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Xaver hört auf

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11.12.2014
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Xaver hört auf

„Weißt, Xaver, es ist nicht gut,
wenn man zu viel nachdenkt.
Da kommt das Hirn durcheinander.
Manchmal muss man einfach das
machen, was einem grade so einfällt.
Weißt, wie ich mein‘, Xaver?“
„Und wenn mir der Baum einfällt?
Die große, alte Eiche wenn mir einfällt,
geht das dann auch, Vitus?“
„Ja, wennst meinst, Xaver,
dann geht das auch.“​

***

„Manchmal braucht das Nachdenken ja eine Zeit,
bis es funktioniert!“


Hausbesetzungen gibt‘s ja öfter mal. Und Baumbesetzungen auch. In der Stadt, da klettern Leute schon mal auf Bäume oder ketten sich an deren Stämme an, damit sie nicht gefällt werden, oder damit keine Autobahnen gebaut werden, oder damit der Strom billiger wird und solche Sachen eben. Da gibt‘s dann auch welche, die haben eine Ausdauer wie die Ochsen. Die sitzen sogar über Nacht da oben im Baum. Oder gar für mehrere Tage und Nächte. Und da schauen sie dann runter und passen auf, dass ja keiner mit der Kettensäge kommt oder mit dem Bagger, oder damit ihnen keiner eine Stromrechnung bringt.
Dass mal jemand in so einem Baum oben sitzt, das gibt‘s natürlich auch in Augsee. Beim Zwetschgenpflücken oder Kinder beim Kraxeln, das gibt‘s schon. Aber dass der dann nicht mehr runter will, das hat‘s noch nie gegeben in Augsee.
Und ich weiß jetzt auch nicht, ob es das überhaupt irgendwo schon mal gegeben hat, dass gar ein recht alter Mann hoch droben auf den Ästen einer recht alten Eiche sitzt und tagelang oben bleibt.
So alt wie die Eiche ist der Saumberger Xaver zwar noch nicht, aber der 70er vom Xaver, der liegt ja mindestens schon drei oder vier Jahre zurück. Und jetzt sitzt er da oben im Baum und schaut runter auf die Leute.
Die Sommersonne wandert langsam ihrem Höchststand zu und im Schatten der Eiche, in deren Geäst der Xaver hockt, da sitzt der Obermeier Vitus in einem Klappstuhl. Er beobachtet wortlos vergnügt das ratlose Treiben rund um den Baum und nimmt einen großen Schluck aus seiner Bierflasche. Als nämlich der Vitus gehört hat, dass der Xaver auf der Eiche sitzt, da hat er sich schon gedacht, dass das noch länger dauern würde. Und da hat er sich beim Kirchenwirt gleich mal eine Halbe Bier mitgenommen, als er auf dem Weg zum Dorfplatz war.
Der Fritz, der Wirt, der war auch schon auf der Stiege vor seinem Wirtshaus gestanden und hatte nachdenklich das Spektakel betrachtet, das sich nur hundertfünfzig Meter weiter auf dem Dorfplatz abspielte.
Vitus stellt seine Flasche neben sich auf den Boden und schaut hoch zum Xaver. Der hat es sich mittlerweile auf den großen Ästen recht gemütlich gemacht, wie es ihm scheint. Den Hintern hat er in die Gabelung zweier starker Äste eingepasst, links und rechts vom Hauptast hängt ein Bein herab. Zurückgelehnt auf die beiden Äste, die der Gabelung entspringen, hat er die Hände hinter dem Kopf verschränkt und blickt jetzt in die grüne Krone der Eiche hinauf.
„Wenn der da runter fällt, der ist hin!“, meint eine Stimme in der Menge. „Das geht ja mindestens vier Meter runter!“, meint eine andere. „Ach was, fünf!“, korrigiert eine dritte.
Nur, dass Sie‘s wissen: drei Meter achtzig geht‘s rauf zum Xaver. Höher wäre es eh nicht gegangen, weil seine Leiter nur drei Meter fünfzig lang war. Die hat dann die Hilde, Xavers Frau, wieder mit heimnehmen müssen, nachdem er oben war. Zum Runtersteigen hat er nämlich eine Strickleiter dabei.
Normalerweise würde das in Augsee ja niemanden groß interessieren, wenn da mal wer im Baum sitzt. Auch wenn‘s kein Zwetschgen- oder Apfelbaum ist. Da würde man hochgrüßen und vorbeigehen und das wär‘s gewesen. Da gäb‘s gar nicht groß was zum Staunen. Denn manchmal, da sind die Menschen eben ein wenig wunderlich, weiß man in Augsee. Und dass der da oben irgendwann auch mal wieder runterkommen wird, das weiß man auch.
Das mit dem Xaver, das ist aber jetzt etwas anderes. Nicht nur, weil Leute in seinem Alter eher selten auf Bäumen herumklettern, sondern auch, weil unter der Astgabel, in der er gerade liegt, eine Hängematte hängt und darüber ist ein Rucksack am nächsthöheren Ast aufgehängt. Und direkt am Stamm der Eiche, dort, wo sich Xavers Sitzast noch nicht gabelt, da hat er seine Strickleiter aufgewickelt. Darum sieht es jetzt gar nicht danach aus, als würde der Xaver einfach mal nur schauen, wie weit‘s da runter geht oder ob man vielleicht nach Sonnberg rübersieht oder so was eben. Nein, wer so eingerichtet ist, der möchte da länger bleiben, ein wenig wohnen gar. Weil ein Kissen hat er ja auch noch bei sich. Und das finden dann auch die Augseeer etwas eigenartig. Darum sind sie hingegangen, um zu sehen, was der Xaver da macht.
Die Trautmannsdorfer Marianne hat ihn entdeckt, als sie auf dem Weg zum sonntäglichen Gottesdienst war. Von der Ferne kann man ihn ja wegen der vielen Blätter kaum sehen, den Xaver. Nur wenn man direkt – fast schon drunter – daran vorbeigeht und hochschaut, sieht man ihn.
Sie hat sich zwar gewundert, als Sie den Xaver da oben sah, wie er gerade Brotzeit machte, und er sie kauend mit einem Kopfnicken grüßte – ein Brotzeitbrett hatte er auf dem Schoß und schnitt darauf gerade sein G‘selchtes in Stücke –, aber weil es ihr schon pressierte, da hat sie sich nur gedacht, der Xaver würde schon einen Grund haben, an diesem warmen Sommermorgen auf der alten Eiche Brotzeit zu machen.
Manchmal braucht das Nachdenken ja eine Zeit, bis es funktioniert. Als sie aber dann in der Kirche von ihrer Banknachbarin erfahren hat, dass der Xaver gestern auch schon auf der Eiche saß und wohl auch die ganze Nacht da oben verbracht hatte, da fiel ihr auch die Hängematte ein. Über die hatte sie vorher gar nicht nachgedacht. Weil sie hatte da ja vor lauter Eile gerade keine Zeit, darüber nachzudenken. Aber in der Kirche hatte sie Zeit. Und als sie ihre Gedanken fertiggestellt hatte, über den Xaver und seine Hängematte, da war sie sich plötzlich ganz sicher, dass es auch für den Xaver nicht normal war, auf einem Baum zu übernachten.
Nachdem der Gottesdienst aus war, informierte sie daher den Fischer Albert von dem erwähnenswerten Vorfall. Der Fischer Albert ist der Lokalredakteur vom hiesigen Tagblatt und ist immer recht froh, wenn die Trautmannsdorfer Marianne ihm von den Geschehnissen in Augsee berichtet. Denn die weiß immer Sachen, wo man meint, die gibt‘s gar nicht. Weil sonst gibt‘s in Augsee ja weniger Berichtenswertes. Außer dem Dorffest vielleicht, denn da hat‘s meistens einen Spaß genauso wie einen Ärger. Und das mögen die Leute dann ganz gerne lesen.
Noch bevor der Xaver in der Zeitung stand, versammelten sich also an diesem Sonntag Vormittag die ersten Augseeer um die Eiche am Dorfplatz.
Fritz lud gleich, nachdem sich der Vitus sein Bier bei ihm geholt hatte, einen Kasten Bier auf einen Handwagen und mischte sich damit unter die Menge. Denn als Kirchenwirt-Wirt weiß er ganz genau, dass die Leute nach der Kirche ihren Frühschoppen brauchen. Und nach einer halben Stunde holte er zwei neue Kästen.

