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Flugangst

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01.08.2014
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Flugangst

Mit meinen zittrigen Händen umschloss ich den Sicherheitsgurt und stellte sicher, dass er mich in jedem Fall abfangen würde. Ich hoffte inständig, ich würde ihn nicht brauchen, doch etwas tief in mir, ein leises Flüstern, schien mir durchgehend den Mut nehmen zu wollen. »Ich habe es mir selbst so ausgesucht«, dachte ich laut »und einfach aufgeben kommt nicht in Frage.«
»Richtig. Du schaffst das«, war die Antwort von Erik, der links neben mir saß und einige Listen durchging. Doch so einfach war es nicht. Egal wie stark ich versuchte, positiv zu denken, stets malte ich mir das Schlimmste aus. Nehmen wir die Listen; zwar war er sehr auf die Sicherheit bedacht, doch wofür brauchte Erik noch diese Listen, wo er doch schon länger Pilot war? Alle meine Gedanken kreisten um die Angst, doch schließlich fasste ich neuen Mut, versuchte einfach, nicht mehr nachzudenken und mich in meiner Lage so gut es ging zu entspannen, mir mein Ziel vor Augen führend, endliche meine schreckliche Flugangst loszuwerden. Ich versuchte mir vorzustellen, wohin ich gehen konnte, sollte ich meine Angst loswerden. Doch kaum hatte ich mich entspannt, hörte ich wie Erik aus dem Fenster schrie: »Prop clear!«, und der Propeller kreischend Fahrt aufnahm. »Läuft wie am ersten Tag, das Baby. Lass mich noch schnell ein paar Checks durchführen, bevor wir losrollen.« Ich vertraute ihm. Ich vertraute ihm sogar sehr. Die Routine in all seinen Bewegungen im kleinen Cockpit der Cessna 172 war erstaunlich beruhigend. »Innsbruck Ground, Cessna 4951A at general aviation, request taxi for VFR east departure« hörte ich Erik auf Englisch, der Sprache der Fliegerei, sagen, und hatte keine Ahnung was vor sich ging. Zu sehr war ich mit mir selbst beschäftigt und damit, nicht die Nerven zu verlieren. »Cessna 51A, Innsbruck Ground, taxi and hold short of runway 08 using taxiway zulu«, antwortete eine freundliche Stimme auf Englisch, die ich im Hintergrund über Funk schon mehrmals vernommen hatte, wie sie mit anderen Flugzeugen kommunizierte. »Bereit?«, frage Erik. »Nicht wirklich«, gestand ich »aber fang ruhig an«.

Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt und jedes Geräusch schien verdächtig, jede Bewegung schien zögerlich, jede Falte seiner Stirn schien wie das Resultat eben der Beunruhigung, die ich versuchte zu verdrängen. Das Flugzeug setzte sich sanft in Bewegung. Ich konnte sehen, wie Erik das Flugzeug am Boden mit den Pedalen lenkte. »Das Flugzeug wird am Boden vom sogenannten Seitenruder gesteuert«, hatte er mir erklärt »in der Luft werde ich es auch noch benutzen, aber die Hautarbeit verrichtet dort das Querruder.« Ich hörte zwar zu und nickte an den entsprechenden Stellen, aber letztendlich war es mir egal, solange das verdammte Ding weiterflog. »Willst du mal?«, fragte Erik, indem er auf das Pedal zu meinen Füßen zeigte, welches eine Kopie des seinen war. Etwas in mir schrie laut nein doch hatte ich das Gefühl, es könne mir besser gehen wenn ich selber die Kontrolle mal übernommen hatte. »Das einzige was du tun müsstest, wäre das Baby auf der Spur zu halten, für nur eine kurze Zeit. Außerdem, was soll schon passieren, ich kann ja jederzeit selber eingreifen« Das überzeugte mich und so lerne ich die Steuerung des Flugzeugs am Boden mit Hilfe der Pedale. Mein Herz raste und das Adrenalin machte mich wacher als es je ein Kaffee geschafft hatte, doch schließlich lenkte ich das Flugzeug. Wir hielten an und Erik fummelte an einem Gerät mit vielen Zahlen, bis er schließlich wieder den Tower ansprach. Diesmal war es eine andere Person, die ihm mit den Worten »Cessna 51A, wind calm, runway 08, cleared for takeoff« die Startfreigabe erteilte und meine letzte Chance aus diesem Ding raus zukommen zunichte machte.

