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Hören ohne Musik

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02.01.2011
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Hören ohne Musik

Es geschah in einer solchen Nacht, die einen komplett verschlucken kann, wenn man nicht aufpasst – ich war neunundzwanzig Jahre alt und trug so ein Gefühl in mir, dass alles tot ist, dass nichts mehr kommt. Ich zog mir meinen Mantel über und lief durch die Stadt, schaute mir alles an, die Häuser, die Bäume, die Menschen, und das beruhigte mich auf eine unerklärliche Art.

Sie stand vor mir am Tresen und zuerst hielt ich sie für ein Kind, die dünnen Arme, Beine, die langen, braunen Haare, eine Tasche mit Blumenmustern um die Schulter, dazu reichte sie mir nicht mal bis zum Kinn – doch als sie sich umdrehte, sah ich ihr in die Augen, und sie hatten etwas Altes, Gebrochenes, sie waren schwarz und gleichzeitig schimmerten sie grau, und ich fragte mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern können, so wie manche graue Haare bekommen.
Sie hielt in beiden Händen ein Bier und schaute mir ins Gesicht, und ich hasse es, wenn mir Leute ins Gesicht schauen; ich spürte ihren Blick über meine Wangen wandern, dann zu meinen Augen, zum Hals, immer den roten Linien meiner Narben entlang. Ich wollte schon an ihr vorbei gehen, zum Tresen, wollte Bier bestellen, da lächelte sie plötzlich, und dieses Lächeln kam mir bekannt vor, ich glaubte es zu kennen, aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben.
Sie hielt mich am Arm fest und rief dann: „hey!“, weil die Musik so laut war.
„Hey“, sagte ich und ging weiter.
„Wie findest du die Band?“, hörte ich sie fragen.
Ich drehte mich um und wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich verstand nicht einmal, warum ich hier war; als ich die Gitarren und Trommeln von der Straße aus gehört hatte, zogen sie mich an, wie das Licht manchmal einen alten Nachtfalter anzieht, aber spüren, spüren konnte ich sie noch nie, die Musik, nichts an den Klängen, die ich wahrnehme, läuft in meine Gliedmaßen oder in meinen Kopf oder Bauch – es sind Geräusche, deren Töne ich höre und einordnen kann, aber das andere, das hinter alldem steht, das fühle ich nicht. Trotzdem stand ich hier.
„Und?“, fragte das Mädchen und lächelte weiter.
„Es klingt gut“, sagte ich. Dann schwiegen wir einen Augenblick und ich wusste nicht, ob ich gehen sollte oder nicht.
„Soll ich gehen?“, fragte ich und dann lachte sie.
„Quatsch“, sagte sie und hörte auf, auf meine Narben zu schauen. Ich fühlte mich gleich besser. „Bist du ganz alleine da?“, fragte sie.
Ich nickte.
„Hier, für dich.“ Sie reichte mir eine ihrer Flaschen. Dann nahm sie mich an die Hand und wir gingen in Richtung Bühne, zwischen viele Menschen, die schwitzten und sich bewegten; das Mädchen begann zu tanzen und lächelte dabei auf so eine ehrliche, warme Art vor sich hin, doch dann stand da ein Punk neben mir, der starrte mir ins Gesicht, und zwischen all dem Lärm legte sich eine unerträgliche Stille auf meine Brust, schwer wie der dunkle Himmel dieser Nacht. Ich ging nach draußen und steckte mir eine Zigarette an.
„Willst du schon gehen?“ Das Mädchen stand wieder vor mir. Schweiß glänzte auf ihrer Stirn und ihre Haare standen kraus von ihr ab.
„Ich denke, ja“, sagte ich und rauchte weiter. Sie zündete sich eine Zigarette an und schaute hoch in den Himmel. „Voll schade, man sieht heute gar keine Sterne.“
Ich stimmte ihr zu, dann fragte ich: „Wieso gehst du nicht zu deinen Freunden?“, weil ich wissen wollte, wieso sie nicht zu ihren Freunden ging. Sie schaute bedrückt zur Seite, erst nach links, dann nach rechts, schließlich runter auf ihre Füße. Um uns herum standen Menschen, unzählige, sie grölten und tranken und urinierten und rauchten, aber das störte mich nicht, so wie ich Musik nicht höre, so höre ich auch diese Menschen nicht.
„Soll ich dir mal zeigen, wo man heute richtig gut Sterne sehen kann?“, fragte das Mädchen plötzlich und sah mich wieder an, aber nicht auf die Narben. Ich überlegte kurz, was ich darauf sagen sollte, dann dachte ich an den schweren, schwarzen Himmel dieser Nacht und daran, dass ein paar Sterne mir das Gefühl womöglich etwas erträglicher machen könnten, das er mir gab. Ich willigte ein.

Wir liefen die Hauptstraße entlang, aus dem Hafen hinaus, in die Altstadt und über eine Holzbrücke hoch zur alten Stadtmauer. Während wir liefen, versuchte das Mädchen, auf jedes verwelkte Blatt, das sie sah, zu treten, und dabei stellte sie mir unzählige Fragen – sie fragte mich, woher ich komme, wie alt ich sei und von was ich lebe und nach meiner Lieblingszahl; sie fragte mich nicht nach den Narben, und deswegen versuchte ich, all ihre Fragen gewissenhaft zu beantworten. Das freute sie, glaube ich – sie lächelte, als ich ihr von der Maschine erzählte, vor der ich jeden Tag stand, von den Blechteilen, die in sie hineinfahren und den Chips, die aus ihr herauskommen; von der Zahl Zweitausenddreihundertdreiundvierzig, weil das die höchste Zahl an Verteilerchips war, die meine Maschine je an einem Tag ausgespuckt hatte. Bei all den Fragen vergaß ich, das Mädchen nach ihrem Namen zu fragen, und sie fragte auch nicht nach meinem.
Als wir auf der Stadtmauer standen, wurde sie plötzlich ruhig. Sie nippte an ihrem Bier, krabbelte den Stein vor bis zur Kante und schaute hinunter, und da ich Angst bekam, die Nacht könnte sie verschlucken, hielt ich sie fest, an der Hand. Da sah sie mich auf einmal an und sagte: „Wenn du dich umbringen wollen würdest, wie würdest du's dann machen?“
Ich dachte einen Moment lang nach und dann sagte ich ihr, dass ich meinen Kopf unter den Kolben meiner Maschine stecken würde, weil sie mir innerhalb von einer Viertelsekunde mein Gehirn zerschlüge. Da lachte sie wieder, drückte meine Hand und sagte: „Ich würde irgendwo runterspringen. Da würde ich davor noch mal fliegen, weißt du, da würde ich davor noch mal das Gefühl haben, dass ich richtig fliegen kann, wie n Vogel oder so.“
Ich fand ihren Gedankenansatz interessant und als wir weiterliefen, ließ sie meine Hand nicht los. Das Mädchen redete wieder, über ihre Familie, und ich hörte ihr so gebannt zu, dass ich irgendwann geschockt feststellte, dass ich vollkommen die Orientierung verloren hatte.
„Wo sind wir?“, fragte ich.
„Am Karltal“, sagte sie.
„Am Karltal?“
Mir war nicht klar, wieso man hier die Sterne sehen sollte, und nicht woanders. Ich fragte sie danach, aber sie zuckte bloß mit den Schultern.
„Weil da unser Garten ist. Und in unserem Garten hat man die Sterne schon immer am besten gesehen, sagt mein Papa immer.“

Wir hielten vor ihrem Haus. Sie ließ meine Hand los und grinste mich an.
„Gleich lernste meine Blacky kennen“, sagte sie, „nicht erschrecken: Die bellt am Anfang immer ziemlich viel, aber eigentlich ist sie ganz lieb.“
Ihre Worte trafen mich wie ein Eimer kaltes Wasser, mir wurde schwindelig, übel, ich fror.
„Ich kann nicht“, sagte ich und trank den letzten Schluck aus meiner Bierflasche.
„Komm schon“, sagte sie, griff mit beiden Händen nach meinem Arm und zog dann grinsend daran, „die macht schon nix!“
Das Mädchen verstand nichts. Ich rauchte noch eine Zigarette, nahm tiefe, hungrige Züge. Sie zog weiter an mir, hörte nicht auf, und weil ich schließlich Angst bekam, sie könnte dabei irgendwie zerbrechen, gab ich nach und schritt zitternd und mit nassen Händen durch das Gartentor zur Treppe vor ihrem Haus. Dort blieb ich stehen, als sie mit ihrem Schlüssel herumhantierte. Als sie schließlich die Türe öffnete, raste mir ein furchtbares Gefühl durch den Körper, meine Beine kribbelten, meine Füße wurden taub – ich wollte wegrennen, blieb aber stehen, paralysiert; vor mir breitete sich das Wesen aus, und das Schwarz seines Fells kam mir größer, mächtiger, gefährlicher vor, als alles Schwarz dieser Nacht. Der Hund erschien mir wie eine dunkle Wolke, mit toten Augen wie tiefe Tunnel, die mich fixierten – dazu der furchtbare Klang seines Bellens, der ihm wie Donner aus dem Hals schallte.
Ich fiel fast nach hinten, stolperte über eine Treppenstufe, da packte mich das Mädchen wieder an der Hand.
„Keine Angst“, sagte sie, „Blacky! Sei still! Keine Angst, die meint das nicht so.“
Sie hielt den Hund mit ihrem Bein zurück und nach einer Weile beruhigte er sich und lief stumm im Gang auf und ab, den Blick nie von mir abgewandt.
„Komm rein, jetzt ist gut“, sagte sie. Ich atmete durch und dann folgte ich ihr.