***

„Weisst Vitus, in einen kleinen Kopf, da passt halt
auch nur ein kleines Hirn hinein!“


Xaver Saumberger ist dreiundsiebzig Jahre alt und lebt seit seiner Geburt hier in Augsee. Früher hatte er am Rande des Dorfes eine kleine Landwirtschaft. Aber die hat er vor vielen Jahren schon aufgelassen. Die Tiere und ein paar Felder hat er verkauft, ein paar andere Felder und Wiesen sind verpachtet. Seither lebt er mit seiner Frau Hilde in dem Sacherl und kommt ganz gut zurecht. Finanziell und so. Denn Hilde und Xaver sind immer schon ein genügsames Ehepaar gewesen.
Der Max, ihr Sohn, lebt schon lange in München. Dort hat er seine Frau, die Lisa, kennengelernt, und dort ist er dann auch geblieben. Seither sehen sie sich nur noch selten. Denn der Max hat keine Zeit, nach Augsee zu fahren und der Xaver keine Lust, nach München zu fahren. Die Hilde hätte zwar Lust, traut sich aber alleine nicht.
Dass der Xaver da nicht hinfahren will, das liegt jetzt aber gar nicht so sehr am Max, „Der wär‘ mir wurscht“, sagt er immer. Aber die vielen Autos und die vielen fremden Menschen, die immer irgend etwas einkaufen müssen oder andere ganz wichtige Sachen machen müssen, die machen den Xaver ganz nervös. Und die vielen hohen Häuser und die Züge, die unter dem Boden fahren müssen, weil oben gar so viele Autos fahren und die Häuser stehen und die Leute gehen: Dem Xaver gibt‘s da von allem zu viel. Sogar Wirtshäuser gibt es so viele, dass man, wenn man da am Abend mal in eins reingeht, am nächsten Tag gar nicht mehr wissen kann, in welchem man eigentlich war.
Einmal, vor einigen Jahren, als der Max wieder einmal Geburtstag hatte, besuchten Hilde und Xaver ihn und seine Lisa in München. Mit dem Zug fuhren sie vom benachbarten Sonnberg nach München. Sonnberg, drei Kilometer von Augsee entfernt, ist ja auch schon eine Stadt. Aber die hätte leicht im Münchner Hautbahnhof Platz, meint der Xaver immer.
Als sie nach eineinhalbstündiger Fahrt am Münchner Hauptbahnhof vom Zug ausgestiegen waren, da war der Xaver gleich recht verwirrt. Wegen der vielen Leute, den vielen Zügen, den vielen Treppen und wegen dem, dass er nicht wusste, wie‘s jetzt weitergehen soll.
Er wusste zwar, dass die U-Bahn unter dem Boden fährt, aber nicht, welche Treppe denn nun die richtige ist, um zum richtigen Zug hinunterzukommen. Und als sie dann endlich unten waren, da wussten die Hilde und er nicht, welche Bahn jetzt nach Milbertshofen fahren würde. So musste er also andere Leute fragen. Fremde Leute findet der Xaver aber verwirrend. Vor allem, wenn sie kein richtiges Bayerisch sprechen, weil dann versteht er sie auch noch schlecht.
Jedenfalls war der Xaver schon so nervös, dass er in der Folge den ganzen Weg vom Hauptbahnhof bis raus nach Milbertshofen bei jeder U-Bahnstation aussteigen musste, um seine Blase zu entleeren. Und die Hilde musste auch aussteigen damit sie mit ihm wieder die nächste Bahn nehmen konnte.
Zum Feiern hatten sie dann natürlich nicht mehr viel Zeit. Also haben sich alle ein wenig beeilt mit dem Feiern. Doch als er mit seiner Hilde wieder nach Hause fahren sollte, da wollte der Xaver nicht. Die Hilde und der Max und die Lisa hatten große Mühe, ihn davon abzuhalten, dass er zu Fuß nach Hause geht.
Xavers knochiges Gesicht mit der etwas zu großen Nase ist das ganze Jahr über braun gebrannt und wirkt ein wenig verwittert mit dem grauen, stoppeligen Bart. Die weiß-grauen Haare sind zwar nicht lang aber wuscheln recht üppig über Xavers Schädel und lassen längst noch keinen Blick auf seine Kopfhaut zu. Seine sehnigen Arme und Beine sind dünn und auch ein wenig faltig, aber er kann immer noch recht kräftig zupacken, mit den Armen. Und auf den Beinen steht er meistens auch noch recht stabil. Beim Maßkrugstemmen, beim Augseeer Dorffest zum Beispiel, da kann ihm auch heute noch keiner das Wasser reichen. Fast fünf Minuten hält er den Zweieinhalb-Kilo-Krug am ausgestreckten Arm in der Waagrechten, bevor er ihn austrinkt.
Beim Dorffest und öfter mal im Biergarten beim Kirchenwirt, da mag der Saumberger Xaver schon mit dem einen oder anderen ein wenig zusammensitzen. Nur nicht zu oft, und nur mit Leuten die er schon kennt. Xaver redet nicht viel aber schimpft ganz gerne. Vor allem über den Bürgermeister. Mit dem hat er vor ein paar Jahren auf dem Dorffest einmal heftig gestritten, infolge dessen ihn der Bürgermeister einen Troglodyten schimpfte. Und das kann der Xaver gar nicht haben, wenn einer beim Beschimpfen nicht mal verständlich bayerisch spricht. Denn für den Xaver gründet die bayerische Streitkultur darauf, dass ein Wort das andere gibt. Das müssen Sie sich dann so vorstellen: Wenn jetzt der Bürgermeister den Xaver zum Beispiel einen Esel geschimpft hätte, dann hätte der Xaver zum Bürgermeister gesagt:
„Du Ochs‘“.
Weil der Ochse ist ja ein größeres Rindvieh als der Esel. Also hätt‘s dann weitergehen können mit dem Beschimpfen. Jetzt hat aber der Bürgermeister den Xaver einen Troglodyten genannt. Also hätte der Xaver den Bürgermeister zum Beispiel einen dicken Homunculus schimpfen müssen. Dann hätt‘s wieder gepasst. Aber der Xaver wusste ja nicht was ein Troglodyt ist. Und wenn du das nicht weißt, wie sollst du dann auf einen dicken Homunculus kommen? Also hat der Xaver den Bürgermeister einen dicken Deppen genannt und ist heimgegangen.
Der Xaver ist auch kein Umweltschützer. So was braucht‘s in Augsee auch gar nicht. Das kleine Dorf mit seinen zwei Wirtshäusern liegt im südöstlichen Bayern, umgeben von hügeligen Wäldern und durch den Inn vor dem benachbarten Österreich geschützt. Da ist die Umwelt eh in Ordnung. Das merkt man schon an den riesigen, uralten Kastanienbäumen im Biergarten beim Kirchenwirt. Und an der über 250 Jahre alten Eiche am Dorfplatz.
Ja, und diese Eiche, die müssen Sie sich jetzt schon so richtig groß vorstellen. Also nicht wie:
„Oooh, ist das eine schöne große Eiche!“, sondern eher wie:
„Ja, mich leckst am Arsch! Ist das ein Prackl von einem Baum!“
Auf einer Höhe von knapp eineinhalb Metern können drei Männer den Stamm gerade mal so eben umfassen – wenn sie sich anstrengen und sich nur an den Fingerkuppen berühren. Als man damals den Dorfplatz neu angelegt hat, mit Pflaster und so, da hat man ihr inmitten der Pflasterfläche eine ganze Wiese gelassen. So thront sie jetzt auf einem runden Rasenplatz mit wohl zwölf Metern Durchmesser, der rings herum mit niedrigen Sträuchern eingefasst ist. Auf dem angrenzenden Pflaster stehen zwei Sitzbänke und selbst da sitzt man noch unter dem Laubhimmel der Eiche. Außer im Winter, da hat‘s kein Laub.
Der Xaver hat diese Eiche schon immer ganz besonders gern gemocht.
Im Gemeinderat von Augsee hat man bereits öfter über diesen Baum diskutiert:
„Ooh, die Eiche, die Eiche ist ja viel zu groooß für unseren kleinen Dorfplatz. Ooh! Und das Laub jeden Herbst, das viele Laub, ooh, aah, das ist ja soooo viel!“ und so.
Aber niemand wagte es bisher, die Fällung der Eiche wirklich zu beantragen.
Dabei ist der Augseeer Dorfplatz ohnehin recht großzügig angelegt. Da könnte man ohne weiteres einen Fußballplatz hineinlegen. Umgeben ist er vom Rathaus, von der Grundschule und vor ein paar Jahren hat auch Pfarrer Wohlfahrts Pfarrheim hier ausreichend Platz gefunden. Und ganz am Rand von diesem Dorfplatz ist auch noch ein Brunnen. Man weiß ja in Augsee, dass manche Gemeinderäte diesen Brunnen lieber in der Mitte des Platzes gehabt hätten. Genau da, wo die Eiche steht.

