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Copywrite Der Frosch und das Mädchen

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13.02.2008
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Der Frosch und das Mädchen

Frank huschte mit flackerndem Blick durch die Wohnung und sammelte seine Plörren in eine Plastiktüte. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, heulte Lauras Mutter schrill auf und sperrte sich ins Schlafzimmer.
Laura hörte sich ihr Greinen noch einen Moment an, dann stellte sie die Anlage auf Trommelfellschaden und begann zu tanzen. Sie riss die Fenster auf, um den Frankmief abziehen zu lassen und saugte rasselnde Pistazienschalen aus der Sofaritze. Einen von Franks Käsesocken, der dabei schlürfend im Rohr steckenblieb, fischte sie heraus und warf ihn den Mäusen als Zerfetz- und Nestpolstermaterial in den Käfig. Danach brachte sie einen Beutel Flaschen weg und kaufte vom Pfand gelbe Rosen aus dem Wassereimer vor der Kasse des Supermarkts.
Sie würde es gemütlich machen. So arschgemütlich, dass ihre Mutter es endlich begreifen musste: Ohne Frank war das Leben besser.

Als Lauras Mutter am Abend aus ihrer Schlafzimmerhöhle tapste, hatte sie eine dicke Nase, rote Augen und Haare, die in Klumpen vom Kopf wegstanden. Aber sie lächelte tapfer und drückte Laura an ihren Busen, der ganz weich und entspannt unter ihrem Nachthemd hing. Sie sagte: „Wer braucht schon Frank? Wir machen uns jetzt einen gemütlichen Mädelsabend.“
Dazu wurden fünfzehn Fischstäbchen gebraten, in Küchenkrepp geschlagen und mit einem Topf Rahmspinat zum Dippen auf den Couchtisch gestellt. Wenn Frank da war, musste man ordentlich am Küchentisch essen, damit man sich in Ruhe darüber unterhalten konnte, wie der Tag so gewesen war. Auf dem Sofa gab es mit Frank nur blöde Pistazien, deren rote Häute er mit der Zunge so laut aus den Zähnen zitschelte, dass man sich kaum darauf konzentrieren konnte, was im Fernsehen lief.
Nachdem das fünfzehnte Fischstäbchen gerecht halbiert und verspeist war, streckte sich Laura über die gesamte Länge der Couch aus. Den Kopf legte sie zum Zöpfeflechten in den Schoß ihrer Mutter. Dabei klemmte sie die Fernbedienung fest zwischen ihre Oberschenkel. Heute würde niemand über die Schwachsinnigkeit von Heidis Topmodels meckern und auf strunzlangweilige Nachrichtenkanäle umschalten.

Doch als Laura am nächsten Tag nach Hause kam, hing der grüne Plastikanorak wieder an der Garderobe und Frank saß wieder auf dem Sofa. Die Fernbedienung ragte aus der Brusttasche seines Hemdes. „Na, habt ihr heute Zeugnisse bekommen? Darf ich mal sehen?“, fragte er und lächelte Pistazienhäute.
„Natürlich nicht. Das geht nur echte Familie was an“, sagte Laura.
In diesem Moment kam ihre Mutter ins Wohnzimmer gefegt, den Busen hochgeschnallt, dass er aus dem Ausschnitt quetschte, mit schwarzer Schminke über dem Augenrot und flusig ausgebürsteten Haarklumpen.
„Wir dachten, wir drei versuchen es noch einmal zusammen“, sagte sie und küsste Franks Stirnglatze dort, wo sich die Deckenlampe spiegelte.
Der nickte. „Wär ja auch zu schade um unseren Wanderurlaub in der Eifel gewesen. Starten wir halt am Montag, dann ist der Verkehr nicht mehr so wild.“
Laura schüttelte nur stumm den Kopf und verzog sich in ihr Zimmer. Gestern hatten sie doch noch Pläne für Londoner Shoppingtrips geschmiedet.

Am nächsten Morgen wurde Laura um halb neun zum Frühstück geweckt. So war das, wenn Frank und ihre Mutter einen ihrer Wir-Drei-Anfälle hatten. Dabei hatte Laura sich schon so auf einen Wir-Zwei-Samstag gefreut: Frühstück um zwölf mit Tomatenhering aus der Dose und drei Schüsseln Frosties zum Nachtisch, dazu Wiederholungen von Grey's Anatomy. Stattdessen gab es aufgetaute Graubrotscheiben, Kamillentee und Glibbereier. Frank hatte die Uhr natürlich auf fünf Minuten gestellt und ihre Mutter überschlug sich wie immer vor Begeisterung: „Perfekt. Wie im Fünf-Sterne-Hotel.“
Er hatte auch Rosen gekauft, langstielige, buschige, rote Rosen, und sie zu Lauras kurzen Teerosen in die Vase gequetscht.
„Dir hab ich auch was mitgebracht.“
Auf Lauras Teller lagen rosa Haargummis mit Plastikherzen. Sie räumte sie mit spitzen Fingern zur Seite, wie Zwiebelringe vom Thunfischsalat.
„Na die passen doch aber toll zu deinem T-Shirt“, zwitscherte ihre Mutter und wickelte die Gummis so stramm, als wolle sie Lauras Zöpfe erwürgen.
„Ja, ganz toll“, brummte Laura und hockte sich mit angezogenen Beinen auf die Küchenbank.
„Das ist schön, so eine richtige Frühstücksfamilie“, sagte Frank, als das Brot aus dem Toaster sprang.

Aber Frühstücksfamilie war natürlich erst der Anfang, danach sollten sie auch noch eine Spaziergangsfamilie sein und eine Minigolffamilie. An die dräuende Eifelwanderfamilie wollte Laura gar nicht erst denken. Sie ließ sich auf dem Weg durch den Wald weit zurückfallen, um das Liebesgesäusel nicht hören und das Geknutsche nicht sehen zu müssen. Als sie beim Minigolfplatz ankamen, war der wegen einer Familienfeier geschlossen. Doch dadurch ließ Frank sich seine Ausflugsfamilie nicht vermiesen. Er zerrte einen armlangen Stock aus der Hecke und trieb mit weiten Golfschwüngen einen eingebildeten Ball über die Bahnen. Wenn er ihn im Loch versenkte, reckte er die Arme jubelnd empor. Lauras Mutter gackerte dazu, als habe sie noch nie im Leben eine tollere Comedynummer gesehen und folgte Frank von Bahn zu Bahn, um seine Phantomsiege mit schmatzenden Küssen zu belohnen.
„Wenn jetzt jemand aus meiner Stufe vorbeikommt, bin ich sowas von erledigt“, dachte Laura und nestelte an ihren Kleinmädchenhaargummis.
Am Rande des Golfplatzes, unter einer alten Linde, lag ein kleiner Swimmingpool, der schon seit Jahren außer Betrieb war. Darüber war eine schwarze Plane gespannt, in deren Mitte sich ein algengrüner Regenwassertümpel gebildet hatte. Dort, wo die Leiter in den Pool führte, war die Plane zurückgeworfen. Es sah aus wie ein Maul. Laura hockte sich vor das Loch, konnte in seiner Dunkelheit aber nichts erkennen. War da unten noch Wasser? Sie zog einen Rotzklumpen hoch und seilte ihn an einem Schleimfaden in die Finsternis ab, bis er sich losriss. Wie er aufschlug, hörte sie nicht.
Am anderen Ende des Geländes hampelte Frank noch immer mit seinen staksigen Beinen über die Bahnen, sprang auf winzige Hügel und eierte Schlangenlinien entlang.
„Quak, quak!“, rief Laura unter die Plane, „quak, quak, ich bin der Froschfrank. Ich habe Froschaugen, ein Froschmaul und Froschschenkel. Quaaaak!“
In einem Lufthauch wie Atem echote es aus dem Maul zurück: „Quaaaak, ich bin der Froschmann, quaaaak.“
„Quak, quak“, antwortete Laura und tastete den Boden nach Steinen oder Müll zum Runterwerfen ab. Da wurde sie plötzlich an der Schulter zurückgerissen und landete auf dem Hosenboden. Frank fuchtelte mit seinen langen Fingern durch die Luft und glubschte sich fast die Augen aus dem Kopf.
„Bist du verrückt? Das ist saugefährlich. Was, wenn du da reingefallen wärst?“
„Bist du bescheuert? Die ist neu“, schimpfte Laura und wischte an ihrer Leggings mit hellem Blumenprint herum. „Außerdem geht dich das einen Scheiß an, wo ich reinfalle und wo nicht. Du bist nicht mein Vater. Sehʼ ich etwa aus wie eine Kaulquappe? Nein? Dann kann ich unmöglich deine Tochter sein. Mein Vater wohnt in München. Also lass mich gefälligst in Ruhe mit deinem Familienmist!“
Frank klappte sein breites Maul ein paar Mal auf und zu. Dann sagte er: „So besonders scheint sich dein toller Vater ja nicht für dich zu interessieren, wenn er sich nie meldet.“
Laura schüttelte den Kopf, dass die rosa Herzchen klimperten. „Immerhin schenkt der mir nicht so’n Plastikmüll aus’m Kaugummiautomaten, sondern richtig echten Schmuck.“
Damit rupfte sie den Ring, den ihr Vater vor zwei Jahren zu ihrem Geburtstag geschickt hatte, vom Finger und hielt ihn Frank unter die Nase.
„Der ist doch nur vergoldet“, schnaubte der und grabschte danach. Laura sprang dem Ring hinterher, bekam ihn kurz zu fassen und fühlte, wie er ihren Finger wieder entglitt, als sie ihren Arm mit einem Ruck aus Franks Griff riss. Der Ring flog hoch in die Luft und drehte sich noch einmal funkelnd im Sonnenlicht, bevor er im Maul des Pools verschwand. Laura stand kurz fassungslos, dann stürzte sie auf die Leiter zu, kratzte, biss und fauchte, als Frank sie zu Boden warf und dort mit seinem Gewicht festnagelte.
„Nicht da rein. Zu gefährlich. Es tut mir leid. Ich kauf dir einen neuen Ring. Aus richtig echtem Gold“, schnaufte er feucht in ihren Nacken. Laura trat in die Luft und brüllte vor Wut. Erst spät bemerkte sie, dass ihre Mutter über dem keuchenden Laura-Frank-Knäuel stand und sich das Gesicht hielt.
„Nichts gönnst Du mir“, schluchzte es aus ihr heraus, „nicht das kleinste bisschen Glück.“
„Aber der Depp hat Papas Ring in den Pool geschmissen“, brüllte Laura unter Franks Achsel hervor.
„Das war keine Absicht. Ich hab genau gehört, was du zu ihm gesagt hast. Du warst so gemein. Dabei sorgt er sich nur um dich.“

Auf dem Rückweg hielt sich Lauras Mutter an Frank fest und heulte in den wasserabweisenden Kragen seines Anoraks. Laura umrundete das Paar wie ein nervöser Hund und zuppelte am Ärmel ihrer Mutter. „Mama, bitte Mama, es tut mir leid. Ich versprech, nicht mehr so biestig zu sein, aber wir müssen den Ring da raus holen. Wir binden mir ein Seil um den Bauch und du hältst es fest. Dann ist es sicher.“
Doch ihre Mutter heulte nur noch nasser, vor allem aus der Nase. Erst als sie wieder zuhause angekommen waren, blickte sie Laura wieder an. „Geh bitte in dein Zimmer. Ich kann dich heute nicht mehr sehen.“
So saß Laura auf ihrem Bett und wollte sich einsam und verlassen fühlen, vielleicht ein bisschen ins Kissen weinen, doch als die Bettfedern im Nebenzimmer anfingen zu quietschen, rauschte nur noch heiße Wut in ihren Ohren. Sie würde sich den Ring zurückholen. Endlich begriff sie, warum ihr Vater ihn geschickt hatte. Der Ring war ein Zauberring, der sie vor ihrem bösen Stiefvater retten und zu ihrem echten Vater zurück bringen würde. Natürlich musste man im echten Leben auch Zauberringen etwas auf die Sprünge helfen. Sie würde ihn in der Pfandleihe an der Ecke versetzen und sich von dem Geld ein Zugticket nach München kaufen. Und ihre Mutter würde niemals erfahren, was aus ihr geworden war, ob sie von Kindsräubern entführt, oder in den Gartenhäcksler vom Hausmeister gefallen war. Bis an ihr Lebensende würde sie sich vorwerfen, den bescheuerten Frank ihrer einzigen Tochter vorgezogen zu haben, sich die Augen knallrot heulen und den Schädel kahl raufen.
Nachdem die Geräusche im Nebenzimmer verstummt waren, stahl Laura sich aus der Wohnung.

Der Vollmond spiegelte sich in der Pfütze auf der Plane. Laura leuchtete mit ihrem Handy in die Schwärze des Mauls, konnte aber nichts erkennen. So stieg sie rückwärts die Leiter hinunter. Die Luft im Maul legte sich warm und feucht auf ihr Gesicht. Mit jedem Schritt nach unten erwartete sie, ihren Fuß in eiskaltes Brackwasser zu tauchen. So viel tiefer konnte das Becken doch gar nicht sein. Sie tastete mit der Fußspitze nach Grund, fand aber keinen. Also noch ein paar Stufen, dachte sie und trat ins Leere, versuchte noch, sich an den glatten Stahlrohren festzuhalten und fiel, fiel länger und tiefer als sie es für möglich hielt. Dabei sah sie Frank und ihre Mutter am Frühstückstisch sitzen. Sie schlürften glibbrige Eier durch Strohhalme und toasteten herzförmiges Brot. Ihre Mutter sagte: „Wer braucht schon Laura? Wir machen es uns jetzt so richtig romantisch.“
Dann legten beide die Köpfe zurück und lachten.
Lauras Schrei hallte als jämmerliches Quaken von den Betonwänden zurück.

