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Bis dass der Tod uns scheidet ( Neue Fassung )

Ace

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25.05.2015
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Bis dass der Tod uns scheidet ( Neue Fassung )

Wieder war ein Tag in diesem beschissenem Klamottenladen, in dem Christina arbeitete, vorbei. Die Musik voll aufgedreht, fuhr sie viel zu schnell nach Hause. Hauptsache den Kopf frei kriegen, die blöde Fotze von Chefin, und die dummen Kunden vergessen!
>Haben sie das eine Nummer kleiner?< äffte sie ihre letzte Kundin nach.
Am liebsten hätte sie ihr gesagt, das sie, wenn sie die Hose noch eine Nummer kleiner haben wollte, einen langsamen, Tod durch Erstickung erleiden würde. Aber das hatte sie sich dann doch verkniffen. Schliesslich wollte sie den Job behalten, um sich nicht völlig nutzlos vorzukommen.
Sie hasste ihr Leben, zumindest so, wie es im Moment war. Ihr Job war Scheisse, ihr langjähriger Freund Stefan war nur noch in der Kanzlei, und sie verbrachte ihre Abende allein vor dem Fernseher. Und als Bonus, hatte Stefan vor Jahren darauf bestanden in diesen kleinen Vorort zu ziehen, wo nach Sieben, rein gar nichts mehr los war!
Sie wäre lieber in die Innenstadt gezogen, wo sie Abends mal in eine Bar gehen könnte, oder ins Kino, wenn es bei Stefan mal wieder später würde. Nach einigen Diskussionen, vielen heftigen Streitgesprächen, und unzähligen Pro und Kontra Listen, hatte er sie aber doch überreden können, hierher zu ziehen. Heute wusste sie nicht mehr was sie dazu gebracht hatte, diese Gegend passte damals wie Heute nicht zu ihr.
Die Siedlung war Anfang der Neunziger gebaut worden. Von jungen Familien, die ihre Kinder in einer wohl behüteten Gegend aufwachsen sehen wollten. Jetzt waren die meisten der Eltern von früher, schon zu Großeltern geworden. Hier und da gab es noch Kinder die auf der Straße spielten, aber so belebt wie es mal war, würde es hier nicht mehr werden.
Sie wollte dieses Haus nicht, sie wollte ihr eigenes Haus bauen, eins was nicht am Arsch der Welt stand. Eins mit einem großen Bad, freistehender Badewanne, bodengleicher Dusche und einem riesigen Spiegel. Oder ein Loft, mitten in der City.
Als Dorfkind, wollte sie was anderes, als in einen langweiligen Vorort ziehen. Sie hatte ihre Jugend in der Pampa verbracht, warum sollte sie also wieder ins nichts ziehen?
Stefan hingegen, hatte sich in dieses Haus verliebt. Er sah etwas, was sie nicht sehen konnte. Er schwärmte ihr von dem Charme, der Wärme und der vollkommenen Bauweise von diesem Haus vor. Sie wehrte sich lange, aber am Ende gewann er, und sie kauften es, renovierten, und zogen ein.

Als sie ihren Wagen vor dem Haus parkte, war sie überrascht, das sein Auto schon vor der Tür stand. Sie waren jetzt seit Acht Jahren ein Paar, selten hatte Stefan es geschafft vor ihr zu Hause zu sein. Irgendetwas stimmte nicht, wenn er mal früher Feierabend machte, rief er sie an, oder schickte ihr eine Nachricht, ob sie noch etwas essen gehen oder sonstiges. Sie zog ihr Handy aus der Tasche um nachzusehen, aber da war weder ein Anruf, noch eine Nachricht. Sie zuckte mit den Achseln und stieg aus.
Als sie die Tür aufschloss, traute ihren Augen nicht. Stefan war nie übertrieben romantisch gewesen, und sie hatte es nach den Jahren auch akzeptiert, aber was jetzt vor ihr lag war mehr als das.
Ein Herz aus roten Rosenblättern lag vor ihr auf dem Boden, in der Mitte stand eine Vase mit einem wunderschönen Blumenstrauss, davor lehnte ein Brief.
Christina war hin und her gerissen. Das war so süß von ihm, dass sie es nie erwartet hätte. Ihre schlechte Laune war mit einem mal, wie weggeblasen. Sie ging in den Flur, schloss die Tür hinter sich, und nahm den Brief hoch. Selbst der Umschlag hatte mehr Stil, als sie ihm nach all den Jahren zugestanden hatte. Und da war noch etwas, der Brief war mit seinem teuersten Parfum, das er nur zu höchst wichtigen Anlässen benutzte, parfümiert. Also öffnete sie den Umschlag, zog das Papier heraus und las was er für sie geschrieben hatte.

Mein liebster Schatz!
Die letzten Sieben Jahre waren die schönsten meines Lebens! Als ich dich das erste mal gesehen habe, hat mein Herz so schnell geschlagen, da wusste ich das du die Frau bist die an meine Seite gehört! Ich war so nervös, ich habe mich nicht getraut dich anzusprechen, aber ich wusste, wenn ich es nicht sofort tun würde, würde ich nie den Mut aufbringen. Den Rest der Geschichte kennen wir beide, nach einigen Schnäpsen habe ich mich doch noch getraut einen schlechten Spruch rauszuhauen, nicht sehr souverän, nicht strotzend vor Selbstvertrauen, aber ich habe mich getraut! Ich weiss bis Heute nicht ob es Mitleid war, das dich mit mir reden lassen hat, oder ob du mich interessant fandest? Aber eines weiss ich, ich liebe dich über alles!

Christina strich sich eine Träne aus dem Augenwinkel, und fächerte sich etwas Luft zu damit ihr Make up nicht verwischte. Sowas schönes hätte sie nie von Stefan erwartet. Obwohl sich in letzter Zeit alles ein wenig fest gefahren hatte, zeigte er auf einmal diese Seite von sich, unglaublich.
Einen Wermutstropfen gab es trotzdem, er schrieb das die letzten Sieben Jahre die schönsten waren, sie waren mittlerweile Acht Jahre zusammen! Aber das sollte sein Versuch romantisch zu sein jetzt nicht kaputt machen, so waren Männer eben, in ihren Augen.
Sie ging in die Küche um sich etwas zu trinken zu holen, aber auf der Kochinsel, die Stefan extra für sie einbauen lassen hatte, stand die nächste Überraschung. Eine kleine Schatztruhe, in einem kleinen Häufchen weißen Sand. Wahrscheinlich sollte sie das an ihren ersten gemeinsamen Urlaub erinnern. Sie zog den Brief aus dem Umschlag, und las was er geschrieben hatte.

