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Copywrite Goldenes Herz

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19.02.2006
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Goldenes Herz

Ich schlurfe in die Küche. Der Duft von Kaffee liegt in der Luft. Köstlicher, als er letztlich schmecken wird. Alvas Kaffee ist eine dünne Plörre, die kaum eine belebende Wirkung hat.
»Du musst auf dein Herz achten. Starker Kaffee ist nicht gut für dich.«
Alva weiß sehr genau, was gut für mich ist und was nicht. Angefangen bei meinem Rasierwasser über meine Hemden bis zum Fernsehprogramm.
Als sie das Käsemesser gegen einen Hobel austauschte, begehrte ich auf.
»Wo ist mein Käsemesser?«
»Du schneidest den Käse immer viel zu dick.«
»Ich will verdammt noch mal mein Käsemesser!«
»Reg dich nicht so auf«, flötete Alva. »Denke an dein Herz.«
Und wie ich an mein Herz dachte. Wie konnte ich es auch nur einen Augenblick vergessen, wenn sie mich zu jeder Gelegenheit daran erinnerte? Und zwischen den Gelegenheiten ebenfalls.

Im Brotkorb liegen vier Scheiben Brot. Dünn geschnitten und abgezählt, wie zu jedem Frühstück. Dazu fettarme Butter, ein Klecks Diätmarmelade. Neben dem laktosefreien Käse liegt der Käsehobel.
»Wie geht es meinem Herz heute Morgen?«, zwitschert Alva, derweil sie Süßstoff in ihren Kaffee rührt.
Ich hasse es, wenn sie mich so begrüßt. Aber wie kann ich mehr Originalität von einer Frau verlangen, die mir zum achtundsechzigsten Geburtstag ein Keramikschälchen in Form eines Herzens schenkt - mit den Worten: »Für deine Tabletten.«
Einmal habe ich das Schälchen versehentlich vom Tisch gestoßen. Alva sammelte jede Scherbe, jeden einzelnen Splitter vom Fußboden auf und setzte das Herz in zwei Tagen wieder zusammen. Dafür war sie extra in die Stadt gefahren, um Spezialkleber und eine Lupe zu kaufen.
Mit seinen Narben gefiel mir das Herz schon viel besser.

Alva sitzt mir gegenüber und bestreicht ihr Hörnchen dick mit Marmelade. Zwei Hörnchen, jeden Morgen - und mir setzt sie dieses dünne Brot vor. Aber ich darf mich nicht aufregen, ich muss an mein Herz denken.
Alva beginnt zu summen. Mit viel Fantasie kann man einen Song von Neil Young heraushören. Aber ich komme nicht auf den Titel.
»Muss das sein?«, brumme ich.
»Du solltest das auch mal versuchen. Ich hab gelesen, beim Summen resoniert der Ton im Körper und hat eine heilende Wirkung. Das wäre gut für dein Herz.«
Sie schiebt sich ihr Hörnchen in den Rachen und kaut. Sie kaut langsam und bedächtig, was im Kontrast steht zu den gewaltigen Mengen, die sie sich in den Mund schaufelt. Schon nach Augenblicken kann von dem Hörnchen nichts Zermalmenwertes mehr übrig sein, doch Alva wälzt den Brei von einer Backe in die andere. Immer und immer wieder. Der Höhepunkt ist jedoch, wenn sie - noch kauend - den Kaffee in sich hineinschüttet.
Sie schafft es irgendwie, den Kaffee zu trinken, ohne dabei das Essen zu schlucken. Wenn sie die Tasse absetzt, kaut sie noch immer.
Ich darf nicht weiter hinsehen.
Ich weiß, was nun folgt: Sie wird sich ihr zweites Hörnchen einverleiben, Blätterteigkrümel regnen in ihr faltiges Dekolleté, sie wird kichern und sagen: »Diese Schlingel« oder: »Die Krümel wissen eben, wo es gut ist, hihi.«.
Normalerweise wende ich also spätestens jetzt den Blick ab, damit mir nicht auch noch der letzte Appetit abhandenkommt.
Aber heute schaffe ich es nicht. Ich kenne das Frühstücksritual und habe gelernt, meine Abscheu zu verbergen. Doch Alvas Summen ist ein neues Element der Abartigkeit und das bringt mein Fass zum Überlaufen.
Die Entscheidung ist plötzlich da: Alva soll es sehen. Sie soll es spüren.
Es ist nicht so, dass ich etwas heraufbeschwören muss, dass ich Mühe in ein finsterstes Gesicht investiere, nein, ich muss einfach nur loslassen. Und das ist auch, was mir mein Arzt mir immer geraten hat: Loslassen. Und plötzlich erkenne ich, dass er recht hatte. Ich lasse los. Ich lasse meine gute Erziehung fahren, und zeige, was ich wirklich empfinde: pure Verachtung. Eine Verachtung, die so schwarz ist wie Tinte. Und ich spritze Alva diese Tinte mit einer Wucht ins Gesicht, die mich selbst erschreckt. Doch dieser Schreck hat eine belebende Wirkung, stärker, als sämtliche Kannen Kaffee der letzten vierzig Jahre. Belebend - und erleichternd. Wie ein zweiter Frühling, wie ... die Erleichterung verschwindet augenblicklich, als Alva mich anlächelt.
Ich reibe mir über die linke Brust, bilde mir einen feurigen Kranz ein.
Das sprengt meinen Verstand. Ich kann es nicht glauben. Ich schleudere Alva all meinen Hass entgegen - und sie lächelt mich an? Sie lächelt mich an!
Ich weiß, dass sich ihr Lächeln gleich in eine höhnische Fratze verzerrt, dass sie auflacht, kreischt, heult, mich bespuckt, irgendetwas. Doch sie lächelt nur, kaut dann weiter und sieht aus dem Fenster.
Sie hat nichts bemerkt. Oder sie nimmt mich nicht für voll. Ich weiß nicht, was schlimmer ist.
Ich zittere unkontrolliert. Wenn ich jetzt nicht den Blick abwende, passiert ein Unglück. Ich starre auf meine zitternden Hände. In der einen Hand halte ich den Käsehobel, mit der anderen umschließe ich meine Kaffeetasse.
Ich zittere so sehr, dass die Tasse auf dem Untersetzer klirrt.
»Möchtest du noch Kaffee, Schatz?«, fragt Alva. Aber eigentlich ist es gar keine Frage. Es spielt keine Rolle, ob ich ja oder nein sage, Alva wird mir Kaffee eingießen. Ihren dünnen Filtertütenkaffee. Ich bringe kein Wort heraus. Mein Zittern nimmt zu. Als sie mir einschenkt, zittre ich so stark, dass der Kaffee über meine Hand läuft. So dünn Alvas Plörre auch ist - sie ist verdammt heiß. Plötzlich habe ich wieder eine Stimme. Ich schreie. Ich schreie aus Schmerz und vor allem aus Wut. Es ist das Geschrei eines wild gewordenen Pavians, eines Berserkers, eines Menschenfressers, eines Wahnsinnigen. Alva eilt um den Tisch und packt die verbrühte Hand.
»Das wird schon. Das wird schon«, sagt sie. »Ein bisschen Wundsalbe und alles wird gut. Ich hol gleich ...«
»Lass mich!«, explodiere ich. In diesen Worten entlädt sich all mein Frust. Längst vergessene Kraft pumpt durch meinen Körper und ich wehre ihre Hände ab. Dabei verpasse ich ihr einen Stoß, der sie nach hinten taumeln lässt. Ihr rechter Fuß verhakt sich am Tischbein, sie rudert mit den Armen, fegt Geschirr vom Tisch, erwischt die Kaffeekanne, blökt wie eine Kuh.
Was zuerst auf den Boden aufschlägt, kann ich nicht sagen: Die Kaffeekanne oder Alva. Die Kanne zerspringt und verteilt Kaffee auf den Fliesen. Alva schlägt mit dem Hinterkopf auf. Ein seltsam schmatzendes Geräusch. Eine rote Lache bildet sich um ihren Kopf. Der Kaffee ist dünn, ihr Blut ist dick. Alva rührt sich nicht. Ich rühre mich auch nicht. Stehe da und blicke auf Alva herab. Wie sich Kaffee und Blut vermengen, das hat etwas Surreales. Und Alva sieht friedlich aus.
Auch ich fühle mich friedlich. Befreit. Noch immer brandet diese Kraft durch meinen Körper. Mein Herzschlag gleicht einer mächtigen Trommel. Doch je länger ich dastehe, desto schmerzhafter werden diese Trommelschläge. Ich atme gepresst. Wirbel tanzen vor meinen Augen. Der Schmerz strahlt bis in den Arm.
Durch die aufziehenden Schleier suche ich meine Tabletten.
Das vernarbte Schälchen hat Alma vom Tisch gefegt. Diesmal wird niemand die Splitter zusammenflicken. Ich habe Glück: Wie kleine Inseln leuchten die Tabletten aus dem braunroten Ozean heraus.
Als ich mich nach ihnen bücke, rutsche ich in dem Gemisch aus Blut und Kaffee aus. Ich rudere ähnlich elegant wie Alva zuvor mit den Armen, verliere die Balance. Der Aufprall ist weich, denn ich klatsche auf Alvas Brust. Blätterteig kitzelt mir in der Nase.
Ich will mich hochstemmen, doch der Schmerz wühlt nun in meinem gesamten Körper und lähmt mich.
Alvas Oberkörper vibriert. Ja, ich spüre es ganz deutlich. Und durch das Rauschen in meinen Ohren kann ich es nun auch hören: ein leises Summen. Mit letzter Kraft schaffe ich es, den Kopf zur Seite zu drehen. Durch den dunkler werdenden Nebel starre ich in Alvas Gesicht. Nun hat auch sie ihre Maske fallen gelassen: Sie grinst mich höhnisch an. Und summt ein Lied. Der Titel leuchtet vor meinem geistigen Auge auf, doch als ich danach greifen will, verschwindet er in der Dunkelheit - und reißt mich mit sich.

