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Thema des Monats Ein Morgen danach

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19.05.2015
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Ein Morgen danach

Wind rauscht durch das geöffnete Fenster. Langsame Fahrt vorbei an Häuserreihen. Früh am Morgen. In der Ferne helle Stimmen. Kinder vielleicht. Finger, die auf dem Lenkrad irgendeinen Takt schlagen. Reifen, die durch Pfützen zischen.

„Du sagst mir, wie ich fahren soll, ja?“
„Letzte Ausfahrt vor der Autobahn. Danach ist es nicht mehr weit.“
„Ich kann auch das Navi einschalten.“
„Brauchst du nicht. Ich zeig dir den Weg.“

Graue Pudelmütze mit rotem Bommel. Seidige, sonnenblond leuchtende Locken, die darunter hervorlugen. Die Jacke fest geschlossen. Nebel, der sich über die Dämmerung legt. Ein Schimmern dahinter. Undeutlich, fahles Licht. Schweigen. Sie starrt vor sich hin und ich in den Dunst.

„Mir ist kalt.“
„Echt? Ich dreh die Heizung auf.“
„Lass mal. Die Jacke ist warm.“

Ein Stück unbedeckte Haut am Hals. Ein winziger Fleck am Kehlkopf, an den ich mich erinnere. Wie durchscheinend sie ist. Vor allem ihre Haut. So blass, sogar die feinen Äderchen sieht man darunter. Die Hände ineinander verschränkt. Smaragdfarbene Augen schauen mich an.

„Ich übernachte nicht mehr bei dir. Ich hab nicht gut geschlafen.“
„Warum?“
„Ich weiß nicht.“
„Mm.“

Ihre Stimme klingt in mir nach, leise und ohne Betonung. Mir fällt nichts ein, was ich sagen könnte. Die feuchte Straße vor mir reflektiert das Licht. Schweigen.

„Eigentlich will ich nicht zur Arbeit“, sagt sie schließlich.
Ich stelle mir die Lippen vor, die sie dabei leicht geöffnet hat. Weich.
„Ich kann umdrehen. Du kannst dich bei mir ausschlafen.“
„Geht nicht. Ich mach heute eine Präsentation.“
„Über was?“
„Neues EDV-Projekt. Serviceorientierte Software-Architekturen und was man damit sparen kann.“
„Ach so. Hast du mir gar nicht erzählt.“
„Nee.“

Schnellere Fahrt, als wir zur Bundesstraße kommen. Regentropfen, die als Schlieren auf der Scheibe zerfließen. Leise Musik aus dem Radio. Abgelöst von einer fröhlichen Sprecherstimme. Wir hören zu. Restgeruch der Zigaretten, die ich im Auto geraucht habe. Vermischt mit ihrem Parfüm, das mich an Frühjahr erinnert, an Oleander, an Brennnesseln, an Rosen. Sie schaut aus dem Fenster. Irgendwohin.

„Du musst jetzt abfahren. Nächste Ausfahrt und dann gleich rechts.“
„Was ist das für ein Parfüm?“
"Und jetzt die nächste rechts und gleich wieder rechts. Zweihundert Meter dahinter kannst du anhalten.“
Feste Stimme. Schnell gesprochene Worte.
„Da ist es. Hier kannst du anhalten.“

Eine rechteckige Glasfront mit Metallstreben, ein paar Büsche davor. Winterfeste Blumenstöcke. Am Eingang eine Tafel mit glänzenden Lettern. Die meisten goldfarben. Ich entschließe mich, den Zündschlüssel zu drehen. Der Motor verstummt. Wende mich um, blicke ihr entgegen. Keine Zeit mehr, um auszusteigen und ihr die Tür aufzuhalten. Sie öffnet sie selbst und schaut mich an. Dann lächelt sie und ich erinnere mich an die Fältchen um ihre Augen. Ihr Blick lastet auf mir. Sie sagt nichts und sieht irgendwie glücklich aus.
Ich halte mit beiden Händen ihre kalten, schmalen Finger, ziehe sie ein wenig zu mir. Küsschen rechts und links.

Sattes Klacken, als sie die Tür schließt. Für einen Moment steht sie noch da.
"Ich ruf dich an", sage ich. Worte, die im Nichts verhallen.
Sie nimmt die Mütze ab und schüttelt sich die Haare. Ich starte den Motor.
Sie dreht sich nicht mehr um.

 
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Erste Kurzgeschichten-Challenge: Ever.

 
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Geräusche. Schleichende Fetzen. Mäandernd. Wind rauscht durch das geöffnete Fenster. Langsame Fahrt vorbei an Häuserreihen. Früh am Morgen.

