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Wochenende

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22.08.2014
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Wochenende

Er klappte das Buch zu. Für einen Moment besann er sich und schaute dann aus dem Fenster. Es war während der Lektüre bereits Abend geworden und die Wolken des Sommerhimmels leuchteten in der Abendsonne in unterschiedlichen Rottönen. Die Silhouette der Kiefer draußen hob sich vom Firmament ab. Noch für einen Augenblick schwelgte er in der Atmosphäre des Buches. Gedankenverlassen starrte er eine Weile ins Freie und beobachtete, wie allmählich die Wolken verschwanden und das blaue Himmelszelt zum Vorschein kam, vor dem nur noch ein paar rötlich schimmernde Wolkenfetzen schwebten. Nach etwa einer halben Stunde der Besonnenheit überkam ihn das schlechte Gewissen: Er müsse doch etwas tun! Mehrere Stunden hatte er damit verbracht das Buch zu lesen, es war Freitagabend und nur ständig aus dem Fenster zu schauen schien ihm langfristig eine wenig produktive Aktivität zu sein. Heutzutage (und das hat bisher jede Generation der Menschheitsgeschichte behauptet) sollte man sich doch eigentlich glücklich schätzen, wenn man noch die Zeit hat aus dem Fenster zu schauen. Er, er hatte diese Zeit: an jenem Abend, am nächsten Tag, am übernächsten Tag... Es war Wochenende und zur Arbeit müsste er erst wieder am Montag. Irgendetwas müsse er doch tun. Er schaute wieder aus dem Fenster und dann, ja dann, kam ihm die Idee: Morgen würde er eine Radtour machen. Schließlich war das Wetter schön und Sport zu machen, gilt ja allgemein als eine äußerst löbliche Aktivität. Einen Nutzen versprach er sich davon nicht, einen intakten Körper zu haben, sei ja gut und schön, doch solange man wegen seiner physischen Verfassung nicht etwaige Nachteile erfahre, war ihm körperliche Ertüchtigung eigentlich mehr oder weniger gleichgültig. Nichtsdestotrotz würde er morgen mit dem Rad fahren und dabei die Landschaft genießen. Der heutigen Medizin war es zu verdanken, dass er vermutlich noch um die fünfzig Jahre leben müsse, was folglich bedeutet, dass er sich auch für die nächsten fünfzig Jahre noch überlegen müsse, was er mit der vielen Zeit anfängt. Für den nächsten Tag hatte er ausgesorgt, und das erfüllte ihn mit Genugtuung. Er lehnte sich zurück und öffnete eine Flasche Wein. Diese hatte er sich verdient, schließlich hätte er morgen ein Programm zu bestreiten und so belohnte er sich für seine resolute Entschlussfassung. Freilich, die Flasche Wein hätte er so oder so getrunken. Als der Himmel dann vollkommen schwarz geworden war und nur noch die vor dem Mond schwebenden silbernen Wolkenfetzen zu sehen waren, ging er zu Bett, ohne an diesem Abend noch nennenswerte Verrichtungen getan zu haben.


