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Liebe am Nachmittag

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19.02.2014
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Liebe am Nachmittag

“Und. Wie läuft das Geschäft?”
Er sprach langsam und mit schlaffer Stimme, als müsste er eine große Traurigkeit verbergen. Er trug eine Krawatte, wirkte gepflegt. Aber der Tag war lang gewesen, und als sie ihm aus dem Sakko half, stieg ein Schweißwölkchen in ihre Nase. Ein Vertreter, dachte Veronika. In ihrem Beruf war es wichtig, den Wesenskern eines Menschen schnell zu erfassen, und je länger sie ihn ausübte, umso besser wurde sie darin.
"Geht so”, sagte sie und löste die Strapse.
"Kannst sie anlassen”, sagte der Mann, als würde er ihr damit einen Gefallen erweisen.
Veronika lächelte dankbar, denn auch das gehörte zu ihrem Job. Ältere Männer mochten es, wenn man sie mochte. Er war fast einen Kopf größer als sie und möglicherweise doppelt so schwer. Er machte sich nicht die Mühe, seinen Bauch einzuziehen. Sie schätzte ihn auf Mitte Fünfzig. Er hatte für eine Stunde bezahlt, und es sah nicht danach aus, als könnte er so lange durchhalten.
"Und. Was ist das, wenn ich fragen darf?"
Um ihren Hals baumelte ein goldener Skorpion, denn auch sie benötigte auf dieser Welt so viel Zuversicht, wie sie kriegen konnte.
"Stört dich mein Glücksbringer?"
Der Mann nickte. Sie löste das Schloss ohne Widerspruch und legte die Kette neben die Kondom- und Zigarettenschachteln.
“Was meinst du, ist noch Zeit für eine Zigarette?”
“Klar.”
Er zog ein Feuerzeug aus der Tasche und hielt ihr die Flamme unter die Nase. Vermutlich war er ganz in Ordnung, aber es spielte keine Rolle. Sie hatte das Alter hinter sich, in dem man sich dem Traum hingab, dass eines Tages ein wohlhabender Freier auftauchen und sie herausholen würde. Wann war dieser Zug abgefahren? Einmal hatte sie ein Mann aus Graz mit nach Capri genommen. Am Ende der Woche gab er ihr zu verstehen, dass er nicht genug Geld habe, das Hotel zu bezahlen. Aber auch das war lange her, und es waren verhältnismäßig gute Zeiten gewesen. Momentan hatte sie zwei oder drei Zimmer pro Tag und einen Arsch voller Schulden. Unter diesen Umständen altert die Haut sehr rasch. Sie rauchte die Zigarette ohne Genuss.
"Was ist in dem Koffer?", fragte sie, um die Stille zu übertönen.
"Tut nichts zur Sache", sagte der Mann.
Er zog sich langsam aus und faltete jedes Kleidungsstück so sorgfältig, als wäre er in einem Hotel. Während sich die Glut langsam auf ihre Lippen zubewegte, dachte sie an all das Unglück, das sie bereits überstanden hatte. Sie tröstete sich gerne mit dem Gedanken, dass alles immer vorüber gegangen war, irgendwie. Und wenn ihr gesamtes Unglück irgendwann einmal verbraucht war? Was würde dann noch für sie übrig bleiben? Vielleicht – das wurde ihr immer klarer – nicht mehr als eine schmale Holzkiste und ein langer Schlaf.
“Können wir jetzt anfangen?”
Sie erschrak und presste die Kippe fest in den Aschenbecher. Sie hatte das Licht nicht gedimmt, und wie sie so dasaß und ins Leere starrte, hatte sie vergessen, die verführerische Frau zu sein, für die er bezahlt hatte. Die Miene des Mannes verdüsterte sich. Er hatte den Gegenwert eines Arbeitstages auf den Tisch gelegt und war nicht geneigt, sich seinen Spaß durch Mitleid vermiesen zu lassen, so viel verstand sie. Er war erst ihr vierter Kunde diese Woche, wie sie an der Anzahl der Zigarettenstummeln im Aschenbecher jederzeit nachrechnen konnte. Außerdem gehörte er, wie es aussah, zur pflegeleichten Sorte. Man durfte ihn nicht durch Dummheiten vergraulen.
“Worauf hast du Lust, mein Schatz?”
Er stand im Unterhemd vor ihr, und als er sich am Kopf kratzte, dachte sie einen Moment, er würde über ihre Frage ernsthaft nachdenken. Doch dann drehte er sie am Oberarm herum und schob sie zum Bettende, wie jemand, der bereits einen konkreten Ablauf vor Augen hatte. Sie ließ sich biegen wie weiches Wachs. Er tätschelte ihr den Po und ging zu seinem Vertreterkoffer.
"Du bist doch rasiert, oder?"
Veronika nickte.
"Dann bück dich vor und streck die Arme nach hinten.”
Er zog ihr den Schlüpfer bis hinab zu den Knien.
"Du kannst mir alles sagen", sagte Veronika verständnisvoll in Richtung Fensterscheibe. Schon wieder hatte ein Idiot draußen ein paar Klebebuchstaben von der blickdichten Scheibe gekratzt. Die Gegend hatte nicht den besten Ruf.
