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Rache ist süß?

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26.01.2015
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Rache ist süß?

Er grinste mir frech ins Gesicht. Ich hielt meinen Schuh schräg. Ein halber Liter des roten Saftes lief heraus und ergoss sich auf dem Laminatboden unseres Hausflures. Was für eine Sauerei. „Du trinkst das Zeug doch so gern“, setzte er noch einen drauf.
Ich schnaubte wütend. „Toll gemacht, Bruderherz. Kannst du mir sagen, was ich jetzt beim Spiel tragen soll?“ Ich fühlte wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildete. Er zuckte nur die Achseln, dreht sich, immer noch lachend, um und wollte zufrieden davonhüpfen.
In mir stieg eine fürchterliche Wut auf. Warum tat diese miese, kleine Nervensäge mir das immer wieder an? Ob ich ihn ignorierte oder mich wehrte, es lief aufs Selbe hinaus. Am Ende war ich diejenige, die mit Crambarrysaft in den Sportschuhen dastand, kurz vor dem wichtigsten Volleyballspiel der Saison. Wie sollte ich das meinem Trainer erklären? Wie peinlich!
Er nahm bei all seinen Scherzen nie Rücksicht darauf, was mir wichtig war. Vermutlich machte es das für ihn nur umso witziger. Diese schadenfreudige, kleine Mistkröte!
Er wusste genau wie er mich jedes Mal aufs neue kalt treffen konnte und manchmal hatte ich das Gefühl, seine einzige Aufgabe im Leben bestand darin, meines für mich möglichst schwer und unangenehm zu gestalten.
In mir brannte die Wut und der Wunsch nach Rache. „So Bruderherz, Rache ist süß!“ Ich holte weit aus und warf ihm den Schuh - samt pinker Flüssigkeit darin - mit voller Kraft gegen den Hinterkopf. Für einen Moment - einen ganz kurzen Moment - verspürte ich so etwas wie Befriedigung…
…bis ich realisierte, dass der Schlag des Schuhs so heftig war, dass sein Kopf nach vorne und direkt gegen die Kante des Türrahmens geschleudert wurde.
Er fasste sich mit der Hand an die Stirn. Durch seine Finger floss eine warme, rote Flüssigkeit über sein Gesicht. Es war ein verstörendes Bild meinen kleinen Bruder so blutüberströmt zu sehen. Erst rührte er sich gar nicht mehr, stand wie erstarrt da, der Schock vermute ich. Doch als er merkte, dass es Blut war, was da über seine Finger und Wangen floss, begann er sofort wie von der Tarantel gestochen zu brüllen.
„Ach du Scheiße“, schrie ich und war mit einem Satz bei ihm. Er weinte und ich versuchte ihn zu beruhigen. Ich redete auf ihn ein, aber er jaulte wie am Spieß und rief nach unserer Mutter.
Diese stampfte eine halbe Minute später verärgert und von dem Gebrüll aus dem Mittagschlaf gerissen, die Treppe rauf. Als sie sein blutiges Gesicht sah, fuhr sie mich an: „Was hast du ihm schon wieder angetan?“ Mir fehlten die Worte. Sie würdigte mich keinen weiteren Blickes, nahm ihn in den Arm und führte ihn die Treppe runter.
Ich fühlte mich schwer und müde und lehnte mich an die Wand. Ich lauschte erst ihren Schritten und dann dem laufenden Wasserhahn in der Küche.
Jetzt war ich wieder an allem Schuld. Lief es nicht immer darauf hinaus, dass ich der Sündenbock war? Ich würde die Moralpredigt für den blutenden Kopf einheimsen und wahrscheinlich auch für die pinke Suppe auf dem Boden des Flurs.
Ich seufzte genervt, bückte mich und hob den nassen Schuh auf. Deprimiert trottete ich ins Badezimmer und hielt ihn unter den Wasserhahn, damit die pinke Flüssigkeit erst immer blasser und schließlich klar wurde. Er war nun zwar wieder sauber, aber klischnass. Anziehen konnte ich den heute wohl nicht mehr.
Meine Mutter rief nach mir. Ich ließ den Schuh im Waschbecken zurück und sprang in kleinen Abständen die Treppenstufen hinunter.
„Ich werde mit deinem Bruder ins Krankenhaus fahren. Du bleibst im Haus. Du hast Hausarrest“, sagte sie streng.
„A..Aber… das Spiel gegen den Tabellenführer ist doch heute“, protestierte ich mit flehendem Blick.
Sie sah mich nicht einmal an, kramte nur den Autoschlüssel aus ihrer Tasche hervor und meinte: „Dann muss deine Mannschaft wohl ohne dich spielen.“
Ich warf meinem Bruder, der direkt neben meiner Mutter stand, einen verächtlichen Blick zu. Ich machte ihn für alles verantwortlich. Jetzt hatte er es geschafft, dass ich mein Spiel vollends abhaken konnte. Vielleicht hatte er das von Anfang an so geplant.
Doch beim Anblick des ehemals weißen Handtuches, das er sich an die Stirn hielt, schwang mein Ärger zu Mitleid um. Es war von roten Flecken überzogen. Die Wunde hörte einfach nicht auf zu bluten und er schien richtig wackelig auf den Beinen zu sein. Meine Mutter musste den Arm um ihn legen und ihn stützen, sonst wäre er bestimmt wie ein Sack Mehl umgefallen.
Und mein Mitleid führte zu Reue. Egal, wie sehr er mich gereizt hatte mit all seinem Unfug, das hatte selbst er nicht verdient und geplant hatte er es schon gar nicht. Wer würde sich selbst so einem Schmerz aussetzen, nur um das Spiel seiner Schwester zu sabotieren? Wie konnte ich so gemein sein und das auch nur für einen einzigen Moment in Betracht ziehen?
„Es tut mir leid“, brachte ich noch heraus, bevor die beiden die Haustür hinter sich zuzogen.

