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Hand angelegt
Montag, vierzehnter Dezember, nur noch ein paar Tage bis Weihnachten. Das Wetter war nasskalt, sehr ungemütlich. Wie geschaffen für gute Depressionen. Und das näher rückende Weihnachten tat sein Übriges. Seit anderthalb Jahren war ich wieder alleine. Ab und an tauchte Renate in meinem Orbit auf und wir bauten uns für ein Wochenende ein heimeliges Nest aus Glück und Vertrauen. Eine Oase voller kleiner Wunder und heilender Wunden inmitten des wüsten Lebens.
Es war nicht nur der wunderbare Sex, es war diese immense Zärtlichkeit zwischen uns, die mich die Durststrecke bis zum nächsten Wochenende überleben ließ. Innerhalb dieser marginalen Höhepunkte meines Daseins, watete ich durch das tiefe Tal der Erkenntnis, dass unser aller Leben nicht länger dauerte, als das Zischen eines Wassertropfens auf einer glühenden Herdplatte. Mit dem Unterschied, dass manche von uns den Schmerz spürten.
Aber außer mir gab es durchaus noch mehr einsame Seelen in dieser Welt, die nicht so gut damit leben konnten. Dazu zählte ich auf jeden Fall unsere Büroangestellte. Sie war etwa drei oder vier Jahre älter als ich, hatte ein ziemlich verlebtes Gesicht, nicht unhübsch, nur eben gezeichnet für vierzig Jahre und nur dreißig alt. Sie war etwas korpulent und kleidete sich meistens mit weiten Blusen. Rubens hätte sie gemalt und ihre Figur wäre heute berühmt; ohne Zweifel. Was den meisten Frauen auf Rubens Gemälden fehlte, waren große Brüste. Auf seinen Bildern fand ich immer nur kleine Brüste, im Verhältnis zum Rest des Gemalten. Bei unserer Dame aus dem Büro war das nicht so. Ihre Brüste waren enorm.
Aber ich wollte ja nichts von ihr. Unser Kontakt war auf das Alltagsgeschäft beschränkt. Sie teilte uns mit, welcher Kunde nicht gezahlt hatte, und deswegen keine Ware mehr auf Lieferschein bekam, oder ich war bei ihr hinten im Büro, um Angebote zu kopieren. Man hielt ein Schwätzchen, fand sich nett. Das war's. Eines Tages meinte der Junior-Chef zu mir:
»Die hat's auf dich abgesehen.«
»Quatsch«, erwiderte ich. »Das wüsste ich aber.«
Ich nahm das nicht ernst. Aber im Laufe der Wochen bemerkte ich vermehrte Fragen von ihr nach meinem Befinden. Ob ich alleine wohnen würde? Ob sie mir ein Eis in der Mittagspause mitbringen solle? Ich blockte das immer so freundlich wie möglich ab.
Eines nachmittags begann ich mit dem Einräumen der Schraubenpakete und war gerade dabei, DIN 7985 oben im Regal zu verstauen, als sie auf der anderen Regalseite vorbei ging. Ich konnte sie von oben sehen. Sie blieb genau mir gegenüber stehen und schaute mich an.
»Gehen wir heute ins Kino?«, fragte sie urplötzlich.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Mit allem, was es auf dieser Welt geben konnte, hatte ich gerechnet. Aber nicht mit diesem Satz.
»Ne, heute habe ich leider keine Zeit. Ich treffe mich mit den Jungs im Exil.«
Noch ein Regal weiter stand der Juniorchef auf der Leiter. Er hatte das natürlich gehört und mischte sich ein.
»Stimmt doch gar nicht. Heute Abend haben wir noch gar nix vor.«
Nachdem ich zum letzten Mal mit fünfzehn rot geworden war, passierte es heute, dreizehn Jahre später, wieder. Verdammt noch mal. Ich biss die Lippen zusammen. So ein Idiot.
»Ach so ist das«, sagte sie, und ging weiter.
Später trottete ich zu ihr wie weiland Heinrich der IV. nach Canossa, um mich zu entschuldigen. Sie war direkt, also musste ich es auch sein.
»Es tut mir leid. Eigentlich hätte ich sagen sollen, dass ich keine Lust hab.«
Sie sah mich für einen kurzen Augenblick abschätzend an.