Als er aufwachte war es schon Mittag. Man kann nicht wirklich behaupten, dass er aufwachte, vielmehr löste er sich nach und nach aus dem Schlafdelirium, aus der Welt der Träume verbannt, überkam ihn langsam das mulmige Gefühl das er wach sei. Als er sich dann wirklich sicher war, lag er einfach dar. Der allmorgendliche Unmut machte sich breit und vermischte sich mit der Müdigkeit und den Nachwirkungen des Weines zu einer jede Produktivität unterbindenden diabolischen Mischung. Auch die Gewissensbisse des Vortages waren wieder da. Ein Szenario aus dem Buch des vorigen Tages hatte ihn in seine Träume verfolgt und so sehr er sich auch anstrengte, wieder einzuschlafen um den Traum weiterverfolgen zu können, wurde er zu seinem Leidwesen stattdessen unvermeidlicherweise immer wacher. Als es sich dann so gegen 12 Uhr gar nicht mehr vermeiden ließ aufzustehen, fand er den Weg zum Computer. Ganz allein vorm PC betätigte er sich jetzt "sozial", indem er schaute, welche Nichtigkeiten man ihn in den sogenannten sozialen Netzwerken wissen lassen wollte. Als er ein paar Bilder von photographiertem Essen betrachtete, die seine Freunde am Vorabend gemacht hatten, während das Essen dabei wohl kalt wurde, stieß er auf eine Nachricht seiner Mutter, die ihn zum Kaffeetrinken eingeladen hatte. Besonders viel Lust hatte er nicht, aber so ganz ohne Ziel mit dem Rad loszufahren, fahren um des Fahrens Willen, schien ihm abwegig zu sein. Als alle Mails und sonstige Nachrichten überschaut waren und die Tasse Kaffee auf nüchternen Magen geleert war, sollte es endlich losgehen. Das Elternhaus war nur etwa 15 Minuten mit dem Rad entfernt, so dass man eigentlich nicht mehr von einer Radtour sprechen konnte, der Tag war aber trotzdem verplant und er würde seinen gesellschaftlichen Pflichten nachkommen, was ihn irgendwie befriedigte, auch heute Abend würde er wieder selbstzufrieden eine Flasche Wein öffnen dürfen.

Durch das Fenster drang das Gekrächze von ein paar Möwen, die wohl von einer Müllhalde zur nächsten flogen. Der Blick zu ihnen hinauf verriet, dass das Wetter auch heute tatsächlich wieder schön war. Er saß noch ein wenig da und blickte den Vögeln nach, überlegte, fand aber schlussendlich keinen triftigen Grund, warum er nicht zu seinen Eltern fahren sollte, und so machte er sich mit seinem alten Hollandrad auf den Weg, durch die Thoma-Straße auf die Thomas-Mann-Straße, in die er mit besonderer Andacht seine Sportschuhe zu setzen pflegte. Der Weg führte durch die Innenstadt und auch an der Universität vorbei. Das alte Gebäude war beeindruckend wie immer. Von antiker Philosophie, fernöstlicher Dichtkunst und amerikanischen Diskursen über die Medien hatte er an seiner Alma Mater gehört und jedes Mal wenn er an dem Gebäude vorbeifuhr, gedachte er der schönen Zeit, die ihm zu dieser Zeit noch schöner erschien, als er sie zur Zeit, als er noch Student gewesen war, empfunden hatte, der Mensch neigt nun mal zur Idealisierung der Vergangenheit, aber in einem war er sich sicher: In der Universität war es auf jeden Fall besser als in seinem jetzigen Bürojob. Es gibt Stimmen, die Kritik äußern, welchen Nutzen das Studium von chinesischen Texten aus dem vierten Jahrhundert vor Christus für die Gesellschaft hätte, das Leben lang den Import von Reifenfelgen aus dem Ausland zu kontrollieren, mag zwar für einige Leute lebensfüllend sein und einen positiven Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt haben, ihm schien diese jedoch nicht zu erfüllen und so sehnte er sich nach seiner Studentenzeit zurück. Von fremden Kulturen und unterschiedlichsten Ideen hatte er hier erfahren. Viele Bücher hatten ihn gefesselt, verzaubert und illusioniert. So hatte er etwa ein idealisiertes Bild von der Liebe, die doch in der Literatur in so vielen interessanten Facetten erschien. Auch das Buch vom vorigen Tag war eine Liebesgeschichte, die ausnahmsweise gut endete, ohne dass sich eine der Figuren weiße Handschuhe anziehen musste. Große Emotionen wurden hier beschrieben, die, umso größer sie sind, umso weniger mit der Realität zu tun zu haben scheinen, in der doch alles so trist und ordinär ist. Vor dem Haupteingang der Universität sah er eine Bekannte aus Studienzeiten, mit der er bis vor einem Jahr zusammen gelernt hatte. Um einem Gespräch zu entgehen, tat er so, als würde er sie nicht sehen. Den Verlauf des Gespräches erahnte er bereits und so ersparte er sich die vertane Zeit. Lediglich Smalltalk zu führen und ein paar Floskeln auszutauschen, schien ihm so sinnfrei, wie den ganzen Tag im Bett zu liegen. Über den Smalltalk war ihre Beziehung nicht hinausgekommen, obwohl sie sich über ein Jahr regelmäßig getroffen hatten und weil ihm an trivialen Gesprächsinhalten nichts liegt, was ihn zu einem miserablen Gesprächspartner machte, konnte er auch keine Sympathien erwarten. Dabei würde er doch so gerne mit jemanden über das gestrige Buch reden, das ihn doch so sehr bewegt hatte. Nur leider half ihm niemand dabei, sein Bedürfnis zu befriedigen, es war als ob die für ihn wichtigen, guten und schönen Dinge nur in die Universität gehörten, als wäre die Hochschule mit ihrer schönen Fassade ein goldener Käfig für die erhabenen Lehrgegenstände, die zu schön und hoch sind, um in die ordinäre und profane Welt außerhalb der Akademie hinausgetragen und verunreinigt zu werden.


