Mitglied
- Beitritt
- 05.03.2015
- Beiträge
- 48
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 10
Aller guten Dinge sind drei
Aller guten Dinge sind drei
„Die Dame zuerst“, sagte ich an der Bar und deutete auf das Mädchen neben mir. Der Kellner grinste und wendete sich ihr zu.
„Was darf’s sein?“
„Vodka-Energy.“
Ich kramte in meiner Jeanstasche nach sechs Euro für meinen Mojito.
„Müssten mehr Männer solche Gentlemen sein“, meinte die Unbekannte schließlich.
Ich lächelte freundlich, auch wenn mir die klischeehafte Aussage seltsam vorkam.
„Danke.“
„Im Ernst, ich find‘ das wirklich gut. Türen aufhalten, Jacke ausziehen und das alles, die meisten Typen machen das nicht mehr.“ Mit großen Augen sah sie mich an.
„Weißt du, die meisten Mädchen schätzen solche Manieren auch gar nicht. Daher kann ich den Kerlen gar keinen so großen Vorwurf machen.“
Sie schmunzelte. „Ich glaub‘ schon, dass Frauen sowas toll finden, wir sind’s nur nicht mehr gewohnt.“
„Möglich“, antwortete ich.
Der Kellner stellte ihr ein Glas mit Eis und Vodka, zur Hälfte aufgefüllt, und eine Dose Energy hin. „Was bekommst du?“, fragte er.
„Mojito.“
Ich schob ihm das Geld hin und er nickte kurz.
„Ich bin übrigens Nick.“ Ich reichte ihr die Hand.
„Sally“, stellte sie sich mit einem kleinen Knicks vor. Ich schmunzelte.
„Und, Nick, bist du zum Tanzen hier, oder zum Mädels aufreißen an der Bar?“
„Erst das eine, dann das andere.“ Ich grinste herausfordernd.
„Na dann stellt sich ja nur noch die Frage, ob du ein guter Tänzer bist?“
Langsam schob sie sich eine blonde Strähne hinters Ohr und setzte ein freches Lächeln auf. Hinter mir schob sich ein Typ vorbei.
„Nicht wenn ich nüchtern bin, nein“, scherzte ich. Der Kellner stellte meinen Mojito auf den Tresen.
„Dann müssen wir das ändern, Nick.“ Sie trat einen Schritt an mich heran. „Cheers!“
Ich stieß mit ihr an und nahm einen Schluck. Schmeckte beschissen, aber immerhin mit viel Rum. Und ein hübsches Mädel, das ein wenig flirten wollte – ich hatte schon schlechtere Tage.
„Bist du alleine hier, Sally?“
Sie spielte mit ihren Haaren.
„Eine Freundin von mir ist da.“ Mit einer Handbewegung lenkte sie meinen Blick in Richtung eines wild knutschenden Pärchens. „Aber wie du siehst, ist sie beschäftigt.“
Ich schmunzelte. Wieder schob sich jemand hinter mir vorbei. Andere hätten jetzt vielleicht einen passenden Spruch geäußert, ich war aber nicht der Typ dafür. Ich machte den Kellner auf mich aufmerksam. „Zwei doppelte Vodka.“
„Willst du mich abfüllen?“, fragte sie mit gespielter Empörung.
„Erstmal will ich mich abfüllen, dann können wir tanzen gehen.“
Ich schob ihr einen der Schnäpse hin. Wir stießen an.
„Also, Tanzfläche?“, meinte ich, als wir die leeren Schnapsgläser abgesetzt hatten. Sie nickte und hielt sich an meinem Arm fest, damit wir nicht getrennt würden, während wir uns durch die Menge drängten. Der Bass brachte die Luft zum Vibrieren und eine Ladung Nebel wurde in den Raum gestoßen.
Die Musik war auf der Tanzfläche deutlich lauter, sodass sie ihren Kopf an mein Ohr bewegen musste. „Du siehst nicht aus wie einer, der auf Reggae und Hip Hop steht“, sagte sie.
Ich zupfte am Kragen meines Sportsakkos. „Deswegen, oder wie?“
„Ja“, antwortete Sally grinsend und legte eine Hand auf meine Schulter. Süß war sie schon, mit ihrer Stupsnase und dem Hello-Kitty-Charm an ihrem Armband. Wir bewegten uns zum Takt der Musik. Ich stupste das Charm an.
„Was sagt mir das dann über deinen Musikgeschmack?“
Sie grinste. „Genauso viel, wie dein Jackett über deinen!“
Der DJ hatte den Übergang verhunzt. Sally und ich grinsten uns kopfschüttelnd an, als der Bass mit einem Mal dreifach so schnell pulsierte, wie im Lied zuvor.
