Was ist neu

Albertina

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16.09.2014
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Albertina

Er war einfach der Nase nach gelaufen, als er vor einem weiteren prächtigen Gebäude stehen blieb. Er las an der hohen Steinwand in goldenen Lettern geschrieben ‘Albertina’, ohne zu wissen was es sei und fuhr mit der Rolltreppe auf den erhöhten Vorplatz. Oben angekommen schaute er sich um und sah etliche Menschen ein und ausgehen. Es musste wohl ein öffentliches Gebäude sein und auch wenn er vorhatte heute an der frischen Luft zu bleiben, wollte er zumindest einen Blick reinwerfen und schauen, um was es sich hier handelte. Er öffnete einem älteren Paar die Tür und betrat nach ihnen das Gebäude.
Rechts die Garderobe, geradeaus der Gang zum überdachten Innenhof, ging Karl weiter hinein und begann zu vermuten, daß es sich wohl um ein Museum handeln würde. Er wollte noch kurz sich umschauen und ein Prospekt mitnehmen, als er am anderen Ende des Innenhofs eine Frau sah, die soeben ihre Karte vorgezeigt hatte und sich nun tiefer in die Gänge des Museums entfernte. Er wusste nicht genau womit, aber sie hatte sein Interesse geweckt. Vielleicht war es sein Vertrauen in die Reife dieses Tages und in den Beginn eines neuen Lebensabschnittes, welches ihm lautlos, aber doch vernehmbar aufmerksam machte, sich gehen zu lassen und in das Unbekannte einzutauchen. Kurzentschlossen ging er zur Kasse, kaufte sich eine Eintrittskarte und folgte ihr in die Ausstellung.
Er musste ein paar Besucher gekonnt überholen, aber da er sie die ganze Zeit im Blick behalten hatte, beeilte er sich nicht übermäßig. Sie ging allein und ruhig den Gang entlang, welcher am Ende nach oben zu der Ausstellung führte und Karl holte sie noch rechtzeitig bei der Treppe ein. Gleichzeitig mit ihr begann er die Stufen hinauf zu steigen und schaute dabei interessiert zu ihr herüber. Er hoffte weiter oben auf eine Tür, die er ihr aufhalten können würde und nahm die weiteren Stufen ein bisschen schneller. Karl spürte ihren Blick auf sich liegen und stellte sich dabei ihr langes, glattes, dunkelbraunes Haar vor, wie es ihren geraden, schmalen Hals verdeckte und beim Hochgehen mit jeder erklommenen Stufe leicht auseinanderfallend ihre zarte Haut im Nacken durchschimmern ließ.
Er genoß es, sie hinter sich zu wissen und nahm ohne jede Eile die letzten Stufen. Zwei große, bräunliche Glastüren warteten auf sie und er öffnete mit Schwung die rechte von ihnen, während sein Blick schon erwartungsvoll zurück über seine Schulter wanderte und in ihren Augen sein Ziel fand.
Während er entspannt an der Tür lehnte trat sie ein und schaute kurz zu ihm herüber. Kaum bemerkbar beugte er sich zu ihr als sie an ihm vorbeiging und nahm dankbar die Schönheit ihres Lächelns wahr, welches ihr sanfter Mund formte, nachdem sich ihre Blicke einen kurzen Moment lang getroffen hatten.
Noch als sie im Vorübergehen war verlagerte er sein Gewicht auf seinen linken Fuß und folgte ihr sich zu ihr drehend mit nur wenig Abstand. Er wollte unbedingt wissen wie sie roch und schloss, während er ihr dicht folgte, für einen kurzen Moment seinen Mund und seine Augen und atmete langsam tiefe Züge durch seine Nase ein.
Zufrieden nahm er wahr, daß sie kein überreizendes Parfum trug und ließ ihren lebendigen Duft in sich hinein, den besonders ihre Haare ihm ausbreiteten, nachdem sie ihn den ganzen warmen Frühlingstag bis zu dieser Stunde aufgenommen hatten.
Von ihrem Duft tief erfüllt verlangsamte er etwas seine Schritte und öffnete wieder seine Augen. Nun sah er vor sich den Rücken einer rassigen, jungen Frau mit langen, braunen Haaren, welche sich heute für eine tiefblaue Bluse und eine dunkelgraue, wunderbar enganliegende Hose aus glattem Leder entschieden hatte.
Sie ging rechts auf das erste Gemälde zu und ließ genug Abstand, um es in seiner Gänze gut betrachten zu können. Karl ging links weiter und wendete sich ehrlich interessiert einem anderen Bild zu und ließ für einen Moment lang nichts als die Farben auf sich wirken.
Außer den beiden befanden sich noch viele weitere Besucher in dem ersten Raum. Ohne seinen Blick noch großartig umherschweifen zu lassen, ging er zielstrebigen Ganges in den nächsten Abschnitt und blieb vor einem besonders auffallendem Kunstwerk stehen. Er ließ das intensive rot, des ansonsten sehr dunklen, lichtarmen Bildes auf sich wirken, machte Stück für Stück einen Schritt auf es zu und verband die Konturen des fernen Blickes mit der Detailfülle der Nähe. Zufrieden nahm er die kleinsten Pinselstriche und Tupfer des Ölgemäldes wahr und genoss das gemeisterte Handwerk des Malers.
Hinter ihm hörte er verschiedene Schritte und hielt sich schließlich gedanklich an ihnen fest, um sich von dem Bild zu lösen. Als er seinen Gang in den nächsten Raum begann, warf er kurz einen Blick zurück und sah sie noch immer bei den ersten Gemälden stehen.
Ihre anmutige Haltung im Gedächtnis trat er in den nächsten Raum ein und kam vor einem originalen Abdruck der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zum Stehen. ‘All men are created equal’, las er und dachte dabei an die einzigartige Schönheit, die gerade seit einigen Augenblicken dabei war ihn zu verzaubern. Er nahm sich alle Zeit der Welt und las das alte Dokument mit seinen verschnörkelten Schriftzeichen in Ruhe durch. Nach wenigen Zeilen hatte Karl sich an das ungewohnte Schriftbild gewöhnt und ließ den Text auf sich wirken. Er versuchte sich vorzustellen, mit welchem Geiste diese Worte verfasst worden waren und woher sie ihre Kraft genommen hatten.
Während er der Bedeutung von ‘Pursuit of Happiness’ nachsann, verhallten hinter seinem Rücken unzählige Schritte, welche ihn während des Nachdenkens kaum erreicht hatten. Seine Gedanken glitten wieder zu ihr und er ließ seinen Blick umherschweifen, um zu sehen wo sie sich gerade aufhielt.
Er konnte sie auf den ersten Blick nicht finden und durchschritt zwei Räume, ohne Besucher oder Kunstwerke einer genaueren Betrachtung zu würdigen. Er suchte das tiefe Blau und fand es am Ende der Ausstellung wieder.
Sie stand bereits vor dem letzten Bild und sah es in Ruhe an. Er ließ ein wenig Platz und kam neben ihr zum stehen. Mit geradem Blick schaute sie auf das Kunstwerk, während er sich leicht zu ihr drehte und ihr Gesicht von der Seite betrachtete.
“Schönheit liegt vor meinem Auge als Betrachter”, sagte Karl mit ruhiger Stimme zu ihr.
Die junge Frau blickte lächelnd zu ihm herüber. Mit einer Geste zeigte er auf den nahen Ausgang und ging auf ihn zu. Sie folgte ihm und er öffnete ihr die Tür. Als sie nach draußen getreten war drehte sie sich zu ihm und reichte ihm ihre Hand.
“Elena!”
Karl ergriff sie und drückte sie sanft.
“Karl!”