Ich atmete tief ein. »Nicht vergessen, die Augen offen halten«, meinte Erik »wir werden jetzt auf die Startbahn rollen. Ich werde ordentlich Gas geben und bei fünfundfünfzig Knoten wird mein Engel hier seine Flügel entfalten und wir werden sanft in diese wunderbare, ruhige Luft fliegen. Löst du bitte die Parkbremse für mich?« Es war offensichtlich, das er mich einbinden wollte um mir Sicherheit zu geben. Ich löste die Parkbremse und widerstand erfolgreich dem Drang, meine Augen zu schließen. Ein kleines Stück mussten wir noch rollen, dann war es soweit. Mit gespielt kindlicher Stimme sagte Erik »Mach schön winki, winki« und zeigte dabei in Richtung meines Freundes, der sich erboten hatte, mir moralische Unterstützung zu geben. Kurz musste ich lächeln, doch dieses Lächeln wurde mir im darauffolgenden Moment aus dem Gesicht gewischt, als das 'Baby', 'mein Engel' den Fluglotsen bekannt als '4951A' Fahrt aufnahm. Wäre ich religiös, hätte ich in diesem Moment gebetet, doch ich gab mich damit zufrieden in die Fähigkeiten meines selbsternannten Therapeuten für Flugangst als Pilot zu vertrauen und starrte auf den Geschwindigkeitsmesser. 10, 20, 30, 40, 50 Knoten - langsam erhob sich das Flugzeug vom Boden. Mein Magen fühlte sich an, als würde er 1A Saltos hinlegen und im Stillen dankte ich mir selbst für meine scharfsinnige Entscheidung, kein Frühstück zu mir zu nehmen. »Verdammt. Verdammt. Verdammt«, flüsterte ich leise, immer wieder. Die Geschwindigkeit stieg weiter an. »Flaps up«, sagte Erik und zeigte auf einen Hebel, den ich betätigte. Das Geräusch welches folgte war sowohl beruhigend als auch verstörend für mich, jedoch hörte es bald darauf auf. Ich versuchte, nicht aus dem Fenster zu schauen. Zwischen den Bergen folgen wir, in dieser kleinen Maschine, und Erik schien ruhig wie immer. Wir stiegen höher, bis wir einen guten Abstand zum Boden erreicht hatten und bewegten uns auf unser Ziel zu: ein kleiner Flugplatz mitten in den Alpen. Die schlimmsten Sekunden der vergangenen Monate waren definitiv diese, und sie wurden erst zu Minuten und dann zu Stunden. Mit der Zeit wurde meine Angst nur noch größer, und nicht, wie ich gehofft hatte, weniger. Den ganzen Flug über erzählte Erik etwas vom Fliegen, doch ich hörte nur halb zu. Nach einiger Zeit wurde er jedoch ruhiger und sein Gesicht verzog sich zu ein wenig. Das ich-könnt-kotzen Gefühl in meinem Magen wurde stärker. »Erik, geht es dir gut?«, fragte ich besorgt. »Ja, ja, kein Problem«, antwortete er wenig überzeugend »wir sind fast da.« Das Flugzeug begann zu sinken wie mein Mut und Erik holte seine Liste raus. »Lies mir das bitte vor, damit ich es abarbeiten kann.« Er reichte mir die Liste und ich machte mich ans Lesen. Auf jede Zeile hin antwortete er mit etwas wie 'check' oder 'set' »Flight Instruments? Radios? ATIS? Carb He-« Ich brach ab, weil sein Kopf vornüber gekippt war. »Erik?«, fragte ich entsetzt. »ERIK?«, doch es war vergebens. Ich rüttelte und schüttelte an ihm und fühlte seinen Puls. Dieser war stabil und bestimmt halb so hoch wie meiner, was in dieser Situation allerdings nicht sonderlich verwunderlich war. Da war ich also, siebentausendfünfhundert Fuß über dem Boden, mit panischer Flugangst und einem Piloten der ein spontanes Nickerchen, dessen Grund ich noch nicht kannte, hielt. Ganz ohne Vorwarnung spürte ich etwas in mir: Der Drang zu überleben. Eine tiefe Entschlossenheit machte sich in mir breit und ich wusste was zu tun war. Ich griff nach dem Steuer. Das Zittern war verschwunden.

(Recht offenes Ende, ich bin mir noch nicht sicher ob ich es so lassen kann. Eure Meinung, bitte.)

 

Ich finde das Ende gar nicht so offen. Das Ziel ist erreicht, die Flugangst vergessen. Ich kann mir vorstellen, dass er gut landet. Interessante Geschichte!