***

„Die Marianne hat gesagt,
dass sie‘s gleich gesagt hat!“


„Xaver! He, Xaver! Möchst nicht lieber mit heimkommen? Hernach friert‘s dich recht und dann wirst du mir noch krank.“
Der Hilde wäre es lieber gewesen, wenn der Xaver diesen Abend wieder mit nach Hause gekommen wäre. Aber weil sie schon wusste, dass er das nicht machen wird, hat sie ihm einen Brotzeitkorb und eine Decke mitgebracht.
„Schau, Xaver, ich hab dir einen heißen Tee mitgebracht. Und noch ein Stückerl G‘selchtes und ein Brot. Und ein Bier habe ich dir auch rein getan in den Korb“, ruft sie in den Baum hinauf.
Der Xaver ist auch für einen Brotzeitkorb gut gerüstet. Er richtet sich von seiner knorrigen Lagerstatt auf und lässt ein Seil, an dessen Ende ein Karabiner befestigt ist, zu seiner Hilde hinunter. Die hängt den Korb ein und der Xaver zieht ihn langsam zu sich hoch. Das Seil mit dem Korb wickelt er um den Ast an dem sein Rucksack hängt. Wie ein Lampenschirm baumelt der Korb jetzt wenige Zentimeter über seinem Kopf.
Der Menschenauflauf ist jetzt am späten Nachmittag schon etwas weniger geworden. Denn es sind mehr gegangen, als neu hinzugekommen sind. Aber so zehn, fünfzehn Leute stehen noch da auf dem Dorfplatz und plaudern und lachen und trinken Bier und einer beißt gerade in eine Wurstsemmel. Auch der Vitus sitzt noch in seinem Klappstuhl und bestellt sich noch eine Halbe beim Fritz, dessen dritter Kasten jetzt auch gleich leer sein wird.
Natürlich haben die Leute den Xaver immer wieder gefragt, warum er da oben sitze und nicht mehr runterkommen möchte, und wie lange er denn da bleiben möchte. Aber der Xaver hat nicht darauf geantwortet. Auch nicht, als ihn der Messner fragte:
„Gegen was protestierst du denn, Xaver?“
Eine zwar gute Frage, die dem Xaver aber dennoch keine Antwort wert war. Also machten sich die Leute eben ihre eigenen Gedanken.
„Ja mei, das ist schon schade, dass der Baum jetzt wegkommen soll, gell?“, konstatiert die Trautmansdorfer Marianne und bemüht sich, ein trauriges Gesicht zu machen.
„Wer hat denn das beschlossen, dass die Eiche gefällt werden soll?“, fragt der Fischer Albert mit dem kleinen Block in der Hand, den er als Redakteur immer bei sich hat – ebenso wie seine Fotokamera, auf der er bereits eine Menge Fotos vom Xaver auf dem Baum hat. Nur eines mit dem Gesicht vom Xaver fehlt ihm, weil der Xaver die ganze Zeit nicht mehr heruntergeschaut hat vom Baum. Darum hat der Fischer Albert nur Fotos vom Xaver seinem Hintern in der Astgabel und seinen runterhängenden Beinen machen können.
„Ja, das muss schon der Gemeinderat beschlossen haben. Die im Gemeinderat haben ja eh immer schon über die Eiche geschimpft. Wegen dem Laub und weil sie so groß ist und so!“, weiß die Marianne und der Albert kritzelt mit einem stummeligen Bleistift etwas in seinen Block.
„Also ich meine ja, dass man so was nicht tun darf!“, diktiert die Marianne dem Albert und vergewissert sich mit drängendem Blick auf den Block, dass ja auch alles richtig aufgeschrieben wird, was sie sagt.
„Denn weißt, die Eiche, die ist ja schon so alt. Die steht ja schon hier, so weit kann ich gar nicht zurückdenken. Also mindestens schon …, ich weiß jetzt auch nicht so genau, aber schon eeewig lange! Aber ich hab‘s ja gleich gesagt, dass es irgendwann einmal soweit kommen wird, dass sie umgehauen wird!“
„Wer weiß denn, wie alt die Eiche ist?“, fragt der Albert ganz reportermäßig die noch herumstehenden Leute und notiert die Antworten nebeneinander in seinen Block: 100, 200, 500, 750, fast 1000.
„Ja, warum soll sie denn weg? So geht‘s doch auch wieder nicht! Die ist ja kerngesund, die Eiche. Möchten die da etwas herbauen? Ein Denkmal für den Bürgermeister vielleicht!“
Der Messner erntet Zustimmung und Gelächter gleichermaßen für seine entrüstete Einlassung.
„Jetzt verschwindet‘s doch endlich mal und lasst‘s mir meine Ruhe, Hergottsakramentnocheinmal!“, schallt es plötzlich vom Baum herunter, als wäre es ein göttliches Donnergrollen geradewegs vom Himmel herab – wenn man sich das Fluchen mal wegdenkt.
Aber es war nur der Xaver. Und alle sind still und schauen hinauf zum Xaver, als würden sie auf ein himmlisches Zeichen warten.
„Habts ihr nichts besseres zu tun, als da herumzustehen und blöd daherzureden? Lassts mir jetzt gefälligst meine Ruhe und gehts heim oder zum Wirt — oder auf die Straß‘ und lassts euch dort von einem Laster überfahren, zefix!“
Der Xaver ist jetzt ein wenig ungehalten geworden, weil ihn seine Blase schon arg drückt. Und er will diese nicht vor den Augen der ganzen Leute entleeren. Er sitzt jetzt aufrecht auf einem der gegabelten Äste und beide Beine hängen nun auf der selben Seite herunter, baumeln direkt über dem Vitus in seinem Klappstuhl.
Der Vitus lacht glucksend in sich hinein. Er wird noch ein wenig beim Xaver bleiben wenn die anderen weg sind. Ob sie dann was miteinander reden oder nicht, das wird sich zeigen.
Da es nun schon langsam dunkel wird und auch der Fritz mit seinem Bierkarren nicht mehr da ist, machen sich die Leute schwatzend auf den Weg nach Hause. Und bald kehrt Stille ein auf dem Dorfplatz. Nur ein leises Plätschern ist zu hören, nachdem der Xaver ein paar Kletterbewegungen gemacht hat und sich nun aufrecht auf dem Ast stehend mit einer Hand am Stamm festhält. Der Vitus schiebt seinen Klappstuhl ein wenig weiter weg und setzt sich wieder hinein.