An die Frau meines Lebens!
Kannst du dich noch an die Malediven erinnern? Unseren ersten Urlaub? Wenn ich diese Zeilen schreibe, fühle ich mich als ob ich da wäre! Ich atme die warme Luft ein, ich schmecke das herrliche Essen, und vor allem die Cocktail´s die wir uns gegönnt haben! Weißt du noch wo wir es überall getan haben? Am Strand, im Bett, auf dem Balkon oder das eine mal als du mich in die Besenkammer des Hotels gezogen hast? Es gab nur uns beide, und nichts anderes was gezählt hat!
Natürlich war das Hotel wunderschön, aber eigentlich hätte dieses ganze drumherum gar nicht sein müssen, selbst wenn wir im nächsten Wald gezeltet hätten, wäre es genauso perfekt gewesen! Warum? Weil du bei mir warst! Egal wo wir waren, ob es mir gefallen hat oder nicht, mit dir war jedes Erlebnis etwas besonderes!
Mit dir an meiner Seite, würde ich zu Fuß bis ans Ende dieser Welt gehen! Du bist die Frau für mich! Mit dir will ich Kinder haben! Mit dir will ich in Fünfzig Jahren auf der Terrasse sitzen und mir eine Sauerstoffflasche teilen! Du bist alles für mich! Ich hoffe du fühlst das gleiche!
In liebe, dein Stefan!

Jetzt war es vollkommen um sie geschehen. Nie hätte sie solche Worte von Stefan gelesen, sie hätte nicht mal gedacht das er solche Worte schreiben konnte. Sie schloss die Augen, und erinnerte sich an ihren Urlaub auf den Malediven. Es war wundervoll! Stefan war damals so zuvorkommend, so liebenswürdig gewesen.
Das war lange vor der Zeit als ihm die Arbeit über den Kopf gewachsen ist, lange bevor sie aus seinem Fokus geraten war, und nur noch die zweite Geige in seinem Leben spielte.
Es tat ihr weh, sich daran zu erinnern das es mal anders war. Und es tat so gut das er jetzt gerade bewies, dass er sie doch noch liebte.
Den Brief an die Brust gedrückt stand sie in der Küche und kämpfte mit den Tränen. Wenn er doch jetzt hier vor ihr stände, dann hätte sie ihn umarmt und geküsst. Es war lange her das sie sich von ihm so geliebt gefühlt hatte. Ihr Körper fühlte sich an als würde er unter Strom stehen, jede Faser sehnte sich nach ihm.
Aber wenn sie dieses Spiel richtig verstanden hatte, würde es aber noch ein wenig dauern bis sie Stefan gegenüber trat, also legte sie den Brief auf die Arbeitsplatte und ging ins Wohnzimmer. Auf dem grossen Schwarz Weiß gestreiften Teppich, vor dem Fernseher, stand ein … Verbandskasten? Bei all der Romantik die Stefan bewiesen hatte, stand nun ein Verbandskasten vor ihr? Ihre Verwirrung war groß, aber ihre Neugierde war natürlich größer. Sie kniete sich auf den kuscheligen Langfloor Teppich und öffnete den Kasten. Ein weiterer Brief kam zum Vorschein.

An meine große Liebe!
Du weißt hoffentlich wie ich für dich fühle! Auch wenn die letzten Jahre nicht das waren was du verdient hast, hoffe ich das du weißt wie sehr ich dich liebe! Sieh dich bitte einmal um, sieh dir an was wir uns geschaffen haben! Dieses Haus haben wir gebaut, um zu einer Familie zu wachsen, wir haben es gekauft, renoviert und eingerichtet um unser Leben hier zu verbringen.
Wir beide haben so viel hier rein gesteckt, wir haben geschwitzt, gezahlt und das ein oder andere mal geblutet. Weißt du noch wie ich die Steine auf der Terrasse verlegen wollte? Und mir in den Arm geschnitten habe, als ich die Sicherungsgurte der Palette zerschneiden wollte ? Es hat so stark geblutet das du mich ins Krankenhaus gefahren hast um sicher zu gehen das ich nicht die Schlagader erwischt habe.
An dem Tag habe ich gespürt wie sehr du mich liebst! Die Sorge in deinen Augen, wie du mir zugeredet hast, und wie du meine Hand gehalten hast, als wir auf den Arzt gewartet haben! Das alles hat mir aufs neue gezeigt das ich in dir die richtige Frau gefunden habe!
Ich könnte Tausend Beispiele aufzählen, in denen ich wusste das du es bist! Du warst immer die Frau die ich heiraten wollte, und das hat sich bis Heute nicht geändert!
Schatz, ich liebe dich! Liebst du mich auch noch?

Christina atmete schwer, sie wusste nicht wo ihr der Kopf stand. Glück und Leichtigkeit vermischten sich mit Schwermut und Schuldgefühlen. Sie hatte so oft über ihn und seine Arbeit geflucht! Sie dachte das sein Job ihm mehr Wert wäre als sie, und jetzt das hier.
Sie gönnte sich noch einige Momente auf dem Teppich sitzend. Versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen. Hin und her gerissen saß sie da, sie dachte an den Tag an dem sie ihn in die Notaufnahme gebracht hatte. Selten in ihrem Leben hatte sie so eine Angst gehabt, an diesem Tag ging ihr immer wieder durch den Kopf was sie nur ohne ihn tun würde, was wäre wenn er ihr unter den Augen weggestorben wäre?
Es war so schrecklich, das sie es vollkommen aus ihrem Gedächtnis verdrängt hatte, bis Heute, als er die Wunden wieder aufriss. Die Erinnerung daran, wie sehr es ihr weh tat nur daran zu denken ohne ihn leben zu müssen, schmerzte ihr auf einmal wieder in der Brust. Damals konnte sie Tage lang nicht schlafen, sie horchte immer wieder ob Stefan neben ihr im Bett noch atmete.
Ihre Angst um ihn erschien ihr einige Wochen danach übertrieben, aber kurz nach dem Vorfall beherrschte dieser Gedanke ihren Alltag. Stefan merkte es natürlich irgendwann und versuchte beruhigend auf sie ein zu reden, nach einer Weile ging es ihr auch schon besser, der Gedanke allerdings schlich weiter in ihrem Kopf herum.
Sie stand auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und atmete tief durch. Diese Reise durch ihre gemeinsame Vergangenheit verlangte ihr jetzt schon einiges ab, was sie nicht wusste, es würde noch viel härter für sie kommen.
Im Flur fand sie einen Notizzettel auf der Treppe, ein Pfeil zeigte nach oben. Sie hob den Zettel auf, spielte nervös daran herum, knickte ihn zusammen und entfaltete ihn wieder auf dem Weg in die erste Etage.
Eine Spur von Rosenblättern führte von einem Zimmer ins nächste, sie ging Ihr nach. Der erste Weg führte sie in sein Büro.
Die Tür knarrte ein wenig als sie sie öffnete. Auf seinem grossen Schreibtisch lag ein Berg Papier, der sich bei genauerem Hinsehen als ein Berg von Rechnungen entpuppte. Oben drauf lag einer seiner Briefe.

