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Ein anspruchsloser Nachmittag

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04.05.2015
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Ein anspruchsloser Nachmittag

`Ein anspruchsloser Nachmittag`

Wieder schaute ich auf die Uhr. Zum hundertsten mal? Zehn vor drei. Zu 15 Uhr hatte Josephina mich zu diesem Hotel bestellt. Unsere erste Zusammenkunft. Ich wollte nicht zu früh, schon gar nicht zu spät kommen. Noch eine Zigarette? Nein, bloß kein Qualmgeruch. Unser erstes Treffen, die Hände etwas naß, aber ruhig. Dafür zitterte ich inwendig wie Espenlaub. Noch mal die Straße rauf und runter? Lieber rein und noch ein paar Minuten vor der Tür warten. Die Lobby war voll…zum Glück, ich wollte bloß nicht angesprochen werden. Rasch durch zum Treppenhaus….der Lift ist nur für sie. Zimmer 401. Also vierter Stock. Oben angekommen schnaufe ich….zu schnell bin ich die Treppe rauf. Noch fünf Minuten, genug um wieder ruhig zu atmen. Im Flur ein deckenhoher Spiegel, ein Blick hinein. Über meine schmächtige Statur hatte sie sich amüsiert. “Wohl ein unpassables Foto” hatte sie gehöhnt. Die Hanteln hatten in den letzten Monaten die Arme etwas aufgepumpt, an der Gesamtstatur vermochten sie nichts zu tun. Naja, soll wo` gehn - bist ja nicht auf`m Schönheitswettbewerb. Obwohl….schön wärs. Die folgende Musterung würde ungleich intensiver. Ich will ein gutes Bild abgeben. Sei einfach Du selbst, mach ihr nichts vor….sie merkt eh, wenn ich mich verstelle, wenn ich mich wissend und hartgesotten gebe. Die Atmung ist wieder ruhig, dafür rast jetzt die Zeit. Drei Minuten noch. Noch drei Minuten, dann seh ich die Frau….die Dame, die mir, seit ich sie kenne, eine mentale Dauererektion bereitet, die mich so gefangen hat…der ich hoffe, nur irgendwie genügen zu können.
Reiß Dich zusammen, Viktor. Mach kein Fiasko draus, Mercutio. Und bau nicht auf Greta, sie wird nicht anwesend sein…..dachte ich, als ich mich vor 401 wiederfand. Ihre Erfahrung ist mein Glück, meine Unerfahrenheit mein Handicap. Ist jetzt auch egal. Wir wollen unseren Weg gehen, nicht den aus Film und Buch…und Schablone.
15 Uhr - Ich klopfe an. Sie wird mich wohl warten lassen…
Zeig Dich beflissen und vor Allem anspruchslos, zu oft warf sie Dir Selbstsucht vor. Und tu` was Dir gesagt wird, Mercutio. Dein ständiges Zögern und Zaudern bisher,…es zeugt nicht von Individualismus oder charmanter Naivität, es war schlicht respektlos.
Josephina hat sich die aufwendigsten Mühen mit dir gemacht…und gibt dir nun die Gelegenheit, dich zu beweisen. Zeig Dich endlich als das, was Du bist. Ihr Diener, Dienerseele, dienstbarer Geist.
Ein Diener, der seine Dame mehr braucht als umgekehrt. Paradox. Zeig Dich endlich als brauchbar.
Verdammt, kein Geräusch. Soll ich noch mal klopfen? Bloß nicht. Aber wenn sie mich nicht gehört hat? Ich warte noch eine Minute. Ach, wüsste sie nur, wie besonders sie mir ist - ich konnte es ihr bisher nicht recht vermitteln.
Ach ja - das Geschenk. Hastig nestelte ich an meiner Tasche rum. Es war eine Kleinigkeit aus der Confiserie. Ziemlich einfallslos. Daran mit einem Bändchen befestigt und zusammengerollt - eine kleine Miniaturzeichnung. Nofretete….mit Tusche in ein paar Strichen stilisiert. Der zehnte Versuch war halbwegs annehmbar. Gerne hätte ich ihr etwas Exklusives mitgebracht. Aber sie mag nicht, wenn ich prahlerisch daherkomme. Wenn ich nur…
Da - ein Geräusch - binnen zwei Sekunden wurde mein Mund trocken. Die Tür öffnete sich….da stand sie vor mir, meine Fantasie und meine Realität. Groß, aber nicht Überlebensgroß. Unsere Augen trafen sich für eine ewige Sekunde, dann hörte ich ihre Stimme: “Blick zu Boden!” Ich folgte augenblicklich, senkte meinen Kopf. Übermächtig, mein Wunsch zu Boden zu sinken….