Während wir ins Wohnzimmer gingen, schwirrte der Hund wie ein Schatten um uns herum.
„Das da ist mein Papa“, flüsterte sie und deutete in Richtung Couch. „Willst du ihn mal sehen?“ Ich schüttelte den Kopf, aber das Mädchen zog mich einfach mit, und ich hatte längst aufgegeben, ihr Widerstand zu leisten. Sie nahm den Zigarettenstummel aus der Hand ihres Vaters und flüsterte: „Der Papa schläft um die Uhrzeit immer so tief, der hört nicht mal die Blacky bellen.“
Ich blickte ihrem Vater ins Gesicht. Es war ein eingefallenes, müdes, ledriges Gesicht, mit dunklen, langen Wimpern und trockenen Lippen. Das Mädchen räumte die Bierdosen vom Tisch, schaltete den Fernseher aus und legte eine Decke auf ihren Vater.
„Er ist eigentlich ein guter Mensch“, flüsterte sie, während sie das alles machte. „Rechtsanwalt: versucht immer, den Armen zu helfen.“
Ich nickte und ging einige Schritte zurück, ehe ich stoppte, weil ich den Schatten hinter mir spürte. Dann zeigte mir das Mädchen ihr Haus, zeigte mir den Keller, zeigte mir das Regal mit den Hunderten von Eisenbahnmodellen, zeigte mir den winzigen, verrauchten, fensterlosen Raum, in dem ihr Vater früher Lokomotiven gebastelt hat, als er die Schreie seiner Frau nicht mehr ertragen konnte. Zum Schluss zeigte mir das Mädchen ihr Zimmer, und als sie die Tür hinter sich schloss, taute sie plötzlich auf.
„Das da ist die alte Polaroid von meiner Mama“, sagte sie und deutete auf einen Fotoapparat auf der Kommode. „Den hatten wir früher immer im Urlaub dabei“, sagte sie, hielt ihn sich ans Auge, visierte mich an und drückte ab. „Geht aber nicht mehr, glaube ich.“
Dann zeigte sie mir noch eine Menge Dinge. Sie sammelte nämlich alles Mögliche: Steine, die sie früher zusammen mit ihrem Vater an der Ostsee gefunden hatte, Hausaufgabenhefte aus der Grundschule, Haarsträhnen, die sie sich selbst abgeschnitten und auf ein Blatt geklebt hatte, darüber das jeweilige Datum: 4. April 2004, 29. November 2005, ...
Ich musste immer wieder zum Hund schielen – er lag gegenüber von uns unter dem Schreibtisch und starrte mich an.
Als wir im Garten standen und in den Himmel schauten, war ich enttäuscht.
„Hier sind keine Sterne“, sagte ich und atmete tief ein.
„Doch klar“, sagte sie, „siehst du sie nicht?“
Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte nach einigen Sekunden den Kopf.
„Nein.“
„Ich kann sie sehen“, sagte sie, „ich kann sie immer sehen, hier, vom Garten aus.“

Später tranken wir noch ein Bier und saßen schweigend auf ihrem Bett.
„Ich weiß nicht, wie ich wieder zurück nach Hause finden soll“, sagte ich, weil ich Angst hatte, wieder alleine unter der schweren, schwarzen Decke zu stehen.
„Du kannst hier schlafen, wenn du willst“, sagte sie und zuckte mit den Schultern. Ich sah zu dem Hund und war mir nicht sicher, ob er nicht doch verstand, was wir sagten.

Als wir im Bett lagen, wusste ich nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt mit einer Frau im Bett gelegen war, wann mich zuletzt eine Frau berührt hatte. Ich spürte ihren heißen Atem, sah die Straßenlaterne in ihren Augen glänzen, sah die dünnen, spröden Lippen und die Sommersprossen. Ich strich ihr durchs Haar und als ich über ihre weiche, warme Haut fuhr, hatte ich für einen Augenblick das Gefühl, Musik zu hören – nicht die Töne und Klänge, sondern das andere.
Ich küsste sie und dann glitt meine Hand in ihre Unterhose. Das Mädchen zog meine Finger heraus, drückte mich weg, rutschte ein Stück weit in die Ecke und sagte: „Bitte nicht. Bitte nicht das.“
Dann sahen wir uns einige Minuten lang an, bis sie sich umdrehte und einschlief. Ich lag wach, lange; so lange, bis die Tür aufging; so lange, bis ich sein Atmen hinter mir hörte, den Geruch seiner Zigarette roch; so lange, bis er die Kippe auf den Boden fallen ließ und sie mit dem Fuß ausdrückte. So lange lag ich wach.

Als ich die Haustür leise öffnete, war der Himmel bereits blaugrau verfärbt, und ein Gefühl der Leichtigkeit machte sich in mir breit, wie es sich immer nach so einer dunklen Nacht in mir breit macht. Ich atmete tief ein, roch den Geruch des anbrechenden Sommermorgens: Tau, Wiese, Erde, Blumen, Blätter. Ich ging einen Schritt, drehte mich um und dann erschrak ich: Der Hund stand hinter mir, in der Tür, starr, wie vereist. Ich sah ihn an, aber plötzlich hatte ich nicht mehr dieses Gefühl, weglaufen zu müssen. Ich sah ihn an, und ich hatte das Gefühl, dass seine Augen nicht mehr tief und schwarz waren, sondern blaugrau, und auch er sah mich an, und in seinem Blick lag nicht mehr dieser blinde Hass, den ich so fürchtete, da lag etwas anderes – da lag etwas Altes, Gebrochenes. Ich streckte ihm meine Hand entgegen und wollte ihn streicheln, aber er zuckte weg. Das verstand ich. Man durfte ihm nicht zu nahe kommen, nicht auf diese Weise.

Ich ging die Straße entlang und nahm noch ein paar tiefe Atemzüge. Dann dachte ich wieder über den Hund nach. Dann dachte ich über den anderen Hund nach. Den, von früher; dann dachte ich an die Nacht, als ich und meine Schwester den Hund besuchen wollten, den, von früher; dann dachte ich an den Zwinger und die Tür, die man nur von außen öffnen konnte; dann dachte ich an ihre Schreie und das viele Blut, und daran, dass ich mich gewundert hatte, dass ihr Blut nicht rot, sondern schwarz ist – über all diese Dinge dachte ich nach, an diesem Morgen.

 

Hallo zigga

Faszinierend - ist das Resümee meiner Gedanken nach dem Lesen Deiner Geschichte. Dabei war ich mir über weite Strecken nicht im Klaren, worauf es hinauslaufen wird, was die Botschaft ist, welche der Ich-Erzähler da ausbreitet. Am Schluss offenbart es sich, dieser kurze Rückblick eröffnete mir als Leser das Verständnis für seine Gefühle, sein Verhalten, seine Ängste.

Obwohl die Verkettung der Handlungen mir merkwürdig erschien, die Welt, die er beschrieb, mir fremd war, seine Einsamkeit sich spürbar vergegenwärtigte, übte es im Lesefluss einen Sog aus. Ich vermag nicht zu sagen, dass die Geschichte mir inhaltlich als solches treffend erschien, noch dass es besser wäre, die Handlung so oder so stärker zu gewichten, ein Vakuum bleibt, und doch empfand ich es als ein starkes Erleben.

Da ich merkte, dass die kritischen Ansätze welche mir während des Lesens aufkamen, sich mit dem Gesamteindruck verflüchtigten, habe ich es nun mit dem Wissen um den Hintergrund, welcher den Protagonisten prägt, nochmals gelesen. Aus dieser Warte nun nur drei Anmerkungen, andere Einwendungen hatten sich mit dieser Sichtweise egalisiert:

Ihre Worte trafen mich wie ein Messer meinen Magen;

Dieser Satzteil klingt mir so unfertig. Entweder: … wie ein Messer in den Magen; oder einfach das mich streichen, dann liest es sich rund.