Hey Schönheit!
Ich habe mir erlaubt einmal alle Rechnungen die ich noch gefunden habe zusammen zu legen, um dir zu zeigen was wir bis jetzt schon alles gemeistert haben. Hier findet sich alles, von Strom, Wasser, Gas bis zu Rechnungen von Banken, Modehäusern und Boutiquen. Wir haben Zig Tausende bezahlt in unserer Zeit. Klar, es gab schwierige Zeiten, Zeiten in denen ich dachte wir könnten daran zu Grunde gehen aber Nein!
Wir haben es zusammen geschafft! Sorry! “Wir“ haben es nicht geschafft! “Ich“ habe schon nach Zwei Jahren in diesem Haus einen Kredit aufnehmen müssen, um unsere Situation zu retten! Zum Glück kam dann meine Beförderung, ich konnte ihn schnell wieder ablösen. Es tut mir leid mein Schatz, ich konnte es dir einfach nicht erzählen! Ich hatte Angst, du würdest mich nicht für einen Mann halten, der alles im Griff hat und deshalb schwieg ich! Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um dir alles zu erzählen! Ich will reinen Tisch mit dir machen! Vielleicht bist du jetzt sauer auf mich, ich würde es verstehen! Aber ich weiß das wir zusammen halten! In guten wie in schlechten Zeiten?

Spätestens jetzt wusste sie das das hier alles auf einen Heiratsantrag hinaus laufen sollte! “In guten wie in schlechten Zeiten“ was sollte es sonst heissen? Es gab allerdings ein Problem, sie war sich nicht sicher ob sie Stefan heiraten wollte. Nach all den Jahren, fühlte sie sich oft allein gelassen. Das er die ganzen Überstunden nur machte, um das Haus so schnell wie möglich abzuzahlen, wusste sie. Aber am Anfang war sie sich nicht so sicher darüber. Die wildesten Fantasien gingen mit ihr durch, das er eine Affäre hätte warf sie ihm nicht nur einmal vor. Das er sie nicht mehr liebte, und es in der Kanzlei besser fand als zu Hause, all diese Sachen bereute sie jetzt. Er liebte sie immer noch! Das wusste sie jetzt! Klar, sie hatte ihm Abends nachspioniert, um zu sehen ob er sich mit einer anderen traf, sie wollte Gewissheit! Wer sollte es ihr verdenken?
Sie wollte keine von den Frauen sein, die sich irgendwann bei ihren Freundinnen, oder noch besser, bei einem Therapeuten, darüber ausweinte das sie es ja eigentlich schon lange geahnt hatte, das er sie betrügt!
Er belehrte sie aber unwissentlich eines besseren. Sie wusste nicht mehr wie viele Tage sie Abends vor der Kanzlei gestanden hatte, und beobachtete ob er noch da war oder ob vielleicht seine Sekretärin bei ihm war, um ihm das Hirn raus zu vögeln, und ihn ihr wegzunehmen. Schliesslich war er ein junger Anwalt, der es sicherlich schon bald zu einer eigenen Kanzlei bringen würde, wahrscheinlich die wichtigsten Fälle und Mandanten der Stadt betreuen würde. Also war es naheliegend für sie an eine Nebenbuhlerin zu denken. Aber nichts dergleichen! Er schuftete bis spät und kam dann sofort und ohne Umwege nach Hause.
Heute fühlte sie sich schlecht dafür, all das hatte sie ihm vorgeworfen, und jetzt?
Sie legte den Brief ab und folgte der Spur in den nächsten Raum. Am Ende der Spur, stand sie im Badezimmer. Er hatte ein Bad eingelassen, Rosenblätter schwammen in der Wanne und es duftete herrlich nach Kokosmilch, ihrem Lieblings Badezusatz!
Am Rand des Beckens war ein Brief zwischen Zwei Sektflöten angelehnt. Vorsichtig nahm sie den Brief an sich, so das er nicht in die Wanne fiel, dann griff sie nach einem Sektglas trank es auf ex!
Was würde sie wohl in diesem Brief erwarten? Innerlich hoffte sie das Stefan gleich endlich durch die Tür kam, sich vor ihr hin kniete um ihr den Antrag zu machen. Aber was dann? Was würde sie antworten? Sie wusste nicht, ob sie Ja oder Nein sagen würde, alles hatte sich verändert seit damals. Sie waren nicht mehr das Paar von früher, und ob es Heute noch für eine Ehe reichte? Das wusste sie selbst nicht mehr.
Klar, war das hier ein astreiner Liebesbeweis! Seine Gefühle ihr gegenüber schienen Glasklar, aber was war mit ihren?
Sie nahm sich die Zeit, um sich über ihre Gefühle ihm gegenüber klar zu werden. Die Zeit die sie zusammen verbracht hatten, die Höhen und tiefen die sie zusammen durchgestanden hatten, er war immer für sie da gewesen! Selbst in der Zeit in der sie sich so allein gefühlt hatte, in der sie die tiefste Trauer ihres Lebens durch gemacht hatte.
Er war für sie da.
Es war die Zeit als sie ihr Kind verloren hatte.
Christina vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und weinte, wieder weinte sie Tränen um ihr ungeborenes Kind. Sie fasste sich an den Bauch, erinnerte sich an das erste Ultraschallbild, die ersten Geschenke, die sie von ihren Freundinnen bekommen hatte. Der Schmerz war wieder da! Der in ihrem Bauch, der sie veranlasste, lieber mal ins Krankenhaus zu fahren, und der in ihrem Kopf, der niemals aufhören würde.
Auch das war eine der Erinnerungen, die sie tief in ihrer Seele vergraben hatte und sie auch nie wieder hervor holen wollte, aber dieser Tag liess ihr keine andere Wahl! Stefan führte sie bewusst durch ihre bisherige Beziehung. Ob er sie ausgerechnet daran erinnern wollte, bezweifelte sie. Fakt war, sie erlebte den Schmerz gerade wieder als wäre es Gestern gewesen.
Sie versuchte den Gedanken abzuschütteln, sah auf, und trank auch das andere Sektglas in einem Zug leer. Beruhig dich! Sagte sie sich. Wie fühlst du für Stefan? Sie ging im Geiste alle Situationen durch die ihr ins Gedächtnis kamen und fasste einen Entschluss.
Du wirst ihn heiraten! Egal was war, er war immer für dich da! Andersherum konnte sie es nicht behaupten! Sie nahm den Brief der auf ihrem Schoß lag und las ihn.

