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Game of existence

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20.07.2015
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Game of existence

Vor mir liegt ein weißes Blatt, in meiner Hand halte ich einen Stift. Aber es scheint mir unmöglich, meine abstrusen und chaotischen Gedanken in irgendeiner Form auf dieses weiße Blatt zu bekommen.

Das Ticken der Uhr an der Wand macht alles beunruhigender, als es schon ist. Jedes Ticken ist lauter als das zuvor. Es dringt von meinem Ohr, durch irgendwelche Nervenbahnen, direkt in mein Gehirn. Jede Sekunde.
Die weißen Wände um mich herum sehen rein, aber auch leer aus. Diese Perfektion und Neutralität inmitten dieser Welt voller Unordnung und Dreck.

Die Existenz. Ist etwas nur da, weil wir es wahrnehmen? Ich, mit meinen siebzehn Jahren, stelle Fragen, die mir jeder anders beantwortet. Jeder denkt, seine Ansicht ist die richtige, sein Glaube der wahre und seine Wissenschaft korrekt. Doch niemand von ihnen kennt die Formel des Lebens.

Wir Menschen sind alle im selben Spiel, nur in verschiedenen Levels. Wir haben gar keine Wahl auf ein anderes. Wir wurden in dieses Spiel hineingeboren. Es beginnt, und irgendwann endet es. Sei es in Level sieben oder siebzig, gewollt oder ungewollt, geplant oder plötzlich. Letzten Endes kann man dem „Game Over“ nicht aus dem Weg gehen.

Ich beginne mit dem Zeichnen.

Als ich klein war, schien mir das Spiel schön. Ich war begeistert von der guten Grafik, dem Ton und was die sonstigen Sinne noch für Skills zum Vorschein brachten. Die Missionen waren ziemlich einfach und ich erfüllte sie, mit Hilfe meiner Pflegeeltern, recht schnell. Ich wurde größer und größer, freute mich auf jedes „Level- up“.
Doch die Missionen wurden schwieriger. Die Schule, in der man entweder zu den Coolen oder zu den Außenseitern gehörte. Zu Hause, wo meine Pflegeeltern mich nicht mehr verstanden haben. Der Kontakt zu meiner leiblichen Mutter, der brach. Die erste Liebe, die nicht erwidert wurde. Es bohrte sich ein Virus in mein Gehirn. Sehr langsam und leise breitete er sich aus. Immer wieder brachte er mich zu Fall und nahm mir die Motivation, weiter zu spielen.
Irgendwann traf es mich wie ein Schlag. Ich war gezwungen, auf den „Pausebutton“ zu drücken. Wieso spiele ich? Ich schaute mich um. Manche spielen für Ansehen, manche für die Familie, manche für das Spiel selbst. Ich sah, dass jeder gute Spieler einen Traum hat. Aber ich hielt es nicht für sinnvoll, für etwas zu spielen. Es ist langweilig. Es ist das, was alle machen.
Manche nehmen Drogen, um das Spiel aufregender zu machen. Ich hingegen widmete mich der Philosophie und der Kunst.
Ich drückte auf den „Playbutton“.
Der Virus blieb. Mit der Zeit zerstörte er fast alles, was ich mir Level für Level erkämpft hatte. Ich versuchte durch die Kunst, die mir blieb, andere auf meinen Systemfehler aufmerksam zu machen. Es klappte nicht.
Ich drückte wieder auf den „Pausebutton“, schaute mich um. Kaum einer dieser Menschen leben, sie funktionieren nur. Wie Maschinen. Wenn eine Maschine kaputt geht, wird sie aussortiert. Sie landet da, wo sie verachtet wird. „Du hattest so gute Chancen, warum hast du sie nicht genutzt?“, sagen die Anderen.
Ich war traurig und wollte nicht mehr auf den „Playbutton“ drücken. Ich fühlte mich falsch in diesem Spiel. Ich wurde aussortiert. Der Virus hat mir meine Funktionen genommen.

Soeben setze ich den Stift das letzte Mal auf, demzufolge ist meine Zeichnung vollendet. Entschlossen lege ich den Stift beiseite und rufe meinen Therapeuten.

 
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Hallo whayaf,

so, während ich deinen Text lese, mache ich mal gleich ein paar Notizen.
Vorab: englische Titel sind nicht gerade ein Magnet, um eine Geschichte zu lesen, vor allem musste ich bei dem Titel sofort an Game of Thrones denken, ich das beabsichtigt, dass man den Titel mit der Serie assoziiert? Denn die Geschichte hat ja nichts damit zu tun?

Wegen ihr stelle ich mir diese wahnsinnig komplexen Fragen.

Aber es scheint mir unmöglich, meine abstrusen und chaotischen Gedanken in irgendeiner Form auf dieses weiße Blatt zu bekommen.
Und in zwei aufeinander folgenden Sätzen weißes Blatt ist irgendwie doppelt gemoppelt. Dass das Blatt nicht plötzlich pink ist, ist uns bewusst ;)

Sei es in Level 7 oder 70
Zahlen wenn möglich ausschreiben

Es bohrte sich ein Virus in mein Gehirn. Sehr langsam und leise breitete es sich aus.
Heutzutage gelten zwar beide Artikel bei Virus, der oder das ist laut Duden beides korrekt, doch ursprünglich und auch heute fest verankert in der Medizin heißt es das Virus, ich persönlich finde, es liest sich auch schöner. Kann aber sein, dass das nur Ansichtssache ist. Falls Du es änderst, denk auch an die nachfolgenden Zeilen.