… ich rauchte noch eine Zigarette, nahm tiefe, hungrige Züge;

Als Redensart ist es nicht unüblich, doch stimmiger erschiene mir stattdessen verlangende Züge.

… gab ich nach und zitterte mit nassen Händen durch das Gartentor zur Treppe vor ihrem Haus.

Gefühlsmässig verständlich, doch verlöre es mit präziserer Formulierung nichts an seiner Ausdruckskraft: … und schritt zitternd sowie mit nassen Händen durch das Gartentor …

Das zweite Lesen hat mir die Tiefe der Geschichte noch näher gebracht. Die Distanz, die beim ersten Lesen bestand, war aufgehoben und manches unmittelbarer verständlich. Sie ist sehr empfindsam verfasst, die beiden Figuren mit ihren Verletzungen filigran gezeichnet. Mein erster, vorbehaltender Eindruck, wurde durch diesen nun übertüncht. Wirklich sehr schön.
Nur in einem Punkt irrt das Mädchen, es wäre kein Fliegen wie ein Vogel, sondern ein Fall wie ein Stein, da ihr (leider) gefiederte Flügel fehlen. Doch es war ja nur ein düsterer Gedanke von ihr.

Gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hi zigga,

Es geschah in einer solchen Nacht, die einen komplett verschlucken kann, wenn man nicht aufpasst; ich war neunundzwanzig Jahre alt und trug so ein Gefühl in mir, dass alles tot ist, dass nichts mehr kommt; ich zog mir meinen Mantel über und lief durch die Stadt, schaute mir alles an, die Häuser, die Bäume, die Menschen, und das beruhigte mich auf eine unerklärliche Art.

Klassischer Einstieg. Ich mag so etwas sehr gerne, es klingt direkt nach Männerliteratur. :D

Sie stand vor mir am Tresen und zuerst hielt ich sie für ein Kind, die dünnen Arme, Beine, die langen, braunen Haare, eine Tasche mit Blumenmustern um den Schultern, dazu ging sie mir nicht mal bis zum Kinn – doch als sie sich umdrehte, sah ich ihr in die Augen, und sie hatten etwas Reifes, Altes, Gebrochenes; sie waren schwarz und gleichzeitig schimmerten sie grau, und ich fragte mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern können, so wie manche graue Haare bekommen.

Ging mir nicht zum Kinn klingt ungelenk - eher "reichte" oder etwas anderes. Dann das mit den Augen. Ich würde das Reif und Alt rausnehmen, und direkt zu diesem Bild mit den grauen Haaren. "Doch als sie sich umdrehte, sah ich ihr in die Augen, und ich fragte mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern können, so wie manche graue Haare bekommen." Irgendwie klingt das sehr mystisch. Das ist ein tolles Bild übrigens, das mit den Augen und der Trauer und den grauen Haaren!

„Und?“, fragte das Mädchen und lächelte weiter.
„Es klingt gut“, sagte ich. Das würde ich rausnehmen:Dann schwiegen wir einen Augenblick und ich wusste nicht, ob ich gehen sollte oder nicht.
„Soll ich gehen?“, fragte ich und dann lachte sie. Wäre dann die Antwort auf seine in Gedanken gestellte Frage. Nur so eine Idee.

Ja. Ich finde, du hättest aus dieser Geschichte ruhig einen viel längeren Text machen können. Ich finde die Szenen bei ihr Zuhause am stärksten, dieses Eintauchen in eine fremde Welt, und er ist so zwiegespalten, und dann der Hund und der Vater - da hätte ich mir echt mehr gewünscht. Und auch von dem Weg, wie sie so durch die Stadt gehen, von den Dialogen her, das kannst du doch so gut, da hätte ich mir mehr Text gewünscht, so würdest du die Figuren zeigen. Mir kommt das komprimiert vor, so, als würdest du schnell zum Schluss kommen wollen. Das wirkt jetzt nicht unmotiviert auf mich, überhaupt nicht, ich finde diese Geschichte gut, finde jedoch, sie hat Potential zu mehr.

Ich kann nach den ersten zwei Absätzen sagen, es ist ein Text von dir, zigga. Ich finde, das ist viel wert, weil du echt an einem eigenen Ding dran bist, ein eigener Stil. Das ist wirklich richtig gut. Und man spürt auch unter der Oberfläche von diesem Text, dass da richtig was liegt, dass da eigentlich viel mehr liegt, richtig Stoff, Stoff für die Story über eine echt krasse, abgefuckte, abgefahren intensive Nacht; vielleicht liegt es nur daran, dass ich so eine Story gerne lesen wollen würde, mal abwarten, was die anderen so sagen.

Gruss, Jimmy

 
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Hi Anakreon,

Faszinierend - ist das Resümee meiner Gedanken nach dem Lesen Deiner Geschichte.
Das klingt schon mal gut!

Dabei war ich mir über weite Strecken nicht im Klaren, worauf es hinauslaufen wird, was die Botschaft ist, welche der Ich-Erzähler da ausbreitet. Am Schluss offenbart es sich, dieser kurze Rückblick eröffnete mir als Leser das Verständnis für seine Gefühle, sein Verhalten, seine Ängste.
Ja, so war das bisschen geplant, dass sich zum Schluss erst der Kreis schließt und man als Leser plötzlich einen ganz anderen Blick auf das, was geschehen ist, hat.

Obwohl die Verkettung der Handlungen mir merkwürdig erschien, die Welt, die er beschrieb, mir fremd war, seine Einsamkeit sich spürbar vergegenwärtigte, übte es im Lesefluss einen Sog aus.
Das ist gut, wenn das bei dir so war. Die Gefahr bei dem Text habe ich darin gesehen, dass man irgendwann aussteigt, weil man denkt: Das läuft doch auf nichts hinaus. Aber bei dir hat der Text anscheinend gut geklappt, und das freut mich!

Ich vermag nicht zu sagen, dass die Geschichte mir inhaltlich als solches treffend erschien, noch dass es besser wäre, die Handlung so oder so stärker zu gewichten, ein Vakuum bleibt, und doch empfand ich es als ein starkes Erleben.
Mhm ja ... den anderen fehlt auch etwas, die wollen mehr Fleisch, und vielleicht ist da etwas dran. Vielleicht sollte ich noch mal nachlegen und einfach mehr Stoff bieten, und mir mehr Zeit zum Erzählen nehmen; ich schaue mal! Ich wollte hier mal etwas Komprimiertes schreiben, keine lange Erzählung, sonderne ein in sich geschlossene Geschichte, so bisschen traumartig, mystisch, ich weiß auch nicht, voller Symbolik.

Da ich merkte, dass die kritischen Ansätze welche mir während des Lesens aufkamen, sich mit dem Gesamteindruck verflüchtigten, habe ich es nun mit dem Wissen um den Hintergrund, welcher den Protagonisten prägt, nochmals gelesen.
Ja cool!

Das zweite Lesen hat mir die Tiefe der Geschichte noch näher gebracht. Die Distanz, die beim ersten Lesen bestand, war aufgehoben und manches unmittelbarer verständlich. Sie ist sehr empfindsam verfasst, die beiden Figuren mit ihren Verletzungen filigran gezeichnet. Mein erster, vorbehaltender Eindruck, wurde durch diesen nun übertüncht. Wirklich sehr schön.
Das freut mich auch!

Nur in einem Punkt irrt das Mädchen, es wäre kein Fliegen wie ein Vogel, sondern ein Fall wie ein Stein, da ihr (leider) gefiederte Flügel fehlen. Doch es war ja nur ein düsterer Gedanke von ihr.
Da hast du allerdings recht. Aber ich glaube, das Mädchen kann sich das in dem Augenblick schon als Fliegen vorstellen, wie ein Vogel, auch wenn es natürlich ein anderes Fliegen ist

Ihre Worte trafen mich wie ein Messer meinen Magen;
Dieser Satzteil klingt mir so unfertig. Entweder: … wie ein Messer in den Magen; oder einfach das mich streichen, dann liest es sich rund.
Ich weiß nicht, irgendwie klingt das für mich nicht so falsch; vllt mache ich "trafen mich wie ein Messer" oder so, ich schaue mal. Wenn das "mich" weg ist, finde ich, dass dann etwas fehlt, oder bin ich gerade neben der Kappe? ;)

… gab ich nach und zitterte mit nassen Händen durch das Gartentor zur Treppe vor ihrem Haus.
Gefühlsmässig verständlich, doch verlöre es mit präziserer Formulierung nichts an seiner Ausdruckskraft: … und schritt zitternd sowie mit nassen Händen durch das Gartentor …
Ja, da ist etwas dran! Werde mal drüberarbeiten

Danke für's Lesen und Kommentieren, Anakreon, es hat mich gefreut!