 

weltenläufer meets Loriot meets Roald Dahl :D

Friedels Vorlage hab ich jetzt noch gar nicht gelesen, einfach weil ich schon nach den ersten Zeilen von deinem Text hier nicht mehr losgekommen bin. Ein wirklich wunderbar bitterböses Kammerstückchen ist dir hier gelungen, weltenläufer. Voller Wortwitz und herrlich schräger Details.
Also mir hat das echt gut gefallen, das wollte ich dir jetzt einfach einmal schnell sagen. Sobald ich Friedels Original gelesen habe, werde ich noch einmal vorbeischauen und mich dann in ernsthafter Komparatistik üben.

Well done, weltenläufer!

offshore

 

Hallo weltenläufer,

wie du in Friedels Geschichte einen Ansatz für eine interessante Geschichte gefunden hast, sowie die Umsetzung aus der Perspektive des (Selbst-)Mörders fand ich gut. Vom verschnörkelten Stil, den zahlreichen Anspielungen auf Schwedenkrimis, der Ironie und weiteren Eigenheiten (von denen mir sicher ein paar entgangen sind ;)) hat es nichts bis in den Text geschafft.

Diese Frau betrachtet ihren Mann ausschließlich als Wrack, das zu pflegen für sie eine dankbare Aufgabe ist. Der Mann wiederum verachtet sie und kämpft gegen sie. Die Rebellion gegen seine Frau ist vermutlich paradoxerweise das einzige, was ihn noch am Leben hält. Dieses erbärmliche Drama darzustellen ist für einen Autor sicherlich eine dankbare Aufgabe.

In deiner Version ersticht der Mann seine Frau nicht, sondern er stößt sie, woraufhin sie stürzt und sich den Schädel bricht. In Friedels Version ist der Mann auf diese Weise etwas unglaubhaft umgekommen. War das Absicht?

Hat mir jedenfalls gefallen.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo weltenläufer,

Mann, ihr seid alle so schnell! Ich bin ja nicht sicher, ob ich meinen eigenen Copywritetext rechtzeitig fertig bekomme, wenn es hier schon laufend Sachen zum Kommentieren gibt. :)

Ich hatte ein bisschen Mitleid mit dir, als die Verlosung vorbei war, denn eine leichte Aufgabe war das wirklich nicht. Jetzt habe ich allerdings keins mehr, denn es muss einfach ein gutes Gefühl sein, wenn man man sich so einer Herausforderung stellt und dann so ein toller Text dabei heraus kommt.