***

„Müllmüllmüllmüllmüll.“
Laura wurde an einem Fuß bäuchlings über den Boden geschleift. Dann fiel ihr Bein herab und etwas stocherte in ihren Rücken. „Müllmüllmüllmüllmüllmüll.“ Die missmutige Stimme entfernte sich langsam.
Laura hustete fauliges Wasser und setzte sich auf. Die Sonne stach in ihre Augen. Wenige Meter entfernt beugte sich ein Mann im braungestreiften Bademantel mit Kapuze über den Rand eines Swimmingpools und rührte mit einem Stab darin herum. Dann zog er die Harke zurück und hievte ein Fahrrad aus dem Wasser. Er warf es quer über einen zerbeulten Einkaufswagen, an dessen Vorderseite ein ganzes Arsenal unterschiedlich großer Kescher, Rechen und Angeln wie Lanzen emporragten. Schließlich schob er den Wagen, der bockte und hüpfte wie ein Zicklein, zum nächsten Pool. Sein Mantel hinterließ eine dunkle Spur im Staub. Er triefte vor Nässe.
Die Landschaft war seltsam, flach wie ein Pfannkuchen, dürre Grasbüschel und Geröll, dazwischen glitzerten unzählige Seen und Pools bis zum Horizont. Das war jedenfalls nicht der Minigolfplatz.
„Hey“, rief Laura dem Bademantelmann hinterher und sprang auf die Füße. Der blieb abrupt stehen, drehte sich aber nicht um. Laura trabte zu ihm hinüber, umrundete den Einkaufswagen und schrak zurück. Die Nase der Gestalt bestand eigentlich nur aus zwei Löchern. Der schmallippige Mund querte das Gesicht von einem Ohr zum anderen – oder zumindest bis dahin, wo Laura die Ohren unter der Kapuze vermutete. Das Kinn ging absatzlos in die Kehle über, die sich in regelmäßigen Abständen aufblähte. Doch noch merkwürdiger waren die riesigen Glubschaugen, die irgendwie verrutscht schienen, zu hoch auf der Stirn und viel zu weit voneinander entfernt. Laura konnte nicht ausmachen, wohin der starre Blick gerichtet war.
„Du bist ja ein Frosch.“
„Ist das ein Problem?“, erwiderte der Frosch gereizt.
„Nein, nein, kein Problem, jedem das Seine. Ich hab nur noch keinen Frosch im Bademantel gesehen.“
„Okay“, sagte der Frosch kehlig und schubste den Einkaufswagen nach vorne, dass Laura aus dem Weg springen musste, um nicht über den Haufen gefahren zu werden. Bei dieser ruckartigen Bewegung begann der Frosch zu klingeln. Über seiner perlmuttschillernden Brust und dem aufgedunsenen Bauch lagen kiloweise Ketten. Er war mit Gold behängt wie ein Gangster-Rapper.
„Nun warte doch mal kurz“, sagte Laura und hielt den Einkaufswagen fest. „Ich glaub, ich hab mich verlaufen. Ich war vorhin noch auf dem Minigolfplatz und hab keine Ahnung, wie ich hier gelandet bin.“
„Du bist durch den Pool gefallen,“ sagte der Frosch.
„Stimmt, jetzt erinnere ich mich. Aber wie komme ich wieder zurück?“
Der Frosch verdrehte die Augen. „Du kommst natürlich genauso wieder zurück, wie du hergekommen bist. Und jetzt steh mir nicht länger im Weg rum. Ich muss Dinge suchen.“
„Schon gut, schon gut, danke für die freundliche Auskunft.“ Laura wandte sich zum Gehen, doch dann fiel ihr etwas ein. „Warte mal, Du hast nicht zufällig einen kleinen goldenen Ring gefunden?“
Der Frosch ließ den Griff des Einkaufswagens fahren und schob die Hände in die jeweils gegenüberliegenden Ärmel. „Goldring? Was für ein Goldring? Ich habe keine Goldringe.“
„Hast du wohl“, rief Laura, denn sie hatte es bereits an seinen langen Fingern glitzern sehen.
„Aber die gehören alle mir,“ blökte der Frosch.
„Dann zeig sie doch mal her, deine Ringe. Mein Ring hat eine kleine Schleife obendrauf.“ Laura rupfte den Frosch am linken Frotteeärmel. Da zog er die Hände wieder heraus und versetzte ihr einen Stoß vor die Brust, dass sie auf dem Boden landete.
Ihr Ring saß am äußersten Glied des kleinen Fingers seiner rechten Hand.
„Das ist mein Ring!“, rief Laura empört.
„Falsch“, sagte der Frosch und band sich den gelockerten Gürtel neu. „Was man in interterrestrischen Gewässern findet, darf man behalten. Weiß jeder.“
Laura rappelte sich wieder auf die Füße, hielt aber nun eine Armeslänge Sicherheitsabstand. „Den Ring hat mir mein Vater geschenkt und ich brauche ihn unbedingt zurück.“
Der Frosch fuchtelte jetzt aufgebracht mit den Händen. „Warum hast du ihn dann in den Pool geworfen? Wer so mit Wertgegenständen umgeht, hat sie auch nicht verdient. Aber so seid ihr Menschen. Schmeißt mit eurem Gold um euch und erwartet dann vom treudoofen Frosch, dass er euch das Zeug wieder rausholt.“
„Ich hab den Ring nicht in den Pool geschmissen. Das war mein bescheuerter Stiefvater. Du brauchst ihn doch gar nicht. Du hast doch kiloweise Gold.“
Der Froschmann machte „pah“ und winkte ab, wobei seine Armreifen klimperten. „Genau genommen habe ich tonnenweise Gold. Ich sammele ja nicht erst seit gestern.“
Laura zog die Bettelschnute, die bei ihrer Mutter immer zuverlässig wirkte. „Na also. Dann gib mir doch diesen einen klitzekleinen Ring zurück. Bittebitte. Es ist wirklich wichtig.“
„Na gut.“
„Ja?“
„Aber du musst etwas dafür tun.“ Blitzartig wischte sich der Frosch mit der Zunge über’s Auge.
Laura rümpfte angewidert die Nase. „Muss ich dich etwa küssen?“
„Sei nicht albern, Mädchen. Was ihr euch immer einbildet. Wer möchte schon sowas Haariges küssen?“
Laura zwirbelte einen Zopf um die Finger und spürte, dass sie rot wurde. „Was soll ich denn dann tun?“
„Du sollst ein Jahr und einen Tag meine Magd sein.“
„Das geht nicht. Ich muss zur Schule. Ich hab nur sechs Wochen Sommerferien.“
„Na gut, dann sechs Wochen.“
„Was tut eine Magd?“
„Wir brauchen vor allem Hilfe mit den Quappen. Hast du schon mal als Babysitter gearbeitet?“
„Ich bin doch selbst noch ein Kind.“
„Wirklich? Aber du hast doch schon Extremitäten und Lungen. Du bist doch mindestens zwölf Wochen alt.“
„Ich bin zwölf Jahre alt.“
„Verblüffend. Dass eure Spezies bei solchen Aufzuchtzeiten überlebt. Dabei hast du sicher nur ein paar hundert Geschwister.“
„Ich habe einen jüngeren Halbbruder. Der wohnt in München.“
„Verblüffend“, murmelte der Frosch, dann straffte er sich. „Also, sind wir im Geschäft?“
Laura zuckte die Schultern. Sechs Wochen Ferien als Froschmagd konnte kaum schlimmer sein als zwei Wochen Eifelwanderfamilie mit Frank. „Und danach bekomme ich den Ring zurück?“
„Nach sechs Wochen hast du einen Wunsch frei, den ich dir erfüllen werde.“
„Wieso einen Wunsch? Ich brauch doch eh nur den Ring.“
„Dann kannst du ihn dir ja wünschen. Aber wer weiß, vielleicht änderst du deine Meinung bis dahin noch. Sechs Wochen sind eine lange Zeit. Außerdem bist du ein Mensch und ein Weibchen noch dazu.“
„Pfff, wie du meinst. Ist mir auch wurscht.“
Insgeheim amüsierte sich Laura über die Dummheit des Frosches. Wenn er unbedingt auf dem Wunsch bestand, würde sie sich halt eine Tonne Gold inklusive ihres Ringes wünschen und mit einem Privatjet nach München fliegen. Oder sie würde sich unbegrenzte Wünsche wünschen und sich und ihr Gold in einer Sänfte von ihrem neuen Froschknecht nach München tragen lassen.
„Deal“, sagte Laura und der Frosch schlug ein.

Die Sonne im Nacken lief Laura lange hinter dem klingelnden Frosch mit dem scheppernden Einkaufswagen her. Ihr wurde schwindelig. Über der Steppe waberte eine Wolke Chlor. Die Pools waren rund und oval, quadratisch und langgestreckt, blitzeblau und algengrün. Dazwischen gab es Seen mit Uferschilf und Seerosen, ein paar Brunnen.
„Weißt du, wohin die alle führen?“, fragte Laura, doch der Frosch schlappte einfach weiter und machte nur „tsssssssssss“. Das tat er auch bei allen anderen Fragen, die sie stellte.
Endlich flirrten ein paar Erhebungen am Horizont. Laura hoffte, dass es keine Fata Morgana war, sondern eine Oase mit erfrischendem Eistee. Tatsächlich handelte es sich weder um das eine, noch um das andere, sondern um Berge aus Plunder: schiefe Sonnenschirme, Strandliegen, Schwimmflossen und Bierflaschen. Erst auf den zweiten Blick entdeckte Laura zwei Hütten in der Müllhalde, die offenbar aus demselben Schrott zusammengezimmert waren.
„Komm, ich zeig dir, was du machen musst.“ Der Frosch griff einen tropfenden Pelzklumpen aus dem Einkaufswagen und strebte auf ein Moskitonetz zu, das von einer Schaufensterpuppe mit stolzem Blick in die Höhe gehalten wurde. Je näher Laura diesem Zelt kam, desto lauter wurde das Brummen. Es stank schlimmer als Franks französische Käsespezialitäten.
Der Frosch lupfte die Gaze und warf den Pelzklumpen hinein. Die dicken Fliegen, die dabei aus dem Spalt quollen, pflückte er mit der Zunge aus der Luft. Dann schob er einen kleinen Kescher durch die Öffnung und fuhrwerkte damit im Moskitonetzzelt herum. Als er ihn wieder herauszog, war er mit wuselndem Gesumm gefüllt. Der Frosch nahm ein Plastikpaddel und hieb auf das Gewusel ein. „Du musst schnell sein, damit nicht zu viele entfleuchen.“ Mahnend hob er einen Finger. „Und nasch nicht zu viele.“
Er schabte den Brei mit den zuckenden Beinchen und Flügelchen in eine Frisbeescheibe. Dann lief er auf ein flaches Kinderschwimmbecken zu. Laura würgte ein paar Mal trocken, bevor sie ihm hinterher eilte.
„Ja, meine Kleinen, meine Süßen, ich hab was Feines für euch“, gurrte der Frosch und ließ den zähen Fliegenbrei ins Wasser flatschen. Im Becken brodelte es eine Weile schwarz, bis die Quappen vollgefressen zu Boden sanken und dort träge herumdümpelten.
„Füttern also?“, fragte Laura.
„Fliegenfangen, Füttern und Ablaichassistenz“, antwortete der Frosch, „aber das erklärt dir besser meine Frau.“
Er strebte zurück zur Müllhalde und blieb vor einer der Hütten stehen.
„Hier wohnt meine Frau“, flüsterte er. „Du gehst besser ohne mich rein. Und gib ihr das von mir“. Mit diesen Worten drückte er Laura eine Badehose in die Hand. Die duckte sich unter dem Türsturz hindurch und kämpfte noch mit den Badelaken, die den Eingang verhängten, als es aus dem Inneren keifte: „Was hast du hier zu suchen? Verschwinde aus meinen Gemächern! Ich rede nicht mit dir.“
„Entschuldigung“, sagte Laura, „ihr Mann meinte, ich soll mit ihnen sprechen.“
Sie stand in einem kreisrunden Raum, ein Mülliglu. Hunderte Münder lächelten sie mit strahlend weißen Zähnen an – Catherine, Victoria, Charlotte, Madeleine. Die knubbeligen Wände waren mit den Titelblättern von Klatschmagazinen tapeziert. Davor saß die Fröschin auf einem Klappstuhl. Sie trug ein Bikinioberteil und ein turmhohes Haarnest. „Bist du etwa eine Prinzessin?“, fragte sie mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen.
„Nicht, dass ich wüsste. Ich soll hier sechs Wochen als Magd arbeiten. Fliegenfangen, Füttern und Ablaichassistenz.“
Das Gesicht der Fröschin entspannte sich. Sie lächelte mit riesigen Zähnen. „Da hat der alte Taugenichts ja zur Abwechslung mal was Nützliches aus dem Wasser gefischt. Ablaichassistenz. Wurde auch Zeit. Muss ich das fette alte Scheusal endlich nicht mehr stundenlang auf dem Rücken herumschleppen.“
Die Fröschin wuchtete sich ächzend aus dem Stuhl. Tatsächlich war sie noch sehr viel größer und fetter als der Frosch. Die straff gespannte Haut an ihrem Unterleib war geradezu durchsichtig. Laura schlug beschämt die Augen nieder.
„Hier, ihr Mann hat mir diese Badehose mitgegeben.“
Versunken liebkoste die Fröschin Lauras Zöpfe, dann nahm sie ihr den Stoff aus der Hand und hielt ihn neben ihr Bikinioberteil.
„Dieser Crétin! Das ist doch nicht ozeanblau, das ist lagunengrün.“ Sie blies missbilligend den Kehlbeutel auf. „Sag doch mal, Mädchen, das beißt sich doch.“
„Na ja,“ sagte Laura und zuckte die Schultern, „immer noch besser als gar nichts.“
„Immer noch besser, immer noch besser“, schimpfte die Fröschin und warf die Hose auf einen bunten Haufen Lycra im hinteren Bereich der Hütte. „Es ist ja nicht so, als hätte ich nichts anzuziehen. Aber nichts passt zusammen. Wie sieht das denn aus?“
„Was muss ich da überhaupt machen bei der Ablaichassistenz?“, fragte Laura.
„Das zeige ich dir, wenn es so weit ist. Es wird gleich dunkel. Am besten fängst Du schon mal an, dir eine Höhle zu bauen.“
Laura war heilfroh der stickig-süßlichen Luft in der Hütte und den grabbeligen Fingern ihrer Bewohnerin zu entkommen. Der Frosch war nirgends zu sehen und so streunte sie alleine über die Müllkippe und trug Dinge zusammen, die ihr hüttenbaunützlich erschienen: ein Stück Wellblech, ein paar Plastikstühle und einen mechanischen Rasenmäher, dazu ein verheddertes Knäuel Wäscheleine. Doch die Konstruktionen, die sie daraus errichtete, stürzten immer wieder zusammen. Nachdem ihr das Wellblech zweimal auf die Füße gefallen war und der Rasenmäher einen großes Loch in ihre Leggins gerissen hatte, vertagte sie das Projekt. Ihr Lager für die Nacht war ein riesiges Luftmatratzenkrokodil, auf dem sie sich in mehrere Strandtücher gewickelt zusammenrollte. Kurz bevor sie einschlief, vernahm sie ein leises Pfeifen und spürte, wie ihr Hintern tiefer in das erschlaffende Krokodil sank.

Lauras Ferien als Froschmagd waren schmutzig und eintönig. Jeden Morgen fing sie mehrere Kescher Fliegen, zerdrosch sie mit dem Paddel und fütterte die Quappen. Zum Glück fand sie bald eine Taucherbrille mit Gumminase, die den Gestank am Moskitonetz erträglicher machte. Es gab fünf Pools, die sich in einem Radius von etwa fünfhundert Metern um die Müllkippe verteilten. Darin wuchsen unterschiedliche Generationen von Quappen heran, Kopfschwänzler mit Kiemenbüscheln, Kopfschwänzler mit verbreiterten Hautsäumen, Kopfschwänzler mit Hinterbeinchen und winzige Fröschlein mit Stummelschwänzen, dazu ein Pool für die Laichschnüre.
Alle paar Tage, wenn die Schwänze der Minifrösche fast verschwunden waren, musste Laura sie in einen Sangriaeimer abschöpfen und in die umliegenden Tümpel verteilen. Da die Seen und Teiche weit verstreut lagen und der Frosch ihr einschärfte, die Kleinen niemals in gechlortes Wasser zu schütten, dauerten diese Aussetztouren oft bis zum Sonnenuntergang. Am nächsten Morgen musste sie dann das Wasser aus dem Pool ablassen, den stinkenden Schlick, der dabei zurückblieb, herausschippen, und neues Wasser mit dem Eimer aus dem nächsten Brunnen nachfüllen. Wenn das Becken vorbereitet war, machte sie sich an die Ablaichassistenz. Dazu musste sie den warzigen Rücken der Fröschin massieren, während diese unter Stöhnen ellenlange Laichschnüre in einen Wäschekorb legte. Den Korb brachte Laura dann zum Froschmann, der damit in seiner Hütte verschwand und ihn eine halbe Stunde später wieder herausreichte. Dann waren die Laichschnüre mit einer milchigen Flüssigkeit bedeckt. Zuletzt musste Laura die Schnüre, die ihr immer wieder aus den Händen glitschten, an den Beckenrand heften. Kurz unterhalb der Wasseroberfläche und in schönen, gleichmäßigen Schlingen – darauf bestand die Fröschin.
Nach solchen Tagen schmerzte Lauras Körper vom verbrannten Scheitel bis zu den blutig gelaufenen Füßen. Oft knurrte ihr Magen, wenn der Frosch nicht genügend Obst, Kokosnüsse und Fische für sie gefunden hatte. Die schleimigen Laichschnüre verfolgten sie bis in ihre Träume, wanden sie um ihren Hals, fesselten ihr die Arme eng an den Körper und drückten zu, bis die Rippen knackten. Doch Schmerzen, Hunger und Ekel waren nicht das Schlimmste. Das Schlimmste waren die Langeweile und die Einsamkeit, die sich wie eiserne Bänder um Lauras Herz legten.
Der Frosch war den ganzen Tag mit dem Einkaufswagen unterwegs und wenn er abends zurückkam, drückte er ihr nur mürrisch ertrunkene Katzen, Hündchen oder Meerschweinchen für das Fliegenzelt in die Hand, oder schleimige Haarbüschel und Zahnprothesen für die Fröschin. Nur wenn er ausnahmsweise mal etwas Gold gefunden hatte, wurde er geschmeidiger, pfiff kleine Melodien, half Laura, die Knochen aus dem Moskitonetz zu fegen, oder wisperte Koseworte und Versprechungen durch die Ritzen der Hütte seiner Frau, bis die Fröschin wutentbrannt daraus hervorsprang und ihn mit Flüchen und Tritten vertrieb.
Mit der Fröschin war auch nicht viel anzufangen. Tagsüber verließ sie nur selten ihre Hütte, um sich eine Portion Fliegen aus dem Moskitonetz zu holen, den Quappen die Köpfchen zu tätscheln oder nachzuschauen, ob die Laichschnüre ordentlich drapiert waren. Wenn ihr Mann dann zurück war, zupfte sie ihre Perücke zurecht, überprüfte den Sitz ihres neuesten Gebisses, knotete sich eine purpurrote Picknickdecke wie ein Superheldencape um den Hals und stolzierte ein paar Runden im Abendlicht auf der Müllkippe umher, ohne den Frosch eines Blickes zu würdigen. Anfangs hatte Laura noch geglaubt, mit der Fröschin könne man sich unterhalten. Nach ein paar Tagen war ihr jedoch klar geworden, dass ihre Gespräche immer um dieselben Themen kreisten: Welche Bikiniteile passten farblich am besten zusammen? Sollte man die Oberteile ausstopfen oder besser leer hängen lassen? Konnte man Nagellack benutzen, wenn man keine Fingernägel hatte? Was war mit Lippenstift ohne Lippen? Sollte man noch bunte Schleifen in die Turmperücke flechten? Außerdem konnte die Fröschin die Finger einfach nicht von Lauras Zöpfen lassen, fummelte ständig an den Herzchenhaargummis herum und hatte sich einmal sogar hinterrücks mit einer Schere angepirscht. Seitdem mied Laura die Gesellschaft der Fröschin.
Nachts lag sie oft wach und starrte in die Sterne. Da die Nächte mild waren und sie nur ein halbes Jahr bei den Pfadfindern gewesen war, hatte Laura den Hüttenbau schnell aufgegeben und sich stattdessen eine Rattanliege mit mehreren Schichten Handtüchern aufgepolstert. Vielleicht würde sie ihrer Mutter nach ihrer Ankunft in München doch eine Karte schreiben, damit sie zumindest an den Wochenenden mal zu Besuch kommen könnte. Sogar mit Frank, wenn es denn nötig sein sollte. Überhaupt Frank, den vermisste sie natürlich kein Stück, aber manchmal träumte sie davon, wie er sie nach der Schule ausquetschte, wie ihr Tag gewesen sei, und dazu einen schiefen Stapel Pfannkuchen briet. Pfannkuchen konnte Frank wie kein Zweiter. Trotzdem kam Aufgeben und zurück durch den Pool zu Frank und ihrer Mutter Springen nicht in Frage. Dann wäre ja alles Fliegenzermatschen und Laichschnüredrapieren umsonst gewesen.