Hi orientsonne,

ich habe deine Geschichte zweimal gelesen. Ich finde sie sehr interessant. Die Narben, die Angst vor Blacky und das Ende - das alles hat mich angesprochen und war gut nachzuvollziehen.
Das ist schön zu lesen, dass das für dich geklappt hat

Er ist wach, bis (der Vater?) ihn beobachtet (?). Und dann geht er (?) Was ist mit dem Mädchen? Sie ist zwar reif, alt, gebrochen, aber sonst erfährt man nichts über sie. Warum sie reif, alt, gebrochen ist, zum Beispiel
Ja gut, vielleicht sollte ich da echt dem Leser etwas mehr Fleisch bieten, vielleicht ist das Mystisch-Symbolische da echt bisschen in mir durchgebrannt :D

Es ist ok, wenn du möchtest dass ich mir selbst eine Erklärung dafür suchen soll. Aber es hinterlässt doch ein unbefriedigendes Gefühl. Ich hätte mir noch ein paar Andeutungen mehr gewünscht.
Alles klar, nehme ich auf! Ich werde da vllt noch was drumrum stricken, bisschen mehr Fleisch bieten, mal sehen!

Danke auf jeden Fall für deinen Kommentar.

Hi Jimmy,

Klassischer Einstieg. Ich mag so etwas sehr gerne, es klingt direkt nach Männerliteratur. :D
Wenn nachts mit Mantel und Bier rumstreunern nicht Männerliteratur ist, dann weiß ich auch nicht weiter. :D

Ging mir nicht zum Kinn klingt ungelenk - eher "reichte" oder etwas anderes.
Du hast recht.

Dann das mit den Augen. Ich würde das Reif und Alt rausnehmen, und direkt zu diesem Bild mit den grauen Haaren.
Ja ... könnte ich machen. Aber irgendwie gefiel mir das, dass ihre Augen älter sind als ihr Körper - ich muss mal drüber nachdenken.

Irgendwie klingt das sehr mystisch.
Ja, irgendwie hatte ich so eine mystisch-symbolische Geschichte im Kopf, also gut, dass das mystisch für dich wirkt. Ich hoffe mal, du meintest positiv-mystisch

Das würde ich rausnehmen:Dann schwiegen wir einen Augenblick und ich wusste nicht, ob ich gehen sollte oder nicht.

Wäre dann die Antwort auf seine in Gedanken gestellte Frage. Nur so eine Idee.

Ja, genau, das ist die Antwort auf seine Gedanken, aber ich hatte das schon irgendwie geplant, er sollte so rüberkommen, dass er sich nicht wirklich mit Menschen verständigen kann, oder nur schwierig, dieses Zwischenmenschliche soll er einfach nicht einschätzen können. Ist ja auch sau komisch, jemanden, den man nicht mal eine Minute kennt, zu fragen, ob man gehen soll. Aber vielleicht hatte ich das zu weit gesponnen, ich denke mal drüber nach

Ja. Ich finde, du hättest aus dieser Geschichte ruhig einen viel längeren Text machen können. Ich finde die Szenen bei ihr Zuhause am stärksten, dieses Eintauchen in eine fremde Welt, und er ist so zwiegespalten, und dann der Hund und der Vater - da hätte ich mir echt mehr gewünscht. Und auch von dem Weg, wie sie so durch die Stadt gehen, von den Dialogen her, das kannst du doch so gut, da hätte ich mir mehr Text gewünscht, so würdest du die Figuren zeigen. Mir kommt das komprimiert vor, so, als würdest du schnell zum Schluss kommen wollen. Das wirkt jetzt nicht unmotiviert auf mich, überhaupt nicht, ich finde diese Geschichte gut, finde jedoch, sie hat Potential zu mehr.
Ja ... du hast schon irgendwo recht. Ich wollte halt mal was Kürzeres probieren, mal mit viel Symbolik, so ein traummäßiges Erlebnis, mystisch, mit so einem Aha-Effekt zum Schluss. Sonst sind meine Erzählungen immer viermal so lang, aber dann halt szenisch erzählt, mit Dialogen und wenig zusammengepresst. Mal sehen, ob ich das hier noch etwas ausrolle, mehr Fleisch biete, ich weiß gerade noch nicht, ob ich das kann, oder ob das für mich so passt - ich warte noch mal ab, vielleicht können ja andere mit der Dichte was anfangen, vielleicht hab ich's auch bisschen übertrieben und muss einfach noch mehr auserzählen, weil es nur für mich klappt. Ich schlafe paar mal drüber.

Ich kann nach den ersten zwei Absätzen sagen, es ist ein Text von dir, zigga. Ich finde, das ist viel wert, weil du echt an einem eigenen Ding dran bist, ein eigener Stil.
Das freut mich sehr.

Das ist wirklich richtig gut. Und man spürt auch unter der Oberfläche von diesem Text, dass da richtig was liegt, dass da eigentlich viel mehr liegt, richtig Stoff, Stoff für die Story über eine echt krasse, abgefuckte, abgefahren intensive Nacht; vielleicht liegt es nur daran, dass ich so eine Story gerne lesen wollen würde, mal abwarten, was die anderen so sagen.
Ist auf jeden Fall gut, dass du als Leser spürst, dass da was unter der Oberfläche liegt. Mal sehen, vielleicht erzähle ich noch mehr aus, ich werde mal drüber schlafen und dann mal dran arbeiten oder so.

Danke für deinen Kommentar und dein Lob, jimmy, hat mich sehr gefreut.


Grüße,
zigga

 
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Tja, zigga, ähnlich wie Jimmy finde auch ich, dass du mehr und mehr deinen eigenen, unverwechselbaren Stil*) entwickelst. Und deshalb gehe ich mittlerweile schon mit einer einigermaßen hohen Erwartungshaltung an deine Geschichten. Also ich sag’s gleich mal vorweg: meine Erwartungen wurden wieder erfüllt, ist ein richtig guter zigga-Text.

Gleich der Beginn, wie sich diese zwei geschundenen Seelen über den Weg laufen, sich auf der Stelle finden sozusagen (sich erkennen?), hat mir sehr gefallen. und mich wirklich neugierig gemacht. Dieses Mädchen wirkt beinahe feenhaft auf mich, überhaupt hat das Aufeinandertreffen der beiden irgendwie so was Unwirkliches, beinahe Märchenhaftes.

sie nippte an ihrem Bier, krabbelte den Stein vor bis zur Kante und schaute hinunter, und da ich Angst bekam, die Nacht könnte sie verschlucken, hielt ich sie fest, an der Hand.
Da sind wirklich viele solcher schönen Sätze drin, mit denen du mir die beiden näher bringst.

zigga schrieb:
Die Gefahr bei dem Text habe ich darin gesehen, dass man irgendwann aussteigt, weil man denkt: Das läuft doch auf nichts hinaus.
… hast du in einer Kommentarantwort geschrieben. Was mich betrifft, war diese Befürchtung unbegründet. Von Anfang an baust du eine unheimlich dichte Atmosphäre auf, ich spürte und ahnte, dass beide Figuren ein dunkles Geheimnis quält, entsprechend gespannt war ich auf die Auflösung. Und die ist ja dann auch durchaus tragisch. Als versöhnlich kann man das Ende kaum bezeichnen, auch wenn der Ich-Erzähler am Ende den Eindruck macht, als wäre zumidest ihm ein klitzekleiner Schritt in Richtung der seelischen Gesundung gelungen. Aber das Mädchen? Das hat wohl noch einen sehr sehr langen und schmerzhaften Weg vor sich. Aber wer weiß das schon? Und wer weiß schon, ob die beiden sich jemals noch einmal finden werden …
Traurig.

