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Sonntagsbraten oder "The Taste" bei Oma

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27.08.2005
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Sonntagsbraten oder "The Taste" bei Oma

ACHTUNG SATIRE!
Heute ist es mal wieder so weit: Die ganze Familie darf sich auf einen Sonntagsbraten bei Oma freuen.
Ich bin der Erste an der Haustüre und läute. Von oben wird geöffnet. Während ich schwerfällig die Stufen erklimme, mich am Geländer hochziehend, spielt mein Bruder "Father and Son", nur den dramatischen Teil aus dem neu aufgenommenen Duett, als der "Son" einsetzt, auf seinem Handy ab, mit Lautsprecher. Er erklärt, daß ich eine schwere Kindheit hatte und auf die schiefe Bahn geraten sei, weil meine Mutter mittags keine Zeit hatte zu kochen.

Oma steht weder zur Begrüßung hinter der weit geöffneten Wohnungstüre, noch am Herd. Ich treffe sie im Esszimmer an, sie sitzt liegend in einem breiten Sessel, den ich noch nie zuvor bei ihr gesehen habe. Ich grüße sie mit einem schüchternen "Hi" und nehme eine unsichere Haltung ein. Oma trägt ein Haarnetz, darauf balanciert eine Baseballkappe. Mit wütender Stimme spricht sie mich an: "So, jetzt bist Du wohl nicht mehr so arschcool. Stell Dich mal vor! Wer bist denn Du?". Ich nenne meinen Namen und die Stadt, in der ich lebe und grinse hoffnungsvoll dämlich. Der Blick meiner Oma aber bleibt kritisch, sie nickt, sagt: "Ok". Dann notiert sie etwas in ein kleines Buch und sieht meine Eltern an, wobei sie die Brauen hochzieht. Plötzlich nennt sie mich beim Namen und fragt mich, was ich denn für sie mitgebracht hätte. "Nichts.", antworte ich wahrheitsgemäß, den Blick zu Boden gewandt. Daraufhin ertönt ein Paukenschlag, wieder mein Bruder mit seinem Smartphone. Die Umgebung verfinstert sich, weil er den Dimmschalter der Deckenlampe betätigt. Entgeisterte, strenge Blicke werden ausgetauscht, ich schäme mich ein Wenig. Dann ist wieder alles wie vorher. "Ich frage Dich ernsthaft: Was willst Du hier? Du kannst nichts und Du bist nichts!", fährt mich meine Oma an.
Urplötzlich wieder ein Donnerschlag und die Geigen aus der Schlüsselszene in "Psycho". Ich sage zu meiner Familie, dass ich in dem Moment geglaubt habe, dass alles aus sei und ich nach Hause gehen könne. Als bereits erste Tränen fließen, spricht Oma jedoch, plötzlich wohlwollend, väterlich, weiter: "Ich glaube, Du bringst genau diese spießige Rotzigkeit mit, die ich in meinem Team brauche. Also, herzlich willkommen." Alles erstrahlt, ich lache, zunächst ungläubig, dann erleichtert und rufe: "Yeah!", wobei ich eine schwache Siegergeste ausführe. Oma kommt auf mich zu, wir geben uns die Ghettofaust, dann umarmen wir uns, klopfen uns auf die Schultern und ich küsse sie drei Mal auf die Wangen. Deutlich in meinem Selbstbewusstsein gesteigert, lege ich mich breitbeinig neben Oma, Schuhsohle auf dem Polster.
Alle Blicke richten sich jetzt geil auf ein langbeiniges Mädchen im kurzen Glitzerkleid. Das trägt beinahe stolperfrei ein silbernes Tablett mit daraufliegenden Umschlägen herein. Es scheint sich um die aufgehübschte Tochter der Nachbarn zu handeln, jedoch spricht sie nicht. Dümmlich lächelnd wartet sie servil, während wir feixend Obstvergleiche mit ihren primären und sekundären Geschlechtsmerkmale machen, bis Oma sich für einen Umschlag entschieden hat. "So, meine Lieben,", ruft Oma uns zu, "unser Thema ist Hausmannskost! Gute deutsche Hausmannskost, wie sie die Oma noch kannte.", den letzten Halbsatz spöttischer, wobei sie das "m" in "Oma" betont. Vater lacht sich schlapp, zeigt auf Oma und man kann das Wort "Arschkarte" vernehmen. Jeder der nicht aus Stein ist spürt, zwischen ihm und Oma ist noch eine alte Rechnung offen. Oma schmunzelt gekünstelt und richtet ihre beiden Mittelfinger in seine Richtung, dann gehen sie betont lässig aufeinander zu, geben sich die Ghettofaust, umarmen und küssen sich, wobei mein Vater ihr noch mit den Faustknöcheln rasch durch das weiße Haupthaar fährt.
Und dann schliessen sie sogar noch die Wette ab, daß, wenn Oma verkacken würde, sie einmal nicht "Fliege" schauen dürfe, was aber selbst meinem Vater als zu hart erscheint und sie sich auf die ersten fünf Minuten einer Sendung einigen. "Das ist ne echte Herausforderung, meine Süßen.", ruft Oma begeistert: "Wer kommt mit in mein Team?". Vom Esszimmer aus können wir per Bildschirm dabei sein. Mein Bruder meint, das Thema Hausmannskost sei nur vordergründig einfach und berge, gerade für Laien, viele Risiken und daß er mal gespannt sei, wie die Oma das meistern würde.