"Wozu? Was hast du gegen Überraschungen?", sagte der Mann, und schon spürte sie, wie sich kaltes Metall um ihre Handgelenke schloss.
Ein melancholischer Vertreter, der endlich mal den harten Mann spielen wollte. Das kam öfters vor. Als sie beim Bezahlen einen Blick in sein Portemonnaie geworfen hatte, blitzte ihr das Lächeln zweier Zahnspangenkinder entgegen. Was das kosten musste.
"Ach ja. Ich fürchte, ich muss dir auch die Augen verbinden."
"Habe ich eine Wahl?", sagte Veronika im Scherz, doch der Mann blieb so ernst wie zuvor und holte ein schwarzes Seidentuch aus seiner Jacke. Sie ließ ihn gewähren. In jedem Mann steckt ein Kind, und Kinder müssen spielen. Manchen Kerlen stieg der Puls auf Hundertachtzig, wenn sie "Du dreckige Nutte” zischen und sie ein wenig an den Haaren ziehen durften. Danach waren sie wieder so harmlos wie Frühstückskellner.
Er drückte sie nach vorne auf das Bett, so dass ihr Hintern steil nach oben ragte und sich ihm die Möse entgegenreckte. Sie wartete und atmete ruhig. Irgendwo in der Dunkelheit klickten zwei Schnallen. Er schraubte ein Gefäß auf. Es dauerte bloß ein paar Sekunden. Nun musste er wieder hinter ihr stehen, denn sie spürte seinen Atem auf der Haut und danach etwas Schleimiges auf ihren Schenkeln. Mit beiden Händen verrieb er das Zeug auf ihrem Hintern und versenkte zwei kalte, feuchte Finger in ihrer Spalte.
"Moment –"
Er schnalzte ihr mit der flachen Hand auf den Hintern.
"– habe ich vergessen zu sagen, dass du dein Maul halten sollst?"
Veronika bereitete in Gedanken einen höflichen, aber bestimmen Satz vor, doch er hielt ihr bereits einen Finger vor die Nase.
"Immer noch so neugierig? Dann schleck das ab!"
"Ernsthaft? Ich meine, es ist doch nichts … Schädliches?"
Der Mann lachte, und Veronika tat, was er von ihr wollte.
“Und. Wie schmeckt es?”
Sie behielt das Zeug eine Weile in ihrem Mund. Es schmeckte eigentlich nach – nichts. Es war wie Wasser, nur viel dickflüssiger, und als sie versuchte, es zu schlucken, löste es sich nur schwer von der Zunge. Je mehr sie versuchte, die Masse hinter den Gaumen zu pressen, umso stärker quoll sie auf, bis sie den ganzen Mundraum ausfüllte und Veronika sich vor Ekel schüttelte und alles auf das Leintuch spuckte.
“Oje. Scheinbar nicht ganz dein Geschmack.”
“Wäh!”, machte Veronika und wischte sich die Zunge am Leintuch ab. "Sag sofort, was das war, oder wir sind fertig, bevor wir richtig angefangen haben!"
Diesmal hörte sich sein Lachen wie ein Knurren an.
"Ich werde es dir gleich sagen. Warte noch. Gleich …"
Der Mann war nun in sie eingedrungen und stieß mit schweren rhythmischen Stößen gegen ihr Becken.
"Du willst also wissen, was ich dir ins Maul geschmiert habe."
Veronika schwieg. Sie entschied, dass es genug sei. Der Schleim klebte an ihrem Gaumen, an ihrer Zunge und zwischen den Zähnen. Und er entfaltete vielleicht in diesem Moment eine bösartige Wirkung, von der sie sich gar keine Vorstellung machte. Sie rüttelte am Bettrahmen, doch der Mann hielt dagegen und beschleunigte unbeirrt seine Bewegungen.
"Ah, die Stute ist wohl bockig heute."
Als sie sich mit der Zunge wieder über die Zähne fuhr, schien ihr, dass das Zahnfleisch leicht nachgab.
"Na, was habe ich dir da ins Maul geschmiert, was glaubst du?" Er hatte nun sein Maximaltempo erreicht und konnte kaum noch reden vor Geilheit. "Und. Möchtest du nicht raten?"
Sie schüttelte den Kopf. Er war nun bis zum Anschlag erregt.
"Tu mir den Gefallen. Was glaubst du, was es war?
Anstatt einer Antwort versuchte Monika, die Schleimreste mit der Zunge von ihrem Gaumen zu kratzen. Sie spuckte wild um sich.
"Du tust ja, als hättest du das Zeug zum ersten Mal geschluckt."
"Sag es mir sofort, du Drecksau!"
Der Mann jaulte vor Begeisterung, und Veronika zuckte zusammen. Es war eine Begeisterung, die jemand so lange zurückgehalten hatte, bis sie ganz stumpf geworden war.
“Es – ist – mein – mein – Soßenbinder.” Er stieß den Satz unter großer Anstrengung hervor. Beim letzten Wort knickte seine Erregung kurz ein. Für eine Sekunde wurde er zu einem Kind, das seine Weihnachtssüßigkeiten zu lange aufgespart hat, und nun feststellt, dass sie ihren Geschmack verloren haben.
“Soßenbinder?”, fragte Veronika, die nun ebenfalls keuchte.