Sie sah noch aufregender aus, als ich es eh schon befürchtet hatte. Ein klarer Blick, kein Lächeln…. Nun sah ich direkt auf ihre Füße. Da waren sie, die Schuhe aus Spitze, die sie damals bestellt hatte. Bein und Fuß von schwarzem Nylon umhüllt.
Oh mein Gott, sie ist so gut zu mir…dachte ich. Hatte befürchtet, dass die Nervosität mir einen Strich durch die Rechnung machen würde, aber mein Blut fand seinen Weg….würde sie es bemerken? - Stille - Sie musterte mich, ich spürte ihren Blick auf mir. Ich würde gerne ihren Gesichtsausdruck sehen….ich sehe das Teppichmuster. Dezente Kringel. Hotel. Was sollte ich tun? Ich hörte mich sagen: Mistress, es ist mir eine Ehre…. “Still !” unterbrach sie mich. Wieder Stille. Dann…. ihre Stimme nun sanfter: “Du hast ein Präsent für mich?” Mein Blick fiel auf mein albernes Geschenkbündel…streckte linkisch meine Hand aus. Sie nahm es mir ab, wog es kurz in ihrer Hand….und stellte es auf die Kommode neben uns. “Schön Dich zu sehen, Mercutio. Ich bin nicht enttäuscht und nicht begeistert……..Nun, Du batest um Audienz - glaubst Du mir denn heute nützlich und unterhaltsam sein zu können? Ich bin viel beschäftigt. Hast Du Dir etwas ausgedacht, meine Langeweile zu vertreiben?”
Ein dümmliches Ääh entfuhr mir. “Ich…äh…ich möchte Ihnen….ich will…” - “Das habe ich mir schon gedacht,…mein Lieber.” schnitt sie mich ab. `Mein Lieber`…wie das klang?! Höhnischer und abwertender als all die “Du-Wurm Du-Made Du-Dreckstück-Phrasen” der Darstellerinnen….denen es nicht an verächtlichen Grimassen fehlt, nur an wirklich elitärer Erhabenheit. Ich wollte in dem Moment gerne ihre Hand küssen, mit meiner Stirn den Boden vor ihren Füßen berühren, das Teppichmuster aus nächster Nähe sehen. Doch ich stand stocksteif….kein Satz formte sich in meinem Kopf. - “Folge mir!”….sie fasste mich am Arm und führte mich durch den Raum….bis in eine Zimmerecke. Sie drückte mich tiefer in die Ecke, nur wenige Zentimeter zwischen meinen Schultern und den beiden Wänden. Teppich und Rauhfaser - beige. Ich hörte ein Rascheln, dann spürte ich, wie sie mir von hinten einen Stoff über die Augen legte. Ihre Hände waren zart…bis sie den Knoten mit einem Ruck an meinem Hinterkopf zuzog. Es drückte schmerzlich auf die Augen, mir entwich ein “Ouuh”. Ich spürte Josephinas Knie hochfahren, gegen meinen Oberschenkel: “Sschhhh…” als nächstes drängte sich ein anderer Stoff zwischen meine Lippen…in meinen Mund. Ein Knebel legte sich davor, wurde in meinem Nacken zugezogen. “Deine Hände binde ich nicht, verschränk sie hinter Deinem Rücken und lass sie dort.” Minuten vergingen……Dann schob sie sich von hinten an mich heran, legte Ihre Wange an mein Ohr. Sie strich mit ihrer Hand an meiner Brust herunter, den Bauch herunter…und wieder hienauf. Ich spürte Ihren ruhigen Atem….ihre Souveränität. Ihre Hand stoppte auf meiner Schulter, …ruhte dort …warm und seltsam leicht. Sie flüsterte….leise und eindringlich…ich spürte ihre zarte Haut an meinem Gesicht, sie war ganz nah: “Ich habe noch in der Stadt zu tun. Du bleibst hier stehen und überlegst, was Du von diesem Nachmittag erwartest….was Du von mir erwartest?! Bei meiner Rückkehr berichtest Du! Du bist ja immer sehr anspruchsvoll….es wird wohl nur so aus Dir heraussprudeln….” Sie sprach so beängstigend sanft, jeden Moment erwartete ich den Bruch. Doch sie drückte sich von mir weg und stülpte mir noch eine Art Kapuze über, die Geräusche wurden dumpf und fern. Ihre Schritte entfernten sich, laut flog die Tür in den Rahmen. Ihr Parfum lag noch in der Luft. Nicht schwer…..aber schwer genug.