Während Oma in die Küche eilt sagt sie: "Das ist genau mein Ding! Das kann ich, hab ich schon tausendmal gemacht. Wenn ich das jetzt verkacke, dann geh` ich freiwillig." An der Türe hält meine Mutter sie fest: "Stop! Was machst Du jetzt?". "Also, ich dachte ich schneide eine schöne Zwiebel, nicht zu dünn...", stammelt Oma überrascht und verunsichert, Mutter nickt mit feierlichem Ernst und sieht für einen Moment so aus, als würde sie nachdenken, legt gönnerhaft die Hand auf Oma`s Schulter und gibt ihr schließlich einen Klaps: "Mach das, das ist Dein Style. Damit bist Du erstmal beschäftigt." und an uns gerichtet: "Der Speck gibt ne schöne rauchig-salzige Grundnote und Du kitzelst diese tiefen, kräftigen Töne aus den Kartoffeln heraus. Die Chilischoten bringen dann so ne asiatische Schärfe rein, damit zündest Du den Turbo im Topf und durch das Frittieren kriegen wir den Crunch, das wird geil." Oma sieht sie entgeistert an.
"Sie soll das machen, das ist genau ihr Ding, ich hab da n`gutes Feeling.", führt Mutter weiter aus.
"Ich wußte, daß ich mit meiner Zwiebel bei ihr punkten kann", freut sich Oma: "Das sind genau die Tipps, die ich brauche, um groß rauszukommen" und joggt in den Vorratsraum. Zurückgekehrt legt sie das Mitgebrachte auf die Arbeitsfläche und sagt: "Das ist ne schöne, geile Zwiebel." Sie setzt gerade zum Schneiden an, als: "Verdammte Scheiße!", schreit Mutter, auf die Knolle zeigend "was schleppst Du denn da an?" "Ähm...", setzt Oma verunsichert an, plötzlich scheint es ihr zu dämmern: "Fuck!", schreit sie heraus: "Oh no! Kacke!". Vor ihr liegt keine Zwiebel, sondern eine Möhre. Wieder die Pauke und weil sich das Licht in der Küche nicht dimmen lässt, schaltet Mutter es mehrmals ein und aus. Die weiteren "Fuck`s" meiner Oma gehen bereits in Geflenne unter, da kommt Mutter tröstend heran und drückt sie an sich. Wir anderen können es kaum fassen, mein Bruder sieht irgendwie mitgenommen aus. Oma sagt, daß sie in diesem Moment dachte, für sie wäre jetzt alles aus und ihr Traum geplatzt.
"Mensch, Kinder, wieso fragt ihr mich denn nicht, dafür bin ich doch da", beruhigt Mutter sie mit väterlichem Gestus: "Ok, ok, kein Problem. Schmeiß das weg und mach es neu! Aber jetzt Gas und änt ä liddel mohr konzenträitschen, plihs!".
Sie klatscht in die Hände. Meine erleichterte und dankbare Oma rennt erneut los, wobei sie erwähnt, daß meine Mutter wie eine Mutter für sie wäre, bloß strenger! Mutter sagt zu uns, daß Oma im Moment noch ein Aufmerksamkeitsproblem hat, aber auf einem guten Weg sei. Dann fügt sie hinzu: "Weil Kochen, das ist einfach, das kann jeder, aber das andere muß man lernen, notfalls wieder und wieder, jahrelang, schau mich an!" Im Esszimmer schüttelt Vater bedächtig den Kopf und sagt, daß er sowas kommen sehen hätte und daß so etwas davon käme, wenn man nicht mit Profis arbeite. Aber er kann eine gewisse Schadenfreude auch nicht verbergen, sieht sich wohl bereits seine Wette gewinnen.