„Hab‘ dich noch nie gesehen und die Stadt ist klein – kommst du von hier?“, fragte ich und trat ein kleines Stück näher an sie heran.
„Eigentlich nicht.“ Sie nahm einen Schluck von ihrem Drink. „Ich komm‘ aus Berlin. Aber ich studiere bald hier.“
„Und wie gefällt’s dir?“
„Die Stadt ist schön. Aber die Clubs sind klein.“
Jemand rempelte mich an. Ich stolperte nach vorne und verschüttete die Hälfte meines Mojito über Sallys linken Arm. „Scheiße, Sorry“, murmelte ich, sie wischte sich das Getränk an ihrer Jeans ab.
„Kein Ding. Dreh dich mal um.“
Irritiert sah ich hinter mich. Eine breite Männerbrust baute sich vor meiner Nase auf. Ich hob den Kopf, um dem Kerl in die Augen zu schauen.
„Lass das Mädel lieber in Ruhe“, brummte der Typ dicht vor meinem Gesicht.
„Wüsste nicht wieso“, antwortete ich und drehte mich wieder zu Sally. Ihr Blick wechselte verunsichert zwischen dem Unbekannten und mir. Eine Hand an meiner Schulter riss mich herum.
„Ich finde, du solltest sie in Ruhe lassen“, grummelte er und beugte sich herunter, so dass sein Gesicht direkt vor meinem war. Er hatte sich heute nicht die Zähne geputzt.
„Dein Ex?“, rief ich Sally zu, die einen Schritt zurückgetreten war. Sie schüttelte den Kopf. „Dann frag ich nochmal – wieso sollte ich sie in Ruhe lassen?“
Ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht. „Ganz einfach, sie gefällt mir.“
Wie ich solche Typen hasste. „Und trotzdem stehe ich hier mit ihr, nicht du“, schoss ich zurück. Dadurch hatte ich es wohl nicht besser gemacht.
Eine Ader trat an seiner Stirn hervor. Sally bemerkte, dass die Situation kurz vor dem Eskalieren war. Sie griff nach meinem Arm und zog mich weiter. „Eine rauchen“, meinte sie nur. Ich drehte mich nicht um, um Mister Platzhirsch nicht weiter zu provozieren. Das hier war wohl die einzige Möglichkeit, heil aus der Situation rauszukommen. Ein Hoch auf die weibliche Intuition.
Vor dem Ausgang mussten wir unsere Getränke abstellen. Da mein Drink sowieso fast leer war, trank ich den Rest in einem Zug. Drei Euro Mojito auf dem Boden der Tanzfläche. Ja, das ärgerte mich schon ein bisschen.
„Du rauchst schon, oder?“, fragte Sally mich, als sie eine Zigarette aus der Packung zog. Ich nickte. Sie bot mir eine an.
„Danke.“
„Ohje“, murmelte sie und zog mich langsam vor sich, sodass mein Blick in Richtung Eingang fiel. Platzhirsch und einer seiner Kumpels waren nach draußen gekommen. Ich hielt Ausschau nach Türsteher oder Polizei. Keine da. Klar, wenn man sie mal brauchte, waren sie nicht hier.
Der Unbekannte erblickte mich schnell und bedeutete seinem Schoßhund, mitzukommen. Sally schob er ohne große Mühe aus dem Weg.
„Behandelst du so eine Frau?“, protestierte ich. Ich spürte die Wirkung des Adrenalins in meinem Körper. Mein Herzschlag nahm zu, meine Stirn wurde heiß. Meine Finger zitterten.
Er grinste nur dämlich. „Wirst sehen, wie ich dich gleich behandle“, brummte er und kam einen Schritt näher. Sein Kumpel positionierte sich neben mir. Jetzt oder nie.
Platzhirsch sah meinen Schlag nicht kommen. Ein Uppercut zwischen seine Beine. So kräftig ich konnte. Er keuchte sofort, krümmte sich. Ja, beim zwei gegen einen kämpfte man eben dreckig. Vor allem, wenn der Gegner doppelt so breit war, wie man selbst. Und in die Eier schlug man immer von unten nach oben, die goldene Regel. Das machte einen menschlichen Rüden definitiv kampfunfähig.
Der zweite Schlag galt seinem Kumpel. Er war ein bisschen kleiner als Platzhirsch, aber ebenso aufgeplustert. Meine Faust donnerte gegen sein Kinn, ein Volltreffer. Wie ein Baum stürzte er, erst langsam, dann schneller. Sally schrak auf, ich wusste nicht wieso. Irritiert schaute ich zu ihr rüber.
Den dritten, den sah ich nicht kommen.