Lieber Gruß

Ute19

 

Hallo Thilian,

und herzlich Willkommen hier!

also ich war mit Spannung dabei auf jeden Fall, obwohl mich einige Fehler aus dem Text kickten und auch ein paar Absätze hätten mE den Erzählfluss erleichtert.
Insgesamt kam alles etwas Effekthascherisch rüber. Die zum zerreißen gespannten Nerven und der ständige Versuch zu entspannen, die ANGST. Ich meine, klar, deine Prota leidet unter Flugangst, da ist es klar, dass sie total am Ausrasten ist, aber das hätte man vielleicht auch mit weniger Beschreibungen geschafft, authentisch darzustellen. Insgesamt war mir das zu dick aufgetragen. Ich als Leser begreife zwar ihre Angst, kann sie aber irgendwie nicht nachempfinden.
Etwas Textkram, falls du daran noch arbeiten möchtest:

einfach aufgeben kommt nicht in Frage.
Aufgeben

Egal (,) wie stark ich versuchte, positiv zu denken,

Alle meine Gedanken kreisten um die Angst, doch schließlich fasste ich neuen Mut, versuchte einfach, nicht mehr nachzudenken und mich in meiner Lage so gut es ging zu entspannen, mir mein Ziel vor Augen führend, endliche meine schreckliche Flugangst loszuwerden. Ich versuchte mir vorzustellen,
Mir mein Zeil vor Augen zu führen, müsste es heißen. Da muss man beim erweiterten Infinitiv bleiben.
Tippfehler: endlich
Solche Wortdopplungen vermeiden.

die Hautarbeit
die Hauptarbeit

aber letztendlich war es mir egal, solange das verdammte Ding weiterflog.
Seit wann fliegt es denn? Habe ich das überlesen? Das ist ja gerade ein thrillgeladener Moment. Den würde ich ausbauen.

Etwas in mir schrie laut nein (,) doch hatte ich das Gefühl, es könne mir besser gehen (,) wenn ich selber die Kontrolle mal übernommen hatte. »Das einzige was du tun müsstest, wäre das Baby auf der Spur zu halten, für nur eine kurze Zeit. Außerdem, was soll schon passieren, ich kann ja jederzeit selber eingreifen(.)«
"für nur eine kurze Zeit", klingt ziemlich verschwurbelt. Ein "nur kurz" reicht aus.

Wäre ich religiös, hätte ich in diesem Moment gebetet, doch ich gab mich damit zufrieden in die Fähigkeiten meines selbsternannten Therapeuten für Flugangst als Pilot zu vertrauen und starrte auf den Geschwindigkeitsmesser.
Das gefällt mir nicht. Würde sie so etwas wirklich in diesem Moment denken? Wenn ich religiös wäre ...

ich-könnt-kotzen Gefühl
Ich-Könnt-Kotzen-Gefühl

»ERIK?«, doch es war vergebens.
"Erik?" Doch es war vergebens.

mit panischer Flugangst und einem Piloten (,) der ein spontanes Nickerchen, dessen Grund ich noch nicht kannte, hielt.
Diesen Einschub (in fett) würde ich rausnehmen. Ist mir als Leser schon klar, und es macht den Satz sperrig.

east departure« hörte ich Erik auf Englisch, der Sprache der Fliegerei, sagen, und hatte keine Ahnung was vor sich ging.
Auch hier habe ich das Gefühl, mir wird etwas vorgekaut. Ich weiß, dass das Englisch ist, und ich weiß auch, dass sich Piloten hauptsächlich so verständigen.

»Bereit?«, frage Erik.
fragte

Was mir gefallen hat: du scheinst dich auszukennen mit Sportfliegern und so. Oder du hast ganz gut recherchiert. Gern hätte ich die Hintergründe deiner Prota und von Erik besser kennen gelernt. Was verbindet die beiden? Warum will sie unbedingt ihre Flugangst loswerden? usw.

(Recht offenes Ende, ich bin mir noch nicht sicher ob ich es so lassen kann. Eure Meinung, bitte.)
Das gehört nicht zur Geschichte, also sollte das eigentlich in einem extra Post stehen. Ist jetzt nicht weiter schlimm, aber, ja, wegen dem offenen Ende, ich kann es nicht ganz nachvollziehen, warum du an der Stelle Schluss machst. Hier wird es doch richtig spannend. Willst du die Geschichte fortsätzen. Soll das Ende ein Cliffhanger sein? Ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, die Charaktere noch etwas zu beleuchten und die Story zu Ende zu bringen. Jetzt brennt die Luft, also wieso aufhören?