“Exakt. Für helle und – dunkle Soßen – in Großküchen unverzichtbar – zwölf Prozent weniger Fett als die Konkurrenz – Soßenbinder – auch bei niedrigen Temperaturen gut zu verarbeiten – keine Klümpchen: Das ist – mein verdammter – verfickter – Soßenbinder!”
Zwischen den hervorgepressten Sätzen schlug er sie mehrmals auf den Po, es war ein schmatzender Klaps, und das Glibberzeug zog lange Fäden zwischen den pumpenden Körperteilen. Am Höhepunkt zog er sich mit einem langgezogenen Seufzer zurück, riss das Kondom vom Schwanz und spritzte seinen Saft in den weißen Schleim. Die Ekstase verpuffte im selben Augenblick. Als hätte man einem geschwollenen Zeppelin die Luft abgelassen, sank er auf sie und begrub ihren Rücken unter seinem Gewicht. Soßenbinder. Sie ließ ihm diesen Moment der Erlöstheit, auch wenn ihr die schwere Last die Luft zum Atmen nahm. Er lag ganz regungslos auf ihr, nur sein Brustkorb hob und senkte sich, anfangs schnell, dann immer langsamer. Irgendwann hustete sie, um auf ihre Existenz hinzuweisen, und er rollte mit einem Grunzen zur Seite.
"Kannst du mir die Handschellen öffnen?"
"Natürlich. Gerne."
Er versuchte, seiner Stimme einen sachlichen Klang zu verleihen, auch wenn er zweifellos aussah wie ein in Mehl und Ei gewälztes Stück Fleisch.
Veronika schob sich die Augenbinde von den Augen und betrachtete die Sauerei auf dem Leintuch.
"Das war ungewöhnlich."
Er wischte die Handschellen mit einem der Feuchttücher sorgfältig ab.
"Ich meine, was ist der Kick dabei?", fragte Veronika.
"Es ist halt eine Neigung", sagte der Mann.
"Für Soßenbinder?"
Der Mann zuckte mit den Schultern und ließ sich wieder auf das Bett zurückfallen.
"Nein, das ist es nicht. Glaub ich."
Veronika schielte auf die Uhr. Er hatte noch über zwanzig Minuten, und Vertreter nahmen es mit der Zeit immer sehr genau. Sie wischte sich mit dem sauberen Ende des Leintuchs den Schweiß von der Stirn. Auch sie konnte ein wenig Ruhe vertragen. Doch als ihr Herz ruhig schlug, und sie aufstehen wollte, schüttelte er energisch den Kopf. Verklebt wie er war, wankte er zu seinem Aktenkoffer, der mit einem kleinen, professionellen Geräusch blitzschnell aufsprang. Man spürte, dass er die Metallscharniere seit Jahren auf dieselbe Art hochschnellen ließ. Die Bewegung hatte etwas Elegantes, dachte Veronika, sie war womöglich das Eleganteste an ihm. Er zog eine Metallklinge aus der Seitentasche.
"Ich hab noch was vergessen."
Es war ein kleiner Spachtel. Es fühlte sich an, als würde man ihr die Scham rasieren. Sorgfältig strich er mit dem kalten Metall allen Schleim von ihrer Haut und füllte ihn zurück in die Dose. Dann nahm er sich den eigenen Körper vor. Er schien darin eine gewisse Geläufigkeit entwickelt zu haben, er arbeitete so sauber und schnell wie eine tüchtige Kosmetikerin.
"Das hätten wir geschafft", sagte er sachlich, als er den Deckel festschraubte. Das Etikett wischte er mit einem weiteren Feuchttuch sauber, dann legte er die Dose zurück in seinen Musterkoffer. Sie unterschied sich nicht von den anderen.
"Wir liefern in sieben Länder, inklusive Schweiz. Dreitausend Tonnen pro Jahr. Hundert Prozent glutenfrei."
"Wieder was dazugelernt", sagte Veronika.
"Was Soßenbinder betrifft, macht mir niemand was vor. Niemand."
Er war nun wieder ganz leise geworden.
"Man braucht wohl eine gewisse Leidenschaft."
Der Mann nickte, und wieder klickten die Kofferschnallen.
"Nichts ist schlimmer als diese kleinen Klumpen", sagte Veronika.
Er sah sie an, als hätte er noch etwas auf dem Herzen, aber jedes Mal, wenn er den Mund öffnete, kam nur ein wenig Luft heraus. Veronika legte ihren Arm auf seine weiche Schulter.
"Soll ich Ihnen ein Geheimnis anvertrauen?" Seine Stimme verkrampfte sich, als könnte er seine Rührung nur mit Mühe unterdrücken.
Veronika nickte.
"Soßen … Soßen sind letztlich wie Schuhe."
Als er Veronikas fragenden Blick bemerkte, fügte er hinzu: "Damit meine ich: Wir verkaufen im Grunde Illusionen."
"Ach so."
Sie hielt ihm eine Zigarette hin, doch er schüttelte entschieden den Kopf und stieg in seine Hose.
"Termine, Termine."
Sein Kopf leuchtete rot nach, als er die Krawatte band und den Hemdkragen sorgfältig nach unten bog. Er rieb sich verlegen die Hände, wie vor einer Präsentation.
"Und. Das war’s dann wohl."
“Na dann bis zum nächsten Mal. Mein Schatz”, wisperte Veronika und griff nach ihrem Halskettchen, doch die Tür war schon hinter ihm ins Schloss gefallen, und die elektronische Studioglocke krächzte wie ein hungriges Vögelchen.