Ich sah', dass jeder gute Spieler einen Traum hat.
Das ' ist nicht notwendig, du kürzt das sah ja nicht ab, es ist ein vollständiges Wort.

Sie landet da, wo sie verachtet wird.
Irgendwie ein komischer vergleich, ich meine, wenn deine Kaffeemaschine oder dein Trockner kaputt ist, verachtest du ihn dann mit weißglühendem Hass? :baddevil: Ich denke, du entsorgst das Gerät und kaufst ein neues, ohne groß Gefühle zu entwickeln.

So, und nun bin ich mit der Geschichte durch und weiß nicht so recht, was ich damit anfangen soll.
Ganz zu Anfang schreibst Du

Wegen dieser Zeit, die so pathetisch war.
Also das Wort pathetisch finde ich irgendwie irreführend. Laut Duden bedeutet es soviel wie feierlich, leidenschaftlich, salbungsvoll, übertrieben, ich finde da aber irgendwie keinen Zusammenhang.
Des Weiteren springst Du in der Zeit.
Entschlossen lege ich den Stift beiseite und rief meinen Therapeut an.
Das an fehlt, es sei denn, er sitzt im Zimmer nebenan und Du brauchst nur nach ihm zu rufen und schon kommt er herbei geeilt.
Auf die Zeitsprünge solltest Du im Text nochmal einen Blick drauf werfen.

So, ich hoffe, Du kannst was damit anfangen.
Für mich war die Geschichte leider nichts. Auch dieses umschreiben mit dem Game, Pausebutton etc., da fehlte nur noch der reset Knopf für den Neuanfang.
Aber man kann halt nicht jeden glücklich machen :lol:

Horrido, Joey

 

Hallo whayaf

manchmal lohnt sich eine Geschichte nur wegen eines einzigen Bildes, eines einzigen Satzes.

Das Ticken der Uhr an der Wand macht alles beunruhigender, als es schon ist. Mir scheint es, dass jedes Ticken lauter ist, als das davor. Es dringt von meinem Ohr, durch irgendwelche Nervenbahnen direkt in mein Gehirn. Jede Sekunde.
das "mir scheint" kann weg: Jedes Ticken ist lauter als das zuvor, klingt in meinen Ohren besser.
Der Rest der Passage ist wirklich toll, richtig gut.

So würde ich mit der Geschichte beginnen und daraus etwas machen, das eine Geschichte ist, ihre Verzweiflung zeigt: anhand eines Beispiels.
Meinetwegen ihre vergebliche Liebe oder die Suche nach Anerkennung und Glück.
Du willst zu viel und du vermengst das, was du schreiben willst, wie ich vermute allzu sehr mit dir selbst.

Wär schön von dir eine Geschichte nur mit solchen Sätzen wie oben zitiert zu lesen. Verbunden mit einer Handlung, einem Spannungsgefälle und so.
liebe Grüße
Isegrims

 
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Hallo whayaf,

ist 'ne Weile her, dass ich siebzehn war ... aber zum einen kann man sich sein ganzes Leben lang mit inneren Dämonen abplagen, zum anderen sind mir ein paar meiner Jugendnöte durchaus noch in Erinnerung. Jedenfalls scheinen mir die Emotionen, die Du da beschreibst, ziemlich universell zu sein, so dass hoffentlich viele Leser etwas davon in sich wiederfinden können.

Das Computerspiel als Metapher ist natürlich nicht ganz neu, aber durchaus wirksam und nachvollziehbar eingesetzt. Das sinnliche Erlebnis (Grafik, Ton) und den steigenden Schwierigkeitsgrad der Missionen finde ich dabei besonders anschaulich. Nebenbei bemerkt habe ich den Verdacht, dass die Level genau dem Lebensalter entsprechen sollen - wenn das zutrifft, ist es umso tragischer, wenn Spieler schon auf Level 7 scheitern.

Bei einer anderen Metapher habe ich etwas gestutzt:

Es bohrte sich ein Virus in mein Gehirn.

Zum einen weiß ich nicht, ob Du ein biologisches oder ein Computervirus meinst; im weiteren Verlauf sah es mehr nach letzterem aus. Zum anderen glaube ich in beiden Fällen nicht, dass es sich hineinbohren würde. Es dringt ein, schleicht sich ein, kriecht vielleicht hinein, überwindet die Abwehrmechanismen - aber immer eher heimlich und zunächst unbemerkt, jedenfalls nach meinem Empfinden. Übrigens denke ich anders als Joey, dass der Virus außerhalb der Fachsprache kein Problem ist. Nach meinem Sprachempfinden ist das bei Computerviren sogar noch verbreiteter als bei biologischen.

