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Ananasrenetten

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16.03.2015
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Ananasrenetten

Obwohl keine Menschenseele unterwegs war, reduzierte er schon vor dem Tempolimit seine Geschwindigkeit. Er stoppte den Wagen, ließ die Scheibe herunter und warf einen letzten, angewiderten Blick auf die kleine silberne Plakette am Armaturenbrett, die den heiligen Christophorus abbildete.
Das hölzerne Gedenkkreuz am Straßenrand, direkt am Zugang zum ehemaligen Gut, erinnerte ihn ständig an das grauenvolle Geschehen. Erst gestern, am fünften Jahrestag, war er mit seiner Frau hier gewesen und hatte Kerzen und Rosen mitgebracht. Jetzt, in der flimmernden Frühlingsbrise, sah es aus als taumelten die kleinen Flammen und als weinten die Blumen dicke Tränen aus ihren Knospen.
Er schloss die Augen und verlor sich in Gedanken. Es war jedes Jahr dasselbe: Mit anderen Dorfbewohnern stand man schweigend am Mahnmal – unbeweglich, wie in trauervolle Ergebenheit versunken. Nachdem man die Blumen hingelegt und die Kerzen angezündet hatte, fuhr man in die Dorfkneipe nahe des Glockenturms, wo man in Erinnerungen schwelgte und gemeinsame Erlebnisse austauschte.
Auch er stimmte immer in den Kanon mit ein, wie leid es ihm tat. Dass er auch alles darum geben würde, den Täter zu finden. Und dass das, was zwei Jahre später geschah, hätte verhindert werden können.
Er öffnete die Augen und sah das Gesicht vor sich schweben, das ihn unverwandt anschaute. Dann zuckte er zusammen. Er konnte das Lügen nicht mehr ertragen.

***​

Peter trat aus dem Zelt heraus und roch den vertrauten Duft nach Vieh, Dünger und Heu. Die Apfelbäume erinnerten ihn wieder an seinen Plan. Er stellte sich vor, den süßlichen Geruch jener Sorte wahrzunehmen, die er bald züchten wollte.
Er schaute über den Zeltvorplatz, der jedes Jahr das gleiche ernüchternde Bild bot. Die ersten Raufsüchtigen wurden nach draußen komplimentiert, Unbelehrbare gar nicht erst hereingelassen. Auf dem Weg warteten Taxifahrer geduldig auf Kundschaft; Teenies stiegen quengelnd zu ihren Eltern in die Autos, deren Motorengeräusche in der lauten Schlagermusik untergingen.
Im Zelt hatte Peter schon eine aufgeheizte Stimmung gespürt, als läge Ärger in der Luft oder würde etwas Schlimmes passieren. Allzu lange wollte er sowieso nicht mehr bleiben, schließlich war Selma trächtig und kalbte bald. Er drehte sich um und erschrak. Ein kleiner, alter Mann stand ihm lächelnd gegenüber.
„Peter, bist du das?“, fragte der Alte. „Entschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Herr Jansen? Was machen Sie denn hier?“ Peter schaute den Alten an, der in seiner Aufmachung wie ein Jäger aussah.
Oswald Jansen legte seine Hand auf Peters Schulter. „Wie geht es dir, mein Junge?“ Als Peter kurz nickte, deutete Oswald auf sein Fernglas, das um seinen Hals hing. „Ich beobachte immer noch Vögel. Du weißt, wie früher. Jetzt, im Morgengrauen ist die beste Zeit dafür. War nur eben im Zelt was trinken. Hatte kein Wasser mehr im Auto.“ Er zeigte auf seinen Wagen, der am Rande der Wiese stand. „Wenn du möchtest, bringe ich dich nach Hause. Wollte sowieso noch rüber zum See fahren.“
„Vielen Dank, schon gut, Herr Jansen. Ich kann das Stück auch zu Fuß gehen. Bin noch nicht lange hier und außerdem habe ich eine Bekannte gesehen, die ich noch sprechen möchte.“

„Na gut, Peter.“ Oswald kramte in seiner Hosentasche. „Hier hast du etwas Geld.“
„Das kann ich nicht annehmen.“
„Ach komm, Peter. Wie früher, als ihr noch klein wart. Hm?“ Er strahlte ihn an. „Fürs Taxi. Und bestell Jonas und deinen Eltern liebe Grüße. Pass auf dich auf, mein Junge.“

