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Wir sind der Weizen

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28.05.2015
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Wir sind der Weizen

Schöner Sonntagmorgen. Die Luft fühlt sich etwas feucht an – es könnte später regnen, aber noch ist es sonnig und warm. Wir suchen etwas zu essen bevor es los geht, Sonntags ist der Kühlschrank meistens leer. Aber da gibt es noch Cornflakes. Die essen wir. Taschentücher eingepackt, falls es kein Klo gibt. Oropax eingepackt, falls mir die Musik mal wieder etwas zu laut ist. Ein bisschen Geld, Schlüssel, Handy, eine Wasserflasche, Kaugummis. Dann verlassen wir die Wohnung. Und auf die Fahrräder. Bei meinem ist kaum noch Luft auf den Reifen, aber zum Glück ist die Party ja nicht weit.

Wir kommen an und es ist schöner als erwartet. Auch das Wetter. Vor allem das Wetter. Man hätte eine Sonnenbrille mitnehmen sollen. Haben wir aber nicht. Jetzt muss es ohne gehen. Die Musik verdrängt das „Problem“. Tanzende Menschen. Feiernde Menschen. Müde Menschen. Wir sind vermutlich die einzigen, die letzte Nacht geschlafen haben. Viele sagen wir haben es richtig gemacht – wir sind ausgeschlafen an einem Sonntagmorgen aufgestanden um auf eine Open Air zu gehen, die schon die ganze Nacht läuft und noch den ganzen Tag laufen wird. Viele sagen, dass werden sie auch mal machen. Werden sie aber nicht. Viele sagen aber auch, wir hätten was verpasst. Dann kommt eine Freundin und erzählt von ihrem Musikorgasmus. Sie sieht verschwitzt und verglitzert aus. Trägt schwarze Katzenohren auf dem Kopf und einen roten Turnbeutel auf den Schultern. Wir quatschen ein bisschen mit ihr – über die Musik, über andere Leute die wir hier kennen, über Mädchen die schöne Sneakers tragen, über selbstgestochene Piercings und unsere Lieblings Mate Sorte. Dann werden einige kleine Drogengeschäfte abgewickelt, vier Lines auf einem Iphone mit einem Unibibliotheks-Ausweis gebaut und Keta gezogen. Ich ziehe eigentlich am liebsten durch das linke Nasenloch, aber das geht heute nicht, weil mein Nasenpiercing relativ frisch gestochen ist.

Ketamin ist teuer, der Trip vergeht schnell, aber es macht unglaublich viel Spaß und lohnt sich somit trotzdem. Das ist gerade unsere Meinung dazu. 20 Minuten später stehen wir noch einmal von dem improvisierten Sofa auf um aufs Klo zu gehen und müssen auf dem Rückweg so viel lachen, dass wir keine Meinung mehr zu irgendetwas haben können. Wir sehen einen alten Hund der so verzottelt ist, dass er fast irreal wirkt. Dann sehen wir sogar noch einen Hund, der neben einem Bienenkasten angeleint wurde und machen uns Sorgen, dass die vielen Bienen ihn stechen könnten. Ich sage: als Hundebesitzer sollte man aufpassen, dass der Hund keine Biene verschluckt, weil das kann dann gefährlich werden. Die können ihn dann nämlich im Rachen stechen und er könnte sogar sterben. Wir finden es ziemlich unverantwortlich.
Dann gehen wir tanzen und fühlen, wie unsere Gliedmaßen immer nudeliger werden. Ein bisschen tanzen, ein bisschen quatschen, ein bisschen lachen wie andere Druffis tanzen. Versuchen eine Kippe zu drehen, scheitern, bitten jemanden um Hilfe, rauchen. Ich kaue einen Kaugummi und komme durcheinander mit so vielen Sachen im Mund – Zungenpiercing, Zigarette und Kaugummi. Zu viele Faktoren für gutes Gelingen. Der Kaugummi muss wieder raus. Die Nikotinflashs fühlen sich in meinem mit Pferdebetäubungsmittel verwirrten Körper lustig an. Ich muss lachen und feiere mein Leben. Feiere die Menschen von denen ich vielleicht drei flüchtig und zehn vom Sehen kenne, und natürlich der Freundin mit der ich gekommen bin. Aber sie feiere ich sowieso. Ich werde gefragt ob ich Spaß habe, ob es mir gut geht. „Ja“, sage ich, „sehe ich etwa aus, als könnte ich keinen Spaß haben?“. „Nein“, sagt sie, sie könne so was heute nicht mehr einschätzen – besser einfach weiter tanzen. Ja, einfach weiter tanzen, das finde ich auch eine gute Idee.
Irgendwann gegen späten Mittag oder frühen Nachmittag oder wie man das eben sehen will, da stellen wir fest, dass sich die Spreu vom Weizen trennt. Die Leute die noch halbwegs klarkommen gehen nach Hause – ins Bett, hoffentlich. Die anderen ballern sich noch etwas rein und bleiben. Die allgemeine Stimmung ändert sich. Neben uns sitzt die Fraktion Chrystal. Das ist uns sehr unheimlich und davon möchten wir uns dringlichst distanzieren. Wir sind der Weizen, also wenn der Weizen das Gute ist. Das wissen wir gerade nicht mehr ganz so genau, aber auf jeden Fall sind wir eben das Gute. Deshalb machen wir uns auf den Heimweg.