 

Ich sage dazu erstmal nichts, weil du auf viele Kommentare, die du zu deinen Geschichten bekommen hast, nicht antwortest. Das finde ich grundsätzlich doof. Du kannst schreiben, hier, es dauert was, oder ich habe wenig Zeit - kein Problem. Aber gar keine Reaktion? Sorry, geht nicht.

 

Na ja, mir hat die Geschichte eigentlich nicht so recht gefallen. Habe mir etwas mehr Spannung und Handlung gewünscht. Nix für ungut. Ist nur meine Meinung

Gruß Risette

 

Mahlzeit!

Bin ich froh, dass ich beim Kochen keinen Soßenbinder verwende. Immer schön einreduzieren lassen. Mir kommt keine Chemie ins Essen. Nach der Geschichte schon mal gar nicht.

Nun, im Gegensatz zur Prag-Geschichte finde ich die hier unfertig. Bleiben wir mal beim Essen. Eine Sauce braucht ne Basis. Hier fehlt mir irgendwie die Basis, obwohl ich es nicht genau definieren kann. Ist ja nur eine Momentaufnahme, und doch ... es muss an den beiden Menschen liegen. Ich glaub noch nicht mal an ihr, sondern an ihm. Vielleicht ist es aber auch nur, weil ich den Kerl farblos finde, austauschbar. Ja, sie kommt eindeutig intensiver rüber.

Aber egal, ist nur so ein Gefühl. Schreiben kannst Du ja. Das mit dem "Punkt nach dem Und" ist mir als erstes aufgefallen. In der Regel folgt dem "Und" ja ein Fragezeichen plus eventuell noch einer erklärenden Frage. Der Typ scheint auf jeden Fall schon jenseits von Schweden zu sein. Aber die gibt es ja da draußen. Und nicht zu wenige davon. Schauderhaft.

“Soßenbinder?”, fragte Veronika, die nun ebenfalls keuchte.
Hier bin ich drüber gestolpert. Bis dahin klang das nach Routine. Abschalten, was vortäuschen. Hier jedoch hatte ich den Eindruck, Du wolltest ihr ein wenig Erregung verpassen. Wenn ja, hätte ich jedoch etwas mehr Basis vorangestellt. Irgendetwas, was sie zu dieser Erregung denn doch hinführt.

Alla hopp, hat mir jedenfalls gefallen.

Griasle
Morphin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Jimmy,

so, jetzt hast du es geschafft, mir ein schlechtes Gewissen zu machen.
Ich habe mal nachgeschaut. Auf der Haben-Seite steht: Letzte Woche habe ich Maria und Lakita bei "Bennos Geheimnis" geantwortet, immerhin. "Wasserflaschen"-Kommentare kommen, sobald ich den Anfang verbessert habe, wahrscheinlich diese Woche.

Auf der Soll-Seite: Leider keine Antworten auf einige teilweise sehr nützliche Kommentare in "Forellenquintett" und zu "Steinsegler", die ich beide im Frühling reingestellt habe. Mea culpa. Ich hatte ab Mitte April eine Schreibpause (0 Bock) und damit zwischenzeitlich auch das Interesse an den alten Texten verloren. Richtig wäre es gewesen, zumindest zu zeigen, dass man das rezipiert hat und die Arbeit der anderen schätzt. An deiner Kritik, Jimmi, liegt mir sehr viel, ich habe hier viel von dir gelesen und gelernt, und wenn sich das nicht in Kommentaren zu deinen Geschichten niederschlägt, dann einfach, weil du hier doch (mit ein paar anderen) in deiner eigenen Liga schreibst, und bloss um zu sagen, dass es gut ist, schreibe ich halt keinen Kommentar. Ich möchte das jedenfalls mal zum Anlass nehmen euch allen für die Kommentare zu danken, ich kann das gut brauchen, vieles davon hat mich weitergebracht. Danke!

Ich schreibe manchmal auch zu Texten von anderen Leuten. Ich würde gern behaupten, dass es mir dann ziemlich egal ist, ob sich jemand dafür bedankt oder nicht. (Meistens übe ich diese Kritik, weil ich selber was dabei lerne.) Aber die Wahrheit ist: Man ärgert sich doch ein bisschen, wenn gar nichts zurück kommt. In diesem Sinn, Besserung gelobend

baronsamedi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo baronsamedi,

ich will erst noch ein paar mehr Geschichten von dir lesen, dann kann ich vergleichen.

Bzgl. Beantworten teil ich jimmys Meinung. Finde ich eine gute Diskussion. Habe selbst noch keine neueren KG, nur die eine ältere, hoffe aber das bald zu ändern. Mit Lyrik könnte ich dienen.

Gruß
kasusanna

 

Alles gut, baron! Ich antworte dir morgen auf deinen Text. War auch kein Diss, sondern sollte lediglich eine Anregung darstellen bezüglich Geben und Nehmen hier im Forum.

Gruss Jimmy

 

Hallo baronsamedi

Hab deine Geschichte im Groß und Ganzen interessiert gelesen und fand sie auch unterhaltsam. Sie lebt halt von dieser etwas absurden sexuellen Vorliebe und der ... kreativen Art der Herstellung von Soßenbinder. Viel mehr hat sie dann leider nicht zu bieten, aber vielleicht ist das auch genau der richtige Rahmen, um eine solche Idee unterzubringen.

Ältere Männer mochten es, wenn man sie mochte.

Klingt nicht gut mit dem 2x mochte.

Um ihren Hals baumelte ein goldener Skorpion, denn auch sie benötigte auf dieser Welt soviel Zuversicht,

In diesem Fall: so viel (getrennt)

Insgesamt hättest du anfangs noch etwas mehr in die Stimmung und das Setting investieren können. Vielleicht noch irgendeinen ungewöhnlichen Dialog zwischen den beiden schreiben können, oder vielleicht dem Vertreter irgendeine seltsame Eigenschaft geben können - so ist der doch ein wenig zu gewöhnlich, Mitte fünfzig, Vertreter, Bauch. Da hat der Text noch nichts, womit er wirklich Spannung erzeugen könnte, das kommt dann erst etwas später, wenn der Typ zur Sache kommt.

Auch die Beschreibung der Prostituierten fand ich etwas lahm - du versuchst, sie dem Leser vorzustellen, was grundsätzlich auch eine gute Idee ist. Aber auch da vermisse ich - besonders in einem solchen Text - das Besondere, irgendwas, das man noch nicht zigmal so oder so ähnlich gesehen / gelesen hat. Wenn du nochmal an dem Text arbeiten willst, würde ich mir wirklich den Einstieg nochmal genauer anschauen.