***

„In der Früh‘, Vitus, da hab ich noch nicht
einmal gewusst, dass ich die nicht kenne!“


Es ist Montag Morgen. Einige Kinder haben sich mit großen Schultaschen auf dem Rücken unter dem Baum zusammengerottet und blicken respektvoll ins Geäst hinauf. Der Xaver hat sich gestern Abend noch recht akrobatisch aber erfolgreich in seine Hängematte hineingearbeitet und schaut jetzt von da drin halb aufgerichtet hinab auf die Kinder, die ihn auf dem Weg zur nahen Schule oben im Baum entdeckt haben. Die anfängliche Überraschung weicht immer mehr der Belustigung.
„He, was machst denn du da oben?“ ruft ein kleines Mädchen amüsiert und interessiert dem Xaver zu.
Und der Xaver hätte geantwortet, wenn er gedurft hätte.
„Ja, was soll denn das? Man glaubt‘s ja nicht! Schauen Sie nicht gleich, dass Sie von da oben verschwinden. Sie machen den Kindern Angst. Ja, wo sind wir denn? Ja, das gibt‘s ja nicht!“, peitscht es jäh in seinen Gehörgang und er muss sich erst auf die andere Seite umdrehen, damit er die Frau Lehrerin sieht.
Emilia Knoll, 59 Jahre, von Geburt an unverheiratet, ist eine willensstarke Lehrerin, wie man sie noch von früher kennt: fürsorglich streng mit ihren Schülern und eindringlich belehrend den Eltern gegenüber – denn zum Lernen ist es nie zu spät, meint sie immer. Und bei ihrer unendlichen Mission gegen Unwissen und Unschicklichkeit duldet sie keinen Widerspruch.
Der Xaver kennt das Fräulein Knoll ja nicht. Er ist ja eher selten in der Schule. Und mit fremden Leuten redet der Xaver nur, wenn‘s unbedingt sein muss. Und jetzt muss das nicht sein. Auch fühlt er sich nicht mobilisiert, der Anweisung des Fräulein Knoll zu folgen. So zieht er seinen Kopf wieder zurück in den Schutz der bauchigen Hängematte.
„Kinder! Ab in die Schule! jetzt gleich! Aber sofort! Alle!“, schickt Fräulein Knoll die Kinder sanft und verständlich auf den rechten Weg, um sich und ihrer Missbilligung freies Feld zu verschaffen.
„Jetzt hören Sie mal, Sie alter Depp,“ wendet sie sich nun wieder dem versteckten Xaver zu.
„Mir ist das völlig wurscht, wer Sie sind und gegen was Sie da oben protestieren oder welchem kranken Geist Sie sonst folgen, aber meine Kinder lasse ich mir nicht von Ihnen verängstigen“, sagt das kinderlose Fräulein Knoll mit erhobener Stimme und winkendem Zeigefinger.
„Und wenn Sie nicht sofort verschwinden, dann werde ich mich an den Bürgermeister wenden und die Polizei werde ich auch holen!“
Der Xaver hat auch dazu nichts zu sagen. Emilia Knoll sieht auf die Uhr und stellt fest, dass es jeden Moment zum Unterrichtsbeginn gongen wird. Eine Verspätung wäre keinesfalls in Ordnung. Deshalb verabschiedet sie sich jetzt vom Xaver:
„Bis zur großen Pause sind sie weg! Spätestens! Oder sie werden mich kennenlernen!“
Der Rest des Vormittags verlief ganz gut für den Xaver. Zur großen Pause um halb zehn Uhr waren weder die Kinder noch sonst irgendwer erschienen. Auch das Fräulein Knoll musste er nicht näher kennenlernen. Selbst nach Schulschluss waren keine Kinder oder Lehrerinnen zu sehen. Offenbar waren die Schüler zur Hintertür rausgebracht worden, damit sie sich nicht vor dem Xaver fürchten mussten. Und der Schulbus für die auswärtigen Kinder hält sowieso auf der anderen Seite des Dorfplatzes hinter dem Pfarrheim.
Pünktlich um halb Zwölf brachte ihm seine Hilde eine Gulaschsuppe mit Kartoffeln. Mit seinem Karabiner-Seil holte er den alten blechernen Wehrmachtsnapf zu sich hoch und winkte Hildes Frage unbeantwortet ab:
„Wann kommst denn wieder heim, Xaver?“
Gerade nachdem er seine Suppe gegessen hatte, kam der Fritz vorbei und legte ihm wohlwollend zwei Flaschen Bier in den heruntergelassenen Korb. Dies entlockte dem Xaver dann doch ein Wort, oder besser zwei Worte:
„Danke, Fritz!“
Woraufhin ihm der Fritz versicherte:
„Das passt schon, Xaver.“
Denn der Fritz war schon beeindruckt vom Xaver seinem Protest. Zwei Tage und zwei Nächte war er jetzt schon da oben auf der Eiche.
„Und wennst mal auf‘s Klo musst, dann kommst einfach rüber, gell?“
Eigentlich hat der Xaver ja schon mit dem Besuch vom Bürgermeister gerechnet, wie ihm das Fräulein Knoll versprochen hatte.
„Aber“, so denkt sich der Xaver, „der wird sich wohl noch ein paar Schimpfwörter ausdenken müssen. Das g‘wamperte Würschtl, das g‘wamperte!“
Was soviel meint, dass der Bürgermeister so etwas wie ein kleines Würstchen mit ausladendem Bauch sei. Das kann man sich jetzt schlecht vorstellen, darum stellen Sie sich einfach einen kleinen dicken Mann mit Glatze vor – weil so eine Wursthaut hat ja auch keine Haare.
Auch an diesem Tag zeigt sich der Sommer von seiner sonnigen Seite. Der Xaver sitzt im Schatten des Laubes auf seinem Ast. Er ist ganz froh um das Kissen, das ihm seine Hilde mitgegeben hatte und drapiert es auf den Ast, um etwas weicher zu sitzen. Zwischendurch war er schon mal ein Stück höher geklettert. Nur der Bewegung wegen und um zu sehen, wie weit es da runter geht. Denn irgendwie wird er langsam ein wenig steif in den Gelenken und mancher Knochen schmerzt an ungewohnten Druckstellen.
Es ist halb sechs Uhr abends, als der Xaver so dasitzt und überlegt, ob er die gähnende Leere um die Eiche herum dazu nutzen sollte, ein wenig Wasser zu lassen. Da sieht er plötzlich eine Gruppe Menschen die Straße heraufkommen. Schnurstracks fluten dreißig, vierzig Leute den Dorfplatz und nähern sich strammen Fußes der Eiche und dem Xaver. Einige von ihnen tragen Schilder, die sie in die Höhe halten.
„DER BAUM MUSS BLEIBEN!“ steht in großen handschriftlichen Buchstaben auf einer Tafel, „DIE EICHEN DÜRFEN NICHT WEICHEN!“ auf einer anderen. Es steht zwar nur eine einzige Eiche da, aber das hätte sich nicht so schön gereimt. Am besten gefällt Xaver das Schild mit der Aufschrift: „LIEBER WEG MIT DEM BÜRGERMEISTER, STATT WEG MIT DER EICHE!“
Die Leute breiten Decken aus und stellen Stühle auf – auch der Vitus ist wieder mit seinem Klappstuhl da. Andere schleppen riesige Kühlboxen und Körbe an. Ein junges Paar breitet ein großes Leintuch auf dem Pflaster vor der Eiche aus, auf dem steht: „WEIL UNS DAS GEFÄLLT, WIRD HIER NICHTS GEFÄLLT!“
Und es kommen noch mehr. Die meisten davon setzen sich zu den anderen unter die Eiche. Andere wiederum filmen oder fotografieren die Szenerie im Herumgehen. Auch der Fritz ist mit seinem Handwagen voller Bier und Wurstsemmeln wieder da und der Fischer Albert fotografiert und notiert auch wieder. Es werden an die hundert Leute sein, die sich hier unter dem Xaver versammelt haben. Die Schilderträger wandern in einer Reihe unermüdlich um den Baum und intonieren ein unendliches und ebenso monotones:
„Der Baum muss bleiben der Baum muss bleiben der Baum muss bleiben …“
Dem Xaver ist das alles gar nicht recht.
Da steht der Vitus von seinem Klappstuhl auf, den er diesmal nicht so nah am Stamm aufgestellt hat, und winkt dem Xaver mit einer Zeitung zu:
„He Xaver, du stehst in der Zeitung!“
Der Xaver lässt den Korb hinunter und der Vitus versteht sogleich, dass er die Zeitung in den Korb legen solle.
„EINSAME PROTESTAKTION IN AUGSEE“, steht auf der Titelseite des Tagblatts.
„XAVER SAUMBERGER BESETZT ALTE EICHE UM FÄLLUNG ZU VERHINDERN“, heißt es im Untertitel, gefolgt von einem großen farbigen Foto von der Eiche und dem Xaver seinem Hintern in der Astgabel.
Dem Xaver ist das alles gar nicht mehr recht.