Das langsame Fahrradfahren tut gut. Es ist genau nach meinem Geschmack. Ich fahre nicht gerne schnell Fahrrad und vor allem nicht mit irgendeinem Betäubungsmittel im Körper.
Wir reden nicht viel auf dem Nach-Hause-Weg. Sind zu beschäftigt mit unseren eigenen Sinneseindrücken. Nach ca. 10 Minuten Fahren sind wir angekommen. Ich steige vom Fahrrad und stelle fest, dass ich mich wieder ziemlich normal fühle. Ein bisschen kalt ist mir nur. Ich bin froh, dass wir so gut mit Drogen umgehen können. Dass wir wissen wann genug genug ist. Wir sind die besseren Konsumenten. Die Verantwortungsbewussten. Wir vergessen nicht wann es Zeit ist zu schlafen und wann es Zeit ist nach Hause zu gehen. Wir sind eben der Weizen.

 

Hallo,

Druffi-Texte scheinen ja wieder Konjunktur zu haben. Das hier ist in großen Teilen eine Nacherzählung, da passiert nichts, der Erzähler öffnet sich nicht, keine Szene, kein Dialog, nichts, wo ich als Leser aus einer spekulativen Masse etwas konstruieren muss. "Wir knallen uns was rein, aber irgendwie doch nicht. Wir nehmen Drogen, sind aber doch die Guten." Was sind denn das für Menschen? Wenn ich Drogen nehme, dann will ich doch die Eskalation, den Exzess, dann will ich über die Stränge schlagen und den großen Rausch. Der Erzähler deines Textes klingt, als nähme der zum LSD Trip noch eine Heizdecke und Aspirin mit.
Diesen Gegensatz, den zu zeigen willst, nach den Motto: Wir sind verantwortungsvolle Drogenkonsumenten, wir sind sogar ein wenig ironisch und wissen, wie dämlich das ist, aber si dämlich um Crystal zu ballern (ohne h übrigens) sind wir nicht. Dafür brauchst du eine Szene. Da muss eine dieser Meth-Leichen irgendetwas machen, das den Unterschied bekräftigt. So hängt diese Behauptung im Raum. Die kann der Leser nicht sehen, damit nichts anstellen.

Konstruktiv: Konfliktsituation herausarbeiten, verschärfen, Dialoge, szenischer schreiben, sich mal mit show, don't tell auseinandersetzen.

Gruss, Jimmy

 
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Hallo, liebes Fraeulein Fuchs,

erst einmal: Willkommen bei den Wortkriegern.

Du schreibst recht flüssig, müsstest aber insgesamt noch ein wenig mehr Zeit auf die Überarbeitung deines Textes verwenden. Es finden sich viele kleine Fehler, besonders die Zeichensetzung zwischen Haupt- und Nebensatz scheint dir noch nicht so ganz klar zu sein. Also, noch einmal selbst ran – oder lass dir helfen.

Hier nur mal der erste Abschnitt:

Schöner Sonntagmorgen. Die Luft fühlt sich etwas feucht an – es könnte später regnen, aber noch ist es sonnig und warm. Wir suchen etwas zu essen Komma bevor es los geht, Sonntags ist der Kühlschrank meistens leer. Aber da gibt es noch Cornflakes. Die essen wir. Taschentücher eingepackt besser: Komma (–) falls es kein Klo gibt. Oropax eingepackt besser: Komma (–) falls mir die Musik mal wieder etwas zu laut ist. Ein bisschen Geld, Schlüssel, Handy, eine Wasserflasche, Kaumgummis. Dann verlassen wir die Wohnung. Und auf die Fahrräder. Bei meinem ist kaum noch Luft auf den Reifen, aber zum Glück ist die Party ja nicht weit.

