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Chappersteyne

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05.01.2015
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Chappersteyne

Und so begab es sich, dass Chappersteyne vom Himmel stürzten.

Ärgerlicherweise ging bei ihrer Ankunft auf dem Planeten Erde in Paris eine Lampe zu Bruch.

Leute auf aller Welt warnten vor den außerirdischen Invasoren, die sich rücksichtslos auf vom Menschen gemachte Dinge warfen. Deutschland rief zur Mäßigung auf. Die USA kündigten an, den Chappersteynen möglichst schnell die Werte der Demokratie näher zu bringen. Facebooknutzer passten ihre Profilbilder an und zeigten Solidarität, indem sie eine leuchtende Glühbirne in ihre Fotos einfügten.

Davon waren die Gäste aus dem All unbeeindruckt.
Erster Fakt über Chappersteyne: Sie sind mit den Werten und Vorstellungen irdischer Politik nicht vertraut.

Sie setzten sich in Bewegung und rollten gemächlich über die Landstraßen. Wagenzüge von Ökoaktivisten folgten ihnen, um zu verhindern, dass staatliche Einrichtungen die Chappersteyne aus ihrer Gemeinschaft rissen, um die unbekannten Lebensformen zu untersuchen.

Als die Außerirdischen die Grenzen nach Deutschland passierten und ins Saarland einfielen, war der Aufschrei in der Bevölkerung groß.
Zweiter Fakt über Chappersteyne: Sie pfeifen auf Grenzen.

»Wir können keine weiteren Chappersteyne aufnehmen!«, erklärte der aufgebrachte und eilig ins Amt gerufene Minister für Extraterrestrisches. »Das Saarland ist total überlaufen. Schickt Busse. Wir müssen die Last gleichmäßig auf alle Bundesländer verteilen.«
»Wir schaffen das«, erklärte ein Sithlord in einem roten Ganzkörperkostüm.

Die Chappersteyne vibrierten, als Grenzsoldaten einige Exemplare aufhoben, um sie nach Sachsen zu bringen, und beruhigten sich erst, als man die entführten Genossen wieder in die Herde setzte.
Dritter Fakt über Chappersteyne: Sie sind sehr gesellige Wesen.

»Da lässt sich nichts machen«, erklärte Deutschland. »Öffnet die Grenzen und lasst die Steyne ziehen.«

England kritisierte Deutschlands Engagement: Die Welt sei für Weichlebewesen gemacht, nicht für wandernde Felsformationen.

»Was wollen die hir?«, fragte Facebooknutzer Toni „the one and only“. Sein Profilbild zeigte ihn mit freiem Oberkörper unter einer symbolischen Lampe. »Deutschland isd führ die Deutsche. Chappersteyne rohlen hir herum und geben sich keine Mühe, deutsch zu leernen.«
Der Kommentar erhielt 207.861 Likes, worauf Politiker verunsichert reagierten.

Der Bundesinnenminister bekannte Flagge, nachdem die Medienpräsenz Ausmaße eines Volksfests angenommen hatte. Er fuhr in seiner Limousine vor, trat ein paar Chappersteyne und erklärte, es sei die Pflicht jedes Deutschen, die Besucher in Richtung Grenze zu latschen. Auf die Frage eines Reporters, ob der Bundesminister vorhabe, Chappersteyne in seiner Limousine an die österreichische Grenze zu bringen, antwortete der hilfsbereite Mann mit einem schallenden Lachen.

Die getretenen Chappersteyne warteten auf ihre Artgenossen, um die Herde zu komplettieren. Sie lagen nur wenige Meter voneinander entfernt, doch dieser Akt dauerte mehrere Stunden.
Vierter Fakt über Chappersteyne: Sie sind nicht besonders schnell.

Nach über einem Monat erreichte die Herde die österreichische Grenze. Kampfflugzeuge der USA flogen Aufklärungsflüge, um die Bedrohung durch die Chappersteyne im Auge zu behalten. Ungarn jaulte auf und kündigte an, man wolle eine riesige Kuppel zum Selbstschutz errichten.

Die Reise der Chappersteyne wurde durch das hügelige Terrain erschwert.
Fünfter Fakt über Chappersteyne: Sie sind nicht fürs Bergsteigen gemacht.

Etwas ratlos rollten die Steinwesen gegen ihre ausgewachsenen Brüder und entschlossen sich nach mehrstündiger Beratung dazu, einen Umweg durch Italien zu nehmen.

Beim ersten Gipfeltreffen aller Vertreter für außerirdische Besucher geriet die europäische Union in Streit: Die besser betuchten Staaten stemmten sich vehement gegen die Forderung Griechenlands, die finanziellen Kosten für die Eingliederung von Chappersteynen allein zu tragen. Um die Griechen für ihre Anmaßung zu bestrafen, verhängte Deutschland Sanktionen und verwehrte dem griechischen Minister dringend benötigtes Kleingeld für die Busfahrkarte nach Hause.

Währenddessen standen sich Italien und die Chappersteyne ratlos gegenüber.
Italien erklärte den außerirdischen Wesen den Weg zur Grenze nach Slowenien, doch die Chappersteyne hatten gewisse Probleme damit.
Sechster Fakt über Chappersteyne: Sie verstehen kein italienisch.

»Wir wissen auch nicht, wo das noch hinführen soll«, erklärte der offizielle Sprecher Italiens; nicht durch Worte, sondern übertriebene Gesten, »Chappersteynen scheint unsere Kultur völlig fremd zu sein.«

Man legte den extraterrestrischen Besuchern nahe, zurück nach Österreich zu gehen und die Angebote der hiesigen Bahngesellschaft anzunehmen, die sich dazu bereit erklärt hatte, die Chappersteyne für den anderthalbfachen Preis, den die Regierung zu begleichen hatte, an die ungarische Grenze zu transportieren. Ungarn schrie entsetzt auf.