"Na, wir behalten mal n`bisschen die Zeit im Auge.", sagt Mutter kritisch, während Oma in gebückter Haltung hektisch schnibbelt. Was geschehen kann, wenn man die Zeit nicht im Auge behält, wird deutlich, wenn man meine achthundert Kilometer entfernt wohnende Tante besucht und vereinbart, zum Mittagessen da zu sein. Um Fünf nach Zwölf schreitet sie bereits nervöse Bahnen, um Zehn nach Zwölf fängt sie entnervt an mit dem Essen, der Tag ist dann gelaufen, der darauffolgende auch.

"Wenn ich das seh, dann krieg ich so 'n Hals!", hallt es in der Küche. Mutter hält ihre geöffnete rechte Hand etwa einen halben Meter unterhalb ihres Kinns in die Luft. Oma schwitzt vor Angst. Mutter tobt: "Wenn ich das sehe, ja, dann krieg ich das Kotzen!". Was war geschehen? Oma hatte eine gut abgehangene Koberind-Hälfte aus der Kühlung geholt und damit begonnen, diese mit einem Creme Brulee - Brenner zu bearbeiten. "Wenn Du so arbeitest, dann bist Du in hundert Jahren nicht fertig", ereifert sich Mutter weiter. Oma sieht in die Kamera und gesteht, daß Mutter zurecht sauer gewesen sei, sie das an ihrer statt ebenfalls gewesen wäre und es völlig verständlich wäre, wenn sie jetzt rausflöge. Doch Mutter beruhigt sie und zeigt ihr, wie man das in einer Profi-Küche macht. "Da gibts auch Tricks, die der Gast natürlich nicht bemerkt", sagt sie und kneift dabei ein Auge zusammen. Dann zieht sie unter dem Arbeitstisch einen Flammenwerfer hervor. Oma sieht begeistert aus: "Ouh mei God, ist das geil. Ich dacht` erst woat se fack und dann kommt die mit sowas um die Ecke". Einige Minuten lang sieht man nichts, nur das Grollen des Feuers ist zu hören.

"Mensch, Kinder, haltet doch n bisschen Ordnung!", klagt Mutter und fegt symbolisch die restlichen Schweine vom Küchentisch. Dann, in belehrendem Ton: "Weil richtig gut Kochen, das kann echt jeder, aber Ordnung halten, das muß man lernen, notfalls wieder und wieder, jahrelang, schau mich an!" Oma nickt untertänig. Plötzlich wird Mutters Ton versöhnlicher. Sie stellt sich neben Oma und legt ihre Hand auf deren Schulter. Mit der Freien hält sie ein Küchengerät in die Kamera: "Und richtig Ordnung halten klappt am Besten mit...?", Oma schweigt, "...mit...?", sie kneift Oma in die Schulter. "Oh ja, hehe, natürlich mit MARKENNAME." Beide Lächeln eine Weile, erst als die Lachmuskeln schmerzhaft zucken hören sie damit auf.