Ich bin ja nun schon weit entfernt von Erlebnissen, wie du sie beschreibst, habe deinen Text aber dann doch gelesen, weil ich wissen wollte, was in ihm eigentlich passiert. Ergebnis: nichts Aufregendes, zumindest vermitteln das deine Handlung, die erwähnten Details, dein Schreibstil und auch die Versicherung, dass die Prots ja zu den Guten, dem 'Weizen' gehören. Dabei wird doch eigentlich eine (zumindest für mich) ganz außerordentliche Welt beschrieben. Die kommt aber rüber, als wenn du „Mein schönstes Sonntagsnachmittagserlebnis“ beschreibst.

Ich finde die Überschrift auch nicht so ganz gelungen: Die Spreu vom Weizen trennen, heißt m.M.n., aktiv das Unerwünschte vom Erwünschten trennen. Diese Bedeutung kann ich in deinem Text nicht wiederfinden. Bei dir sind „der Weizen“ Leute, die mit Drogen umgehen können und die Sache im Griff haben. Wer hat die Spreu vom Weizen getrennt? Wer war aktiv? So, wie du das Sprichwort deutest, kann ich dir nicht folgen, schon gar nicht, wenn ich es auf seinen Ursprung beziehe:

Mt 3,12 [Johannes der Täufer über Christus]: "Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen."

Den hinter dem Semikolon stehenden Bibel-Satz könnte ich mir als Ansatz für eine Geschichte über Drogenkonsum viel interessanter vorstellen, als das, was du erzählst.
Der Leser möchte unterhalten werden und teilhaben an dramatischen Situationen. Langweiligen Alltag kennt er zur Genüge.

Also, mal abgesehen von dem, was dir Jimmy schon Konstruktives geraten hat, mein Vorschlag: Fokussier dich auf ein spezielles Ereignis an diesem Tag, versuch einen Konflikt zu erzeugen, sodass Spannung entsteht. Das Potential hat die Thematik doch allemal.
Dass das nicht so leicht ist, weiß ich sehr genau. Ich übe auch noch.

Liebe Grüße
barnhelm

Nachsatz 29.5.: Ich habe gerade Josés Kommentar gelesen und denke, dass ich vielleicht zu staubtrocken an deinen Text herangegangen bin und sich mir die Ironie deshalb nicht mitgeteilt hat. Man sollte ihn vielleicht im Sinne von Olaf Schubert lesen?

 

Hej,

die Überschrift hat mich neugierig gemacht, ich hab sie spontan anders eingetütet (eher im Sinne von teuflisch genmanipulierte Weizenkörnern und bösem Gluten ganz allgemein), egal.

Flüssig geschrieben, aber auch mir fehlt der Zusammenhang. Das plätschert so dahin, mir fehlt da eine Fragestellung, ein Anlass.
Dein Text sagt eigentlich nur: Solche Leute gibt es.
Da sagt man dann "aha" oder "weiß ich" und mehr ist nicht.
Ich würde dir empfehlen, dir zu überlegen, was du spannend an denen findest, was die da bewältigen sollen und was für Probleme das mit sich bringt. Das würde es interessanter machen.

Gruß
Ane

 
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Hola Fraeulein Fuchs,

bevor ich eine Geschichte lese, studiere ich erst die Kommentare dazu. Demnach muss Deine KG sterbenslangweilig sein – aber ich wollte selbst herausfinden, wie sterbenslangweilig Dein Text ist.
Ja Herrschaften, Du bist ja eine Plaudertüte! Oh my God!
Das ist ja furchtbar, wie Ihr Eure Zeit verschwendet, wie Ihr das Wochenende “nutzt”, Eure Körper zu schädigen, statt Euch für die anstehende Arbeitswoche zu regenerieren.
Nee, mit so einem Text kannst Du mir keine Freude machen!

Na ja – ich will’s kurz machen: Ich hab’s dann doch gelesen und hatte, analog zu Deinem

„Ja“, sage ich, „sehe ich etwa(s) so aus K als könnte ich keinen Spaß haben?“.

ebenfalls Spaß. Das lässt sich prima lesen, mit Lockerheit und einer guten Portion Selbstironie – sehr sympathisch! Zum Beispiel solche Korken:

Ich kaue einen Kaugummi und komme durcheinander mit so vielen Sachen im Mund – Zungenpiercing, Zigarette und Kaugummi.

Auch den Titel fand ich sehr gelungen, mit dieser Klarstellung in aller Bescheidenheit:

Wir sind der Weizen !

Entschuldige, wenn ich unautorisiertermaßen das Ausrufezeichen rangeschummelt habe, aber so wirkt Euer Anspruch, die Elite zu sein, noch plastischer. Bleiben noch die Kommas, aber die sollen uns nicht die Stimmung verderben.