Die Chappersteyne rollten weiter. Die Steyne schienen den gut gemeinten Vorschlag einfach zu ignorieren.
Siebter Fakt über Chappersteyne: Sie sind beratungsresistent.

Ungarn reagierte wie ein in die Ecke gedrängtes Tier, als sich die Chappersteyne der ungarischen Grenze näherten. Die Kuppel war nur zur Hälfte fertig. Man warf Deutschland und Frankreich mangelndes Engagement vor, schließlich wusste keiner, ob Chappersteyne riesige, vom Menschen gemachte und absolut unnötige Bauwerke erklimmen konnten. Hätte man mehr Geld in die Erforschung der Bedrohung gesteckt, hieß es, gäbe es diese Krise jetzt nicht. Um die eigenen Grenzen zu befestigen, ließ Ungarn Geschütze aufstellen und berief Reservisten ein. Innerhalb einer Woche verfügte Ungarn über ein riesiges Heer und rief damit Nordkorea auf den Plan, welches sich durch einen Südkoreaner mit ungarischem Ausweis bedroht fühlte.

»Der oberste Führer wird nicht tatenlos dabei zusehen, wie die Welt das Volk unseres glorreichen Landes unterjocht!«, erklärte der nordkoreanische Außenminister. »Eine Demonstration unserer Stärke ist längst überfällig. Macht euch auf etwas gefasst.«

Eine Plastikrakete, die in den Außenbezirken von Pjöngjang im Boden stecken blieb, war weder eine Bedrohung für die Welt, noch für die Chappersteyne.
Achter Fakt über Chappersteyne: Militärisches Kräftemessen hat keine Wirkung auf sie.

Sie näherten sich mit ungebremster Geschwindigkeit der ungarischen Grenze. Wissenschaftler, die Aufklärungsschildkröten abgerichtet hatten, rechneten in wenigen Monaten mit der Ankunft der außerirdischen Bedrohung.
Ungarn bekam Schnappatmung.

»Plan B! PLAN B!«, kreischte der ungarische Ministerpräsident in einer Fernsehansprache, die aufgrund ihrer geringen Länge und den übermittelten Informationen in die Geschichte eingehen sollte. Er hämmerte auf einen riesigen, roten Knopf.

Die gesamte Erde wurde von einem Beben der Stärke zwölf erschüttert, als das Land einen Raketenantrieb zündete, der es aus den Fängen Eurasiens brach. Ungarn flog zum Mond und stellte auf dem Weg dahin die zum Überleben nicht unwichtige Kuppel fertig.
Davon ließen sich die Chappersteyne nicht aufhalten. Sie rollten auf das Loch zu, das einmal als Ungarn bekannt war, während die Menschen ungläubig durch Teleskope zum Mond starrten, wo ihnen eine kleine Landmasse den Mittelfinger zeigte.
Neunter Fakt über Chappersteyne: Sie sind äußerst entschlossene Gesellen.

Die Chappersteyne versammelten sich und rollten in Formation. Sie begannen zu summen und ein langes Lied zu singen, das mehrere Monate dauerte. Staatschefs aus aller Herren Länder flogen in den Krater, um respektvoll den Kopf zu neigen, bis irgendjemand ein Foto von ihnen gemacht hatte und sie wieder nach Hause gehen konnten. Ehemalsungarn war ein eher unbequemer Ort.

Die Ökoaktivisten, die die Chappersteyne auf ihrem ganzen Weg begleitet hatten, errichteten eine Siedlung um die Steinwesen herum und trafen sich jeden Tag, um eine Menschenkette um die Außerirdischen zu bilden. Gemeinsam sang man ein Lied, dessen Text niemand verstand, aber das eine unglaublich fesselnde Melodie hatte. Missy Lala verkleidete sich als Chappersteyn und war die Erste, die eine verständliche Version des Textes schrieb, womit sie Milliarden scheffelte.

Eines Morgens verstummten die Chappersteyne. Die gesamte Welt richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Außerirdischen, denen man einen eigenen Feiertag zugesprochen hatte.

Ein greller Blitz.
Ein Knall.
Weltraumstaub.

Zehnter Fakt über Chappersteyne: Sie sind im ganzen Universum für ihren unstillbaren Blutdurst und ihr Verlangen nach totaler Vernichtung bekannt.

Ungarn, das in Moongarn umbenannt worden war, erklärte in einer Ansprache, bei der nie wirklich klar wurde, an wen man sie eigentlich richtete, man werde auf jeden Eindringling schießen, der sich dem moongarischen Hoheitsgebiet näherte.
Einige Chappersteyne, die von der Druckwelle der Erdexplosion auf den Mond geschleudert worden waren, zeigten sich davon unbeeindruckt und rollten los.

 

Hallo NWZed,

habe sehr geschmunzelt. Einige Kleinigkeiten:

übermittelnden Informationen
Soll das eventuell übermittelten heißen?
Die Chappersteyne versammelten und rollten in Formation.
versammelten sich?
Sie sind im ganzen Universum für ihren unstillbaren Blutdurst und ihrem Verlangen
das em muss weg.

Letztlich quält mich nur noch eine Frage: Wenn die Chappersteyne "im ganzen Universum für ihren unstillbaren Blutdurst" bekannt sind, wieso reagieren die Menschenführer in ihrer gewohnten kopflosen Weise? Ich habe im übrigen auch nichts vom Blutdurst bemerkt, also ist es wahrscheinlich wieder mal ne Facebook-Meldung gewesen.

Ach ja: Wo tragen die Chappersteyne denn ihre Registrierungskarte? Oder hat das auch wieder nicht geklappt?

Sehr gerne gelesen.

Jobär

 

Heho Jo! Danke für's Reinschauen!

