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Edoardo & Luca -Die heiligen Barbaren

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20.05.2015
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Edoardo & Luca -Die heiligen Barbaren

Ich war mal wieder in Italien, in der feurigen Seele Europas, trampte die Serpentinen der seidigen Hügellandschaft hinauf und wieder hinunter, schlief mit meinem Zelt im Schutz der Olivenhaine, saß nachts wie ein einsamer, glücklicher Hobo, gepeinigt von Insekten, unter dem wundersamen toskanischen Himmel des Lebens und erfreute mich am Tage, an den schönsten Frauen der Welt (Ciao Bella).
An einem heißen Tag, zu heiß um zu laufen, wollte ich von Poggibonsi Richtung Meer (Cecina) trampen. Es waren in etwa so um die 70 Kilometer und ich dachte, ich schaffe das an einem Tag (Aber egal welche Pläne man sich macht, während man unterwegs ist, sie werden immer wieder über den Haufen geworfen, gerade als Tramper geht es doch viel mehr darum einfach unterwegs zu sein, als irgendwohin unterwegs zu sein)
Ich stand fast 2 Stunden an einer Schnellstraße und hielt den Daumen raus, manche Autofahrer winkten mir zwar zu, aber niemand hielt an (Nun gut, ich sah aus wie ein verrückter Penner; strubbelige Haare, kaputte Hose und gerochen habe ich bestimmt auch nicht gut.)
Irgendwann hielt ein VW-Bus an (keiner der schönen alten, mit Blumen und Surfbretter auf dem Dach, sondern ein verrosteter, klappriger Haufen Schrott). Ich lief mit meinem schweren Rucksack dem Wagen hinterher, zog die Schiebetür auf und sprang rein, ich war noch nicht mal ganz drin und hatte die Tür geschlossen, da brausten wir schon los, mit quietschenden Reifen und der Ferne im Blick ... Auf Gehts, Stillstand heißt Tod.
Die zwei Typen, die Vorne nebeneinander saßen waren wunderbar, sie fuhren in Schlangenlinien über die engen Straßen, rauchten Bong und lachten. Edoardo und Luca waren ihre Namen und sie sahen aus, wie die kaputtesten, schönsten und wildesten Typen, die ich jemals gesehen habe. Edoardo hatte lange braune Locken, wilde Augen und ein Lachen das dich mitreißt.
Luca war sanfter, fein und zierlich und doch trug er den Wahnsinn in den Augen, den ich bei so vielen Menschen vermisst hatte und auch wenn wir einige Verständigungsprobleme hatten (Was vielleicht auch an der lauten Musik lag), verstanden wir uns auf Anhieb.
Sie waren auf dem Weg nach Volterra, um mit ein paar Freunden Musik zu machen( ihre Band hieß Quarteto Canoa) und fragten mich, ob ich sie begleiten wolle – (Warum nicht?)
Ich erzählte ihnen, dass ich ein junger Schriftsteller sei und ein paar Monate durch Italien trampe, um zu sehen, was hier so los ist und um mein Buch, dass ich so viele Monate vor mich hergeschoben habe, endlich fertig zu stellen.
Edoardo, der wie ein wahnsinniger fuhr, reichte mir den Bong nach hinten, ich zog und zog und zog, während das Blubbern des Wassers meine Sorgen übertönte und der Rauch wie ein Nebelschleier vor den dreckigen Fenstern schwebte.
Nach etwa einer Stunde erreichten wir den Bergrücken, auf dem Volterra, die alte etruskische Schönheit über das karge, zerfurchte Tal der Cecina (Val di Cecina) wacht.
Der Wagen kämpfte sich mit letzter Kraft den steilen Anstieg hinauf, ich schaute verträumt in die Ferne, sah das alabastische Tor der Stadt näherkommen, blickte zu Edoardo und Luca, die mich anlächelten und sagten: "Wir sind da, jetzt geht die Feier los."
Wir parkten das Auto, die beiden nahmen ihre Instrumente aus dem Kofferraum, schlossen ab und ich folgte ihnen durch die engen Gassen im Himmel der Welt; verzaubert, verträumt, schwebend in einem Schleier aus Marihuana und Schönheit.
Es war 19.00 Uhr und die Sonne brannte noch unermüdlich auf unsere müden, heiteren Körper hinab, dann blieben wir vor einem kleinen Haus stehen. Von drinnen hörte man Gelächter und Musik und Edoardo rief nach oben, als würde er zu Gott selbst sprechen: "Hey ihr faulen Schweine, tanzt da oben in eurem kleinen Häuschen und sauft uns den ganzen Wein weg."
Aus dem Fenster beugte sich ein junger Mann, der so besoffen war, dass er fast hinausfiel, sich aber noch gerade halten konnte und uns zu rief: "Ciao amici, schön das ihr endlich da seid."
Er stand oben am Fenster, mit geöffneten Armen wie ein betrunkener Papst, wir verneigten uns vor der versoffenen Heiligkeit und traten ein ...
Das Haus war klein, überfüllt, mit einer steilen Treppe und überall standen, saßen, lagen, küssten, kifften, lachten die Leute in der heiteren Schönheit Italiens.
Edoardo und Luca, stellen mich vor: "Den haben wir auf der Straße gefunden /junger Schriftsteller/trampen" und dann irgendwas auf Italienisch.
Sie sagten mir, dass ich ruhig Duschen gehen könne, aber eine Tür hatten sie nicht für das Badezimmer, aber das störte mich nicht weiter, denn ich war es gewohnt aus den dreckigen Künstler WG´s in denen ich mein bisheriges Leben verbracht hatte.
Ich duschte, und ab und zu kam ein Mann oder eine Frau rein, setzte sich auf den Klo und begrüßte mich und meinen nackten Körper mit einem lächelten "Ciao"
Als ich frisch geduscht, mit frischen Klamotten (So frisch, wie Klamotten aus einem Rucksack nun mal sein können) zurück in die feiernde Meute trat, fingen Edoardo, Luca und die anderen Bandmitglieder an zu spielen; was war das für eine wundersame Musik, so etwas hatte ich zuvor noch nie gehört, irgendwo zwischen Jazz, Blues und Elektro und die Leute fingen an zu tanzen und sie tanzten und tanzten und schwitzen und ich bildete mir ein, dass das Haus vor Erregung bebte ...
Die Feier ging fast die ganze Nacht und wenn ich Feier sage, dann meine ich auch Feier. Die ganze Nacht wurde getanzt, getrunken und gekifft und am Morgen, lagen wir alle in einem wilden Durcheinander auf dem Boden, 20 vielleicht auch 30 Leute übereinander, nebeneinander, ineinander, benommen von der daoistischen Erkenntnis, dass das Leben jeden Augenblick vergeht und wenn du nicht jeden Augenblick feierst und dich den Freuden des Lebens hingibst, dann bist du verloren und wenn du an Morgen oder Gestern denkst, dann bist du auch verloren und wenn du dir Sorgen um dein Leben machst, um Geld und all den Quatsch, dann bist du für immer verloren.
Was war das für ein schöner Abend und hätte nur ein Auto früher angehalten und mich irgend ein langweiliger Büroangestellter mitgenommen, mir erzählt wie schön Italien und die Welt ist und dass er früher selbst getrampt sei und viel erlebt habe ... Bla bla bla, so hätte ich diese wahnsinnige Party verpasst, so hätte ich Edoardo und Luca, die heiligen Barbaren Italiens nie kennengelernt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Nun ja, NicoFeiden, für mich klingt das wie aus dem Reisetagebuch eines Zweiundzwanzigjährigen, der zu viel Kerouac gelesen hat. Was ja erst mal nichts Schlechtes ist. Oder lass es mich so sagen: Mit zweiundzwanzig darf man so schreiben. (Allerdings muss man es nicht.)
Was ich sagen will: Mir ist das zu viel Pathos und zu wenig Geschichte. Im Grunde schilderst du ja nur eine kurze Autofahrt und eine daran anschließende Party. Also nicht wirklich ein hirnwegsprengendes Geschehen.