Das würde ich rausnehmen. Der Stakkato ist anfangs etwas überstrapaziert, und die Bilder sind nicht so deutlich und präzise. Welche Geräusche? Und dann sagst du doch: Windrauschen. Das ist redundant. Dieser in media res Einstieg mit den Kinderstimmen und dann den Fingern, die auf das Lenkrad klöppel, da, finde ich jedenfalls, ist man direkt drin.

Sie neben mir. Ist irgendwie klar, dass sie neben ihm im Auto sitzt. Ich würde das streichen.

Was sind saftige Locken? Sagt man das so? Ich kann mir da nichts drunter vorstellen. Ich finde insgesamt diese kurzen Absätze gut, würde aber die Motive hier nicht vermischen. Du beschreibst einmal sie, dann wieder die Natur. Ich würde da bei ihr bleiben, nicht den Nebel dazunehmen. Das wirkt konsequenter, geklärter, in einem Rhythmus.

„Mir ist kalt.“
„Moment. Ich dreh die Klimaanlage auf.“
„Lass mal. Die Jacke ist warm.“

Die Intention von diesem Dialog ist sehr gut. Im Grunde sagt sie etwas, er reagiert, aber sie schmettert das dann ab, lässt ihn im Regen stehen. Das ist eigentlich Nicht-Kommunikation. Aber ich finde es hier etwas offensichtlich. Er müsste zuerst ganz anders reagieren, so nach dem Motto: Wirklich? Echt? Dir ist kalt? Ich finde, in seiner Reaktion liegt etwas Vertrautes, aber das kann ja eigentlich nicht sein, da müsste mehr Diskomfort sein. Aber das ist gut, Frauen sind so, sie sind viel subtiler als Männer.

Ein kurzer Blick zur Seite. Raus, weil es ist klar, dass er, wenn er beschreibt, was er sieht, zuerst agieren muss. Und dass er sie beim Autofahren nicht drei Minuten ansieht, ist auch klar. Nackte Haut am Hals. Gibt es auch noch was anderes als nackte Haut? Haut ist ja immer nackt. Ein winziger Fleck am Kehlkopf, den ich kenne. Kennen ist fast zu viel. Was du meinst ist sicherlich, an den er sich erinnert. Wie durchscheinend sie ist. So blass. Elfenbeinhaut. Ich finde das überbetont. Entweder oder. Ich würde blass nehmen, und das mit dem Satz danach verbinden: Blass, sogar die feinen Äderchen sieht man darunter. [/B ]Mir ist nicht klar, auf was sich das besitzt hier: Überall. Egal wo. Die Hände ineinander verschränkt. Wasserblaue Augen schauen mich an. Frauen mit blauen Augen und blonden Locken, jaja, die Engel, die Versuchung. Etwas klischeehaft. :D

„Ich übernachte nicht mehr bei dir.“
„Warum?“
„Ich weiß nicht. Ich habe nicht gut geschlafen und glaub, ich hab ne Krise.“
„Mm.“

Übernachten klingt wie als seien die Dreizehn. Ich würde da auch keinen Dialog draus machen, sonder eher etwas Einseitiges, weil was soll er schon antworten? Nee, also eigentlich kannst du das nicht machen? Sie setzt das fest, sie bestimmt: "Ich übernachte nicht mehr bei dir. Ich habe nicht gut geschlafen." Das mit der Krise, das brauchst du gar nicht, das wird dem Leser auch so klar, das schwingt mit.

Ich höre ihre Stimme. Vibrierend. Aus dem Bauch heraus. Leise und ohne Betonung. Nichts. Nur Stimme. Mir fällt nichts ein, was ich sagen könnte. Die feuchte Straße vor mir reflektiert das Licht. Schweigen.

Ich dreh den mal was um: Ich höre ihre Stimme, leise und ohne Betonung. Die feuchte Straße reflektiert das Licht.

Den Rest finde ich redundant, er trägt nichts bei und wirkt in einem so reduzierten Text sofort wie ein Fremdkörper. Das Schweigen. Wenn er nichts sagt, und du das nicht kennzeichnest, also wenn die Figur nicht spricht, dann ist es klar, dass sie schweigt. Das musst du nicht extra erwähnen.

Flüsternd fast unterbricht sie irgendwann die Stille. Das liest sich irgendwie komisch und ungelenk. Ich würde das mit dem ersten Satz von ihr verbinden.
„Eigentlich will ich nicht zur Arbeit", sagt sie und unterbricht die Stille.

Ich stelle mir die Lippen vor, die sie dabei leicht geöffnet hat. Weich.

Bester Satz bis jetzt! Da schwingt alles mit, toll!