Der Originaltext scheint mir auf "technische" Aspekte fokussiert, der wirkt sehr verspielt. Man nimmt da eher solche Sachen wahr wie die Tatsache, dass der Hauptteil der Geschichte in einem einzigen langen Satz erzählt wird, und dass die Namen der Polizisten auf berühmte skandinavische Krimiautoren anspielen.

Und nachdem du das alles herausgenommen hast, und mal einen richtig intensiven Blick auf die Figuren geworfen hast, tun sich da Abgründe auf ... :sconf:

Ich fand das unheimlich fesselnd. Es hat für mich eine ähnliche "Sogwirkung" beim Lesen entwickelt wie der Endlossatz in Friedrichards Text, aber das wird halt nicht durch einen handwerklichen Kniff erzeugt, sondern durch die emotionale Wirkung. Die Todesfälle im Originaltext habe ich irgendwie nicht für voll genommen, vielleicht weil es gar nicht um den Hintergrund oder den Charakter der Figuren geht. Dein Text tut im Vergleich dazu richtig weh (auf eine gute Art :)).

Die beste Stelle aus meiner Sicht:

Einmal habe ich das Schälchen versehentlich vom Tisch gestoßen. Alva sammelte jede Scherbe, jeden einzelnen Splitter vom Fußboden auf und setzte das Herz in zwei Tagen wieder zusammen. Dafür war sie extra in die Stadt gefahren, um Spezialkleber und eine Lupe zu kaufen.
Mit seinen Narben gefiel mir das Herz schon viel besser.

Da ist in vier Sätzen eigentlich schon fast alles gesagt, was es in der Geschichte über die Beziehung der beiden zu erfahren gibt.

Ich muss schon sagen, ihr legt die Latte hier verdammt hoch!

Grüße von Perdita

 

ernst offshore,

das zweite Mal bist du schon mein Retter mit deiner ersten Kurznotiz zu einer Geschichte von mir.
Es fiel mir wahrlich nicht leicht, eine kg von Friedel zu finden, mit der ich etwas anfangen kann, drum bangte ich, dass ich es wirklich versemmelt habe. Was war ich also froh, deinen Kommentar zu lesen. Puh.
Bi gespannt, was du sagst, nachdem du das Original gelesen hast :)

Berg

schön, dass du dich hier wieder tummelst :)

wie du in Friedels Geschichte einen Ansatz für eine interessante Geschichte gefunden hast
hehe. Hier ging das wirklich recht flott. Das Problem war nur, bis zu dieser Geschichte vorzudringen. Als ich die dann las, stand sofort meine Version fest.
Und ja - Bis auf den Namen Alva hat es tatsächlich nicht viel Schwedisches in die kg geschafft.

Deine Analyse trifft es auf den Punkt. Punkt.

In Friedels Version ist der Mann auf diese Weise etwas unglaubhaft umgekommen. War das Absicht?
Nee, keine Absicht. Hat sich so entwickelt. Und hättest du es nicht gesagt - mir ist es gar nicht bewusst gewesen.

Danke für deine Worte :)
Perdita

Mann, ihr seid alle so schnell!
die Mehrheit hält sich doch noch zurück ;)
Ich hatte ein bisschen Mitleid mit dir, als die Verlosung vorbei war, denn eine leichte Aufgabe war das wirklich nicht
das hatte ich auch mit mir :D
Was war ich froh, als ich dieses Geschichtchen entdeckte! Von da an ging es dann ganz rechtz flott

So oft habe ich ja noch nicht beim copy mitgemacht, aber diesmal konnte ich quasi wirklich die gleiche story erzählen und trotzdem eine ganz eigene Geschichte bei entstehen lassen, weil Friedel, wie du richtig sagst, den Fokus ja auf was ganz anderes gelegt hat. Das war schon reizvoll.

Freut mich, wenn es aufgegangen ist. Danke auch für dein Zitat. Finde ich immer hilfreich sowas.

Lieben Dank. Und ganz entspannt weiter schreiben. Ich muss ja zugeben, dass mir ein bisschen Druck beim Schreiben ganz gut tut, aber das ist ja nicht jedermans Sache. :read:

grüßlichst
weltenläufer

 

Hey ho weltenläufer,

ich finde das ist eine gute Copy. Doch, ich habe das kleine Stück gern gelesen. Ich mochte den armen Wicht aber auch gern in seinen Qualen zuschauen, das ist sehr sympathisch vorgetragen von Dir. Die Frau kommt dagegen ja recht schlecht weg, mit ihrem Bemutterungsfimmel und dieser Satz: "Ich meine es doch nur gut", dass hat ja noch nie ein Adressat ebenso empfunden.

A

ls sie das Käsemesser gegen einen Hobel austauschte, begehrte ich auf.
»Wo ist mein Käsemesser?«
»Du schneidest den Käse immer viel zu dick.«

Hehe


»Ich will verdammt noch mal mein Käsemesser!«
»Reg dich nicht so auf«, flötete Alva. »Denke an dein Herz.«
Und wie ich an mein Herz dachte. Wie konnte ich es auch nur einen Augenblick vergessen, wenn sie mich zu jeder Gelegenheit daran erinnerte? Und zwischen den Gelegenheiten ebenfalls.

Aber wie kann ich mehr Originalität von einer Frau verlangen, die mir zum achtundsechzigsten Geburtstag ein Keramikschälchen in Form eines Herzens schenkt - mit den Worten: »Für deine Tabletten.«
Einmal habe ich das Schälchen versehentlich vom Tisch gestoßen. Alva sammelte jede Scherbe, jeden einzelnen Splitter vom Fußboden auf und setzte das Herz in zwei Tagen wieder zusammen. Dafür war sie extra in die Stadt gefahren, um Spezialkleber und eine Lupe zu kaufen.
Mit seinen Narben gefiel mir das Herz schon viel besser.

Wurde schon zitiert, aber mochte ich auch!

Sie schiebt sich ihr Hörnchen in den Rachen und kaut. Sie kaut langsam und bedächtig, was im Kontrast steht zu den gewaltigen Mengen, die sie sich in den Mund schaufelt. Schon nach Augenblicken kann von dem Hörnchen nichts Zermalmenwertes mehr übrig sein, doch Alva wälzt den Brei von einer Backe in die andere. Immer und immer wieder. Der Höhepunkt ist jedoch, wenn sie - noch kauend - den Kaffee in sich hineinschüttet.
Sie schafft es irgendwie, den Kaffee zu trinken, ohne dabei das Essen zu schlucken. Wenn sie die Tasse absetzt, kaut sie noch immer.