Hart schlagen wir beidhändig die Griffe des Bestecks auf den Esstisch und rufen im Chor: "Hunger, Hunger!"

In der Küche schneiden sie jetzt mit einem Skalpell einen Kubikmillimeter aus der Roulade. "Los, Tempo, Tempo!", hetzt Mutter: "Die letzten Sekunden, jetzt kommt es drauf an!" Mit einer Pinzette trotzt Oma ihren zittrigen Händen.
Indes wird unser Geschrei immer lauter, fordernder. Ein Tröpfchen Bratensoße mit der Pipette, dann sagt Mutter, daß das ein hammergeiler Löffel sei und er raus könne.

Oma stürmt herein und schafft es, die Degustierlöffel in letzter Sekunde auf dem Tisch zu platzieren. Schwer atmend und schwitzend aber erleichtert steht sie erwartungsvoll vor uns. Es ertönt erneut eine spannungsgeladene Melodie. Wir gucken maximal skeptisch. Mein Bruder hebt den Degustierlöffel an und betrachtet die Unterseite, dann nimmt er die Erbse zwischen Zeigefinger und Daumen der rechten Hand und begutachtet sie ausführlich. Oma schluckt. Da tritt meine Mutter ein, legt beide Hände auf Omas Schultern und sagt leise, daß sie an ihren Erfolg glaube, weil ihr Essen sexy sei und sie so ein besonderer Mensch ist.
"Farbe ist ok, ein Sommerwiesengrün mit Einschlüssen von Gelb.", führt mein Bruder aus, "Konsistenz...mmhh...", er zerdrückt die Erbse und berührt den grünen Matsch mit seiner Zungenspitze, dann lacht er: "Hab` schon bessere Erbsen stehen lassen." Oma lacht förmlich die Anspannung aus sich heraus und bedankt sich tausendmal.
Vater nickt freundlich:" Geh` ich d`accord!" Er und mein Bruder geben sich die Ghettofaust. Dann schieben sich beide jeweils den gesamten Löffel in den Mund und beißen ihn am Stiel ab. Einen Moment lang sieht es so aus, als würden sie daran ersticken, ihre Gesichter laufen an, schließlich schafft es mein Bruder in einer gewaltigen Anstrengung, den Inhalt seiner Mundhöhle zu schlucken. "Wow, Geschmacksexplosion. Geil!", hustet er, "Geiler kann man den Löffel nicht zubereiten." Oma sieht selig aus.
"Da ist alles drin: Der Crunch von dem Löffel...", ruft Vater mit vollem Mund, dabei fliegen Bruchstücke von Porzellan aus seinem Mund über den Tisch und auf uns. Mein Bruder betont nochmals, das sei supergeil und alle könnten Spaß haben.
"Das ist purer Sex im Mund. Als hättest Du Sex mit dem Herd gehabt. Das ist als hättest Du den Topf gefickt!", grölt Vater, dann besann er sich eines Besseren: "Das ist als hättest Du dem Topf einen geblasen, meine ich. Als hättest Du dem Topf seinen verdammten Schwanz gelutscht!" Wir anderen stimmen voll zu, Oma ist ganz gerührt, Tränen fließen, sie sagt, daß sei das Schönste, was ihr jemand in ihrem bisherigen Leben gesagt hätte. "Mehr geht nicht. Mehr kann man nicht loben.", sagt sie und dass damit für sie ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen sei. Fanfaren erklingen, irgendjemand hat Konfettikanonen gezündet, silberne Streifen fliegen durchs Zimmer. Das Mädchen mit dem versteinerten Grinsen kommt in einem anderen Minikleid zurück, anzügliche Pfiffe und Rufe ertönen, diesmal trägt es einen goldenen Plastikstern auf dem Tablett herein. Dieser wird, von viel Phatos und weiteren Männlichkeitsgesten begleitet, um Oma`s Hals gehängt. Ein erneuter Besuch in vier Wochen wird angekündigt, der Erkenntnis darüber bringen soll, was aus Oma geworden ist.