Täglich fragte Laura den Frosch: „Ist es noch lang? Wie viele Tage fehlen noch zu sechs Wochen?“ Sie hatte jedes Gefühl dafür verloren, wie lange sie schon in der Froschwelt schuftete.
Der Frosch antwortete darauf jedes Mal: „Ein bisschen noch. Es ist bald so weit.“
Eines Abends sah sie ihn zum ersten Mal mit der Fröschin tuscheln. Zwar hatte er schon viele Tuschelversuche unternommen, aber dass die Fröschin dabei stehen blieb und ihm sogar ihr Hörloch hinabneigte war neu.
Als Laura am nächsten Morgen die Quappenfütterung vorbereitete, stand der Frosch plötzlich hinter ihr und verkündete ungefragt: „Es sind noch drei Tage.“
Laura ließ das Fliegenpaddel sinken und wäre dem Frosch vor Freude fast um den Hals gefallen. Ein Schwarm dicker Brummer taumelte in die unverhoffte Freiheit. „Das ist ja wunderbar.“
Der Frosch nickte. „Und ich hab noch eine Überraschung für dich. Etwas Köstliches.“
Laura bemühte sich um ein erwartungsfrohes Lächeln. In der Beurteilung von Menschenköstlichkeiten lag der Frosch oft daneben. Noch letzte Woche hatte er ihr stolz einen Klumpen Seife präsentiert und war tief beleidigt gewesen, als sie erklärte, dass Seife ungenießbar sei. Doch diesmal hatte er es richtig getroffen. Er zog eine Dose Cola aus der Tasche seines Bademantels hervor. Nun gab es auf der Halde genug Dosen, um damit eine Kette zum Mond und zurück zu bilden, doch diese Dose war noch verschlossen. Laura strich sanft die geschwungenen weißen Linien auf rotem Grund nach. Die Dose war sogar kalt. Wie der Frosch das in der Hitze hinbekommen hatte, war ihr ein Rätsel.
„Sowas hast du dir doch schon lange gewünscht, nicht wahr?“ fragte der Frosch zufrieden.
„Ja, dieses schale Brunnenwasser kommt mir schon zu den Ohren raus.“
Der Frosch reichte ihr die Dose und Laura riss sie sofort auf. Allein schon dieses zischende Geräusch und dann das fast schmerzhafte Prickeln in der Kehle.
Der Frosch kicherte sich ins Fäustchen. „Trink, trink, Mädchen.“
Laura war verwirrt, so fröhlich hatte sie den Frosch noch nie gesehen, nicht einmal als er mit der goldenen Armbanduhr nach Hause gekommen war, die er jetzt am rechten Fußknöchel trug.
Sie setzte die Dose ab. „Warum lachst du so, Frosch?“
„Du hast dir die Cola gewünscht, hihi. Das war jetzt dein Wunsch. Wenn du den Ring willst, musst du noch ein Jahr und einen Tag lang bleiben.“
Die Kälte des Getränks kroch Laura bis in die Fingerspitzen. „Willst du mich verarschen, Frosch? Erstens war das überhaupt kein Wunsch. Ich habe nicht gesagt: „Ich wünsche mir eine Dose Cola.“ Ich hab das nicht als Wunsch eingeloggt. Das gilt überhaupt nicht. Und zweitens ist die Frist sowieso noch nicht abgelaufen.“
Jetzt fing der Frosch an zu prusten, dass sein Kehlsack vibrierte. „Doch, die Frist ist heute abgelaufen. Trag es mit Würde, Mädchen, ich habe dich überlistet. Du hast deinen Wunsch verspielt.“
Er ruckte den Kopf gerade noch rechtzeitig zur Seite, sonst hätte ihn die halbleere Coladose mitten ins Gesicht getroffen.
Laura brüllte ihn an: „Nein, Frosch, das war keine clevere List, das war ein ganz mieser, plumper Pfuschversuch. Du hast einfach nur gelogen!“
„Nanana, Mädchen, wer wird denn so eine schlechte Verliererin sein? Nur weil jetzt einmal der Frosch gewonnen hat. Ihr Menschen seid doch auch ganz groß im Verarschen. Versprecht einem das Blaue vom Himmel und wenn man dann mal höflich nachfragt: Klatsch! Na schönen Dank auch.“
Laura stampfte mit dem Fuß auf: „Ich hab keine Ahnung wovon du faselst, Frosch. Ich hab fair gespielt. Rück jetzt gefälligst den Ring raus! Sofort!“
Der Frosch tänzelte von einem Fuß auf den anderen und ließ seine Goldketten rasseln. „Hol ihn dir doch, Mädchen!“
Das ließ sich Laura nich zweimal sagen. Mit einem Wutgeheul preschte sie auf den Frosch los und rammte ihm den Schädel in den Bauch. Der war so weich, dass sie erst bis zu den Ohren darin versank, und so elastisch, dass sie Sekundenbruchteile darauf zurückgeschnellt wurde wie von einer Zwille. Sie landete rücklings auf dem Boden. Doch auch der Frosch hatte durch den Ansturm das Gleichgewicht verloren und stand nun mit rudernden Armen am Rande des Laichbeckens, bis er sich in seinem Bademantel verhedderte und mit einem lauten Klatschen hineinplumpste. Laura stürzte zum Beckenrand und als der Frosch wieder an der Wasseroberfläche auftauchte und nach der Leiter griff, briet sie ihm das mit Fliegen bematschte Plastikpaddel über der Schädel. Der Frosch verdrehte seine riesigen Augen, machte „urks“ und versank wie ein Stein.
Die Laichschnüre trieben in kurzen Fetzen über die Wasseroberfläche. Laura stand einen Moment reglos am Beckenrand und sah wie sich der Mantel in der Tiefe um den grünen Körper bauschte.
„Blöder Frosch“, seufzte sie, dann streifte sie die Schuhe von den Füßen und sprang hinterher.
Den Bewusstlosen am Schlafittchen zu packen und nahezu schwerelos an die Oberfläche zu ziehen, war kein Problem, aber den glitschigen Dickwanst aus dem Becken zu hieven, war ein echter Kraftakt. Hätte Laura in den letzten Wochen nicht so viele Wassereimer geschleppt, wäre es ihr sicher unmöglich gewesen. So schaffte sie es schließlich, ihn mit einem letzten, gewaltigen Ruck am Fuß über die Kante zu wuchten. Sie überlegte kurz, ob sie ihn nun Mund zu Mund beatmen müsste, doch er schnaufte schon wieder ganz gleichmäßig. So griff sie nach dem kleinen Finger seiner rechten Hand. Das Ringabziehen gestaltete sich schwerer als gedacht – die klumpig verdickten Fingerspitzen des Frosches wirkten wie eine natürliche Diebstahlsicherung – doch mit etwas Laichschleim flutschte es dann doch. Laura steckte sich den Ring an den Finger, stand auf und warf die nassen Zöpfe über die Schultern zurück. Die Augenlider der Frosches begannen zu flattern und er stöhnte ein zitteriges „Quaaaak“. Da beugte sich Laura herab, drückte ihm einen Kuss auf die kalte Wange und zog ihm die Goldketten über den Kopf.
„Sorry, Frosch, aber du hast es nicht anders gewollt“, sagte sie, hängte sich sein Geschmeide um den Hals und marschierte in die Steppe hinaus.
Als sie hundert Meter gegangen war, vernahm sie einen gellenden Schrei und wandte sich um. Die Fröschin stürzte zum Frosch, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte und die Stirn hielt. Sie kümmerte sich nicht einmal darum, dass ihr Haarturm vom Kopf rutschte, als sie ihren Mann mit Küssen bedeckte.

Laura irrte stundenlang durch die flirrende Hitze der Einöde. Nur selten hielt sie an, um aus einem Brunnen zu trinken oder sich die Knöchel in einem Pool zu kühlen. Noch nie zuvor hatte sie darüber nachgedacht, wie ähnlich sich die Becken alle sahen und wie wenig Anhaltspunkte die Landschaft bot. War der Pool beim Minigolfplatz eher quadratisch oder länglich gewesen? Bald schälte sich die Haut von ihren Schultern und ihre Lippen platzten auf.
In der Dämmerung fasste sie einen Entschluss. Jeder dieser Pools würde sie irgendwo hin führen. In eine Ferienanlage in Dubai, ein Olympiacamp in China oder einen Garten in Castrop-Rauxel. Sie trug genug Gold bei sich, um jede Reise zu bezahlen und eine deutsche Botschaft gab es so gut wie überall. Sie suchte sich einen Pool aus, der besonders geflegt schien und sie an ihren letzten Urlaub in der Türkei erinnerte: blitzeblau mit geschwungenen Linien. Er sah nicht sehr tief aus. Laura betrachtete ihren Ring, dessen Schleife im letzten Licht des Tages rotgold funkelte. Dann hielt sie die Luft an und sprang.
Sie hatte sich Sorgen gemacht, ob sie zu viel Auftrieb haben würde – schließlich musste sie zum Grund gelangen – doch das kiloschwere Gold um ihren Hals zerrte sie in die Tiefe.

 
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Also: Vorlagen für dieses sträflich überfällige Copywrite sind weltenläufer s Froschmann nebst dessen Inspirationsquelle, sein Wolkenmädchen sowie ein naheliegender Märchenklassiker.
Mit Novak, Möchtegern und dem neuen Text, den ich noch lesen muss, haben wir ja mittlerweile eine ganz ordentliche Froschanthologie im Forum zusammen. Vielleicht kann man da mal einen neuen Tag ...? Nein? Na gut ...

Was ich ansonsten noch zu den Entstehensumständen dieser Geschichte sagen kann: Das meiste wurde auf der Flucht vor Giuseppe in irgendwelchen Kellerlöchern mit termitisierten Dielenböden verfasst. Das erträgt man nur mit Alkohol. Zwischendurch hatte ich auch Fieber und einen Sonnenstich.

Let's fetz!

p.s.: und klar, wenn man um 3 Uhr postet, vergisst man natürlich auch prompt den Copywrite-Titelzusatz :Pfeif:

 
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Liebe fiz,
gibs zu, wär Giuseppe nicht gewesen, nie hätten wir diese schöne Geschichte zu lesen gekriegt. Wozu Mafiakiller so alles taugen, ich hätts nicht geglaubt. Ich muss Giuseppe mal einen Brieg schreiben, der soll dir auf den Fersen bleiben, wenn da so gutes Zeugs rauskommt.
Ich liebe es einfach, wie du schreibst. Ich könnt mich fast bei jedem Satz wegschmeißen und mit den Beinen vor Freude in der Luft rumkringeln. Das ist so voller Humor und Detailfreude und kleinen Zuspitzungen, einfach wunderschön.
Was ich auch immer wieder erstaunlich finde, das ist, wie du es hinkriegst, durch die Sicht der Icherzähler andere Personen einzufärben. Der widerliche Frank, der eigentlich überhaupt nicht widerlich ist. Die verplieserte verheulte Mutter, deren Sicht man nur zu gut verstehen kann, aber trotzdem erscheint sie einem überhaupt, besonders aber in der Szene, als sie nach dem Minigolfplatz-Besuch nachhause gehen, als Verräterin und vorher als verschleimte Opportunistin. Es liegt daran, dass du dieses Biest von Mädchen so zum Leben erweckst, das ist schon erstaunlich, dass man im Kopf zwar genau weiß, was los ist, dass die da einfach stinkeeifersüchtig ist, und alle alle Register zieht, aber vom Gefühl her ist man trotzdem auf der Seite von dem Mädchen. Die ist ja echt ein böser kleiner Widerborst am Anfang mit ihren Attacken gegen den bösen Stiefvater und in ihrem Kampf um die Mutter. Du schafft es aber, so viel Nähe zu diesem Mädchen herzustellen, dass Frank, der eigentlich nichts Böses tut, zum Widerling wird, die arme Socke die. Man weiß genau, er tut gar nichts Falsches und doch ist alles falsch für das Mädchen. Und auch wenn die Kleine anfangs auch egozentrisch ist, du schilderst das so lustig und mit so viel Nähe zu ihr, dass man die einfach gern haben muss. Das kriegst du besonders gut hin durch den "Mädelsabend", da spürt man ihr Bedürfnis nach Nähe zur Mutter, für sie ist all das Fastgefoode und schlechtes Zeugs im Fernesehen gucken, ein Akt der Nähe zur Mutter und ein Akt der Opposition gegen Frank.

Das war jetzt aber erst mal mein allererstes Begeisterungsgeschrei. Zusammen mit den paar Dingerchen, die ich gefunden hab,

„Nicht da rein. Zu gefährlich. Es tut mir leid. Ich kauf dir einen. Neuen Ring. Aus richtig echtem Gold“, schnaufte er feucht in ihren Nacken. Laura trat in die Luft und brüllte vor Wut. Erst spät bemerkte sie, dass ihre Mutter über dem keuchenden Laura-Frank-Knäul stand und sich das Gesicht hielt.
„Nichts gönnst Du mir“, schluchzte es aus ihr heraus, „nicht das kleinste bisschen Glück.“
Ich glaub den Punkt zwischen einen und Neuen, du hast ihn extra gemacht. Haut mich trotzdem raus. Ich stelle mir dann immer vor, wie der Frank das sagt und seh immer, wie er sich beim Sprechen verschluckt. Ich glaubs einfach nicht, dass einer so redet. Wenn er so sagen würde: Ich kauf die einen. Einen neuen. Das kann ich mir vorstellen.
Und naja, das ist vermutlich Geschmackssache, aber ich hätte die wörtliche Rede der Mutter direkt angehängt an "sich das Gesicht hielt". Für einen Moment hab ich geglaubt, jetzt redet die Kleine.
Davon ab finde ich die Stelle hier auch gut, diese Vorstellung, dass der Frank ihr so feucht in den Nacken atmet, die ist so eklig, dabei will er sie ja nur retten. Und die Mutter dann, obwohl man nur zu gut versteht, dass die mal die Nerven verliert, trotzdem gleichzeitig so übel vorwurfsvoll ist.

Aber Frühstücksfamilie war natürlich erst der Anfang, danach sollten sie auch noch eine Spaziergangsfamilie sein, und eine Minigolffamilie.
Die letzte Kommaabtrennung würd ich nicht machen.
Tolle Stelle ansonsten.

„Der ist doch nur vergoldet“, schnaubte der und grabschte nach danach.
nach ist zuville

Es roch KOMMA wie die angenagte Hähnchenkeule, die sie einmal aus Wut zwischen die Sitze von Franks Opel geschoben hatte, nach zwei Wochen gerochen hatte.
Puhh, ich weiß nicht, wie man den entwirrt, aber der Satz ist durch den Bau sehr unterbrochen. Erst dieser knappe HS, dann kommt ein Nebensatz, in den noch ein langer Relativsatz eingeschoben ist, dann erst die Fortsetzung des Nebensatzes. Man vergisst fast den Bezug. Ich würd das alles bisschen anders aufteilen.
Ansonsten hier, die ist echt einfallsreich, die Kleine.


Doch ihre Mutter heulte nur noch nasser, vor allem aus der Nase. Erst als sie wieder zuhause angekommen waren, blickte sie Laura wieder an. „Geh bitte in dein Zimmer. Ich kann dich heute nicht mehr sehen.“
So saß Laura auf ihrem Bett und wollte sich einsam und verlassen fühlen, vielleicht ein bisschen ins Kissen weinen, doch als die Bettfedern im Nebenzimmer anfingen zu quietschen, rauschte nur noch heiße Wut in ihren Ohren.
Da ist die Mutter echt ein Herzchen. Empathie von einem Frosch. :) Erst jagt sie sie weg und verlustiert sich dann mit dem Vertreiber des Vaters. Da hab ich Frau Mama ein bisschen gehasst.

Laura umrundete das Paar wie ein nervöser Hund und zuppelte am Ärmel ihrer Mutter. „Mama, bitte Mama, es tut mir leid. Ich versprech, nicht mehr so biestig zu sein, aber wir müssen den Ring da raus holen. Wir binden mir ein Seil um den Bauch und du hältst es fest. Dann ist es sicher.“
Das ist total niedlich und zum Schreien komisch.

Und ihre Mutter würde niemals erfahren, was aus ihr geworden war, ob sie von Kindsräubern entführt, oder in den Gartenhäcksler vom Hausmeister gefallen war.
Das ist eine Hausmeisterin und heißt Anna. :D

Der Vollmond spiegelte sich in der Pfütze auf der Plane. Laura leuchtete mit ihrem Handy in die Schwärze des Mauls, konnte aber nichts erkennen. So stieg sie rückwärts die Leiter hinunter. Die Luft im Maul legte sich warm und feucht auf ihr Gesicht. Mit jedem Schritt nach unten erwartete sie, ihren Fuß in eiskaltes Brackwasser zu tauchen. So viel tiefer konnte das Becken doch gar nicht sein. Sie tastete mit der rechten Fußspitze nach Grund, fand aber keinen.
Waah!


Also noch ein paar Stufen, dachte sie und trat ins Leere, versuchte noch, sich an den glatten Stahlrohren festzuhalten und fiel, fiel länger und tiefer als sie es für möglich hielt. Dabei sah sie Frank und ihre Mutter am Frühstückstisch sitzen. Sie schlürften glibbrige Eier durch Strohhalme und toasteten herzförmiges Brot. Ihre Mutter sagte: „Wer braucht schon Laura? Wir machen es uns jetzt so richtig romantisch.“
Dann legten beide die Köpfe zurück und lachten.
Lauras Schrei hallte als jämmerliches Quaken von den Betonwänden zurück.
Iihhhh.