Ich hab mir ein paar Stellen markiert, die mir nicht hundertprozentig gefielen (bzw. die ich persönlich anders schriebe). Das hab ich schon vorgestern gemacht und jetzt nicht mehr nachgesehen, ob sich da eventuell was überschneidet mit den anderen Kommentaren. Und wenn schon.
Vielleicht kannst du damit ja was anfangen:

Sie stand vor mir am Tresen und zuerst hielt ich sie für ein Kind, die dünnen Arme, Beine, die langen, braunen Haare,
so gefiele es mir besser: … zuerst hielt ich sie für ein Kind, mit ihren dünnen Armen und Beinen, den langen, braunen Haaren,

eine Tasche mit Blumenmustern um den Schultern,
Also das klingt schauerlich. Selbst wenn die Schultern richtig im Akkusativ statt im Dativ stünden, gefiele es mir noch nicht. Meinetwegen kann man einen Rucksack um die Schultern haben, aber eine Tasche trägt man doch höchstens an einer (um die) Schulter. Solltest du noch mal drüber nachdenken, zigga.

als ich die Gitarren und Trommeln von der Straße aus gehört hatte,
Warum nicht Schlagzeug? Trommeln klingt so nach Trachtenkapelle.

zogen sie mich an [Komma] wie das Licht manchmal einen alten Nachtfalter anzieht;
Eigentlich wird ein Nachtfalter immer vom Licht angezogen, egal überdies, wie alt er ist.
(Ich könnte dir sogar haargenau erklären, warum das so ist, aber das würde jetzt echt zu weit führen.)

dann dachte ich an den schweren, schwarzen Himmel dieser Nacht und daran, dass ein paar Sterne in ihm mir das Gefühl womöglich etwas erträglicher machen könnten, das er mir gab.
Das ist ein entbehrlicher Stolperstein, finde ich.

die meine Maschine je an einem Tag herausgespuckt hatte.
besser: ausgespuckt

dass ich meinen Kopf unter den Kolben meiner Maschine stecken würde, weil sie mir innerhalb von einer Viertel Sekunde [Viertelsekunde] mein Gehirn zerschlagen würde.
schöner: zerschlüge

Wir stoppten vor ihrem Haus.
schöner: Wir hielten vor ihrem Haus. Bzw.: Wir blieben vor ihrem Haus stehen.

gab ich nach und zitterte mit nassen Händen durch das Gartentor zur Treppe vor ihrem Haus.
Finde ich nicht so toll. Zumindest solltest du zitterte mich schreiben.

Augen wie tiefe Tunnel, die mich anfixierten
besser: fixierten

Sie nahm die brennende Zigarette aus der Hand ihres Vaters, drückte sie aus und flüsterte: „Der Papa schläft um die Uhrzeit immer so tief, …
Diese Stelle ließ mich echt stutzen. Einerseits klingt es, als schliefe der Vater tief und fest, und nicht erst seit wenigen Augenblicken, andererseits hat er eine Zigarette in der Hand, die obendrein noch brennt. Weder ist sie ihm aus den Fingern gefallen, noch hat sie ihn verbrannt, noch ist sie von selbst ausgegangen.
Vielleicht fällt dir da noch was anderes ein. So wirkt es einfach unglaubwürdig auf mich. (Vermutlich, weil ich selbst Raucher bin.)
Eine wirklich berührende, schöne, traurige Geschichte ist dir da wieder gelungen, zigga.


offshore

*) Womöglich ist es auch die maßlose Verwendung des Semikolons, die mich dich als Autor eines Textes erkennen ließe (Denk dir hier ein Grinsegesicht.)
Mir persönlich allerdings gefällt dieses Satzzeichen in den seltensten Fällen. Beinahe immer fände ich stattdessen einen Punkt passender. Ist aber vermutlich reine Geschmackssache. (Oder irgend so ein frühkindliches Trauma von mir.)

 

hi zigga.

Auch ein ganz großes Lob von meiner Seite. Gefällt mir richtig gut und trifft eigentlich genau "mein Lieblingsgenre".
Ich hätte nicht gewusst, wie ich diese Geschichte mit nur einem Wort beschreiben könnte, bis dann der Begriff "Männerliteratur" gefallen ist. Das soll jetzt keine endgültige Verallgemeinerung werden, aber ich glaube nach meiner bisherigen Erfahrung sagen zu können, dass es fast nur Männer (wenn es um mein eigenes Empfinden geht) schaffen, eine derart düstere Schönheit in meinen Kopf zu zaubern...das ist dir super gelungen.

Bezüglich des Inhalts wollte ich nur eine Sache anmerken, aber das hat offshore schon mehr oder weniger genau so gesagt, wie ich es vorhatte:

als ich die Gitarren und Trommeln von der Straße aus gehört hatte,
Warum nicht Schlagzeug? Trommeln klingt so nach Trachtenkapelle.
Drums wäre meiner Meinung nach auch noch angemessen gewesen.

Ansonsten finde ich alles sehr stimmig.
Bitte mehr davon...

zash

 

Hi ernst,

Tja, zigga, ähnlich wie Jimmy finde auch ich, dass du mehr und mehr deinen eigenen, unverwechselbaren Stil*) entwickelst.
Womöglich ist es auch die maßlose Verwendung des Semikolons, die mich dich als Autor eines Textes erkennen ließe (Denk dir hier ein Grinsegesicht.)
Ist aber vermutlich reine Geschmackssache. (Oder irgend so ein frühkindliches Trauma von mir.)
Ja, die Semikolons ... ich mag die einfach, die machen so einen schönen Lesefluss. Vielleicht ersetze ich das ein oder andere noch durch einen Punkt, aber ich denke, der Rest wird so stehenbleiben. Hoffe, ich bohre da nicht zu tief in deinen frühkindlichen Literaturtraumatas herum. :D
Aber ich freue mich trotzdem, dass du sowas wie einen Stil erkennst. Da will man doch hin.

meine Erwartungen wurden wieder erfüllt, ist ein richtig guter zigga-Text.
Das freut mich umso mehr!

Dieses Mädchen wirkt beinahe feenhaft auf mich, überhaupt hat das Aufeinandertreffen der beiden irgendwie so was Unwirkliches, beinahe Märchenhaftes.
Ja schön, so etwas Unwirkliches, Traumartiges, das hatte ich auch beim Schreiben im Kopf. So eine verzerrte, märchenhafte Jetzt-Realität, da hatte ich mal Lust drauf

sie nippte an ihrem Bier, krabbelte den Stein vor bis zur Kante und schaute hinunter, und da ich Angst bekam, die Nacht könnte sie verschlucken, hielt ich sie fest, an der Hand.
Da sind wirklich viele solcher schönen Sätze drin, mit denen du mir die beiden näher bringst.
Schön, wenn einem das jemand sagt. Freut mich!

Von Anfang an baust du eine unheimlich dichte Atmosphäre auf, ich spürte und ahnte, dass beide Figuren ein dunkles Geheimnis quält, entsprechend gespannt war ich auf die Auflösung. Und die ist ja dann auch durchaus tragisch. Als versöhnlich kann man das Ende kaum bezeichnen, auch wenn der Ich-Erzähler am Ende den Eindruck macht, als wäre zumidest ihm ein klitzekleiner Schritt in Richtung der seelischen Gesundung gelungen. Aber das Mädchen? Das hat wohl noch einen sehr sehr langen und schmerzhaften Weg vor sich. Aber wer weiß das schon? Und wer weiß schon, ob die beiden sich jemals noch einmal finden werden …
Traurig.
Freut mich auch, dass dich der Text irgendwie berührt hat

Ich hab mir ein paar Stellen markiert, die mir nicht hundertprozentig gefielen (bzw. die ich persönlich anders schriebe). Das hab ich schon vorgestern gemacht und jetzt nicht mehr nachgesehen, ob sich da eventuell was überschneidet mit den anderen Kommentaren. Und wenn schon.
Vielleicht kannst du damit ja was anfangen:
Kann ich auf jeden Fall! Danke für die Anmerkungen, wirklich. Ich habe das meiste übernommen - ich bin immer sehr dankbar für solch einen scharfen Blick, weil man bei selbstgeschriebenen Texten irgendwie immer blind im Bezug auf solche Fehlerchen/Ungenauigkeiten ist.

Warum nicht Schlagzeug? Trommeln klingt so nach Trachtenkapelle.
Ja, ich weiß. Irgendwie wollte ich es so nennen, weil ich mir vorgestellt habe, dass der Ich-Erzähler, da er ja keinen Bezug zu Musik hat und ein gestörtes Verhältnis zu ihr hat, das einfach als "Trommeln" einkategorisieren würde, und jetzt nicht sagen würde: Da klang die Doublebass richtig geil, aber die Achtel auf der Hi-Hat haben nicht so tight dazu gepasst! Sollte halt so bisschen das gestörte Verhältnis von ihm zu seiner Umwelt und auch zur Musik insbesondere zeigen. Keine Ahnung, ob das so ankommt, oder ob ich da bloß rumspinne, und zu viel in ein Wort reininterpretiere. :)

Eigentlich wird ein Nachtfalter immer vom Licht angezogen
Okay, wusste ich nicht. Also nicht so explizit. (Ich hasse Nachtfalter.) Fand das halt eine schöne Metapher, weil der Prot sich bestimmt auch alt fühlt und eben so ein Nachtschwärmer ist, und dann von etwas angezogen wird.

Für die Zigarette in Daddy's Hand hab ich mir auch was anderes überlegt. und den Rest wie gesagt fast alles übernommen, danke dafür!

Eine wirklich berührende, schöne, traurige Geschichte ist dir da wieder gelungen, zigga.