Die Reifen des Rades waren etwas platt, so dass aus den fünfzehn Minuten zwanzig wurden und er sich in der Hochsommersonne etwas mehr anstrengen musste als sonst, was dazu führte, dass er verschwitzt bei seinen Eltern eintraf. Außer seinen Eltern hatten sich noch weitere Verwandte und auch ein paar Nachbarn eingefunden. Das Geschirr war schon abgeräumt und die Reste vom Kuchen standen bereits im Kühlschrank. Etwas Kaffee aus der Thermoskanne genügte ihm und so setzte er sich mit seiner Tasse zu den Anwesenden. Unter den Nachbarn wurde über einen anderen, nicht anwesenden Nachbarn geredet, der anscheinend beständig sein Auto im Sommer im Schatten eines Baumes parken würde, und damit vor dem Eingangstor eines anwesenden Nachbarns stand, was diesen aus irgendeinem Grund störte, und statt sich darüber bei der besagten Person zu beschweren, wurde darüber beim Kaffee mit den anderen Nachbarn geredet, als würde das irgendwie weiterhelfen. Seine Mutter, die sich auch an der Unterhaltung beteiligte, schien die Beschwerde besonders mitzunehmen, denn sie nickte jedes mal, wenn der Blick des Sprechers auf sie traf und sie fügte ergänzend hinzu, dass zu allem Überfluss auch noch die Einfahrt des Schattenparkers von Unkraut überwachsen wäre. Zwei Gedanken kamen ihm jetzt in den Sinn: Da das Auto nicht mehr in der Einfahrt steht, scheint man das Unkraut wohl besser sehen zu können, und: wenn seine Mutter außer der unästhetischen Einfahrt des Nachbarn keine anderen Probleme hat, sollte es ihr wohl gut gehen. Die Familienangehörigen auf der anderen Seite des großen Tisches unterhielten sich währenddessen über den Urlaub des Onkels, der mit seinen Kindern irgendwo an die Mosel gefahren war. Jede Einzelheit der Reise wurde ausführlich beschrieben, ohne das die Ausführungen dabei langweilig waren, denn es wurden andauernd neue Fragen zur Reise gestellt, die mit Genugtuung beantwortet wurden. Ihn überwältigten die Schilderungen des Onkels nicht so wie die anderen lauschenden Familienmitglieder. Er hatte stattdessen seine gute Mühe nicht gelangweilt auszuschauen, um nicht unhöflich zu wirken und den Geschichtenerzähler zu kompromittieren. Leider war an diesem Tag der Sohn des Erzählenden nicht gekommen, mit dem er sich sonst gerne über Filme und Spiele unterhalten hätte. Jetzt blieb ihm wohl nichts anderes übrig als sich irgendwie an dem Gespräch zu beteiligen ohne dabei allzu gelangweilt rüber zukommen. Inzwischen hatte seine Cousine das Wort an sich gerissen und sie berichtete über ihre gestrige Begegnung mit einer Frau, die einen übergroßen Hut mit Orangen darauf getragen hatte. Der Zusammenstoß mit dieser Frau in Sommermode hatte sie wohl so sehr mitgenommen, dass sie jetzt ohne Punkt und Komma, aber dafür mit vielen Ausrufen, über ihren Zusammenstoß mit der Frau berichtete. Mit der Frau hatte sie zwar kein Wort gesprochen und eigentlich wollte sie nur mitteilen, dass sie die Größe des Hutes beeindruckt hatte. Dass sie zur Erklärung dieses Aspektes trotz beträchtlicher Redegeschwindigkeit mindestens fünf Minuten brauchte, war irgendwie beeindruckend. Besonders weltbewegend war diese Geschichte nicht und trotzdem lauschten alle Anwesenden