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Serie Melodien

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09.09.2013
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Melodien

Ich schwebe zwischen zwei riesigen Kugeln. Die rechte ist bewegungslos, die andere verformt sich. Die starre, graue Kugel zieht mich an und öffnet ein Tor aus zwei Platten, die sich nach innen klappen. Hinter dem Loch erkenne ich nur Dunkelheit. Nachdem, was ich erlebt habe, ist es unangenehm und ich bekomme Angst. Erinnerungen erscheinen. Ausgelöst von dem Schrecken, der da unten droht. Es ist, wie wenn ich aus der Betäubung nach einer Operation aufwachen würde. Aber wo bleibt der Herzschlag? Wo der Atem? Wo sind die Finger? Innere Organe spüre ich nicht. Wann kommen die Schmerzen? Was habe ich für Verletzungen? Es riecht nach elektrisch geladener Luft, nach strahlendem Plutonium. Ich versuche mich zu bewegen und merke, dass ich überall an meinem Körper Ausstülpungen heraus blubbern kann. Das ist doch unvorstellbar? Ich bin wahnsinnig!

Ich will nicht nach unten. Dort werde ich keine Hoffnung finden. Metallene Teilchen fliegen mir entgegen. Wellen verschiedener Stärken dringen von allen Seiten in meinen Körper. Verzweifelt versuche ich die Strahlen, die ich als eine Mischung aus Licht, Geruch und Geräusch wahrnehme, zu interpretieren. Das Gefühl ist aber anders als Sehen, Hören oder Riechen; eher wie Tasten, aber viel genauer und in meinem Inneren, dort, wo Herz, Lunge und Magen sein sollten. Ich versuche mich am Rand der Öffnung festzuhalten. Drei Gestalten, die ebenfalls zu der Kugel fliegen, bemerke ich mir gegenüber. Sie bilden Arme mit Griffen aus ihren Körpern und versuchen, wie ich zu greifen. Aber sie rutschen. Ich erschrecke. Wellen schreien mich an. Die Wesen sind aus Plastik und erinnern mich daran, dass mein fleischiger Körper in Kunststoff verwandelt worden ist. Ich möchte ihnen helfen, kann jedoch mit diesem Kunststoffkörper noch gar nicht gut umgehen. Wir alle werden durch das offene Tor nach unten gezogen, fliegen durch mehrere Räume, stoßen auf harten Boden und rollen an eine Metallwand. Ich wage es nicht, mich zu bewegen. Die drei anderen verhalten sich ebenfalls ganz ruhig, was mir noch mehr Furcht einjagt. Wenigstens spüre ich keine Schmerzen. Das beruhigt ein wenig.

Ich überlege, wie eine Seifenblase fühlen könnte, während fremdartige Wellen sich in mich bohren, als wollten sie mein Inneres herausnehmen. Aber mein Wille, solche Wellen nicht zu akzeptieren, bringt die eingebildete Blase zum Platzen. Es entsteht Raum für wichtigere Gedanken. Ich erinnere mich jetzt an meinen Umbau, an meinen vorigen Körper, an meine Verletzungen. Es ist furchtbar gewesen. Während mein weicher Plastikkörper sich dem Untergrund anpasst, grüble ich, wie ich hierher gekommen sein könnte und ob ich mich aufwärmen müsste. Mein Körper fühlt sich angenehm an und, obwohl man es bei solch einer Reise hätte erwarten können, bin ich nicht erkältet. All diese merkwürdigen Räume über mir aus glänzenden Metallen - eines davon ist Gold - vermitteln einen soliden Eindruck. Ich liege in einem Raum aus Edelstahl, über mir befindet sich eine Halle aus reinstem Aluminium. So erzählen es die Wellen, die ich immer mehr verstehe. Die drei anderen kriechen neben mir. Das größere Kunststoffteil versucht mich zu berühren. Ich weiche aus.