„Glaub schon.“
„Über was?“

Raus. Weil: Lass deine Figuren nie im Unklaren. Sie weiß, dass die Präsentation wichtig ist. Das glaubt sie nicht. Das "Ne" ist auch fast überflüssig, ihr unbehagliches Schweigen wäre hier eine passendere Antwort. Oder?

In dem Dialog mit dem Parfüm, da würde ich ihre Antwort rausnehmen. Sie interessiert das ja gar nicht mehr, sie schaut aus dem Fenster, vollkommen in sich gekehrt wahrscheinlich. Ich würde sie hier antworten lassen: "Und jetzt die nächste rechts und gleich wieder rechts. Zweihundert Meter dahinter kannst du anhalten.“ Banal und böse.

„Alles Gute“, sagt sie und klingt glücklich dabei. Warm. Aus dem Bauch.
Sie sagt wirklich: Alles Gute? Also das klingt irgendwie unpassend, so altväterlich. Passt auch nicht zusammen mit dem auf ihm lastenden Blick im Absatz davor. Das wirkt ja eher negativ, bedrückend. Seine Reaktion, dieses Heranziehen, und dann dieser zaghafte Kuss auf die Wangen, dieser Bruderkuss, der ist als Antwort, glaube ich, besser und intensiver.


Ich habe mir erlaubt, den letzten Satz mal zusammenzufassen und umzustellen.

Sattes Klacken, als sie die Tür schließt. Sie nimmt die Mütze ab und ihre Haare flattern. Ich mache den Motor wieder an. Für einen Moment steht sie noch da. "Ich ruf dich an", sage ich. Sie dreht sich nicht mehr um.

Ich finde dieses Erfolg wünschen, das ist so förmlich. Würde ich reduzieren.

Isegrims, ist ein guter Text. Minimalistisch. Verzeih, wenn ich deswegen da so reinhacke manchmal, aber du weißt, wie das bei so knappen Texten ist. Ich finde, das ist ein tolles Stimmungsbild. Mir fehlt hier vielleicht etwas der Kontrast, die Fallhöhe: Das hat etwas Endgültiges, aber warum ist diese Endgültigkeit so bitter? Ein kurzer Blick auf das Besondere der beiden, das würde mir sehr gefallen.
Aber sonst: top.

Gruss, Jimmy

 

Hallo Isegrims,

mir gefällt dein Text. Auch der Titel passt gut, der gibt der Geschichte noch eine Prise mehr von der Stimmung, die durchgehend herrscht. Kälte, wo vorher Wärme war. Zumindest habe ich das so empfunden.

Der Anfang ist mir ein wenig zu zerhackt. Das fand ich mühsam und hat mich nicht richtig in die Geschichte reinkommen lassen. Deshalb habe ich sie noch einmal gelesen und ein bisschen sacken lassen. Generell arbeitest du hier ausschließlich mit kurzen Sätzen oder Satzbrocken. Manchmal ist mir das ein wenig zu viel. also wenn sich dann nur noch einzelne Worte aneinanderreihen. Aber vielleicht geht es nur mir so.

Den Wechsel zwischen Dialogen und den Erzählabsätzen finde ich gut. Die Dialoge an sich fühlen sich echt an, beklemmend, fremd und kalt. Das ist dir gut gelungen.

Jimmys Vorschlag für den abschließenden Satz finde ich gut. Dadurch, dass dein Protagonist noch einmal etwas sagt, wirkt ihr "Nichtumdrehen" stärker nach.

Gerne gelesen!
RinaWu

 

Der elliptische – das ich fast „epileptische“ buchstabiert hätte - Beginn Deiner Geschichte,

Isegrims,

vermittelt ein gewisse Hektik in der Endzeitstimmung, die durch die Distanz zum/des Personal/s wieder aufgehoben wird. Allein dem Sprecher im Radio wird so etwas wie Emotion gestattet. So symbolisieren die Ellipsen eine Welt in Trümmern (The Day After eben). Sind also notwendiges Element für den Tag zuvor (auf Help gibt's bei den Beatles den Titel "The Night Before").

Eine gefällige Studie mit zwei kleinen Flusen, hier offensichtlich ein Komma

Ich entschließe mich[,] den Zündschlüssel zu drehen und den Motor auszuschalten.
und auch im folgenden Beispiel, was vielleicht überraschen wird
Eine fröhliche Sprecherstimme[,] sobald die Musik aussetzt.
Entscheidend: die grammatische Gleichrangigkeit.