Wir stehen auf und wenden uns bereits zum Gehen, als Oma uns den Weg versperrt: "Und wer hilft jetzt beim Abwasch?".

 
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Hallo Florio,
ich mag eigentlich Humorgeschichten, soll ja auch der Gesundheit dienen, nicht nur welche zu lesen, sondern auch welche zu schreiben. Aber ich finde das selbst ganz furchtbar schwer. Vielleicht liegt das einfach daran, dass man so unterschiedliche Humorgeschmackspapillen hat. Das mal vorweg, denn ich finde deine Geschichte leider noch gar nicht gut. Ich denke, was schon mal eine wichtige Sache ist, das ist, eine Geschichte dahinter zu haben, eine absurde Handlung. Du hast das zwar hier versucht, aber ich hab leider nicht so recht kapiert, worauf du eigentlich rauswillst. Willst du irgendwelche Nachmittagsserien parodierenm? So Kochshows und Voice of Germany oder so? So klingt das nämlich manchmal. Was soll dann der Gag, dass die Oma Jugendsprache spricht? Ich finde dabei ganz grundsätzlich schwierig, dass der Leser die parodierten Dinger dazu natürlich kennen muss, sonst entdeckt er den eigentlichen Zielpunkt nicht. Und ich kenne Voice of Germany eigentlich ganz gut, aber so richtig stimmig wird das alles für mich nicht. Also jedenfalls so weit wie ich gelesen habe. Und vielleicht täusch ich mich ja auch.
Was ich vom Ansatz her eine lustige Idee finde, ist, diese komischen Showprinzipien auf das Familienleben zu übertragen. Aber dein Text wirkt einfach noch sehr disparat auf mich, die Idee nicht durchgezogen.
Außerdem wiederholt sich furchtbar viel inhaltlich, so dass ich irgendwann begonnen habe, quer zu lesen. Dadurch, dass dein Text keinen für mich erkennbaren Zug irgendwohin hat, und auch die Witze immer auf ein und denselben Punkt zielen, konnte ich dem Text leider nichts abgewinnen.
Das gilt auch für den Icherzähler. Eigentlich müsste der ja wissen, was bei diesen Oma-Shows immer passiert. Ich hab überlegt, ob das nicht besser wäre, das wäre ein Freund des Bruders, der zu so einem Oma-Dinner eingeladen ist.
Und sprachlich fand ich das auch nicht so gut. Ich finde, du schreibst sonst viel viel besser. Schau dir doch noch mal in Ruhe und mit mehr Abstand den Beginn an. Vielleicht hast du das absichtlich gemacht? Dann entzieht sich mir leider innere Nährwert. Der erste Satz ist so ein typischer Berichtsatz. Sorry, dass ich das sage, aber der könnte auch in einem Kinderaufsatz stehen.

Heute ist es mal wieder so weit: Die ganze Familie darf sich auf einen Sonntagsbraten bei Oma freuen.
Ich bin der Erste an der Haustüre und läute. Von oben wird geöffnet. Während ich schwerfällig die Stufen erklimme, mich am Geländer hochziehend, spielt mein Bruder "Father and Son", nur den dramatischen Teil aus dem neu aufgenommenen Duett, als der "Son" einsetzt, auf seinem Handy ab, mit Lautsprecher. Er erklärt, daß ich eine schwere Kindheit hatte und auf die schiefe Bahn geraten sei, weil meine Mutter mittags keine Zeit hatte zu kochen.
In dem fetten Teil hast du so vieles unklar gelassen und Einschübe reingesetzt, Das Wort "spielt" finde ich da beispielsweise nicht gut gewählt. Man kann auch zuerst an ein Spiel auf dem Handy denken, nicht an das Lied. Dann setzt du hier voraus, dass Leser das Lied kennen müssen. Der Einschub "als der son einsetzt" wirkt assoziativ und unterbricht den Leserfokus, sowas muss man anders anordnen, damit man den Lesefluss nicht völlig holprig werden lässt. Auch der Nachschub "mit Lautsprecher" wirkt komisch angehängt. Als wäre dir im letzten Moment eingefallen, dass du das ja sagen musst, weil der Icherzähler von dem Lied sonst nichts wissen kann. Auch die nachfolgende Psychopredigt von dem Bruder. Die kommt so unverhofft, man rafft gar nicht, warum der jetzt so einen Kram redet. Ich glaube, es käme viel besser, wenn du da einen Dialog einsetzen würdest.
Überhaupt kann ich mir für den ganzen Text vorstellen, dass er durch viel mehr "show" (nicht tell) gewinnen würde. Gerade das Klamaukige, das Slapstickartige, das man da sicherlich rausholen kann, käme besser zur Wirkung.
Aber mein Hauptpunkt ist, dass man nicht richtig rafft - also ich nicht - wohin der Text will.
Viele Grüße
Novak