Liebe Christina!
Dieses Bad soll symbolisch für unsere Zukunft stehen! Ich wurde Heute zum Partner ernannt! Das bedeutet, das ich nicht mehr bis spät Akten wälzen muss um Notizen für meine Chefs zu machen! Das bedeutet mein Stundensatz verdreifacht sich! Das bedeutet das wir beide endlich wieder zusammen finden können! Alles was wir vor hatten, und auf Grund meiner Arbeit immer wieder hinten angestellt haben, können wir jetzt endlich realisieren! Ich kann jetzt wieder bei dir sein! Du musst jetzt nicht mehr alleine sein! Wir können endlich wieder eins sein! Du wirst nie wieder einen Fuß in den Laden setzen in dem du sowieso ungern arbeitest!
Heute ist der letzte Tag deines bisherigen Lebens!

Zitternd legte sie den Brief zur Seite. Wenn das wahr ist, dann können wir die Familienplanung wieder aufnehmen! Die Trauer um ihr verlorenes Kind konnte ihr niemand nehmen! Aber die Freude, das sie es ab jetzt wieder versuchen würden ein Baby zu machen, und zu einer richtigen Familie zusammen wachsen würden, war größer als je zuvor!
Glücksgefühle durchströmten sie regelrecht, sie sprang auf, und machte sich auf die Suche nach dem nächsten Brief, sie wollte es jetzt schnell beenden. Sie wollte Stefan in die Arme nehmen, ihm sagen das sie ihn liebte und vor allem eines, Ja sagen!
Sie fühlte sich wieder wie Zwanzig! Wie am Anfang ihrer Beziehung! Alle Sorgen waren dahin! Sie ging der Spur nach die sie ins Schlafzimmer führte, sie blickte auf ihr Bett das mit Rosenblättern überhäuft war, in der Mitte lag ein Brief.
Sie warf sich auf das Bett, atmete tief ein, um das Aroma der Blätter geniessen zu können. Freude strahlend drehte sie sich auf den Bauch und öffnete den Brief.

Hey Darling!
In diesem Bett hast du oft allein gelegen, das tut mir leid! Ich danke dir für dein Verständnis, das ich nicht immer bei dir sein konnte, und auch dafür das du verstanden hast das ich nach langen Tagen in der Kanzlei einfach zu kaputt war, um dir zu zeigen das ich dich, und deinen Körper immer noch so liebe wie am ersten Tag, und wie beim ersten mal!
Ich verspreche dir, das du dir deine Aufmerksamkeit nie wieder wo anders holen musst!
Ich will dich auch nicht länger auf die Folter spannen! Auf der Treppe zum Dachboden findest du den letzten Brief!

Was meint er damit das ich mir meine Aufmerksamkeit nicht mehr wo anders holen muss? Weiß er mehr als ich denke? Weiß er von Andreas?
Der Schock liess sie wie versteinert da stehen, von einem zum anderen Moment war ihre Freude verflogen. Ein dumpfes Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus.
Nein! Er konnte nichts wissen! Wahrscheinlich meint er es ganz anders, sie konnte sich zwar nicht vorstellen wie, aber er musste es anders meinen. Er würde sich diesen Aufwand doch nicht umsonst machen?
Sie stand auf, ging mit zittrigen Knien zur Treppe zum Dachgeschoß und sah hoch. Sie fasste sich ein Herz, und ging die Treppe hoch. Als sie die Hälfte geschafft hatte, sah sie auf der letzten Stufe den letzten Brief liegen. Nicht nur der Brief, sondern auch ein kleines Schächtelchen, eines in dem man Ringe kauft!
Schlagartig fiel jeder Zweifel von ihr ab! Wenn er von Andreas wüsste, würde er ihr keinen Antrag machen! Sie schwor sich in dem Moment, das sie Andreas den Laufpass geben würde, und für immer mit Stefan zusammen sein wollte! Egal was er sagen würde, sie hatte sich entschieden, wieder zu ihrem Stefan zurück zu gehen!
Sie huschte die letzten Stufen hoch, nahm die Schachtel und den Brief und setzte sich auf die Stufe. Sie wollte unbedingt den Ring sehen, oder doch zuerst den Brief lesen? Hin und her gerissen entschied sie sich zuerst den Ring aus der Schachtel zu holen.
Langsam öffnete sie den kleinen Kasten und zog den Deckel ab.
Was sollte das denn für ein Scherz sein? Es war kein Ring in der Schachtel?!
Natürlich nicht! Dachte sie sich, er will mir den Ring logischerweise selbst anstecken! Er wird vor mir auf die Knie fallen und mich fragen! Willst du meine Frau werden? Und ich werde einige Sekunden verstreichen lassen und dann ein “Ja“ hauchen! Genau so wird es laufen! Den letzten Brief in den Händen, öffnete sie ihn und las.