gebannt dieser Anekdote. Sich zu treffen um dann über solch triviale Dinge zu reden schien ihm noch eine größere Zeitverschwendung zu sein als alleine seine Zeit totzuschlagen. Vor einigen Tagen hatte ihm seine Mutter noch mitgeteilt, dass er sich durchaus auch einmal in ein Gespräch einfügen sollte, weil er sonst so ungesellig wäre. So überlegte er, welche Anekdote es wohl Wert wäre erzählt zu werden. Es fiel ihm eine Stelle aus dem gestrigen Buch ein, welche wohl den Höhepunkt des Romans darstellte und die ihn so sehr bewegt hatte, dass er beim Lesen wässrige Augen bekam, aber von dem Buch könnte er jetzt vor den Leuten nicht erzählen, was interessiert sie schon, was für außergewöhnliche Dinge in irgendeinem Buch geschrieben stehen, wenn doch vor ihrer eigenen Haustüre ganz gewöhnliche Dinge passieren oder gar jemand dort sein Auto parkt! Er bräuchte auch so eine ähnliche Geschichte und so überlegte er eine Weile bis er sich an seine ehemalige Kommilitonin erinnerte, die er doch vor kurzem erst vor der Universität gesehen hatte. Er erzählte also von seiner heutigen Begegnung mit ihr, die ja keine war, und davon, dass, als sie zusammen gelernt hatten, sie immerzu mit ihrem Smartphone beschäftigt war, statt zu lernen und sogar wenn sie sich unterhalten hatten, blickte sie nur selten davon auf. Als er dann sagte, dass er fände, dass dies eine Unart wäre, blickte sein zehnjähriger Cousin kurz von seinem Gerät auf, um sich danach ungestört weiter damit zu vergnügen. Man stimmte ihm allgemein zu und so hatte er seinen Beitrag zum Gespräch geleistet. Danach übernahm wieder seine Cousine das Gespräch, welche auch irgendwo irgend wen wieder getroffen hatte, ohne dabei einen Punkt zu machen, sondern nur sagte, wo diese Person wohnt, wen er als Freundin hat und was er studiert hatte, was für niemanden am Tisch für Belang war, aber trotzdem alle außer ihn zu interessieren schien. Nach etwa einer halben Stunde verlor er dann vollständig die Lust. Entweder er würde sich am Schrank mit dem Alkohol bedienen oder er würde nach Hause fahren, um der Langeweile zu entfliehen. Wenn er so früh schon mit dem Alkoholtrinken anfangen würde, würde man ihn deswegen sicherlich doof anschauen und die Nachbarn könnten sich dann beim nächsten Kaffeeklatsch über den Sohn ihrer Nachbarn unterhalten, der schon nachmittags Alkohol trinkt. Auch wenn ihm die Meinung der Nachbarn ziemlich egal war, entschloss er sich zurück in seine Wohnung zu fahren. Mit der Begründung, dass er noch Arbeit für Montag vorbereiten müsse, gelang ihm die Flucht aus der Runde. Mit dem Gefühl den Tag verschwendet zu haben, führ er zurück. Ursprünglich war er mit der Intention losgefahren, den Tag mit etwas Sinnvollem zu füllen und genau das war ihm nicht gelungen, weshalb er nun etwas entnervt auf dem Rad saß. Wieder zu Hause angelangt setzte er sich vor den Computer und als die Sonne im Untergehen begriffen war, öffnete er eine Flasche Wein. "Morgen" dachte er sich, "morgen bleibe ich hier und fange ein neues Buch an. Die Lebensansichten von Katzen sind mir noch vielmal lieber als die Nichtigkeiten vom Kaffeetisch. Zum Teufel mit den sogenannten gesellschaftlichen Verpflichtungen!"