Auch danke für das Lob und für's Kommentieren und sowas, ernst, hat mich sehr gefreut.

Gruß, zigga

 

Hi zash,

Auch ein ganz großes Lob von meiner Seite. Gefällt mir richtig gut und trifft eigentlich genau "mein Lieblingsgenre".
Das freut mich sehr!

Ich hätte nicht gewusst, wie ich diese Geschichte mit nur einem Wort beschreiben könnte, bis dann der Begriff "Männerliteratur" gefallen ist. Das soll jetzt keine endgültige Verallgemeinerung werden, aber ich glaube nach meiner bisherigen Erfahrung sagen zu können, dass es fast nur Männer (wenn es um mein eigenes Empfinden geht) schaffen, eine derart düstere Schönheit in meinen Kopf zu zaubern...das ist dir super gelungen.
Ja ... ich verstehe, was du meinst. Ich persönlich kenne auch echt wenige weibliche Autoren, die es bei mir geschafft haben, eine intensive düstere Schönheit (das ist übrigens eine tolle Beschreibung für ein Gefühl, ich werde dir das mal bei Gelegenheit klauen) bei mir zu erzeugen. Toll, dass ich das bei dir geschafft habe, das ist ein großes Kompliment. Vielleicht ist das echt so ein Männerding, ich weiß es nicht, vielleicht gehen die meisten Männer mit so einem Gefühl eben anders um, als es Frauen tun würden. Keine Ahnung. Ich bin keine Frau. :D

Drums wäre meiner Meinung nach auch noch angemessen gewesen.
Ok, ich habe ernst vorhin geschrieben, dass ich mir dachte, der Ich-Erzähler kann ja gar nichts mit Musik anfangen, und da dachte ich mir, er könnte die Drums einfach als "Trommeln" einkategorisieren, so bisschen roboterhaft, einfach, um zu zeigen, wie fern er der Musik und der Welt im Allgemeinen ist. Keine Ahnung, ob ich da zu viel reininterpretiere oder nicht, aber das dachte ich mir bei den Trommeln.

Ansonsten finde ich alles sehr stimmig.
Bitte mehr davon...
Das ist ein tolles Kompliment.

Vielen Dank für's Lesen und Kommentieren, zash!

Grüße, zigga

 

hi nochmal

das ist übrigens eine tolle Beschreibung für ein Gefühl, ich werde dir das mal bei Gelegenheit klauen
:thumbsup:

er Ich-Erzähler kann ja gar nichts mit Musik anfangen, und da dachte ich mir, er könnte die Drums einfach als "Trommeln" einkategorisieren, so bisschen roboterhaft, einfach, um zu zeigen, wie fern er der Musik und der Welt im Allgemeinen ist.
habe ich auch gelesen als ich mit meinem Kommentar fertig war... Also wenn ich beschreiben müsste, dass der Protagonist etwas...naja... sagen wir mal "holprig" an diese Musik ran geht, würde ich (und das soll jetzt kein Tipp werden oder sowas. Dafür fühle ich mich nicht qualifiziert genug) auf den Lärm aufmerksam machen, weil ich glaube, dass sich derartige Musik für Menschen, die damit nichts anfangen können, genau danach anhört. Mir würden da auf Anhieb nur irgendwelche Wörter wie Prügelei oder Drescherei einfallen. Nicht sonderlich hübsch und auch alles andere als eine persönliche Ideallösung, aber das geht so ungefähr in die Richtung, die ich meine. Die explizite Erwähnung des Instruments wäre dann natürlich weg, aber du würdest deutlich machen, dass er damit nichts anfangen kann.
"Trommeln" zerstört für mich ein bisschen die durchaus vorhandene Ästhetik der Geschichte, weil es schon irgendwie etwas lächerlich klingt :D.


lg zash

 

Hi zash,

"Trommeln" zerstört für mich ein bisschen die durchaus vorhandene Ästhetik der Geschichte, weil es schon irgendwie etwas lächerlich klingt .:D

ja, leuchtet mir irgendwie ein, ich denke zur Zeit daran, die Schreie/Stimmen irgendwie dazuzuschreiben, oder ich streich das einfach weg und lasse nur Gitarren. Ich warte mal auf eine coole Eingebung, dann werde ich das glaube ich ändern, mir gefällt Trommeln mittlerweile auch nicht mehr wirklich.
Danke für deine erneute Rückmeldung.

Grüße, zigga

 
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Sie waren schwarz und gleichzeitig schimmerten sie grau, und ich fragte mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern können, so wie manche graue Haare bekommen.

gefällt mir das Bild, würde aber die Erklärung mit den Haaren weglassen.

Sie waren schwarz und gleichzeitig schimmerten sie grau, und ich fragte mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern können.

Also geht schon beides, ist nicht schlimm, aber mir gefällts besser ohne. Wenn das Bild stark ist ... dann braucht es eig. keine Erklärung oder Zusatz ... und wenn es den aber braucht, dann ist das Bild eigentlich nicht so stark.


Ich fand die zweite Hälfte der Geschichte richtig stark, wie er da in dem Haus rumtappt, dann sieht er den Vater und die Beschreibungen und alles. Da war ich richtig drin, auch wenn ich nicht wirklich verstanden hab, was da passiert. Wird das Mädchen von ihrem Vater missbraucht? Und deswegen soll sie bei ihm im Bett schlafen? Ohne dass da sexuell was wäre.

Das Mädchen zog meine Finger heraus, drückte mich weg, rutschte ein Stück weit in die Ecke und sagte dann: „Bitte nicht. Bitte nicht das.“

Das klingt für mich so als ob … naja. Kann man jetzt so oder so interpretieren. Aber dieses Flehen … bitte nicht, bitte nicht.

Und dann kommt auch gleich der Vater rein:

Dann sahen wir uns einige Minuten lang an, bis sie sich umdrehte und einschlief. Ich lag wach, lange; so lange, bis die Tür aufging; so lange, bis ich sein Atmen hinter mir hörte, den Geruch seiner Zigarette roch; so lange, bis er die Kippe auf den Boden fallen ließ und sie mit dem Fuß ausdrückte. So lange lag ich wach.

Ich bastele das jetzt zusammen: Früher eine ganz normale familie, dann bekommt die Mutter Krebs, Schreie sind grausam, Vater zieht sich zurück, wird Alkholiker, Mutter stirbt, Vater liegt nur noch auf der Couch und trinkt, Tochter beginnt zu lügen für den Vater, um Fassade aufrecht zu erhalten, kümmert sich um ihn und ersetzt so auf ne komische freudsche Art die Mutter ... und dann beginnt der Vater sie zu missbrauchen und schlägt den Hund und degeneriert total ... und die Tochter ist aber selbst auch am Ende und iwie abgestumpft ... sie fühlt sich auch schuldig bei der ganzen Sache und hält sich nicht wirklich für was Besseres und schämt sich und drum lügt sie einfach weiter.

Der Anfang war mir ein bisschen zu ziellos mit den Sternen und verloren und so oder zu lang einfach. Aber in dem Haus drin, da ist es wirklich spannend, sprachlich ist es eh gut, also ich habs echt gern gelesen. Muss ich vielleicht nochmal tun, von mir aus hätte ruhig auch noch ein bisschen mehr kommen können.

MfG,

JuJu

 
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Hey Juju,

Sie waren schwarz und gleichzeitig schimmerten sie grau, und ich fragte mich, ob Augen aus Trauer die Farbe ändern können, so wie manche graue Haare bekommen.
gefällt mir das Bild, würde aber die Erklärung mit den Haaren weglassen. Also geht schon beides, ist nicht schlimm, aber mir gefällts besser ohne. Wenn das Bild stark ist ... dann braucht es eig. keine Erklärung oder Zusatz ... und wenn es den aber braucht, dann ist das Bild eigentlich nicht so stark.
Ja ... stimmt schon, wenn ein Bild stark ist, braucht es eigentlich keine weitere Erklärung, ich weiß schon, wenn du meinst, das ist eins zu viel, aber ich glaube, ich würde es nicht übers Herz bringen, das zu streichen, da hab ich mich in dem Augenblick zu sehr für gefeiert, als ich das geschrieben habe. :D Wobei ich auch finde, dass es gar nicht schlecht ist, wenn man Vergleiche mal weiterspinnt, nicht mit unnötigen zusätzlichen Bildern, sondern einfach ein bisschen ausformuliert, weiterdenkt - natürlich nicht too much und nicht zu oft, aber ich mag das schon, wenn ich einen Roman lese, und dann alle zwei Seiten ein Vergleich auch mal über zwei, drei Zeilen geht, sowas bleibt viel mehr bei mir hängen als einfache "so ... wie ..."-Vergleiche