Ja, sie hat einen schweren Stand beim Erzähler und den Leser freut es.

Die Entscheidung ist plötzlich da: Alva soll es sehen. Sie soll es spüren.

Ja, gut da jetzt mit eine Wende zu kommen, sonst würde man sich auch fühlen, wie der Brei in ihrem Mund. Aber keine Sorge, perfektes Timing.

Kleine, feine gelungene Unterhaltung. Insofern haben Original und Copy noch mehr gemein als nur die zwei Toten am Frühstückstisch. Und ich glaube nicht, dass dir das kleine Dingelchen wirklich, wirklich schwer aus der Feder floss.

Beste Grüße, Fliege

 

Fliege

Ich mochte den armen Wicht aber auch gern in seinen Qualen zuschauen, das ist sehr sympathisch vorgetragen von Dir.
Ich glaube nur so kann das funktionieren. Puh

Dass die Frau weniger gut wegkommt, da hast du recht. Ich hab mich da schon zurückgehalten. So ganz aus dem Gleichgewicht kippen darf es nicht, meine ich. Bemuttern, mja, das ist negativ besetzt, aber bei einem schwer Kranken kann man das ja durchaus auch als Hilfe sehen. Sich über einen gemachten Frühstückstisch zu beschweren, sagt ja auch schon eine Menge aus.
Berg hat das ganz toll zusammengefasst, finde ich. Ich würde mal sagen, die beiden haben sich verdient :D

Aber keine Sorge, perfektes Timing.
*strahl*

Und ich glaube nicht, dass dir das kleine Dingelchen wirklich, wirklich schwer aus der Feder floss.
Nein, als ich den Text erstmal gefunden hatte, ging es wirklich sehr flott von der Hand. Kleine Anspielung auf andere kgs von mir, oder? :Pfeif:
An eins musste ich auch denken: Rick hat dir doch irgendwo drunter geschrieben - wenn man Anfang und Ende hat, schreibt es sich quasi von allein. Ich glaube, bisher habe ich diese Erfahrung noch nicht gemacht, weil ich das noch nie derart klar vor Augen hatte. Hier war es tatsächlich mal so.
Muss mein Plotting noch mal überdenken.

Danke für deine Worte :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Alva beginnt zu summen. Mit viel Fantasie kann man einen Song von Neil Young heraushören. Aber ich komme nicht auf den Titel.
”Keep me searching for a heart of gold
And I'm getting old”​
schließt der Refrain, und da hastu Dir,

lieber Weltenläufer,
vielleicht sogar einige Forschungsarbeit zumuten müssen, denn Schöngesang ist anders (wahrscheinlich hat Alva sogar Like A Hurricane gesummt in einiger Selbstüberschätzung, aber vielleicht sieht sie sich als das Auge des H.). NY will sich scheiden lassen (0der hat er schon?, bevor er Peggy umbringe ... Aber Coffeein macht ihn so wenig abhängig wie mich).

Das Wortspiel, wenn Alva meint

Ich hab gelesen, beim Summen resoniert der Ton im Körper und hat eine heilende Wirkung,
hat einen Hauch Loriot, erinnert dann doch an die Wirklichkeit, wenn man besonders klug daherschwätzen will und wortschöpferisch tätig wird oder aber räsonieren meint und einen Räsonanzkörper gleich neu erfindet. Dann schimmert Alfred Tetzlaff durch, wenn das blöde Schaf mit der dusseligen Kuh gekreuzt wird
, blökt wie eine Kuh.
Und dessen Kleinbürgertum mit Besitzansprüchen, wenn das überlaufende Fass sein Fass wird, das überläuft
und das bringt mein Fass zum Überlaufen.
Gleichwohl hat der Autor einmal Schluckbeschwerden (eine Atempause so früh im Satz wird’s nicht sein, vllt. ne Regieanweisung ...?)
Es ist das Geschrei[…], eines wild gewordenen Pavians, eines Berserkers, eines Menschenfressers, eines Wahnsinnigen.
Während die Aufzählung korrekt verhandelt wird. Das entbehrliche Komma leihen wir dann hier aus
Lass mich!«[,] explodiere ich.

Der Kaffee ist dünn, ihr Blut ist dick.
Gleichwohl:
Der Aufprall ist weich, denn ich klatsche auf Alvas Brust
Und mir gefällt’s,

gesteht der anregende Aufreger

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber weltenläufer,
viel kriegste nicht von mir zu hören.

Ich muss mal gestehen, erst war ich ein bisschen verhalten, weil du die Frau so ganz und gar negativ gezeichnet hast. Ich fand, das dürfte nicht sein :D, stünde einem ernsthaften Autoren nicht gut zu Gesicht.
Als ich dann irgendwann über die bitterböse, sarkastische Beschreibung so erzürnt war, dass ich es geschafft habe, nicht mehr auf dich, den welti, sauer zu sein, sondern auf deine Hauptfigur mit ihrem mitleidlosen Blick, da hab ich erst gemerkt, was du filou hier angerichtet hast. Man weiß ja echt nicht, wer von beiden der schlimmere ist. Und das kriegst du irgendwie über die Beobachtungen des Mannes hin. Die sind z. T. so fies, manchmal am Rande der Überzeichnung, dass es auf ihn zurückfällt. Das ist wahrlich ein Ehepaar, das Werbung für Scheidung machen sollte.
Gefällt mir ausgesprochen gut in seiner Bösartigkeit.

Als sie das Käsemesser gegen einen Hobel austauschte, begehrte ich auf.
»Wo ist mein Käsemesser?«
»Du schneidest den Käse immer viel zu dick.«
Das geht eindeutig zu weit!

Einmal habe ich das Schälchen versehentlich vom Tisch gestoßen. Alva sammelte jede Scherbe, jeden einzelnen Splitter vom Fußboden auf und setzte das Herz in zwei Tagen wieder zusammen. Dafür war sie extra in die Stadt gefahren, um Spezialkleber und eine Lupe zu kaufen.
Mit seinen Narben gefiel mir das Herz schon viel besser.
Das findet glaub jeder gut, aber das ist eben auch so eine Stelle, eigentlich ein echter Liebesdienst von ihr, diese mühselige Kleinarbeit, aber was ist es jetzt? Liebesdienst oder Heimtücke. Cool.

