sehen kann, wie es mal früher war.

Du hast extrem viele Ausrufezeichen drin!!! Ich glaube, du warst es, der mir mal den Rat gegeben hat, pro Buch (!) nur zwei oder drei Ausrufezeichen zu benutzen.

Ja, ich hab das wirklich mal gelesen irgendwo, das war glaub ich. Aber ich kann mich halt selbst nie im Leben dran halten. Ich guck mir meine Ausrufezeichen aber alle ein mal kritisch an, ob man's mir nun glaubt oder nicht. :)


Ansonsten finde ich, machst du geschickt um das Finale ein Bogen. Warum Hannah ihn jetzt für die Nerdbrille verlassen hat, wird nie so ganz klar. Es sind ja immer nur seine Vermutungen. Ich finde die Reaktionen des Prots trotzdem sehr gut nachvollziehbar, er ist gefangen in dieser Gedankenhölle, und dann geht er sich auch noch den "Feind" ansehen.


Das freut mich, ja. Ich denke, es ist auch schwer, da den einen Grund zu finden. Das ist ein Bedürfnis, das man hat, das ich als Autor auch hatte, aber irgendwie … wenn's um Liebe geht, dann kann man viele Vermutungen anstellen, und dies und jenes ist da schon drin, denke ich, aber wirklich wissen oder fühlen tut es am Ende halt doch nur Hannah, denke ich. Und so ist halt irgendwie auch. Am Ende weiß nur die Frau, was sie empfindet.

Vielen, vielen Dank für den Kommentar!


Hallo Ernst!

ja, das mit der Babyschildkröte find ich auch gut, als mir da endlich das richtige Bild kam, (ich hatte da auch Adler und Rehe und alles mögliche im Kopf und schon auf dem Papier… ) da hab ich mich schon gefreut, muss ich sagen.
Ich habe Philippe Dijan nie gelesen, den muss ihn mir wohl noch reinziehen, wenn der offshore so von dem schwärmt. Ansonsten sitze ich grad über deinem Kommentar und lächle nur. Wenn du als gediegener alter Haudegen die Figuren so annimmst und mitliest und drin bist und Spaß hast – das ist schon richtig fett. So will ich auch schreiben, denke ich. Freut mich auf jeden Fall sehr! Vielen Dank für den Kommentar, ernst!


Hallo Gretha,


Ich hab mich schon so an sie gewöhnt. Ich will jetzt sofort weiter lesen. Ich will lesen, wie Hannah nach kurzer Zeit merkt, dass der doofe Jurist nur ein Lückenfüller ist, wie sie bald nur noch genervt von seinem Gutmenschcharakter ist, ich will das sich Ben neu verliebt, ich will dabei sein, wenn der kleine Bub das erste Mal fünf Wochen mit einem Mädchen zusammen ist. Und das alles in Heidelberg, von Dir geschrieben.

Ich finde das auch immer schön, wenn man zum Schluß die Figuren noch im Kopf hat und an sie denkt, das freut mich sehr als Autor.

Du hast mich total rein gezogen. Auf eine Autorenbühne schmeißt man keine BHs, um seiner frenetischen Begeisterung Ausdruck zu verleihen?

Sollte ich jemals im Leben eine Lesung geben, dann nehme ich gerne auch BHs an, ich finde das völlig okay, wenn man seiner Begeisterung mit BHs Ausdruck verleihen möchte, echt völlig okay.
Vielen, vielen Dank fürs Lesen und Kommenteieren, Gretha! :)

 

Hey Juju,

klasse Geschichte, wirklich. Also ich weiß auch nicht, mag daran liegen, dass ich mich zZ besonders in beide Figuren, Ben und Luca, absolut gut hineinversetzen kann, aber mich hast du damit echt richtig gut abgeholt, ich hab das die ganze Zeit über gespannt gelesen, du hast einige richtig witzige Sachen drin, tolle Theorien über das Leben, über Beziehungen und Schlussmachen, ich fand das schon sehr unterhaltsam zu lesen, auch auf der Länge.
Noch mal zu der Figurenkonstellation: Ich fand das echt sehr schön zu lesen, jimmy meinte, das ist so eine Sommergeschichte, und ich kann das voll und ganz unterschreiben; auf der einen Seite der Verliebte, der gerade dieses große Ding erst mal zum Laufen bringt, wo die ganze Euphorie noch drinnen steckt, dieses Gefühl, etwas Großes, Schönes kommt auf einen zu - und im Gegensatz dazu dann diese absolute Schlussgemacht-Hölle, der Ben gegenübersteht bzw. die ihm bevorsteht. Fand ich gut. Ben ist so bisschen der Lehrmeister von Luca, das gefiehl mir, Ben hat so seine eigenen Theorien für alles und jeden, und sowas schafft natürlich viel charakterliche Tiefe. Beim ersten Lesen dachte ich mir noch, mhm, passt das, dass eine weitere Hauptfigur einfach so nach zwanzig Seiten eingeführt wird? Und der Fokus dreht sich noch mal, und diese Geschichte mit seinem Mädchen kommt dazu? Ja, es passt, sogar ganz wunderbar, finde ich, gerade, weil die beiden dann noch mal losziehen und versuchen, ihr Glück in die Hand zu nehmen - dieser Kampf, dieser Mut, das ist toll, das liest man doch gerne. Luca ist irgendwie so eine jüngere Ausgabe von Ben.
Diese Sache mit Vegetarismus und Fleischessen: Ja, ich nehme das deinem Prot ab, dass er von Vegetariern angepisst ist, dass er sie für grüne Spießer hält, das zeichnest du schon sehr schön, und obwohl deine Konversationen immer nach Vorwärts gehen und kaum Länge haben, ich weiß nicht ... da gibt es diese Stelle, wo sie über KZs und Fleischfabriken reden - ich kenne das halt selbst, solche Gespräche, und das fand ich schon bisschen abgedroschen, weil 50% solcher Gespräche immer in diese Richtung gehen, also diesen Nazivergleich hab ich echt schon oft gehört. Aber gut, das macht die Sache auch authentisch irgendwie ...