Letztlich quält mich nur noch eine Frage: Wenn die Chappersteyne "im ganzen Universum für ihren unstillbaren Blutdurst" bekannt sind, wieso reagieren die Menschenführer in ihrer gewohnten kopflosen Weise?

Dazu hatte ich in der Ursprungsversion der Geschichte einen erklärenden Absatz geschrieben, der mir dann aber zu sehr als Moralapostelei rüberkam. Stattdessen überlasse ich die Frage dem Leser und sage meine persönliche Ansicht dazu unterm Text: Weil sie sich eher darauf verkopfen, sich gegenseitig das Leben zur Hölle zu machen, als sich um wirklich wichtige Dinge zu kümmern.

Ach ja: Wo tragen die Chappersteyne denn ihre Registrierungskarte? Oder hat das auch wieder nicht geklappt?

Ausgezeichnete Frage! Die Regierungen der Menschheit waren so irritiert vom plötzlichen Auftauchen der Chappersteyne, dass sie ganz vergessen haben, die neue Gattung zu erfassen.

Die Fehler, lieber Jo, gehe ich direkt an. Danke für das gute Auge!

 

Hey NWZed,

ich hab auch geschmunzelt und die Invasion der Chappersteyne gern gelesen. Ist ja mal gut, dass die nicht ganz so bösartig sind, sich zusammentun und die Erde einfach plattwalzen. Und weil ich wenig konstruktives sagen kann, hier meine Lieblingsstellen:

Ärgerlicherweise ging bei ihrer Ankunft auf dem Planeten Erde eine Lampe in Paris zu Bruch.
... Facebooknutzer passten ihre Profilbilder an und zeigten Solidarität, indem sie eine leuchtende Glühbirne in ihre Fotos einfügten.

:)

»Was wollen die hir?«, fragte Facebooknutzer Toni „the one and only“. Sein Profilbild zeigte ihn mit freiem Oberkörper unter einer symbolischen Lampe. »Deutschland isd führ die Deutsche. Chappersteyne rohlen hir herum und geben sich keine Mühe, deutsch zu leernen.«
Der Kommentar erhielt 207.861 Likes, worauf Politiker verunsichert reagierten.

Hehe und Genau!

Auf die Frage eines Reporters, ob der Bundesminister vorhabe, Chappersteyne in seiner Limousine an die österreichische Grenze zu bringen, antwortete der hilfsbereite Mann mit einem schallenden Lachen.

Schön.

Italien erklärte den außerirdischen Wesen den Weg an die Grenze zur Slowakei, doch die Chappersteyne hatten gewisse Probleme damit.
Sechster Fakt über Chappersteyne: Sie verstehen kein italienisch.

Ach hübsch.

Staatschefs aus aller Herren Länder flogen in den Krater, um respektvoll den Kopf zu neigen, bis irgendjemand ein Foto von ihnen gemacht hatte und sie wieder nach Hause gehen konnten. Ehemalsungarn war ein eher unbequemer Ort.

Meine Lieblingsstellen scheinen die zu sein, wo menschliches Verhalten auf die Schippe genommen wird.

Gern gelesen.
Beste Grüße, Fliege

 

Tag Fliege - ich bedanke mich fürs Reinschauen.

Positive Kritik geht natürlich runter wie Öl und ich finde die auch noch ziemlich nützlich, da ich so lerne, was funktioniert und was nicht.

Damit dieser Beitrag einen qualitativen Stellenwert hat, wollte ich noch etwas zur Entstehung der Chappersteyne sagen, da ich die Geschichte beinahe lustiger finde, als die Steyne an sich:

Ich habe geträumt, dass ich einen Beitrag von Perdita lese, in dem sie sich über eine Geschichte Namens "Chappersteyne" ausgelassen hat und ich mir dachte "Verdammt! Warum bist du da nicht selbst drauf gekommen?" - und dann war ich munter. Frühs um 5. Da fielen mir die ganzen Fakten zu den Steinen ein, also bin ich aufgestanden, hab mir einen Block geholt und den ganzen Schmand aufgeschrieben. Ich wollte zurück ins Bett, aber das wurde nix, da mir pausenlos irgendwelche blöden Dinge über diese Dinger eingefallen sind und ich a.) lachen musste b.) etwas aufschreiben wollte.

~0700 bin ich dann aus dem Nest, ran an den PC, hab die Chappersteyne geschrieben, sie zwei einhalb Stunden später gepostet und bin Wackeln gegangen. Talk about Schnellschuss. Ich finde es erwähnenswert, dass ich während des Schreibens die ganze Zeit lachen musste wie ein kleiner Junge und öfters mit dem Tippen aufgehört habe, weil ich die ganze Idee sowas von blödsinnig fand, dass ich Tränen gelacht habe.

Aber so läuft das manchmal. Der Blitz schlägt ein, man hat Spaß und fertig ist eine Kurzgeschichte.

Natürlich wollte ich wissen, ob sie funktionieren, die Chappersteyne, also sind sie hier gelandet. ;x

 

Lieber NWZed,

Deine Chappersteyne haben mir beim Lesen sehr viel Spass bereitet! Und du sprichst mir an vielen Stellen aus dem Herzen - ich kann auch gar nicht viel bemängeln.

»Was wollen die hir?«, fragte Facebooknutzer Toni „the one and only“. Sein Profilbild zeigte ihn mit freiem Oberkörper unter einer symbolischen Lampe. »Deutschland isd führ die Deutsche. Chappersteyne rohlen hir herum und geben sich keine Mühe, deutsch zu leernen.«
Oh wie ich solche Leute - gelinde gesagt - nicht ausstehen kann!