»Du meinst, du hast keine Lust mit MIR ins Kino zu gehen.«
»Im Moment habe ich keine Lust überhaupt mit irgendjemand ins Kino zu gehen.«
»Aha.«
Sie fixierte mich wieder und fragte sich wohl, ob das nun die Wahrheit wäre.
»Aber mit den Jungs von vorne gehst du manchmal weg?«
»Ab und zu mit dem Juniorchef und der Calmbacher ist noch dabei. Aber sonst geh ich kaum noch weg.«
»Und was machst du die ganzen Abende in der Woche? Fernsehen?«
»Ich habe keinen Fernseher.«
»Das macht dich mir aber viel sympathischer. Liest du viel?«
»Wenn ich Geld hätte für Bücher, würde ich sicher viel lesen. Ich schreibe.«
»Du schreibst?«, fragte sie erstaunt. »Was schreibst du denn so?«
»Ach, dies und das. Kurzgeschichten, Gedichte, was mir so einfällt.«
Das Telefon klingelte. Ich atmete auf. Was für ein erlösendes Geräusch. Frauen, die sich für meine Schreiberei interessierten, waren mir nie ganz geheuer. Sie nahm das Telefonat an und ich verzog mich schnell aus dem Büro.
Ein paar Tage später kam sie auf mich zu und wollte wissen, ob ich ihr nicht beim Eisen-Vogt Holz für ihren Ofen holen könnte. Dort konnte man maschinell gespaltene Holzscheite als Sackware kaufen. Und da sie kein Auto hatte, willigte ich ein. Als Belohnung würde ich ein indisches Essen bekommen. Bei dem Wort „Essen“ machte es schon „Klick“ in meinem Kopf. In meinem Haushalt waren Lebensmittel eher unterrepräsentiert. Und immer nur Rotkraut mit Knäckebrot war recht einseitig. Ein gutes Essen sollte man nie ausschlagen.
Am besagten Montag machten wir zusammen Feierabend und fuhren rüber zum Eisen-Vogt. Ein Angestellter lud uns fünf Sack Holz in meinen Kadett-Kombi. Sie bezahlte, dann machten wir uns auf den Weg zu ihr nach Hause. Sie wohnte in der Westlichen, kurz vor der Alten Brötzinger Schule. Diese Häuserzeile zwischen der Kreuzung Antoniusstraße und der Einmündung der Maximilianstraße war beidseitig noch aus der Zeit des Jugendstils. Ein paar alte Häuser, die den Krieg überlebt hatten. Alt und ehrwürdig, dafür um so verwahrloster.
Sie wohnte im ersten Stock und ich trug einen Sack nach dem anderen vor ihre Wohnungstür. Der Boden im Treppenhaus war aus altem Waschbeton, in den feiner Split mit eingegossen war. Das Geländer war noch echt Guss und der hölzerne Handlauf durch den vielen Schweiß ganz dunkel. Ganz besonders witzig fand ich die Drehklingel, die in der Tür eingelassen war. Ich probierte sie sogleich aus. Es hörte sich an, wie eine alte Fahrradklingel und erinnerte mich an meine Kindheit in den 60ern, als ich bei Besuchen immer an diesen Klingeln drehen durfte.
»Was soll ich mit den Säcken machen?«, rief ich in den Flur.
»Lass sie grad stehen. Ich räum sie dann morgen rein. Komm ins Esszimmer.«
Ich schloss die Tür hinter mir und fand mich in einem großen, fast quadratischen Flur wieder. Der Boden aus kleinen, schwarzen und weißen Marmorfliesen, eingelassen in Mörtel, das Muster eines Schachbrettes, an den Flurrändern umrahmt von einem mäandernden Band aus schwarzen Fliesen. Ich ging in ein Zimmer rechts, das ich als Esszimmer identifizierte. Eine hohe Altbaudecke mit einem Stuckrand aus Gipsblumen und geschwungenen Linien. In der Mitte ein alter Tisch, an beiden Längsseiten stand je ein alter Stuhl mit hoher Lehne. Der Tisch war sehr geschmackvoll gedeckt. Tellerunterlagen aus einem blauen Stoff, dunkelgelbe Teller, blaue Kerzenständer mit gelben Kerzen. Das sah mir nach einer langen Vorbereitung aus. Es roch schon sehr köstlich nach Curry und Kreuzkümmel.
