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Der Moment

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28.07.2014
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Der Moment

Er sitzt im Wohnzimmer. Es ist ein tristes Spiel aus Wolken, Wind und kaltem Regen das draußen vor dem Fenster abläuft, doch er fühlt sich gut, denn drinnen ist es warm, hell und sauber. Er steht jetzt auf und schreitet gemütlich durch den Raum. Eile existiert für ihn seit Langem nicht mehr. Und warum auch hetzen? Das Leben ist viel zu schnell und hektisch da draußen, denkt er sich. Man sagt oft dass das Leben zu kurz sei. Dass man in der Zeit die man hat sowieso nicht alles schafft was getan werden muss, doch er sieht das anders. Er steckt seine Ziele eben auf eine andere Art und Weise ab. Ihm reicht es schon dass er heute vor einem wunderschönen rustikalen Kamin steht und das Flammenspiel beobachtet. Er dreht sich um und läuft in die Küche. Die Ablage ist frisch geputzt und alles steht wie immer sauber geordnet an seinem Platz. Als nächstes öffnet er den Kühlschrank, doch findet nichts Brauchbares. Trotzdem gefällt es ihm, zu sehen wie die Lichter im Kühlschrank angehen und der Inhalt präsentiert wird, wie der Gewinn bei einer Gameshow. Er öffnet und schließt die Türe noch einmal ganz langsam und vorsichtig um den genauen Winkel festzustellen in dem das Licht einsetzt. Es gefällt ihm, wenn sich ein Vorgang immer gleich abspielt. Zufällige Wechsel im Verhalten von Dingen, Geschehnissen und Personen hat er schon immer verabscheut, weshalb er auch täglich genau um 10 Uhr morgens in die Wohnung kommt und diese um exakt 19:30 verlässt. Auch wenn die Uhr an der Wand gerade auf 14:07 steht weiß er, dass es bereits später sein muss denn Sie zeigt schon 14:07 seit er denken kann. Das gibt ihm das Gefühl, sein Tag würde aus nur einem einzigen Moment bestehen, der allerdings tausendmal so lang ist wie der Moment den andere als Gegenwart wahrnehmen. Er geht zum Fernseher und sieht die Nachrichten. Jeden Tag Dasselbe. Es passiert doch nichts Positives auf dieser Welt, gibt nur Hass und kalte Gefühle da draußen. Er kennt sie, hat sie gesehen. Doch drinnen ist es warm, da fühlt er sich geborgen und sicher. Im Hintergrund läuft leise Musik. Beethoven wie er annimmt. Klassik war nie sein Gebiet, allerdings beruhigt sie ihn, verstärkt sein Gefühl vom Stillstand der Zeit. Die Musik hört nie auf, sie untermalt alles was er tut und sitzt in seinen Gedanken als wäre sie das Wichtigste in seinem Leben. Er sieht sie als Leinwand für alles was er denkt und fühlt. Als Grundbausatz seines einzigen nie endenden Moments. „Ding Dong“… Der Moment ist vorbei, die Musik aus. Er steht abrupt auf und geht durch den Raum. „Wir schließen in 10 Minuten, bitte verlassen sie das Möbelhaus und vielen Dank für ihren Besuch. Bis Bald.“ … „Ja“, denkt er sich als er in das kalte Nass tritt, seinen Rucksack, Isomatte und Schlafsack auf dem Rücken, „Ja, Bis Bald“.

 

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