„Die Welt wäre so viel besser und gesünder, wenn alle weniger Fleisch essen würden, Ben. Nein, hör mir einfach zu jetzt. Lass mich ausreden. Das wurde alles berechnet. In Brasilien holzen sie Regenwälder ab, um Getreide anzubauen. Meinst du, die hungrigen Kinder, die in den Slums direkt nebenan wohnen, bekommen davon was ab? Nein, man mästet damit Kühe, die geschlachtet und nach Europa versandt werden, damit wir uns mit Cheeseburgern vergiften können, die ein Euro kosten. So pervers ist das. Aber dir ist das natürlich egal, Hauptsache, du bist ein richtiger Mann, der richtiges Fleisch von richtig toten Tieren isst.“
„Ich bin ein blutrünstiger, fleischfressender Macho. Du hast es endlich erfasst.“
„Ich hab's schon immer gewusst.“
Ich biss in den Döner und ließ ihn mir schmecken.
Sowas hier meine ich, sowas habe ich halt schon hundertmal gehört, und es nervt mich immer wieder aufs Neue, das zu hören - ich meine, klar, es stimmt, es ist eine gute Sache, aber beim Essen sowas unter die Nase gerieben zu bekommen, boah, ich finde das in der Realtiät schon nicht gut, und hier im Text ... ja, man kann das als Leser gut nachvollziehen, wieso das mit den beiden auseinandergeht, ich würde das auch lassen, aber es wirkt halt bisschen abgedroschen von der Argumentation her.


„Ich verstehe nicht, warum du dir diese Doku nicht anschauen kannst“, sagte sie, „wirklich, ich versteh's einfach nicht.“
„Die eine über Massentierhaltungen?“
„Genau die.“
„So was verdirbt mir doch nur die Laune, Schatz …“
„Genau deswegen solltest du sie dir anschauen! Wäre das wirklich so schlimm? Wenn du einmal zur Abwechslung etwas Sinnvolles schaust? Statt immer diese Serien.“
„Du meinst wie Tatort?“
„Ich schaue genau einmal die Woche Tatort. Einmal. Aber das kannst du natürlich auch nicht verstehen.“
„Nicht wirklich …“

Sie wandte den Blick ab und zog ein genervtes Eigentlich-ist mir-diese-ganze-Unterhaltung-viel-zu-blöd Gesicht.
Beim Lesen habe ich mir diese kursive Stelle angestrichen, weil ich mir dachte: Boah, das geht zu weit weg, das könnte man ruhig streichen, da würde nichts verlorengehen vom Inhalt der Konversation - klar, jetzt weiß ich, der Tatort wird noch wichtig, aber als Leser hatte ich eben hier bisschen das Gefühl, die Maschen werden lockerer

... was mir an dem ganzen Erzählstil/Konversationsstil aufgefallen ist: du nimmst dir als Erzähler ziemlich viel Zeit, aber es stört einen nicht. Hat schon fast etwas Romanmäßiges, auch von der Länge her, also so ein, zwei Kapitel.

was sagt das über einen Menschen aus? Über seine Art? Willst du wirklich mit einem Vegetarier ins Bett? Wenn man schon die Wahl hat?“
Come on, nee. Das nehme ich dir nicht ab. Das ist viel zu weit fortgegriffen, da scheint mir zu viel Autor durch, durch den unterstrichenen Satz; also es wirkt für mich echt gekünstelt in dieser Situation. Was hat denn ins Bett gehen mit der Ernährung zu tun? Nicht mal aus einer der Theorien von Ben kommt mir das wirklich schlüssig vor.

Die Rückblicke fand ich übrigens gelungen. Anhand daran, wie die beiden miteinander umgehen, versteht man sofort wo man ist und wann man ist, und wieso ihre Beziehung damals gut war und wieso sie jetzt am zerbrechen ist.

Kleinvieh, das mir beim Lesen aufgefallen ist:

Vor Hannah hatte mich noch keine verlassen.
Ist auch ein guter erster Satz, der macht direkt sehr neugierig; allgemein finde ich den ersten Absatz gelungen, der macht richtig Bock, weiterzulesen, du gibst da dem Leser ein Versprechen für eine Geschichte ab, so cliffhangermäßig, die du dann auch gut einhälst.

Sie trug kein BH
keinen?

so trank ich einen Schluck feinsten schwarzen Darjeeling-Tee von den weiten Hügeln Indiens. Und musterte die Hannah.
die Hannah? Den restlichen Text über wird sie immer ohne Artikel genannt.

es roch nach Fett, Baklava und Tee.
würde das eher: es roch nach Baklava, Fett und Tee. schreiben. Ich finde das vom Klang her schöner irgendwie; so Dingdingda, dongdongdong, falls du verstehst, was ich meine.

„Ich dachte da an was ganz Elegantes. Vielleicht nehme ich die Perlenkette von meiner Mutter. Und stecke die Haare hoch. So wie Audrey Hepburn! Ach … das wird ganz toll, Schatz, ganz toll!
Das würde ich streichen. Ich meine, man checkt schon, dass sie denkt, dass das ganz ganz toll wird

und fuhr mit der Hand über sein junges Gesicht.
jung würde ich spezifisieren - ist es glatt, pickelig? wie sieht jung aus?

Gibt es schwarze Vegetarier?
Oh Mann ... ich finde das zu weit hergeholt. Klar gibt es schwarze Vegetarier? Für einen (weltgewandten) heidelberger Studenten klingt das ziemlich unauthentisch.

Hey, Juju, ich hab jetzt keine Zeit mehr, aber im Grund genommen hab ich echt nichts Wirkliches auszusetzen an deiner Story. Ich finde das ein starkes Stück, hat mich wunderbar unterhalten, es sind echt viele Szenen und Sätze und Beobachtungen drinnen, die sehr stark sind, ich hab jetzt gar nicht die Zeit, da alle rauszupicken und einen Daumen oben zu machen - mir war's ein großes Vergnügen.

Grüße


P.S.: das Snacks-Zitat - ich weiß ehrlich gesagt nicht, was das bedeuten soll? Also was du damit dem Leser sagen willst ...

 

Hallo JuJu,

ich lese anders als die vorhergehenden Kritiker. Natürlich habe ich mich in den meisten Absätzen auch gebadet ob der schönen Dialoge, der passenden Erzählweise und dem stimmigen Ganzen: aber es gab auch welche, die für mich Längen hatten. Da hast du mich auch mit deinem eloquenten Schreibstil nicht abgeholt.

Das waren Szenen, die weggeführt haben von dem eigentlichen Twist zwischen Ben und Hanna. Vielleicht bin ich als Leser einfach zu neugierig und möchte wissen, was mit denen passiert. Dann haste ich gewissermaßen über die anderen Absätze, nur um zu wissen, wie es weitergeht mit denen beiden.

Ich habe mich beim Lesen (eben bei so einer für mich unnötigen Stelle) ertappt, dass ich dachte, du hast wohl grade sehr viel Zeit zum Schreiben und holst entsprechend aus - du schwelgst quasi selbst in deiner Schreiblust und verlierst zum Beginn den Fokus deiner Geschichte aus den Augen. Das kann auch ein völlig falscher Ansatz von mir sein, aber so kam es mir vor.