»Willst Du was trinken?«
Sie stand in der Küche. Ich beschloss, mir den Rest der Wohnung anzusehen.
»Ja, bitte, vielleicht einen Apfelsaftschorle?«
»Kommt gleich.«
Das Zimmer nebenan war mit dem Esszimmer durch eine hohe, doppelflügelige Tür verbunden. Die beiden Türhälften waren nicht in Scharniere gehängt, sondern ließen sich aufschieben. Ich nahm an, der anschließende Raum war das Wohnzimmer. Eine alte Couch stand darin, sehr alt, mit hohem, geschwungenem Rückenteil, beidseitig hohe Lehnen. Der Bezug sah jedoch sehr neu aus. Eine alte Anrichte, zwei kleine Eckvitrinen, ein kleines Couchtischchen. Und eine recht gute Anlage. Ich entdeckte einen alten Luxman Röhrenverstärker. Ich kniete mich vor das edle, silberne Gerät und fuhr mit der Hand über das kühle Metall. Dann schaltete ich ihn ein, damit die Röhren warm wurden.
»Du hast ja einen Luxman Röhrenverstärker. Das glaub ich ja nicht.«
Ich hätte nicht so laut reden müssen, denn sie stand plötzlich hinter mir mit einem Exportglas voll Apfelsaftschorle.
»Hier, du hast sicher ordentlich Durst.«
Ich nahm ihr das Glas ab und trank es gleich halb leer.
»Ja, den Luxman hab ich schon lange. Den hat mir mal ein alter Verehrer vermacht, bevor er starb.«
Ich schaute sie an.
»Sterben deine Verehrer öfter mal?«
Sie lachte. Ihr Lachen hatte etwas Derbes.
»Nein, nur der. Das Essen ist gleich fertig. Setz dich schon mal an den Tisch.«
»Soll ich was helfen reintragen?«
»Ne, lass mal, geht schon.«
Bevor ich mich setzte, durchsuchte ich noch ihre Plattensammlung. Einen CD-Spieler fand ich nicht, obwohl einige CDs auf dem Boden lagen. Aber unter ihren Platten gab es wirkliche Schätze. Ich legte eine Originalpressung der „London Sessions“ aus dem Jahre 1970 von Howlin' Wolf auf den Teller des Plattenspielers. Es war ein großer Dual, vom Feinsten. Der Luxman klickte, die Röhren waren warm und das Relais gab den Strom frei. Die Musik erklang, und ich setzte mich auf einen der beiden bequemen Stühle.
»Oh, du hast Howlin' Wolf aufgelegt. Du kennst ihn?«
»Aber ja, die „London Sessions“, mit Eric Clapton, Steve Winwood, Bill Wyman und Charlie Watts. Legendär.«
Sie kam mit einer Schüssel Reis und einer Flasche Pflaumenwein.
»Mh, Basmati-Reis. Bloß der Pflaumenwein ist nicht so ganz indisch.«
»Dafür schmeckt er gut.«
»Darf ich mir schon einschenken?«
»Aber sicher. Mir bitte auch einen.«
Ich öffnete die Flasche und schenkte uns beiden ein. Er war tatsächlich warm. Na ja, so wurde er ja schließlich auch getrunken.
Sie kam ein zweites Mal aus der Küche und stellte eine große Pfanne Gutriechendes mitten auf den Tisch.
»Ah! Curry, Kokosmilch, Ananas, Hühnchen, Erbsen, Ingwer und Koriander. Korrekt?«
»Stimmt.«
Ich hob mein Glas und prostete ihr zu. Sie setzte sich schnell und nahm ihres. Dabei sah sie mir in die Augen. Zu tief, wie ich fand. Da war etwas in diesem Blick, dass mich beunruhigte. Ich kippte den Pflaumenwein in einem Zug. Schon beim ersten Schluck war mir klar, dass ich nicht mehr nüchtern nach Hause kommen würde. Sie tat mir Reis und Curry-Hühnchen auf, sich selbst auch, dann aßen wir.
Es schmeckte wirklich ausgezeichnet. Ohne Zweifel war sie eine sehr gute Köchin. Zwischendurch stand sie kurz auf und zündete ein Räucherstäbchen an. Ich hatte nichts gegen Räucherstäbchen. Nur Moschus durfte es nicht sein. Davon bekam ich Kopfweh.