An meine geliebte Hure!
Ja du hast richtig gelesen! Ich habe dich eine Hure genannt! Du weißt wieso! Du weißt das ich mir jeden Tag den Arsch auf gerissen hab, um uns eine Zukunft zu ermöglichen, die du mit deinem Scheiß kleinen Verkäufer Job nie erreichen könntest! Hast du eine Ahnung, wie viel ich gearbeitet habe? Weißt du wie sich Vierzehn Stunden Tage anfühlen? Nein! Ich bezweifele, das du jemals eine Minute mehr gearbeitet hast als du musstest!
Du bist ein verwöhntes Drecksblag, das von ihren Eltern verhätschelt wurde, und niemals vor hatte, selbst etwas zu erreichen! Aber wozu solltest du auch?
Wenn du Geldsorgen hattest musstest du ja nichts weiter tun, als bei Mama und Papa angeschiessen zu kommen, und die haben dir dann gegeben was du brauchtest!
Du hast dich ewig beschwert das du es so schwer hast! Schliesslich warst du es ja auch die ihr Kind verloren hat, aber weisst du was?!
Es war auch mein Kind! Auch ich habe ein schwarzes Loch in meiner Seele, das niemand je wieder schliessen kann! Ich habe mich für dich zurück gestellt, ich habe hier alles am laufen gehalten, als du Tage lang im Bett gelegen hast und dein Kind betrauert hast!
Ich habe auch geweint! Und weißt du was ich mittlerweile denke? Das deine Tränen falsch waren! Du hast dich selbst betrauert, du hast dir selbst so leid getan, das du vor Selbstmitleid nichts mehr geregelt bekommen hast!
Ich weine bis zum heutigen Tag unserem Kind nach! Ich träume davon, wie ich mit meinem Sohn Fußball spiele, wie ich mit meiner Tochter zusammen ein Bild male, ich erwache jeden Tag mit einem Schmerz in der Brust, den du wahrscheinlich nie gekannt hast! Falls du ihn kennen je gelernt hast, hast du ihn schon lange wieder vergessen! Du bist unfähig zu fühlen! Du bist ein kalter Mensch! Nichts auf der Welt ist dir wichtiger als du selbst! Und das schlimmste ist, das du meinst, das du auch noch klüger bist als der Rest der Welt!
Meinst du niemand würde jemals hinter deine Spielchen kommen?
Was meinst du warum deine ganzen Freundinnen den Kontakt zu dir abgebrochen haben? Ich sage es dir, weil sie gemerkt haben was du für eine hinterhältige Schlange bist! Jessica zum Beispiel, sie hat dir die Freundschaft gekündigt nachdem du ihren Freundinnen erzählt hast das du ihren Freund angemacht hast, und ihn natürlich locker hättest haben können! Ich habe mich mit beiden unterhalten, und ich bin froh darüber das sie dein Spiel durchschaut haben, und jetzt wieder ein Paar sind!
Du wolltest dich wieder nur interessant machen, zum Glück haben sie alle gemerkt wie du wirklich bist, und haben sich von dir abgewendet.
Ich hingegen, war wirklich einer der dummen, die an dich, und den guten Kern in dir geglaubt haben! Ich habe immer wieder über alles weggesehen, und alles geschluckt, jede Lüge, jede Ausrede! Aber das ist jetzt vorbei!
Ich bin endlich aufgewacht! Ich erzähle dir auch wie ich dahinter gekommen bin!
Meine Ernennung zum Partner war schon letzte Woche Montag. Ich wusste es nicht, und war vollkommen überrascht! Als wir im Büro angestoßen hatten, machte ich mich auf den Weg zum Juwelier um dir den schönsten Ring zu kaufen, um dich endlich zu fragen ob du meine Frau werden willst! Jetzt bin ich endlich finanziell abgesichert, ich kann mir jetzt leisten was ich will, das wollte ich erreichen, bevor ich dir die große Frage stelle!
Ich habe einen Brillantring gekauft, und habe mich auf einen Parkplatz vor dem Geschäft gestellt, in dem du arbeitest. Ich habe auf dich gewartet, und wollte dich erst in ein schönes Restaurant ausführen, und dir dann einen Antrag machen! Was ich dann aber gesehen habe, weißt du sicher selbst am besten!
Andreas fuhr vor, du bist eingestiegen und ihr seid zusammen zu ihm gefahren! Warum zu Teufel Andreas? Womit habe ich das verdient? Er war immer mein bester Freund, und du musstest dir ausgerechnet ihn aussuchen um dich ficken zu lassen? Ihr beiden seid eine Schande! Du hast keine Ahnung was ihr in mir ausgelöst habt! Alles worauf ich hin gearbeitet habe ist jetzt für den Arsch! Mein Leben wie es war ist vorbei, mein Leben wie es sein sollte, kann nicht mehr sein! Du hast mir alles genommen, wofür es sich für mich gelohnt hat zu leben, ich habe nichts mehr!
Du bist schon lange weg! Freunde habe ich nicht mehr, und nur für meinen Job zu leben ist mir zu wenig! Zumindest weiß ich jetzt endlich woran ich bei dir bin, war, und sein werde! Ich war nicht mehr als eine Schachfigur auf deinem Brett, wahrscheinlich nur ein Bauer den du opfern würdest sobald sich eine bessere Option ergeben würde!
Wie gesagt, unter diesen Umständen kann ich nicht mehr weiter machen. Wenn du mutig genug bist dann komm zu mir rein und sieh was du angerichtet hast!