Wie immer gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo jimmysalaryman

es freut mich, dass du dir den Text so genau angeschaut hast. Sehr sogar. Ich war extrem unsicher bei diesem Text, gerade weil ich so viel reduziert habe.
Und dann kommst du und sagst mir, ich soll noch redundanter sein. Et voilá. Ich hab noch mal was raus genommen, deine Vorschläge fast alle eingearbeitet und mir das Ding dreimal laut vorgelesen. Ist jetzt tatsächlich dichter geworden.
Vielen Dank für deine Zeit und deine Gedanken. Das hat mir sehr geholfen.
Das ist mein erster Text, den ich schreibe ohne prall sein zu wollen, bilderreich.
Hier ging es mir darum Bedeutung (aber das ist ja auch ein falsches Wort), vielleicht Möglichkeiten offen zu lassen. Gerade auch in den Dialogen wollte ich diese Nicht-Kommunikation rüberbringen, das ungesagte aufdecken...

Was sind saftige Locken? Sagt man das so?
Ich habe jetzt mal "kräftige Locken" draus gemacht. Manche Blodninen haben so feine Haare, andere so kräftige, eben saftige :)

Ich finde insgesamt diese kurzen Absätze gut, würde aber die Motive hier nicht vermischen. Du beschreibst einmal sie, dann wieder die Natur. Ich würde da bei ihr bleiben, nicht den Nebel dazunehmen. Das wirkt konsequenter, geklärter, in einem Rhythmus.
muss ich drüber nachdenken... ich finde, dass gerade der Wechsel eine Stimmung aufzeigt, aber vielleicht hast du recht und es wäre klarer nur bei ihr zu bleiben...

„Mir ist kalt.“
„Moment. Ich dreh die Klimaanlage auf.“
„Lass mal. Die Jacke ist warm.“

Die Intention von diesem Dialog ist sehr gut. Im Grunde sagt sie etwas, er reagiert, aber sie schmettert das dann ab, lässt ihn im Regen stehen. Das ist eigentlich Nicht-Kommunikation. Aber ich finde es hier etwas offensichtlich. Er müsste zuerst ganz anders reagieren, so nach dem Motto: Wirklich? Echt?

Ich habe es jetzt so gemacht. Stimmt: das vertraute fällt dadurch raus
„Mir ist kalt.“
„Echt?. Ich dreh die Klimaanlage auf.“
„Lass mal. Die Jacke ist warm.“

Nackte Haut am Hals. Gibt es auch noch was anderes als nackte Haut? Haut ist ja immer nackt. Ein winziger Fleck am Kehlkopf, den ich kenne. Kennen ist fast zu viel. Was du meinst ist sicherlich, an den er sich erinnert.
Auch die Stelle habe ich ein wenig geändert. "Nackt" sollte eine Anspielung auf Zärtlichkeit, Sex oder so was sein...

Wasserblaue Augen schauen mich an. Frauen mit blauen Augen und blonden Locken, jaja, die Engel, die Versuchung. Etwas klischeehaft.
Ich habe es ersetzt durch "Smaragdfarben", um dem Klischee zu entgehen...

In dem Dialog mit dem Parfüm, da würde ich ihre Antwort rausnehmen. Sie interessiert das ja gar nicht mehr, sie schaut aus dem Fenster, vollkommen in sich gekehrt wahrscheinlich. Ich würde sie hier antworten lassen: "Und jetzt die nächste rechts und gleich wieder rechts. Zweihundert Meter dahinter kannst du anhalten.“ Banal und böse.
Mit dem Parfüm... da habe ich lange drüber nachgedacht und erst wollte ich es so machen, wie du es schreibst und sie einfach nicht reagieren lassen, dachte mir aber, das wär halt doch hart von ihr... andererseits... ich hab´s jetzt weg gelassen und es klingt wirklich böse...

„Alles Gute“, sagt sie und klingt glücklich dabei. Warm. Aus dem Bauch.
Sie sagt wirklich: Alles Gute? Also das klingt irgendwie unpassend, so altväterlich. Passt auch nicht zusammen mit dem auf ihm lastenden Blick im Absatz davor.
Mit dem "Alles Gute" wollte ich so etwas endgültiges rüberbringen... ein Abschied für immer, aber vielleicht kommt das auch ohne dieses Formelhafte rüber... Ich habe das Ende jetzt reduziert wie du es vorgeschlagen hast.

Mir fehlt hier vielleicht etwas der Kontrast, die Fallhöhe: Das hat etwas Endgültiges, aber warum ist diese Endgültigkeit so bitter? Ein kurzer Blick auf das Besondere der beiden, das würde mir sehr gefallen.
Aber sonst: top.
Ja, die Fallhöhe. Darüber habe ich mir echt viele Gedanken gemacht. Aber bisher bin ich immer zum Ergebnis gekommen, dass ich es dann künstlich aufblähe, muss aber weiter drüber nachdenken, vielleicht ändere ich noch was.
Und: Danke für das Lob. Aus berufenem Mund.
lieben Gruß
Isegrims

 
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Hey Isegrims

Ein inhaltlich wie stilistisch mutiger Text.