Die ganze Nacht wurde getanzt, getrunken und gekifft und am Morgen, lagen wir alle in einem wilden Durcheinander auf dem Boden, …

Das soll offenbar der Höhepunkt der Geschichte sein. Aber, nicht bös sein, Nico, das liest sich so mitreißend wie ein Schulaufsatz. Du erzählst und zeigst mir hier ja nichts. Keine Dialoge, keine szenische Darstellung, keine Interaktion der Figuren. Das ist gerade mal eine Zusammenfassung. Die Details muss ich mir selber vorstellen.

Und stilistisch wirkt der Text auf mich auch noch nicht wirklich rund. Was vermutlich poetisch klingen soll, klingt für mein Gefühl oftmals nur pathetisch:

Ich war mal wieder in Italien, in der feurigen Seele Europas,

... unter dem wundersamen toskanischen Himmel des Lebens …

durch die engen Gassen im Himmel der Welt;

… in der heiteren Schönheit Italiens.

Was mich noch gestört hat:

und erfreute mich am Tage, [kein Komma] an den schönsten Frauen der Welt (Ciao Bella).

Diesen Einschub zwischen den Klammern finde ich, verzeih, einfach nur albern. Was soll mir der sagen? Dass der Erzähler des Italienischen mächtig ist?
Überhaupt gefällt mir persönlich die häüfige Verwendung der Klammern nicht besonders:

... wollte ich von Poggibonsi Richtung Meer (Cecina) trampen.

(Nun gut, ich sah aus wie ein verrückter Penner; strubbelige Haare, kaputte Hose und gerochen habe ich bestimmt auch nicht gut.)