»Macht es dir Spaß im Geschäft?«, fragte sie unvermittelt.
»Ja, ist ganz lustig. Man darf halt keine hohen Ansprüche haben. Bedienen, kommissionieren, Waren einsortieren, ein ganz normaler Laden eben. Und dir?«
»Ach, es geht. Ich glaub, die Chefin kann mich nicht leiden.«
»Wie kommst du da drauf?«
»Sie hat manchmal so einen beißenden Spott drauf. Wenn ich ihrer Meinung nach was falsch mache, oder zu viele Fragen stelle.«
»Hm, sie ist schon siebzig und hat schon allerhand gesehen. Man kann ihr kaum noch ein X für ein U vormachen. Das kann natürlich schon manchmal ernüchternd sein.«
Sie hielt ihr Glas in beiden Händen und versenkte ihren Blick in den Pflaumenwein. Die Musik war aus und ich stand auf, um eine andere aufzulegen. Nach einigem Stöbern entdeckte ich „The Song Remains The Same“ von Led Zeppelin und legte den Tonarm auf den Plattenteller. Schon die ersten Töne waren wie Strom. Was für eine wunderbare Musik, dachte ich bei mir und wollte mich wieder setzen, als durch das geschlossene Fenster lautes Geschrei von der Straße zu hören war.
Ich schaute nach, was da vor sich ging.
»Was ist da los?«, fragte sie mich.
Unten auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen ein paar Männer und schrien sich an. Sie schubsten sich quer über den Bürgersteig, fielen hin, rappelten sich wieder hoch ...
»Meinungsverschiedenheiten, würde ich mal sagen.«
Sie kam her und öffnete das Fenster. Die Lautstärke schwoll sofort enorm an. Wir konnten uns beide bequem auf die Fensterbank lehnen, das Altbaufenster war breit genug. Obwohl mir die Nähe zu ihr doch etwas unangenehm war. Mein Glas Pflaumenwein tauchte wie aus dem Nichts auf.
»Oh, wie aufmerksam, danke.«
Ich nahm einen kräftigen Schluck und versuchte den Namen der Kneipe zu erkennen. Es waren rote Buchstaben auf schwarzem Untergrund, schwach beleuchtet.
»Wie heißt die Kneipe? Ich kann das kaum lesen.«
»Strohhutbar.«
»Strohhutbar? Ein netter Name. Groß ist sie ja nicht. Jedenfalls sieht sie winzig aus von außen.«
»Groß nicht. Aber er macht einen guten Umsatz. Mehr als zwanzig gehen da nicht rein. Aber die trinken normal für hundert.«
»Ja dann ...«
Der kleinere der Streithähne zog dem größeren urplötzlich eine Flasche über den Kopf. Der fiel wie ein Stein auf die Motorhaube eines davor parkenden Passats. Das ließ sich ein anderer nicht gefallen und holte aus, um den Kleinen umzuhauen. Aber der war schneller und kickte ihn Richtung Eingangstür, die just in diesem Moment aufging. Der Getretene torkelte gegen einen gehenden Gast. Beide fielen in die Kneipe hinein. Nun fuhr gerade der erste Polizeiwagen vor, gleich darauf der zweite.
»Ist ja wie Kino hier«, meinte ich und leerte mein Glas.
»Das ist fast jeden Abend so. Am Schlimmsten aber an den Samstagen, wenn Fußball ist, oder mittwochs, bei Länderspielen.«
»Fußball geht mir völlig ab.«
»Das gefällt mir.« Ich spürte ihren Blick auf mir, aber ich sah nicht hin.
»Noch einen Pflaumenwein?«
»Ja, warum nicht.«
Sie verschwand um ihn zu holen.
Der Pflaumenwein setzte mir doch mehr zu, als ich mir eingestehen wollte. Aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Die Polizisten packten die Streithähne in die Streifenwagen. Inzwischen war auch der Rettungswagen der Feuerwehr eingetroffen, um den Mann auf der Motorhaube zu versorgen. Ich rümpfte die Nase. Ein süßer Duft machte sich breit. Das war doch ... neben mir tauchte eine große Tüte auf. Sie glühte und war wirklich enorm lang. Mehrere Blättchen waren hintereinander verklebt. Sie hielt mir den Joint hin und stellte das frisch gefüllte Glas neben mich.