***

„An der Glatze sieht man‘s ganz genau,
wenn einer gleich platzt!“


„Ja Herrschaftszeiten, was ist denn hier los? Seids ihr alle vom Teufel geritten? Was soll denn dieser Aufstand hier?“
Der Bürgermeister hat sein Auto gleich auf der Hauptstraße stehen gelassen. Mit einem Aktenkoffer in der Hand steht er nun inmitten der Demonstranten und man hat den Eindruck, dass er recht überrascht ist, weil er den Mund so weit auf hat, auch wenn er gerade nichts sagt.
Bürgermeister Helmut Haberecht war übers Wochenende verreist und wurde heute Vormittag von Fräulein Knoll telefonisch darüber informiert, dass der Saumberger Xaver im Baum sitzt und die Schulkinder verängstigt. Sie hatte kurz nach ihrer Zurechtweisung des Baumbesetzers von den Lehrerkollegen erfahren, dass es sich um einen gewissen Saumberger Xaver handele, welchen sie da auf dem Baum kennenlernen musste.
Der Bürgermeister wendet sich hoch zum Xaver. Er hat es ja nicht recht glauben können, als er hörte, dass der alte Saumberger auf der Eiche hocke. Aber der Geschäftsleiter der Gemeinde, der ihn gleich nach dem Fräulein Knoll auch auf dem Handy angerufen hat, hat ihm dasselbe erzählt und noch dazu, dass der Xaver schon seit Samstag auf dem Baum sitze.
„Xaver, sag‘ einmal, spinnst du jetzt komplett? Komm sofort da runter und lass diesen Blödsinn sein! Nachher fällst du noch runter, du alter Depp!“
Der Xaver hätte ihm in diesem Moment gerne auf die Glatze gespuckt, dem Bürgermeister, weil der gerade so günstig unter ihm steht. Aber das gehört sich nicht.
„Ja, da frag‘ ich mich schon, wer da überhaupts spinnt! Ich glaub eher, dass der Bürgermeister und seine Gemeinderäte spinnen! Unsere Eiche wollts ihr umhauen, ja habts ihr‘s noch alle? Das kommt überhaupt nicht infrage!“, baut sich der Messner vor dem Bürgermeister auf.
Hans Hohl, Geschäftsleiter der Gemeinde Augsee, ist gerade eben auch hinzugekommen und schiebt den Messner vorsichtig ein wenig weg vom Bürgermeister, damit er diesen nicht ungewollt zusammentrete, weil der Bürgermeister ist eher klein für seine Größe und der Messner eher groß.
„Ja Hergottsakrament, was habts ihr denn alle!“
Der Bürgermeister Haberecht hat noch nicht gemerkt, dass sich auch der Pfarrer Wohlfahrt dem Spektakel nähert, sonst hätte er wahrscheinlich nicht so geflucht.
„Wer sagt denn, dass die Eiche gefällt werden soll?“
„Jetzt tu‘ nicht so scheinheilig, nur weil der Pfarrer da ist. Das habts ihr in eurem stillen Kämmerlein beschlossen, gib‘s doch zu, du Haderlump, du Umweltschänder!“, hilft ihm die Trautmannsdorfer Marianne, sich zu erinnern.
„Und das mit deinem Denkmal, das kannst du gleich vergessen. Weil ein Bürgermeister, der so hinterfotzig mit seinen Wählern und der Natur umgeht, für den gibt‘s kein Denkmal!“, stellt der Bäckermeister Wolf klar.
Einer aus der Blumenstraße meint: „Jaaa, ein Denkmal möcht‘ er haben, der Bürgermeister, der g‘spinnerte. Aber für die Sanierung von der Blumenstraß‘ ist kein Geld da!“
Und dem Schmalzeder Karl ist dann noch eingefallen, dass der Bürgermeister ihm einmal die Polizei geschickt hat, wegen dem Karl seinem Hund, der ihm immer zu laut gebellt hatte, dem Bürgermeister:
„Was möcht‘ man denn schon erwarten, von einem, der einem den Hund wegnehmen lassen will! Meinst vielleicht, wenn‘s keine Bäum‘ mehr gibt, verschwinden auch die Hund‘?“
Und irgendwer sagt dann noch, dass es in der Gartenstraße immer noch keine 30er-Beschränkung gäbe.
Jetzt gerät alles schon ein wenig durcheinander, weil gar zu viele auf einmal auf den Bürgermeister einschimpfen.
„Aber Leute, Leute, jetzt beruhigts euch doch. Das kann man doch in aller Ruhe miteinander ausreden. Lassts doch den Bürgermeister mal erklären, warum die Eiche denn weg soll!“
Pfarrer Wohlfahrt müht sich salbungsvoll um Deeskalation, ohne zu merken, dass er sein Öl ins lodernde Feuer gießt. Denn dem kleinen Herrn Bürgermeister schießt jetzt die Zornesröte so in den Kopf, dass seine Glatze wie eine glühende Herdplatte leuchtet. Der Xaver denkt sich:
„Wenn ich dem jetzt auf die Platte spucken würd‘, da würd‘s ganz schön zischen!“
„Ja, Himmelhergottsakramentnocheinmal, ich weiß nichts davon, dass die Eiche weg soll! Wer sagt denn so was? Sagt das der Xaver oder wer?“
Bürgermeister Helmut Haberecht wirft seinen Aktenkoffer zornig zu Boden und stampft mit einem seiner kurzen Beine kräftig daneben auf. Mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen schaut er hoch zum Xaver, der sogleich in das Eichen-Geäst hinaufblickt, als würde ihn das alles gar nichts angehen.
„Jetzt wenn du nicht gleich da runterkommst, dann hol ich die Polizei. Und dann lass ich die ganze Versammlung hier auflösen – von Amts wegen. Ihr habts es doch alle nicht mehr ganz beieinander!“
Er dreht sich zweimal um die eigene Achse und verteilt stechende Blicke an die Umstehenden.
Der Vitus macht sich noch eine Halbe auf und lehnt sich gemütlich in seinen Klappstuhl zurück. Denn von da aus hat er das Gemenge rund um den Bürgermeister bestens im Blick.
„Früher, da hätt‘s jetzt Watsch‘n gegeben!“, denkt er sehnsüchtig an die heitere alte Zeit zurück.
Bürgermeister Haberecht hebt seinen zerschundenen Aktenkoffer auf, packt seinen Geschäftsleiter am Arm und zieht ihn stampfend mit sich über den Dorfplatz zum Rathaus.