 

Hej Drabin,

willkommen hier.

Ich hab nur mal kurz angelesen und den Eindruck, Du hast ein Problem mit Zeitformen.

Er müsse doch etwas tun!
Da fehlt ein
Er (oder irgendwer sonst) fand/dachte/glaubte, er müsse …

Es war Wochenende und zur Arbeit müsste er erst wieder am
musste
E sei denn, Du willst ausdrücken, dass er auch am Montag nicht wirklich muss.

Irgendetwas müsse er doch tun.
s.o.

Einen Nutzen versprach er sich davon nicht, einen intakten Körper zu haben sei ja gut und schön
wäre ja gut und schön

Der heutigen Medizin ist es zu verdanken, dass er mindestens noch um die fünfzig Jahre leben müsse
Der heutigen Medizin war es zu verdanken, dass er mindestens noch um die fünfzig Jahre leben würde
Wobei das ohne "vermutlich" oder "wahrscheinlich" eine schräge Aussage bleibt. Niemand kann sagen, wie lange er oder sie lebt, auch nicht dank der modernen Medizin.

Noch für einen Augenblick schwelgte er in der Atmosphäre des Buches.
Für ihn bestimmt ein schönes Gefühl, je nachdem um was es in dem Buch ging. Für mich als Leserin total belanglos, denn ich kenne weder das Buch noch seine Stimmung.

Ich würd Dir empfehlen, zu überlegen, was Du selber an Geschichten spannend fandest. Vllt kannst Du Dir da etwas abgucken und in Deine eigenen einbauen.

Viel Spaß noch hier und beim Schreiben,

Gruß
Ane

 

Hallo :)

Der letzte Satz ist aussagekräftig, passt jedoch nicht recht zur restlichen Geschichte. "Zum Teufel mit den gesellschaftlichen Verpflichtungen", sagst du. Doch deine Hauptfigur hat diese ja nicht aus Zwang angenommen, sondern nur, weil er im Grunde nichts mit sich anzufangen wusste.
Was möchtest du denn mit deiner Geschichte sagen? Dass Bücher lesen besser ist als Kaffee bei Verwandten und nichtige Gespräche? Also ich kann mir keinen rechten Reim auf deine Geschichte machen.

Liebe Grüße

 

Vielen Dank für die Begrüßung und die Kommentare. Dies ist die erste Kurzgeschichte, die ich geschrieben habe, und die ich ursprünglich nur als Versuch und für die Schublade geschrieben hatte. Als sie dann fertig war, fand ich, dass es eine Verschwendung wäre, sie nicht zu posten.