In einem normalen Körper, hätte ich Hunger und Durst bekommen. Hier lerne ich, dass die von außen kommende Energie nicht nur mein Leben erhält, sondern mich auch zum Denken anregt. Ein schönes, eigenartiges Gefühl. Während ich in meiner Gedankenwelt spiele, erkenne ich plötzlich ganz andere Signalformen. Ich kann es nicht glauben. Das ist doch unmöglich? Ich zittere. Der Boden ist kalt. Ich freue mich. Es feuert in mir.
„Ich bin es, Lenore.“
Die Signale sind von meiner Frau. Sie kommen aus dem Kunststoffwesen, das mir gegenüber sitzt.
„Endlich erkennst Du mich, Carl!“ Sie ist mit ihren Wellen in mir. „Mit dir war das wieder ein mühsamer Akt.“
„Was, … was ist eigentlich geschehen?“, frage ich. Lenore rollt zu mir und berührt mich.
„Die zwei da sind unsere Kinder“, ergänzt sie und zeigt mit einer Ausstülpung auf sie. „Wir waren dabei, als sie dich auf der Erde als letzten holten. Wie schlimm sahst du aus: eine riesige Bauchwunde, ohne Ohren und Hoden, überall Blutkrusten. Was musstest du ausgehalten haben? Aber trotz allem war ich froh, dass sie dich mitnahmen. Ich setzte mich mit den Kindern zu dir und war traurig, weil du mich nicht erkennen konntest, ja sogar abgewiesen hast.“
Ich kann es kaum glauben, bei meiner Familie zu sein. Ich bilde lange Fortsätze aus meinem Körper und umarme meine Frau. Aber ich kann sie damit nicht wirklich fühlen und muss mich mit ihren Wellen, die mein Inneres berühren, begnügen.
„Wie konntest du mich erkennen? Sie haben doch den Menschen das Bewusstsein und die Erinnerungen ausgebaut?“, frage ich.
„Bei mir erkannten sie Muster für Melodien, die sie irgendjemandem verkaufen wollten. Um die zu erhalten, ließen sie meine Gedanken fast intakt.“
„Ja, du bist die begnadetste Komponistin, das haben sogar die Plastikwesen erkannt.“
„Eine riesige Kunststoffkugel hat mich untersucht und meine Gedanken zergliedert. Sie baut kleine Plastikwesen, aus dem gleichen Material wie das Ihrige, und benützt sie als Sklaven. Sie beherrscht diesen Teil der Welt.“
„So …?“
„Die Kinder bei mir zu behalten war am schwersten. Die haben kein Bewusstsein und keine Erinnerung mehr. Es ist viel schlimmer mit ihnen als je zuvor. Sie sind absolut unfähig zu reagieren.“
„Was machen sie denn gerade? Sie fummeln da an einem Stecker.“
Ich gehe zu ihnen und drücke sie weg. Sofort gehen sie zu den größeren Hebeln und ziehen an diesen. Lenore will sie daran hindern, doch dann sagt sie, als ich dazukomme.
„Lass sie, denn sie bekommen ihren Willen zurück. Es sind neue Wellen, zeta-Wellen, um uns. Sie geben auch dir deine Erinnerungen. Wir sind in einem Metallgiganten, der uns als Ablösung irgendeiner Schuld von dem Kunststoffwesen, das uns neu gestaltete, bekommen hat. Soviel habe ich verstanden.“
„Und werden wir getötet?“, frage ich.
„Nein, aber irgendwie schon, die Plastikkugel will mich später in einen willenlosen Sklaven, wie sie es mit den anderen und dir getan hat, umbauen. Dass der Metallkoloss nebenbei Energie für unser Bewusstsein bereitstellt, weiß sie nicht. Dennoch sind wir hilflos.“
Sie trübt meine Freude.
„Und der Metalltyp? Was will der von uns?“

Es wackelt und schaukelt. Wir rollen am Boden umher. Wir versuchen, unsere Kinder zu uns zu holen. Doch sie greifen weiter an Hebeln herum. Ein Käfig stülpt sich über die Kinder, dann über uns beide und zieht uns weg. Nach einer kurzen Zeit scheint sich die Lage zu stabilisieren. Der Koloss, in dem wir gefangen sind, schwankt wieder so leicht wie vorher. Wir empfangen nur noch schwache Signale von draußen, können uns aber noch verständigen.
„Ich darf gar nicht an unsere Erde denken, es macht mich so traurig“, sagt Lenore, „und dieser Käfig macht mir Angst.“
„Wenigstens müssen wir nicht mehr aufs Klo gehen, Essen kochen, waschen und uns um Kleider kümmern“, versuche ich sie zu trösten. „In diesem Käfig wird es nicht stinken.“
„Was ist mit Liebe?“
„In diesen Plastikkörpern kaum möglich. Aber vielleicht könnten wir es wie Schnecken probieren. Jeder bildet eine Ausstülpung und ein Loch.“
Lenore würde wahrscheinlich lachen, wenn sie könnte. So blubbert nur ihr Äußeres.
„Ich denke gerade an ein Gärtchen mit Spinat und Kopfsalat“, antwortet sie.
„Nacktschnecken fressen uns nichts mehr weg.“ Ich ziehe Lenore an mich.
„Lass das. Ich versuche gerade, ob ich noch Elektroschocks austeilen kann.“
„Ach ja, ich erinnere mich, die Schweren durften nicht ins Raumschiff und bekamen bei Annäherung Stromstöße von den Fremden.“
Lenore zuckt. „Es geht nicht mehr. Diese Waffe hatte uns die Kunststoffkugel nur auf der Erde gegeben.“
„Also auch kein Sex mit Stromstößen?“
„Blödsinn.“
„Was machen wir dann?“
„Wellenliebe.“