Alva beginnt zu summen. Mit viel Fantasie kann man einen Song von Neil Young heraushören. Aber ich komme nicht auf den Titel.
:D
Ist so viel schöner, als hättest du den Titel genannt.

»Du solltest das auch mal versuchen. Ich hab gelesen, beim Summen resoniert der Ton im Körper und hat eine heilende Wirkung. Das wäre gut für dein Herz.«
Hä? Das Summen labert im Körper rum? Also räsonieren hab ich bisher immer stark auf weitschweifige Ausführungen machen bezogen.

Ich weiß, was nun folgt: Sie wird sich ihr zweites Hörnchen einverleiben, Blätterteigkrümel regnen in ihr faltiges Dekolleté, sie wird kichern und sagen: »Diese Schlingel« oder: »Die Krümel wissen eben, wo es gut ist, hihi.«.
:D

Der Kaffee ist dünn, ihr Blut ist dick.
Auch gut.

Ja, hat Spaß gemacht, dieses bitterböse fiese Dingelchen zu lesen.
Bis die Tage.
Novak

 

He Friedel,

das war schon ein hartes Stück, mich durch deine Texte zu graben. Was auch immer es ist, da fehlt mir einfach der Zugang zu. Hier, mit dieser Einsatzgeschichte ist es mir gelungen, was wohl aber auch an der Kürze liegt.
Aber das mit dem Zugang zu Texten, sowas ändert sich ja auch. Was habe ich nicht schon alles für Bücher in die Ecke gestellt, zu denen ich keinen ZUgang gefunden habe, nur um die Jahre später überschwänglich zu feiern. Ich glaube allerdings, mit deinen Texten, das dauert noch etwas :D
Nun ja, eine Menge gelernt habe ich dabei auf jeden Fall, nicht zuletzt über mich selbst. Da ist schon mal ein Danke fällig :gelb:
Einen Kommentar zur Ursprungsgeschichte bekommst dui auch noch, versprochen

Nun aber zu deinen Anmerkungen:

zugegeben, ich habe eine Weile überlegt, welchen Song ich passend finde. Die Auswahl war natürlich h(e)ard(t)
Neil Young mag ich aber selbst sehr gern, was immer auch Schöngesang bedeutet - summen kann man es gut ;)

zum resonieren, da steh ich etwas auf dem Schlauch. Ich meinte schon das mitschwingen im Sinne von Resonanzkörper :confused:

Danke für den Kommaverschieber, das bessere ich gleich nach.

Und mir gefällt’s,
das freut mich :)

grüßlichst
weltenläufer

zu Novak komme ich erst später, danke schon mal :)

 

„ … auf dass Wallöö in seinem unendlichen Schmerz,
der ihn plötzlich heimsuchte, sich über das geliebte,
aber hingerichtete zarte Wesen beugen wollte und
doch auf dem Gemisch von nur noch lauwarmen Kaffee
und Blut ausrutschte und mit dem Kopf in der engen
Stube gegen die Wand klatschte, ..."
Me & my monkeye: Einsatzgeschichte​

Aber was behauptet da

Berg!

In Friedels Version ist der Mann auf diese Weise etwas unglaubhaft umgekommen. War das Absicht?
Bei mir ist fast alles Absicht, aber dass ein Ausrutscher auf glitschigem Boden bei i. d. R. ziemlich profillosen Pantöffelchen unglaubürdig sein soll, sollte jeden Authentizitätigen und -untätigen bedenklich stimmen ...

Hallo Weltie -

wer hat diesen Fehlklang für einen, der die Welt durchmisst und sicherlich kein Chiuaua ist, ein Hündchen halt für die Innentasche im Jacket, erfunden?, ab vors Scherbengericht mit ihm - und sei's eine ihr, ein Verbrechen am guten Geschmack!

Du siehst, ich fühle mit Dir

Was auch immer es ist, da fehlt mir einfach der Zugang zu. Hier, mit dieser Einsatzgeschichte ist es mir gelungen, was wohl aber auch an der Kürze liegt.
Stimmt, Forschers Glück zB setzt sich entgegen der kurzen Form noch in den Kommentaren fort ...

So stellt sich denn mein Hang, alles mal ausprobiert zu haben, als richtig heraus. Und derr Zugang wird sich schon finden (ich brauchte für die Rättin zehn Jahre und verschlang sie dann ruckizucki, als der Beweis angetreten wurde, dass die Wikinger Amerika entdeckt hätten anhand eines restaurierten Frescos, das eben in jenem zehnten Jahr in der ZEIT dokumentiert wurde)

Nun ja, eine Menge gelernt habe ich dabei auf jeden Fall, nicht zuletzt über mich selbst. Da ist schon mal ein Danke fällig .
Du bringst mich in Verlegenheit -

& Dein Titel verriet doch schon den NY's ...

zum resonieren, da steh ich etwas auf dem Schlauch. Ich meinte schon das mitschwingen im Sinne von Resonanzkörper
Da spielt dann der Zufell mit, denn das ist in all seiner Schrägheit einfach gelungen, dass selbst Kant seine Freude am Räsonanzkörper hätte. Denn selbst sein Schüler Hegel war wie sein Meister nicht ohne Humor und Lichtenstein (Pfuisiker von Haus aus) fragte sich ernsthaft, was hohler klänge beim Zusammenstoß von Buch und Hirn ...

Wie dem auch sei, es ist schon ein denkwürdiges Gefühl, für eine solche Geschichte die anregenden Anstöße gegeben zu haben ...

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber weltenläufer,

verzeihe mir, dass ich beharrte, aber besser hätte ich einen Friedeltext nicht kopieren können. *Smiley zwischen Schleim und Anerkennung*

Ich schlurfe in die Küche. Der Duft von Kaffee liegt in der Luft. Köstlicher, als er letztlich schmecken wird.
Mit ziemlich einfachen Sätzen sagst du es uns schon ja: Das gesamte Szenario, die sorgenvolle, pflegende Frau, der umsorgte, zu pflegende Mann, ein komplementäres System - eigentlich. Aber nur weil etwas gut zusammen passt, oder etwas stimmig ist, heißt das nicht, dass es stimmt, dass es einem gefällt. "Köstlicher, als er letzlich schmecken wird." ist mein Highlight unter den ersten Zeilen.