Nun stand ich dort….wie ein Schuljunge in der Ecke. Mit geraubten Sinnen. Wie lange schon? Mein Speichel rann mir am Kinn runter, der zur Öffnung gezwungene Kiefer schmerzte….wie meine Augen. Weit entfernt vom erträumten, anregenden Schmerz. Was ich erwarte von unserem Treffen, soll ich sagen….`Ich möchte das, was Ihnen Freude bereitet` mochte ich ihr gerne sagen. Das war die Wahrheit….nur gelang es mir nie, es ihr glaubhaft zu machen. Natürlich habe ich Wünsche, habe sie immer verbergen wollen. Wollte kein `Wunschzettel-Typ" sein. Was ich erwarte? Eine gemeine Frage…..wirft sie mir doch immer gemächlich-passive Erwartungshaltung vor. Mit einem “…das, was Sie wünschen” wird sie sich nicht zufrieden geben. Verdammt, mein Bein schläft ein. Draussen -leise- der Feierabendverkehr. Ja was?, tausend Sachen könnte ich mir vorstellen. Undenkbares gibt es für mich nicht…nicht mit ihr. Undenkbar, dass ich ihr etwas verweigern würde. Zu tief empfinde ich meine Unterwerfung unter Ihre Aura. Könnte ich alles ertragen? Sie hat arge Zweifel, und ich nur Vorsatz und Feuereifer. - Jetzt könnte sie bald wiederkommen, ich möchte ihr gerne sagen, dass ich für sie leiden möchte. Ich möchte ihr sagen, dass ich ihr loyal dienen möchte…zukünftig ohne wenn und aber. Zukünftig….heißt dauerhaft….heißt lebenslänglich. Und nur nach ihrer Manier.
Ich verlagerte mittlerweile mein Gewicht minütlich von einem Bein zum anderen. Alles war dunkel, jeder Atemzug eine Anstrengung, was nicht von dem Stoff in meinem Mund aufgesogen wurde, rann mir mittlerweile in Strömen am Hals runter. Wie würde ich ihr unter die Augen treten. Mit rotem Kopf und benetzt mit Spucke.
Natürlich habe ich meine Favoriten, aber die kennt sie doch schon. Ich würde gerne hingebungsvoll und lange ihre Füße verwöhnen. Fetisch - dieses langsame, ritualisierte Anbeten, diese zeitvergessene Hinwendung. Pfff…, sagte sie nicht mal dass ihr das nicht viel brächte? Wo bleibt sie denn nur? Ob ich wenigstens mal die Arme ausschüttel. Nein, die Arme bleiben verschränkt - wahrer Gehorsam zeigt sich nur in Abwesenheit von Kontrolle und möglicher Strafe. Ob sie wohl ihr ominöses Köfferchen dabei hat? Was wird da drin sein? Ach ich kenn das ganze Zeug. Doch wäre Josephina nicht Josephina, würde sie nicht manches zweckentfremdet anwenden oder Exotisches hervorzaubern. Aber ist ihr überhaupt danach, mich körperlich zu quälen? Ich werde ihr sagen, dass `auspeitschen` ein schönes Wort ist - aus Frauenmund.
Sie kommt und kommt nicht, kriege langsam Probleme mit dem Gleichgewicht, schwanke ja, wie ein Mast im Wind. Vielleicht lässt sie meinen Körper auch in Ruhe….will in meinen Geist dringen….ein Verhör? Sie ist so klug und kennt mich….mit Leichtigkeit könnte sie meine Psyche auseinandernehmen…auf meinem Seelchen rumtrampeln. Ich fürchte es….und würde ihr dennoch meine empfindlichsten Stellen präsentieren. Kein Peitschenschlag ist so hart, wie eine gezielte Demütigung. Wird sie meine Grenzen spüren? Achten? Mensch, Mercutio…warum kamst Du her? Wolltest Du nicht ihren Fuß auf Deiner Brust, ihr Messer an Deinem Hals? Ja, das wollte ich. Das will ich noch immer….sie erheitern und bedienen…..käme sie nur bald - wie spät mag es sein? ….Warum bin ich noch her gekommen, was soll ich sagen, was ich erwarte? Erwarte - dieses doofe Wort. Ich würde gerne ihre Lust entfachen und befrieden. Ich würde sie gerne lange streicheln und massieren, nach ihren Weisungen, zu ihrer Wonne. Kann ich das gleich sagen? Mistress, ich wünschte mir ganz profan, sie säßen rittlings auf meinem Gesicht, meine Zunge führe durch ihr sensibles Naß und ihre Fingernägel über meine geschundene Brust….? Einen kläglichen Mangel an Fantasie wird sie mir bescheinigen, mir meine Plumpheit vorwerfen. Nein, all das kann ich ihr gleich nicht sagen. Sie liebt die dezente Geste, das Detail…..das Schemenhafte, die Aufmerksamkeit für Symbolik…….kein Platz für meine platte Gier. Was soll ich ihr nur gleich sagen? Wenn sie wiederkommt? Ich kann nicht mehr stehen. Ich werde ihr sagen, dass ich dankbar bin, hier in der Ecke stehen zu dürfen…..Gerade jetzt nicht, läge lieber wie in Watte gepackt unter ihren zarten Sohlen. Verdammt, sie könnte jetzt nach Lust und Laune meine Hoden foltern, entließe sie mich nur aus dieser Position……hundert Wassereimer schleppte ich für sie, dürfte ich nur diese Stellung verlassen,…wo vergnügt sie sich, während ich hier durch den nassen Stoff atme?…. gleich geht die Tür auf…nach Stunden…und ich habe keine Antwort. Kann ich ihr Parfum noch ausmachen? Ja, ganz leicht ist es noch da….