*​

Nachdem Jochen eine weitere Kippe auf der Wiese ausgetreten hatte, zog er sich seine heruntergerutschte Hose hoch und stieß die dicke Zeltplane zur Seite. Drinnen schlug ihm warme, vom Alkohol durchschwängerte Luft entgegen.
Mit pelziger Zunge starrte er auf die jungen Frauen an der Theke. Sie hatten modische Frisuren, wie man sie in der Stadt heute trug. Verschmierte Lidschatten, unnatürlich rote Wangen und nassgeschwitzte Blusen zeugten von fortgeschrittener Stunde. Jochens Blick wanderte zwischen engen Röcken, blickdichten Strümpfen und lehmigen Pfennigabsätzen hin und her. Das Frischfleisch ist sicher noch länger hier, dachte er und spürte eine Schwellung in seiner Hose.
Seine ganze Aufmerksamkeit galt aber weiterhin der schlanken Schwarzhaarigen, die er letzte Woche an der Kasse im Supermarkt zum ersten Mal gesehen hatte. Er hatte es einfach mal ausprobiert und die junge Frau angesprochen. Als sie sich umgedreht hatte, fielen ihre langen Haare sanft über die Schultern, hell leuchtete ihr zarter Hals im Flackern der Leuchtstoffröhren. Esther war wohl Single, sonst hätte sie sicher nicht zugesagt, ausgerechnet zum heutigen Scheunenfest zu kommen, das über die Grenzen des Landkreises hinaus für seine feuchtfröhliche Atmosphäre bekannt war.
Für Jochen konnte es keinen besseren Ort geben. Die dunklen Ecken im Zelt, die angrenzenden, dichten Felder oder auch sein Auto, das er extra abseits geparkt hatte, boten die beste Gelegenheit, zu prüfen, ob sie noch Jungfrau war. Heute wollte er die Theologiestudentin aus ihren Zwängen befreien.
Verdutzt schaute sich Jochen um. Esther wartete nicht am vereinbarten Punkt, sondern war gegenüber am Imbissstand an einem Stehtisch, ganz in der Nähe seiner beiden Kameraden aus dem Schützenverein. Ein großer Blonder stand bei ihr. Die beiden tranken, lächelten sich vertraut an; die Hand des jungen Mannes berührte mehrmals Esthers Arm.

Schnaufend stampfte Jochen über die Holzbohlen. Einen Augenblick später hatte er sie gepackt.
„Aua! Lass mich los!“ Mühselig versuchte Esther, sich aus dem Griff zu lösen.
„Ich bin nur mal kurz weg, und schon machst mit anderen rum!“
„Heh! Geht man so mit einer Dame um?“ Peter stellte seinen Apfelsaft weg und musterte Jochen mit zusammengekniffenen Augen.
Den Blick seiner Kameraden im Rücken spürend, hob Jochen seine linke Faust und holte aus.
Mit einer schwungvollen Bewegung wich Peter dem Boxhieb aus und schlug zurück. „Entschuldige dich sofort bei ihr“, sagte er eindringlich.
„Hört auf!“ Mit breiten Armen stellte sich Esther zwischen den beiden. Sie schaute Jochen an, der sich noch ans Kinn fühlte und zu überlegen schien, ob er es nochmal versuchen sollte. „Das ist Peter, Agrarstudent ...“ Sie drehte sich um. „Peter, das ist Jochen.“ Dann hauchte sie: „Mein ... meine Begleitung.“
Peter legte seinen Kopf schief und gab eine Zahnlücke frei. Dann hielt er Jochen seine fleischige Hand entgegen.
„Los, steig auf deinen Mähdrescher! Sieh zu, dass du Land gewinnst!“ Jochen lachte dreckig auf und sah zu seinen Kameraden hinüber. Ihre Anfeuerungsrufe waren in ein Grölen übergegangen.
Peter sah Esther mitleidig an und verschwand dann wortlos.

Sofort legte Jochen seinen Arm um Esthers Schulter.
„Du tust mir weh! Was bildest du dir eigentlich ein?“ Hilfesuchend schaute sie zu den beiden Männern am Nebentisch hinüber.
Als Jochen bemerkte, dass die beiden die Situation beratschlagten, lockerte er den Griff und gab vor, Esther nur zärtlich zu umarmen.
Esther löste ihren Kopf aus der Umklammerung. „Wie viel hast du getrunken?“
„Das fragst du mich?“ Jochen sah auf die leeren Gläser. „Der Wievielte war das? Von wegen unschuldiges Mädchen vom Lande.“
Sie nahm das Cocktailglas, das ihr nicht gehörte und schlürfte die letzten Tropfen hinunter, wobei sie gegen ein Gefühl von Ekel ankämpfen musste. Dann knallte sie das Glas auf den Tisch zurück. „Weißt du was? Du kannst mich mal.“ Sie nahm ihre Jacke und zog sie an.
„Ich kann wahrscheinlich noch nicht mal eine rauchen gehen, ohne Kerle zu treffen, mit denen du nicht gebumst hast. Das war’s für mich.“ Jochen wand sich ab und ging in die andere Ecke des Zeltes, wohin Peter zuvor verschwunden war. Suchend sah er sich um und schrieb dabei eine SMS. ‚Kommt, wir schnappen uns das Schwein!’
Dann blickte Jochen nochmal zum Imbissstand und winkte seinen beiden Kameraden zu, die noch beim Aufstehen hastig ihr Bier austranken und in seine Richtung kamen.
Esther war verschwunden. Dich kriege ich auch noch, dachte er.