Wobei:

Alvas Kaffee ist eine dünne Plörre, die kaum eine belebende Wirkung hat.
Vorneweg: Alva ist ein hübscher Name, den du, ich habe in Friedls Text nix gefunden, selbst gewählt hast. Vielleicht ist das ein Vorname einer Krimiautorin, ich weiß es doch auch nicht. Jedenfalls fetzt der Ausdruck "dünne Plörre". Vielleicht könntest du es auf die Spitze treiben: "Alvas Kaffee ist eine dünne Plörre ohne belebende Wirkung." Ich finde, das klingt mehr nach plump und dünn.

Aber wie kann ich mehr Originalität von einer Frau verlangen, die mir zum achtundsechzigsten Geburtstag ein Keramikschälchen in Form eines Herzens schenkt - mit den Worten: »Für deine Tabletten.«
Einmal habe ich das Schälchen versehentlich vom Tisch gestoßen. Alva sammelte jede Scherbe, jeden einzelnen Splitter vom Fußboden auf und setzte das Herz in zwei Tagen wieder zusammen. Dafür war sie extra in die Stadt gefahren, um Spezialkleber und eine Lupe zu kaufen.
Mit seinen Narben gefiel mir das Herz schon viel besser.
Vollgestopft mit herrlichen Details! Man könnte den Vergleich wagen, dass Friedrichards Einsatzgeschichte das glatte Schälchen - in der wortwörtlich kein Punkt die Geschichte zergliedert - und deine Variante die mit Narben durchspickte Form ist.

»Du solltest das auch mal versuchen. Ich hab gelesen, beim Summen resoniert der Ton im Körper und hat eine heilende Wirkung. Das wäre gut für dein Herz.«
Die Dialoge ließen mich schmunzeln. Die "Alte" hat mich - ehrlich gesagt - genervt mit ihrem ständigen Mütterchengehabe, sie kam mir wie ein dementer Sido vor, der "Du musst auf dein Herz hören" vor sich her murmelt.

Da stellt sich mir die Frage: Ab wann wird Fürsorge zur Qual? Kann Liebe bzw. Zuneigung nerven, gar schaden. Ich denke: Durchaus. Und ich weiß nicht, aus welchem Trieb heraus Alva handelt. Linst man von außen auf die Szene lässt sich darin eine liebevolle, besorgte Frau erkennen und wenn sie tatsächlich ihr altes Herrchen liebt, wäre sie dann nicht das (nicht nur kriminaltechnische)Opfer?

Sie schiebt sich ihr Hörnchen in den Rachen und kaut. Sie kaut langsam und bedächtig, was im Kontrast steht zu den gewaltigen Mengen, die sie sich in den Mund schaufelt. Schon nach Augenblicken kann von dem Hörnchen nichts Zermalmenwertes mehr übrig sein, doch Alva wälzt den Brei von einer Backe in die andere. Immer und immer wieder. Der Höhepunkt ist jedoch, wenn sie - noch kauend - den Kaffee in sich hineinschüttet.
Sie schafft es irgendwie, den Kaffee zu trinken, ohne dabei das Essen zu schlucken. Wenn sie die Tasse absetzt, kaut sie noch immer.
Schön, dass sich nicht nur Alva eine Lupe besorgt hat! Eine sehr gelungene Detailaufnahme.

Ich weiß, was nun folgt: Sie wird sich ihr zweites Hörnchen einverleiben, Blätterteigkrümel regnen in ihr faltiges Dekolleté, sie wird kichern und sagen: »Diese Schlingel« oder: »Die Krümel wissen eben, wo es gut ist, hihi.«.
Witzig und fast schon bitterböse, wenn man bedenkt, worauf er am Ende landet.

So dünn Alvas Plörre auch ist - sie ist verdammt heiß. Plötzlich habe ich wieder eine Stimme. Ich schreie. Ich schreie aus Schmerz und vor allem aus Wut. Es ist das Geschrei eines wild gewordenen Pavians, eines Berserkers, eines Menschenfressers, eines Wahnsinnigen.
Genial! Dass ernst offshore diese hochschraubende Steigerung gefällt, wundert mich nicht.

Ich habe Glück: Wie kleine Inseln leuchten die Tabletten aus dem braunroten Ozean heraus.
Das, lieber weltenläufer, ist der schönste Satz in deiner Erzählung!

Mit letzter Kraft schaffe ich es, den Kopf zur Seite zu drehen. Durch den dunkler werdenden Nebel starre ich in Alvas Gesicht. Nun hat auch sie ihre Maske fallen gelassen: Sie grinst mich höhnisch an.
Das erinnert mich an eine Geschichte von Botho Strauß. "Die Nacht mit Alice, als Julia ums Haus strich" Ein Mädchen kann das friedvolle Grinsen ihres Matheprofessors nicht fassen, sie überrascht ihn im Büro, haut irgendetwas kaputt oder gießt im Kaffee über die Rechnungen, er lächelt friedlich, die beiden werden ein Paar, sie geht die Partnerschaft nur ein, um ihn durch Betrügerei und Lügen in den Wahnsinn zu treiben, aber er lächelt und grinst und bleibt gelassen. Eines Tages bringt sie ihn um, sehnsuchtsvoll wartend, welches Gesicht er nach dem Tod zeigt, aber wieder: friedvolles Lächeln. Und ich weiß nicht, inwiefern das höhnische Grinsen deine Geschichte abschwächt, weil es ja etwas Böses in Alvas Unterbewusstsein kritzelt, das ich zuvor so nicht gesehen habe.

Wie dem auch sei. Ich trinke keinen Kaffee. Schon gar nicht dünne Plörre. Aber dein Narbenherz habe ich gern zerdeppert!

Beste Grüße
markus.

 
Zuletzt bearbeitet:

Voller Wortwitz und herrlich schräger Details ...
… sei deine Geschichte, schrieb ich weiter oben, weltenläufer, und auch jetzt, nach nochmaligem Lesen, empfinde ich das so.