Smaragdfarbene Augen […] Eine fröhliche Sprecherstimme […] Frühjahr […] Rosen […] goldfarben

Zunächst hatte ich nur "smaragdfarbenen Augen" zitiert und wollte schreiben, dass das nicht so gut zur Stimmung passt. Dann habe ich das Prinzip kapiert. Beeindruckend, wie viele positiv besetzte Begriffe du im Text untergebracht hast und dabei diese trübe Stimmung hinkriegst – m.E. auch durch die kurzen Sätze, die all die Restharmonie fragmentieren und zerfledderen. Nachdem ich die Geschichte noch mal mit Blick auf solche Kontraste gelesen habe, gefiel sie mir noch mal ein Stück besser.

Ihr Blick lastet auf mir. Sie sagt nichts und sieht irgendwie glücklich aus.

Auch hier wollte ich zunächst am „irgendwie glücklich“ herummäkeln, doch unter dem Kontrastaspekt macht auch dieser Satz sehr viel Sinn.

Schnellere Fahrt, als wir zu Bundesstraße kommen. Regentropfen, die wie Kugeln auf der Scheibe abprallen. Leise Musik aus dem Radio. Eine fröhliche Sprecherstimme sobald die Musik aussetzt. Wir hören zu. Restgeruch der Zigaretten, die ich im Auto geraucht habe. Vermischt mit ihrem Parfüm, das mich an Frühjahr, an Oleander, an Brennnesseln und Rosen erinnert.

Für mich eine exemplarische Passage, die zeigt, wie gut es dir gelingt, Stimmungen einzufangen. Das ist überzeugend.

„Nach was für einem Parfüm riechst du?“

Das klingt etwas umständlich. Vielleicht nur: „Was ist das für ein Parfum?“ oder so.

Ich habe deine Geschichte beim ersten Mal einigermassen gern gelesen. Angesichts der kurzen Sätze fiel es mir etwas schwer, einen Rhythmus zu finden. Beim zweiten Mal habe ich sie dann gern gelesen. Und beim dritten Mal sehr gern.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Isegrims, mit großem Interesse habe ich deine Geschichte gelesen. Einmal etwas ganz anderes. Interessant! Ich wusste nicht, dass eine Geschichte ohne Sätze funktioniert. Und es funktioniert, wie ich gerade erleben durfte.
Der Plot alltäglich, doch durch die gewählte Sprache entsteht eine ganz besondere Stimmung. Ich kann es knistern hören, die Spannung zwischen den beiden wird fühlbar. Das ist dir wunderbar gelungen.

Eine Kleinigkeit fiel mir auf:

Reifen, die über Pfützen schnarren.

Reifen, die durch Pfützen rauschen, würde mir besser gefallen.


Die Jacke fest geschlossen.
So blass, sogar die feinen Äderchen sieht man darunter. Überall auf ihrem Körper....

Ich denke nicht, dass man bei geschlossener Jacke, die Äderchen auf dem ganzen Körper der Frau, sehen kann.

Eine schöne Geschichte, ich freue mich für dich!
Amelie

 

Hallo Isegrims,

ich habe Deine Geschichte gerne gelesen. Es ist ja auch schon vieles geschrieben worden und ich will nicht in Wiederholungen verfallen. Der letzte Absatz gefällt mir jetzt besser als in der Ursprungsfassung. Aber irgendwie stimmt das Setting nicht. Ich springe mal durch den Text:

Wind rauscht durch das geöffnete Fenster ...
Eingedickter Nebel, ...
„Mir ist kalt.“ ...
Regentropfen ...
Sattes Klacken, als sie die Tür schließt. Für einen Moment steht sie noch da.
"Ich ruf dich an"
Da stelle ich mir vor, dass das geöffnete Fenster des Autos spätestens bei dem "Mir ist kalt" geschlossen wird. Andererseits müsste des Fenster auf der Beifahrerseite offen sein. Denn sonst kann sie seine Abschiedsworte doch gar nicht hören. Vielleicht weist Du darauf hin, dass er das Fenster herunterfahren lässt? Oder ist das überflüssig?

Und Du bist über ein Problem gestolpert, das selten auffällt: Nimmt man Änderungen direkt vor, so werden keine typographischen Anführungszeichen gesetzt. Die Anführungszeichen in der letzten wörtlichen Rede passen daher nicht zu dem Schriftbild des vorhergehenden Textes.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo RinaWu

schön, dass du vorbei geschaut hast und dir gefallen hat, was ich da gemacht habe.