Laura hustete fauliges Wasser und setzte sich auf. Die Sonne stach in ihre Augen. Wenige Meter entfernt beugte sich ein Mann im braungestreiften Bademantel mit Kapuze über den Rand eines Swimmingpools und rührte mit einem Stab darin herum.
Hier war ich echt einen Moment verpeilt und hab hochgerollt, um zu gucken, ob die doch irgendwoanders lang ist. Ich hätte hier gleich gebraucht, dass sie in einer neuen Landschaft gelandet ist. Der Swimmingpool und der Mann haben mir da nicht gleich geholfen. War einfach verwirrt und das riss mich raus.
Vielleicht liegst bei mir heut an der Hitze oder an momentaner Verpeiltheit, aber du kannst ja mal schauen, ob dir das noch ein zwei Leute schreiben, dann würd ich vielleicht mal prüfen, ob man den Leser vielleicht doch schneller neu orientieren sollte.

„Du bist ja ein Frosch.“
„Ist das ein Problem?“, erwiderte der Frosch gereizt.
:D
Auch der Frosch im Bademantel ist zum Kreischen. Und der Dialog danach.

Endlich flirrten ein paar Erhebungen am Horizont. Laura hoffte, dass es keine Fata Morgana KOMMA sondern eine Oase mit erfrischendem Eistee war.
Ich glaub, ich würd "war" direkt hinter die Morgana setzen. Dann setzt sich das sondern hübscher ab und der Leser muss nicht wieder überlegen, wozu das war denn noch mal gehört.

„Entschuldigung“, sagte Laura, „ihr Mann meinte, ich soll mit ihnen sprechen.“

Hunderte Münder lächelte sie mit strahlend weißen Zähnen an –
lächelten

Davor saß die Fröschin auf einem Klappstuhl. Sie trug ein Bikinioberteil und ein turmhohes Haarnest. „Bist du etwa eine Prinzessin?“, fragte sie mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen.
Cool

Ablaichassistenz. Wurde auch Zeit. Muss ich das fette alte Scheusal endlich nicht mehr stundenlang auf dem Rücken herumschleppen.“
Ach du Scheiße, mir schwant Übles.

Ihr Leben auf der Froschproduktionshalde zog sich dann ein bisschen, aber nur ein bisschen. Vielleicht hast du ja eine Idee. Aber es wurde ohnehin gelockert durch die merkwürdigen Interessen der Fröschin. Die ist echt so klasse.

„Sowas hast du dir doch schon lange gewünscht, nicht wahr?“ fragte der Frosch zufrieden.
„Ja, dieses schale Brunnenwasser kommt mir schon zu den Ohren raus.“
Der Saufrosch.
Ich seh schon, der ist beim Weltenläufer in die Lehre gegangen.

Laura stampfte mit dem Fuß auf: „Ich hab keine Ahnung KOMMA wovon du faselst, Frosch. Ich hab fair gespielt. Rück jetzt gefälligst den Ring raus! Sofort!“

Sie hatte sich Sorgen gemacht, ob sie zu viel Auftrieb haben würde – schließlich musste sie zum Grund gelangen – doch das kiloschwere Gold um ihren Hals zerrte sie in die Tiefe.
Okay, ich verstehe nicht ganz, ob sie da jetzt ersäuft. Aber weißt du was, ich würd den Satz ohnehin völlig weglassen.
"und sprang" ist viel besser als Abschluss. Ist doch ganz egal, ob sie irgendwohin kommt oder wohin genau und man muss auch nicht unbedingt ein böses Ende setzen. Der Schluss ohne den zit. Satz würde total passen. Ein junges Mädchen wird erwachsen mit dem Sprung. Sie hat was dazugelernt, mit ihrer Mischung aus Chuzpe, Menschlichkeit und Widerborstigkeit wird die schon durchkommen im Leben, die braucht man nicht im Dubaier Swimmingpool zu ersäufen.
Jedenfalls findet das nach diesem wunderbaren Amüsement die Frau
Novak

 
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Liebe feirefiz,
was soll man da noch schreiben, wenn Novak eigentlich fast alles schon gesagt hat, was es zu sagen gibt. Besonders natürlich deine Liebe zum Detail. Da ist es wirklich so, dass man viele Sätze mehrmals lesen möchte, so witzig, spritzig und phantasievoll sind sie. Einfach wundervoll.

Auch ich hatte übrigens Probleme an derselben Stelle wie Novak und musste nachschauen, ob ich etwas überlesen hatte. Möglicherweise geht es auch anderen so.

Laura hustete fauliges Wasser und setzte sich auf. Die Sonne stach in ihre Augen. Wenige Meter entfernt beugte sich ein Mann im braungestreiften Bademantel mit Kapuze über den Rand eines Swimmingpools und rührte mit einem Stab darin herum.

Wenn ich etwas zu mäkeln hätte, so wäre es vielleicht, dass mir die Vorgeschichte zu lang und etwas zu umständlich erschien. Ich hatte das Gefühl, dass du dich erst einmal einschreiben musstest und wartete fast darauf, dass es endlich losgeht.
Aber dafür wurde ich mit einer sehr schönen Fortsetzung entschädigt.

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo feirefiz,

wie hast du das denn gemacht? Ich glaube, die Geschichte ist magisch. Jede einzelne Figur müsste mir theoretisch aus mindestens einem Grund unsympathisch sein, aber tatsächlich habe ich sie am Schluss alle ins Herz geschlossen, einschließlich dem Frosch und seiner Frau und sogar Laura - und das, obwohl die Topmodels im Fernsehen guckt!

Das ist wirklich fantastisch, wie die Figur sich entwickelt. Am Anfang dachte ich: Was für ein Pubertätsmonster, ich hoffe irgendwas Schreckliches lauert auf dem Grund des Pools. Aber es ist schon sehr süß, wie wichtig ihr der Ring von ihrem Vater ist, und am Ende habe ich wirklich Respekt vor ihr, dass sie ihre Dienstzeit bei den Fröschen so tapfer durchzieht, dass sie sich den Colatrick nicht bieten lässt, und dass sie den Frosch aber trotzdem nicht ertrinken lässt.

Auf der anderen Seite mag ich aber das Froschpaar auch total gern. Trotz der ganzen ekligen und bizarren Details wie Fliegenbrei und Ablaichassistenz und der Fixierung auf Bikinifarben, und trotz der Hinterfotzigkeit mit der Cola habe ich mich Ende richtig gefreut, dass die beiden sich versöhnt haben.

Es gibt viele, viele wunderbare Details und sprachliche Glanzleistungen, und ganz wenige Sachen, wo ich eine Kritik oder Korrektur habe.

Frank huschte mit flackerndem Blick durch die Wohnung und sammelte seine Plörren in eine Plastiktüte.
Das Wort Plörre heißt für mich soviel wie eklige Brühe. Ungenießbarer Kaffee, warme Limonade, so was. Das war etwas seltsam für mich, dass der Frank ausgerechnet das einsammelt, bevor er die Wohnung verlässt ... vielleicht ist das aber auch eine regionale Spezialbedeutung von "Plörre", die nur in Sachsen gilt und es heißt hier eigentlich was anderes?

Auf dem Sofa gab es mit Frank nur blöde Pistazien, deren rote Häute er mit der Zunge so laut aus den Zähnen zitschelte, dass man sich kaum darauf konzentrieren konnte, was im Fernsehen lief.
Sehr schönes Detail. Die sucht wirklich mit aller Macht nach Sachen, die Frank in schlechtem Licht dastehen lassen. :)

In diesem Moment kam ihre Mutter ins Wohnzimmer gefegt, den Busen hochgeschnallt, dass er aus dem Ausschnitt quetschte, mit schwarzer Schminke über dem Augenrot und flusig ausgebürsteten Haarklumpen.
Wow, der Blick auf die Mutter ist auch echt gnadenlos. An solchen Stellen hätte ich es nicht bedauert, wenn Laura in einen Gartenhäcksler gefallen wäre. Hier fand ich aber auch diesen Vorher-Nachher Vergleich toll, wie die Mutter aussah, als Frank gegangen ist und wie sie aussieht, als er wieder da ist.

Auf Lauras Teller lagen rosa Haargummis mit Plastikherzen.
Ein bisschen kann ich sie schon verstehen, es muss schwer sein, den Frank zu ertragen. Der gibt sich ja total Mühe, aber manchmal ist das Gegenteil von gut eben gut gemeint.

Aber Frühstücksfamilie war natürlich erst der Anfang, danach sollten sie auch noch eine Spaziergangsfamilie sein und eine Minigolffamilie. An die dräuende Eifelwanderfamilie wollte Laura gar nicht erst denken.
einfach nur :thumbsup:

Erst spät bemerkte sie, dass ihre Mutter über dem keuchenden Laura-Frank-Knäul stand und sich das Gesicht hielt.
Knäuel

„Nichts gönnst Du mir“, schluchzte es aus ihr heraus, „nicht das kleinste bisschen Glück.“
Die Mutter ist ein bisschen überzeichnet vielleicht. Also Klischees gibt es natürlich im wahren Leben auch, aber hier fand ich es ein bisschen dick aufgetragen.

Aber so seid ihr Menschen. Schmeißt mit eurem Gold um euch und erwartet dann vom treudoofen Frosch, dass er euch das Zeug wieder rausholt.
Der muss ja schon bittere Erfahrungen gemacht haben, mit ballspielenden Prinzessinnen oder so. :)

„Du sollst ein Jahr und einen Tag meine Magd sein.“
„Das geht nicht. Ich muss zur Schule. Ich hab nur sechs Wochen Sommerferien.“
:lol: Die Dialoge mit dem Frosch sind einfach großartig.

Wurde auch Zeit. Muss ich das fette alte Scheusal endlich nicht mehr stundenlang auf dem Rücken herumschleppen.
Die wissenschaftliche Genauigkeit, was die Lebensweise der Frösche angeht, finde ich toll. Auch die Stelle mit den verschiedenen Entwicklungsstadien der Kaulquappen und den Laichschnüren. Großes Lob für die Recherche. :)

Das Schlimmste waren die Langeweile und die Einsamkeit, die sich wie eiserne Bänder um Lauras Herz legten.
Kommt mir bekannt vor. :)
Ich bin hin und weg, dass diese Mischung funktioniert. Die Ideen aus weltenläufers Geschichten, die Märchenanspielungen, die familiären Konflikte und die exakten Details zur Fortpflanzung von Fröschen. Das ist wirklich eindrucksvoll, dass bei all diesen extrem unterschiedlichen Einflüssen eine so runde Geschichte rausgekommen ist.

Nach ein paar Tagen war ihr jedoch klar geworden, dass ihre Gespräche immer um dieselben Themen kreisten: Welche Bikiniteile passten farblich am besten zusammen? Sollte man die Oberteile ausstopfen oder besser leer hängen lassen? Konnte man Nagellack benutzen, wenn man keine Fingernägel hatte? Was war mit Lippenstift ohne Lippen? Sollte man noch bunte Schleifen in die Turmperücke flechten? Außerdem konnte die Fröschin die Finger einfach nicht von Lauras Zöpfen lassen, fummelte ständig an den Herzchenhaargummis herum und hatte sich einmal sogar hinterrücks mit einer Schere angepirscht.
Diese Bessessenheit der Fröschin, sich irgendwie menschlich zu verkleiden, und die Frage am Anfang, ob Laura etwa eine Prinzessin ist, lassen mich eine bestimmte Vorgeschichte vermuten. Es scheint, dass die Fröschin meint, Grund zur Eifersucht zu haben. Ich bin aber nicht sicher, ob das berechtigt ist. Ich kaufe es dem Frosch eigentlich ab, dass er kein besonderes Interesse an Menschen hat. Vielleicht war alles ein Missverständnis, nur weil irgendwelche doofen Tussen nicht aufpassen können und Gold in Brunnen fallen lassen ...

Vielleicht würde sie ihrer Mutter nach ihrer Ankunft in München doch eine Karte schreiben, damit sie zumindest an den Wochenenden mal zu Besuch kommen könnte. Sogar mit Frank, wenn es denn nötig sein sollte. Überhaupt Frank, den vermisste sie natürlich kein Stück, aber manchmal träumte sie davon, wie er sie nach der Schule ausquetschte, wie ihr Tag gewesen sei, und dazu einen schiefen Stapel Pfannkuchen briet. Pfannkuchen konnte Frank wie kein Zweiter. Trotzdem kam Aufgeben und zurück durch den Pool zu Frank und ihrer Mutter Springen nicht in Frage. Dann wäre ja alles Fliegenzermatschen und Laichschnüredrapieren umsonst gewesen.
Ich wünsche ja eigentlich niemandem, sechs Wochen lang Fliegen zu zermatschen und beim Ablaichen zu helfen, aber trotzdem hab ich das Gefühl, dass es Laura gut tut. :)

Der Frosch tränzelte von einem Fuß auf den anderen und ließ seine Goldketten rasseln.
tänzelte

Sie landete rücklinks auf dem Boden
rücklings

Das Ringabziehen gestaltete sich schwerer als gedacht – die klumpig verdickten Fingerspitzen des Frosches wirkten wie eine natürliche Diebstahlsicherung – doch mit etwas Laichschleim flutschte es dann doch.
Das ist echt toll. Ich könnte auch die ganze Geschichte zitieren und so was drunterschreiben, aber die naturgetreuen Froschbeschreibungen gefallen mir am besten.

Als sie hundert Meter gegangen war, vernahm sie einen gellenden Schrei, wandte sich.
ich glaube das geht nicht, ohne dass ein "um" hinterherkommt

In eine Ferienanlage in Dubai, ein Olympiacamp in China oder einen Garten in Castorp-Rauxel.
Castrop

Dann hielt sie die Luft an und sprang.
Sie hatte sich Sorgen gemacht, ob sie zu viel Auftrieb haben würde – schließlich musste sie zum Grund gelangen – doch das kiloschwere Gold um ihren Hals zerrte sie in die Tiefe.
Ich stimme Novak zu, dass die Geschichte lieber mit "und sprang." enden sollte. Der letzte Satz ist unnötig.

Das ist eine hervorragende Geschichte. Beim Copywrite sind viele sehr schöne Sachen herausgekommen, aber ich glaube, das ist mein Favorit. Bei den Temperaturen gerade war ein Sprung durch einen Pool einfach genau das richtige.

Und ich bin jetzt voll dafür, einen extra Froschgeschichten-Tag einzuführen. Responsive Design und so ein Kram kann warten, ich finde der Webmaster sollte sich erst mal um die wirklich notwendigen Dinge kümmern! :lol:

Grüße von Perdita

 
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Frosch schrieb:
„Was man in interterrestrischen Gewässern findet, darf man behalten. Weiß jeder.“
Ja, das Seerecht ist ein Hund.

Ach, fiz, hätte ich doch nur die Geduld, so umfangreiche und ausführliche und konstruktive und eloquente und schlaue Kommentare zu schreiben, wie Novak und Perdita das so wahnsinnig gut können.
Aber ich bin halt ein verdammt fauler Hund, und obendrein sehe ich mich sowieso außerstande, zu dem, was Novak und Perdita z.B. über deine Figurencharakterisierung sagen, noch irgendwas Vernünftiges beizutragen. Ich kann das einfach nur abnicken und sagen, also besser hätt ich’s auch nicht sagen können.

Aber zumindest das kann ich sagen: Das ist eine wirklich bezaubernde Geschichte.

Vielleicht konnte sie mich, der ich ja nicht wirklich ein Fan von Märchen oder gar Fantasy bin, auch deshalb so begeistern, weil du mich die längste Zeit einfach auf die falsche Fährte führst. Der Anfang ist ja vollkommen realistisch, diese ganze verquere Familiensituation, die süße, freche Göre (natürlich sah ich Klein-fiz vor mir :D) mit ihren durcheinanderen, alterstypischen Gefühlen, der überforderte Stiefvater, die dusselig verliebte Mutter, das ist ja allemal Real Life, na ja, und dann noch in dieser aberwitzig herrlich schrägen fiz-Diktion geschrieben, Mann, da konnte ich einfach nicht mehr zu lesen aufhören. Und wie es dann losgegangen ist mit dem Froscherich im Bademantel (Arthur Dent in einem Paralelluniversum?), also da war dann eh schon alles zu spät für mich.
Und dann das Setting in der Froschwelt! Einfach irre. Diese verrückten Requisiten, alles nur Dinge, die den blöden Menschen in ihre Scheißpools fallen. Großartig, wie genau und originell und konsequent du das durchziehst, vom Einkaufswagen und Planschkrokodil über Sonnenliegen und Frisbee bis zur Coladose. Eine herrliche Idee und auch dramaturgisch perfekt umgesetzt.
Ehrlich, fiz, ich liebe diese Geschichte, auch wenn sie ein Märchen ist. Ich bin begeistert. Und, äh … darf ich dich was fragen, fiz? Äh, willst du

Nein, ich bin eh schon wieder ernst:

… lag ein kleiner Swimmingpool, der schon seit Jahren außer Betrieb war.
Find ich nicht so gut. Kann man einen Swimmingpool „in Betrieb nehmen“? Hm.
Vielleicht: …der schon seit Jahren nicht mehr verwendet wurde/nicht mehr in Verwendung stand/stillgelegt war/ohne Wasser vor sich hinrottete/moderte/gammelte. usw.
Da gibt’s genug bessere Möglichkeiten, glaub ich.

Sie zog einen Rotzklumpen hoch und seilte ihn an einem Schleimfaden in die Finsternis ab, bis er sich losriss. Wie [besser: Dass] er aufschlug, hörte sie nicht.
"ließ ihn ... hinunter" gefiele mir besser. Aber toll finde ich, dass du hier wie beiläufig schon den Schleim ins Spiel bringst, noch lange bevor überhaupt von den schleimigen Lurchen die Rede ist.
Überhaupt machst du das ja öfter. Du erwähnst wie beiläufig ein Detail, um es dann später wieder aufzugreifen, z.B. die Haargummis, oder Franks Regenjacke, und an solchen Kleinigkeiten merkt man halt, dass du offenbar wirklich viel Mühe und Gedanken in die Konstruktion deiner Texte steckst, auch wenn sié dann noch so leichtfüßig und mühelos geschrieben wirken.