***

„Wenn einer nicht so viel redet, dann hat man auch Zeit,
drüber nachzudenken, was er einem sagen möcht‘!"


Es war vor ungefähr zwei Wochen, da war der Saumberger Xaver beim Arzt. Nicht, dass ihm was gefehlt hätte, aber seine Hilde hatte gemeint, dass es wieder an der Zeit wäre, den Herrn Doktor Maurer zu konsultieren. Wegen der Vorsorge und so – obwohl der Xaver immer meint, dass es das nicht brauche, weil er der Entsorgung eh schon näher als der Vorsorgung sei.
Es war dann auch so, dass der Herr Doktor Maurer ganz zufrieden war mit dem Zustand vom Xaver. Er hatte ihn zwar noch in den dünnen Arm gestochen, um ihm Blut abzunehmen, aber der Doktor war sich auch ohne Blutuntersuchung schon sicher, dass dem Xaver nichts fehlen würde. Nur das Rauchen sollte er aufhören, dann würde er mindestens zehn Jahre länger leben. Aber das sagte der Doktor Maurer jedesmal zum Xaver.
Nach der erzwungen Untersuchung ging er mit dem Vitus noch auf eine Halbe Bier zum Kirchenwirt. Weil immer wenn ihm der Doktor Maurer Blut abgenommen hat, dann muss er das ja wieder auffüllen. Und da hilft eine Halbe Bier am besten, war sich der Xaver sicher.
„Und? Passt alles?“, fragte ihn der Vitus.
„Sowieso!“, antwortete der Xaver ausführlich und bestellte sich beim Fritz ein Bier.
„Der Doktor meint halt immer, dass ich das Rauchen aufhören soll! Aber das hat er vor dreißig Jahren auch schon gemeint!“
Wenn er mit dem Vitus alleine ist, dann redet der Xaver oft ein bisschen mehr als sonst. Weil den Vitus kennt er ja schon lange und der Vitus redet auch nicht so viel. Darum hat er ihm das auch erzählt, was der Doktor sonst so gesagt hat. Und weil ihm der Vitus dann Zeit gelassen hat noch ein wenig weiterzureden, meinte der Xaver:
„Weißt, Vitus, manchmal in der Früh, nach dem Aufstehen, da frag‘ ich mich schon, ob nicht der Husten vielleicht vom Rauchen kommt!“
Jetzt sagt der Vitus auch wieder was:
„Ja, dann hör halt auf mit dem Rauchen!“
Und da musste der Xaver schon nachdenken. Denn dass ein Doktor so was sagt, das ist ja ganz normal. Weil der muss das ja sagen. Aber dass sein Freund der Vitus das sagt, das war jetzt schon wichtig.
Der Vitus ist mit seinen sechsundsiebzig Jahren ja schon drei Jahre älter als der Xaver. Und weil er immer schon drei Jahre älter war als der Xaver, war er für den Xaver auch immer so was wie ein großer Bruder.
„Ich hab das seinerzeit so gemacht,“ erklärte der Vitus dem Xaver, wie er das Rauchen aufgehört hat, „ich hab alles, wobei ich sonst immer geraucht habe, erst einmal nicht mehr gemacht.“
Der Vitus war sich nämlich sicher, dass das Rauchen etwas mit dem Hirn zu tun hat, „weil wenn dein Hirn merkt, dass jetzt was ist, wo es noch nie einen Rauch gebraucht hat, dann braucht‘s ihn auch jetzt nicht!“
Der Vitus merkte am Xaver seinem Schauen, dass der das jetzt nicht verstanden hatte.
„Schau, Xaver, ich hab immer zum Kaffee eine Zigarette geraucht. Dann hab ich auf einmal keinen Kaffee mehr getrunken, sondern einen Tee. Und da hat mein Hirn gemeint: ‚He, das ist ja ein Tee. Da braucht‘s ja gar keinen Rauch dazu!‘, weißt, wie ich mein‘?“
Der Xaver war gerade so mit Nachdenken beschäftigt, dass der Vitus noch weiterreden durfte:
„Oder ich bin in den Wald hinausgegangen und mein Hirn hat gemeint: ‚Eha, da hab ich ja noch nie einen Rauch gebraucht! Dann braucht‘s ihn auch jetzt nicht!‘“
Und weil der Vitus gemerkt hat, dass der Xaver immer noch nicht mit dem Denken fertig war, hat er weitererzählt:
„Am Anfang hab ich mich sogar ein paar Tage ins Schlafzimmer eingesperrt, weil dort hab ich auch nie geraucht. Die Elfriede selig hätte das nämlich gar nicht gemocht!“
Dann blieb es still am Tisch. Die beiden prosteten sich zu und nahmen einen kräftigen Schluck aus dem Bierglas.
Auf dem Nachhauseweg war der Xaver alleine mit sich und der Vorstellung, wie seine Hilde sich freuen würde, wenn er nicht mehr rauchen täte. Aber so ganz verstanden hatte er den Vitus noch nicht. Weil im Wald, da hat der Xaver schon immer geraucht und ins Schlafzimmer möchte er sich nicht einsperren lassen. Und einen Tee, den mag er nicht. Außer, wenn es ihm ganz kalt ist, dann trinkt er auch mal einen Tee – und raucht eine Zigarette dazu. Da würde sein Hirn dann auch nicht verstehen, warum es keinen Rauch mehr brauchen sollte. Der einzige Ort, wo er tatsächlich noch nie geraucht hat, das wäre unter Wasser – oder auf einem Baum.

 

Ja, recht hastu, und auch, vorsichtiger zu sein als der olle Gottfried Keller, dessen polizeilich-unverzeihlicher behördlicher Mahnbrief wegen notorischen Suffs zu Zür'ch aufgehoben wird.

Gruß au'm sintflutlichen Ruhrpott

Friedel

 
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Hey oisisaus,

wunderbar! Ich wollt nur mal reinlesen und auf einmal war es zu Ende. Ein größeres Kompliment gibt es für eine Geschichte/einen Autor wohl nicht. Auch wenn es hier deine erste Geschichte ist, schreiben tust du ganz sicher schon länger. Und der Haas-Vergleich, der stieg mir auch sofort in den Kopf. Das ist schon ... sehr auffallend.

Nach dem ersten Abschnitt, da habe ich so gedacht - wie wenig da eigentlich passiert, und doch hat man als Leser nie das Gefühl es wird gezogen, gestreckt, gedehnt und unnützes Zeug erzählt. Und diese Einführung in den Mikrokosmus und den Leser aus seinem Alltag abzuholen und ihn im beschaulichen Augsee zu erden, ihn auf das Tempo der Dorfumgebung zu drosseln, dafür meinen Respekt! Und das ganze so unterhaltsam mit einer feinen Priese Humor und Satire - so unterschwellig, aber doch spürbar, das ist schon groß, da das genaue Maß zu finden.