 
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Servus GoethesWolf, willkommen hier.

Er war einfach der Nase nach gelaufen, als er vor einem weiteren prächtigen Gebäude stehen blieb.
Der Einstiegssatz gefällt mir nicht, also irgendwie passt mir hier die Konjunktion „als“ nicht recht.
Er war gelaufen, als er stehenblieb. Das klingt doch eigenartig.

und auch wenn er vorhatte [Komma] heute an der frischen Luft zu bleiben,

Rechts die Garderobe, geradeaus der Gang zum überdachten Innenhof, ging Karl weiter hinein und begann zu vermuten, daß ...
Und auch dieser Satz erscheint mir etwas unglücklich formuliert, weil sich die topografischen Eigenschaften auf Karl zu beziehen scheinen. Überhaupt hast du offenbar einen Hang zu (unnötig?) komplizierter Ausdrucksweise.
Er begann zu vermuten. Hmm. Warum vermutete er nicht einfach?

Er musste ein paar Besucher gekonnt überholen, aber da er sie die ganze Zeit im Blick behalten hatte,
besser: behielt

… und schaute dabei interessiert zu ihr herüber. Er hoffte weiter oben auf eine Tür, die er ihr aufhalten können würde
hinüber
schöner: die er ihr aufhalten könnte

Er genoß es,
Und mehrmals schreibst du daß. Kann es sein, dass du die Neue deutsche Rechtschreibung boykottierst?

Noch als sie im Vorübergehen war [Komma] verlagerte er sein Gewicht auf seinen linken Fuß und folgte ihr [Komma] sich zu ihr drehend [Komma] mit nur wenig Abstand.

Von ihrem Duft tief erfüllt verlangsamte er etwas seine Schritte und öffnete wieder seine Augen.
etwas ist vollkommen überflüssig, das ruiniert dir hier nur den Satzrhythmus, und die Possessivpronomen verwendest du viel zu inflationär, die braucht es eigentlich nur, wenn es ohne sie missverständlich wäre.