Sechster Fakt über Chappersteyne: Sie verstehen kein italienisch.
Herrlich :)
... erklärte der offizielle Sprecher Italiens; nicht durch Worte, sondern übertriebene Gesten ...
:D

Innerhalb einer Woche verfügte Ungarn über ein riesiges Heer und rief damit Nordkorea auf den Plan, welches sich durch einen Südkoreaner mit ungarischem Ausweis bedroht fühlte.
Auch toll.

Einziger "Kritikpunkt" ist für mich der angebliche Blutdurst der Steine. Dass sie ein Verlangen nach totaler Vernichtung haben, wird aus der Geschichte klar; aber irgendwie kann ich keinen Bezug zum Blutdurst herstellen (es zerfällt ja alles zu Staub - blutige Kriege gibt's ja auch nicht). Aber vielleicht steh ich ja auch einfach auf dem Schlauch. Lasse mich gerne aufklären :)

Ich mag deinen Stil und vorallem die hier in der Geschichte verteilten winkenden Zaunpfähle.

Sehr gerne gelesen.

Liebe Grüsse
Raki

 
Zuletzt bearbeitet:

Aber vielleicht steh ich ja auch einfach auf dem Schlauch.

Elfter Fakt über Chappersteyne: Sie sind äußerst introvertiert und reden wenig über sich.

Ausserirdische Zivilisationen hätten den Menschen sicher das ein oder andere über Chappersteyne erzählen können, aber die Erdaffen waren zu sehr damit beschäftigt, sich selbst in den Sack zu stecken und zum Besitzer des Weltraums zu erklären, sodass sich die galaktische Föderation gedacht hat: "Weißt du was? Denen sagen wir nix. Passiert denen völlig zu recht."

Die Chappersteyne, die größere Planeten gewohnt sind, waren überrascht darüber wie klein die Erde ist - dadurch reichte ein kleines Team von Zerstörern und das stehende Heer der Weltraumbrocken kam nicht zum Einsatz. Was bedauerswert ist, schließlich handelt es sich dabei um Steyne, an deren Seiten kleine Waffen mit Klebeband festgeklebt werden.

So, das war jetzt aber auch alles, was ich mir auf die Schnelle aus den Fingern saugen konnte, um den Mangel an Blutdurst zu erklären. *g*

Ich bedanke mich fürs Reinschauen! :)

 

Hallo NWZed!

Da das Vorhaben, all die Challenge-Texte zu lesen und zu kommentieren, irgendwie einschüchternd wirkt, habe ich mir erst mal diesen Text vorgenommen, und ich finde, das war eine sehr gute Entscheidung. :D

Ich habe mich sehr gut amüsiert. Die Art, wie die verschiedenen Länder mit der ungewohnten Situation umgehen, und die Verlagerung einer politisch leider ziemlich nach rechts geruckten Nation auf den Mond, das hat mich an den von mir sehr geschätzten Film "Iron Sky" erinnert.

Außerdem fasziniert mich natürlich die Entstehungsgeschichte:

Ich habe geträumt, dass ich einen Beitrag von Perdita lese, in dem sie sich über eine Geschichte Namens "Chappersteyne" ausgelassen hat und ich mir dachte "Verdammt! Warum bist du da nicht selbst drauf gekommen?"
Das Komische ist, als ich den Titel das erste Mal gesehen habe, war ich der Meinung, ich würde das Wort von irgendwoher kennen, konnte es aber nicht einordnen. Dann habe ich es gegoogelt und festgestellt, dass wortkrieger der einzige Treffer ist. Offensichtlich handelt es sich um das Wirken des kollektiven Unterbewussten, oder des L-Raums. :lol:

Ein paar Highlights, durchsetzt mit Mini-Mäkeleien:

Wir müssen die Last gleichmäßig auf alle Bundesstaaten verteilen.«
Ich bin fürs Verteilen auf die Bundesländer, sonst muss man sich ja erst mit den Amerikanern (oder irgendeinem anderen Staatenbund) herumschlagen. :)

»Was wollen die hir?«, fragte Facebooknutzer Toni „the one and only“. Sein Profilbild zeigte ihn mit freiem Oberkörper unter einer symbolischen Lampe. »Deutschland isd führ die Deutsche. Chappersteyne rohlen hir herum und geben sich keine Mühe, deutsch zu leernen.«
Der Kommentar erhielt 207.861 Likes, worauf Politiker verunsichert reagierten.
Ich kann mich nicht entscheiden, ob die Nähe zur Realität diesen Gag witziger oder überhaupt nicht witzig macht. :hmm:

Der Bundesminister bekannte Flagge, nachdem die Medienpräsenz Ausmaße eines Volksfests angenommen hatte.
Bundesminister für was? Ist das immer noch der für Extraterrestrisches, oder ein anderer?

Beim ersten Gipfeltreffen aller Vertreter für außerirdische Besucher, geriet die europäische Union in Streit: Die besser betuchten Staaten stemmten sich vehement gegen die Forderung Griechenlands, die finanziellen Kosten für die Eingliederung von Chappersteynen allein zu tragen. Um die Griechen für ihre Anmaßung zu bestrafen, verhängte Deutschland Sanktionen und verwehrte dem griechischen Minister dringend benötigtes Kleingeld für die Busfahrkarte nach Hause.
Das Komma nach Besucher ist zu viel. Ansonsten eine sehr schöne Stelle. :)

Man warf Deutschland und Frankreich mangelndes Engagement vor, schließlich wusste keiner, ob Chappersteyne riesige, vom Mensch gemachte und absolut unnötige Bauwerke erklimmen konnten.
Menschen

»Plan B! PLAN B!«, kreischte der ungarische Präsident in einer Fernsehansprache, die aufgrund ihrer geringen Länge und den übermittelten Informationen in die Geschichte eingehen sollte. Er hämmerte auf einen riesigen, roten Knopf.