Es kracht und donnert. Wir erschrecken.
„Was passiert da draußen? Ein Kampf?“, frage ich.
„Der Metallkoloss schießt auf die Kunststoffkugel“, schreit Lenore, „er meint, wir seien von ihr gesandte Saboteure.“
„Dieser Typ hatte wohl noch nie Kin…?“ Ein Stoß wirft mich an das Gitter.
Als es endlich ruhig wird, sagt Lenore zu mir:
„Jetzt hat der Koloss seine Energie verschossen. Es ist so wellenleer um uns.“
„Ja, es ist angenehm. Sogar die Kinder haben sich beruhigt.“
Lenore rollt zu den Kindern, berührt sie. Aber sie reagieren nicht.
„Unsere Kinder scheinen autistisch geworden zu sein“, sagt sie ruhig. So wendet sie sich wieder mir zu. Diese emotionslose Reaktion zeigt mir, wie viel sie mit den Kindern durchgemacht haben muss. Sie erklärt:
„Es geht um meine Melodien. Ich vernahm ein Gespräch der beiden Kolosse.“
„Was wollen sie?“
„Ich bin nicht sicher. Dem All scheint die Musik ausgegangen zu sein. Doch ohne Klänge kann der Metallkoloss, in dem wir uns befinden, nicht leben. Er braucht Melodien.“
„Ich verstehe das alles nicht. Aber ich bin so froh, bei euch zu sein. Ich frage mich jetzt aber, warum ich mit euch hierher durfte.“
„Ich habe die Kunststoffkugel darum gebeten. Ich wäre doch nicht ohne dich gegangen.“
„Wie ist dir das gelungen?“
„Die Kunststoffkugel steht unter Druck, dem Metall Melodien für sein Wohlbefinden zu besorgen. Sie hätte eine neue Währung. Damit fing sie ihn.“
„Und der Kunststoff? Braucht der keine Melodien?“
„Für Plastik haben die Muster der Musik nur den Wert der Energie der Wellen.“
„Woher weißt du das?“
„Aus den Signalen der Kunststoffkugel. Sie konnte bei ihrer Suche in mir die Melodien nicht sauber genug von den anderen Gedanken abgrenzen.“
„Wie hat sich das angefühlt?“
„Die Wellen der Kunststoffkugel tasteten meine Gedanken ab. Es schien, als glitte ein Borstenkamm in mir herum, denn meine Gedanken waren bereits im Plastikkörper verteilt. Als die Strahlen meine Melodien berührten, spürte ich keinen Unterschied in ihrem Verhalten.“
„Keine Trennung der Wellenbewegungen?“
„Ja, so könnte man sagen.“
„Konntest Du die Strahlen nicht als Energie für dein Leben, als Nahrung, abziehen?“
„Nein, diese Art nicht. Es ist vielleicht meine Rettung gewesen, dass sie die Melodien als solche zwar erkannte, aber die Inhalte unerkannt blieben.“
„Was können wir jetzt tun? Hast du eine Idee?“
„Du als Mathematiker musst mir helfen, neue Melodien, bevor sie geholt werden, so zu komponieren, dass sie verschlüsselte Botschaften senden, um uns zu retten.“
„Das schaffen wir nicht!“
„Reiß dich zusammen. Beim Verstümmeln hast du dich wie ein Trottel benommen. Nicht mal vorher Blut abgelassen. Erinnere dich jetzt, wie wir zusammen komponiert haben.“
„Nach Mustern der Natur?“
„Ja.“
„Wir haben doch erkannt, wie sich solche Muster in Melodien umwandeln lassen. Zahlenreihen ableiten, mischen und umschreiben: aus den Winkeln der Äste und Blätter, aus den Familienbäumen der Bienen, aus der Bewegung der Froschbeine und aus der Färbung der Eidechsenrücken.“
„Wir haben damit sogar Takte aus Bachs ‚Ave Maria‘ erhalten.“
„Mit der Fibonacci-Zahlenreihe: eins, eins, zwei, drei, fünf, dreizehn, …“
„Jetzt müssen wir Muster im All suchen.“
„Mit denen man so komponiert, dass man Informationen verstecken und später leicht entschlüsseln kann. Der Pythagoras der Musik des Alls.“
„Suche solche Formen!“, drängt Lenore.
„Die Wellenmuster sind so fremd und seltsam.“
„Deine Selbstverstümmelung scheint mir auch nach einem sonderbaren Muster abgelaufen zu sein.“
„Ich wollte unbedingt zu euch.“
„Das war gut. So kannst Du nun nach Mustern in Informationswolken suchen.“
„Dem Koloss geht die Energie aus“, bemerke ich.
„Wenn ich noch auf der Erde wäre, liefe ich jetzt barfuß.“
„Ja, das wäre schön.“
„Im Plastikkörper muss ich anders sparen.“
„Ich auch.“
„Aber du brauchst mehr Energie, um neue Muster zu finden.“
„Nicht unbedingt.“
„Mach schnell! Ich fühle, wie die Wellen des Metallkolosses in mich dringen, sie suchen schon nach Melodien. Er tut so, als wäre ich transparent.“
„Ziemlich unverschämt. Ich nehme das nächstbeste Muster, sei es auch noch so schwach.“
„Schneller!“
„Ja. Die Zahlenabstände sind zu groß.“
„Egal. Mach!“
Ich nehme alle meine Kräfte, analysiere die Wellen, die in mich dringen, suche nach Mustern, die ich Lenore geben könnte.
„Hier hast du was!“
„Endlich, das Metall zieht stark.“
„Ist das Muster brauchbar für eine Melodie?“
„Ja, und jetzt sei still. Ich komponiere.“
Sicher ist es nicht einfach zu komponieren, wenn schon einer an dem Produkt zieht, während es entsteht. Denn die Kugel scheint gierig nach Musik zu sein.
Lenore schreit wie besessen: „Ich habe sie! Eine Melodie so perfekt wie noch nie! Sie geht über zwölf Oktaven!“
„Interessant!“
„Aber ich kann sie nicht halten. Die Melodie ist schon weg. Irgendwo im Metall!“
Es rumpelt und blitzt. Der Kunststoff zerbröselt, das Metall schmilzt.
„Du hast eine Melodie geschaffen, die die Wesen des Alls vernichtet!“, sind meine letzten Worte.
„Kaleidoskop-Musik“, höre ich Lenore leise antworten.