»Auch einen Zug?«
Ich nahm ihr das rauchende Ungetüm ab und zog einige Male tief durch.
»Komm«, sie klopfte mir auf die Schulter. »Gehen wir fertig essen.«
Ich packte mein Glas und wir setzten uns wieder, ließen uns das Curryhuhn und den Joint schmecken. Der Pflaumenwein war inzwischen leider leer. Aber sie hatte noch eiskalte Coke und Bacardi, so dass wir uns einige Drinks gönnten.
»Hast du morgen erste Schicht?«
Ich überlegte. Es wollte mir nicht einfallen. Plötzlich merkte ich, wie die Welt sich veränderte. Sie wurde um einige Dimensionen größer.
»Äh, ich glaub schon ... sag mal, was ist denn das für ein Kraut? Sind da Muskatnüsse drin?«
Sie lächelte unschuldig, wie ich meinte erkennen zu können.
»Ne, das ist meine Spezialmischung.«
»Die hat es in sich, puh ...«
Mit meinem letzten Bissen fiel mir die Gabel aus der Hand auf den Teller. Das Klappern riss mich wieder in eine Art Wachzustand.
»Ich glaub, ich muss ins Bett«, konnte ich noch sagen.
»Du kannst bei mir schlafen.«
Mein rechtes Augenlid schien schon halb geschlossen. Ein Schatten legte sich über mein Sehfeld. Und mit einem letzten Rest Vernunft und Klarheit hörte ich die Alarmglocken tief in meinem Inneren. War ich das? Wo sollte ich schlafen? Bei ihr? Um Gottes Willen ... wo war denn eigentlich mein Bett? Diese Holzkiste aus verleimten Brettern, die ich mir selbst gebaut hatte. Ich wollte mein Kissen. Mir graute vor einer Nacht ohne mein Kissen.
»Ich will in mein Bett. Ich will nach Hause. Ich brauch mein Kissen«, sagte mein Mund.
»Ich hab ein Kissen.«
Wer hat das gesagt? Da war niemand.
»Hallo?«
Da vernahm ich ein derbes Lachen, es war laut und drang in mich ein. Es bedrängte mich und ich stand auf. Durch einen weichen, sanften Nebel spürte ich, wie ein Stuhl hinter mir umkippte.
»Oh! Tschuldigung ...«
Jemand führte mich in einen Raum und drückte mich auf eine Couch. Dann passierten einige Dinge. Es gab Wind. Etwas Großes wurde heran gezogen.
»Das Fenster ist wohl offen. Hier zieht’s.«
Die derbe Stimme verneinte, dunkel und langsam kamen die Töne.
»Sach mal, was warn das für‘n Zeuch? Fußnägel? Fliegenpilze?«
Hände halfen mir hoch und legten mich auf etwas Weiches. Eine Matratze?
»Gute Nacht.«
»Was?«
Wieder das Lachen.
Irgendwann erwachte ich völlig orientierungslos. Ich war sehr beunruhigt. Die Konturen um mich herum waren mir gänzlich unbekannt. Ein hohes Fenster, eine sehr hohe Decke. Rechts von mir konnte ich unter eine Couch blicken. Ich lag auf dem Boden, aber er war weich ... ah, eine Matratze. Aber wo war ich? Und wie bin ich hierher gekommen? Es war warm unter dieser Decke, und vor allem roch sie nicht wie meine Decke. Ich zog mir die Hose aus. Seltsamerweise hatte ich weder Schuhe noch Socken an. Egal. Noch das T-Shirt, und dann würde ich weiter schlafen. Weit gefehlt ... im Türrahmen stand plötzlich jemand. Im schwachen Gegenlicht war es nur eine Silhouette. Die bewegte sich auf mich zu, kniete sich zwischen meine Beine und beugte sich mit ihrem Kopf genau über meine Unterhose. Ich spürte Haut. Die Silhouette war nackt.
»Na? Wach? Leg dich wieder hin, jetzt wird es noch schöner ...«
»Äh ...«
Die Hände der Silhouette zogen meine Unterhose aus und machten sich an meinem Gemächt zu schaffen. Und warum auch immer, in dem Moment, als sich ein warmer Mund um mein härter werdendes Teil schloss, fiel mir ein, wo ich war.