Trotz allem liebe ich dich!
Dein Stefan

Christina saß zitternd auf der obersten Stufe, mit jedem Wort das sie gelesen hatte driftete sie mehr und mehr in eine surreale Welt ab, die sie selbst erschaffen hatte, aber nie in ihr leben wollte.
Sie wollte sich umdrehen, und sehen was sich hinter der Tür befand, aber ihre Beine zitterten so stark, das sie beim ersten Versuch aufzustehen fast die Treppe herunter fiel. Weinkrämpfe schüttelten ihren Körper, sie konnte nicht aufhören, nie hatte sie sich klar gemacht was ihre Affäre mit Andreas für Stefan bedeuten würde. Obwohl jeder klar denkende Mensch, sich ausmalen könnte was es für seinen Partner bedeutet, ausgewechselt zu werden, nicht mehr gut genug zu sein, und der Mensch den man liebt, einen selbst offenbar nicht mehr. Erst jetzt als sie es Schwarz auf Weiß gelesen hatte, waren die Ausmaße für sie sichtbar. Auch wenn sie erahnen konnte was sie hinter der Tür erwartete, musste sie es mit eigenen Augen sehen.
Das Geländer diente ihr als Stütze, ein letztes mal atmete sie tief ein, dann drückte sie die Klinke herunter, und stieß die Tür auf.
Den Rücken zu ihr gekehrt, stand er auf einem Stuhl, eine Schlinge um den Hals gelegt. Seine Hände hatte er wie zu einem Gebet vor seinem Bauch zusammen gelegt.
>Stefan! Mach das bitte nicht! Spring nicht von dem Stuhl! Es tut mir leid!<
Sie hörte sich an wie ein kleines Kind, das seinen Willen nicht bekommt, einzelne Silben blieben ihr im Hals stecken.
>Wenn ich könnte würde ich die Sache mit Andreas rückgängig machen, aber ich kann nicht! Komm da bitte runter und lass uns reden!<
Er rührte sich, seine Bewegung, kaum wahrnehmbar. Sie ging langsam auf ihn zu, fast so, als wollte sie sich an ein scheues Reh anschleichen, das bei dem kleinsten Laut, die Flucht ergreift.
>Stefan bitte! Es tut mir leid das ich dir fremd gegangen bin, aber du warst nie da! Und Andreas hat gemerkt das mit mir was nicht stimmte, und so fing alles an. Wir haben uns erst nur auf einen Kaffee getroffen, ich habe ihm erzählt, was mich bedrückt und es tat wirklich gut! Endlich hat mir jemand zugehört! Ich konnte mich über meinen Chef, die nervigen Kunden und alles andere was mich angekotzt hat auslassen! Das brauchte ich einfach!<
Sie blieb hinter ihm stehen, wischte sich die Tränen von der Wange und wartete darauf das Stefan einen Ton von sich gab, aber er blieb still.
>Jetzt sag doch mal was!< bluffte sie ihn an.
Es dauerte einige Sekunden, dann passierte es, er sagte etwas.
>Meinst du damit ist alles wieder gut?< hauchte eine dünne Stimme hinter ihr.
Christina drehte sich erschrocken um, und konnte ihren Augen kaum glauben, Stefan saß hinter ihr, gegen eine Wand gelehnt, die Arme über die Knie gelegt, und den Blick nach unten gerichtet. Sie brauchte einige Momente, um zu registrieren, das er es war der da saß. Aber wenn er die ganze Zeit hinter ihr war, wer stand dann auf dem Stuhl?
Irritiert, blickte sie hin und her.
>Stefan?<
>Wen hast du erwartet?<
>Was machst du da? Wer ist das da?<
Sie wirbelte herum, und machte vorsichtig ein paar Schritte seitwärts, um einen Blick auf das Gesicht des Mannes auf dem Stuhl ergattern zu können. Es konnte nur einer sein, aber sie musste ihn mit eigenen Augen sehen … Andreas.
>Du hast mich soweit gebracht! Du hast hinter meinem Rücken angefangen, dich von ihm ficken zu lassen!< Stefans Stimme klang jetzt wütender, aggressiver!
>Stefan, lass es mich erklären, ich wollte das wirklich nicht, aber er war in einer Zeit für mich da als du es nicht warst! Dein Job war dir immer wichtiger!<
>Willst du mich verarschen? Er war in einer Zeit für dich da, in der ich es nicht war?< er sprach den Satz in einem Stakkato das keine Silbe unbetont liess.
>War das auch eine Zeit, in der du deinen Arsch nicht aus dem Bett bekommen hast? Und sag mir doch bitte, warum warst du denn dieses mal so down?<
>Du weißt dass das nicht fair ist! Ich habe damals mein Kind verloren!<
>Du hast “unser“ Kind verloren! Und ich war immer für dich da! Wann hast du mich mal gefragt, ob bei mir alles Ok ist? Hast du auch nur einmal daran gedacht das es mir genau so weh tat wie dir? Also sag schon, was hat dich so fertig gemacht das du ihn unbedingt vögeln musstest?< Jetzt schrie er, und zwar so wie er sie noch nie angeschrien hatte!
>Alles! Es war einfach alles Scheisse! Du warst nie da, der Job ist beschissen wie immer! Und ich bin alleine! Egal ob wir ein Paar sind oder nicht, dein Job ist dir immer wichtiger!<
Stefan sackte wieder zusammen, er rieb sich die Schläfen, als hätte er Migräne.
>Ist ja jetzt auch alles egal, du hast uns ja sowieso aufgegeben.< flüsterte er mehr zu sich selbst, als zu Christina.
>Jetzt hör doch mal.<
Für ihn gab es nichts mehr zu hören! Er sprang auf, und ging bedrohlich auf sie zu, sie zuckte zurück, aus Angst er würde sie schlagen. Aber er wollte nicht zu ihr, sondern zu Andreas. Der stand leise auf dem Stuhl und hatte bis jetzt noch keinen Mucks von sich gegeben. Stefan baute sich vor ihm auf, und schrie ihn an.
>Und du Schwuchtel? Wie konntest du mir sowas antun? Ich dachte wir wären beste Freunde? Was ist daraus geworden? Wo ist deine Loyalität mir gegenüber geblieben?<
Andreas hatte die ganze Zeit über die Augen geschlossen, jetzt, da ihm nichts anderes übrig blieb, sah er Stefan in die Augen.
>Man … Stefan, das hat sich einfach so ergeben … ich wollte das nicht, aber es ist dann passiert, mir war klar dass das nicht richtig war, aber … <
>Was aber? Du kleiner Wixer! Ich hab dir vertraut, und du hast mir die Frau ausgespannt! Dafür wirst du jetzt bezahlen!< Er zog sein Bein hoch und wollte gerade den Stuhl unter Andreas wegtreten, da rief Christina seinen Namen.
>Stefan!< Er hielt inne, und sah zu ihr rüber.
>Bitte mach das nicht, bitte vergib mir! Lass uns nochmal von vorne anfangen! Ich schwöre dir, das sowas nie wieder vorkommen wird, ich liebe dich doch!<
Einen Moment war so still, als würde ein Vakuum bestehen in dem Zeit nicht existierte. Stefan sah ihr tief in die Augen, dann wurde seine Stimme wieder ruhig.
>Wirklich?< Seine Gesichtszüge wurden weich, Tränen stiegen ihm in die Augen.
>Ja wirklich! Du holst Andreas jetzt darunter, und lässt ihn gehen, wir machen einen Neuanfang!< Sie glaubte, sie hätte ihn, könnte ihn jetzt überreden das richtige zu tun. Aber dann brach es wieder mit voller Lautstärke aus ihm raus.
>Damit du dann den nächsten Typen hinter meinem Rücken ficken kannst?< schrie er in ihre Richtung, sah dann Andreas an, und trat den Stuhl unter seinen Füßen weg! Christinas Schrei war so laut, das er in den Ohren weh tat. Sie hechtete zu Andreas und warf sich unter ihn um ihn aufzufangen!
Aber der baumelte nicht wie erwartet am Strick, er fiel ungebremst auf den Boden, und damit genau auf Christina.
Andreas, der mit seinem gesamten Gewicht auf Christina gelandet war, aber mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen war, rappelte sich zuerst auf. Bevor er sich um Christina kümmern konnte, sah er Stefan, der lachend da stand. Er lachte nicht einfach nur, er genoss den Schock, den die beiden gerade hatten!
>Und jetzt … verpisst ihr beiden euch! Du verschwindest sofort aus meinem Haus, und du packst deine Sachen, und verschwindest dann auch für immer aus meinem Leben! Ihr beiden seid für mich gestorben! Und solltet ihr auf die Idee kommen, irgendjemandem von unserer kleinen Unterhaltung hier zu erzählen, werdet ihr es bereuen! Das schwöre ich, auf mein ungeborenes Kind!<

 