Dreh- und Angelpunkt ist für mich der erste Satz:

Vor Hannah hatte mich noch keine verlassen.

Da dreht das Kaleidoskop schon eine komplette Runde und zeigt die Befindlichkeiten, die in dem ersten, kurzen Satz angedeutet werden. Der Protagonist ist sooo verletzt. Er konnte das nicht selbst entscheiden, sondern Hanna hat ihm die Entscheidung abgenommen. Das geht ja schon mal gar nicht.

Die Hauptaussage dieser KG war für mich, dass Beziehungen in jungen Jahren sehr oft einfach scheitern, wenn sich eine neue Beziehungssituation ergibt. Dafür von beiden Seiten aus ernsthaft daran kämpfen? Fehlanzeige. Aber genau da fängt ja das Leben an, spannend zu werden.


Deine Dialoge sind wirklich gut und wirken authentisch. Klasse erspürt.

Viele liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zigga,

klasse Geschichte, wirklich. Also ich weiß auch nicht, mag daran liegen, dass ich mich zZ besonders in beide Figuren, Ben und Luca, absolut gut hineinversetzen kann, aber mich hast du damit echt richtig gut abgeholt, ich hab das die ganze Zeit über gespannt gelesen, du hast einige richtig witzige Sachen drin, tolle Theorien über das Leben, über Beziehungen und Schlussmachen, ich fand das schon sehr unterhaltsam zu lesen, auch auf der Länge.
Noch mal zu der Figurenkonstellation: Ich fand das echt sehr schön zu lesen, jimmy meinte, das ist so eine Sommergeschichte, und ich kann das voll und ganz unterschreiben;

Das freut mich total. Ist auch irgendwie komisch, du sagst "Sommergeschichte", jimmy auch ... also die Geschcihte hab ich zwar während der WM geschrieben, und draußen schien die Sonne und so, aber ja … ich hab währenddessen nie bewusst gedacht, dass ich eine "Sommergeschichte" schreibe.
Aber cool, wenn so ein Feeling rüberkommt.


... was mir an dem ganzen Erzählstil/Konversationsstil aufgefallen ist: du nimmst dir als Erzähler ziemlich viel Zeit, aber es stört einen nicht. Hat schon fast etwas Romanmäßiges, auch von der Länge her, also so ein, zwei Kapitel.

Ja, schön, wenn's so ankommt. Ich weiß auch, dass ich mir viel Zeit nehme und die Figuren viel Platz bekommen und so … ja. Ich mag das. Irgendwie geht mein Stil in letzter Zeit in diese Richtung.

Beim ersten Lesen dachte ich mir noch, mhm, passt das, dass eine weitere Hauptfigur einfach so nach zwanzig Seiten eingeführt wird? Und der Fokus dreht sich noch mal, und diese Geschichte mit seinem Mädchen kommt dazu? Ja, es passt, sogar ganz wunderbar,

Ja, cool, das war auch mein Denken. Das ist ja so ein kritische Stelle in der Geschichte - sie geht aus der Wohnung, er geht spazieren ... da kann man den Leser verlieren auch, da ist der Konflikt nicht mehr so unmittelbar, da hängt die Handlung für einen Moment. Da hab ich mich auch gefragt, ob ich das mit Luca wirklich so machen kann, den einfach so einführen und dann labert er erst ewig über seine Probleme … aber ich denk schon, es geht. Es geht extrem vieles eigentlich, vielleicht unterschätzt man das irgendwie. Ich frag mich das häufig - geht das? Und dann mach's ich einfach, wie selbstverständlich, und plötzlich steht es da, schwarz auf weiß, und schon ist es passiert. Und dann nickt einfach jeder und liest weiter. Das klingt jetzt banal, aber irgendwie ist es ja so.


ich kenne das halt selbst, solche Gespräche, und das fand ich schon bisschen abgedroschen, weil 50% solcher Gespräche immer in diese Richtung gehen, also diesen Nazivergleich hab ich echt schon oft gehört. Aber gut, das macht die Sache auch authentisch irgendwie ...

Ja, lustig, dass du das so gut kennst. Also mich freut's, wenn's authentisch klingt, auch wenn's ein bisschen zu bekannt für deine Ohren ist. Es ist wohl wirklich so, dass diese Gespräche nach ähnlichen Mustern ablaufen, ich fand's aber trotzdem irgendwie gar nicht so einfach, dass so aufs Papier zu bringen.

würde das eher: es roch nach Baklava, Fett und Tee. schreiben. Ich finde das vom Klang her schöner irgendwie; so Dingdingda, dongdongdong, falls du verstehst, was ich meine.

Ja, stimmt, das ändere ich.

Oh Mann ... ich finde das zu weit hergeholt. Klar gibt es schwarze Vegetarier? Für einen (weltgewandten) heidelberger Studenten klingt das ziemlich unauthentisch.

Das kann vielleicht sein, auch das hab ich mich gefragt, ob ich das machen soll, ob das wirklich passt, aber ja … dann konnte ich mir halt den Gag irgendwie nicht verkneifen, weiß aber gar nicht, wie das ankommt. Das ist natürlich auch der Autor an der Stelle. Ich hab mal eine Geschichte hier gepostet, aus der Sicht eines Schwarzen, das war meine erste Empfehlung hier, das Ganze ziemlich ziemlich aufgeblackt, und ja … es ist halt so, dass ich, da ich ja eigentlich auch schwarz bin, so Witze dann auch machen darf :) Also ich hab die Geschichte aus dämlichen Gründen gelöscht und seitdem hab ich das Gefühl, ein Teil meiner schwarzen Seele auf der Seite sei iwie untergegangen .. vielleicht poste ich sie bald nochmal mit den alten Kommentaren und so, das hab ich schon mal gesagt, aber irgendwann mach ichs glaub wirklich.


Was hat denn ins Bett gehen mit der Ernährung zu tun? Nicht mal aus einer der Theorien von Ben kommt mir das wirklich schlüssig vor.

Man könnte auch fragen: Was hat denn Dummheit mit Leistung im Bett zu tun? Gibt es da wirklich eine Korrelation? Das mit Vegetarier/Fleischfresser/Bettleistung - das hab ich tatsächlich mal eine Frau sagen hören, und das hab ich nie vergessen und so kommt das auch in die Geschichte. Aber das sind vielleicht auch Sachen: Das wissen Frauen eigentlich besser als wir, das verstehen die eher. "Dumm fickt gut" - sagen das Frauen oder Männer häufiger? Achte mal drauf. Das sagen doch meistens Frauen. "Fleischfresser fickt gut" ist im Grunde so eine Abwandlung davon.
Aber klar … so aus unserer Sicht … wie viel Fleisch die scharfe Soziologin da konsumiert, das spielt mal gar keine Rolle für uns. Ben würde das wohl auch nicht zu Luca sagen, aber zu Hannah in der Situation .. vielleicht schon.
Aber weit gegriffen ist das schon alles, gebe ich dir Recht.