Die Geschichte als solche funktioniert dann ja auch als Gesellschaftsabbildung. Nehmen wir das Große und packen es ins Kleine oder wie das Große auch im Kleinen, wie Medien funktionieren, wie Menschen funktionieren, wie Gemeinschaft funktioniert und Rummel und Bier und Wurstsemmeln bei einer Demonstration nicht fehlen dürfen, denn der Unterhaltungswert muss auch dort unbedingt vorhanden sein, sonst geht ja keiner mehr hin oder zumindest "kämpft" man dann nicht so lange und wie auch mit der "guten Sache ein gutes Geschäft gemacht werden kann ... Da stecken so gefühlte 100 kleine Nadeln im Text und ich hatte wirklich meine Freude dran. Das Pressefoto vom Xaver seinen Hintern - yeah!, der kleine dicke, kurzatmige (okay hab ich zugefügt) Bürgermeister, der jetzt mal wirklich nicht schuld hat, wie so Kommunikation läuft, auch Kommunikation über etwas erfolgt, was nie ausgesprochen wurde ... schön.

Ja, Stil, ich glaub, die Geschichte kann nur so erzählt werden. Auch mit dem Erzähler. Der Ton passt weder auf einen Ich-Erzähler noch auf einen Personalen. Da macht der sich ganz schnell selbst kaputt. Und nur den Xaver zu befragen, da würde ja auch ganz viel nicht erzählt werden können, was die Geschichte doch aber braucht, wovon sie ja letztendlich lebt. Also, für mich ist das alles rund und es war mir ein Vergnügen und ich hoffe, ich bekomme noch mehr von dir zu lesen.

Beste Grüße, Fliege

 
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Hallo Fliege,
ich muss schon sagen: Das geht runter wie Öl - oder wie ein g'schmackiger Bärwurz!

Und ja, du hast recht: beruflich schreibe ich schon über zwanzig Jahre. Aber eben ausschließlich Sach-, PR- und Werbetexte. Und um meinen Sprachstil ein wenig zu trainieren, versuche ich, mir immer mal wieder Geschichten auszudenken, die sprachlich wie auch inhaltlich natürlich völlig von den beruflich erforderlichen Maßgaben abweichen. Bislang haben sich hier aber ausschließlich unfertige Fragmente angesammelt. Auch der Xaver war ein solches Fragment, das ich nun versuchsweise einmal zu Ende gebracht habe.

Ich glaube, dass mein Stil vor allem dadurch entstanden ist, dass ich, bar jeglicher wirtschaftlicher Zwänge, völlig losgelöst vor mich hingeschrieben habe. Musste mich also nicht nach einer bestimmten "Zielgruppe" ausrichten oder nach einem bestimmten Kommunikationsziel - bestenfalls dem Ziel der Unterhaltung.

Meine einzige persönliche Maßgabe war es, im Gegensatz zu meiner beruflichen "Schreibe" formale Zwänge ein wenig in den Hintergrund zu stellen - siehe "bayerische Grammatik" -, um auch wirklich völlig anders zu schreiben als sonst.

Nun, jedenfalls neige ich ob der überraschend erfreulichen Resonanz auf meinen Xaver dazu, mir doch das eine oder andere Fragment nochmal zu Gemüte zu führen und euch beizeiten damit zu belästigen.

Okay, ich geb's zu: eines habe ich bereits wieder in Arbeit ;)

Also vielen Dank nochmal und beste Grüße aus dem tiefen Niederbayern
oisisaus

 

Hallo oisisaus,

"osiris-was?", dachte ich, als ich deinen Namen las und, manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht, erst nach sekundenlangem Stirnrunzeln fiel endlich der Groschen: Aber das ist doch eh meine "Muttersprache". Und das ist auch der Grund, warum ich dann sofort auf deinen Text geklickt habe. Zum Glück, denn ich muss schon sagen, mir hat sie gefallen, deine Geschichte.

Sprachlich eiwandfrei, amüsant und für mich persönlich auch sehr gesellschaftskritisch. Denn ich kann so ein Dorfleben nachvollziehen. Da wird aus einer Mücke viel zu oft ein Elefant gemacht. Im Grunde sitzt nur einer im Baum, also etwas vollkommen Banales. Wenn das in einer Stadt jemand machen würde, dann schenkt man dem nicht einmal Beachtung. Aber hier im Dorf, hier sieht das schon ganz anders aus. Da sind die Kinder plötzlich einer riesigen Gefahr ausgesetzt, das gesamte Dorfbild muss neu überdacht werden und überhaupt ist der Bürgermeister wieder mal an allem Schuld. Denn die Gemeindepolitik zieht ohnehin immer, aber wirklich immer die Arschkarte.

Ich finde es herrlich, wie du das gemacht hast, sehr gut getroffen. Und da ich selber auch Wolf Haas-Liebhaber bin, kann ich den vorherigen Kommentaren in diesem Punkt nur zustimmen. Quasi.

Also der Kirchenwirt-Wirt ist bewusst so gewählt. Zum einen natürlich auch als Wortspiel, zum anderen aber auch, weil es m. E. konsequenter Weise auch so heißen muss: Nehmen wir an, das Wirtshaus würde sich "Zur Kastanie" nennen. Dann würde der Wirt auch "Kastanienwirt" heißen. Da aber nun das Gasthaus "Zum Kirchenwirt" heißt, muss infolgedessen der Wirt eben auch Kirchenwirt-Wirt heißen ;-)

Ernsthaft? Also das machen sie nicht mal bei uns. Ich finde es aber witzig.

Also oisisaus, ich finde auch, dass hier noch gar nix aus ist und freue mich auf deine nächste Geschichte.

Gruß,
rehla

 

Hallo rehla,
das freut mich ja ganz besonders, dass dir die Geschichte gefallen hat, wo man mir ja prophezeit hatte, sie wäre eher was für ältere Semester:

Die Geschichte an sich, würde ich auch eher für eine halten, die dem älteren Publikum gefällt und vielleicht der ein oder anderen Landnase - im besten Sinne, versteht sich
Aber, wie ich deinem Profil entnehme, kann man bei dir ja eher noch von "Jugend" sprechen. :)

Also vielen Dank nochmal für deine erfreuliche Rückmeldung
oisisaus

 

Ich mag diese Geschicht unheimlich, vielen Dank dafür. Sie ist lustig, unterhaltsam erzählt und absolut schlüssig. Ich liebe die Pointe und die Passage über die bayrische Streitkultur. Das Schimpfwort "Gewampertes Würschtel" nehme ich außerdem gleich mal in meinen Wortschatz auf.
Und außerdem such ich mir jetzt einen Baum.

 

Hallo Geschichtenkind,
ich hab' zu danken. Freut mich, dass dir mein Xaver gefällt, aber das mit dem Baumsuchen würd' ich an deiner Stelle in den Sommer verschieben. Zurzeit sind die Nächte auch auf Bäumen sehr kalt.

Liebe Grüße, wohin auch immer
oisisaus

 

Hallo oisisaus,

ich hab deinen Namen ursprünglich als "oisisaurus" gelesen, und jetzt fällt es mir sehr schwer, mir die richtige Lesart anzugewöhnen. Das ist halt wirklich nicht so einfach, dem Gehirn etwas Neues beizubringen, wenn man sich einmal was angewöhnt hat. :lol:

Ich habe an der Geschichte rein gar nichts auszusetzen, und was ich an Positivem zu sagen habe, ist in den bisherigen Kommentaren auch schon ausgiebig gelobt worden. Aber ich habe mir für meinen Urlaub vorgenommen, endlich mal die ganzen empfohlenen Geschichten zu lesen und zu kommentieren. Und wenn positive Sachen wiederholt werden, stört es ja auch nicht. :)

Ich fange mal mit dem Vergleich mit Wolf Haas an. Der verdankt dir jetzt mindestens einen Buchkauf, weil ich mir demnächst dringend den neuesten Brenner-Roman besorgen muss. :) Mir ging das wie vielen anderen Lesern, ich fand auch, dass du seinem Stil sehr nahe kommst und ich mag das sehr gern. Es wirkt wirklich sehr natürlich, als würde das jemand erzählen. Und das ist eben wirklich selten, das etwas Geschriebenes sich überhaupt nicht geschrieben anhört.