Hallo Ace.
Ersteinmal, deine Geschichte war Unterhaltsam. Dem Titel konnte man ja schon entnehmen, dass etwas mit der romantischen Geste des Mannes nicht stimmte. Trotzdem hielt die Story einige unvorhergesehende Twists in petto.
Ich war überrascht, wie du so viel vergangene Geschehnisse in so kurzer, aber trotzdem guter, Textlänge verpacken konntest. Es war schön, wie du durch die Briefe des Mannes, Gefühle und Erinnerungen bei der Frau ausgelöst hast. So konnte ich der Geschichte gut folgen und die emotionalen Reaktionen waren auch gut nachvollziehbar. Die Streitthemen (verlorenes Baby, er arbeitet lang, sie fühlt sich allein gelassen und beginnt eine Affäre etc) waren nichts außergewöhnliches, was aber gar nicht schlimm war. Ich konnte mich so gut in die Gefühle der Protagonisten hinein versetzen.
Nach meinem Geschmack war das Ende zu lahm. Sorry, aber durch den Titel habe ich einen Tod erwartet und im allgemeinen mag ich es etwas "gewalttätiger". Vielleicht findest du ja noch die Inspiration und schreibst ein Variant-Ending :)
Bei deiner Rechtschreibung habe ich oft Kommasetzungsfehler oder mehrere "das" gefunden, wo eigentlich ein "dass" hingehört. Die Fehler stören aber nicht beim lesen deiner Geschichte.
Alles in allem fand ich aber deine Story ansprechend und spannend und ich hoffe, dass ich dir mit meiner Kritik nicht auf die Nerven gegangen bin ;)
Liebe Grüße

 

Hi misscat
Ja mit der Rechtschreibung und der Interpunktion hapert es noch ein wenig, das muss ich zugeben. Aber ich arbeite daran. An dem Ende hab ich viel herum getüftelt, letztendlich fand ich es übertrieben, dass ein erfolgreicher Anwalt in einer kurzgeschichte zum Mörder wird. Und beim schreiben sind mir noch einige Ideen gekommen, dass ich vielleicht eine kleine Serie daraus mache.
Mit deiner Kritik nervst du mich sicher nicht, ich bin hier um zu lernen. Da ist jedes Feedback wichtig!
Danke!

 
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Hallo Ace,

Christina fährt von ihrem Arbeitstag als Verkäuferin in irgendeinem Klamottenladen nach Hause, in eine Vorortsiedlung, wo sie ein ziemlich eintöniges, unbefriedigendes Leben mit ihrem Freund Stefan führt. Sie wird von einem vor der Tür liegenden Blumenstrauß und einem Brief von Stefan überrascht, dem dann weitere Briefe im Inneren des Hauses folgen, die wie bei einer Schnitzeljagd schließlich zum Dachboden führen. Während die ersten Briefe noch sehr romantisch daherkommen, wandelt sich plötzlich der Ton und das Ganze bekommt etwas Bedrohliches. Das große Finale auf dem Dachboden hat dann etwas von einer symbolischen Exekution, bei der Stefan mit Christina und ihrem Liebhaber Andreas abrechnet ...

Ich hole mal ein bisschen weiter aus. Jeder Geschichte, die einen Leser oder Zuhörer begeistert, liegt ein spezielles Muster, eine bestimmte Dynamik zugrunde. Ich kann mir vorstellen, dass Kurzgeschichten in Deutschland auch deshalb einen schweren Stand haben, weil solche Muster mit geringem Aufwand zu konstruieren sind und spannende Kurzgeschichten deshalb eigentlich wie am Fließband produziert werden können. Man muss nur die Zutaten kennen und wissen, wie man das Ganze dann anrichtet. So werden amerikanische Serien-Krimis produziert, die – wenn sie gut gemacht sind – immer spannend sind, obwohl sie sich stets der gleichen Versatzstücke bedienen.

Deine Geschichte funktioniert für mich nicht, weil die Konstruktion meinem Empfinden nach fehlerhaft ist. Ein Beispiel ist etwas, das ich mal das "Revolver in der Schublade" – Prinzip nennen will: Eine Frau wird nachts in ihrem Haus von einem Mann überfallen, kann sich ins Schlafzimmer flüchten und reißt dort am Nachttisch eine Schublade auf, in der ... ein Revolver liegt. Der Leser wusste das nicht, deshalb war es ihm nicht möglich, der Flucht ins Schlafzimmer besonderes Interesse abzugewinnen. Das Schlafzimmer war für den Leser so gut wie jeder andere Ort im Haus.

In Deiner Geschichte ist die Affäre von Christina der Revolver. Dass Du diese Affäre erst einführst, als die Handlung schon in vollem Gange ist, scheint mir ein Konstruktionsfehler zu sein. Spannung würde dann beim Leser entstehen, wenn er von Christinas Affäre wüsste und gleichzeitig die scheinbar intakte Beziehung vorgeführt bekäme. Dann wüsste er, dass hier ein doppeltes Spiel abläuft, dass die Dinge nicht das sind, was sie zu sein scheinen. Und das ist die erste Pflicht des Autors, finde ich: Mache dem Leser klar, dass da mehr ist, als das Auge sieht. Das kann man nicht erreichen, wenn man wichtige Informationen nachreicht.

Ebenso fehlerhaft ist, dass die Aufdeckung von Christinas Affäre wiederum nachgereicht wird. Spannung würde dann entstehen, wenn der Leser beobachten könnte, wie Christina eine Affäre hat, von der Stefan nichts weiß und er diese Affäre dann herausbekommt, ohne dass Christina es weiß ... Das würde den Leser in Unruhe versetzen, weil er sich dann fragt, wie die Sache wohl ausgeht. In Deiner Geschichte läuft es aber umgekehrt. Eine Frau fährt nach Haus zu ihrem Freund und hoppla! die hatte ja eine Affäre und hoppla! die Äffäre hat ihr Freund auch irgendwann herausbekommen. Das verschenkt die wichtigsten Spannungsfakoren.

Ich könnte zu weiteren Konstruktionsschwächen noch in die Tiefe gehen, will es dabei aber erst einmal belassen. Mein Tipp ist, Spannungsgeschichten aus TV, Kino und Literatur zu analysieren. Muss ja keine riesige Studie sein. Aber ein paar Krimis oder Filme auseinander zu nehmen und sich anschauen, wie das für den Leser oder Zuschauer inszeniert wurde, kann unheimlich lehrreich sein.

Gruß Achillus

 
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Hallo Ace,

ich muss dir ein Riesenkompliment aussprechen. Man hat gemerkt, dass die negativen Kritiken bei der ersten Fassung für dich nicht leicht zu schlucken waren, aber du bist sehr souverän damit umgegangen. Du hast nicht die Flinte ins Korn geschmissen, sondern dir alles zu Herzen genommen und arbeitest daran. Man merkt richtig, wie du dich bemühst und reinhängst, das finde ich echt stark.
Offensichtlich hast du dich intensiv mit deinem Text auseinandergesetzt, und das macht für mich einen guten Autor aus. Viele meinen, es genügt, eine gute Idee zu haben und aufzuschreiben, aber die wirkliche Arbeit fängt an dieser Stelle ja erst an.
Mit dieser zweiten Fassung hast du einen großen Schritt nach vorn gemacht. Die Charaktere wirken viel glaubwürdiger, der Ablauf in sich logischer. Du hast immer noch Probleme mit der Rechtschreibung und Interpunktion, aber du weißt um diese Schwachpunkte, hast geschrieben, dass du dich damit auseinandersetzt und lernst, um dich hier zu verbessern. Das ist klasse!
Auch wenn noch etliche Kommafehler zu finden sind, sehe ich hier schon eine deutliche Verbesserung.