Er zog sich langsam aus und faltete jedes Kleidungsstücke so sorgfältig

Kleidungsstück

dachte sie an all das Unglück, dass sie bereits überstanden hatte

all das Unglück, das

“Worauf hast du Lust, mein Schatz?”

Ab hier finde ich wird der Text individuell, besser als zu Beginn.

»Wozu? Was hast du gegen Überraschungen?«, sagte der Mann, und schon spürte sie, wie sich kaltes Metall um ihre Handgelenke schloss. Ein melancholischer Vertreter, der endlich mal den harten Mann spielen wollte.

Achte mal ein wenig auf die Füllwörter: schon, mal, nun, gar, ganz ... solche Sachen. Können fast immer raus, der Satz klingt ohne meist besser.

Dass ihr dann die Augen verbunden werden und der Leser - zunächst - wie sie blind ist, finde ich eine gute Idee. Man kann tatsächlich kaum erraten, was sie da in ihren Mund geschmiert bekommt. Allerdings solltest du diese Perspektive dann auch konsequent einhalten:

Am Höhepunkt zog er sich mit einem langgezogenen Seufzer zurück, riss das Kondom vom Schwanz und spritzte seinen Saft in den weißen Schleim.

Er versuchte seiner Stimme einen sachlichen Klang zu verleihen, auch wenn er aussah wie ein in Mehl und Ei gewälztes Stück Fleisch.

An diesen Stellen hat sie die Augenbinde noch auf, kann das also gar nicht sehen. Der Leser sollte es ebenfalls nicht, ich glaube es reicht, wenn du dich hier auf Geräusche und ihre Eindrücke verlässt. Das ging mir an einer Stelle übrigens etwas schnell, zunächst hat sie das Zeug ja nur im Mund, ich hab dann nicht richtig mitbekommen, weshalb plötzlich das ganze Bett voll damit ist.

“Es – ist – mein – Soßenbinder!” Er stieß den Satz unter großer Anstrengung hervor.

Hier wird der Text dann ziemlich schräg, finde ich aber eigentlich noch ne witzige Idee, auch dass er dann einen solchen Werbespruch raushaut. Auf die Wörter ganz in Großbuchstaben solltest du trotzdem verzichten, das kommt außerhalb von Comics in der Regel nicht gut an.

Was mich noch gestört hat - mach doch Absätze, wenn der Sprecher wechselt.

»Ich meine, was ist der Kick dabei?«, fragte Veronika. »Ich habe halt eine Neigung«, sagte der Mann. »Für Soßenbinder?«

Da muss ich zweimal drüberlesen, um zu erkenne, wer spricht. So wäre es doch viel klarer:

»Ich meine, was ist der Kick dabei?«, fragte Veronika.
»Ich habe halt eine Neigung«, sagte der Mann.
»Für Soßenbinder?«

Ja - also du hast eine schräge Idee da eigentlich ganz nett verarbeitet; klar, viel Tiefgang ist da jetzt nicht vorhanden, auch gibt es keine Figurenentwicklung oder besondere Charakterisierung - aber mal so, für zwischendurch, fand ich das eine ganz nette Unterhaltung. Vom Stil her solltest du wirklich den Text nochmal auf Füllwörter abklappern, da sind noch einige drin.

Viele Grüße,
Schwups

 

Hundert Prozent glutenfrei.
Passt irgendwie zu mir,

lieber baronsamedi –

was nicht mal ironisch gemeint ist von mir. Grund genug, mal vorbeizuschauen.
Und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts, dafür kanns nie zu spät sein – wer Anfang eines Jahres einsteigt, hat es bei mir schwer, sofort entdeckt zu werden (Juni ist besser …)

Wäre es weniger ironisch gemeint von Dir, wäre es das, was den Inhalt der Geschichte verstärkt: Geschäftemacherei – der ideale Typus des Angestellten als Selbständiger (das Steuerrecht nennt dergleichen „Scheinselbständige“, der „Reisende“ ist Angestellter, dem der Arbeitgeber Sozialversicherung + Steuer vom Gehalt abnimmt, während der scheinbar Selbständige alles selber vom Brutto, oft vom Umsatz abhängig, erledigen muss) trifft auf die Ware Frau, die entweder „angestellt“ (Zuhälterkultur, heute wird alles Kultur und wo alles Kultur wird, ist nix mehr Kultur) oder freiberuflich (siehe Vertreter) tätig wird – das fleißige Lieschen (im eigenen Heim womöglich) … Beruhigt bin ich aber, dass Backpulver in der Geschichte keine Rolle spielt.

Während die ersten zwo Sätze (wörtl. Rede) von mir sein könnten (ich sag das mal so, ohne böse Absicht: Sind okay!, da haben er und Du nix falsch gemacht), ist der dritte ein Monstrum (naja, eigentlich – Du musst wissen, eigentlich brauch ich das Wort eigentlich gar nicht zu gebrauchen, weil ich den Jargon der Eigentlichkeit – Heidegger, mich graut vor ihm!, verabscheue):

Er sprach langsam und mit unmodulierter Stimme, als müsste er eine große Traurigkeit verbergen.
Warum die Negativkonstruktion? Denk positiv: Unmoduliert = eintönig, bis hinab zum tonlosen … Und auch die „Traurigkeit“, eine Substantivierung des von Trauer Beseelten.
Und letztlich: Womit spricht man für gewöhnlich? Also warum nicht eher „Er sprach langsam und tonlos, als müsste er große Trauer verbergen.“ (Wobei es gut ist, nicht "Melancholie" verwendet zu haben, ist doch Melancholie meistens nicht die Erkrankung, sondern Selbstmitleid, die Vorstellung der eigenen Endlichkeit.)