Der Anfang ist mir ein wenig zu zerhackt. Das fand ich mühsam und hat mich nicht richtig in die Geschichte reinkommen lassen. Deshalb habe ich sie noch einmal gelesen und ein bisschen sacken lassen. Generell arbeitest du hier ausschließlich mit kurzen Sätzen oder Satzbrocken. Manchmal ist mir das ein wenig zu viel. also wenn sich dann nur noch einzelne Worte aneinanderreihen. Aber vielleicht geht es nur mir so.
Da habe ich lange darüber nachgedacht. Ich weiß schon, dass die kurzen Sätze anfangs etwas verwirren. Ich wollte aber das Sprunghafte zeigen. So wie Schlaglichter, wie so ein Blitz, der etwas anleuchtet... wie Gedanken eben oft sind... das hätte eine fließende Sprache nicht wiedergegeben...

Die Dialoge an sich fühlen sich echt an, beklemmend, fremd und kalt. Das ist dir gut gelungen.
super: es freut mich, dass die Dialoge funktionieren... alte "Baustelle" von mir... nur diesmal habe ich sie vor mich hingesprochen und mir gedacht, dass Dialoge ja in Wirklichkeit auch oft nicht darin bestehen, dass der eine auf den anderen eingeht und dass halt vieles gesagt wird, ohne es eindeutig zu formuolieren...

Den Schluss habe ich jetzt geändert :)
Liebe Grüße
Isegrims

Hallo Friedrichard
Mist, dabei dachte ich, hoffte ich, dass es mir gelingen könne in solch einem kurzen Text mal keine Kommafehler zu machen :)

Allein dem Sprecher im Radio wird so etwas wie Emotion gestattet. So symbolisieren die Ellipsen eine Welt in Trümmern (The Day After eben). Sind also notwendiges Element für den Tag zuvor (auf Help gibt's bei den Beatles den Titel "The Night Before")
elliptisch/epileptisch :) gefällt mir
dann nenn ich den verwendeten Stil in Zukunft so :)

vielen Dank für deine Anmerkungen :)
liebe Grüße
Isegrims

geht später weiter...

 
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Was ich jetzt wirklich toll fand, das sind zwei Sachen.
Ich finde, du hast dich wahnsinnig verbessert. Du hast ja viel an deinem Roman gebosselt. Und in die Romanfabrik schau ich nicht so oft rein. Also hatte ich schon lang nichts mehr von dir gelesen und das entsprechend nicht mitgekriegt. Dieses reduzierte Schreiben hier in diesem Text, das steht dir gut. :) Find ich echt schön.
Ich habe zwar immer noch meine persönlichen Probleme mit Ellipsen in dieser Fülle. Aber das ist ja auch Geschmackssache. Würd mich mal interessieren, ob dieses verknappte Schreiben auch gelingt, wenn man nicht so viele Ellipsen schreibt.
Insgessamt: Ich find das einen schönen, melancholischen Blick auf das Ende einer Beziehung. Hab das echt gerne gelesen, weil viel von dem Kontrast zwischen den beiden spürbar wird. Seine Hoffnungen und seine Traurigkeit. Und andererseits ihre Kühle.

Das zweite, was ich echt schön fand, das war, hier die genauen Hinweise von Jimmy zu lesen, der einem da so einen kleinen Einblick in seine Arbeitsweise verschafft hat, das hat mir selbst auch noch einmal die Augen geöffnet für bestimmte Informationen, die gar nicht nötig sind, wie zum Beispiel "kurzer Blick zur Seite". Das ist es, was ich an dieser Seite liebe. Das hätte ich ganz genauso wie du schreiben können, weil ich es für eine Leserinfo hielt. Aber es stimmt ja. Wenn die Beschreibung auf die Frau folgt, muss er zur Seite geschaut haben. Ist so. Braucht man also nicht mehr zu schreiben.

Gefiel mir dein Abgesang einer Beziehung.
Mehr Antwort kriegste leider nicht :D Muss auch reduzieren lernen - fang schon mal bei den Kommentarlängen an.
Sind zu viele Wettberwerbsgeschichten. Muss ich noch alle lesen und auf mich wirken lassen.
Novak

 
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Servus Peeperkorn

Ich habe deine Geschichte beim ersten Mal einigermassen gern gelesen. Angesichts der kurzen Sätze fiel es mir etwas schwer, einen Rhythmus zu finden. Beim zweiten Mal habe ich sie dann gern gelesen. Und beim dritten Mal sehr gern.
das freut mich sehr, wo ich wirklich komplett unsicher war, ob dieser Stil (und ich habe über diese Geschichte viel intensiver nachgedacht als bei Geschichten mit fünfmal mehr Textvolumen) überhaupt funktioniert... ist übrigens eine Beobachtung, die ich auch gemacht habe, als ich sie mir vorgesprochen habe... nach mehrfachem Vorlesen hat es sich richtig gut angefühlt...