 

Hallo Fugusan

War natürlich gespannt, wie du die Serie zu Ende führst. Aber dazu komme ich später.

Gegen den letzten Teil der Serie wurde eingewandt, dass er unrealistisch sei, dass nicht möglich sei, was du erzählst, dass die Geschichte allerlei Wissenschaften widerspreche und so weiter und so fort. Deine Antwort darauf:

Diese Kritikpunkte habe ich erwartet. Ja, das ist alles richtig nach Lehrbuchwissen. Ich habe mich nicht daran gehalten und mir Freiheiten genommen. Ist vielleicht frech. Wenn ich mich an Bestehendes hänge, komme ich meist nicht weiter, schaffe nichts Neues, nicht nur beim Schreiben.

Dass die Freiheit, die man sich gewähren kann, grenzenlos ist, wirst du wahrscheinlich auch nicht glauben. Solange man verstanden werden will, muss man sich zum Beispiel an bekannte Begriffe halten. Dass aber eine Wissenschaft wie die der Chemiker oder Physiker die Freiheit eines Erzählers begrenzt, gilt meines Erachtens nur bedingt. Mit anderen Worten: Sicher kann man auf wissenschaftliche Einwände pfeifen, wenn man phantastische Geschichten schreiben will, oder muss allenfalls gar darauf pfeifen, wie du sagst. Schließlich geht es in Geschichten eher um die Frage, was sein könnte, als wie um die Frage, was denn wirklich ist. Und wenn der erste Satz lautet: Die Meerjungfrau flog mit dem sprechenden Radieschen zu einem riesigen Parkplatz am Rand der Milchstraße, dann spricht nach diesem ersten Satz noch nichts dagegen, dass es in der Geschichte eben so ist.