Um die äußere Form deiner Geschichte sofort zu verbessern, solltest du die Sonderzeichen >< herausnehmen und durch normale Gänsefüßchen - „ “ - ersetzen. Um diese einzugeben, musst du Alt gedrückt halten und auf dem Nummernblock 0132 für „ und 0147 für “ eingeben. Manche Schreibprogramme ersetzen bei der Eingabe die Schreibmaschinenzeichen (") bei der Eingabe automatisch durch diese typografischen Anführungszeichen. Dabei kommt es oft zu Schwierigkeiten, weil die Programme zB. nicht zwischen schließendem halben Anführungszeichen und Apostroph unterscheiden können. Deshalb gebe ich all diese Zeichen in Geschichten über Alt + Nummer ein. Da ich mir die Nummern nicht alle merken kann, habe ich sie mir in einer Datei in meinem Schreibordner gespeichert, die dann im Hintergrund immer offen ist, so dass ich schnell nachsehen kann.
Wo du in deinem Text die typografischen Anführungszeichen verwendet hast, steht auch am Anfang das abschließende Zeichen, dort gehören aber die öffnenden Gänsefüßchen hin, also unten.
Ein Beispiel:

“Wir“ haben es nicht geschafft!
Richtig wäre: „Wir“ haben es nicht geschafft!

Du hast bei der wörtlichen Rede Größer- und Kleinerzeichen verwendet, das geht nicht. In Büchern werden meist Guillemets bzw. Chevrons verwendet, die du wohl im Sinn hattest. Das kannst du natürlich auch machen. Um sie einzugeben, hältst du Alt gedrückt und gibst dann auf dem Nummernblock 0187 für » und 0171 für « ein.
Ist alles gar nicht mal so unkompliziert, ich weiß, aber es lohnt sich meiner Meinung nach, darauf zu achten, weil es das Schriftbild angenehmer macht und alles gleich viel professioneller wirkt.

Auch würde ich mir mal die Verwendung von Ausrufezeichen ansehen. Du setzt sie sehr großzügig auch an unpassenden Stellen wie einfachen Feststellungen ein.

Zu erwähnen wären noch dass/das, Groß- und Kleinschreibung sowie Getrennt- und Zusammenschreibung. Hier merkt man, dass du noch recht unsicher bist. Das kannst du ja auf deine Liste setzen und dich damit befassen, wenn du das mit der Kommasetzung verinnerlicht hast.
Ansonsten ist deine Rechtschreibung aber, bis auf ein paar Kleinigkeiten, gut.
Wenn du mir einen persönlichen Gefallen tun willst, korrigiere Cocktail´s zu Cocktails. Ich hab ne schwere Plural-Akzent-Apostrophen-Allergie. ;)

Inhaltlich hast du, wie schon gesagt, einen guten Zahn zugelegt. Vielleicht wäre es überlegenswert, einige Stellen zu straffen, ich fand es teilweise etwas langatmig.
Wie auch Achillus schon ausführlich angemerkt hat, finde ich den Spannungsbogen nicht optimal ausgereizt. Du könntest die Spannung erhöhen, wenn du die Information, dass die Prota eine Affäre hat, gleich am Anfang einfließen lässt. Achillus hat das super ausgeführt und dir wertvolle Tipps gegeben.

Beim Schluss bin ich etwas zwiespältig. Nach dem Lesen der ersten Version bin ich von mindestens einem Toten ausgegangen, so hat mich das Ende überrascht, und das nicht negativ. Gut, dass du die Stelle mit dem seltsam gehaltenen Messer herausgenommen hast, das hat einfach nicht funktioniert.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich den Schluss so aufgenommen hätte, wenn ich die andere Version nicht gelesen hätte. Vielleicht verpufft da die Spannung, ich kann es nicht sagen.

Alles in allem sehe ich hier zwar noch viel Arbeit, aber auch eine wirklich deutliche positive Entwicklung. Weiter so! :)

 

Ich hab den Text wirklich mit gemischten Gefühlen gepostet, ich weiß das er noch nicht glänzt, aber mit soviel gutem Zuspuch hab ich nicht gerechnet! Danke! Leider fehlt mir die Zeit um mich intensiv mit der Rechtschreibung auseinander zusetzen. Daher wird es wohl noch dauern bis das alles sitzt, und wir über andere Dinge als die Interpunktion und sonstige zweite Klasse Dinge reden können.
Danke an Achillus, und an Raven! Das sind wirklich gute tips und ich werde sie mir einbläuen.

Mit freundlichen Grüßen

Ace

 

Da haben wir das Rundumremake, das du versprochen hast - und ich kann dir gleich bestätigen, dass diese Version viel besser geworden ist.

Natürlich wäre ich nicht der Meckerzausel, wenn ich nicht auch wieder Kleinigkeiten hätte, die ich ankreiden könnte - allerdings sind diese diesmal nicht mit der Handlung verbunden, sondern mit dem handwerklichen.

In deinem Text stecken viele Kommafehler. Mit "viele" meine ich sogar "sehr viele". Lies den Text laut und mach bei jedem Komma eine Pause. Du wirst merken, dass es an vielen Stellen nicht passt und einfach nicht richtig klingt.

Manche Formulierungen hinken noch etwas, so z.B. folgendes:

Die Musik voll aufgedreht, fuhr sie viel zu schnell nach Hause.

So liest sich das nicht schön.

"Sie drehte die Musik voll auf und fuhr viel zu schnell nach Hause" wäre mein Vorschlag.

Zweites Beispiel, weil es nicht lange danach auftaucht:

Am liebsten hätte sie ihr gesagt, das sie, wenn sie die Hose noch eine Nummer kleiner haben wollte, einen langsamen, Tod durch Erstickung erleiden würde.

Ich weiß natürlich, worauf du hinaus willst. Aber der Satz klingt, als würde er zwei völlig unterschiedliche Themen behandeln. Woran liegt das? Ganz einfach: Er hat keinen Flow. Er fließt nicht. Ruhig nochmal ransetzen und drüberlesen!

Ansonsten meckere ich diesmal nicht groß weiter, da die neue Version eindrucksvoll zeigt, wie man es richtig macht. Man nimmt sich Kritik zu Herzen und bezieht sie nicht auf sich selbst, dann setzt man sich ran und machts nochmal besser.

Kudos!

 

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