Manche werden vielleicht monieren, dass das, was Du erzählst, keine Geschichte im klassischen Sinne ist. Sie hat ja keine echte Handlung, sondern ist mehr so eine Momentaufnahme aus der Innenwelt Deiner Protagonistin. (Ich unterstelle einfach mal, dass sie wie Du weiblich ist, auch wenn die Geschichte genauso gut von einem Jungen handeln könnte.) Mich persönlich stört das nicht. Schade finde ich allerdings, dass Du sehr viele Dinge sehr direkt sagst, statt sie allein durch Wahrnehmungen der Protagonistin anzudeuten und dann den Leser selbst seine Schlüsse ziehen zu lassen. Zum Beispiel dieser Absatz:

Das Ticken der Uhr an der Wand macht alles beunruhigender, als es schon ist. Mir scheint es, dass jedes Ticken lauter ist, als das davor. Es dringt von meinem Ohr, durch irgendwelche Nervenbahnen direkt in mein Gehirn. Jede Sekunde.

Im fett markierten Halbsatz "verrätst" Du dem Leser etwas, was er sich durch die umstehenden Sätze ohne weiteres selbst erschließen könnte. Da solltest Du dem Leser und Deinen eigenen Schilderungen ruhig etwas mehr zutrauen. Das entspricht dem Ansatz, der hier gerne als "Show, don't tell" propagiert wird.

Noch ein paar Einzelpunkte:

Wegen dieser Zeit, die so pathetisch war.
Das hatte Joey schon angemerkt. Liegt hier vielleicht eine Verwechslung mit dem englischen pathetic vor? Das sind false friends.

Ist etwas nur da, weil wir es wahrnehmen?
Erinnert mich an die alte Zen-Frage: Wenn ein Baum im Wald umfällt, macht er auch dann ein Geräusch, wenn niemand da ist, um es zu hören?

Ich, mit meinen siebzehn Jahren, stelle mir Fragen, die mir jeder anders beantwortet.
Wenn sie sich die Fragen selbst stellt, wieso antworten dann andere? Vielleicht das Wort "mir" einfach weglassen.

Jeder denkt, seine Ansicht ist die richtige, sein Glaube der wahre und seine Wissenschaft sei korrekt.
Die beiden Adjektive klein, weil sie sich auf die jeweils vorangehenden Substantive beziehen. Außerdem solltest Du Dich zwischen Indikativ ("ist") und Konjunktiv ("sei") entscheiden. Letzteres wäre natürlich den Sprachpuristen lieber.

Mir scheint es, dass jedes Ticken lauter ist[,] als das davor. Es dringt von meinem Ohr[,] durch irgendwelche Nervenbahnen direkt in mein Gehirn.
Zwei Kommas zu viel.

Wir haben gar keine Wahl auf ein anderes.
"auf" ist die falsche Präposition.

Immer wieder brachte er mich zu[m] Fall und nahm mir die Motivation, wieder weiter zu spielen.
"wieder" ist überflüssig und klingt hier unschön.

Kaum einer dieser Menschen lebt, sie funktionieren nur.

Soeben setze ich den Stift das letzte Mal auf, demzufolge ist meine Zeichnung vollendet. Entschlossen lege ich den Stift beiseite und rufe meinen Therapeuten.
Aus meiner Sicht ist dies hier der einzige echte Zeitfehler, aber befolge ruhig Joeys Rat und sieh Dir das noch mal durchgängig an. Das kann manchmal die Aussage eines Satzes deutlich verändern.

Grüße vom Holg ...


Nachtrag: Jetzt weiß ich auch, woran mich Deine Metapher mit dem Computerspiel erinnert hat, nämlich an eine andere, ebenfalls technische, die mich immer wieder voll erwischt:

Es ist nicht wie im Film, da stirbt der Held zum Schluss,
damit man nicht zu lange ohne ihn auskommen muss.
Es ist nicht wie im Film, man kann nicht einfach gehen,
man kann auch nicht zurückspulen, um das Ende nicht zu sehen.
-- Farin Urlaub: Sonne

 

Hey whayaf,

mir persönlich hat die sprachliche Einbettung der Geschichte in die Gamersprache ganz gut gefallen, ist wohl aber in dieser Intensität nur etwas für Leser, die auch tatsächlich aus diesem "Genre" kommen.
Gestolpert bin ich hauptsächlich über den allerletzten Satz, und das nicht wegen des Zeitfehlers. Ich hätte diesen ganz weggelassen, weil er meines Erachtens die Interpretationsmöglichkeiten des Lesers zu sehr einschränkt. Man könnte in der KG durchaus auch eine Art Abschiedsbrief, gerichtet an die Welt, erkennen. Das ist jedoch meine persönliche Meinung und wohl Geschmackssache.

Viele Grüße
Thorsten

 

Vielen Dank für die Kritik. :)
Der fiktive Charakter befindet sich im Therapieraum (Kunsttherapie). Ich sollte das vielleicht irgendwo noch etwas umschreiben, damit das klar wird.
Das Wort "pathetisch" habe ich absichtlich gewählt. Es soll provozieren.

 

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