Ich fand die zweite Hälfte der Geschichte richtig stark, wie er da in dem Haus rumtappt, dann sieht er den Vater und die Beschreibungen und alles. Da war ich richtig drin, auch wenn ich nicht wirklich verstanden hab, was da passiert. Wird das Mädchen von ihrem Vater missbraucht? Und deswegen soll sie bei ihm im Bett schlafen? Ohne dass da sexuell was wäre.
Ja cool, dass dir die zweite Hälfte so gefallen hat. Allgemein ist das wohl (so gut wie alle anderen haben das auch bemerkt) eine sehr komprimierte, uneindeutige Geschichte, klar, das weiß ich, aber ich hatte mal Lust auf so etwas Magisches, Impressionistisches, so vom Lesefeeling her. Ich glaube, man kann da viel hineindenken, und ich möchte das auch gar nicht totdeuten oder sowas, aber weil du gefragt hast: Ja, ich habe versucht, etwas über Missbrauch zu schreiben, nicht nur sexuell, sondern Missbrauch allgemein, und ich wollte zwei Verstörte aufeinandertreffen lassen und sie interagieren, sich gegenseitig bisschen verändern lassen. Im ganzen Plot ist sehr wenig Fleisch dran, ich weiß das, aber irgendwie gefällt mir das hier, nicht auszuerzählen (aber wahrscheinlich würde es mich als Leser auch nerven, nicht alles zu erfahren)

Das Mädchen zog meine Finger heraus, drückte mich weg, rutschte ein Stück weit in die Ecke und sagte dann: „Bitte nicht. Bitte nicht das.“
Das klingt für mich so als ob … naja. Kann man jetzt so oder so interpretieren. Aber dieses Flehen … bitte nicht, bitte nicht.
Juju, ich checke leider nicht, was du meinst!

Ich bastele das jetzt zusammen: Früher eine ganz normale familie, dann bekommt die Mutter Krebs, Schreie sind grausam, Vater zieht sich zurück, wird Alkholiker, Mutter stirbt, Vater liegt nur noch auf der Couch und trinkt, Tochter beginnt zu lügen für den Vater, um Fassade aufrecht zu erhalten, kümmert sich um ihn und ersetzt so auf ne komische freudsche Art die Mutter ... und dann beginnt der Vater sie zu missbrauchen und schlägt den Hund und degeneriert total ... und die Tochter ist aber selbst auch am Ende und iwie abgestumpft ... sie fühlt sich auch schuldig bei der ganzen Sache und hält sich nicht wirklich für was Besseres und schämt sich und drum lügt sie einfach weiter.
Ja, interessante Zusammenfassung, das könnte schon so hinhauen, wobei ich die Schreie der Mutter jetzt nicht explizit als Krankheitsschreie gedacht hatte, gibt auch Frauen, die ihre Männer unterdrücken, daran dachte ich zumindest bisschen, aber klar, wird nie wirklich gesagt. Was ich interessant finde, ist, dass du beim Lesen dein ganzes Augenmerk auf die Person des Mädchens gelegt hast, das ist jetzt keine Kritik an dir, sondern einfach interessant für mich als Autor, wie du als Leser auf den Text reagierst ... weil für mich war eher der Ich-Erzähler die interessante Figur, in der in dieser Nacht etwas passieren soll, der mit seinem Trauma konfrontiert werden soll und sich dadurch (wenigstens ein bisschen) verändert. Aber ist okay, deine Zusammenfassung liegt für mich nicht daneben. Wenn man sich an der Figur des Mädchens festhält beim Lesen und die am interessantesten findet, hat man halt klar noch weniger Fleisch für Storyzusammenbasteln als beim Prot

Der Anfang war mir ein bisschen zu ziellos mit den Sternen und verloren und so oder zu lang einfach. Aber in dem Haus drin, da ist es wirklich spannend, sprachlich ist es eh gut, also ich habs echt gern gelesen. Muss ich vielleicht nochmal tun, von mir aus hätte ruhig auch noch ein bisschen mehr kommen können.
Ja cool, danke für dein Lob. Ich werde mal wieder hier was hochladen, wo ich lange auserzähle und Schiss habe, dass es keiner zuende liest, versprochen :D Der Anfang, ja, irgendwie hab ich mich auf den Prot und seine Persönlichkeit konzentriert, du dich auf das Mädchen, das erst später kommt, deswegen findest du die Absätze davor bisschen nichtssagend - zumindest erkläre ich mir das gerade so. Ich glaube, das ist eine Geschichte, die sich erst "rund" anfühlt, wenn man das Ende gelesen hat - denn dann versteht man, wieso der Prot ist wie er ist, wieso er tut was er tut (zumindest hatte ich das so geplant); da kann es natürlich sein, dass es sich beim Lesen der ersten Hälfte alles ein bisschen ziellos anfühlt, man fragt sich (Anakreon hat das auch schon bemerkt), wo das ganze überhaupt hinlaufen soll, da gibt es keinen zentralen Konflikt, der gelöst werden will, kein Problem, das sich anbahnt - ich hoffe zumindest, dass die Leser zum Schluss das Gefühl haben, dass sie hier was "Rundes" gelesen haben.

Danke dir auf jeden Fall, Juju, auch wenn die Geschichte ein paar Monate alt ist und ich hier gerade ein bisschen aufs bloße Mitlesen zurückgefallen bin, freut man sich doch immer über einen Kommentar!

Grüße,
zigga

 

Hey zigga,

die Geschichte ist zwar schon ein paar Tage alt, aber ich schreib jetzt mal den ersten Frauenkommentar zur "Männergeschichte" :).

Es geschah in einer solchen Nacht, die einen komplett verschlucken kann, wenn man nicht aufpasst; ich war neunundzwanzig Jahre alt und trug so ein Gefühl in mir, dass alles tot ist, dass nichts mehr kommt; ich zog mir meinen Mantel über und lief durch die Stadt, schaute mir alles an, die Häuser, die Bäume, die Menschen, und das beruhigte mich auf eine unerklärliche Art.

Jimmy liebt es, ich fand es einfach nur furchtbar anstrengend. Ich hab es zwei Mal lesen müssen. Und ich war nicht grad hocherfreut festzustellen, dass ja der ganze Text voll mit ;;;;;;;; ist. Weiß nicht. Kann man machen, ich finde sie interessanter, wenn sie nicht einfach nur einen Punkt ersetzen. Dass der Text dadurch besser fließt, empfinde ich nicht so. Ist jetzt mega persönliches Empfinden und ich will auch keine Debatte vom Zaun brechen.

Diese ganze Barszene war auch nicht meins. Für mich wurde der Text genau ab da spannend, wo sie zu ihr nach Hause gehen.

Ihre Worte trafen mich wie ein Messer meinen Magen; ich fing zu schwitzen an, mir wurde schwindelig, schlecht, kalt.

trafen mich wie ein Messer meinen Magen - klingt komisch. Ein Messer trifft seinen Magen. Sagt doch niemand: Mich hat mich ein Messer am Magen getroffen. Da ist was nicht gut :).

Und ab da wusst ich, woher die Narben im Gesicht stammen, was ich aber gut finde, weil dadurch seine Begegnung mit dem Hund für den Leser etwas ganz spannedes haben.

Das Mädchen verstand nichts; ich rauchte noch eine Zigarette, nahm tiefe, hungrige Züge; sie zog weiter an mir, hörte nicht auf; und weil ich schließlich Angst bekam, sie könnte dabei irgendwie zerbrechen, gab ich nach und schritt zitternd und mit nassen Händen durch das Gartentor zur Treppe vor ihrem Haus.

Ich weiß nicht, ob man sich in der Situation tatsächlich Sorgen um den anderen macht, gerade wenn derjenige es ist, der die Ängste schürt. Versteh mich nicht falsch, ich finde das schon gut, die beiden, wie sie sich da finden und miteinander aggieren, dass hat durchaus sehr viele schöne Reize auch, aber manchmal geht es mir einfach zu schnell alles.

und das Schwarz seines Fells kam mir größer, mächtiger, gefährlicher vor, als alles Schwarz dieser Nacht;

Das fand ich schön.

„das da ist mein Papa“, flüsterte sie und deutete in Richtung Couch. „Willst du ihn mal sehen?“

Das ist total hübsch schräg: Willst Du ihn mal sehen? Als wenn man so seine Uralubsfotos oder Trophähen oder Vogelskelette zeigt. Ich habe einen Hamster - Willst Du ihn mal sehen? Sehr, sehr geil.
Auch schön, wie du ihn beschreibst: Kippe, Bier, Fernseher, verbrauchtes Gesicht und dann: Anwalt. Hilft den Armen. Sehr schön mit dem Klischee gespielt. Für genau solche Stellen, hab ich die Geschichte schon recht lieb :).