Ich schwebe über der Öffnung einer Kugel, über einem Loch mit Dunkelheit dahinter. Die Kugel zieht mich an. Es ist unangenehm, ich bekomme Angst. (…)

Mir war nicht sofort klar, wovon du erzählst. Zuerst dachte ich, er sei bereits in der Metallkugel aus dem dritten Teil drin. Erst später kam ich darauf, dass du den Wechsel zwischen den beiden großen Kugeln beschreibst. – Vielleicht den Schauplatz mehr beschreiben.

(…) über einem Loch mit Dunkelheit dahinter.

Das empfinde ich übrigens als schlechtes Deutsch. Schreibe doch einfach: über einem dunklen Loch.

Während mein weicher Plastikkörper sich dem Untergrund anpasst, grüble ich, wie ich hierher gekommen sein könnte und ob ich mich aufwärmen müss[t]e.

„Die zwei da sind unsere Kinder“, ergänzt sie und zeigt mit einer Ausstülpung auf sie. „Wir waren dabei, als sie dich auf der Erde als letzten holten. Wie schlimm sahst du aus: eine riesige Bauchwunde, ohne Ohren und Hoden, überall Blutkrusten. Was musstest du ausgehalten haben? Aber trotz allem war ich froh, dass sie dich mitnahmen. Ich setzte mich mit den Kindern zu dir und war traurig, weil du mich nicht erkennen konntest, ja sogar abgewiesen hast. Keine Schulter, um mich auszuweinen.“

Den letzten Satz würde ich streichen, weil er sie, die zuvor mit lauter selbstlosen Gedanken rührend wirkt, plötzlich doch selbstbezogen erscheinen lässt. Das wirkt unangenehm ernüchternd.

„Dieser Typ hatte wohl noch nie Kin…?“ Ein Stoß wirft mich an die [das] Gitter.

„Wir haben doch erkannt, wie sich solche Muster in Melodien umwandeln ließen [lassen].

Stellenweise wirkt die Geschichte etwas sprunghaft. Vor allem das Gespräch des Ehepaares schießt nach allen Seiten. Vielleicht entsteht dieser Eindruck aber auch darum, weil du an manchen Stellen gleichsam tastend schreibst?

Nun zum Schluss der Geschichte: Ich habe schon geschrieben, dass ich gespannt bin, wie du die Serie beendest. Ich dachte nämlich, dass du unbedarft ins episodische Erzählen geraten bist und dass du allenfalls nicht mehr aus diesem Erzählen herausfinden wirst. Dass einer im Verlauf einer Geschichte, die eine Reise erzählt, erst gegen das Ende hin merkt, dass der angedachte Schluss vielleicht doch nicht so viel taug, wie es am Anfang noch schien, wäre doch nichts Außergewöhnliches gewesen, und dass man dann mit Episödchen das «sich eingestehen des Scheiterns» hinauszögert, wäre meiner Ansicht nach verständlich gewesen, wenngleich keine Lösung. Aber nun hast du die Sache doch mit einem lässigen, beinahe frechen Schlenker endgültig beendet.
Etwas launisch oder sprunghaft dünkt mich der Schluss schon. Soviel ich gesehen habe, dient das Prinzip der genannten Zahlenreihe ausschließlich dem Aufbau. In deiner Geschichte entsteht daraus plötzlich etwas Zerstörerisches. Wie das geht? Keine Ahnung, und darum scheint mir der Schluss eben etwas launisch oder sprunghaft. Aber die Geschichte so abschließen kann man; das stimmt.

Gruß teoma

 

Hallo teoma,
es hat mich sehr gefreut, dass du diese Geschichte gelesen und kommentiert hast. Den Anfang habe ich geändert. Ich hoffe, dass man so besser versteht, dass es sich um eine „Rückblende“ aus einer anderen Perspektive handelt, wenn man Teil 3 gelesen hat. Das von dir vorgeschlagene „dunkle Loch“ habe ich nicht so übernommen, weil man sich da nur die Oberfläche des Inhalts und die Ränder des Lochs als dunkel vorstellt. Der Typ kann aber mit seinen Sinnen weiter in die Tiefe gehen.