Die gesamte Erde wurde von einem Beben der Stärke zwölf erschüttert, als das Land einen Raketenantrieb zündete, der es aus den Fängen Eurasiens brach. Ungarn flog zum Mond und stellte auf dem Weg dahin die zum Überleben nicht unwichtige Kuppel fertig.

Das ist glaube ich meine Lieblingsstelle, die fand ich sehr sehr lustig, aber trotzdem eine Erbsenzählerei: Ungarn hat einen Ministerpräsidenten. Einen Präsidenten zwar auch, aber der ist so ähnlich wie unser Bundespräsident, eher eine Gallionsfigur. Die eigentliche Obermackerfunktion, also was jetzt gerade der Orbán ist, die hat der Ministerpräsident, deshalb würde ich den in dieser Rolle auftreten lassen.

Staatschefs aus aller Herren Länder flogen in den Krater, um respektvoll den Kopf zu neigen, bis irgendjemand ein Foto von ihnen gemacht hatte und sie wieder nach Hause gehen konnten.
Das finde ich auch sehr schön. Das beschreibt gefühlt irgendwie so siebzig Prozent der Weltpolitik.

Zehnter Fakt über Chappersteyne: Sie sind im ganzen Universum für ihren unstillbaren Blutdurst und ihr Verlangen nach totaler Vernichtung bekannt.
Die Idee mit den Fakten über Chappersteyne, die im Text verteilt sind, gefiel mir sehr gut, das ist wie eine Parodie auf die ganzen Clickbait-Texte, die das Internet verseuchen. Und dieser letzte Fakt war ein echter Knaller! :D Und ich habe das überhaupt nicht kommen sehen. Ich hab die Chappersteyne die ganze Zeit für putzig gehalten und war echt überrascht von dieser Wendung.

Das einzige, was ich an dem Ende ein bisschen schade fand, ist dass es die Möglichkeiten für Fortsetzungen ziemlich einschränkt. Gut, Moongarn ist noch übrig, aber der Rest der Welt kann leider nicht mehr mitspielen.

Grüße von Perdita

 

Und darum mag ich die Wortkrieger: Faktchecking leicht gemacht.

Ich danke dir für die Hinweise zu den politischen Situationen, Perdita. Die sind alle übernommen und die Kleinigkeiten habe ich auch ausgemerzt.

das hat mich an den von mir sehr geschätzten Film "Iron Sky" erinnert.

Juhu! Dann sind wir ja schon zwei.

Ich kann mich nicht entscheiden, ob die Nähe zur Realität diesen Gag witziger oder überhaupt nicht witzig macht.

Sehe ich genauso. In meiner Freundesliste hatten sich ein paar Gesellen versteckt, die in ähnlicher Art und Weise über den Konflikt geschrieben haben. Little did i know, dass zwei von ihnen so krank in der Birne waren, dass sie's sogar bis in die Nachrichten geschafft haben.

Bundesminister für was?

Bundesinnenminister. Wurde korrigiert!

Das einzige, was ich an dem Ende ein bisschen schade fand, ist dass es die Möglichkeiten für Fortsetzungen ziemlich einschränkt

Ich glaube, dass das ganz gut so ist. Die Chappersteyne funktionieren nur in einer so kurzen Geschichte, denke ich. Wenn man es zu sehr in die Länge zieht, verliert die ganze Sache ihren Witz. An sich ist der Text für mich eine Jahreszusammenfassung wichtiger Konflikte aus der Politik, die ich mit meinem unpolitischen Hirn mitgeschnitten habe.

Gut, Moongarn ist noch übrig,

Wer weiß, wie lange das noch so bleibt.
Zwölfter Fakt über Chappersteyne: Sie bringen Dinge, die sie einmal angefangen haben, zu Ende.

 

Hallo NWZed,

gar nicht mal so übel, deine Leichtsatire.

Sie liest sich sauber runter, Fehler habe ich nicht entdeckt und der Begriff Chappersteyne ist mitsamt dem Titel auf jeden Fall ein Hingucker.

Du hast Humor, wenn auch ich mir gewünscht hätte, dass du noch viel mehr solch kleine Feuerwerke gezündet hättest.

Der allerwitzigste Satz steht am Anfang der Geschichte und in der Hoffnung, dass noch so Teilchen auftauchen, wurde ich im Verlauf der Geschichte tatsächlich nicht enttäuscht.

Dies ist mein Favorit:

Ärgerlicherweise ging bei ihrer Ankunft auf dem Planeten Erde eine Lampe in Paris zu Bruch.
Schön komisch.

Stimmt eigentlich nicht ganz, denn dann kamen weitere kleine Erfreulichkeiten:

Eine Plastikrakete, die in den Außenbezirken von Pjöngjang im Boden stecken blieb, war weder eine Bedrohung für die Welt, noch für die Chappersteyne.

Und auch hier:
Wissenschaftler, die Aufklärungsschildkröten abgerichtet hatten,
Herrlich realsatirisch.

Die Ökoaktivisten, die die Chappersteyne auf ihrem ganzen Weg begleitet hatten, errichteten eine Siedlung um die Steinwesen herum und trafen sich jeden Tag, um eine Menschenkette um die Außerirdischen zu bilden.
Sauber den Finger in die Wunde gelegt.

Ich finde, es ist ziemlich schwierig eine Satire zu schreiben. Dir ist es aber gelungen.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo Lakita! Es freut mich, dass sich die Chappersteyne auch in dein Herz rollen konnten. Allgemein bin ich entzückt, dass dieses kleine Experiment so geglückt ist. Auch hiervon konnte ich eine Menge über das lernen, was funktioniert und was nicht funktioniert.

Eins noch:

Ich finde, es ist ziemlich schwierig eine Satire zu schreiben.