 

Hallo Novak, zunächst vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Hallo Florio,
Willst du irgendwelche Nachmittagsserien parodierenm? So Kochshows und Voice of Germany oder so? So klingt das nämlich manchmal. Was ich vom Ansatz her eine lustige Idee finde, ist, diese komischen Showprinzipien auf das Familienleben zu übertragen. Ich finde dabei ganz grundsätzlich schwierig, dass der Leser die parodierten Dinger dazu natürlich kennen muss, sonst entdeckt er den eigentlichen Zielpunkt nicht.

Ja, genau das wollte ich. Und zwar die Schwachsinnstypen aus der Sendung "The Taste", mittwochs, Sat1, auf ein eigentlich konservatives Sonntagsbratenessen übertragen. Dabei muß man die Sendung kennen, stimmt und der Leser muß im Hinterkopf etwa das Gegenteil von dem Beschriebenen annehmen.

Was soll dann der Gag, dass die Oma Jugendsprache spricht? Aber dein Text wirkt einfach noch sehr disparat auf mich, die Idee nicht durchgezogen. Außerdem wiederholt sich furchtbar viel inhaltlich, so dass ich irgendwann begonnen habe, quer zu lesen. Dadurch, dass dein Text keinen für mich erkennbaren Zug irgendwohin hat, und auch die Witze immer auf ein und denselben Punkt zielen, konnte ich dem Text leider nichts abgewinnen. Das gilt auch für den Icherzähler. Eigentlich müsste der ja wissen, was bei diesen Oma-Shows immer passiert. Ich hab überlegt, ob das nicht besser wäre, das wäre ein Freund des Bruders, der zu so einem Oma-Dinner eingeladen ist.

Oma und Jugendsprache ist einfach das, was wir auch im Fernsehen sehen: Da sind teilweise 50jährige Familienväter die noch einmal auf supercool machen und garnicht genug Anglizismen und Schimpfworte in ihre Sätze packen können. Auch die überbetonte Lässigkeit nicht zu vergessen. Ist, als ob sie fürchten, ohne das Gehabe zum alten Eisen gezählt zu werden.
Zum Ich-Erzähler/Oma -Show: Das soll einmalig sein, etwas unerwartet, aber die Protagonisten finden sich dann schnell rein.

Also, Du hast vielleicht Recht: In erster Linie fand ich das selbst witzig, weil ich es mir so gut vorstellen kann. Evtl. habe ich dabei zu wenig an die Leser gedacht. Ich werde es noch ein wenig unverändert zur Verfügung stellen und dann ggf. überarbeiten.

Danke, Gruß F

 
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Hallo Florio,
nachdem hier bisher nur ein Kommentar zu deinem Text verfasst wurde, gebe ich auch mal meinen sprichwörtlichen Senf dazu ab.
Zuallererst einmal muss ich mich Novak anschließen: Die Idee, Stilmittel aus dem Fernsehen (gerade wenn es um solche Dokutainment-Formate geht), ins echte Leben zu verfrachten, hat Potenzial. Und an manchen Stellen hast du das auch gut ausgeschöpft.