… und heulte in den wasserabweisenden Kragen seines Anoraks.
Großartig. Da soll noch einmal einer kommen und sagen, Adjektive seien scheiße.

So saß Laura auf ihrem Bett und wollte sich einsam und verlassen fühlen, vielleicht ein bisschen ins Kissen weinen,
Großartig. Das sind einfach so wunderbar leichte, fast unauffällige Winzigkeiten, durch die du deine Figuren lebendig machst. Aus den paar Worten lässt sich im Grunde alles über Lauras Verfassung herauslesen. Andere brauchen für so was oft viele Zeilen und kriegen's trotzdem nicht hin. Ganz toll.

Novak schrieb:
Ich hätte hier gleich gebraucht, dass sie in einer neuen Landschaft gelandet ist. Der Swimmingpool und der Mann haben mir da nicht gleich geholfen. War einfach verwirrt und das riss mich raus.

barnhelm schrieb:
Auch ich hatte übrigens Probleme an derselben Stelle wie Novak und musste nachschauen, ob ich etwas überlesen hatte. Möglicherweise geht es auch anderen so.
Also ich hatte mit dem Szenenwechsel keinerlei Problem. Abgesehen davon, dass ja ohnehin eine eindeutige Zäsur zum bisherigen Text da ist:

fiz schrieb:
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
die ich übrigens schauerlich hässlich finde. Wär‘s z.B. so nicht hübscher?

***​

… also abgesehen von dieser Layout-Katastrophe, war es spätestens dieser Satz:

Die Sonne stach in ihre Augen.
und dann noch zusätzlich das

beugte sich ein Mann im braungestreiften Bademantel mit Kapuze über den Rand eines Swimmingpools
was mir klar machte, dass ein Zeit- und Ortswechsel stattgefunden hat. Laura ist ganz augenscheinlich nicht mehr in dem nächtlichen Pool. Also ich sehe da keinen Änderungsbedarf. (Aber vielleicht bin ich auch nur ein außergewöhnlich schlauer Hund.)

Hier allerdings schon (ich meine Änderungsbedarf):

Er triefte vor Nässen.

Mit diesen Worten drückte er Laura eine Badehose in die Hand. Die duckte sich unter dem Türsturz hindurch
Hm. Die Laura, die Badehose, die Hand.
Möglicherweise liest das jeder anders. Aber ich beziehe „Die“ eher auf die Badehose oder die Hand, als auf Laura, auch wenn ich den Satz mehrmals lese.
Ich würde „Sie“ schreiben. (Oder sogar „Laura“. Die Wiederholung des Namens empfände ich hier nicht als störend.)

Aber abgesehen von den paar Winzigkeiten ist die Geschichte sprachlich einfach großartig, fiz. Das ist einer dieser Texte, wo ich, um ein paar beispielhafte stilistische Leckerbissen zu zitieren, kurzerhand den gesamten Text in den Kommentar kopieren könnte. Für mein Gefühl definierst du hier wieder einmal den Begriff „Sprachwitz“ neu.
(Lautstärke Trommelfellschaden, Zerfetzmaterial, immer wieder selbstkreierte lautmalerische Verben, usw.) Ich werde ab heute einfach Sprachfiz dazu sagen.


offshore

 
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Hallo zusammen,

das freut mich ja mordsmäßig, dass die Geschichte bisher so gut ankam (man wartet ja nach so viel Lob immer mit eingezogenem Kopf auf das Donnerwetter, das einem da reingrätscht). Ich hatte nach so viel Zeit und Mühe nämlich selbst kaum noch ein definierbares Gefühl zu ihr. Und oft ist es ja so, dass so langsam und angestrengt geschriebenes sich auch ebenso liest.

Aber einer nach dem anderen:

Hallo Novak,

gibs zu, wär Giuseppe nicht gewesen, nie hätten wir diese schöne Geschichte zu lesen gekriegt. Wozu Mafiakiller so alles taugen, ich hätts nicht geglaubt. Ich muss Giuseppe mal einen Brieg schreiben, der soll dir auf den Fersen bleiben, wenn da so gutes Zeugs rauskommt.
Ohne Giuseppe wär das letzte bisschen zumindest nicht so schnell gegangen, aber ich war wirklich die ganze Zeit da dran (zumindest mit dem Hinterkopf) und hatte mir das fest vorgenommen, das zuende zu schreiben.

Was ich auch immer wieder erstaunlich finde, das ist, wie du es hinkriegst, durch die Sicht der Icherzähler andere Personen einzufärben. Der widerliche Frank, der eigentlich überhaupt nicht widerlich ist. Die verplieserte verheulte Mutter, deren Sicht man nur zu gut verstehen kann, aber trotzdem erscheint sie einem überhaupt, besonders aber in der Szene, als sie nach dem Minigolfplatz-Besuch nachhause gehen, als Verräterin und vorher als verschleimte Opportunistin.
Freut mich, dass das so funktioniert hat. Ist ja auch immer ein Risiko so ein unzuverlässiger Erzähler. Ich hatte am Anfang halt vor allem das Bedürfnis den sprichwörtlich bösen Stiefvater aus weltenläufers Geschichte durch einen durchschnittlichen Stiefvater zu ersetzen. Denn auch mit durchschnittlichen Stiefvätern kann es ja eine Menge Zoff geben. Und ja, war mir wichtig, dass alle so ihre Fehler haben, aber trotzdem nachvollziehbar bleiben. Menschen/Frösche halt. Alle mit berechtigten Interessen, die nur nicht immer so gut zusammenpassen.

Ich glaub den Punkt zwischen einen und Neuen, du hast ihn extra gemacht. Haut mich trotzdem raus. Ich stelle mir dann immer vor, wie der Frank das sagt und seh immer, wie er sich beim Sprechen verschluckt. Ich glaubs einfach nicht, dass einer so redet. Wenn er so sagen würde: Ich kauf die einen. Einen neuen. Das kann ich mir vorstellen.
Ich wollte halt das Sprechen zwischen den Kampfschnaufern darstellen, aber irritieren soll es nicht, deshalb ist es jetzt geändert.

Puhh, ich weiß nicht, wie man den entwirrt, aber der Satz ist durch den Bau sehr unterbrochen. Erst dieser knappe HS, dann kommt ein Nebensatz, in den noch ein langer Relativsatz eingeschoben ist, dann erst die Fortsetzung des Nebensatzes. Man vergisst fast den Bezug. Ich würd das alles bisschen anders aufteilen.
Du bist echt ein Profi, Novak. Mit dem Satz hab ich echt rumgekämpft. Manchmal will man einfach zu viel auf einmal. Hab jetzt erstmal inhaltlich geändert, bis mir vielleicht ne bessere Umsetzung einfällt.

Hier war ich echt einen Moment verpeilt und hab hochgerollt, um zu gucken, ob die doch irgendwoanders lang ist. Ich hätte hier gleich gebraucht, dass sie in einer neuen Landschaft gelandet ist. Der Swimmingpool und der Mann haben mir da nicht gleich geholfen. War einfach verwirrt und das riss mich raus.
Vielleicht liegst bei mir heut an der Hitze oder an momentaner Verpeiltheit, aber du kannst ja mal schauen, ob dir das noch ein zwei Leute schreiben, dann würd ich vielleicht mal prüfen, ob man den Leser vielleicht doch schneller neu orientieren sollte.
Versteh ich. Ich wollte natürlich so ein bisschen Lauras Verwirrung nachvollziehen, aber auch nicht zu stark. Ich hab da jetzt mal ganz pragmatisch eine optische Zäsur gesetzt - hatte vorher schon mal Überschriften mit "Hier" und "Dort" für die beiden Teile angedacht - und bei ernst hat's offensichtlich schon geholfen.

Ihr Leben auf der Froschproduktionshalde zog sich dann ein bisschen, aber nur ein bisschen. Vielleicht hast du ja eine Idee. Aber es wurde ohnehin gelockert durch die merkwürdigen Interessen der Fröschin. Die ist echt so klasse.
Ja, das ist halt so eine report-Passage. Wär sicher auch eindrucksvoll gewesen, die erste Ablaichassistenz szenisch darzustellen, aber der Text ist schon so verdammt lang. Da hatte ich Angst, dass die Leser mir abhauen. Und ein bisschen wollte ich es auch für mich beschleunigen.

Okay, ich verstehe nicht ganz, ob sie da jetzt ersäuft. Aber weißt du was, ich würd den Satz ohnehin völlig weglassen.
"und sprang" ist viel besser als Abschluss. Ist doch ganz egal, ob sie irgendwohin kommt oder wohin genau und man muss auch nicht unbedingt ein böses Ende setzen. Der Schluss ohne den zit. Satz würde total passen. Ein junges Mädchen wird erwachsen mit dem Sprung. Sie hat was dazugelernt, mit ihrer Mischung aus Chuzpe, Menschlichkeit und Widerborstigkeit wird die schon durchkommen im Leben, die braucht man nicht im Dubaier Swimmingpool zu ersäufen.
Hargh, das sagt Perdita ja auch. Aber ich hab ja immer viel Angst vor zu Süß. Ich hab ja schon die (theoretische) Versöhnung mit Frank und Mutter und von Frosch und Fröschin. So was kleines Böses brauchte ich einfach noch. Und es ist ja auch nicht eindeutig, ob sie ersäuft, oder nur nach Dubai durchtaucht.

Vielen lieben Dank für Deinen Erstkommentar, Novak. Das ist ja immer der am heißesten erwartete. Hilfreiches Kleinzeug hab ich stillschweigend übernommen.

Hallo barnhelm,

gut, das mit dem Umsprung in die Froschwelt sehe ich sofort ein. Ich hoffe, die jetzige Lösung schafft da Abhilfe.

Wenn ich etwas zu mäkeln hätte, so wäre es vielleicht, dass mir die Vorgeschichte zu lang und etwas zu umständlich erschien. Ich hatte das Gefühl, dass du dich erst einmal einschreiben musstest und wartete fast darauf, dass es endlich losgeht.
Da hatte ich ehrlich gesagt auch ein bisschen Bedenken, ob das zu lang ist. Hatte auch schon ordentlich gekürzt, so etwa 30%. Andererseits ist der Teil in der realen Welt ja auch nicht nur Mittel zum Frosch. Also im Moment wüsste ich nicht, worauf ich da noch verzichten könnte. Aber mit etwas Abstand trennt man sich ja leichter. Ich behalt das auf jeden Fall im Auge.

Vielen Dank für Deinen Kommentar und für's Gutfinden :)

Hallo Perdita,

wie hast du das denn gemacht? Ich glaube, die Geschichte ist magisch. Jede einzelne Figur müsste mir theoretisch aus mindestens einem Grund unsympathisch sein, aber tatsächlich habe ich sie am Schluss alle ins Herz geschlossen, einschließlich dem Frosch und seiner Frau und sogar Laura - und das, obwohl die Topmodels im Fernsehen guckt!
Das ist wirklich ein schönes Kompliment. Da freu ich mich sehr drüber, weil mir das eben so wichtig ist, irgendwie alle Figuren fair zu behandeln. Aber Sympathielenkung ist halt auch so ne Gratwanderung und man selbst kann ja kaum beurteilen, ob das auch so ankommt, wie man es sich gewünscht hat.

Das ist wirklich fantastisch, wie die Figur sich entwickelt. Am Anfang dachte ich: Was für ein Pubertätsmonster, ich hoffe irgendwas Schreckliches lauert auf dem Grund des Pools. Aber es ist schon sehr süß, wie wichtig ihr der Ring von ihrem Vater ist, und am Ende habe ich wirklich Respekt vor ihr, dass sie ihre Dienstzeit bei den Fröschen so tapfer durchzieht, dass sie sich den Colatrick nicht bieten lässt, und dass sie den Frosch aber trotzdem nicht ertrinken lässt.
Ja, Laura ist ein Biest mit Herz. Ich mag an ihr vor allem, dass sie so direkt ist. Mit lappigen Kindern kann ich nicht viel anfangen. Dann lieber Teufel mit Format. Und Scheidungskinder haben ja eh immer ne gute Ausrede für Monstrigkeit.

Auf der anderen Seite mag ich aber das Froschpaar auch total gern. Trotz der ganzen ekligen und bizarren Details wie Fliegenbrei und Ablaichassistenz und der Fixierung auf Bikinifarben, und trotz der Hinterfotzigkeit mit der Cola habe ich mich Ende richtig gefreut, dass die beiden sich versöhnt haben.
:D Ich mich auch. Hatte noch viel bösere Enden geplant, die ich dann aber nicht über's Herz gebracht habe.

Das Wort Plörre heißt für mich soviel wie eklige Brühe. Ungenießbarer Kaffee, warme Limonade, so was. Das war etwas seltsam für mich, dass der Frank ausgerechnet das einsammelt, bevor er die Wohnung verlässt ... vielleicht ist das aber auch eine regionale Spezialbedeutung von "Plörre", die nur in Sachsen gilt und es heißt hier eigentlich was anderes?
Nee, "Plörre" bedeutet hier auch dasselbe, aber Plörren ist hier sowas wie Plunder. Ich kann mir schon denken, dass sowas Regionales im ersten Satz viele Leser stolpern lässt. Aber irgendwie häng ich grad so an dem Wort.

Die Mutter ist ein bisschen überzeichnet vielleicht. Also Klischees gibt es natürlich im wahren Leben auch, aber hier fand ich es ein bisschen dick aufgetragen.
Ja, hmm. Muss ich nochmal drüber nachdenken. Ich glaub, sowas sagen Mütter schon mal, sowas Opfermäßiges. Andererseits sind die ja alle etwas überzeichnet. Also Laura auch. Ich denke ...

Der muss ja schon bittere Erfahrungen gemacht haben, mit ballspielenden Prinzessinnen oder so.
exakt!

Die wissenschaftliche Genauigkeit, was die Lebensweise der Frösche angeht, finde ich toll. Auch die Stelle mit den verschiedenen Entwicklungsstadien der Kaulquappen und den Laichschnüren. Großes Lob für die Recherche.
Hihi, Recherche war hauptsächlich Wikipedia. Aber ich steh ja auch auf so ein Biologiezeugs. Schön, dass es Dir auch gefallen hat.

Diese Bessessenheit der Fröschin, sich irgendwie menschlich zu verkleiden, und die Frage am Anfang, ob Laura etwa eine Prinzessin ist, lassen mich eine bestimmte Vorgeschichte vermuten. Es scheint, dass die Fröschin meint, Grund zur Eifersucht zu haben. Ich bin aber nicht sicher, ob das berechtigt ist. Ich kaufe es dem Frosch eigentlich ab, dass er kein besonderes Interesse an Menschen hat. Vielleicht war alles ein Missverständnis, nur weil irgendwelche doofen Tussen nicht aufpassen können und Gold in Brunnen fallen lassen ...
Das ist auf jeden Fall die richtige Fährte. Aber ich glaub, der Frosch ist nicht so unschuldig, er ist nur ehrlich geläutert, weil Prinzessinnen aus der Distanz meist schicker sind, als im echten Leben.

Ich stimme Novak zu, dass die Geschichte lieber mit "und sprang." enden sollte. Der letzte Satz ist unnötig.
Noch sträube ich mich gegen das vollkommene Happy End

Vielen Dank auch dir Perdita. Das ist schön zu sehen, wie auch so kleine Details, die man mit Mühe und Liebe in den Text gefizelt hat, gesehen werden.

Hallo ernst,

Aber zumindest das kann ich sagen: Das ist eine wirklich bezaubernde Geschichte.
Vielleicht konnte sie mich, der ich ja nicht wirklich ein Fan von Märchen oder gar Fantasy bin, auch deshalb so begeistern, weil du mich die längste Zeit einfach auf die falsche Fährte führst.
Ich hatte ja auch so meine Bedenken. Ich dachte, mit der Geschichte hätte ich mich vollends aus allen Zielgruppen herauskatapultiert. Zu realistisch für Fantasy, zu abgedreht für Realismus. Nicht richtig was für Kinder, nicht richtig was für Erwachsene. Aber wenn ich damit sogar noch so nen abgebrühten Hund wie Dich am Zipfel krieg, bin ich ja mehr als begeistert.

die süße, freche Göre (natürlich sah ich Klein-fiz vor mir )
Ich glaub, ich war nur teilweise so. Zum Glück waren Mutter und Stiefvater auch sehr unkompliziert. Ich kann mich aber sehr gut dran erinnern, dass ich mal abgehauen bin. Mit so nem Hänschenklein-Bündel am Wischmoppstock, weil ich dachte, so packt man halt, wenn man ausreißt. Passt allerdings nicht viel rein. Na ja, ich hab mich dann im Keller versteckt und meine mitgenommenen Kekse gegessen, in der Hoffnung, dass meine Mutter vergeht vor Sorgen und alle Ungerechtigkeiten bereut, die sie mir jemals angetan hat (Zimmeraufräumenmüssen und so). Irgendwann war mir dann so langweilig, dass ich wieder aus dem Versteck raus bin. Meine Mutter hatte nicht mal gemerkt, dass ich weg war. So ein Rabe!

Und wie es dann losgegangen ist mit dem Froscherich im Bademantel (Arthur Dent in einem Paralelluniversum?), also da war dann eh schon alles zu spät für mich.
Nee, Arthur Dent hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Ist aber ne naheliegende Assoziation.