»He, wart mal!«
Ich wollte mich schnell aufrichten, aber die ruckartige Bewegung setzte mir zu. Mir wurde schwindelig. Ich fiel wieder zurück. Ein neuer Versuch, aber eine kräftige Hand drückte mich zurück.
»Bleib liegen, bitte«, hörte ich undeutlich eine Stimme aus ihrem Mund, der mit meinem Schwanz gefüllt war.
Irrsinnigerweise fiel mir ausgerechnet jetzt eine Belehrung meines Vaters ein, dass man mit vollem Mund nicht reden dürfe. Oh Gott! Ich musste lachen ...
Heftig versuchte ich, ihren Kopf weg zu drücken, aber sie hatte sich festgesaugt. Tod in den Armen eines OctoPUSSY. Warum? War ich nun völlig durchgedreht? Mit einem Ruck drehte ich mich auf die linke Seite. Sie rutschte runter und ich vollführte eine Drehung nach rechts. Mit meinem rechten Arm stützte ich mich ab. Endlich frei. Mein Schwanz war hart wie ein Knochen. Ganz natürlich, dachte ich mir, und doch schämte ich mich. Da kam von hinten eine Hand und drückte mich zurück. Eine immense Kraft. Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Und ich war ja wahrlich kein schwaches Kerlchen. Zurück auf der Matratze war sie auf einmal über mir und küsste mich. Ihre warme Haut zu fühlen, war nicht unangenehm, diese enormen Brüste, die Brustwarzen groß und steif, drückten sich in meinen Oberkörper, und - verdammt noch mal - es erregte mich. Ich drehte meinen Kopf weg. Sie rückte ihn wieder gerade und küsste mich.
»Verdam ...«
Ihr Mund war wieder auf meinem. Sie schnaufte schwer, spreizte ihre Beine, klemmte mit ihnen meinen linken Oberschenkel ein und rieb sich an ihm. Ich fühlte ihren feuchten Schoß, wie sie ihn gegen mein Bein drückte und dabei zuckte. Warme Nässe breitete sich aus. Mir wurde plötzlich schlecht. Offenbar das schnelle Hin und Her. Ich wollte sie hoch heben, aber ich war einfach zu schwach. Dieses verdammte Zeug hatte mir sämtliche Kräfte geraubt. Oh Mann ...
»Mhm ... geh runter ... bitte!«
War das möglich? Sie lag voll und ganz auf mir, eine Hand knetete meinen malträtierten Schwanz, die andere hatte mich am Haarschopf, und ihr Mund öffnete sich immer wieder und sagte entweder „Bitte, küss mich“ oder ließ die Zunge frei, um sie auf die Suche nach meiner Zunge zu schicken. Sie hatte volle Lippen und der Geruch ihres Atems war undefinierbar. Dann war da auf einmal ein Zucken, heftig, ein Zittern, schnell und vibrierend, sie stöhnte sachte auf, klemmte ihre Beine so stark zusammen, dass mein Schenkel weh tat. Und doch hielt ich sie plötzlich fest. Für diesen Moment Ihrer Erlösung legte ich eine Hand auf ihren Kopf, meine zweite auf ihren verschwitzten Rücken. Aber es hielt nur wenige Sekunden, dann packte mich der Ekel.
Ihr Mund senkte sich neben mein linkes Ohr, ich bekam kaum noch Luft und wollte nur noch weg von hier. Stoßweise atmend rollte sie endlich herunter. Keuchend landete sie neben mir. Eine ganze Zeit lang lagen wir still da. Ich kämpfte mit meiner Übelkeit und sie ... ja, mit was würde sie kämpfen? Mit einem schlechten Gewissen?
»Tut mir leid«, sagte sie leise. Sie stand auf und verließ den Raum.
Ich sank zurück auf die Matratze. Ich fühlte mich dreckig. Und er da unten stand immer noch und tat mir weh. Ich war völlig durcheinander. Hätte ich nachgeben sollen? Nun setzten auch noch Kopfschmerzen ein. Ich war drauf und dran diese Wohnung durch das Fenster zu verlassen, in einen tiefen, kalten Fluss. Aber letztendlich war ich zu müde, wollte nur noch schlafen und diese Übelkeit vergessen.