P.S.: das Snacks-Zitat - ich weiß ehrlich gesagt nicht, was das bedeuten soll? Also was du damit dem Leser sagen willst ...

Das sind halt Kumpels von mir, und während ich geschrieben hab, probten sie die ganze Zeit im Hintergrund.

Vielen Dank für den tollen Kommentar, zigga! Bis dann.


Hallo bernadette,


ich lese anders als die vorhergehenden Kritiker.

ja, ich hab das Gefühl, die Geschichte hat dich nicht wirklich gepackt, ich find's schön, wenn du trotzdem Qualitäten darin erkennst und mit den Dialogen was anfangen kannst und so.


Die Hauptaussage dieser KG war für mich, dass Beziehungen in jungen Jahren sehr oft einfach scheitern, wenn sich eine neue Beziehungssituation ergibt. Dafür von beiden Seiten aus ernsthaft daran kämpfen? Fehlanzeige. Aber genau da fängt ja das Leben an, spannend zu werden.

Ja … das ist vielleicht irgendwie anders, wenn man jünger ist, aber vielleicht auch allgemein, es geht schnell, die Leute sind frei, haben viele Ideen und Vorstellungen im Kopf und Selbstverwirklichung - und was weiß ich, was die Frauen dann noch alles im Kopf haben. Muss man vielleicht auch sagen. Also bei meinen Kumpels, bei mir im Umfeld, rückblickend betrachtet, über die letzten zehn Jahren, so durch die Jugend und bisschen drüber hinaus, es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen: Es wurden zu 80% die Jungs verlassen, denke ich. Die Frauen wollen alle reisen, es wird ihnen schnell langweilig, sie sind voll jung und heiß und haben sehr viele Möglichkeiten, und dann ziehen sie auch einfach weiter. Das klingt sehr pauschalisiert, so eine allgemeine Aussage, sie ist bestimmt gefärbt auch, natürlich läuft es oft genug auch umgekehrt, aber so im Großen und Ganzen … naja. So kommts mir schon vor. Vielleicht ändert sich alles nochmal ab 30 dann.


Vielen Dank für den Kommentar, bernadette!

MfG,

JuJu

 

Hey Juju,

ich finde die Geschichte großartig, sie wirkt sehr leicht auf mich, auch leicht geschrieben, als hättest du das alles in einem Rutsch geschrieben und wenn man die Geschichte so liest, bekommt man auch richtig Lust selbst zu schreiben.
Es ist keine typische Schlussmachgeschichte - da schreit niemand rum, da wird nicht geschimpft und geflucht und geheult und Heulkrämpfe und bedeutungsschwangeres Schweigen und Vorwürfe, die man vielleicht vor vier Jahren hätte bringen sollen - hier läuft das ja alles ziemlich sauber und man würde denken "gefühllos", aber das ist gar nicht der Fall.

Du machst das ja auch erzähltechnisch sehr fein. Da machen zwei Schluss - wir haben den Protagonisten kennen gelernt und finden ihn erst mal sympathisch, können aber noch nicht wirklich mitleiden, auch wenn die Freundin sexy ist. Dann kommt diese Debatte um den Vegetarismus und man denkt, okay, sei froh, dass du sie los bist und im Anschluss die Szene mit der Ratte und da finde ich die Hannah sympathisch und ich denke, wie süß die zwei sind, passen doch echt gut zusammen, warum macht die jetzt Schluss?
Also, die Rattenszene hat auf jeden Fall ihre Berechtigung, die muss bleiben, ansonsten verliert Hannah nicht nur an Sympathien sondern wird auch bisschen eindimensional, weil man sie dann nur mit dieser Vegetarier-Sache in Verbindung bringt - aber die ist ja auch verletzlich und ängstlich und braucht einen starken Typen, der sie in den Arm nimmt.


Tiere Essen sei Mord.
Warum sind sie dann so lecker? :D
Nein, ernsthaft, der eigentliche Skandal ist doch, dass man jetzt auch beim Türken Falafel bestellen kann?

„Was soll das heißen, Tiere essen ist Mord?“, fragte ich.
„Nun …“, begann sie mit einem Unterton, der wohl die Banalität der folgenden Aussage hervorheben sollte. „Tiere leben! Und wenn man sie tötet, dann leben sie nicht mehr. Das nennt man Mord.“
„Aha …“, sagte ich, während ich zu einem großen, gezielten Biss ansetzte. Beim Döneressen versuchte ich immer, möglichst geschickt vorzugehen. Das heißt: So reinbeißen, dann man nicht nur Fleisch in den Mund bekommt. Aber auch nicht nur Kraut. Und wenn's geht, die richtige Menge Sauce. Wenn man dann noch ein Stück Tomate erwischt, hat man den perfekten Dönerbiss, der beim Kauen maximale Freude bereitet.
Das ist irgendwie eine totale Scheindebatte - man konfrontiert doch keine Menschen beim Essen mit den eigenen Weltanschauungen - das ist ja furchtbar. Und ich halte Hannah für intelligent genug das auch nicht zu machen, daher denke ich, es juckt eigentlich woanders und dann ist sie einfach genervt und will sich streiten und kommt mit "Fleischessen ist Mord". Der Prot. ist dann auch noch naiv oder sogar dumm genug darauf einzugehen, anstatt zu sagen, lass mich meinen Döner essen und dann können wir darüber reden. Stattdessen schwadroniert er darüber, wie er den perfekten Biss hinkriegt.

„Genau deswegen solltest du sie dir anschauen! Wäre das wirklich so schlimm? Wenn du einmal zur Abwechslung etwas Sinnvolles schaust? Statt immer diese Serien.“
Tja, das ist dann das Blöde, wenn sich ein Partner während der Beziehung in eine total entgegengesetzte Richtung entwickelt und dafür einsteht und in allen Lebensbereichen die eigenen Vorstellungen durchsetzen will, auch in der Beziehung, dann kriegt der andere Probleme.
„Komm schon, Babe …“ Ich fasste nach ihrer schönen schmalen Hand, und sie zog es aber gleich zurück. Das überraschte mich. Ihr Zyklus mal wieder? Stand der Mond komisch? Das Wetter?
„Das nervt mich einfach“, sagte sie. „Wie du dich anstellst.“
Ich denke auch, dass er diese neue Seite an ihr nicht wirklich ernst nimmt, also, wenn sie verstimmt ist, dann nicht, weil er sich nicht für ihre Sache interessiert sondern weil sie ihre Tage hat. Wahrscheinlich ist das auch so die Hoffnung von vielen Männern, jedenfalls impliziert das immer die Aussage: Ach, hast du wieder deine Tage. Müssen bestimmt die Hormone sein. Kann gar nicht alles so ernst sein, nächste Woche ist alles wieder gut.
Und jedes Mal, wenn sie lächelte, kamen tolle Zähne zum Vorschein, die Luft knisterte, und irgendwo auf der Welt schaffte es eine Babyschildröte ins Meer.
und irgendwo in Amerika twerkt Miley Cyrus.