Beste Grüße

Hacke

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo thilijan,

wie ich finde, eine sehr packende kleine Geschichte. Tja, die Flugangst. Das Thema sprang mich sofort an, da ich selber gerade was zum Thema Angst (bei mir: vor dem Bahn führen) geschrieben habe. Großartig, da setzt sich einer in so eine kleine Maschine, auch wenn sein Freund am Steuerknüppel sitzt. Eine Überwindung ersten Ranges.

Aber: für mich ist die Geschichte nicht abgeschlossen, das solltest du dringend noch nachholen, sonst muss sie m.E. einer der Moderatoren raus nehmen. Wäre echt schade. Meines Erachtens fehlt zum Schluss nicht mehr viel, gerade mal noch die Landung, oder wohl leider der Absturz, wenn sein Freund weiter schläft.

Auch dein Schreibstil gefällt mir sehr gut. Du kommst schnell zur Sache, es kommt keine Langeweile auf. Auch konnte ich keine Schreib- oder Satzzeichen Fehler feststellen, bis auf die, die Hacke schon angemerkt hat. Aber leider brichst du am Höhepunkt der Spannung ab. Und das ist nicht gut. Mir würde es so reichen, wenn du in dem Stil die Geschichte noch zu Ende führst.

Gerne gelesen.
Liebe Grüsse
Jeanmarie Malte

 

Hallo thilijan

(Recht offenes Ende, ich bin mir noch nicht sicher ob ich es so lassen kann. Eure Meinung, bitte.)

Die Frage ist ja, was hast du dir bei diesem Ende gedacht? Was war deine Absicht?

In der Regel ist es keine gute Idee, eine Geschichte an ihrem spannendsten Punkt einfach abzubrechen. Das macht in vielen Fällen - hier leider auch, was mich angeht - den Eindruck, der Autor habe nicht so recht gewusst, wie es nun weitergehen soll. Oft hört man dann: Der Leser soll sich seine eigenen Gedanken machen - aber es ist keine gute Idee, dies über ein offenes Ende erreichen zu wollen. Wenn ich mir meine eigenen Gedanken machen will, denke ich mir selbst eine Geschichte aus. Wenn deine Geschichte gut genug ist, beschäftigt sie die Leser, auch wenn sie ein abgeschlossenes Ende hat.

Also, hier finde ich es überhaupt nicht gut, dass du abbrichst. Im Prinzip bringst du deine Figur in eine ausweglose Lage und hörst dann auf. Eine Figur, von der man überhaupt nichts weiß, bis auf die Tatsache, dass sie an Flugangst leidet. So ist es schwierig, sich in sie hineinzuversetzen, vor allem, weil du es bei ein paar recht beliebigen Formulierungen belässt - zittrige Hände, gespannte Nerven, rasendes Herz. In einer Geschichte, die sich ja primär um Flugangst dreht, hätte ich mir da noch irgendwas Individuelleres gewünscht.

Gut fand ich die Details zum Flugablauf selbst - auch wenn ich mich frage, warum der Pilot während des Flugs noch Checklisten abarbeitet. Zufällig kenne ich einen Piloten, mit dem ich selbst auch schon mitgeflogen bin, da musste ich als Mitflieger aber keine Listen vorlesen :)

Eriks Ohnmacht kommt dann sehr plötzlich. Spannender wäre es, wenn sich das langsam andeuten würde. Und tja, ich denke für den Ich-Erzähler sieht es schlecht aus ... kann mir nicht vorstellen dass ein Laie das Flugzeug sicher runterbringt.

Leider haben mich auch die zahlreichen Fehler rausgehauen. Hacke hat da schon eine umfangreiche Liste erstellt, daher erspar ich mir das diesmal. Waren aber auch viele Kommafehler drin, das/dass, Zeitenfehler und solche Dinge.

Worauf du außerdem achten könntest:

doch etwas tief in mir, ein leises Flüstern,

»Verdammt. Verdammt. Verdammt«, flüsterte ich leise, immer wieder.

Ein Flüstern ist per se schon leise, muss also nicht extra erwähnt werden.

Also insgesamt hat mich der Text nicht überzeugt, trotz eines spannenden Themas und einer guten Ausgangssituation. Aber man kann so etwas atmosphärisch dichter und vor allem spannender beschreiben. Und vor allem das offene Ende (was eigentlich kein "offenes", sondern mehr ein abgebrochenes Ende ist) gibt der Geschichte einen unfertigen Beigeschmack.

Grüsse,
Schwups

 

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