Zunächst hatte ich nur "smaragdfarbenen Augen" zitiert und wollte schreiben, dass das nicht so gut zur Stimmung passt. Dann habe ich das Prinzip kapiert. Beeindruckend, wie viele positiv besetzte Begriffe du im Text untergebracht hast und dabei diese trübe Stimmung hinkriegst
ich glaube das funktioniert eben aus dem Kontrast heraus und das wollte ich auch so machen (ich glaube, weil ich anfangs gar nicht sicher war, ob ich das allein mit der Kälte, dem Aneinandervorbeireden des Dialogs transportieren kann...

...und zum Rhythmus: ich wollte etwas Stakkatoartiges, Lakonisches mit den kurzen Sätzen, fast wie in einem Gedicht. Passt dann auch zur Kürze des Textes und der verweigerten Epik...

stimmt: "Was ist das für ein Parfüm?" klingt besser :) ich hab's geändert...
liebe Grüße und vielen Dank
Isegrims

später mehr zu den anderen Kommentaren...

 

Hallo Isegrims,

zur Zeit habe ich leider so wenig Zeit, dass ich gar nicht dazu komme, die vielen neuen Thema-des-Monats-Geschichten zu lesen (und zu kommentieren). Zugegebenermaßen hab ich deswegen mal mit deiner angefangen - weil sie so kurz ist. ;)

Sie ist kurz, aber sie vermittelt trotzdem sehr viel Gefühl. Ganz toll finde ich das Minimalistische, ich mag den Stil sehr. Im ersten Absatz war es mir fast zu abgehackt, aber den restlichen Text fand ich wirklich gut. Du hast mit den einfachen, kurzen Dialogen viel über die Beziehung der beiden zueinander erzählt.

„Mir ist kalt.“
„Echt?. Ich dreh die Klimaanlage auf.“
„Lass mal. Die Jacke ist warm.“

„Ach so. Hast du mir gar nicht erzählt.“
„Ne.“

Diese beiden Stellen haben mir am besten gefallen. Das hat irgendwie schon beim Lesen wehgetan.

Also, habs sehr gern gelesen und mir ist nichts aufgefallen, das ich ändern würde :)

Liebe Grüße,
Tintenfisch

 

Der noch ma', vergleichen,

liebe Isegrims.

Fällt selbstverständlich sofort auf, dass drei Kürzest-Ellipsen gestrichen sind - ohne, dass es dem Text geschadet hätte. Logisch auch, dass Locken wenig "saftiges" an sich haben. Aber jetzt hab ich hier bedenken (warum nicht früher? K. A.):

Reifen, die über Pfützen schnarren.
"Über Pfützen" - wer oder was kann das? Wir können "über" Pfützen hinwegschreiten oder auch hineintreten und somit "durch" sie waten oder sonst was. Ein Reifen, der seiner Bestimmung folgt, nicht. Der rollt "durch", selbst wenn der größere Teil des Reifens übers Wasser hinausragt.

Ach j, die Pingelei geht weiter, und das, obwohl das gestrichen "ne" es deutlicher zeigen könnte, als jetzt die Passage

„Geht nicht. Ich mach heute ne Präsentation.“
...
„Ne.“
"ei/ne" und "ne/e" ...

Zweihundert Meter dahinter kannst du anhalten .“
(hier solltestu den Punkt einfangen und dort dem Komma etwas Luft verschaffen
Ich entschließe mich,den Zündschlüssel zu drehen

So, genug für heute. Achja, gern gelesen (hätt ich sonst ...?)

Tschüss und schönes Wochenende!

Friedel

 

Hallo Isegrims,

eine wirklich gute Geschichte. Ich muss zugeben, dass ich mich für das Stakkato weniger begeistern kann als die meisten anderen Kommentatoren, aber der Stil ist in sich stimmig und damit auch gut.

Hauptsächlich möchte ich aber mein Bedauern über den Abgang der "saftigen Locken" äußern. Ich fand das echt gut. Zum einen sehe ich sie direkt vor mir, genau wie ich auch saftige Wiesen vor mir sehen kann, ohne mich wirklich für den Flüssigkeitsgehalt der Grashalme zu interessieren (bin ja kein Rindvieh). Zum anderen war das mal eine etwas andere Bildsprache, während nach der Änderung dort ein plattes, alltägliches "kräftig" steht. Echt schade drum, vielleicht kannst Du Dich ja überwinden, es wieder reinzunehmen.

Aus dem gleichen Grund möchte ich mich für die "schnarrenden Reifen" starkmachen. Je nach Geschwindigkeit, Reifentyp und Pfützentiefe machen die nämlich wirklich so ein Geräusch. Und es klingt viel interessanter und anregender als ein banales "Rauschen".