Ich finde dieses Bild unglaublich schön, das kennt halt jeder, wie diese kleinen Schildkröten versuchen ins Meer zu schwimmen un düberall lauern ihre natürlichen Feinde und wenn eine ins Meer schafft, dann geht die Kamera immer so ein Stück zurück und zeigt das ganze Meer und der Typ im Off: Ja, jetzt muss die kleine Schildkröte nur noch im riesigen Ozean überleben.

„Komm, hilf mir mit dem Schrank.“
„Nicht töten, Ben!“
„Das Tier frisst Babies, Hannah, es verdient den Tod.“
„Nein, nein, komm …“ Sie glitt in Unterwäsche aus dem Bett und trat zu mir.
„Hannah …“
„Du erwischt sie doch eh nie. Komm, Schatz …“ Sie griff nach dem Besen, schmiegte sich an mir, sah nach oben. „Komm zurück ins Bett …“
:lol: Als würden sie einen Bären jagen.
„Es gibt keine Vegetarier mit Humor, Luca. Wer Humor hat, schafft es nicht, etwas so Grundlegend-Schönes wie Essen in ein megaenges Korsett zu zwingen, das aus jedem Beisammensein eine Umständlichkeit macht, über die nicht gelacht werden darf.“
Es ist natürlich für ihn auch so einfach den Typen darauf zu reduzieren, dass er nur eine spießige Spaßbremse sein kann, wenn er kein Fleisch isst und Hannah steht nur auf sein Vegetariersein, nicht auf den Typen als Menschen. Wäre mal interessant zu sehen, wie er reagiert, wenn das jetzt nicht im Raum stehen würde, wenn es nicht um den Vegetarismus ginge, sondern darum, dass einfach ihre Beziehung scheitert, weil sie zwei völlig andere Wertvorstellungen haben. Der hängt sich ja total daran auf, dass der "Feind" ein Vegetarier ist.

Ich schüttelte den Kopf. „Wir haben euer Alter vergessen. Die Drei-Date-Regel kommt aus den USA, und in den USA darf man erst ab einundzwanzig Alkohol trinken. Und solange kein Alkohol im Spiel ist, greift die Drei-Date-Regel nicht.“
„Aber wir haben Wein getrunken.“
Und Jesus hat mit dieser Drei-Date Regel angefangen, oder? :P
Das ist ja voll How I met your mother, und das mit der Friends-Zone, das kenne ich aus Friends. Du bist da schon voll in deinem amerikanischen Humor drin. Ich finds aus ganz eigennützigen Gründen gut, musste da sehr lachen.
Unsere Wg-Lage: genial. Nur zwei Gassen von der Unteren Straße entfernt, dem Epizentrum des Drachenatems.
nicht übermäßig benutzen, das mit dem Tigerblut und dem Drachatem finde ich extrem gut, aber weil das halt sehr prägende Bilder sind und bei der ersten Erwähnung so viel Eindruck machen, wirkts bei der zweiten Erwähnung komisch, nicht mehr relevant.

Ich finde das vom Konzept her auch ganz gelungen, da endet die Beziehung und hier fängt eine neue an, eine etwas naivere, unschuldigere Art von Beziehung, mehr ein Ausprobieren als wirklich ein Zusammenleben von zwei Menschen.
Ich habe mich sehr unterhalten gefühlt, die Geschichte hat zwar ihre Längen, aber das war mir diesmal wurscht, ich fand das alles gut. Ich hätte es auch weitergelesen und würde da nix kürzen. Manche Kritiker können das anders sehen.