… flötet Alva, … zwitschert Alva,
»Die Krümel wissen eben, wo es gut ist, hihi.«.
... blökt wie eine Kuh.
Blätterteig kitzelt mir in der Nase.
Diese von dir so zielsicher gestreuten humoristischen Sprachkrümel – neben all den anderen, die in den Komms weiter oben schon mehrmals zitiert wurden – und die so herrlich überzeichneten Figuren machen die Geschichte ja beinahe zu einer Groteske und ließen mich beim Lesen vom Anfang bis zum Ende grinsen.
Aber wehe, ich fokussiere meinen Blick auf diese Textstellen:

Ich darf nicht weiter hinsehen.
[…] Alvas Summen ist ein neues Element der Abartigkeit [jessas!]
[…] der letzten vierzig Jahre.
[…] und zeige, was ich wirklich empfinde: pure Verachtung.
[…] Das sprengt meinen Verstand. Ich kann es nicht glauben. Ich schleudere Alva all meinen Hass entgegen - und sie lächelt mich an? Sie lächelt mich an!
[…] eine höhnische Fratze
[…] das Geschrei eines wild gewordenen Pavians, eines Berserkers, eines Menschenfressers, eines Wahnsinnigen.
Ja, dann offenbart sich mir die tatsächliche Tragödie hinter dieser häuslichen Frühstücksszene: eine jahrzehntelange gruselige Ehehölle, mit einem Wort das nackte Grauen.
Vielleicht solltest du das Stichwort Sonstiges über der Geschichte durch Horror ersetzen. :D

Und apropos gruselig Und apropos Geschichte:
Natürlich hab ich mittlerweile auch Friedels Vorlage gelesen. Und der Vergleich der beiden Geschichten, die sich ja im Plot kaum unterscheiden, machte mir wieder einmal den Reiz der Copywrite-Idee deutlich. Er zeigte mir nämlich einmal mehr, wie vollkommen unterschiedlich man sich der Sprache bedienen kann, um ein und dieselbe Geschichte zu erzählen, bzw. auch, wie sehr es vom einzelnen Leser abhängt, ob und wie weit er sich darauf einlässt.

Noch einmal, weltenläufer, ein toller Text ist dir hier gelungen.

offshore


edit:
Mich wundert's ein bisschen, dass du die Geschichte nicht gleich "Herz aus Gold" genannt hast. Immerhin hast du damit die Chance ausgelassen, nicht nur explizit auf Friedels Musikvorlieben anzuspielen, sondern auch auf einen anderen literarischen Säulenheiligen.

 

Novak,

Die sind z. T. so fies, manchmal am Rande der Überzeichnung, dass es auf ihn zurückfällt
da bin ich ja erleichtert, dass du noch zu diesem Schluss kommst.
In meiner Lesart nehmen die sich beide nicht viel. Aber klar, ist natürlich sehr stark gefärbt.

Das ist wahrlich ein Ehepaar, das Werbung für Scheidung machen sollte.
:lol:

Ist so viel schöner, als hättest du den Titel genannt.
genau. der steht ja schon ganz oben

Hä? Das Summen labert im Körper rum? Also räsonieren hab ich bisher immer stark auf weitschweifige Ausführungen machen bezogen.
deswegen ja auch resonieren

Ja, hat Spaß gemacht, dieses bitterböse fiese Dingelchen zu lesen.
schön, dass du dich überwunden hast ;)


länger schaff ich es nicht auf den Monitor zu starren, bei mir dreht sich alles (und leider nicht vom Alohol), Antworten an Ernst und Glass später. Ich gehör ins Bettchen :sicko:

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

dieses Copywrite-Spiel ist ja total spannend, was dabei Verschiedenes rauskommt, unglaublich. Wie du aus einem Ein-Satz-Ungetüm, das auf mich eher beschreibend als charakterisierend wirkt, das hier gemacht hast, und dann auch noch in dieser Kürze, echt gut.

Die Geschichte ist voll aufgegangen. Die Charakterisierung, boah. Ich war mitten im Text kurz davor, meine Haare zu raufen und Alva ein "Jetzt hör doch endlich auf!" zuzurufen. Dabei wird mir zum Schluss doch vermittelt, es steckt volle Absicht hinter ihrer naiven und subtilen Art und Weise, ihren Mann bis aufs Blut zu reizen.
Fast würde ich mir wünschen, noch mehr über die Vergangenheit der beiden zu erfahren, einen Einblick zu bekommen, warum die so geworden sind, wie sie sind, aber das ist ja nicht die Vorgabe.

Gut gemacht, ich hab's gern gelesen.

Grüße,
rehla

 

Hi,

ich finde das eine wirklich gute Geschichte. Ich habe die die ganze Zeit über mit einem Grinsen gelesen, das fängt richtig gut an

Ich schlurfe in die Küche. Der Duft von Kaffee liegt in der Luft. Köstlicher, als er letztlich schmecken wird.
Und wie ich an mein Herz dachte. Wie konnte ich es auch nur einen Augenblick vergessen, wenn sie mich zu jeder Gelegenheit daran erinnerte? Und zwischen den Gelegenheiten ebenfalls.
und die witzige, absurde Hassliebe der beiden zieht sich weiter
Aber wie kann ich mehr Originalität von einer Frau verlangen, die mir zum achtundsechzigsten Geburtstag ein Keramikschälchen in Form eines Herzens schenkt - mit den Worten: »Für deine Tabletten.«
:D :D

Ja, diesen versteckten Hass auf den anderen, den hast du super eingefangen, alles nervt, selbst wenn der andere kaut.

Einzige Stelle, an der ich noch mal ansetzen würde:

Und das ist auch, was mir mein Arzt mir immer geraten hat: Loslassen. Und plötzlich erkenne ich, dass er recht hatte. Ich lasse los. Ich lasse meine gute Erziehung fahren, und zeige, was ich wirklich empfinde: pure Verachtung.
Wie zeigt der Prot da seine Verachtung? Das kam nicht ganz bei mir an. Ich dachte erst, er würde sie anschreien oder so, aber anscheinend macht er einfach gar nichts. Ich denke nicht, dass der Prot, wenn er einfach nur böse schaut und die Zähen zusammenbeißt denken würde: Jetzt zeige ich ihr meine Verachtung! Er kriegt in der Situation ja keinen Laut heraus, und das ist ihm auch bewusst. Ich würde die Szene daraufhin noch mal überarbeiten, dass für den Leser gleich klar wird, dass er sich einfach nicht regt, und bloß innerlich da etwas geplatzt ist, das man aber äußerlich nicht wirklich warhnehmen kann.

Sehr witzig, absurd, und super geschrieben, ich hab das wirklich sehr gerne gelesen.