Das fand ich am Anfang auch, aber wenn man es sich genau betrachtet, ist es gar nicht so schwer. Die Chappersteyne sind in kaum zwei Stunden entstanden und alles, was dabei geplant war, waren die Fakten über Chappersteyne, die für sich allein genommen überhaupt keinen Sinn ergeben haben.

Also musste was drumrum - und was eignet sich dafür besser als die Tageszeitung? Wenn man sich nur anschaut, wie sich die Leute gegenseitig in die Pfanne hauen, brauch man eigentlich gar nicht mehr viel zuspitzen. Im Grunde reicht es, wenn man einen Artikel aus der Zeitung abschreibt. (siehe #armlaenge)

Nun gut, das mag von Person zu Person verschieden sein, aber Satiren fallen mir persönlich nicht schwer. *g*

 

Die Lust an einer SF-Story vergeht mir in aller Regel in dem Augenblick, in dem sich herausstellt, dass die extraterrestrischen Aliens - oh, welch Zufall! - humanoid sind.
Aus genau dem Grund kann ich auch mit dem ganzen Star Trek- und Star Wars-Schmarrn nichts anfangen, und aus genau dem Grund habe ich eben die Lektüre einer neu eingestellten SF-Story nach gut der Hälfte wieder aufgegeben.
Insofern trifft es sich gut, NWZed, dass lakita deine kleine Geschichte hier wieder hervorgekramt hat. (Im Dezember ist sie mir im TdM-Trubel offenbar entgangen.)
Nun ja, und die Tatsache, dass deine Außerirdischen nicht humanoid, sondern quasi mineraloid sind, ist einfach ein erfreuliches Regulativ zu dieser so oft strapazierten Unwahrscheinlichkeit, dass sich Leben überall im Universum gleich entwickelt.
So gesehen hatte deine Geschichte von Beginn an gute Karten bei mir, und ich muss sagen, sie hat mich dann auch im weiteren Verlauf nicht enttäuscht.
War einfach witzig zu lesen, immer wieder herrlich blöde Einfälle, eine sehr homogene Dramaturgie und dann noch ein bitterböser Twist zum Schluss, na ja, und dass Ungarn sich letztendlich aus der europäischen Staatengemeinschaft ins Weltall terminiert, hat ja durchaus eine Entsprechung in der Realität. Also rundum eine wirklich gelungene Satire.

Italien erklärte den außerirdischen Wesen den Weg an die Grenze zur Slowakei,
Kann es sein, dass du hier die Slowakei mit Slowenien verwechselst, das im Real Life zwischen Italien und Ungarn liegt?

War mir ein Vergnügen, NWZed.

offshore

 

Kann es sein, dass du hier die Slowakei mit Slowenien verwechselst, das im Real Life zwischen Italien und Ungarn liegt?

Ouh, ja, ganz böser Schnitzer von mir. Wird umgehend beseitigt. Danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Mögen niemals Chappersteyne in deinem Garten landen!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi,

ich steig gleich ein.

Und so begab es sich, dass Chappersteyne vom Himmel stürzten.

Mit dem: und so begab es sich ...
gibst du der Geschichte schon im ersten Satz einen Stempel, der vielleicht nicht ... hilfreich ist? Wir werden sehen.

Ärgerlicherweise ging bei ihrer Ankunft auf dem Planeten Erde eine Lampe in Paris zu Bruch.
Viel lieber würde ich ... Planeten Erde in Paris eine Lampe zu Bruch lesen.
Vom Großen zum Kleinen. Viel galanter.

indem sie eine leuchtende Glühbirne in ihre Fotos einfügten.
wo ist der Zusammenhang von Steinen, die etwas kaputt machen und Glühbirnen? Da bin ich zu doof zu, um das zu verstehen.

Erster Fakt über Chappersteyne: Sie sind mit den Werten und Vorstellungen irdischer Politik nicht vertraut.
He, da hab ich ja was mit denen gemeinsam!

Er fuhr in seiner Limousine vor, trat ein paar Chappersteyne und erklärte, es sei die Pflicht jedes Deutschen, die Besucher in Richtung Grenze zu latschen.
:confused:
ich verstehe den Satzteil nicht.
Wissenschaftler, die Aufklärungsschildkröten abgerichtet hatten,
:D

Bei dem Text muss jedenfalls keiner fragen, ob es sich um Satire handelt ... wobei einige Details von der Realität ja langsam überholt werden, wenn ich da an Mauern denke, die gebaut werden.
Die Fakts fand ich immer sehr trocken und witzig.

Aber diese ominösen Steine, die hast du ja kaum beleuchtet. Vielleicht war das auch Absicht, denn wenn man das überträgt mit der momentanen politischen Situation, kann ich auch nix zu den ganzen Menschen sagen, die irgendwann mit einer nicht fassbaren Vita hier bei uns auftauchen. Die sind auch so stumm wie Steine, denn wer soll sie schon verstehen können?

So ist eventuell der Szenerie, die für dich nötig war, anzulasten, dass ich nicht so richtig den Aha-Moment in mir drin verspürt habe, den ich bei guten Satiren habe. Dazu bist du mir schon zu weit weg mit deinen versteinerten Freunden, weil die so kalt und unnahbar waren. Aber das ist ja vielleicht auch die Essenz aus der Geschichte. Wahrscheinlich steckt mehr dahinter, als die bernadette grade so rauslesen kann. Irgendwie schade, dass sie in der Menge der Geschichten so unterging (war halt nix drin, was die Gemüter beunruhigt hat, anders als beim zweiten politischen Text hier),

Mir jedenfalls gibt sie zu denken, was will ein Text denn mehr?

Liebe Grüße
bernadette

edit: und der Eingangssatz ist okay.

 

Hallo NWZed!

Ich steige mal hier ein:

Zehnter Fakt über Chappersteyne: Sie sind im ganzen Universum für ihren unstillbaren Blutdurst und ihr Verlangen nach totaler Vernichtung bekannt.