... und fragten mich, ob ich sie begleiten wolle – (Warum nicht?)

... über das karge, zerfurchte Tal der Cecina (Val di Cecina) wacht.

70 Kilometer
2 Stunden
20 vielleicht auch 30 Leute übereinander
Zahlen solltest du in einem literarischen Text immer ausschreiben. (Alle. Nicht nur bis zwölf.)

mit Blumen und Surfbretter [Surfbrettern] auf dem Dach

... Auf Geht’s [geht’s], Stillstand heißt Tod.

Die zwei Typen, die Vorne [vorne] nebeneinander

und ein Lachen [Komma] das dich mitreißt.

mein Buch, dass [das] ich so viele Monate vor mich hergeschoben habe,

Edoardo, der wie ein wahnsinniger [Wahnsinniger] fuhr,

das alabastische[?] Tor der Stadt
Meinst du vielleicht alabastern?

die Sonne brannte noch unermüdlich auf unsere müden, heiteren Körper hinab [herab]

Aus dem Fenster beugte sich ein junger Mann, der so besoffen war, dass er fast hinausfiel [herausfiel]
Du musst auf die Perspektive achten. Dein Erzähler ist ja außerhalb des Hauses.

Edoardo und Luca, [kein Komma] stellen mich vor:

Sie sagten mir, dass ich ruhig Duschen [duschen] gehen könne, aber eine Tür hatten sie nicht für das Badezimmer, aber das störte mich nicht weiter, …
Besser: Sie sagten mir, dass ich ruhig duschen gehen könne. Eine Tür hatten sie nicht für das Badezimmer, aber das störte mich nicht weiter, …

… denn ich war es gewohnt aus den dreckigen Künstler WG´s [Künstler-WGs] in denen ich mein bisheriges Leben verbracht hatte.
Ich duschte, und ab und zu kam ein Mann oder eine Frau rein, setzte sich auf den [das] Klo und begrüßte mich und meinen nackten Körper mit einem lächelten [gelächelten] "Ciao"

und wenn du an Morgen oder Gestern [morgen oder gestern] denkst,

Nun ja.
Auch wenn ich selbst in meiner Jugend tausende Kilometer durch Italien getrampt bin, packen konnte mich dein Text leider nicht. Er rief zwar nostalgische Erinnerungen wach, aber als taugliche literarische Kurzgeschichte empfand ich ihn nicht. Der Protagonist erzählt vor allem von einem Lebensgefühl, altersgemäß romantisierend halt, und dieses Idealisieren von Hobos, Unterwegssein, der grenzenlosen Freiheit der Straße hat schon ein bisschen was Attitüdenhaftes. Mir fehlen Handlung, Dialoge, szenische Gestaltung, irgendwas Unvorhersehbares. Etwas im besten Fall nie Gelesenes.
Aber wie gesagt, als Zweiundzwanzigjähriger darf man so schreiben.

Willkommen hier, NicoFeiden.

offshore

 

Hallo NicoFeiden

Auch von mir noch ein Herzliches willkommen im Forum!

Du hast über deinen Text das Tag "Philosophisches" gesetzt, vermutlich wegen dieser Erkenntnis:

benommen von der daoistischen Erkenntnis, dass das Leben jeden Augenblick vergeht und wenn du nicht jeden Augenblick feierst und dich den Freuden des Lebens hingibst, dann bist du verloren und wenn du an Morgen oder Gestern denkst, dann bist du auch verloren und wenn du dir Sorgen um dein Leben machst, um Geld und all den Quatsch, dann bist du für immer verloren.

Auf mich wirkt das hingeklatscht und passt nicht in den Kontext des Textes. Wenn du solche Erkenntnisse transportieren möchtest, sollte das aus der Geschichte heraus funktionieren, ohne dass du es explizit erwähnen musst. Der Leser muss da von alleine draufkommen, wenn du es ihm sagen musst, hat es aus dem Text heraus nicht funktioniert :)

Du versuchst, hier ein Lebensgefühl rüberzubringen, was dir in Ansätzen auch gelingt. Manche Details haben mir gefallen, wie zum Beispiel die Dusche in dem "öffentlichen" WC, aber insgesamt ist es viel zu wenig. ernst hat das sehr gut zusammengefasst, wesentliche Merkmale einer Geschichte (Charaktere, Entwicklungen, Handlung) sind zu sehr im Hintergrund. Ich würde dir raten, hier einen Konflikt zu thematisieren, der vielleicht auch in der Vergangenheit des Protagonisten liegen kann. Aus einem solchen Konflikt heraus kann dann auch die oben zitierte Erkenntnis erfolgen (vielleicht läuft er ja vor etwas davon), dann kommt sie authentischer rüber und wirkt nicht so aufgezwungen.

Gestört haben mich ausserdem die vielen Klammern im Text. Habe nicht erkannt, warum du so exzessiv auf dieses Stilmittel setzt.

Grüsse,
Schwups

 

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