Mutter nickt mit feierlichem Ernst und sieht für einen Moment so aus, als würde sie nachdenken, legt gönnerhaft die Hand auf Oma`s Schulter und gibt ihr schließlich einen Klaps: "Mach das, das ist Dein Style. Damit bist Du erstmal beschäftigt." und an uns gerichtet: "Der Speck gibt ne schöne rauchig-salzige Grundnote und Du kitzelst diese tiefen, kräftigen Töne aus den Kartoffeln heraus. Die Chilischoten bringen dann so ne asiatische Schärfe rein, damit zündest Du den Turbo im Topf und durch das Frittieren kriegen wir den Crunch, das wird geil." Oma sieht sie entgeistert an.
"Sie soll das machen, das ist genau ihr Ding, ich hab da n`gutes Feeling.", führt Mutter weiter aus.

Hier zum Beispiel. Das ist herrlich absurd und entlarvt die pseudo-hippen Worthülsen, die man in vielen Casting-Formaten etc. oft hört, sehr gut. Viele unnötige Anglizismen, viel inhaltsloses Blabla, das trifft und ist gerade im Kontext "Hausfrau am Herd" auch tatsächlich lustig.

Als es dann irgendwann "geklickt" hat und ich verstanden habe, worauf dein Text abzielt, hat mir auch der gefühlsduselige "Father and Son"-Einspieler am Anfang ziemlich gut gefallen. Auf Teufel komm raus Empathie bzw. Mitleid mit den dargestellten Personen durch herzerwärmende Geschichten und traurige Musik herzustellen, das ist auch ein Motiv, das einem in Casting-Shows viel zu oft begegnet. Der Absatz war sprachlich holprig und könnte nochmal etwas klarer beschrieben werden, aber der Hintergedanke passt gut.

Was mir dann den Spaß wieder ein bisschen zerstört hat, war die Tatsache, dass in deiner Geschichte plötzlich überall Kameras auftauchen - befinden sich die Figuren also tatsächlich in einer Fernsehshow? Das macht das Ganze für mich nur noch halb so lustig, weil ein Teil der Absurdität verloren geht. Menschen verhalten sich vor der Kamera aufgesetzt und oft bemüht hip und jugendlich, das ist einfach so. Wenn sie sich ohne Kamera aber so verhalten entsteht eine komische Situation.
Eine Alternative wäre, das Ganze von Anfang an klar als Fernsehshow zu kennzeichnen und die Absurdität noch zu steigern. Das würde für einen Absatz wie diesen hier sprechen:

"Das ist purer Sex im Mund. Als hättest Du Sex mit dem Herd gehabt. Das ist als hättest Du den Topf gefickt!", grölt Vater, dann besann er sich eines Besseren: "Das ist als hättest Du dem Topf einen geblasen, meine ich. Als hättest Du dem Topf seinen verdammten Schwanz gelutscht!" Wir anderen stimmen voll zu, Oma ist ganz gerührt, Tränen fließen, sie sagt, daß sei das Schönste, was ihr jemand in ihrem bisherigen Leben gesagt hätte.

Ich habe mir nach deiner Geschichte ein paar kurze Ausschnitte von "The Taste" angeschaut. So vulgär und derbe geht es da natürlich nicht zu. Als direkte Parodie funktioniert das für mich also nicht - als Satire auf immer derber werdende Fernsehsendungen wäre es aber vielleicht sogar ziemlich gut plaziert. Das passt nur nicht unbedingt mit dem Rest des Textes zusammen.
Für mich funktioniert entweder: Kameras weg und das Ganze relativ direkt zitieren, um zu zeigen, wie gekünstelt und aufgesetzt solche Formate sind.
Oder: Kameras an, ganz klar als Fernsehsendung beschreiben und bösartig, satirisch überzeichnen. Dann aber vermutlich besser ohne die konkrete Anspielung auf eine konkrete Sendung im Titel.
Momentan ist beides drin und die Vermischung will bei mir nicht so wirklich zünden.

So viel von mir erstmal.
Gruß,
Knoboter

 

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