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Alles wegen Luna

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23.05.2015
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Alles wegen Luna

Es war alles wegen Luna. Es war nicht meine Schuld. Sie ist es gewesen. Es war Luna, sie hat mit allem angefangen. Damals, wir waren noch Kinder, sie und ich. Luna saß auf der anderen Seite, sie zwinkerte mir zu. Aus Versehen nur blinzelte ich zurück. Es war nur ein Augenblick, nur einen Augenblick zu lange. Sie sah es sofort, als sich unsere Blicke trafen. Sie erkannte es und flüsterte: Entscheide dich. Und dann gab es kein Zurück, die Zeit verging. Und im Vergehen der Zeit vergaß ich alle Pflichten.

Aber sie fing damit an, damals, als wir noch klein waren. Luna mit ihrem unschuldigen Gesicht, mit ihren langen Haaren, ihrer fesselnden Ausstrahlung. Luna mit ihren verrückten Ideen. Sie ließ mich alles andere vergessen.

Luna, die Vagabundin, die in der Nachbarschaft ihre weiten Kreise zog. Immer in kurzen Hosen, zerzaustes Haar, Stock in der Hand. Sie zog die Schuhe aus und kletterte hinauf auf die Bäume im Garten. Vom Baumhaus aus rief sie mir zu, ich solle ihr folgen. Es ist nicht gefährlich, schrie sie herab zu mir, und so schön hier oben! Ich musste ihr folgen. Luna führte mich höher und höher hinauf, bis an die Spitzen der Bäume, wo der Wind stärker weht und die Sonnenstrahlen anfangen, auf der nassen Stirn zu brennen. Dorthin, wo die dünnen Äste zittern und abzubrechen drohen. Bis dorthin führte sie mich, bis an den Punkt, von dem wir nicht mehr herunterfanden. Volltreffer, sagte sie dann. Und hart landeten wir auf dem Boden, mit blutiger Nase und aufgeschlagenen Knien.

Luna sprühte den Nachbarkater grün an und versteckte ihn in der Mülltonne. Er fauchte und schrie und jaulte dort in der Tonne, aber Luna machte den Deckel nur zu und lachte laut auf. Sie sagte: Es ist doch nur ein Kater. Dann machte sie kehrt und rannte unsere Straße entlang, schmiss während dem Laufen die Arme in den Himmel empor, wie Antennen für Chaos, Antennen für Gift und für Lügen. Luna, Meisterin der Nacht.

Sie war es. Luna versteckte die Wahrheit unter der Decke. Sie stahl mir mein Abendbrot. Und niemand glaubte mir, dass nicht ich es gegessen hatte. Hungrig ging ich schlafen. Diese waren keine guten Nächte, in denen keine Ruhe ich fand, in denen ich kurz und traumlos nur schlief. Und früh morgens wurde ich hellwach vor Hunger.

Ja, aus artiger Unterhaltung machte Luna Spott. In ihrem weißen Sonntagskleid sagte sie zu mir: Weißt du, nicht alle wilden Vögel sind im Zoo, musterte dabei höhnisch mein fein gekämmtes Haar, meinen akkuraten Scheitel, und spuckte in die Gegend. Und dann, dann hat sie mir die Vögel gezeigt! Sie fand sie, die Abenteuer abseits gekiester Wege, die Vögel, die aus ihren Käfigen ausgebrochen waren. Und in dreckigen Kleidern zeigten wir sie abends den Erwachsenen, und wir hatten so viel Spaß dabei, Luna und ich!

Aber sie war an allem Schuld. Sie klaute die Äpfel und die Gartenzwerge der Nachbarn und schleuderte sie wie wild umher. Sie feuerte mit Steinen gegen Fensterscheiben, füllte Luftballons mit Wasser und schoss auf nichtsahnende Passanten damit. Die Wasserbomben zerplatzten auf dem Asphalt, Luna lachte ihr unartiges Lachen. Nein, Luna hielt sich nicht an Regeln. Sie warf sie alle über Bord wie Regenschirme im Meer, gebrochen trieben sie sinnlos umher. Verzweifelt, vergeblich versuchte ich, mich an ihnen festzuhalten.

Eines Abends, wir waren nun keine Kinder mehr, da öffnete sie ihre glitzernden Tore und führte mich über ihren vollen Hof hinaus, hinein in die Nacht. Unter der leuchtenden Himmeldecke wurde mir auf einmal warm. Sie sagte, wir haben eine Mission, und schenkte mir dabei ihr Lächeln. Ihr rundes Gesicht glänzte in der Dunkelheit. Ich machte ihr den Hof, ich konnte nicht anders. Sie strahlte dann und zeigte mir die Sterne auch, die funkelten hell. Ja, sie wandte mir immer das gleiche Gesicht zu, Luna, mein Licht der Nacht. Viele Nächte verbrachten wir so.