Die Platzwunde meines Bruders musste mit sieben Stichen genäht werden. Laut meiner Mutter war er sehr tapfer. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, pflegte mein Bruder in solchen Momenten mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu sagen.
Ich sahs meinen Hausarrest ab. Das Spiel hatte meine Mannschaft leider verloren.
Ich nahm mir vor, meinem kleinen Bruder nie wieder weh zu tun und in Zukunft einfach über seine Scherze zu lachen. Ich wollte erwachsen sein und darüber stehen. Das schien mir die beste Möglichkeit es für ihn langweilig werden zu lassen. Leider hielten diese guten Vorsätze nicht lang. Ich vergaß sie über den Ärger seiner erneuten Versuche mir das Leben zur Hölle zu machen. Er war einfach zu engagiert bei der Sache und kannte meine wunden Punkte.

Zumindest warf ich von diesem Tag an nie wieder mit Schuhen nach ihm, sondern nur noch mit Plüschtieren.

 

Hallo JennySmiles

Herzlich Willkommen bei den Wortkriegern - hier kriegst du Worte.
Eine nette kleine Geschichte über das Geschwisterleben hast uns als Einstand beschert. Von einigen Holperern abgesehen liest es sich ganz flüssig. Leider ist mir die Story zu rund, da piesackt der kleine Bruder die ältere Schwester bis zur Weissglut, heimst auch noch Streicheleinheiten ein, während die Grosse von der Mutter ihr Fett abbekommt.
Am Ende schickt sich deine Protagonistin in ihr Schicksal, verspricht sich selber, den Scherzen keine Beachtung mehr zu schenken, nur um mit "weicheren Waffen" wieder in den gleichen Geschwisterzwist zu fallen.
Da fehlt mir der Spannungsbogen, bzw. wurde der Spannungsbogen aufgeweicht und die Geschichte plätschert für meinen Geschmack zu seicht aus. Das hat die Story nicht verdient, da geht noch mehr. Irgendwie habe ich erwartet, dass deine Protagonistin den Bruder nach seinem triumphierenden Grinsen in sein eigenes Messer laufen lässt. Der Titel suggeriert mir das auf jeden Fall.

Was mir beim Lesen auffiel:

Warum tat diese miese[ ], kleine Nervensäge
miese, kleine Nervensäge

Ob ich ihn ignorierte oder mich werte,
wehrte

Diese Schadenfreudige, kleine Mistkröte!
schadenfreudige

Er wusste genau[KOMMA] wie er mich jedes Mal aufs neue kalt treffen konnte und manchmal hatte ich das Gefühl, seine einzige Aufgabe im Leben bestand darin, meines für mich möglichst schwer und unangenehm zu gestalten.
Relativ schwerfälliger Nebensatz, hat mich rausgehauen, da ich nicht wusste, ob du mit meines nun Gefühl oder Leben meintest.
Vorschlag: "... seine einzige Aufgabe bestehe darin, mir mein Leben möglichst schwer zu machen.

In mir brannte die Wut und der Wunsch nach Rache. Ich holte weit aus und warf ihm den Schuh - samt pinker Flüssigkeit darin - mit voller Kraft gegen den Hinterkopf. Für einen Moment - einen ganz kurzen Moment - verspürte ich so etwas wie Befriedigung…
…bis ich realisierte, dass der Schlag des Schuhs so heftig war, dass sein Kopf nach vorne und direkt gegen die Kante des Türrahmens geschleudert wurde.
Auch dieser Abschnitt kommt behäbig daher. Der Schuh reicht doch allemal für eine Platzwunde.