Fazit: Lass Dir nicht zu viel reinreden (außer natürlich von mir ;))

Grüße vom Holg ...

 

Zu deinem "Fazit" nur kurz:

Isegrims ist, denke ich, alt genug und kann alleine entscheiden, was sie aus einem Kommentar mitnimmt. Und hier "redet auch niemand rein", sondern hier wird Textarbeit gemacht. Jeder kann für sich nehmen, was er möchte, es gibt hier keine Quote oder kein Muss.

 

Nana, Jimmy, komm, jetzt leg' doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage.

Holg hat bisher in genügend Texten bewiesen, dass er ein fairer Kommentator ist. Das Smily steht auch nicht ohne Grund hinter diesem Satz.

Ich mach dir und Holg mal ein Bier auf und dann könnt ihr auf unsere Wortkrieger :anstoss:

 

Hallo Jimmy,

ich wollte hier keinem zu nahe treten. Das war auch nicht speziell auf Dich gerichtet, denn es hatten auch andere die besagten "saftigen" Locken moniert. Ich wollte Isegrims nur ein bisschen mehr Zutrauen in ihre eigenen Formulierungen zusprechen, das ist ja hoffentlich nichts Böses. Und Textarbeit will ich damit weder abwerten noch verhindern, sondern im Gegenteil daran mitwirken.

Frieden?

Danke, bernadette, für die Verteidigung! Du hast mich richtig verstanden.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo The Incredible Holg,

nur mal kurz: zu den "saftigen" Locken. Ich habe da so ein Bild vor mir, etwas das ich ausdrücken will. Eben nicht diese feinen blonden Haare, so ein leuchtendes, kräftigeres, saftigeres Goldblond (wobei auch Gold ja nicht ganz stimmt.)

jimmysalaryman sagt ja zurecht, dass das keiner so sagt... aber es stimmt auch, dass das Bild vom Saft :) eine Verfremdung/Verwunderung bewirken könnte... mm: da muss ich drüber schlafen, vielleicht fällt mir ja auch noch was besseres ein, um das alles auszudrücken...

Aber Holg: he, das ist ne Challenge, wenn du mir deine Stimme versprichst, dann, ja dann... :) :)
Und das Schnarren der Reifen bleibt auf jeden Fall...

Und zum reinreden noch: ich bin allen sehr dankbar für ihre Anregungen, gerade weil ich mit einem Stil experimentiere, den ich gern weiterentwickeln möchte, mit dem ich aber keine Erfahrungen habe...

Vielen Dank für deine Anregungen, bin gespannt auf deine Geschichte :)
liebe Grüße
Isegrims

zu den anderen Kommentaren später mehr...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Isegrims,

nur mal kurz: zu den "saftigen" Locken. Ich habe da so ein Bild vor mir, etwas das ich ausdrücken will. Eben nicht diese feinen blonden Haare, so ein leuchtendes, kräftigeres, saftigeres Goldblond (wobei auch Gold ja nicht ganz stimmt.)

Hm, jetzt komme ich wieder ins Nachdenken ... ich sehe in den "saftigen" Locken vor allem dickes, dichtes, volles Haar. Wenn Du mehr auf den Farbton hinauswillst, hast Du mich mit dem Wort allerdings auch auf eine falsche Fährte gelockt, dann ist das Wort vielleicht doch nicht optimal.

Nun hat beides wohl auch miteinander zu tun, denn dichtes Haar macht insgesamt einen anderen Farbeindruck als dünnes, auch wenn die Farbe des einzelnen Haares dieselbe ist. Das gilt vielleicht auch für die saftigen Wiesen, wo sich die Farbe der Halme und der Gesamteindruck der dichten, fetten Büschel miteinander vermischen. Aber ich assoziiere mit "saftig" eben vor allem so etwas wie "dick, prall, gefüllt" oder auch "Saft und Kraft", womit wir wieder bei Deinem Ersatzwort "kräftig" wären, nur eben mal anders ausgedrückt. Also meinst Du nun "kräftiges Haar" oder "kräftiges Blond" oder beides?

Ansonsten: danke für das Schnarren! :D

Grüße vom Holg ...

Nachtrag: Eine weitere Assoziation, die mir im Hinterkopf herumschwirrte: Im Englischen hat man auch das (wohl nicht sehr verbreitete) Wort "zaftig", was auf dem Weg über das Jiddische ebenfalls vom deutschen Wort abstammt. Mein Wörterbuch umschreibt es wie folgt:
of a woman : slightly fat in an attractive way : having a full, rounded figure
Was immer das beitragen mag ...

 

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