Hier nun ein Satz, der einem „stinkenden“ Hundehalter und begeistertem Rugbyspieler selbst auf Kuhweiden nicht gefallen kann, selbst wenn alle Welt jetzt die Nase rümpft: Die natürlichen Gerüche gehen unter, werden durch des vierzehnten Ludwig durchgeführte Revolution (ha!) unterdrückt:

…, stach sie der Essiggeruch seiner Achseln in der Nase.
Riecht Schweiß (= ein wässriges Drüsensekret mit geringer Menge gelöster Stoffe, vorzüglich Kochsalz, daneben bissken Ammoniak, Harnsäure und flüchtige Fettsäuren) nach Essig?

Erste reale Schnitzer

Um ihren Hals baumelte ein goldener Skorpion, denn auch sie benötigte auf dieser Welt soviel Zuversicht, wie sie kriegen konnte.
So viel (keine wie immer geartete Junktion!), aber „kriegen“ hängt schon mit „Krieg“ zusammen ( am deutlichsten vllt. im Bekriegen), darum besser „bekommen“ als „bekriegen“.

Am Ende der Woche gab er ihr zu verstehen, dass er nicht genug Geld hatte, das Hotel zu bezahlen.
Besser Konjunktiv, indirekte Rede!, habe statt hatte.

Aber auch das war lange her, und es waren verhältnismäßig gute Zeiten gewesen.
Hm, gewesen klingt schon wieder nach Heidegger: „Das Sein west“, wobei er die schöne Vorsilbe vergisst, die wieder den modernen Geruchssinn belästigt.

Du sprichst Deutsch als Fremdsprache, gell? Wenn ja, „kriegen“ wir schneller hin als man glaubt.

… und faltete jedes Kleidungsstücke so sorgfältig.
Lösung: Kleidungsstücke klingt melodischer als tatsächlich die Einzahl: …stück.
Es kann aber auch Mehrzahl gemeint sein (da nimmt Literatur keine Rücksicht drauf und verlangt von der Grammatik in unserm Fall) den Artikel im entsprechenden fall: „der“. Also entweder
… und faltete jedes Kleidungsstück[…] so sorgfältig …
oder
und faltete jedes [der] Kleidungsstücke so sorgfältig, …

Schon wieder
…, so[…]viel verstand sie.

In jedem Mann steckt ein Kind, und Kinder müssen spielen.
Warum da ein Komma? Ist an sich nicht notwendig, aber auch nicht falsch ... muss ich zugeben.
"Sag sofort[,] was das war, oder wir sind fertig, bevor wir richtig angefangen haben!"
Du willst also wissen, was ich dir ins Maul geschmiert habe."
Klingt nach Frage und doch zugleich nach Befehl. Auch „?!“ ist zulässig, lass Dich da nicht beirren.

Veronika schwieg. Sie entschied, dass es genug war.
Besser Konj. I
Der Schleim klebte an ihrem Gaumen, an ihrer Zunge und zwischen ihren Zähnen.
Irgendwann weiß „eigentlich“ auch der letzte Dödel, wessen Gaumen/Zunge/Gebiss gemeint ist, nicht aber jene, die meinen das wäre „ihr“ Haus, „ihre“ Frau usw. Das musstu entscheiden. Mich interessiert Besitz und vor allem Eigentum nicht die Bohne – dass wir uns nicht falsch verstehn: die Allmende gilt für Grundeigentum von alters her!

Hier schnappt die Fälle-Falle einmal zu

… schlug er sie mehrmals auf den Po …
Wem schlug er „auf den Pos“? Dativ: Ihr.

Er versuchte[,] seiner Stimme einen sachlichen Klang zu verleihen, …
Infinitvgruppe, abhängig vom Substantiv
… mit einem kleinen[,] professionellen Geräusch …
Bloße Aufzählung gleichrangiger Adjektive
.. auf die selbe Art …
Dieselbe, ein Wort
Es war eine kleine Spachtel
„der“ Spachtel

Gern gelesen vom

Friedel

 

hallo Morphin,


Vielleicht ist es aber auch nur, weil ich den Kerl farblos finde, austauschbar. Ja, sie kommt eindeutig intensiver rüber.

Da könnte was dran sein. Ich werde das im Auge behalten. Ich muss die Geschichte selber noch mal mit einigem Abstand lesen. Ich warte in dem Punkt noch auf ein Feed back von einem Kollegen. Meine Devise ist hier: Wenn es mind. zwei sagen, MUSS was dran sein.


“Soßenbinder?”, fragte Veronika, die nun ebenfalls keuchte.

Das Keuchen hier eher aus sportlichen Gründen. Sollte nicht erotisch gedeutet werden. Vielleicht braucht es da noch einen Zusatz.

Danke fürs Lesen und fürs Ekeln!

baronsamedi

PS: Friedrichard und Schwubs: Zu euren Anmerkungen komme ich später, da muss ich bei der Geschichte auf jeden Fall noch mal mit dem Skalpell ran. Danke mal inzwischen!

baronsamedi

 

Hallo baronsamedi

Der Titel machte mich neugierig, da Erotik in den Stichworten sich noch mit Seltsam und Spannung vereint. Eine solche Kombination weckt eine Erwartungshaltung.

Aber der Tag war lang gewesen, und als sie ihm aus dem Sakko half, stach sie der Essiggeruch seiner Achseln in der Nase.