Blutdurst und Vernichtungswille der Invasoren erinnern mich an H. G. Wells' Krieg der Welten. Die Marsmenschen, die in dieser Dystopie England heimsuchen, ernähren sich vom Blut der Menschen. Sie gleichen also Vampiren. Und das lässt an einen anderen Roman denken, der fast zur gleichen Zeit erschien: Bram Stokers Dracula. Was haben nun Wells' Krieg der Welten und Stokers Dracula außer dem Bluttrinken noch gemein? Sie gehören beide zur sogenannten Invasionsliteratur. Typisch für Invasionsliteratur ist, dass eine Horrorfantasie einer Invasion ausgemalt wird: Bei Wells' sind es Marsmenschen, bei Stoker ein Vampir.

Zur Invasionsliteratur gehört übrigens auch Jean Raspails Heerlager der Heiligen, wo Inder und andere Völker aus der Dritten Welt Frankreich und das Abendland überfluten. Dieser Roman ist nicht zuletzt unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise in Deutschland ein Bestseller geworden. Und Stokers Dracula spiegelt auch Ängste der Briten vor Menschen aus der rückständigen Dritten Welt: Graf Dracula, Einwanderer mit transsilvanischem Migrationshintergrund, will sich in England nicht integrieren, sondern so bleiben wie ist und eine Parallelgesellschaft gründen.

Mein Eindruck ist:

Du wolltest mit Chappersteyne eine Satire auf solche Invasionsliteratur schaffen. Eine Satire auf Wells', Stoker und Raspail. Du willst die Ängste, die sich in solchen Werken spiegeln, dem Gespött preisgeben und ihr damit ihre Wirkung nehmen. Das ist auch das legitime Ziel von Satire.

Aber ich möchte noch anmerken:

Wer wie ich viel von Freud und Jung gelernt hat, also von der Psychoanalyse herkommt, macht sich über Ängste nicht lustig, sondern nimmt sie ernst. Worin ich mich durch die Ereignisse in der kölner Silvesternacht bestätigt fühle.

Grüße
gerthans

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallihallo Bernadette,

wo ist der Zusammenhang von Steinen, die etwas kaputt machen und Glühbirnen? Da bin ich zu doof zu, um das zu verstehen.

Wenn du den Medienrummel um Charlie hebdo verfolgt und mitbekommen hast, wie die Leute reagieren, die noch nie von den Satirikern gehört haben, ergibt das viel mehr Sinn. Plötzlich haben alle Leute Mitgefühl geheuchelt. 2015 war es ein sehr geschmackloser Trend, sein Profilbild an die momentan "angesagte Katastrophe" anzupassen. Ob es nun Je Suis Charlie war, die Schwulenehe oder die zweiten Anschläge auf Paris - Wenn es etwas gab, womit man "mit der Masse mitschwimmen konnte", haben die Leute das in ihren Facebookprofilbildern mitgeteilt. Selbst, wenn es total bigott war. Ich hab Fälle gesehen, die ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen wollte und gleichzeitig Hetzbeiträge über Schwule und Ausländer geteilt haben. Du weißt ja wie das ist: Hätte die Facebookgruppe "IS, lös dich auf!" ein paar Likes mehr bekommen, gäbs die heute nicht mehr.

Viel lieber würde ich ... Planeten Erde in Paris eine Lampe zu Bruch lesen.

Das liest sich tatsächlich viel besser. Übernehme ich so!

Aber diese ominösen Steine, die hast du ja kaum beleuchtet.

Ja, mit Absicht. Die Steynchen kommen halt hier her und machen ihren Kram. Denen ist es völlig Wurscht, wie die Leute drauf reagieren. Außerdem hätte es den Text unnötig gestreckt, wenn ich noch Expositionsabsätze eingefügt hätte. Das es sich dabei um Steyne handelt, ist albern genug. *g*

ber das ist ja vielleicht auch die Essenz aus der Geschichte. Wahrscheinlich steckt mehr dahinter, als die bernadette grade so rauslesen kann.

Nein, nicht wirklich. Der Text ist sozusagen meine Jahreszusammenfassung von 2015. Die Hauptrolle gehört dem Schwachsinn, den die Leute gemacht haben.

Und jetzt zu gerthans:

Auch dir danke ich, dass du die Steyne in deine Welt hast rollen lassen!

Du wolltest mit Chappersteyne eine Satire auf solche Invasionsliteratur schaffen.

Nee. Käme mir gar nicht in den Sinn, denn wie du sagst:

Wer wie ich viel von Freud und Jung gelernt hat, also von der Psychoanalyse herkommt, macht sich über Ängste nicht lustig, sondern nimmt sie ernst.

Als ich die Chappersteyne geschrieben habe, war diese Silvesternacht noch fern und ich kann leider nicht in die Zukunft blicken.

Der letzte Fakt über Chappersteyne ist tatsächlich eine Parodie auf die gängigen Invasorenklischees, aber da hört es dann auch auf. Ich kenne jetzt nur das Werk von H.G. Wells und an das habe ich beim Verfassen sicherlich nicht gedacht.

Wobei ich dir aber Recht gebe ist Folgendes: Ja, ich verspotte gewisse Ängste der Leute, weil sie einfach nur albern waren. Ich kann ja verstehen, dass man wegen der einen oder anderen politischen Situation beunruhigt ist, aber bei den Leuten verläuft es so: Wenns nicht mehr im Fernsehen kommt, ist es vom Tisch. In Griechenland ist wieder alles in Ordnung, wie mir scheint. Man hört schließlich nichts mehr drüber. Und der Ebolavirus wurde auch vaporisiert. Die Boko Haram sind plötzlich mündige Christen geworden und Nord Korea stellt überhaupt keine Bedrohung mehr dar.

