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Erich Ebermeyer: Kampf um Odilienberg, 1929, und Klaus Mann: Der Alte, 1925

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31.08.2008
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Erich Ebermeyer: Kampf um Odilienberg, 1929, und Klaus Mann: Der Alte, 1925

Erich Ebermeyer: Kampf um Odilienberg, 1929.
Ein Roman, in dem es um eine Schule geht, eine ganz besondere Schule, eine, die einem positiven Menschenbild, der Liebe, der Fürsorge, dem Eros verpflichtet ist. Die inneren Krisen dieser eingeschworenen, isoliert im Wald existierenden Gemeinschaft, ihre Entwicklungsprozesse, die nötig sind, damit die Schule und ihr Geist fortbestehen können, fesseln den Autor, den Leser zumindest heute wohl kaum noch. Der Roman wurde 1947 bei Springer und 1964 bei Ullstein neu aufgelegt. Neben der heute überlebten Dramatik des Eliteinternatslebens erhalten wir hier ein Portrait von Paul Geheeb, dem Gründer der Odenwaldschule, die hier als Vorlage dient.
Auszüge:
Über Paul Geheeb:
„Fluidum würde er haben. Basta. Der war besessen, durchglüht. Ein ewiger Stromerzeuger. Seit vierzig Jahren. Da war alles Kraft und Leben, das Fluidum zog automatisch an, was der Geist, der Körper brauchte, er konnte dasitzen und die Hände in den Schoß legen, ihm fielen die Menschen zu, wenn er es wollte, er mußte nur immer abwehren, damit es nicht zu viele wurden.“
Erste Begegnung eines Schülers mit dem Schulleiter:
„Alles ist völlig verändert, seit er Mahr (Geheeb) gesehen hat…. Es gibt jetzt wichtigeres auf der Welt, etwas Großes hat sich ereignet. Erhard weiß noch nicht, was es ist, aber er fühlt, undeutlich und wunderbar, daß nun alles, alles anders werden wird….Mahr sieht ihn an. Unter Donnergetöse bricht eine Welt in ihm zusammen. Er senkt den Kopf. Grenzenloses Glück durchströmt ihn. Und wilde, jagende Angst. Angst und Glück, es ist das gleiche.“

Klaus Mann: Der Alte, 1925
Klaus Mann hat sich ebenfalls über Paul Geheeb geäußert, nachdem er auf Vermittlung seines Vaters, Thomas Mann, zwei Jahre auf der Odenwaldschule verbrachte. In seiner Erzählung „Der Alte“ zeichnet er ein zynisches Portrait einer alten Autorität, eines Schulleiters, der Tee trinkt, Mandelkekse futtert und dabei darauf wartet, dass Schüler bei ihm anklopfen, zu einem erotischen Stelldichein. „Der Alte liebte es, wenn gegen Abend, nach dem Nachtmahl, einzelne seiner Schüler und vor allem seiner Schülerinnen in seinem Zimmer ihn besuchten … dann lag der Alte in seinem Zimmer auf dem Sofa, die Beine, die von den Knien ab nackt und affenhaft dicht behaart waren, aufgezogen, strich mit zugleich zarten und tierisch tatzenhaften Händen den großen, weichen Bart und wartete, daß jemand käme, um ihn zu besuchen…. Wenn ungefähr eine Viertelstunde vorüber war, ging er zu Zärtlichkeiten über. Er begann das Mädchen zu streicheln, ja, er bettet sogar seinen Kopf, seinen weißen, unausdenkbar alten Kopf mit dem Faunsmund, in ihren Schoß, und wenn sie, zitternd und mit heißen jungen Händen seine Liebkosungen erwiderte, stammelte er: „Du Liebe, - daß du zu einem alten Manne so lieb noch sein magst“, und, hinter dem weißen Barte zuckend, sucht sein großer, roter und alter Mund den ihren.“
Die Veröffentlichung hatte Folgen, Paul Geheeb hat sich in einem Brief bei dem Vater, Thomas Mann, beschwert, und mit seinen und des Sohnes gefälligen Antworten wurde die Sache aus der Welt geräumt. Auch die Freundschaft zwischen Thomas Mann und Paul Geheeb hat nicht gelitten.

Die Literatur von Ebermeyer und Mann führt in die Anfänge einer Schule, der wichtige Persönlichkeiten der Bundesrepublik entstammen, einer Gruppe, die Ralf Dahrendorf „die Protestantische Mafia“ genannt hat, und zu der so illustre Namen gehören wie
Daniel Cohn-Bendit, Führer der Pariser Aufstände 1967, heute EU-Politiker der Grünen,
Johannes von Dohnanyi, Sohn des Hamburger Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi,
Klaus Gysi , Vater von Gregor Gysi,
Tilman Jens , Sohn von Walter Jens,
Wolfgang Porsche, Manager, Sohn von Ferry Porsche, Enkel von Ferdinand Porsche,
Beate Uhse, Pilotin und Unternehmerin
Joachim Unseld, Verleger,
Andreas von Weizsäcker, Sohn von Richard von Weizsäcker. Richard von Weizsäcker war sogar als Vorsitzender des Elternbeirates der Schule verbunden.

 

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