Als sie sein blutiges Gesicht sah, fuhr sie mich an: „Was hast du ihm schon wieder angetan?“ Mir fehlten die Worte.
Mir auch. :D
Denn was läuft da falsch? Ist ja fast wie bei Aschenputtel.
Zuerst würde die Mama doch fragen, was überhaupt passiert ist. Aber anscheinend ist der kleine Teufel Mamas Liebling, egal was vorgefallen ist, die Schwester trägt Schuld.

Ich lauschte erst ihren Schritten und dann dem laufenden Wasserhahn in der Küche, den sie angeschaltet hatte, um ihm das Blut aus dem Gesicht zu waschen.
Erklärung kann weg. (Lesefluss)

Jetzt war ich wieder an allem Schuld. Lief es nicht immer darauf hinaus, dass ich der Sündenbock war? Ich würde die Moralpredigt für den blutenden Kopf einheimsen und wahrscheinlich auch für die pinke Suppe auf dem Boden des Flurs.
Ab da freute ich mich auf die "süsse" Rache. Aber leider blieb die ja aus ...

Du hast drei Wochen Hausarrest“, sagte sie streng.
Zeitspanne ist unnötig, "du hast Hausarrest" reicht, auch da das Spiel auch heute ist.

dass ich mein Spiel vollends abharken konnte.
abhaken

Doch beim Anblick des ehemals weißen Handtuches, das er sich an die Stirn hielt,
hier darfst du ruhig dramatischer und kürzen, das fördert den Lesefluss:
"Doch beim Anblick des blutgetränkten Handtuches schwang mein Ärger in Mitleid um. Er schien auch recht wackelig auf den Beinen zu sein."

Egal[KOMMA] wie sehr er mich gereizt hatte mit all seinem Unfug

Wer würde sich selbst so einem Schmerz aussetzen, nur um das Spiel seiner Schwester zu sabutieren?
sabotieren.
Ab hier entgleitet mir deine Protagonistin. Also ich würde mich ärgern, der kleine Scheisser ist doch selber Schuld, dass er genäht werden muss. Ich meine, Cranberrysaft im (Turn-)Schuh? Hallo?

„Es tut mir Leid“
leid

„Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, pflegte mein Bruder in solchen Momenten mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu sagen.
Das zeigt doch, dass der kleine Scheisser durchtrieben ist, da ginge noch mehr mit der Schwester als Gegenpol.

Das Spiel hatte meine Mannschaft leider verloren. Ich muss zugeben, dass meine Teilnahme wohl auch nicht viel geändert hätte.
Damit schwächst du die Geschichte schon wieder ab, der Leser bekommt da so ein "ach, na denn" Gefühl. Finde ich schade. Lasse den fetten Teil weg, das lässt deine Protagonistin stärker wirken.

Ich nahm mir vor[KOKMMA] meinem kleinen Bruder nie wieder weh zu tun und in Zukunft einfach über seine Scherze zu lachen. Ich wollte erwachsen sein und darüber stehen. Das schien mir die beste Möglichkeit [zu sein][KOMMA] es für ihn langweilig werden zu lassen, da es den Reiz nahm, dem ihn mein Ärger über seine Aktionen bescherte.

Zumindest warf ich von diesem Tag an nie wieder mit Schuhen nach ihm, sondern nur noch mit Plüschtieren.
Der ganze letzte Abschnitt lässt mich als Leser unbefriedigend zurück. Wo ist denn nun die süsse Rache? Obwohl das ja bereits im Titel in Frage gestellt wurde.
Also ich würde mir erhoffen, dass du die Idee noch etwas ausbaust und dir für die "Rache was ganz Süsses" ausdenkst.

Viel Spass noch hier,
Gruss dot

 

Hey danke für die umfangreiche Kritik, sobald ich wieder etwas freie Zeit habe, setze ich mich gern nochmal ran :-)

 

Die Überschrift "Rache ist süß?" sollte sich eher darauf beziehen, dass ihre Rache für die versauten Schuhe, nämlich der Abwurf des Bruders mit eben diesen Schuhen, nach hinten losgeht.

 

Hm, das geht meiner Meinung aus deinem Text noch nicht ganz hervor, denn eigentlich nimmt ihr Bruder ja erstmal Rache an ihr.

„Rache ist süß“, sagte er und grinste mir frech ins Gesicht.
Rache wofür bleibt leider im Dunkeln, war es nicht eher ein schlechter Scherz? Aber dann kann er nicht "Rache ist süss" sagen, und du möchtest ja deine Geschichte auf diese Redewendung aufbauen.

Vorschlag:
Lass es doch einfach nur ihr in den Mund legen:

"So, Bruderherz, Rache ist süss." Ich holte weit aus und schleuderte ihm den süssklebrigen Schuh mit voller Kraft an den Hinterkopf.

Nur so als Idee
Gruss dot

 

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