JoBlack

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Juju,

die Geschichte liest sich echt sehr flockig und unterhaltsam. Es sind auch ein paar wirklich großartige Stellen drin. Der Anfang mit dem Schlussmachen ist wirklich genial. Und auch die Beschreibung der Stadt fand ich super. Und auch diese Verbrüderung der beiden Jungs, die Spiegelung der Vergangenheit in die Zukunft oder umgekehrt. Und ja, es wird viel gelabert, und man könnte die ein oder andere Weisheit über optimale Döneresstechniken streichen, aber diesmal hat mich das nicht groß gestört, die Proportion haut halt hin.
Ich schmeiß jetzt trotzdem keinen BH wie Quinn, denn bei allem was da nett und fluffig ist, gab's doch ein paar Sachen, die für mich noch zu großartig fehlen.
Einmal dieses ganze Hipster-Zeug. Für Hipster-Verarschen kriegt man echt keinen Originalitätspreis mehr. Das ist halt das neue Emo-Dissen. Volkssport Schneckenjagd. Außerdem gibt es ja gar keine Hipster, denn jeder Hipster, der was von sich hält, wird sich dadurch profilieren, dass er seine Konkurrenz-Hipster als Hipster disst. Das ist so ein bisschen wie dieser Wohlstandskinder-Diss, wo dann der satte Heidelberger Lehramststudent, der zu zivilisiert ist, sich um sein Weib zu kloppen, über den noch satteren und spitznasigen Heidelberger Jura-Studenten die Nase rümpft, der zu zivilisiert ist, Fleisch zu essen. Das ist ein interessantes Thema, dieser unbedingte Disktinktionswille der eigentlich ziemlich gleichen Truppe, aber dieses Hipster-Klischee quillt mir mittlerweile schon zu den Ohren raus.
Das war das eine. Das andere war dieser Vegetarier-Dialog, wo ich eigentlich dachte, die passen doch prima zusammen, sind beide gleich bescheuert. Er mit seinem Schwachsinns-Argument, er töte die Tiere ja nicht selbst, und sie dann mit dem hirnrissigen Nazi-Vergleich. Weiß nicht, ich kenn sowohl Vegetarier als auch militante Fleischesser, aber in so eine Diskussion bin ich zum Glück noch nicht geraten. Da stand das echt auf der Kippe, ob ich die beiden noch mal mögen oder irgendwie ernst nehmen könnte. Die Ratten-Szene hat es dann aber wieder rausgerissen.
Also Hipster und Vegetarier sind im Grunde nur kleine Abstriche. Was mich insgesamt mehr gestört hat, oder eher, was mir zu einer Geschichte gefehlt hat, die ich nicht nur gerne lese und danach wieder vergesse, ist irgendwas am Ende. Jetzt ist das ja irgendwie so: Hach, so ist das Leben. Am Anfang ist die Liebe leicht und unterwegs wirds kompliziert.
Dabei hab ich die ganze Zeit auf irgendeine Erkenntnis gewartet, dass es versteht, warum sie ihn wirklich betrogen und verlassen hat. Dieses ganze Vegetarier- und Tatort-Zeug ist ja nur Oberfläche. Er benutzt das ja auch so als Ausrede für sich - sie hat mich mit einem Vegetarier betrogen - damit er das lächerlich machen kann und sich nicht fragen muss, was da wirklich schief gelaufen ist mit den beiden, ob er vielleicht gar was falsch gemacht hat. Ist ja schon bezeichnend für seine Verdrängungskünste, dass er da so aus allen Wolken fällt. Ich hätte mir echt nen Twist am Ende gewünscht, ne Erkenntnis, dass er da zum Tatort hinkommt und plötzlich erkennt, woran es wirklich lag, dass das mit dem Vegetarismus nur ne Ausrede war und es um ein viel tieferliegendes Problem zwischen den beiden ging, dass er nie richtig geschnallt hat. Weil der Text da nicht wirklich viel anbietet, war ich auch auf der Schiene, dass er sie nicht ernst nimmt. Sie ist halt ständig süß und Babedibabebabe und so und wenn sie mal zickt sind es die Tage. Das ist glaub ich keine Ebene, auf der man sich in einer Beziehung wirklich miteinander auseinandersetzen kann. Der sieht sie gar nicht so als echtes Gegenüber, hat ja wohl auch null peil davon, was in ihr so abgeht. Deshalb ist es dann letztlich wohl auch nicht so schlimm, dass sie dann weg ist. Die Eitelkeit ist zwar verletzt, aber sonst na ja. Ob sie ihm gegenüber genauso indifferent ist, wie er ihr gegenüber ist schwer zu sagen. Dazu kriegt man insgesamt doch zu wenig mit von ihr - nur die bescheuerte Vegetarier-Debatte halt. Aber ich entnehme Deinen Antworten, dass das mit dem nicht Ernst nehmen so nicht Deine Schreibabsicht war. Dann fehlt mir der echte Trennungsgrund aber noch mehr. Einfach auseinanderentwickelt find ich ein bisschen unspezifisch.
Also wie gesagt: Wirklich schön zu lesen, mit einigen richtig guten Stellen, die hängenbleiben werden. Aber zum Ende flust es etwas flach aus, anstatt nochmal was Neues zu bringen, an dem man dann noch weiter rumdenken kann.

Es sind natürlich auch noch Fehler drin, aber die sollen Dir die Groupies mal raussuchen.
Zwei Sachen nur: Tigerblut wird wirklich ein bisschen zu lange geritten und das:

sie nibbelte an einer Falafel in einem weißen Sommerkleid
Bei uns werden Falafel in Brot gewickelt und nicht in Sommerkleider, aber vielleicht ist das auch eine Spezialität des romantischen Heidelberg. ;)

fiz

 

Ich schmeiß jetzt trotzdem keinen BH wie Quinn, denn bei allem was da nett und fluffig ist, gab's doch ein paar Sachen, die für mich noch zu großartig fehlen.

:lol:


Fiz, du hast dich da furchtbar verlesen. :D

 

Ich hab die jubelnde Menge nur in einer Person zusammengefasst, die ich gerne Quinn nennen wollte. Wenn man am Rand steht, erkennt man ja auch nicht so genau, von wo der BH auf die Bühne fliegt. Und ich bin mir sicher, wenn Quinn oder Ernst oder Zigga grad einen BH zur Hand gehabt hätten, hätten sie den auch geworfen ;)

 

Hallo JuJu

Ich hab die Geschichte im Zug gelesen und mir keine Notizen zu einzelnen Stellen gemacht, daher gibts jetzt einfach einen Gesamteindruck (den BH werfe ich dann am Ende ;)):

Der Anfang ist großartig. Also vor allem der Vegetarier-Dialog, der hat mir super gefallen. Das ist so ein Thema, wie Religion, wenn da jeder in Ruhe seins machen würde, wäre alles prima. Aber auf beiden Seiten gibt es immer wieder Leute mit missionarischem Eifer, die anderen reinreden, und dann gibts Ärger. Man merkt das auch hier: Hannah kommt mit Nazis, Ben mit konservativen Christen ... dabei gehts darum, ob man nun Fleisch essen soll oder nicht ... ich fand das herrlich. Später dann nochmal der Schwenk zu Safran Foer, der ja ein bekanntes Sachbuch über Massentierhaltung geschrieben hat (das ich schon ein paarmal in Händen hatte, aber nie gelesen habe - aber ich schätze ihn als Romanautor). Schönes Detail. Nein wirklich, der Dialog war toll. Überhaupt der Anfang, also du kannst wirklich toll erzählen, man kommt da gleich rein, bekommt ein Gespür für die Figuren, kann sich da reinversetzen. Großes Kompliment dafür.

Die Kunst dabei ist, dass eigentlich überhaupt nichts Großartiges oder Weltbewegendes passiert. Gerade der Dialog übers Fleischessen: das erinnert mich an so manche Dialoge in Tarantino-Filmen, wo die Figuren auch erstmal nur reden und reden. Zu Beginn von Reservoir Dogs gibts dieses Gespräch über Trinkgelder, ich finde das herrlich, und auf ähnlichem Niveau hab ich hier auch diese Stelle gesehen. Insofern hattest du mich sofort.

Ich mochte dann auch die beiden Rückblenden mit den Kostümen und den Ratten. Es rundet das Bild der Beziehung einfach ab. Man kann zwar zuvor auch schon mit Ben mitfühlen, aber so wird es nochmal ne Spur plastischer. Oft schon hab ich unter Geschichten geschrieben, zeig das doch in individuellen Szenen, und du machst genau das. Das sind spezielle Erinnerungen, und es ist absolut nachvollziehbar, dass Ben in seinem Kummer auf dem Bett liegt und daran zurückdenkt. Überhaupt, wie er reagiert, mit dieser Ohnmacht, anstatt jetzt eine Szene zu machen, das fand ich auch sehr authentisch.