Und dann das Setting in der Froschwelt! Einfach irre. Diese verrückten Requisiten, alles nur Dinge, die den blöden Menschen in ihre Scheißpools fallen. Großartig, wie genau und originell und konsequent du das durchziehst, vom Einkaufswagen und Planschkrokodil über Sonnenliegen und Frisbee bis zur Coladose. Eine herrliche Idee und auch dramaturgisch perfekt umgesetzt.
FeinFeinFein. Dabei bin ich immer noch der Meinung, dass meine Poolfunde nur halb so bizarr sind, wie das, was echte Poolboys so finden. Ich hätte mal ein paar interviewen sollen.

Find ich nicht so gut. Kann man einen Swimmingpool „in Betrieb nehmen“? Hm.
Vielleicht: …der schon seit Jahren nicht mehr verwendet wurde/nicht mehr in Verwendung stand/stillgelegt war/ohne Wasser vor sich hinrottete/moderte/gammelte. usw.
Da gibt’s genug bessere Möglichkeiten, glaub ich.
"nicht mehr geöffnet worden war" hatte ich ursprünglich. Ich guck nochmal

"ließ ihn ... hinunter" gefiele mir besser.
Bitte? Ausgerechnet Du findst das Verb "abseilen" doof. Nix gibts. Ist doch viel spezieller als "hinunterlassen" auch wenn es technisch nicht akkurat sein mag so ohne Gurte und Karabiner.

Großartig. Da soll noch einmal einer kommen und sagen, Adjektive seien scheiße.
Yippieyeah! Ich bin ja eine geheime Adjektiv-Rehabilitatrix

Großartig. Das sind einfach so wunderbar leichte, fast unauffällige Winzigkeiten, durch die du deine Figuren lebendig machst. Aus den paar Worten lässt sich im Grunde alles über Lauras Verfassung herauslesen. Andere brauchen für so was oft viele Zeilen und kriegen's trotzdem nicht hin. Ganz toll.
War auch so ne Stelle, wo ich unsicher war. Weil ich oft so ein starkes Gefühl zu bestimmten Formulierungen hab und mir dann nicht sicher bin, ob die nur auf mich so notwendig wirken.

Also ich sehe da keinen Änderungsbedarf. (Aber vielleicht bin ich auch nur ein außergewöhnlich schlauer Hund.)
Das muss es sein. Ich weiß auch nicht, wie die anderen diese deutlichen Zeichen verpassen konnten, zumal mit diesen hässlichen Xen, die ich Dir gerne ich gefälligere Sterne umtausche, oder wahlweise eine andere Währung $$$

Hm. Die Laura, die Badehose, die Hand.
Möglicherweise liest das jeder anders. Aber ich beziehe „Die“ eher auf die Badehose oder die Hand, als auf Laura, auch wenn ich den Satz mehrmals lese.
Ich würde „Sie“ schreiben. (Oder sogar „Laura“. Die Wiederholung des Namens empfände ich hier nicht als störend.)
Das war tatsächlich ein Versuch, zumindest ein "Laura" zu sparen. Weil ich ja normalerweise nicht in der dritten Person schreibe, hab ich da immer kein Gefühl zu, wie oft man den Namen der fokalen Figur verwenden darf. Aber wenn Du sagst, Laura ist okay, ist das gewiss die einfachste Lösung.

Ich werde ab heute einfach Sprachfiz dazu sagen.
:D Danke!

Übrigens hab ich mich von Giuseppe getrennt. Das mit Fluffy war so nicht abgesprochen. Er hätte doch eine fremde Katze nehmen können, dieser Grobschlacht.

Liebe Grüße an alle,

fiz

 
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Liebe fiz,

da hab ich mich aber gefreut, als ich gesehen hab, Du hast es dann auch endlich und so. Da hab ich auch gleich zu lesen begonnen und mich nach dem Lesen vor meinem Kommentar gedrückt. Ich will es jetzt nicht Donnerwetter nennen, eher so - weiß nicht.
Also ... doch die Geschichte ist hübsch und unterhält. Aber ganz ehrlich, deine Art zu schreiben macht es einem auch sehr einfach alles zu mögen, ich mein, du könntest mit ne Betriebsanleitung fürs Telefon schreiben oder eine Anleitung zum Braten von Spiegeleiern und ich würde das gerne lesen. Wahrscheinlich würde ich endlich auch alle Funktionen von meinem Telefon kennen, weil ich diesen Zettel mal gelesen hätte :). Geschmunzelt hab ich auch und mich an schönen Wörtern erfreut. Aber als ich so fertig war mit dem Text, da fehlte mir was, was ihn wirklich groß machen würde. Ich lag so geflegelt auf meiner Couch mit den Blättern in der Hand und hab mich gefragt, was will fiz mir eigentlich erzählen? Bei deinen anderen Geschichten kam diese Frage nie auf. Und bei der letzten Märchencopy von Dir, die war eben auch irgendwie mehr Märchen für mich. Hier bin ich in einer Trashwelt, die aber auch irgendwie nicht wirklich trashig ist. Sie ist eher niedlich trashig (wegen deines Stils) und das hat ein ganz komisches Lesegefühl bei mir erweckt. Der Anfang ist zwar sehr cool, und wahrscheinlich auch eher die Geschichte die gern weitergelesen hätte (persönliche Vorliebe), aber er zweiteilt die Geschichte natürlich. Ich bin mir unschlüssig, ob ich die Einleitung überhaupt brauchte. Klar, Du ziehst dann so eine persönliche Entwicklung ins Feld, was wohl (für mich) der Textintention am nächsten kommt, aber so richtig und in dieser Ausführlichkeit ... mich irritierte das. Dann doch nach zwei Sätzen ab in den Pool. Frau Holle like - böse Stiefmutter/Stiefvater - ab in den Brunnen und los geht der Spannungsbogen. Du brichst ja den aufgebauten Spannungsbogen und musst dann erst mal einen neuen aufbauen.

Was mir jedoch noch mehr aufgestoßen ist (und damit scheine ich wohl auch allein zu sein), ist das Alter der Protagonistin. Ich hab sie stellenweise wie 14/15 gelesen, weil Laura so unheimlich reflektiert rüberkommt und dann bekommt die Herzchengummis und meine erste Reaktion war, das ist doch Verarsche. Und Laura trägt die auch noch!

Laura hörte sich ihr Greinen noch einen Moment an, dann stellte sie die Anlage auf Trommelfellschaden und begann zu tanzen. Sie riss die Fenster auf, um den Frankmief abziehen zu lassen und saugte rasselnde Pistazienschalen aus der Sofaritze. Einen von Franks Käsesocken, der dabei schlürfend im Rohr steckenblieb, fischte sie heraus und warf ihn den Mäusen als Zerfetz- und Nestpolstermaterial in den Käfig. Danach brachte sie einen Beutel Flaschen weg und kaufte vom Pfand gelbe Rosen aus dem Wassereimer vor der Kasse des Supermarkts.
Sie würde es gemütlich machen. So arschgemütlich, dass ihre Mutter es endlich begreifen musste: Ohne Frank war das Leben besser.

Ja, so Entscheidungen, Beziehungsanlyse statt einfach: Mutti ist traurig, das soll nicht sein - das macht sie für mich älter.

Nachdem das fünfzehnte Fischstäbchen gerecht halbiert und verspeist war, streckte sich Laura über die gesamte Länge der Couch aus. Den Kopf legte sie zum Zöpfeflechten in den Schoß ihrer Mutter.

Und dann hier - zum Zöpfeflechten in den Schoß der Mutter - weiß nicht, da war sie eben wieder jünger.

Und so ging es hin und her für mich. Ich frag mich jetzt ernsthaft, ob ich da ein schiefes Bild der Altersgruppe hab, weil die anderen ja dieses Problem nicht hatten. Für mich ist es kein homogenes Bild. Bei mir schwankt die im Alter mächtig. Herzchengummis in den Haaren behalten (7), nur sechs Wochen Ferien, länger geht nicht (12) und wenn sie so reflektiert rüberkommt halt 14/15.

Ansonsten, so wie die anderen. Ich hatte Spaß und Freude, hab mich gut unterhalten, nur eben am Ende war es kein rundum-befriedigtes Gefühl und zwischendurch dieses Altersdings. Die Idee hinter der Copygeschichte hat mir auch gefallen. Aus Kinderklau (habe ich so in Erinnerung) wird Kindermassenproduktion :).

Liebe Grüße, Fliege

 

Hey Fliege,

ich kann nicht behaupten, dass mich Deine Kritik völlig unvorbereitet trifft. Dass das kein Text mit tiefer Botschaft ist, war mir schon (durchaus auch peinlich) bewusst. Es war schon eher als Unterhaltung mit netten Figuren angelegt - und ist halt auch ein Copywrite, ohne dass ich mir das selbst als Ausrede gelten lassen mag. Ich hab auch echt noch gegrübelt, ob man da nicht noch was Tiefschürfenderes da rausholen kann. Zumal mit diesem Müllkippenthema. Es gibt ja nun mal echt Menschen, die von unserem Wohlstandsmüll leben und das wäre wirklich ein gesellschaftlich brisantes Thema gewesen. Aber wie ich das jetzt den Fröschen aufnapfen sollte - das hätte die Geschichte (und mich) echt überfordert. Also hab ich es bei einer bunten und relativ harmlosen Unterhaltungsgeschichte belassen, die vielleicht im Detail ein paar schöne Gedanken zum entdecken hat - zum Miteinander von Menschen und menschenähnlichen Fröschen. Aber ja, Du hast recht. Schlaflose Nächte oder durchgrübelte Stunden wird die Geschichte niemandem bescheren. Aber meine Copys sind ja oft ein Anstoß, dass ich überhaupt wieder ans Schreiben komme und demnächst dann vielleicht noch mal was Persönlicheres und Tieferes präsentieren kann.

Die Zweiteilung der Geschichte find ich aber glaub ich nicht so dramatisch. Für mich gehören die Teile ganz eng zusammen, weil da auch so viele Querverstrebungen sind. Und irgendwie ist das schon so ne leichte poetische Gerechtigkeit, dass das störrische Balg mal Froschmagd sein muss, um zu sehen, was sie an ihrem Frank so hat, und dass sie mal ein Paar versöhnt, anstatt es auseinander zu bringen. Das wird sich ja auch auf den Konflikt in der normalen Welt auswirken - insofern ist das für mich keine ganz neue Schiene, nur halt ein ungewöhnlicher Weg der Bewältigung. Und na ja, mit dem Spannungsbogen - ich hatte einfach gehofft, wenn da plötzlich ein Frosch mit Bademantel und Einkaufswagen auftaucht, wird der Leser nicht gähnen. :shy:
Frau Holle hat ja eigentlich auch eine sehr ausgeprägte und relevante Rahmenhandlung.

Was mir jedoch noch mehr aufgestoßen ist (und damit scheine ich wohl auch allein zu sein), ist das Alter der Protagonistin. Ich hab sie stellenweise wie 14/15 gelesen, weil Laura so unheimlich reflektiert rüberkommt und dann bekommt die Herzchengummis und meine erste Reaktion war, das ist doch Verarsche. Und Laura trägt die auch noch!
Sowas ist immer kritisch, weil 12jährige ja so unglaublich verschieden sind. Manche spielen noch mit Puppen, andere fummeln mit Jungs rum. Ich hatte mir dieses pre-teen-Alter extra ausgesucht, weil es ja sowohl sehr erwachsenes, wie auch sehr kindliches Verhalten zulässt. Das ist für mich gerade die Grenze, wo sich das sehr stark mischt, eine Zeit der Kontraste. Die 12jährige, die ich aktuell im Umfeld habe ist einerseits ziemlich reflektiert, andererseits hab ich dieses Zöpfeflechtbild auf Mutters Schoß gerade von ihr. Gut, die reagiert sehr cool auf die Froschwelt, aber meine Figuren gehen immer recht gelassen mit Surrealität um. Das ist eher so ein literarischer Stilisierungseffekt als die authentische Reaktion eines echten Menschen.
Klar, für Herzchenhaargummis ist sie eindeutig zu alt, sagt sie ja selbst, aber ich hab mir das so gedacht, dass sie die in der Froschwelt eh so halb vergisst, weil sie andere Sorgen hat (sind ja auch keine Mitschüler da) und auch aus ganz pragmatischen Gründen behält. Es sind ihre einzigen Zopfgummis und Zöpfe sind bei so Ekelarbeiten wie Ablaichassistenz praktisch. So ganz geheim ist es natürlich auch ein Andenken an Zuhause.
Also ich kann mir höchstens denken, dass es aufgrund dieser Unterschiedlichkeit der Reifegeschwindigkeit zwischen unterschiedlichen Kindern, aber auch innerhalb einzelner Kinder (:hmm:) hilfreich sein könnte, das Alter früher explizit zu machen und das mit den Haargummis deutlicher zu machen.

Danke für Deinen Kommentar!

lg,
fiz

 

Hallo feirefiz,

a. Sehr gerne gelesen und köstlich amüsiert.

b. Der letzte Absatz ist mir zu viel. Wenn die Geschichte schon keine Rückkehr beschreibt, scheint mir ein kurzes open end richtig.

c. Beim Nachsinnen über die Geschichte fand ich sie nicht mehr einfach lustig. Mir fiel eine Zeichnung von G. Seyfried ein von den AKW-Mutanten. Was geschieht eigentlich mti den Menschen, die in den Müllhalden unserer Zivilisation leben? Ist ihre Welt auch so absurd für uns wie die Froschwelt - und die ist ja für einen Menschen mit Biologiekenntnissen gut dargestellt. Hat der ja doch recht intelligente Frosch sich damit arrangiert, Zeit seines Lebens Müll zu sammeln und Gold, mit dem er nichts anfangen kann, zu horten und Quappen in die Welt zu setzen. Wie kommt man sich vor - als Mensch oder als Frosch - wenn man erkennt, dass man gefangen ist in einem System das mehr Müll produziert als verwertet?

Nein, je länger mir die Geschichte im Kopf rumgeht desto betroffener werde ich. Aber ich find es gut, dass Du nicht mit dem Holzhammer zuhaust, sondern die Gedanken leise anregst. Eine süße Story mit bitterem Nachgeschmack.

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey jobär,

a. Sehr gerne gelesen und köstlich amüsiert.
Sehr schön :D

b. Der letzte Absatz ist mir zu viel. Wenn die Geschichte schon keine Rückkehr beschreibt, scheint mir ein kurzes open end richtig.
Och menno! Aber was ist denn dann mit dem Goldthema. Das ist mir doch so wichtig. Ich setzt mir jetzt eine Meßlatte. Wenn insgesamt 10 Kommentatoren sagen, der letzte Absatz ist blöd, denk ich nochmal drüber nach. Bisher gibt es drei Stimmen (Gut, dass der Text so lang ist, und dass Copys eh kaum jemand liest, har har)


Beim Nachsinnen über die Geschichte fand ich sie nicht mehr einfach lustig. Mir fiel eine Zeichnung von G. Seyfried ein von den AKW-Mutanten. Was geschieht eigentlich mti den Menschen, die in den Müllhalden unserer Zivilisation leben? Ist ihre Welt auch so absurd für uns wie die Froschwelt - und die ist ja für einen Menschen mit Biologiekenntnissen gut dargestellt. Hat der ja doch recht intelligente Frosch sich damit arrangiert, Zeit seines Lebens Müll zu sammeln und Gold, mit dem er nichts anfangen kann, zu horten und Quappen in die Welt zu setzen. Wie kommt man sich vor - als Mensch oder als Frosch - wenn man erkennt, dass man gefangen ist in einem System das mehr Müll produziert als verwertet?
Das freut mich natürlich sehr, dass Du da auch etwas Bitternis entdeckst. Ich fand die Froschexistenz auch sehr traurig. Das hat sowas Sisyphoshaftes. Einerseits haben die da ne klare Aufgabe: Fortpflanzung - aber ist das Sinn? Die Leere solcher Reproduktionskreisläufe fällt ja oft erst auf, wenn das Drumrum reduziert wird. Es ist ja auch so langweilig und statisch da. Man weiß gar nicht, wie lange die da schon so vor sich hin existieren. Ich glaub, da ist Laura auch einfach ne willkommene Abwechslung, die sie nicht verlieren wollen. Ich hab ja jetzt schon zweimal dieses oben angegebene Pavianbuch gehört (Ja, es ist ein Hörbuch ;)) Da untersucht dieser Primatenforscher Paviane, weil er was über Stress bei Menschen herausfinden will. Und er sagt, Paviane sind ein gutes Vergleichsbeispiel, weil die nur 4 Stunden am Tag "arbeiten" müssen, also ihre Existenz durch Nahrungssuche sichern. Dadurch haben sie den Luxus, sich sozialen Stress erlauben zu können - wie Menschen, in wohlhabenden Kulturen eben. Und wie die Frösche. Denen geht es gut genug, um sich gegenseitig das Leben zur Hölle zu machen.
Und ja, das mit dem Gold hat Du gut erkannt: Während das Gold für Laura eine ganz klare Funktion hat - es ist eine Erinnerung an ihren Vater und eine Währung, um andere Dinge zu bezahlen - ist es für den Frosch völlig selbstzweckhaft. Er kann sich damit nichts kaufen. Wen will er damit beeindrucken? Es gibt keine Gesellschaft innerhalb derer er damit irgendeinen Status verbildlichen kann. Es ist im Grunde ebenso Müll wie der ganze Rest. Sogar mehr Müll als die Haustierleichen, die ja noch eine Funktion haben. Das ist ja auch so ein klassisches Märchenthema, diese sinnlose Gier nach Gold, die dann ins Verderben führt. Was haben Drachen davon, auf einem Haufen Gold zu hocken? Außer Ärger mit irgendwelchen Zwergen und Rittern? Sammeln ist auch so ein Phänomen, was ja urmenschlich ist und mich sehr fasziniert. Warum häufen Menschen nutzlose Dinge einer bestimmten Sorte an? Es gibt auch so ne Buchreihe "Die Höhlenkinder", die ich als Kind mal gerne gelesen habe, die so am Beispiel zweier in die Wildnis verschollener Kinder im Zeitraffer die komplette Menschheitsgeschichte von der Steinzeit bis Weißichnicht nachzeichnet, mit Religion, bestimmten Handwerkstechniken und irgendwann dann auch mit Gold, das ganz böse Auswirkungen hat und die beiden, die ja eh nur sich haben, total entzweit. Hat mich damals total fasziniert, weil das Gold zwar selten, aber in dieser isolierten Miniwelt auch so maximal unnütz war. Vielleicht hätte ich aus dem Thema auch noch mehr machen können. Eine Prinzessin, deren Lieblingsspielzeug eine goldene Kugel ist, ist ja auch krass.
Und ich glaub, die Frösche haben schon auch einen Minderwertigkeitskomplex. Die Fröschin will Prinzessin sein und der Frosch hat mindestens einen gescheiterten Ausbruchsversuch hinter sich.
Und so ganze kleine Wirtschaftssysteme, die vom Wohlstandsmüll leben, ich finde das hochinteressant. Aber was hier natürlich fehlt, um das richtig gesellschaftlich zuzuspitzen, ist das Elend. Die Frösche haben ja keinen richtigen Existenzkampf, das ist halt alles nur unheimlich trist. Also ich wär froh, wenn mir da was unheimlich Cleveres eingefallen wär, um das alles noch zu schärfen, aber irgendwie war ich damit dann insgesamt überfordert: Vorlagen einarbeiten., Märchen einarbeiten, Plot entwickeln, Figuren entwickeln, phantastische Welt designen, die irgendwie funktioniert (das war für mich das Schwierigste, weil Ungewohnteste). Aber wer weiß, vielleicht kommt da noch ein Geistesblitz. Für's Erste freu ich mich aber, dass es Dich auch in der jetzigen Form schon zum Denken anregen konnte.