Es war alles wegen ihr. Luna im Schein ihres Lichtes, Luna mit ihrer verführerischen Stimme und ihrer unwiderstehlichen Schönheit. Es war sie, nicht ich.

Noch später zeigte mir Luna ihr Kartenspiel. Wir zockten und zockten und zockten, wir spielten das Spiel mit den Karten und pokerten die Nacht hindurch. Ich verlor all mein Geld, all mein Hab und Gut verspielte ich an sie. Doch sie würfelte weiter und weiter, Luna würfelte mein Glück hinfort. Sie sagte: Das ist alles reiner Zufall. Wer am Ende gewinnt, das steht geschrieben in den Sternen.

Nein, sie schenkte mir keinen reinen Wein ein. Sie kaufte die Getränke alleine ein und reichte mir dann ein volles Glas. Viele Gläser tranken wir leer, doch auch betrunken sagte Luna die Wahrheit nicht. Sie spielte, sie spielte mit mir, sie spielte Musik und wir tanzten dazu, wir drehten und drehten uns im Kreise. Laut spielte die Musik, schneller und schneller immerzu, ich wirbelte und wirbelte, und meine Vorsicht verflog im Rausch der Ekstase. Schwerelos, so verlor sich mein Rhythmus auch, und Schwindel holte mich ein. Ich trat daneben, ich stolperte, ich fiel bewusstlos zu Boden. Es ist doch nur ein Kater, sagte sie am Morgen danach, und zündete sich zwischen ihren schmunzelnden Lippen eine Zigarette an. Das muss so sein, sagte sie.

Ich ertrank in ihr vor Durst nach mehr. Meine Ebbe, meine Flut, meine Göttin. Ihre Zyklen, ihre Hebungen und Senkungen, ihr himmlischer Körper mit all seinen Eruptionen. Sie zog mich an, hinweg zu ihr. Machtlos fielen meine sehnsüchtigen Blicke immerfort auf sie, nur auf sie. Es war immer nur sie. Luna verführte mich mit ihrem mystischen Zauber, Luna verlockte mich mit ihrem geheimnisvollen Versprechen von Heilung und Glückseligkeit. Doch es war wie verhext, dass die Magie jedes Mal verflog, wenn ich ihr folgte. Es ist doch alles eine Frage der Perspektive, sagte Luna nur. Machtlos war ich, ohnmächtig in den Kreisen, die sie spann. Luna, meine verstörende Seele.

Ja, düster wurde es an manchen Tagen auch. Diese kehrten wieder, wie ein Zyklus ihrer Kraft, die ich nicht zu brechen vermochte. Ja, es gab diese finstren Tage, da wurden ihre Meere schwarz wie Pech. An jenen Tagen tappte ich blind und verloren in der Dunkelheit umher, auch die Sterne waren nicht zu sehen. Und auch Luna war nicht da. Es war alles nur ein Traum, sagte sie dann, wenn sie zurückkehrte. Was habe ich versäumt?, fragte ich, und schämte mich für all die verlorene Zeit.

Aber sie war es, nicht ich. Luna ist an allem Schuld. Ja, Luna war ihr Name. Luna, so hieß sie, scheinbar. Ich nicht.

 
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Hola Sarah,

Deine Geschichte hab ich wirklich sehr gern gelesen. Bei Deinen Bildern kommt Freude auf.
Im wahrsten Sinne des Wortes blühende Fantasie, guter Stil, ein Schwelgen in Worten à la lunatic.

Gut gemacht! Da freue ich mich auf die nächste Sarah Kovac.

Viele Grüße
José

 

Hallo Sarah Kovac,

herzlich willkommen!

Es war alles wegen Luna. Es war nicht meine Schuld. Sie war es. Es war Luna, sie hat mit allem angefangen.
Dieser Schreibstil ist nicht so sehr mein Geschmack. Aber nach dem geht es hier ja nicht. :D
Wie auch immer, ich meine, „Sie war es.“ ist hier zu viel. Würd ich rausnehmen.

Es gibt noch einige Stellen im Text, da ist mir die eine oder andere Wiederholung zu viel. Aber die Stellen brauch ich nicht alle aufführen, du kennst du selber, oder?

Ja, das literarische Symbol „Luna“ bzw. Mond ist hier in einer der vielen Bedeutungen recht gut ausgearbeitet. Auch das etwas geheimnisvolle oder nicht ganz aufgeklärte Ende passt.

Alles in allem: Guter Einstieg!

Lieben Gruß

Asterix

 
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Hallo Asterix,
danke für die gute Kritik. Die Wiederholungen sollen vor allem am Anfang das Kindhafte betonen, aber teilweise wurde wirklich genau das gleiche zu oft wiederholt. Habe es nochmal ein bisschen geändert.
Wie meinst du hätte man die Bedeutung noch mehr ausarbeiten können?
Liebe Grüße,
-sarah.

 

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