Nun sah er vor sich den Rücken einer rassigen, jungen Frau mit langen, braunen Haaren, welche sich heute für eine tiefblaue Bluse und eine dunkelgraue, wunderbar enganliegende Hose aus glattem Leder entschieden hatte.

… ging er zielstrebigen Ganges
Das ist natürlich Geschmackssache. Aber ich kann mit diesem etwas überladenen Stil leider nicht so viel anfangen. Das klingt mir zu bemüht literarisch, beinahe affektiert.

blieb vor einem besonders auffallendem [auffallenden] Kunstwerk stehen. Er ließ das intensive rot, [Rot, kein Komma] des ansonsten sehr dunklen, lichtarmen Bildes

und kam neben ihr zum stehen [Stehen]

Hmm. Also mir ist das, abgesehen von der mir wirklich zu gesucht, bzw. stellenweise zu ausschweifend wirkenden Sprache, als Geschichte einfach zu wenig. Du hättest zwar eine interessante Location und immerhin zwei Figuren, aber im Grunde machst du überhaupt nichts daraus. Ein paar Reflexionen des Protagonisten, seine Faszination von der Unbekannten, und das war’s dann schon. Anstatt mich mit irgendeiner Art von Interaktion zwischen den beiden neugierig zu machen, verlierst du dich in Beschreibungen der Örtlichkeit und Nebensächlichkeiten. Alles was es da an romantischen Implikationen geben könnte, muss ich mir selbst ausmalen.
Also mir ist die Geschichte(?) zu alltäglich und zu wenig romantisch.
Weder konnte sie mich sprachlich mitreißen, noch mir inhaltlich einen Pfahl ins Herz rammen. Und genau das erwarte ich mir von romantischen Geschichten.

offshore

 

Hallo Goetheswolf,

ich schon wieder. Ich musste einfach wissen, ob du auch was anderes schreiben kannst als dein Debut hier ;)
Zum Glück kannst du.
Die Grundidee finde ich eigentlich auch ganz spannend. Kennenlernen in einer Galerie.
Leider verspielst du das Potential sehr rasch. Warum hast du die Ausstellung ausgesucht? Wegen des Shclusssatzes? In der jetzigen Form würde es kaum einen Unterschied machen, wenn das ganze in einem Kaufhaus spielen würde.
Mit der Ausstellung hättest du die Chance über die Bilder viel von deinen Protagonisten zu verraten. Bei welchen Gemälden bleibt sie stehen, was sieht dein Prot darin, was schließt er daraus über das Objekt seiner Begierde? Hier wäre eine Menge möglich gewesen.
So muss ich mich Ernst anschließen, das ist ein bisschen lahm.
Zudem hast du an vielen Stellen eine sehr überbordende Sprache, die leider den Lesefluss ausbremst.
Ich habe jetzt nur einige Passagen rausgesucht, um dir zu zeigen, was ich meine:

‘Albertina’
Was gewinnst du mit den Akzenten? Das sticht einfachnur raus. Kursiv wäre eine elegantere Lösung
Es musste wohl ein öffentliches Gebäude sein und auch wenn er vorhatte heute an der frischen Luft zu bleiben, wollte er zumindest einen Blick reinwerfen und schauen, um was es sich hier handelte.
Boah, ewig langer Satz, aufgebläht mit unwichtigen Dingen. Unbedingt entschlacken
Es reizte ihn, zu wissen, was sich im Innern befand.
Auch nicht das gekbe vom Ei, aber viel klarer.

ging Karl weiter hinein und begann zu vermuten, daß es sich wohl um ein Museum handeln würde.
begann zu vermuten - das läuft schon unter Todsünde. Unnötig aufgebläht. Wie beginnt man denn etwas zu vermuten? Man vermutet
Er wollte noch kurz sich umschauen
Wörter durcheinander gepurzelt
Vielleicht war es sein Vertrauen in die Reife dieses Tages und in den Beginn eines neuen Lebensabschnittes, welches ihm lautlos, aber doch vernehmbar aufmerksam machte, sich gehen zu lassen und in das Unbekannte einzutauchen.
den Satz musste ich mehrfach lesen, um ihn zu verstehen. Unbedingt kürzere Sätze und auf das Wesentliche konzentrieren - verdichten
den Rücken einer rassigen, jungen Frau
wie sieht denn der Rücken einer rassigen Frau aus? ;) Hülse

Vielleich liege ich ja falsch mit meinem Eindruck, aber der Text liest sich noch nicht sonderlich stark überarbeitet. Fast nach einem Ersten Entwurf. Ich könnte mir vorstellen, dass du mit ein bisschen (mehr) Textarbeit eine Menge mehr aus deinen Geschichten machen könntest. Wir haben dazu auch einige hilfreiche Threads im Forum. EInfach mal ein bisschen umschauen hier.

So oder so noch viel Spaß hier
grüßlichst
weltenläufer

 

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