Die andern Kommentare habe ich nur kurz überflogen und nicht bemerkt, dass dazu bereits etwas gesagt wurde.
Mich hat der Essiggeruch irritiert und die Aussage hinterfragen lassen. Das Nachfolgende ein Vertreter, als Gedankengang seiner Gespielin, machte es mir nicht einfacher. Ein Handelsreisender, der solche Essenzen darbietet oder eine unangenehm starke Transpiration aufweist? Ich tippe mal auf Letzteres. Da stimmt mir allerdings das beschriebene Bild nicht so recht. Weder stechen die Achseln, noch riechen die Achselhöhlen – ein Ort von Drüsensekreten – bei reaktiver Aktion nach Essig, doch kann der Geruch bakteriell verursacht unangenehm beissend sein.

Seltsam war die Vorliebe des Mannes ja. In der dargelegten Form wirkte es mir allerdings mehr wie ein sachlicher Bericht einer Prostituierten, die über die sonderbaren Wünsche ihrer Kunden erzählt. Bei einer Geschichte erwarte ich jedoch eigentlich eine Veränderung, die im besten Fall die einleitenden Darstellungen auf den Kopf stellen. Schwach lässt sich dies schon daraus ableiten, eine Art von Demaskierung des bieder wirkenden Vertreters, doch nicht mehr.
Eine leichte Spannung war vielleicht der Moment bis klar wurde, welch absonderliche Vorliebe den Mann leitete. Das Vorspiel und den Akt selbst fand ich unerotisch.

Dennoch war es mir nicht ungelenk zu lesen, doch bot es nichts, das einen Nachhall bewirken vermag.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Schubs,

danke auch dir für die Tipps und die Korrekturen.

Insgesamt hättest du anfangs noch etwas mehr in die Stimmung und das Setting investieren können.

Autoren werde hier gerne mit zwei Arten von Vorschlägen konfrontiert:

a) Der Anfang ist zu langweilig. (Man hat zuviel in Szenerie investiert.)
b) Wenn er aber sofort szenisch wird wie hier, kommt manchmal eine Meldung wie deine.

Vermutlich haben beide recht. Was tun? Ich denke jetzt mal ganz schematisch, aber vielleicht ist der zweite Absatz der ideale Ort, um etwas Atmosphäre nachzureichen. Der Leser sollte dann vom Thema schon „geködert“ sein, und wird nun veranlasst, ein bisschen das Interieur etc. wahrzunehmen.

Da hat der Text noch nichts, womit er wirklich Spannung erzeugen könnte, das kommt dann erst etwas später, wenn der Typ zur Sache kommt.

Ich glaube, der Vertreter sollte extrem gewöhnlich erscheinen am Anfang, damit sein äh ... Spleen dann überrascht.

Auch die Beschreibung der Prostituierten fand ich etwas lahm

Stimmt. Hier werde ich noch was probieren.


An diesen Stellen hat sie die Augenbinde noch auf, kann das also gar nicht sehen.

Ich glaube, ich habe die personale Perspektive so gewichtet, dass das durchaus drinnen ist. Falls noch andere der Meinung sind, dass sich hier was spießt, bitte aufzeigen.

Das ging mir an einer Stelle übrigens etwas schnell, zunächst hat sie das Zeug ja nur im Mund, ich hab dann nicht richtig mitbekommen, weshalb plötzlich das ganze Bett voll damit ist.

Ja, da muss noch was rein.

Und Füllwörtercheck mache ich auch noch, versprochen.

Merci

baronsamedi

 

Hallo baron,

ich finde den Einstieg gut. Direkt, in media res, ich mag so was. Dialoglastig, das Ganze, auch das finde ich gut. Deine Sprache hat sich auch entwickelt, du bist knapper, reduzierter und präziser geworden. Nicht mehr so langatmig wie im Steinsegler. Das ist alles top.

Mich würde jetzt reizen - warum hat er diese Neigung? Da kann man ja richtig was raushauen, irgendein Erlebnis mit Soßenbinder in der Kindheit, oder wasweißich, ich denke, da verschenkst du noch mal Potential, um in die Tiefe zu gehen. So hast du zwar der Prostituierten Tiefe und Charakter verliehen, also durch diese kurzen Einschübe, aber der Vertreter bleibt blass. Hier, in diesem Text, würden sich allerdings diese beiden Perspektiven nicht beißen, sondern ergänzen. Sonst steht die Neigung so völlig alleine im Textm, ist zwar Motor, aber irgendwie ein leiser Motor.

Gruss, Jimmy

 

Hallo baronsamedi,

mir hat deine kleine Nachmittagsgeschichte sehr gut gefallen. Aber wir wären nicht hier bei den Wortkriegern, wenn ich nicht noch ein büschen watt, anzumerken hätte.

Gefallen hat mir, dass man sofort in der Handlung steht und du packend voran gehst. Ich habe ziemlich gebannt den Verlauf der sexuellen Handlungen verfolgt und (ich bin nun mal eine ängstliche Natur) habe laufend mit der Prostituierten mitgefiebert, es möge ihr nix passieren. Ich sah überall Gefahren lauern, denn mir war klar, dass dein Protagonist vermutlich ziemlich strange sein würde.

Gebeutelt durch etliche Krimis (meist sind die Skandinavier von dieser Blutrünstigkeit), in denen geradezu geschlachtet wird, war ich echt auf alles gefasst und deswegen so gebannt.
Der langen Rede kurzer Sinn: es war reichlich Spannung drin. :D

Diese skurrile sexuelle Neigung fand ich schlichtweg eklig, aber das soll wiederum als Lob verstanden werden, denn dies sollte ja kein Kuschelsexgeschichtchen werden, in welcher sich die Beteiligten zu Tode streicheln. ;)
Der Plot ist dir gelungen. Das wollt ich sagen.