Vielen Dank und liebe Grüße,
fiz

 

Hallo fiz,

ich habe mir noch mal Gedanken über das Gold gemacht, und meine Meinung über den letzten Satz wieder geändert - grade wo du anfängst, selbst daran zu zweifeln. :)

Also ich denke immer noch, dass es den Satz nicht unbedingt braucht, und dass das "und sprang" irgendwie wie der natürliche Abschluss klingt und der Satz mit dem Gold hinterher ein bisschen angepappt wirkt. Aber es gibt auch Argumente, ihn stehen zu lassen.

Es hat gerade wieder jemand das Wolkenmädchen von Weltenläufer ausgegraben und kommentiert, und das hat mich daran erinnert, dass dort auch ein Goldschatz eine Rolle spielt. Ohne den Topf mit Gold würde es dort am Ende keinen Regenbogen geben. Und hier ist das Gold vielleicht auch eine Art Brücke, die Laura hilft, wieder nach Hause zu kommen. Man könnte das als Hommage zur Originalgeschichte sehen, oder einfach als Anspielung auf die magischen Eigenschaften, die Gold in Märchen oft hat.

Klar, es spielt auch die Idee mit rein, dass die Gier einen ins Verderben stürzen kann, man kann den Schluss so interpretieren, dass Laura wegen des Goldes vielleicht auf der anderen Seite nicht aus dem Pool auftauchen kann. Aber man muss es ja nicht so interpretieren. :)

Laura hat ja wirklich verdammt hart gearbeitet für diesen kleinen Ring. Und dann wollten die Frösche sie auch noch übers Ohr hauen. Vielleicht nimmt sie sich einfach ihren gerechten Lohn. Und sie weiß ja wirklich nicht, wo sie landen wird. Es ist also nicht unbedingt Gier, sondern vielleicht einfach Klugheit, ein bisschen extra für das Ticket nach Hause mitzunehmen.

Auf jeden Fall scheint es so, dass das Ende mit diesem Satz mehr Nachdenklichkeit und Diskussion auslöst als ohne ihn, und ich denke, das spricht schon dafür, ihn zu behalten.

 

Hallo feirefiz,

ja, die Höhlenkinder. Ich habe deb ersten Band aus der Schulbücherei in den fünfziger Jahren verschlungen. Die Folgebände habe ich erst als Jungerwachsener in die Finger bekommen - und war leider gar nicht mehr begeistert.

Icxh habe mir das mit dem Gold und dem Schlußsatz noch einmal überlegt. Laura hat auch als Jugendliche eine gewisse Vorstellung vom Wert des Goldes und vom Wert ihrer Arbeit. Aolso o.k. Aber welchen Einfluss hat das Gold auf ihre weitere Reise? Vielleicht gewinnt der Schluß durch eine Umstellung:

Er sah nicht sehr tief aus.
Sie hatte sich Sorgen gemacht, ob sie zu viel Auftrieb haben würde – schließlich musste sie zum Grund gelangen –
Laura betrachtete ihren Ring, dessen Schleife im letzten Licht des Tages rotgold funkelte. Dann hielt sie die Luft an und sprang.
doch das kiloschwere Gold um ihren Hals zerrte sie in die Tiefe. -- und wohin noch?
Ich habe deine Sätze nur auseinandergerissen, so dass die innere Logik jetzt perdu ist, aber bei dieser Abfolge wäre mir die Bedeutung des Goldes für Laura als mächtige Unterstützung ihres Zauberrings deutlicher.

Liebe Grüße

Jo

 

Doch ihre Mutter heulte nur noch nasser, vor allem aus der Nase.

Was bleibt mir nach allen Vorreden noch zu sagen,

liebe fiz,

vielleicht – dass ein wenig Lewis Carroll durchschimmere. Nun gut, der Pool ist kein Kaninchenloch, aber ein Übergang in eine andere Welt. Zudem spielt der Frosch (als footman) bei Carroll nur eine eher bescheidene Nebenrolle. Vor allem ist Laura keine Alice. Aber selbst die Traumwelt ist eine andere als vor nun genau anderthalb Jahrhunderten und wird vom Müll eingeholt. Und schließlich bin ich gewiss, dass nicht jeder Frosch ein König ist.

Trivialeres:

Hier schnappt die Fälle-Falle zu

Frank huschte mit flackerndem Blick durch die Wohnung und sammelte seine Plörren in eine Plastiktüte.
Frank tut seine Plörren zwar in eine Tüte, sammelt sie aber in einer Tüte.
… bekam ihn kurz zu fassen und fühlte, wie er ihren Finger wieder entglitt, als sie ihren Arm mit einem Ruck aus Franks Griff riss.
(entweder „ihren Fingern“ oder „ihrem Finger“)

Hier nun wäre m. E. gegen Ende der Indikativ gegen den Konjunktiv einzutauschen:

Sie würde es gemütlich machen. So arschgemütlich, dass ihre Mutter es endlich begreifen musste: Ohne Frank war das Leben besser.
(besser, so find ich „Ohne Frank sei/wäre das Leben besser“) Ähnlich hier
damit man sich in Ruhe darüber unterhalten konnte, wie der Tag so gewesen war.
(„… gewesen sei/wäre“) und hier auch,

Und ihre Mutter würde niemals erfahren, was aus ihr geworden war, ob sie von Kindsräubern entführt, oder in den Gartenhäcksler vom Hausmeister gefallen war.
(wobei sich das Komma einsparen lässt
Und ihre Mutter würde niemals erfahren, was aus ihr geworden war, ob sie von Kindsräubern entführt[…] oder in den Gartenhäcksler vom Hausmeister gefallen [sei/wäre].

Hier wäre m. E. die Vorsilbe „weg“ (= von etwas weg be-wegen, auf dem Weg) auszutauschen
Als Lauras Mutter am Abend aus ihrer Schlafzimmerhöhle tapste, hatte sie eine dicke Nase, rote Augen und Haare, die in Klumpen vom Kopf wegstanden.
Standen die Haare nicht einfach ab?

Hier ließen sich die Pronomen etwas reduzieren

Damit rupfte sie den Ring, den ihr Vater vor zwei Jahren zu[m] Geburtstag geschickt hatte, vom Finger und hielt ihn Frank unter die Nase.
… zu ihrem echten Vater zurück bringen würde.
zurückbringen


… und trat ins Leere, versuchte noch, sich an den glatten Stahlrohren festzuhalten[,] und fiel, fiel länger und tiefer[,] als sie es für möglich hielt.
Laura war heilfroh[,] der stickig-süßlichen Luft in der Hütte und den grabbeligen Fingern ihrer Bewohnerin zu entkommen.

Er triefte vor Nässe.
(Triefte die Nase schwach oder troff sie stärker?)
…, die irgendwie verrutscht schienen …
(entweder „erschienen“ oder „schienen zu sein“)

Sowas hast du dir doch schon lange gewünscht, nicht wahr?“[,] fragte der Frosch zufrieden.
Sie suchte sich einen Pool aus, der besonders ge[p]flegt [zu sein//altern.: er...]schien und …

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hey Perdita,

freut mich, dass ich Dir das Gold nun doch noch etwas schmackhaft machen konnte. :D

Es hat gerade wieder jemand das Wolkenmädchen von Weltenläufer ausgegraben und kommentiert, und das hat mich daran erinnert, dass dort auch ein Goldschatz eine Rolle spielt. Ohne den Topf mit Gold würde es dort am Ende keinen Regenbogen geben. Und hier ist das Gold vielleicht auch eine Art Brücke, die Laura hilft, wieder nach Hause zu kommen. Man könnte das als Hommage zur Originalgeschichte sehen, oder einfach als Anspielung auf die magischen Eigenschaften, die Gold in Märchen oft hat.
Bewusst eher Letzteres. Aber der Bezug zur Originalgeschichte ist natürlich noch cooler, vielleicht hat der mich unbewusst beeinflusst. Auf jeden Fall werde ich jetzt einen weg finden, das Gold zu behalten. das mit der Brückenfunktion passt auch so gut.

Klar, es spielt auch die Idee mit rein, dass die Gier einen ins Verderben stürzen kann, man kann den Schluss so interpretieren, dass Laura wegen des Goldes vielleicht auf der anderen Seite nicht aus dem Pool auftauchen kann. Aber man muss es ja nicht so interpretieren.
Ja, so offen war das auch gedacht. Man kann auch finden sie hat das Gold verdient und es hilft ihr zurück nach Hause. Ist dann auch bei ihr ein Wandel. anfangs war sie ja schon auch etwas materialistisch, als sie Franks Plastikherzchen gegenüber dem echten Goldring abkanzelt. Jetzt geht es nur noch um den pragmatischen Wert des Goldes und im Falle des Ringes wohl auch um den sentimentalen Wert.

Hallo Jo,

ja, die Höhlenkinder. Ich habe deb ersten Band aus der Schulbücherei in den fünfziger Jahren verschlungen. Die Folgebände habe ich erst als Jungerwachsener in die Finger bekommen - und war leider gar nicht mehr begeistert.
Ich hab jetzt erst gesehen wiiie alt die Bücher sind. Kein Wunder, dass die etwas antiquiert rüberkamen. Ich fürchte auch, heute fänd ich die nicht mehr so toll.

Aber welchen Einfluss hat das Gold auf ihre weitere Reise?
Also als Tauchgewicht (evtl. Ersäufgewicht) und Reisegeld.

Also es scheint mir auf jeden Fall ein starkes Bedürfnis danach zu geben, dass der Text mit einem klassischen "Sie sprang" abgeschlossen wird. Ich werd also mal gucken, ob ich das Gold vorher unterbringen kann. Vielen Dank für Deine Vorschläge.

Hallo Friedel,

vielleicht – dass ein wenig Lewis Carroll durchschimmere. Nun gut, der Pool ist kein Kaninchenloch, aber ein Übergang in eine andere Welt. Zudem spielt der Frosch (als footman) bei Carroll nur eine eher bescheidene Nebenrolle. Vor allem ist Laura keine Alice. Aber selbst die Traumwelt ist eine andere als vor nun genau anderthalb Jahrhunderten und wird vom Müll eingeholt. Und schließlich bin ich gewiss, dass nicht jeder Frosch ein König ist.
Tatsächlich hab ich beim Poolsturz an das Kaninchenloch gedacht. Ursprünglich war der Sturz auch ungefähr eine Seite lang beschrieben, mit allen Schickanen. Aufprall auf einem Blätterdach über dem Wasser, dass sie ganz eng einrollt und dann so ganz traumhaft-surrealistisch zu einem Teppich mit Blattmuster wird. Brutal gekürzt.
Und ja, die Phantasiewelt ist keine völlige Gegenwelt, sondern ist symbiotisch, oder parasitär, nein eher symbiotisch mit der anderen Welt verbunden.
Freut mich sehr, wie Du das gelesen hast.

Vielen Dank auch für die Detailänderungsvorschläge, von denen ich die meisten übernehmen werde. Bei anderen hab ich da ein etwas anderes Sprachgefühl.

lg,
fiz

 

Hallo fiz

Zuerst mal zu den Kleinigkeiten, die mir beim Lesen aufgefallen sind:

Mit jedem Schritt nach unten erwartete sie, ihren Fuß in eiskaltes Brackwasser zu tauchen.

Warum Brackwasser?

briet sie ihm das mit Fliegen bematschte Plastikpaddel über der Schädel.

den Schädel

Sie suchte sich einen Pool aus, der besonders geflegt schien

gepflegt

Und das wars schon :)

Ich bin übrigens ein Befürwörter des letzten Satzes. Er ist in meinen Augen stärker als der Satz zuvor ("Dann hielt sie die Luft an und sprang."). Zwar lässt er das Ende ebenfalls offen, doch er gibt ihm eine düstere Note, was ich gern habe. Auch lässt er verschiedene Interpretationen offen, wie Perdita ja schon ausgeführt hat. Im Grunde ist Laura nicht besser als der Frosch, wenn es um Abmachungen geht. Erst ist sie - zurecht - wütend auf ihn, weil er sie schlicht betrogen hat, nur um den Frosch dann selbst zu betrügen.

„Sorry, Frosch, aber du hast es nicht anders gewollt“, sagte sie, hängte sich sein Geschmeide um den Hals und marschierte in die Steppe hinaus.

Gleiches mit Gleichem zu vergelten ist eine gefährliche Denkweise, die schon oft ins Verderben geführt hat. Vielleicht erfährt Laura das hier auch am eigenen Leib.

Gut, aber jetzt zum Text: Ich finde ihn toll, hab ihn sehr gern gelesen und kann das Kompliment der Vorredner nur wiederholen. Tolle Sprache, viele witzige Details, interessante Figuren. Zwar hatte der Text auch für mich in der Mitte ein paar Längen, aber das nur verglichen mit den anderen Teilen. "Längen" in deinen Texten sind dank deinem Sprachgefühl und Einfallsreichtum immer noch interessant zu lesen. ;)

Ich war schon vom Anfang begeistert, für mich hätte es die Froschwelt gar nicht gebraucht, ich fand schon den Konflikt zwischen Laura, ihrer Mutter und ihrem Stiefvater spannend genug und zu jeder Zeit nachvollziehbar. Du schaffst es wirklich gut, dich in das Gefühlsleben eines jungen Mädchens hineinzuversetzen und transportierst ihre Gefühle in einer Sprache, die ich nicht kindlich finde und von der ich trotzdem jederzeit glaube, dass sie zu einer 12-/13-jährigen passt. Das allein ist schon toll und eine bemerkenswerte Leistung.

Ich war dann erst skeptisch, als es den Bruch in der Geschichte gab und du uns in die Froschwelt mitnimmst. Aber die Bedenken konntest du dann auch recht schnell zerstreuen durch den ersten Dialog mit dem Frosch.

„Du sollst ein Jahr und einen Tag meine Magd sein.“
„Das geht nicht. Ich muss zur Schule. Ich hab nur sechs Wochen Sommerferien.“
„Na gut, dann sechs Wochen.“

:D

Die Froschfrau war auch noch gut, wenngleich ich den Froschmann interessanter fand. Gut gefallen an der Froschfrau hat mir ihre Sorge um die passenden Farben ihres Bikinis. Überhaupt finde ich es witzig, wie du die Welt der Frösche und die der Menschen miteinander vermengst. Das führt dann zu vielen lustigen Einfällen:

„Ich bin doch selbst noch ein Kind.“
„Wirklich? Aber du hast doch schon Extremitäten und Lungen. Du bist doch mindestens zwölf Wochen alt.“
„Ich bin zwölf Jahre alt.“
„Verblüffend. Dass eure Spezies bei solchen Aufzuchtzeiten überlebt. Dabei hast du sicher nur ein paar hundert Geschwister.“

Oder hier:

In der Beurteilung von Menschenköstlichkeiten lag der Frosch oft daneben. Noch letzte Woche hatte er ihr stolz einen Klumpen Seife präsentiert und war tief beleidigt gewesen, als sie erklärte, dass Seife ungenießbar sei.

Du bringst die beiden Frösche wie ein altes menschliches Ehepaar rüber: Zwar zicken sie sich oft an und gehen sich auch gern aus dem Weg, sorgen sich aber trotzdem füreinander und haben sich im Grunde ihres Herzens lieb. So sorgt sich die Froschfrau am Ende ja auch sofort um ihren Mann, als dieser verletzt auf dem Boden liegt.