So irrten in dieser Stunde meine Gedanken umher, mein ganzer Körper schmerzte…..war gleichzeitig taub. Lange durfte sie nicht mehr fern bleiben…..sonst müsste ich mein` Gehorsam brechen. Wie sehnte ich ihren Mund an mein Ohr: “Rühr dich…”. Mir wurde schwindelig und die Knie sackten ein. Was würde ich Josephina sagen…..mit welchen Wünschen und Ansprüchen ich in dieses Treffen gekommen war. In meine tränenden Augen schlich sich eine emotionale Träne: “Ich erwarte nichts, ich habe keine Ansprüche, ich bin Ihnen dankbar….bitte entlassen Sie mich aus dieser Ecke.”

Mein Zeitgefühl war dahin, aber es mussten Stunden vergangen sein……als ich plötzlich die Tür hörte. Meine Muskeln spannten sich, meine Lunge zog Luft. Ich hörte ein Räuspern…..aber das war nicht Josephina. “Herr Kammer….?” hörte ich eine fremde Frauenstimme - ich fuhr herum, stürzte bald. Ich riss noch ungelenk all das Tuch von meinem Kopf, als die Stimme weitersprach: “Unser Gast…also die Mieterin hier….sie rief mich an und bat mich hier hochzukommen. Ich….äh…soll Ihnen was ausrichten von der Dame.” Endlich hatte ich mich befreit, atmete durch, schüttelte meinen verquollenen Kopf…..und sah in die entgeisterten Augen einer Angestellten. Ich glotzte mit offenem Mund zurück. “Ja,…äh…sie lässt ausrichten….ähem…Sie dürfen nun gehen. —- Sie hinterließ noch etwas….das soll ich Ihnen geben.” Sie stellte ein kleines Schächtelchen auf die Kommode….neben mein armseliges Geschenk….drehte sich auf den Hacken und verschwand eiligst. Ich taumelte ins Bad, schlug mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht. Wie betäubt verließ ich den Raum, steckte die kleine Schachtel in meine Tasche. Ich brauchte etwas länger für die vier Stockwerke….ging dann aber sehr aufgeräumt, fast gelassen….auf jeden Fall langsam durch das Foyer. Draußen vor der Tür, genoss ich die Kühle, kramte nach einer Zigarette……es dämmerte in der fremden Stadt. Ich holte das Kästchen hervor. Es war klein. Ein Strumpf? Ein Piercing-Ring? Eine Haarlocke? Ich hob den Deckel an….und fand einen Zettel: “Mein lieber Mercutio, fahr nun nach Hause. Auf der Fahrt hast Du erneut Gelegenheit über Deine Erwartungen und Deine Anspruchshaltung nachzudenken. Wenn Du eine Spur Selbstlosigkeit in Dir entdeckst, darfst Du mir wieder schreiben. Es war schön, Dich getroffen zu haben. J. ”

`Getroffen zu haben….` –Getroffen– meine Beine trugen mich zum Bahnhof.

 
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Hallo und herzlich Willkommen hier, Mercutio,

ich möchte erst einmal gar nicht auf deinen Inhalt eingehen, sondern dir als allererstes ans Herz legen, die vielen Auslassungszeichen zu entfernen. Nicht nur einige, sondern alle. Das ist so (jedenfalls für mich) nicht lesbar, sorry.

Viele Grüße
bernadette

edit:

Um weiteren Kritikern die Mühe zu ersparen, hier Zeit zu investieren, zitiere ich kurz einen Teil des Beitrags von Mercutio, den er wieder gelöscht hat:

... Ehrlich gesagt habe ich gar keine "schriftstellerischen" Ambitionen ...

:hmm:

 

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