Die zweite Hälfte fällt dann meiner Meinung nach im Vergleich zur ersten leicht ab. Dabei fand ich den Auftakt, die Idee von Ben, zu dem Tatort-Viewing zu gehen, noch recht vielversprechend. Da hast du einen richtigen Spannungsbogen im Text, ich war interessiert, zu sehen, wo sich das Ganze nach dem Schlussmachen hinbewegt (hab ja gesehen, dass ich erst bei etwa der Hälfte des Textes bin), und dass du dann Bens und Lucas Geschichten verknüpfst, fand ich eine tolle Idee. Das ist eigentlich ein schönes Konfliktpotential, und um es gleich vorwegzunehmen: ich hab da am Ende mit mehr gerechnet. Geht so in die Richtung von dem was fiz gesagt hat, ich hab da auch mit "mehr" gerechnet, ohne dass ich das jetzt näher erläutern kann (hab gedacht, dem JuJu ist bestimmt noch was eingefallen :)). Stattdessen klingt es doch ziemlich leise aus. Trotzdem, du schreibst toll und unterhaltsam, von daher hab ich mich auch in dem Teil nie gelangweilt.

Warum allerdings junge Leute zusammen Tatort schauen, erschließt sich mir überhaupt nicht. Ich dachte das geht erst zehn Jahre später los, wenn man mit der Frau Sonntagabends Tatort auf der Couch schaut (und ich denke, die Leute schauen das immer, um eine Art Konstanz in den Sonntagabend zu bekommen, nicht weil die Sendungen so toll sind). Ich hab auch schon Folgen gesehen, kann dem aber nichts abgewinnen, finde ich viel zu spröde. Da schau ich lieber zum dritten Mal eine Folge Sherlock. Ich hätte vermutet, dass es bei diesen Public-Viewing-Abenden dann eher um die Gesellschaft geht, ums Beisammensein (so wie es beim Fußball mehr ums Feiern geht), aber du schreibst ja, die schauen tatsächlich alle gebannt den Tatort. Hab mal gelesen, dass sich da auch immer eine muntere Twitter-Gemeinde zusammenfindet, aber da gehts ja genau darum, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Gut. Ich kenne das Phänomen aus den USA, jetzt gerade wieder vierte Staffel Game of Thrones, da gibts dann auf YouTube diese Reaction-Videos, wie die vollbesetzte Bar bei überraschenden Stellen reagiert hat ... ziemlich witzig. Aber ich schweife ab.

Ja, am Ende bekommt dann die Handlung um Luca mehr Gewicht, wie gesagt, finde ich prinzipiell gut, dass du beides verknüpft hast. Interessanter wäre aber schon der Konflikt zwischen Hannah, Ben und ihrem neuen Hipster-Freund gewesen. Aber man hat das ja schon am Anfang gesehen, Ben ist kein Typ, der Szenen macht, entsprechend wird er auch am Schluss nicht aggressiv oder so - trotz des vielen Alkohols, den er getrunken hat. Im Gegenteil, er verhilft noch seinem Freund Luca zum ersten Kuss - da ist er fast schon zu perfekt. Er leidet im Stillen, aber vielleicht, weil er schon weiß, dass er darüber hinwegkommt. Er ist Mitte zwanzig, keine Achtzehn mehr wie Luca, und deshalb auch schon reifer. Das merkt man ihm an. "Shit happens" sagt er, und genau so ist es, aber das ist eine reife Einstellung. Die hat man nicht beim ersten Liebeskummer, da meint man, die Welt dreht sich am nächsten Tag nicht mehr. So denkt Ben nicht. Ich finde, trotz seiner Zurückhaltung ist er eine starke Figur, und du als Autor hast da ein gutes Gespür dafür, weil er die (für hiesige Verhältnisse) lange Geschichte tragen muss. Das gelingt ihm problemlos. Dass Hannah dabei naturgemäß etwas blasser bleibt, finde ich kein Problem. Hier gehts um Ben, und das ist auch gut so.

Also JuJu, von mir gibts ein Kompliment für die Geschichte. In erster Linie deshalb, weil du toll und unterhaltsam erzählen kannst, das richtige Maß an Humor und Traurigkeit findest und das in dieser Geschichte wieder einmal unter Beweis stellst. Hat mir meine Zugfahrt wirklich verkürzt und mich gut unterhalten :)

Grüsse,
Schwups

 

Jepp.

Endlich wieder mal ein wirklich guter Text. Klar, er hat Fehler hier und da, »drauf geschissen«, such ich morgen oder so raus, hier nur kurz stichpunktartig aus dem Gedächtnis: Tiere-Essen/Tiereessen, an dir->dich schmiegen, sieh's so.

Wahnsinnig gelungene Dialoge, wie exakt aus dem Leben gegriffen und das sage ich, wo ich gerade hier auf meinem Bett hocke und mir vorkomme, als würde das Leben wie ein Paket bei mir im Flur stehen, denn es ist an den Nachbarn adressiert, also ich hab ja von Tuten und Blasen keine Ahnung, so fühl ich mich gerade, aber vielleicht ist das ja wirklich so. Ich sitze hier real einen Steinwurf vom erzählten Geschehen entfernt, könnte jetzt hier – haha, man darf doch träumen – losgehen und dort ne Hannah aufreißen oder ne Laura ... Wobei, joa, dann bin ich ja der Feind, hey, passt schon, in so einigem, was ich rauslesen konnte :D.

Soviel zum Negativen. Zum Positiven habe ich mich ja schon geäußert, aber das sei noch hinterher geschickt:

Und jedes Mal, wenn sie lächelte, kamen tolle Zähne zum Vorschein, die Luft knisterte, und irgendwo auf der Welt schaffte es eine Babyschildröte ins Meer.
Das ist Juju. Ich und Millionen andere hätten hier rumklischiert und geschrieben von wegen die Sonne lacht oder so. Das ist für mich der Leuchtturmsatz in deiner Geschichte. Aber eigentlich passt hier alles in der Geschichte sauber zusammen wie Mann und Frau in der Mitte.

Vielen Dank fürs Lesen dürfen,
-- floritiv.

 

Nachdem jetzt schon mehrere die Babyschildröte als sehr schönen Vergleich angeführt haben und offshore sich ihn (hoffentlich dann mit "k") auf die Stirn tätowieren lassen will, möchte ich dann doch mal für das Verbessern des Wortes plädieren :D - mich hat dieser Satz übrigens auch sehr berührt.

Wenn ich jetzt eh grade schreibe, noch ein Wort zu deiner Antwort an mich, JuJu: Natürlich hast du mich mit deiner Geschichte erreicht, vielleicht habe ich dich zu wenig gelobt in meiner Kritik und bin im Verhältnis zu sehr auf das eingegangen, was ich aus meiner Warte anders gemacht hätte bzw. was mir als Leser während des Lesens auffiel. Das war aber alles Jammern auf höchstem Niveau.