Schöne Grüße, verehrtes Fraeulein!
José

 

Hall Fraeulin Fuchs,

ein Nickname ohne Umlaute ist gut, dann geht er auch im Chat (jedenfalls ging meiner nicht).

Über die vielen vermissten Kommas will ich jetzt nicht reden. Nur drei kleine Anmerkungen:

und müssen auf dem Rückweg so viel lachen
aber
Nach ca. 10 Minuten Fahren sind wir angekommen
- würd ich sagen.
Dass wir wissen wann genug genug ist

Die bisherigen Kommentare sind ja sehr unterschiedlich ausgefallen, aber ich kann sagen: Mir gefällt die Geschichte. Ich mag ruhige unaufgeregte Geschichten, die durchaus einen Konflikt aufweisen, diesen aber den Lesenden nicht um die Ohren hauen. Und ich fand die Aussage dieses Textes im letzten Absatz schon sehr deutlich und sehr nachdenkenswert. Gibt es wirklich "gute" Drogenkonsumenten? Jeder Alkoholiker wird bestätigen, dass er weiss, wann er aufhören muss mit Trinken, wann es Zeit ist ins Bett zu gehen und so weiter - aber irgendwann hält er sich nicht mehr dran. Und dann ist er plötzlich nicht mehr gut? Ich habe jetzt den Alkohol genommen, weil Drogen zu meiner Zeit (von Hasch abgesehen) in unseren Kreisen nicht vorkamen. Ansonsten hat isch die Menschheit in den vergangenen 50 jahren anscheinend nicht sehr geändert. Die Geschichte könnte in meiner Jugend spielen - abgesehen davon, dass Keta gerade erfunden war und es das noch nicht zu kaufen gab.

Mir hats gut gefallen

Jobär

 

Hallo ihr Lieben,

erstmal danke für die vielen Kritikpunkte! Und, dass ihr mir einige Komma- und Rechtschreibfehler aufgezeigt habt. Ich habe noch einige Male drüber gelesen und hoffe, dass jetzt keine Fehler mehr drin sind. Vor allem Kommasetzung fällt mir oft sehr schwer.

Erstmal, warum ich diese Geschichte geschrieben und vielleicht auch warum ich sie in diesem Stil geschrieben habe.
Es verwirrt, beeindruckt, schockiert (oder was auch immer) mich immer wieder, wie unspektakulär der ganze Drogenkonsum beim Feiern von statten geht. Alles ist so wie immer und ganz normal. Da wird eine Sache nach der anderen geschluckt oder durch die Nase gezogen, dann getanzt, dann geredet, vielleicht über Drogen, vielleicht über Musik, vielleicht aber auch über ganz banale Alltagsthemen. Es gibt keine Spannungskurve mehr. Die Sachen passieren alle einfach so. Ich denke sogar, dass die ganzen Druffi Leute (unterbewusst) extra so eine "Alles-ganz-normal-Stimmung" kreieren, damit man das Gefühl hat, angenommen zu sein und eben nichts schlimmes zu tun. Denn würde man in jedem anderen Kreis oder Setting Drogen konsumieren oder sogar nur darüber sprechen, würde man ja wahrscheinlich ziemlich schief angeguckt werden. Wobei das "schief Angucken" noch die harmloseste Variante wäre.
In der Feier-Drogen-Techno-usw.-Szene wird vermutlich genau der schief angeguckt, der ein großes Ding draus macht.

"Ey krass Leute, wir nehmen grad MDMA! Voll heftig!!! Ecstasy!! Boah ich bin so aufgeregt!!!"

Da würden wohl die meisten sagen: "Was ist das denn für einer?"

Ich weiß nicht ob ich das gut erklären oder rüberbringen konnte, aber ich finde, dass Drogen nehmen einfach zu etwas total banalem, unspektakulären, fast alltäglichen geworden ist. Und das ist ja schon irgendwie krass.

Wenn ich Geschichten oder Bücher von Leuten lese die da so eine riesen Spannungskurve einbauen und alles ganz besonders und dramatisch und aufregend klingt, dann wirkt das für mich oft unrealistisch, denn so sind die meisten Leuten die (regelmäßig) Drogen nehmen einfach nicht drauf.

Ich habe versucht diese "Alltagssituation" der Party und des Drogenrausches möglichst banal darzustellen, betrachte es natürlich aber mit ganz viel Ironie, denn Drogen nehmen sollte ja eigentlich nichts alltägliches und banales sein.

Huch jetzt ist das ja doch ganz schön viel Text geworden... ;)
Na ja, Grüße, Fräulein Fuchs

 

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