So gesehen gilt mein Spott den Trendängsten, die von den Leuten gestreut werden, und den Umgang unserer Politik damit. Solange es in der Öffentlichkeit steht, überschlagen sie sich alle, um ein Stück vom Werbetrommelkuchen abzubekommen. Da werden sensationsheischende Dinge getan, symbolträchtige Kniefälle gemacht, dies wird versprochen, das wird versprochen, hier schreit ein rotköpfiger alter Mann "Wir müssen etwas tun, Frau Merkel!" ... und wenn du drei Wochen später danach fragst, weiß kein SChwein mehr was davon, weil sich alle auf die neue Schnürsenkelkrise gestürzt haben.

Das wird verspottet, ja; und zwar weil es einfach nur albern ist.

 

Hallo NWZed,

ein treffsicherer Rundumschlag auf 2015. Nicht nur zum Schmunzeln, leider. Aber bei jeder Satire steht auch eine ernstgemeinte Haltung dahinter (hoffe ich), sonst wär's ja nur Zynismus. Der Name "Chattersteyne" erinnert mich an starkdeutsch. Ich weiß nicht, ob hier sich noch jemand daran erinnert.
Dass man Idioten gerne auf den Mond schießen möchte, ist ja bekannt. Prima, wenn sie es selbst tun.

Danke für die Aufmunterung zum Jahresbeginn.

Gruß wieselmaus

 

Hallo Wieselmaus,

danke fürs Reinschauen!

Aber bei jeder Satire steht auch eine ernstgemeinte Haltung dahinter (hoffe ich), sonst wär's ja nur Zynismus.

Yep, die habe ich jetzt schon gründlich breit getreten, glaube ich. Satire ist's, wenn du den Leuten einen Spiegel vorhälst und ihnen sagst "So benehmt ihr euch!". Den Zynismus hebe ich mir für die Geschichten anderer Leute auf. :D

Der Name "Chattersteyne" erinnert mich an starkdeutsch.

Das Chapper in Chappersteyne stammt vom Ausdruck "poor old chap", den ich dreist aus dem britischen entwendet habe. Es sind Steyne und nicht Steine, weil es die Medienwirksamkeit erhöht. "Es klingt seltsam! Ich muss meine Aufmerksamkeit darauf richten, schließlich könnte es mich bedrohen!"

In der Gesamtheit wäre die korrekte Übersetzung also "Kumpelsteine"!

 

Hier bin ich nochmal!

Mir ging es ähnlich wie Bernadette: Mir leuchtete nicht ein, was die Lampen und die Glühbirnen bedeuten; aber jetzt hast du uns ja aufgeklärt:

Wenn du den Medienrummel um Charlie hebdo verfolgt und mitbekommen hast, wie die Leute reagieren, die noch nie von den Satirikern gehört haben, ergibt das viel mehr Sinn. Plötzlich haben alle Leute Mitgefühl geheuchelt. 2015 war es ein sehr geschmackloser Trend, sein Profilbild an die momentan "angesagte Katastrophe" anzupassen. Ob es nun Je Suis Charlie war, die Schwulenehe oder die zweiten Anschläge auf Paris - Wenn es etwas gab, womit man "mit der Masse mitschwimmen konnte", haben die Leute das in ihren Facebookprofilbildern mitgeteilt.

Lampe und Glühbirne stehen also für Charlie Hebdo. Ja, das macht Sinn, denn die linke, antiklerikale Satirezeitschrift, die 1970 gegründet wurde, stammt aus der linksradikalen französischen Bewegung, die es auch bei uns in Deutschland gab, wo sie 68er Bewegung hieß (Daniel Cohn-Bendit war in beiden führend). Das Selbstverständnis der Zeitschrift ist damals wie heute laizistisch, gerichtet gegen repressive, patriarchalische Religionen, was ihr zahlreiche Anklagen durch den von ihr respektlos verspotteten Katholizismus einbrachte und letztes Jahr den tödlichen Anschlag durch Islamisten.
Da diese Zeitschrift also in der Tradition der antireligösen Aufklärung steht, hast du Glühbirne und Lampe als Symbol für sie treffend gewählt. Denn Licht, das die mittelalterliche Finsternis erleuchtet, ist Symbol für Aufklärung, was deutlicher in dem lateinischen und englischen Begriff dafür wird: In "il-lumina-tio" steckt "lumen", in "enlightenment" steckt "light" - beides bedeutet "Licht". Licht durch Bildung und Wissenschaft, das die Finsternis von Unwissen und Aberglauben bekämpft, ist traditionelle Metapher dafür.

Was mich aber stört: Es scheint, als ob du das komisch findest, und nicht des Aufhebens wert:

Ärgerlicherweise ging bei ihrer Ankunft auf dem Planeten Erde in Paris eine Lampe zu Bruch.

Aber vielleicht habe ich das auch in den falschen Hals bekommen - die Silvesterereignisse in meiner Heimatstadt Köln sind mir wohl allzu nahe gegangen.

Grüße gerthans

 

Aber vielleicht habe ich das auch in den falschen Hals bekommen - die Silvesterereignisse in meiner Heimatstadt Köln sind mir wohl allzu nahe gegangen.

Gut möglich. Nochmal: Als ich die Chappersteyne geschrieben habe, war die Silvesternacht noch fern. Der Einstiegssatz soll de-eskalierend und gleichermaßen neutral wirken, schließlich hat der Erzähler, der von den Ereignissen rund um die Chappersteyne berichtet, eine indifferente Haltung zu der ganzen Geschichte.

Wenn ich den Gedanken weiterführe, sehe ich die Steyne gerade als Doku auf der außerirdischen Version von N24 ... aber das zerlegt mir die Materie dann etwas zu sehr. *g*

 

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