@kiya Ich hatte vor zwei Themen in der Geschichte anzusprechen. Dass sie nicht erkannt wurden, spricht wohl nicht für mich. Die zwei Themen sollten sein: 1) Aufzuzeigen, dass man der ennui verfällt, wenn man keinen Sinn im leben findet, und dann auf gesellschaftliche Erwartungen ausweicht (sozial zu sein, Sport zu treiben, nett zu seinen Mitmenschen zu sein etc.), die aber auch keine Alternative bieten können, weil man sich nur was vormacht. Und genau das will der Protagonist nämlich nicht mehr machen, als er sich dazu entschließt am nächsten Tag das zu machen, worauf er selber Lust hat nämlich ein Buch zu lesen, was mich zum 2.) Punkt bringt: Die Gegenüberstellung von dem schlichten, ordinären und profanen (der Kaffeeklatsch, die Freundin vor der Uni) und der Kunst (die Uni, die genannten Bücher, das Gespräch über Filme mit dem Cousin), ähnlich wie das Motiv in Tonio Kröger. Ich habe keines der Bücher direkt angesprochen, bei dem Buch, das der Protagonist am Vortag gelesen hat, hatte ich keinen besonderen Titel im Sinn, da kann man sich ein beliebiges aussuchen. Ansonsten sind es der Werther und Die Lebensansichten der Katers Murr oder auch Ich, der Kater von Natsume Souseki. Ich lese relativ viel und weiß auch was ich spannend finde, diese Geschichte sollte generell nicht besonders spannend sein. Dadurch, dass keine Spannung vorhanden ist, sollte eigentlich das Langweilige am Leben des Protagonisten beschrieben werden.
Ane Mit "Er müsse doch etwas tun" wollte ich keine direkte Rede benutzen, sondern die allgemeinen gesellschaftlichen Erwartungen aufzeigen, nämlich dass man doch was mit seiner Zeit anfangen sollte und sie gut nutzen sollte. Es steht nicht im Präteritum, weil diese Aussage zu jeder Zeit der Menschheitsgeschichte Gültigkeit besitzt. Mit dem "müsste" in dem nächsten Satz, den Du zitierst, habe ich aufzeigen wollen, dass er natürlich die Wahl hat hinzugehen, oder auch nicht, er könnte sich krank schreiben lassen oder Ähnliches, aber ich denke Du hast Recht, so ist es einfacher verständlich. Ich habe den Text auch um ein "vermutlich" ergänzt.

 
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Servus Drabin, willkommen hier.

Ich konnte mit dem Text nicht viel anfangen. Ich habe ihn auch nicht ganz zu Ende gelesen.
Er ist mir zu langatmig, stilistisch zu ausschweifend, zu wenig erzählend, zu larmoyant räsonierend, den Protagonisten empfand ich schlicht als Langeweiler.
Obendrein ist, wie Ane schon anmerkt, der Tempusgebrauch wirklich sehr nachlässig (an vielen Stellen Präsens statt Päteritum, usw.) und überhaupt finden sich jede Menge Fehler.

Zumindest die Fehler - aus dem Teil, den ich gelesen habe - will ich dir zeigen, wenn ich schon nichts Erfreuliches zum Text zu sagen weiß:

Schließlich war das Wetter schön und Sport zu machen [Komma] gilt ja allgemein als eine äußerst löbliche Aktivität.
... einen intakten Körper zu haben [Komma] sei ja gut und schön,
Für den nächsten Tag hatte er ausgesorgt, und dass [das] erfüllte ihn mit Genugtuung.
Schlafsdelirium [ohne Fugen-s]
und so sehr er sich auch anstrengte [Komma] wieder einzuschlafen um den Traum weiterverfolgen zu können,
gar nicht mehr vermeiden lies [ließ] aufzustehen,
indem er schaute [Komma] welche Nichtigkeiten man ihn ...
Als er ein Paar [paar] Bilder
mit dem Rad los zu fahren [loszufahren]
Er saß noch ein wenig dar [da]
warum er nicht zu seinen Eltern zu [weg] fahren sollte, und jedes mal [Komma, jedesmal oder jedes Mal] wenn er an dem Gebäude vorbeifuhr, bedachte er der schönen Zeit [gedachte der, oder bedachte die Zeit]
die ihm zu dieser Zeit noch schöner erschien, als er sie zur Zeit [Komma] als er noch Student [gewesen war, Komma] empfunden hat,
Texten aus dem 4 Jhdt. [Jahrhundert]
mag zwar für einige Leute lebensfüllend zu[weg] sein
Um einem Gespräch zu entgehen [Komma] tat er so [Komma] als würde er sie nicht sehen.
Lediglich Smalltalk zu führen und ein paar Floskeln auszutauschen [Komma] schien ihm ...
Symphatien [Sympathien]
Nur leider half ihm niemand dabei [Komma] sein Bedürfnis zu befriedigen,
als wäre die Hochschule mit seiner [ihrer] schönen Fassade
so dass aus den fünfzehn Minuten zwanzig wurden und er sich in der Hochsommersonne etwas mehr anstrengen musste als sonst, was darin resultierte [dazu führte, meinst du vermutlich], dass er verschwitz [verschwitzt] bei seinen Eltern eintraf.
usw.

Viel Spaß hier noch.

offshore

 
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ernst offshore Danke auch dir ernst offshore für deinen Kommentar und die Korrekturen!

Der Protagonist ist ein Langweiler und das sollte auch so sein. Ich hatte mir schon gedacht, dass eine Geschichte mit so wenig Action nicht besonders beliebt sein wird. Dass die Action fehlt macht die Geschichte aber auch zu einer Alltagsgeschichte.

Zu der Tempusfrage: Ich habe ganz bewusst die erlebte Rede benutzt, nach der der Tempus korrekt sein müsste. Im Wikipediaartikel zur erlebten Rede stehen ein paar Beispiele.

 

Hallo Drabin,

erst einmal danke für ausführliche Antwort!
Das Thema, so wie du es mir jetzt erläutert hast, finde ich durchaus interessant, ja sogar spannend - ist es doch leider tatsächlich so, dass die meisten Menschen mit ihrer freien Zeit wenig anzufangen wissen; ja sogar (wie du es in deiner Geschichte auch ansprichst) das Leben aus der Arbeit besteht und sonst kein Sinn gefunden wird.
Leider finde ich wie schon gesagt, dass es in deiner Geschichte nicht so deutlich wird wie in deiner Erklärung.

Als Ansatz einer Geschichte finde ich (wenn in der jetzigen Fassung zu langatmig) den Text auch gut, doch würde ich mir wünschen, dass sie weiter geht.
Dass du vielleicht erzählst, wie dein Protagonist sich weiterentwickelt, einen Sinn im Leben findet. Oder eben auch nicht - je nachdem, was du letztendlich aussagen möchtest.

Danke für's Teilen!

 

Hallo,

ich fand die Geschichte ziemlich gut - wie ich sehe, im Gegensatz zu meinen Vorrednern.

Du bringst die Tristesse des Lebens des Prots gut zum Ausdruck, da passt auch die langatmige Erzählweise - trotzdem könnte man vielleicht stellenweise etwas straffen. Dann das Thema der "sinnvollen Beschäftigungen", das fand ich auch interessant.

Es ist natürlich nur eine Momentaufnahme "aus dem Leben eines einsamen Langweilers", aber der Umfang ist trotzdem aus meiner Sicht in Ordnung, da der Leser durch den Verlauf der Geschichte zum Nach/Weiterdenken gebracht werden kann. Man könnte beispielsweise aus dem Text erahnen, dass der Protagonist kurz vorm Beginn einer Alkoholkrankheit steht, weil er sich für die banalsten Tätigkeiten immer mit einer Flasche Wein belohnt. Oder er macht irgendwann doch mehr aus seinem Leben - aber was ist "mehr", bzw. was hält er dafür?

Gruß
voyageur

 

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