Als wir im Garten standen und in den Himmel schauten, war ich enttäuscht.
„Hier sind keine Sterne“, sagte ich und atmete tief ein.
„Doch klar“, sagte sie, „siehst du sie nicht?“
Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte nach einigen Sekunden den Kopf.
„Nein.“
„Ich kann sie sehen“, sagte sie, „ich kann sie immer sehen, hier, vom Garten aus.“

Nice, auch wenn ich die Info, die vielleicht dahinter steckt, nicht sehe oder verstehe. Wieso sieht sie die Sterne? Im Kommentar zu JuJu hab ich gelesen, dass Du Dir über das Mädchen eigentlich weniger Gedanken gemacht hast, dass merkt man irgendwie. Die hat halt so Fäden, die an sich ganz spannend sind, aber ich krieg daraus kein Bild gestrickt und das! nehme ich Dir übel. Blöde Simikolons, soll er doch, aber das Mädchen ... ;).

„Du kannst hier schlafen, wenn du willst“, sagte sie und zuckte mit den Schultern. Ich sah zu dem Hund und war mir nicht sicher, ob er nicht doch verstand, was wir sagten.

Was für eine geile Situation. Er schläft in einem Raum mit dem Hund. Niemals kann er schlafen nicht, weil wenn er schläft, kann er den Hund nicht im Auge behalten ... Aber Du gehst an der Stelle raus. Schade.

Dann sahen wir uns einige Minuten lang an, bis sie sich umdrehte und einschlief. Ich lag wach, lange; so lange, bis die Tür aufging; so lange, bis ich sein Atmen hinter mir hörte, den Geruch seiner Zigarette roch; so lange, bis er die Kippe auf den Boden fallen ließ und sie mit dem Fuß ausdrückte. So lange lag ich wach.

Hm. Schöner Moment, auf jeden Fall. Mir kam nicht die Idee, dass der Vater zur Tochter wollte. Ich habe mich einfach nur gefragt, wie das sein muss, so im Dunkeln angeschaut, abgeschätzt zu werden. Dein Prot. tat mir furchtbar leid. Aber auch wieder so eine Info, eine tolle Stelle, die mir nichts über die Figuren wirklich sagt. Aber das kann ja auch gut an mir liegen.

Ich bin grad vor kurzem erst über eine Geschichte von TimoKatze gestolpert, der auch zwei schräge Außenseiten für eine Nacht (oder länger?) zusammenbrachte. Ich mag solche Themen. Ich mag schräge Charaktere, wenn sie in ihrer Schrägheit ein schlüssiges, ganzes Bild ergeben. Bei dem Prot. gelingt mir das noch, auch wenn ich nichts von der Schwester weiß. Die Narben in seinem Gesicht sagen da schon viel, dann kommt die Angst vor dem Hund dazu ...
Aber sie bleibt mir ein Rätsel. Der Vater auch. Das sind zwar tolle Sachen die Du die beiden machen lässt und wie sie auftreten, aber es sind für mich eben nur Puzzleteile, und fast scheint mir, nicht mal nur aus einem Bild. Sprachlich ist es für mich ein wenig drüber, das klingt stellenweise wirklich schräg und "besonders". Aber ich bin eh die ganz schlichte, gut lesbar war es natürlich trotzdem.
In allem wird mich die Geschichte nicht so schnell loslassen und in sofern hat sie wohl irgendwas richtig gemacht :). Hat sich schon irgendwie bizarr angefühlt alles.

Beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Fliege,

das ist ja nett, dass du die hier noch mal rausgegraben hast.

"Männergeschichte"
ohje. Ich weiß gar nicht, ob das eine ist. Eine Freundin, die das gelesen hat, war entsetzt, dass das für eine "Männergeschichte" gehalten wird. Sie hat gedacht, das ist eine typische Geschichte für Frauen.

Jimmy liebt es, ich fand es einfach nur furchtbar anstrengend. Ich hab es zwei Mal lesen müssen.
:D Ja ...

ich war nicht grad hocherfreut festzustellen, dass ja der ganze Text voll mit ;;;;;;;; ist.
Ja, ich weiß. Ich hab da irgendeine krankhafte Obsession für meine geliebten ;;;;;; . Keine Ahnung, ob die mehr Fluss bringen oder ob ich mir das nur einbilde - ich kann da echt nichts zu sagen irgendwie. Ich mache das immer so und irgendwie ergibt es für mich Sinn;;; vielleicht ändert sich das ja auch noch mal, vielleicht finde ich das in einem halben Jahr furchtbar scheiße und das ist dann sowas wie mein literarisches Arschgeweih, oder ich werde mich für immer dran festbeißen. Man weiß es nicht!

trafen mich wie ein Messer meinen Magen - klingt komisch.
Aye, das stimmt, das klingt echt komisch, wenn ich das jetzt so lese!

Diese ganze Barszene war auch nicht meins. Für mich wurde der Text genau ab da spannend, wo sie zu ihr nach Hause gehen.
Das ging anderen genauso. Ich muss da mal drüber nachdenken, irgendwie ist der Text für mich zur Zeit so weit weg, dass ich mir sehr schwer tue, da eine neue Version zu schreiben oder an der hier größer rumzubasteln

Nice, auch wenn ich die Info, die vielleicht dahinter steckt, nicht sehe oder verstehe. Wieso sieht sie die Sterne? Im Kommentar zu JuJu hab ich gelesen, dass Du Dir über das Mädchen eigentlich weniger Gedanken gemacht hast, dass merkt man irgendwie. Die hat halt so Fäden, die an sich ganz spannend sind, aber ich krieg daraus kein Bild gestrickt und das! nehme ich Dir übel. Blöde Simikolons, soll er doch, aber das Mädchen ...
Aber sie bleibt mir ein Rätsel. Der Vater auch. Das sind zwar tolle Sachen die Du die beiden machen lässt und wie sie auftreten, aber es sind für mich eben nur Puzzleteile, und fast scheint mir, nicht mal nur aus einem Bild.
Jaja. Also ich hab mir schon über das Mädchen und eigentlich alle Figuren Gedanken gemacht, was ich meinte bei Juju war glaube ich, dass das Mädchen für mich nicht die zentrale Figur darstellte.
Also Jujus Deutung ist meinen Absichten der Erzählung gegenüber eigentlich ziemlich weit übereinstimmend gewesen; aber da ist zu wenig dran, ich verstehe das. Ich wollte mal eine etwas magerere Erzählung schreiben, ohne alles zu sagen, aber irgendwie ist da nur der Knochen übriggeblieben, wenn du verstehst, was ich meine. Mir gefällt das irgendwie, bzw. hat mir gefallen, aber ich denke gerade schon drüber nach, wenn ich wieder bisschen Luft habe, da eine neue Version zu schreiben.
Meine Idee war folgende: Der Prot lernt das Mädchen kennen, sie ist zwar nicht seine Schwester, aber er sieht seine (tote) Schwester in ihr; sein Trauma ist der Hundebiss, das Trauma des Mädchens sexueller Missbrauch. Beide sind also irgendwie körperlich missbraucht, und dadurch sind sie in der Lage, sich gegenseitig zu verändern. Das Mädchen hat keine Mutter mehr, und denkt an sie, wenn sie in die Sterne sieht. Ja, das wird nicht gesagt und ist vielleicht überhaupt nicht schlüssig aus dem Text, aber so hatte ich mir das gedacht. Ich werde das mal bisschen klarsichtiger gestalten, denke ich, zu dem Zeitpunkt, als ich das geschrieben habe, hatte ich mal Lust, sowas Unauserzähltes, "Magisches", Unwirkliches zu schreiben, wo man merkt, da kratzt was unter der Oberfläche, man hat eine Ahnung was die Traumata der Prots sind, aber Genaueres kann man dann nur schätzen - ich weiß nicht, ob ich das heute noch mal so machen würde.

Sprachlich ist es für mich ein wenig drüber, das klingt stellenweise wirklich schräg und "besonders".
Ja, war mal ein Versuch, in einem anderen Duktus zu schreiben, aber irgendwie gefällt mir das ganz gut

In allem wird mich die Geschichte nicht so schnell loslassen und in sofern hat sie wohl irgendwas richtig gemacht . Hat sich schon irgendwie bizarr angefühlt alles.
:D Ach, irgendwie bin ich zufrieden damit, was die Geschichte bei dir bewirkt hat ...
Okay, Kritikpunkt ist angekommen: Mädchen und Vater sind zu blass, mehr Durchsichtigkeit. Ich werde da mal weiter ausholen.

Danke für den Kommentar Fliege, hat mich gefreut!

Grüße,
zigga

 

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