Viele Grüße,
zigga

 

Friedrichard

& Dein Titel verriet doch schon den NY's
joa, deinem Auge entgeht sowas nicht ;)
M. Glass
verzeihe mir, dass ich beharrte, aber besser hätte ich einen Friedeltext nicht kopieren können.
da hast du dir eine spannende Erfahrung durch die Lappen gehen lassen :D

Vorneweg: Alva ist ein hübscher Name, den du, ich habe in Friedls Text nix gefunden, selbst gewählt hast. Vielleicht ist das ein Vorname einer Krimiautorin, ich weiß es doch auch nicht.
kann sein, aber da habe ich keine Rücksicht drauf genommen. Von den Anspielungen hab ich eigentlich nix übernoommen. Ein schwedischer Name sollte es sein, so nah wollt ich schoin dranbleiben und Alva wirkte sofort richtig auf mich.

Man könnte den Vergleich wagen, dass Friedrichards Einsatzgeschichte das glatte Schälchen - in der wortwörtlich kein Punkt die Geschichte zergliedert - und deine Variante die mit Narben durchspickte Form ist.
hehe, das ist ein schönes Bild

Da stellt sich mir die Frage: Ab wann wird Fürsorge zur Qual? Kann Liebe bzw. Zuneigung nerven, gar schaden. Ich denke: Durchaus.
ich halte das für eine wichtige Frage und gehe da eindeutig mit dir. Stichwort Hubschraubereltern etc.
Linst man von außen auf die Szene lässt sich darin eine liebevolle, besorgte Frau erkennen und wenn sie tatsächlich ihr altes Herrchen liebt, wäre sie dann nicht das (nicht nur kriminaltechnische)Opfer?
finde ich gut, dass du das auch so sehen kannst, denn ich wollte das eigentlich gar nicht nur einseitig zeigen. Berg hat das sehr schön beleuchtet, finde ich.

Witzig und fast schon bitterböse, wenn man bedenkt, worauf er am Ende landet.
sehr schön, wenn es funktioniert. Hatte ich anfangs viel zu sehr aufgeblasen und es dann weggekürzt.

Das, lieber weltenläufer, ist der schönste Satz in deiner Erzählung!
*freu* so ein Satz, der funktioniert oder alles versauen kann.

Und ich weiß nicht, inwiefern das höhnische Grinsen deine Geschichte abschwächt, weil es ja etwas Böses in Alvas Unterbewusstsein kritzelt, das ich zuvor so nicht gesehen habe.
naja, ob er sich das einbildet, sei ja dahingestellt ;)

Vielen, vielen Dank für deinen Kommentar, hat mich sehr gefreut

ernst offshore
schön, wenn es auch beim nochmaligen Lesen so gut funktioniert. Danke auch für deine Textstellen. Gerade dieses flöten und blöken und so, das sind ja immer heikle Einstreuer, die schnell alles zerdeppern können. Klasse, wenn die Dosierung ihren gewünschten Effekt erzielt

Vielleicht solltest du das Stichwort Sonstiges über der Geschichte durch Horror ersetzen
hehe. Einen grausameren Tag als Alltag gibbet doch gar net :D

machte mir wieder einmal den Reiz der Copywrite-Idee deutlich.
das war diesmal auf jeden Fall eine ganz besondere Erfahrung

sondern auch auf einen anderen literarischen Säulenheiligen.
meinen wir den mit dem Handtuch?

Vielen Dank für deine nochmalige Rückmeldung, ernst.

Danke auch an rehla und zigga. Mir dreht sich wieder alles vor Augen, ich antworte euch später

grüßlichst
weltenläufer

 

so, nun fühl ich mich it genug die letzten Kommentare zu beantworten
rehla,


dieses Copywrite-Spiel ist ja total spannend, was dabei Verschiedenes rauskommt, unglaublich.
jeder ist eingeladen, kannst dich die nächste Runde gerne auf die Liste setzen lassen. :)
Mir persönlich hilf so eine deadline immer, wenn ich mal wieder in ein Schreib-tief gerutscht bin

Ich war mitten im Text kurz davor, meine Haare zu raufen und Alva ein "Jetzt hör doch endlich auf!" zuzurufen.
mehr kann sich ein Autor von seinem Leser kaum wünschen

es steckt volle Absicht hinter ihrer naiven und subtilen Art und Weise, ihren Mann bis aufs Blut zu reizen.
mja, das kann man vll auch der abdriftenden Sichtweise des Sterbenden zuschreiben. Fassungslos genug wegen ihrer Nicht-Reaktion wollte ich ihn zumindest schon hinbekommen. Aber wenn es auch anders herum funktioniert, mir soll es recht sein :D

Gut gemacht, ich hab's gern gelesen.
danke für deinen Kommentar:)
zigga
Danke für deinen wohlwollenden Kommentar.
Ja, diesen versteckten Hass auf den anderen, den hast du super eingefangen, alles nervt, selbst wenn der andere kaut.
da habe ich mich zu Beginn der Geschichte auch ganz schön reingesteigert. Die meisten Sachen sind wieder rausgeflogen. Weniger ist mehr.

das man aber äußerlich nicht wirklich warhnehmen kann.
ich finde es gerade reizvoll, weil es nicht klar ist, ob denn eine sichtbare Reaktion erfolgt.

Sehr witzig, absurd, und super geschrieben, ich hab das wirklich sehr gerne gelesen.
ich danke dir fürs Lesen und deine Zeit

grüßlichst
weltenläufer

 

Lieber weltenläufer,

ich fand deine Geschichte köstlich und habe mit dem Herzkranken mitgefiebert. Ich dachte irgendwann nur noch: Jetzt hau doch endlich mal auf den Tisch, dass alles scheppert oder schrei ihr ins Gesicht: Ich kann dich nicht mehr sehen oder so etwas in der Art.

Ich mag jetzt einzelne Sätze, die mich zum Grinsen (und Mitleiden) gebracht haben, nicht einzeln aufzählen, es gibt da einige davon. Ich dachte auch sofort an Loriot, du reichst ihm hier das Wasser.

Ich kann gar nicht viel mehr schreiben, sorry, außer dass mir der Text sehr gut gefallen hat. Den Vergleich mit deinem Original kann ich leider nicht anstellen, da ich Friedels Geschichten grundsätzlich nicht lese.

Liebe Grüße
bernadette

 

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