Keine Schulter, um mich auszuweinen.
habe ich gestrichen.
Die weiteren Fehler sind auch korrigiert. Danke fürs Aufspüren.
Deine Analysen und Kritiken, besonders bezogen auf Anfang und Ende, waren mir sehr hilfreich.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hi Fugusan,
Ist ja schade, dass das Ende der Serie nicht mehr Kommentare bekommen hat.
Ich habe alle Teile durchgelesen und zu 2 + 3 kann ich nur sagen: Passt sehr gut, fand ich nix groß zu kritisieren.
Ein großes Plus ist für mich ein unverbrauchter Inhalt. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen.
Unbefriedigend finde ich das Ende hier. Für mich kommt nicht rüber, warum Kaleidoskopmusik die beiden Giganten zerstört.
Ich vermute mal, der Autor wusste das selber nicht so recht ;)
Auch fand ich die Beziehung zu den Kindern und die Tatsache, dass die beiden nicht mehr ihrer selbst bewusst sind, unbefriedigend. Hier kamen wenig Gefühle rüber und ich hätte es brauchbarer gefunden, wenn die beiden doch noch als Reste ihrer Persönlichkeit zu erkennen gewesen wären (waren wohl nicht die Bravsten ;)

lg
Bernhard

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bernhard,

es freut mich riesig, dass Du in diese alte Geschichte reingeschaut hast; besonders auch, dass Du alle Teile der Serie gelesen hast und Dir die Teile 2 und 3 so gefallen haben, wie sie sind.

Bernhard schrieb:
Ein großes Plus ist für mich ein unverbrauchter Inhalt.
Danke, das beruhigt mich.

Bernhard schrieb:
Unbefriedigend finde ich das Ende hier. Für mich kommt nicht rüber, warum Kaleidoskopmusik die beiden Giganten zerstört.
Ich wollte die Serie beenden. Das Ende ist etwas offen; könnte aber weitergeführt werden. Die Melodien zerstören die Giganten, weil ihnen eine mathematische Reihe zugrunde liegt, eine Zahlenreihe, die die Information zur Vernichtung trägt. Ich habe den Link zu einem positiven Beispiel gegeben: die Fibonacci-Reihe als Basis für Bachs Melodie. Ich glaube, dass man solche Reihen zum Komponieren verwenden könnte. Ich denke weiterhin, dass unendlich viele solcher funktionaler Reihen existieren, die man in der Natur suchen und finden könnte, wenn man natürliche Muster (Formen, Farben, etc.) wie durch ein eingebildetes Kaleidoskop betrachtet. Im vorliegenden Beispiel war die auf einer Reihe basierende Melodie entweder so harmonisch oder so dissonant, dass sie mit ihren Wellen Planeten zum Auseinanderfallen bringen konnte.

Bernhard schrieb:
Ich vermute mal, der Autor wusste das selber nicht so recht
Fast der ganze Teil spielt in der vierten Ebene, dem Sinnesbewusstsein, wozu Komponieren gehört, vielleicht sogar in der fünften, dem Denken ohne Symbole. Da wird das Erzählen wahnsinnig schwer.

Bernhard schrieb:
Auch fand ich die Beziehung zu den Kindern und die Tatsache, dass die beiden nicht mehr ihrer selbst bewusst sind, unbefriedigend. Hier kamen wenig Gefühle rüber und ich hätte es brauchbarer gefunden, wenn die beiden doch noch als Reste ihrer Persönlichkeit zu erkennen gewesen wären (waren wohl nicht die Bravsten
So ist es. Die Bravsten waren das nicht. Das ist dann etwas rübergekommen. Was Du ansprichst, empfinde ich ein generelles Problem der Serien: das Vermeiden von Wiederholungen. Die Personen können nicht in allen Teilen beschrieben werden. Der männliche Protagonist wird in Folge 1 etwas vorgestellt. Zumindest sein merkwürdiger Mut und seine Andersartigkeit sollten erkannt werden. Die Kinder bleiben blasser in der Serie. Es sind aber keine besonderen Kinder (trotz der "braven" Eltern), deshalb ist eine genauere Beschreibung vielleicht nicht nötig. Zur Vergangenheit der Mutter erzähle ich wenig, da gebe ich Dir recht.

Herzlichen Dank fürs Hochladen. Du hast sehr gute Fragen gestellt. Jetzt konnte ich meine Antworten loswerden.
Viele Grüße
Fugu

 

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