Also du merkst schon, ich hab die Geschichte sehr gern gelesen. Jetzt noch etwas hierzu:

Ich hab auch echt noch gegrübelt, ob man da nicht noch was Tiefschürfenderes da rausholen kann. Zumal mit diesem Müllkippenthema. Es gibt ja nun mal echt Menschen, die von unserem Wohlstandsmüll leben und das wäre wirklich ein gesellschaftlich brisantes Thema gewesen.

Ich finde, der Text braucht das nicht. Zwar haben die Frösche menschliche Eigenschaften, aber es sind ja trotzdem noch Frösche. Ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass sie sich unwohl fühlen in ihrer Umgebung.

Einerseits haben die da ne klare Aufgabe: Fortpflanzung - aber ist das Sinn? Die Leere solcher Reproduktionskreisläufe fällt ja oft erst auf, wenn das Drumrum reduziert wird. Es ist ja auch so langweilig und statisch da. Man weiß gar nicht, wie lange die da schon so vor sich hin existieren.

Das ist halt Alltag bei ihnen, so hab ich das gesehen. Vielleicht reicht es nicht, um darin glücklich zu werden und sich selbst zu verwirklichen - aber das wollen auch nicht alle. Vielen reicht eine solch langweilige und statische Welt, um zufrieden zu sein, und wenn sie das sind, ist es vielleicht - neben der Fortpflanzung - schon Sinn genug für ihre Existenz. Klar nörgeln beide herum, aber das tun viele Menschen auch, ohne wirklich etwas ändern zu wollen - ich habe ihre Unzufriedenheit jetzt nicht als übermäßig empfunden, jedenfalls nicht stark genug, um da wirklich einen Wunsch nach Änderung oder gar ein Scheitern daran herauszulesen.

Während das Gold für Laura eine ganz klare Funktion hat - es ist eine Erinnerung an ihren Vater und eine Währung, um andere Dinge zu bezahlen - ist es für den Frosch völlig selbstzweckhaft. Er kann sich damit nichts kaufen. Wen will er damit beeindrucken?

Ich weiß gar nicht, ob er das überhaupt will. Reicht Selbstzweck nicht als Grund für ein Hobby, oder sagen wir allgemein einen Zeitvertreib?

Ich habe die Befürchtung, wenn du versucht, da mit Zwang einen tieferen Sinn in die Geschichte einzubauen, verliert sie ihre Leichtigkeit, hebt vielleicht zu schnell den Zeigefinger und will den Leser betroffen machen. Das hat sie nicht nötig, finde ich. Für mich funktioniert sie prima so, wie sie jetzt ist.

Grüsse,
Schwups

 
Zuletzt bearbeitet:

Im Grunde ist Laura nicht besser als der Frosch, wenn es um Abmachungen geht. Erst ist sie - zurecht - wütend auf ihn, weil er sie schlicht betrogen hat, nur um den Frosch dann selbst zu betrügen
bemerkt Schwups richtigerweise und tatsächlich trifft das Märchen mitten ins kapitalistische Herz und den Tausch als Täuschung, dem nackten Betrug und der Arbeit im Dunkeln, das alles verschlingt!
Am Rande des Golfplatzes, unter einer alten Linde, lag ein kleiner Swimmingpool, der schon seit Jahren außer Betrieb war. Darüber war eine schwarze Plane gespannt, in deren Mitte sich ein algengrüner Regenwassertümpel gebildet hatte. Dort, wo die Leiter in den Pool führte, war die Plane zurückgeworfen. Es sah aus wie ein Maul. Laura hockte sich vor das Loch, konnte in seiner Dunkelheit aber nichts erkennen. War da unten noch Wasser? Sie zog einen Rotzklumpen hoch und seilte ihn an einem Schleimfaden in die Finsternis ab, bis er sich losriss. Wie er aufschlug, hörte sie nicht.

Ich also noch mal,

liebe Fiz,

aber zunächst weniger zu Schwups Anmerkung als zum (unveränderten) ersten usw. Satz

Frank huschte mit flackerndem Blick durch die Wohnung und sammelte seine Plörren in eine Plastiktüte
Betrifft sicherlich unsere unterschiedlichen „Bauchgefühle“, denn im ersten Beitrag notierte ich recht grob
Frank tut seine Plörren zwar in eine Tüte, sammelt sie aber in einer Tüte.
Ersetz einfach den unbestimmten Artikel „ein/e“ durch den bestimmten und probier mal aus, wie’s dann klingt -

„… sammelte seine Plörren in die Plastiktüte“ und ob nicht „sammelte seine Plörren in der Plastiktüte“ besser klingelt …

Als Lauras Mutter am Abend aus ihrer Schlafzimmerhöhle tapste, hatte sie eine dicke Nase, rote Augen und Haare, die in Klumpen vom Kopf wegstanden.
Nun, man kann Haare ab- bzw. wegschneiden, bestenfalls kann man aber im Weg stehen, nicht aber „wegstehen“, eine Wortschöpfung halt …

(Zugegeben, die „Fröschin“ hielt ich für eine politisch korrekte Neubildung, bis mich die Grimmbrüder mit ihrem Deutschen Wörterbuch auf Simrock verwiesen, der schon das Wort verwendete - als erster und bisher einziger, zumindest, was die Belege im DWB angeht)

Laura sprang dem Ring hinterher, bekam ihn kurz zu fassen und fühlte, wie er ihren Finger wieder entglitt, als sie ihren Arm mit einem Ruck aus Franks Griff riss.
„ihren Fingern“ oder „ihrem Finger“ …

… trat ins Leere, versuchte noch, sich an den glatten Stahlrohren festzuhalten und fiel, fiel länger und tiefer[,] als sie es für möglich hielt.
Die vergleichende Konjunktion leitet einen vollständigen Satz ein.

„Du bist ja ein Frosch.“
„Ist das ein Problem?“, erwiderte der Frosch gereizt.
„Nein, nein, kein Problem, jedem das Seine. Ich hab nur noch keinen Frosch im Bademantel gesehen.“
Wer hätte das je?
„Okay“, sagte der Frosch kehlig und schubste den Einkaufswagen nach vorne, dass Laura aus dem Weg springen musste, um nicht über den Haufen gefahren zu werden. …

„Sei kein Frosch!“,​

ruft Volkes Mund dem Tüchtigen zu, wenn einer Risiken nicht scheut wie der Unternehmer, der ein ehrbarer Kaufmann vorgibt zu sein. Der Einkaufswagen als „mobiles“ Symbol des/der Geschäfts/-tüchtigkeit, zu dem/der man eigentlich kein Frosch sein dürfte und darum als Frosch gut getarnt ist – und der im Bademantel flüchtet ja tatsächlich nicht ins Wasser und ist doch kein Gutmensch wie Bill Gates etwa, der ja angeblich keiner Fliege was zu Leide tun kann.

Der Frosch ist der getarnte emsige Händler (Bademantel als Tarnmantel, wie ihn schon Jungsiegfried beim doppelten Betrug an Brunhilde trug - als er für seinen künftigen Schwager die Frau bewirbt/-siegt und in der ersten Nacht die Rolle des Schwagers übernimmt), der auch schon mal im Trüben fischt.

Es schwebt die Ideologie der Leistungsgesellschaft (Lauras Dienst) durchs Märchen. Aber:

Wo Gleichheit herrscht, und sei’s zwischen einem Mädchen/Magd und Frosch-mehr-oder-weniger-König/Händler, lacht an sich kein Gewinn!

Von nur scheinbar Gleichen werden wechselseitig Leistungen übertragen, die aber nur gleichwertig erscheinen, keineswegs gleichwertig sind. Im idealen Falle glaubt jeder, ein Schnäppchen gemacht zu haben, schätzt er doch die eingetauschte Leistung höher ein als die, die er weggibt. So ist dem ganzen immer auch eine religiöse Dimension zuzusprechen, und in der Tat: bereits das erste und älteste Opfer ist bloße Ware. Denn auch der Gott, der versucht, wird betrogen, dem das Opfer gilt, wenn das Ungenießbare - Gedärm und Knochen - geopfert wird. Wär’s denn nicht allzu blöde, Genießbares in Rauch und Qualm aufgehen zu lassen, statt es selbst zu genießen? Der Gott könnte ja gestörten Sinnes sein wie der süchtige Raucher: es muss stinken, Rauch entwickeln, brennen! Für den Gott und den Gläubigen bleibt’s beim Nullsummenspiel. Das spiegelt sich noch in der Sprache:

Das Verb tauschen geht zurück aufs mhd. tuschen, dem „unwahr reden, lügnerisch versichern, anführen“, was seine Nähe zum tiuschen (nhd.: täuschen) nicht verleugnet. „Die heute allein übliche Bedeutung ‚Waren oder dergleichen auswechseln, gegen etwas anderes geben’, in der das Verb zuerst im 15. Jh. bezeugt ist, hat sich demnach aus ‚unwahr reden, in betrügerischer Absicht aufschwatzen’ entwickelt“, was mit der „Präfixbildung vertauschen“ zum „‚irrtümlich oder unabsichtlich auswechseln’“ führt und von dort zurück zum mhd. vertuschen, was mich an anderer Stelle vor Jahren zu einer Umdeutung der Genesis brachte in Abrahams (nicht Noahs!) Bund mit Gott: Heißt es doch in 1. Mose 22, dass Gott Abraham auf die Probe stellen wollte mit der Aufforderung, den Sohn zu nehmen, mit Betonung und der Apposition auf „deinen einzigen“ (der Isaak ja gar nicht ist, man denke an den älteren Halbbruder Ismael) und der näheren Bestimmung im Relativsatz „der dir ans Herz gewachsen ist“, um ihn an einem bestimmbaren Ort „als Brandopfer“ darzubringen usw.

So, genug für heute geplaudert, meint der

Halbbruder, der durchs Tal zieht und immer noch den Gral sucht

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe feirefiz,

nach deinem hilfreichen Kommentar zu meinem Bullshit-Reflektor, war ich neugierig, was du so schreibst und bin auf diese Geschichte gestoßen. Und was soll ich sagen, ich musste oft lachen, habe mich in ein paar Sätze spontan verliebt und wurde echt gut unterhalten.

Laura hörte sich ihr Greinen noch einen Moment an, dann stellte sie die Anlage auf Trommelfellschaden und begann zu tanzen. Sie riss die Fenster auf, um den Frankmief abziehen zu lassen und saugte rasselnde Pistazienschalen aus der Sofaritze.
Großartig!

Aber Frühstücksfamilie war natürlich erst der Anfang, danach sollten sie auch noch eine Spaziergangsfamilie sein und eine Minigolffamilie.
:D :lol:

Auf dem Rückweg hielt sich Lauras Mutter an Frank fest und heulte in den wasserabweisenden Kragen seines Anoraks. Laura umrundete das Paar wie ein nervöser Hund und zuppelte am Ärmel ihrer Mutter.
:thumbsup: Mag ich total.

„Du bist ja ein Frosch.“
„Ist das ein Problem?“, erwiderte der Frosch gereizt.
„Nein, nein, kein Problem, jedem das Seine. Ich hab nur noch keinen Frosch im Bademantel gesehen.“
Haha, das ist echt witzig.

So könnte ich weitermachen. Die Geschichte ist wie ein Märchen und ich kann mich gut in Laura hineinversetzen. Ich finde, du schaffst es sehr gut darzustellen, wie sehr sich Laura nach Zweisamkeit mit der Mutter sehnt und wie diese Sehnsucht immer wieder durch den Frankmief :D unerfüllt bleibt. Da war ich total nah bei ihr und konnte ihre Gedanken und Zickereien nachvollziehen.

Dass Frank sie an einen Frosch erinnert und sie dann tatsächlich auf der Suche nach ihrem Ring bei einem richtigen Frosch landet, ist genial. Diese ganze Episode bei den Ehepaar Frosch ist ziemlich eklig, aber ich bin eh kein großer Fan von Fröschen und es soll sicherlich auch nicht angenehm sein, was sie da erlebt.

Am Ende hab ich innerlich gejubelt, dass Laura den Frosch ausgetrickst und ihm eins auf die Rübe gegeben hat, ich mochte ihn nicht sonderlich und das hat er schon ein wenig verdient ;)

Sehr gerne gelesen!
RinaWu

 

Puuuh!
Jetzt habe ich dich ja glatt so lange warten lassen, wie du mich :shy: Da liegt nichts Berechnendes hinter, dank Läuferchen bin ich nur jenseits von allem und komm nicht wirklich zu irgendwas. Wie auch immer - jetzt aber!
(Weiß, du bist selbst gerade abgetaucht, aber wenn ich schon mal dran denke, muss ich es auch gleich anpacken, sonst wird das wider nix. )
Gelesen habe ich die Geschichte jetzt zum dritten Mal. Ich muss sagen, mir gefällt sie mit jedem Mal besser. Am Anfang hat mich dieser krasse cut etwas irritiert. Also, ich fand den richtig gut, weil mutig und unerwartet, aber ich fand es befremdlich, dass du nicht den Bogen geschlossen hast. Darauf wartete ich irgendwie die ganze Zeit. Das sind ja quasi zwei Welten und das bleibt auch so. Beim zweiten Lesen hat es mir dann richtig gut gefallen. Da habe ich auch viel mehr annehmen können (ist immer ein bisschen strange, wenn da die eigene(n) Geschichte(n) durch die Mangel genommen werden, finde ich, lese ich immer mit einer gewissen Anspannung), viel mehr Details atmen können. Und davon hast du ja herrlich viele drin. Wie du da das klassische Märchen- Setting umkehrst, das ist wunderbar. Einige besonders köstliche Dinger habe ich rausgepickt (dazu gleich).

Ich musste mir im Anschluss an deine Version noch mal meinen Froschmann durchlesen. Boah! Neun Jahre ist das her. Wie die Zeit vergeht. Krass. Spannend finde ich, dass du ja quasi erst da richtig loslegst mit deiner Geschichte, wo ich meine enden lasse. Die ganze verrückte Reise, ist ja mehr eine Alice, deine Laura. ;)
Sind natürlich nicht zu vergleichen Froschmann und deine kg, weil du ja noch mit zwei weiteren Vorlagen spielst. Etwas mehr Happy End hätte deine Version schon haben dürfen für mich. Dafür ist es ja auch märchenhaft genug. Und ihre Lehre hat sie ja ganz sicher gezogen. Sie will ja wieder nach Hause, selbst Frank würde sie ertragen.
In jedem Fall finde ich deine Sprache zu niederknien. Da sitzt wirklich jedes Wort. Und mit dem Eintauchen in die Welt des Froschmannes schaffst du wunderbar frische Bilder einer ungewohnten Welt. Allein diese Vision mit den Swimmingpools, darauf muss man erstmal kommen. ich musste spontan an ein Cover von Pink Floyd denken, das ist eine Landschaft, die ähnlich surreal und weit anmutet, dabei viele Assoziationen springen lässt.

Sie räumte sie mit spitzen Fingern zur Seite, wie Zwiebelringe vom Thunfischsalat.
„Na die passen doch aber toll zu deinem T-Shirt“, zwitscherte ihre Mutter und wickelte die Gummis so stramm, als wolle sie Lauras Zöpfe erwürgen.
herrlich, dieses Bild

War da unten noch Wasser? Sie zog einen Rotzklumpen hoch und seilte ihn an einem Schleimfaden in die Finsternis ab, bis er sich losriss. Wie er aufschlug, hörte sie nicht.
wunderbar plastisch

Frank fuchtelte mit seinen langen Fingern durch die Luft und glubschte sich fast die Augen aus dem Kopf.
hrhr

Du bist nicht mein Vater. Sehʼ ich etwa aus wie eine Kaulquappe? Nein? Dann kann ich unmöglich deine Tochter sein.
einfach nur wunderbar

Dieser Cut dann, das ist schon sehr abgefahren. Sagte ich schon. Was ich noch nicht sagte: So ein bisschen was hat das von Pans Labyrinth, wenn auch weder die reale Ebene so hart ist noch die Eingebildete derart finster. Aber das Prinzip scheint das gleiche: Flucht aus der Realität. Dass Laura eine blühende Fantasie hat, zeigst du anhand ihrer Gedankenwelt ausgezeichnet.

Was ihr euch immer einbildet. Wer möchte schon sowas Haariges küssen?“
herrlich, wie du das umkehrst

Dann kannst du ihn dir ja wünschen. Aber wer weiß, vielleicht änderst du deine Meinung bis dahin noch. Sechs Wochen sind eine lange Zeit. Außerdem bist du ein Mensch und ein Weibchen noch dazu.

Mahnend hob er einen Finger. „Und nasch nicht zu viele.“
immer wieder toll, wie du da die Froschperspektive rüberbringst.

Nur weil jetzt einmal der Frosch gewonnen hat. Ihr Menschen seid doch auch ganz groß im Verarschen. Versprecht einem das Blaue vom Himmel und wenn man dann mal höflich nachfragt: Klatsch! Na schönen Dank auch.“
so ist es

Deine Ende dann ... hm, ich weiß nicht. Ich find das schon sehr düster. Mir würde es mit einem kleinen Lichtblick stimmiger erscheinen. Wie ich schon sagte, das ist ja alles sehr märchenhaft aufgebaut und die Lehre wurde gezogen. Meine jetzt kein Wiedersehen. Aber der Pool, den sie sich letztlich aussucht, der könnte doch sie doch schon mehr an den ursprünglichen erinnern. Dann wäre immer noch alles offen, aber eben ein Hoffnungsschimmer gesetzt. So wird sie nur in die Tiefe gezerrt ohne große Hoffnung. Brrr. Da kommen wir dann wieder mehr an meinen Froschmann ran.

Alles in allem eine sehr intensive Leseerfahrung.
Vielen Dank dafür :)

grüßlichst
weltenläufer

 

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