Als Leser:
Wenn ich die Betitelung Prolog lese, stöhne ich auf. Da kann ich nichts gegen tun, Automatismus. Irgendwann muss ich mal einige schlechte Erfahrungen mit Prologen gesammelt haben. Die sind langweilig! Die hindern mich, die interessante oder gar spannende Geschichte zu lesen, für die der Buchrückentext zuvor geworben hat.
Außer dem Prolog zu Faust 1 (ein erstklassiger Appetizer!) kann ich kein positives Beispiel nennen – nun müsste ich alle Werke mit Prolog aufführen, die ich kenne, um dieser Aussage Gewicht zu geben, aber das kann ich natürlich nicht. Daher nur zwei sehr unterschiedliche Beispiele:
Der Halbbruder von Lars Saaby Christensen:
Der Prolog ist eine Rückblende. Er zeigt, erklärt aber nichts. Er ist, und das ist schon mal außergewöhnlich, immerhin spannend geschrieben. Doch auch hieraus ergibt sich ein Nachteil für den Roman. Der Prolog endet mit einem mächtigen Paukenschlag … und nimmt damit dem (eigentlich) starken Romananfang jegliche Kraft. Schade!
Der Schwarm von Frank Schätzing:
Der wahrlich längste Prolog, den ich je gelesen habe. Und, es ist kein Prolog, es ist ein, warum auch immer, ausgekoppelter Text des ersten von fünf Romanteilen. Der erste Teil (Titel: Anomalien) sammelt Schilderungen seltsamer Ereignisse auf den Weltmeeren. Der Prolog schildert ein solches Ereignis aus personaler Sicht einer Figur, die im restlichen Werk nicht mehr auftritt. Der Fokus liegt ausschließlich auf der Figur, nicht auf dem Phänomen. Also, nicht nur aufgrund seiner Länge ist dieser Prolog eine Novelle, die ohne den Roman durchaus Bestand hätte.
Gleiches gilt umgekehrt: Der Roman hätte auch ohne der vorangestellten Prolog-Novelle Bestand.
Als Schreiber:
Ich hatte bisher kein Verlangen, einen Prolog zu schreiben. Selbst bei den Geschichten, die dem Genre der Fantastik zuzuordnen sind. Mit einer Ausnahme, und selbst da hat sich, im Laufe der Überarbeitung, der Prolog auf ein ca. fünfzeiliges Vorwort reduziert.
Beiträge:
Ich versuche, auf alle Beiträge zu antworten, in unbestimmter zeitlicher Folge.
Zum allgemeinen:
Ich denke, Prologe eignen sich, um dem Leser erst mal ein Gefühl zu geben, mit was für einer Art Geschichte und/oder fiktiver Welt man es zu tun hat, bevor es mit der Haupthandlung los geht. Epiloge beantworten offen gebliebene Fragen, nachdem die Haupthandlung zuende gegangen ist.
Das macht Sinn. Mir fehlt nur bei den meisten Autoren (und Lektoren!) das Gefühl dafür, ob diese Vor- und Anhängsel nötig sind.
Einen der sicherlich sinnvollsten Epiloge hat Stephen King zu seiner Romanreihe „Der dunkle Turm“ geschrieben. Er warnt allerdings davor, ihn zu lesen. Und mit Recht. Er klärt alle offenen Fragen, die man zum einen nicht beantwortet haben muss, um mit dem Werk als Leser abzuschließen, und zum anderen in einer schonungslosen Weise, die man nur schwer (Mitgefühl) ertragen kann.
Die Frage, ob es in bestimmten Genres sinnvoller ist, würde ich eher mit nein beantworten. Es ist in der phantastischen Literatur sicher "üblicher". Dort dienen Prologe oft dazu, den Leser in die fiktive Welt einzuführen. Aber ich denke, das ist eher ein Traditionsding. Wenn man viele solche Romane gelesen hat, die halt häufig mit einem Prolog beginnen, und man fängt dann an, selbst etwas in der Art zu schreiben, dann orientieren sich halt viele Autoren an dem was sie gewohnt sind. Notwendiger als in anderen Genres ist es aber aus meiner Sicht nicht.
Ich meine, je weiter die fiktive Welt von der realen entfernt ist, desto eher ist ein Prolog nötig, um als Erzähler im Haupttext nicht laufend als Erklärbär aufzutreten. Aber auch hier ist bei der Entscheidung Gespür nötig und auch ein bisschen Vertrauen in den Leser.
schönes Thema.
Literatur beginnt mit der Anrufung der Götter.
Literatur beginnt mit Dedikationen.
Literatur beginnt mit
Hereinspaziert in die Menagerie,
Ihr stolzen Herrn, ihr lebenslust'gen Frauen,
Dagegen ist nichts zu sagen. Nur erzwingt das nicht einen Prolog. Einladend kann/sollte auch das erste Kapitel sein.
Hereinspaziert … Der Autor gibt sich als Gastgeber, er vermittelt, oft ironisch, seine Erzählabsicht oder sein Erzählverfahren. Oder einfach seine Sicht auf das Verhältnis Autor und Leser, wie Fielding in seinem Werk Tom Jones. Die Frage ist: Muss ich das wissen? Oder gar, will ich das wissen?
Und warum glaubt Fielding, ich merke diese Dinge nicht nach den ersten Absätzen von selbst?
1. Prologe zeigen den Rahmen, relativieren die Handlung.
2. Sie haben einen Distanzierungseffekt.
3. Was ist wichtig? Rahmen oder Handlung? Der Ort und die Zeit des Erzählers ist es.
4. Prologe ironisieren (Zeitblom).
Ein Plädoyer für Prologe?
Ja, er schafft wenigstens eine Ebene mehr. Kann nicht schaden.
1. Das kann durchaus notwendig sein. Ich finde jetzt kein Beispiel, denke aber an politische oder an der Gesellschaft Kritik übende Romane.
2. Wer distanziert sich? Der Erzähler oder der Autor? Und warum.
3. So ist es.
4. Zeitblom kenne ich nicht. Ironisieren … das sollte der Erzähler mit seiner Stilhaltung tun. Ist diese neutral und der Prolog ironisch, arbeitet der Prolog gegen die Erzählung.
Eine Ebene mehr könne nicht schaden. Das ist sehr positiv gedacht. Sicherlich liegt es auch ein wenig an der Einstellung des Lesers, ob ein Prolog gut ankommt oder nicht. Wenn man schon wie ich beim Wort Prolog aufstöhnt …