Was mir nicht gefallen hat, war das Hölzerne deiner Figuren. Sie hätten geschmeidiger wirken können, wobei mir schon klar ist, dass die Prostituierte abgeklärt ist und sich eine professionelle Sprache angewöhnt hat und der Kunde vermutlich diese Sorte Mann ist, die eher wenig redet. Insoweit ist es etwas problematisch, wenn so einer dann auch noch Vertreter ist. Aber vielleicht ist er auf der ganzen Linie befremdlich. Das kann gerne offen bleiben.

Den Figuren fehlt der letzte Schliff. Aber ansonsten habe ich mich bei dieser ja im Grunde genommen nicht tiefgründigen Geschichte gut unterhalten gefühlt. Erotik, Ekel, Spannung sind gar nicht mal so schlechte Mixturen.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo Anakreon

ja, das mit dem Essig empfindet der Leser wohl anders. Habe es jetzt mal rausgetan.
Gibt es denn überhaupt keine Metapher für Schweißgeruch?


Das Vorspiel und den Akt selbst fand ich unerotisch.
Deine Freundin wird es dir danken! : )


Hallo Lakita,

Diese skurrile sexuelle Neigung fand ich schlichtweg eklig, aber das soll wiederum als Lob verstanden werden, denn dies sollte ja kein Kuschelsexgeschichtchen werden, in welcher sich die Beteiligten zu Tode streicheln.

Mhhh. Du bringst mich auf literarische Ideen.


Ich werde bei den Figuren noch nachschleifen, versprochen. Momentan ist mein Fokus bei einer anderen Geschichte, aber – I’ll be back.

Merci

baronsamedi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Jimmy,

Mich würde jetzt reizen - warum hat er diese Neigung? Da kann man ja richtig was raushauen, irgendein Erlebnis mit Soßenbinder in der Kindheit, oder wasweißich, ich denke, da verschenkst du noch mal Potential, um in die Tiefe zu gehen.

Ja hier muss ich noch nachlegen. Der Vertreter ist zu blass. Der Soßenbinder sollte aber nicht in die Kindheit führen, er ist einfach schon sehr lange (zu lange) Vertreter für das Zeug, und ich nehme an es hat sich was abgespalten, ein Hass auf das Produkt, den er aber nicht manifest empfinden kann, sonst wäre er als Vertreter ja völlig untauglich. Es kanalisiert sich halt so. Aber ich werde das nicht analytisch reinbringen, sondern irgendwie so, dass der Leser mehr selber schlussfolgern kann.

Hallo Friedel,

dein kurzsichtiges Adlerauge hat wieder mal gezeigt, was es kann. Danke!

Du sprichst Deutsch als Fremdsprache, gell?
Du hast mir sehr, sehr weh getan. : )

Sehr weh tut mir auch, dass ich wirklich in einigen Fällen einen offensichtlichen Mangel an Sprachempfinden aufweise. Hier zum Beispiel finde ich das "sei" nicht so gut wie das "war", aber ich beuge mich deiner Expertise:

Veronika schwieg. Sie entschied, dass es genug war.

In einem Fall war ich beratungsresistent:

… schlug er sie mehrmals auf den Po …

Hier habe ich das "sie mal gelassen. Man kann ja auch sagen: Er schlug sie ins Gesicht. Oder bin ich hier ganz "neben der Spur" – wie man in eurem Land sagt?

Danke beiden für die genaue Lektüre, hat viel gebracht.

baronsamedi

 

baronsamedi schrieb:
In einem Fall war ich beratungsresistent:

… schlug er sie mehrmals auf den Po …
Hier habe ich das "sie mal gelassen. Man kann ja auch sagen: Er schlug sie ins Gesicht. Oder bin ich hier ganz "neben der Spur" – wie man in eurem Land sagt?

Nein, bist du nicht, baronsamedi.
Ich hatte einmal einen ähnlichen Disput mit Friedel („Sie küsste ihn auf den Mund“ schrieb ich, und Friedel mahnte den Dativ ein, was ich mit der Begründung verweigerte, dass in Österreich das kein Mensch sagt.)
Was ich sagen will: lass uns ruhig selbstbewusst mit unserem endemisch österreichischen Deutsch umgehen.

offshore

 

Hallo, Ernst!

Das beruhigt mich. Der Österreicher unterscheidet sich vom Deutschen halt durch die gemeinsame Sprache. (Karl Farkas)

 

Lakitas Worten möchte ich mich anschließen, mir hat die Story gut gefallen, ich empfand die Protagonisten als ziemlich authentisch, direkt hölzern fand ich sie nicht wie Lakita, aber ansonsten sehe ich das auch so. Eine alles in allem recht professionelle Schreibe!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ernst offshore,

darf ich dich noch einmal als Schutzpatron der austriazistischen Schreib- und Denkungsart aufrufen?

"Du willst also wissen, was ich dir ins Maul geschmiert habe."
Veronika schwieg. Sie entschied, dass es genug sei.

oder

"Du willst also wissen, was ich dir ins Maul geschmiert habe."
Veronika schwieg. Sie entschied, dass es genug war.

Einmal hatte sie ein Mann aus Graz mit nach Capri genommen. Am Ende der Woche gab er ihr zu verstehen, dass er nicht genug Geld habe, das Hotel zu bezahlen.

Und eigentlich auch hier das "habe"; mir scheint das hochgestochen. Warum nicht hatte? Ist das wirklich falsch?

Ich beuge mich sonst wirklich gerne Friedels Sprachgefühl, das er ja in wunderbaren/wundersamen Texten unter Beweis gestellt hat, aber mir will das "sei" im ersten Beispiel einfach nicht behagen.
Dabei wären wir Österreicher sonst eh mit dem Konjunktiv verheiratet ...

merci

baronsamedi


PS: Technische Frage: Wird hier vom System automatisch eine Benachrichtigung an ernst offshore generiert?

 

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