Liebe Grüße
bernadette

 

Ich find "Babyschildröte" besonders hübsch. Das verbindet das Tier gleich mit der Abendröte, der es da entgegenkrabbelt. Sehr stimmungsvoll. Hab übrigens ganz vergessen, das auch als mein persönliches Highlight zu erwähnen. Ich mein, wer kennt ihn nicht diesen nervenzerfetzenden Schildkrötenrun ins rettende Wasser. Und dann sind da so fiese Vögel drumrum und das direkt nach dem Schlüpfen. Und die kleinen so süß und eh fast am Aussterben. Awwwww. Zeigt auch, dass der wilde Tierfresser innen ein ganz zartes Seelchen ist.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo JuJu, schön, mal wieder eine Geschichte von Dir zu lesen. Du gehörst ja quasi zu den Veteranen des Forums, und da erwarte und erhoffe ich natürlich ein Extra an Originalität und Qualität. Bei Hannah hat mir Vieles gut gefallen, aber mein Gesamteindruck ist so ein bisschen Licht und Schatten. Mal sehen, ob ich das zusammenbekomme.

Plot

Fasst man die Etappen der Geschichte zusammen, dann führt die Trennung von Ben und Hannah über den finalen Streit im Munros zum Beginn einer möglichen neuen Beziehung zwischen der Schwanenfrau und Luca. Ich finde, das ist eine schöne Idee, weil so dieser ewige Kreislauf des Sich-Begegnens und Wieder-Trennens angedeutet wird.

Die Geschichte handelt vom Ende einer Beziehung, und weil in ihrem Verlauf weitaus mehr geredet als gehandelt wird, empfinde ich das als eine Frauen-Geschichte oder Frauen-Literatur. Das ist nicht despektierlich gemeint. Ich finde es auch geradezu genial ironisch, dass der Ich-Erzähler mit seiner "Echte Männer essen Fleisch" – Attitüde einerseits eine Art Machismo verkörpert, andererseits aber seitenlang über seine Gefühle redet. Funny.

Das alles kann ich als literarischen Kunstgriff würdigen, aber meinen persönlichen Geschmack trifft es nicht, weil ich dieses Hin und Her, diesen Dauerdialog über die wahren oder vermeintlichen Gründe einer zerbrochenen Liebe ein wenig ermüdend finde.

Glaubwürdigkeit

Mag sein, dass das Thema in meinem Leben einfach nicht aktuell ist, und ich deshalb Schwierigkeiten habe, mich in die Gefühlswelt des Protagonisten hineinzuversetzen. Ich denke aber eher, dass ich bei diesem Text ein Glaubwürdigkeitsproblem sehe. Fangen wir mal beim Vegetarismus-Punkt an. Ich habe die Kommentare nur überflogen. Schwups hat beispielsweise den Veggie-Dialog gelobt, und obwohl ich ihm oft und gern zustimme, sehe ich das hier anders:

Stichwort Alter. Diese Art Diskussionen haben wir in der Abiturstufe geführt. Ich kann einfach nicht glauben, dass Studenten im Alter von 25 oder 26 (also erwachsene Menschen mit Hochschul-Bildung) so miteinander reden. Das zeigt sich auch hier:

Was krass bist du drauf?

Hä?

Ich fasse mal zusammen: Hannah sieht sich eine Doku an, liest ein Buch und ist von diesem Augenblick an überzeugte Vegetarierin. Ben verbringt seine Freizeit damit, anspruchslose TV-Serien zu schauen (kritische Dokus würden ihm nur die Laune verderben), regt sich aber über Tatort-Gucker auf (Was guckst du den ganzen Sonntag so einen Scheiß an?) Ich verstehe das einfach nicht. Entweder ist Ben jetzt der unterbelichtete Kretin, als den Du ihn zeichnest. Doch dann ergibt seine Forderung nach Qualitätsfernsehen keinen Sinn. Oder aber er ist der heimliche Intellektuelle, der diesen ganzen Öko-Hippie-Kult als eine Modeströmung durchschaut, dann frage ich mich, wieso er auf diesem dummen Vegetarier-Klischee herumreitet.

Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, welche Rolle es spielt, ob die Freundin mit einem Vegetarier fremdgegangen ist. Das ist so, als würde man nach einem Verkehrsunfall im Krankenhaus aufwachen und sich fragen, ob man vom einem Audi oder einem Opel gerammt wurde.

Sprache

Ich finde Deine Sprache über weite Strecken originell und habe das wirklich gern gelesen und gut gelacht. Ich sehe aber auch Defizite. Einerseits besteht der Text primär aus Dialogen und Reflexionen. Man sieht nur selten, dass die Menschen handeln. Sie stehen oder sitzen herum, wackeln mit den Augenbrauen, verziehen den Mund und reden, reden, reden.

Und das schafft Längen, finde ich. Bestimmte Passagen habe ich nur noch überflogen, weil mir das Geschwafel über war. Ich denke, da solltest oder könntest Du den Mix besser einstellen, eine Balance zwischen Wort und Handlung einrichten.

Fazit

Ich habe die Geschichte gern gelesen, hatte stellenweise großen Spaß dabei. Ich kann diese endlosen Reflexionen über Gefühle und Beziehungen (Wer hat mit wem? Warum nur? Ach, wie schrecklich!) jedoch nur in kleinen Dosen ertragen. Gestoßen habe ich mich ein bisschen an der Sprache der Protagonisten, für meine Begriffe reden Erwachsene mit Hochschulbildung nicht so und über diese Themen nicht auf diesem Niveau. Gut gefallen hat mir die Frische und Originalität der Sprache besonders in den Reflexionen. Vielen Dank für diese Geschichte.

Gruß Achillus

 

Ach so, ein Nachtrag, was die Sprache betrifft:

Das ist alles so … so spießig auch.

Ich war am Ende meiner Möglichkeiten, am Ende meiner Kräfte auch.

Dies sind so zwei Beispiele, wo ein Partikel ans Ende des Satzes verschoben wird, der nicht wirklich dahingehört. Meiner Erfahrung nach reden so Jugendliche, Erwachsene in meinen Augen nur, wenn sie einen auf betont jugendlich und cool und easy-going machen wollen. In manchen Postings hier auf der Plattform lese ich manchmal sowas wie:
Da habe ich so noch gar nicht nachgedacht drüber.
Das ist grammatisch in der Umgangssprache okay, keine Frage, das ist eins der typischen Klammerkonstrukte im Deutschen, aber es ist halt ein Register, das ich selbst nie ziehe, nur hin und wieder höre und vor allem aber nie woanders lese, auch nicht in wörtlicher Rede. Vielleicht ist es auch einfach nur Dialekt?

Streich dieses nachgestellte »auch«, wo es entbehrlich ist, wäre mein Vorschlag.

 

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