Die Figuren wirken sehr echt, ich würde mich überhaupt nicht wundern, wenn mir einer von denen begegnet. Einer der Kommentare, ich hab vergessen wer es war, hatte darauf das ländliche Setting geschimpft, und gefragt ob du das nicht woanders spielen lassen könntest - das kann ich gar nicht nachvollziehen. Die Geschichte funktioniert nur dort. Die Figuren gehören dorthin, und das Landleben gehört zu denen.
Ich persönlich möchte ja auch nirgendwo anders leben als in einer mindestens mittelgroßen Stadt, aber abgesehen davon, dass niemand von uns da leben könnte, wenn nicht auch irgendjemand unser tägliches Müsli anbauen würde, habe ich als Kind auch viele Sommerferien bei meinen Großeltern auf dem Land verbracht, und ich kenne solche Leute, wie sie in der Geschichte auftauchen. Nur dass die in deiner Geschichte größtenteils noch ein ganzes Stückchen liebenswerter sind als in echt. :)

Und was ich auch beeindruckend gut fand, ist das Timing in der Geschichte. Ich glaube es wäre sehr leicht, als Autor bei so einer Geschichte den roten Faden aus den Augen zu verlieren. Aber für mich hat da echt alles gestimmt, auch die kleinen Abstecher, wie der Teil, wo der Xaver zu seinem Sohn nach München fährt und so - alle Szenen haben die richtige Länge, alle Pointen sitzen, und der ganze Erzählfluss wirkt unheimlich organisch. Und ich hätte das noch lange weiterlesen können, aber die Geschichte endet auch an genau der richtigen Stelle.

Also Glückwunsch. Das ist wirklich sehr gelungen. Ich hoffe, du hörst noch lange nicht auf!

Grüße von Perdita

 

Hallo Perdita,

ich gehöre hier bestimmt nicht mehr zu den Jüngsten, aber vom "Saurier" bin ich hoffentlich noch ein großes Stück entfernt! ;)

Es freut mich, dass du dir mein Erstlingswerk zu Gemüte geführt hast, und dass du es für gelungen hältst, freut mich umso mehr.

Die Figuren wirken sehr echt, ich würde mich überhaupt nicht wundern, wenn mir einer von denen begegnet.
Da lägst du wohl gar nicht so falsch. Tatsächlich sind die meisten Charaktere irgendwie meinem Umfeld entlehnt - etwas verfremdet und recht überzeichnet zwar, aber doch weitgehend der Realität entnommen. Und deshalb wäre es auch undenkbar, den Schauplatz in eine größere Stadt zu verlegen. Dort würde die Geschichte nicht funktionieren, denn sie braucht das Familiäre, das Jeder-kennt-jeden, und solch "kleine Skandale" würden dort ohnehin nicht zünden.

Vielen Dank nochmal für deinen erfreulichen Kommentar, und aufhören werde ich wohl so schnell nicht wieder. Aber ich warne dich: ich bin noch ein wenig am Experimentieren und möchte mit meinen Geschichten schon noch ausloten, wo eure Schmerzgrenze liegt. ;)

Viele Grüße aus Niederbayern
oisisaus (der noch kein Saurier ist)

 

Hallo oisisaus,

eigentlich ist das nicht die Art von Kurzgeschichten, die ich sonst so lese, aber die Empfehlungen haben mich hierher gebracht und ich bin auch froh drüber!

Zu Grammatik-Regeln kann ich schlecht etwas schreiben, da ich da selbst zu große Schwächen habe, allerdings ist mir am Anfang aufgefallen, dass die Trautman(n)sdorfer Marianne beim ersten mal mit zwei -n- und beim zweiten man mit einem -n- geschrieben wurde.

Die Geschichte hat mir sehr gefallen, hat's bei uns auf dem Dorf auch noch nicht gegeben.
Wie gesagt, an die Grammatik traue ich mich (noch) nicht.

Viele Grüße!

 
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Hallo oisisaus,

nu ist Deine Geschichte ja schon vier Monate alt, also schon gut abgelagert. Handwerklich gut geschrieben. Auch der Schluß ist sinnvoll und überraschend. Zwei Dinge haben mich gestört:

Die vielen Demonstranten spielen, nachdem der Bürgermeister auftritt, keine Rolle mehr, tauchen wenn ichs richtg sehe nicht mehr auf. Ich nehme an. sie sind abgetaucht. Überhaupt frag ich mich, wo sind die hergekommen? Einheimische? Kann ich mir gar nicht so recht vorstellen.

Und dann wird ja der Humor Deier geschichte durchweg gelobt. Ich habe die Menschen, denen man hier auf dem Lande so begegnet, bishe rgar nicht als besonders humorvoll betrachtet, sondern halt als bodenständige Menschen. Und den wird aus uns ein Lustspiel geacht. Da kann man ja ...:sealed:

Liebe Grüße vom Rande des sonnigen Schwarzwaldes.

Jobär

 

Hallo cofias,

vielen Dank für deinen Kommentar

und ich bin auch froh drüber!
Das freut mich sehr, dass du nicht enttäuscht warst
Und den Fehler bei der Marianne werde ich zügig korrigieren. Die würde mir ja wer weiß was erzählen ;)


Hallo Jobär,
Danke, dass du reingeschaut hast. Freut mich, ist ja doch etwas lang geraten die Geschichte.

Die vielen Demonstranten spielen, nachdem der Bürgermeister auftritt, keine Rolle mehr, tauchen wenn ichs richtg sehe nicht mehr auf.
Nun, da es sich trotz der Länge ja um eine Kurzgeschichte handelt, meine ich, kann man es verantworten, dem Leser den Schluss zu überlassen, dass die Leute früher oder später eben nach Hause gehen. Offen bleibt natürlich, was sie von der ganzen Situation halten, vom schlussendlichen Grund der "Baumbesetzung".


Überhaupt frag ich mich, wo sind die hergekommen? Einheimische?
Es waren natürlich Augseeer. Ich meine, dass dies spätestens aus den Dialogen bei der Beschimpfung des Bürgermeisters deutlich wird: Da melden sich der Bäckermeister, der Messner und weitere zu Wort, andere verweisen auf die Siedlungsstraßen etc. Alles also Andeutungen, die die Herkunft der Leute deutlich machen sollten.


Ich habe die Menschen, denen man hier auf dem Lande so begegnet, bishe rgar nicht als besonders humorvoll betrachtet,
Ja, der "Humor" entsteht hier ja auch weniger aus dem Humor der dargestellten Figuren, sondern eher aus der - wie soll ich sagen - Situationskomik vielleicht. Die Leute an sich sind weder "Witzfiguren" noch bringen sie irgendeinen persönlichen Humor zum Ausdruck.


Und den wird aus uns ein Lustspiel geacht. Da kann man ja ...
An dieser Stelle, muss ich zugeben, kann ich dir leider nicht so recht folgen ;)


Vielen Dank auf jeden Fall für deine Darstellung der Sicht der Dinge. Du hast interessante Aspekte eingebracht.

Viele Grüße aus Niederbayern
oisisaus

 

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