Auf dem Vorplatz angekommen, kramte Peter in seiner Hosentasche nach Geld. Kurz bevor er das einzige Taxi auf dem Platz erreichen konnte, löste sich eine elegant gekleidete Mittdreißigerin aus einer Gruppe und öffnete die hintere Tür des Fahrzeuges.
Oh, Entschuldigung“, näselte sie, nachdem sie Peter beinahe die Tür gegen das Knie gestoßen hatte.
„Ist schon gut. Nichts passiert.“
„In welche Richtung musst du denn?“, fragte sie beim Einsteigen. „Vielleicht können wir ja zusammen ... fahren.“
Mit gemischten Gefühlen beobachtete Peter, wie die Frau sich nur ein winziges Stückchen weiter in die Mitte setzte und ihr es nichts ausmachte, dass ihr Rock dabei hochgerutscht war. Dann instruierte sie den Fahrer. „In die Stadt.“
Das fehlt mir auch noch, dachte er. „Ich muss genau in die andere Richtung“, log er lächelnd. „Sind nur ein paar Kilometer. Ich gehe zu Fuß.“
Sie verzog den Mund und schnallte sich an. „Tut mir echt leid.“ Dann warf sie einen letzten ausziehenden Blick auf Peter, der seine Jacke zuknöpfte und Kopfhörer in seine Ohren steckte. „Hals- und Beinbruch, mein Süßer.“ Mit ihren rot angemalten Lippen formte sie einen Kuss und zog die Tür zu.

*​

Hans Sirowka regelte die Lautstärke wieder herunter und schlug verärgert auf den Lenker seines Lasters. Der Radiosprecher hatte von einer Vollsperrung auf der A3 berichtet, die Umleitung würde mindestens eine halbe Stunde kosten. Er griff zum Handy. „Chef. Ich weiß, es ist halb drei nachts, aber wir haben ein Problem ...“
„Ich hab’ die Verkehrsmeldungen verfolgt. Das darf doch wohl nicht wahr sein!“, schallte es durch den Hörer. „Du weißt aber schon, dass das Obst um vier wieder umgeladen wird?“
„Wie soll ich das denn schaffen?“
„Fahr den Rest halt über die Dörfer!“
„Da ist teilweise nur dreißig ...“
„Na und? Um diese Zeit ist da ja wohl nichts los. Jetzt nerv’ mich nicht! Sonst war das deine letzte Fuhre!“

Keine halbe Stunde war vergangen, als Hans an einem riesigen Festzelt vorbeifuhr. Ihm kamen einige Autos und Taxen, vor allem aber Anhalter entgegen. Zu jeder anderen Gelegenheit hätte er gerne einen Tramper mitgenommen, der nicht so stark torkelte oder herumalberte wie diese. Hans fand die Gespräche mit den jungen Leuten immer interessant, da er selber keine Kinder hatte.
Wehmütig schaute er auf das Navi. Noch zehn Kilometer. Wenn er weiterhin so zügig fuhr, hatte sein Chef sich umsonst aufgeregt.
Als Hans an einer Ampel warten musste, sah er am Straßengraben einen gebrechlichen, grün gekleideten Mann, der mit einer Taschenlampe in das Feld leuchtete und was zu suchen schien. Dann nestelte der Alte an seinem Feldstecher und betrachtete schließlich den Himmel durch das Glas. Verwundert sah Hans dem Mann nach, wie er hektisch ins Auto stieg und ohne auf den Verkehr zu achten losfuhr, als würde er jemanden verfolgen.


Regenwasser tropfte durch das undichte Dach auf den Beifahrersitz. Hans wischte es mit einem Tuch weg, und fragte sich, wann der LKW zuletzt in der Werkstatt gewesen war. Dann startete er die Musikkassette. Fröhlich pfeifend begleitete er die Truckermusik, die das quälende Quietschen der abgenutzten Scheibenwischergummis übertönte – und ließ dabei nicht vom Gaspedal ab.
Plötzlich sah er einen Jugendlichen, der sich waghalsig auf die Straße stellte, eine Flasche in die Höhe hielt und ihm zuwinkte. Hans hörte augenblicklich auf zu flöten und trat auf die Bremse. Der LKW rutschte über den Asphalt, das Heck brach aus. Eine junge Frau hastete in die Fahrbahnmitte und zog dem Lebensmüden an der Jacke. Der Mann zeigte keinen Widerstand und fiel zusammen mit der Frau in den matschigen Straßengraben, bevor Hans auf der Fahrbahn zum Stehen gekommen war.
Schwer atmend stellte Hans die Musik ab, kurbelte das Fenster herunter und erkundigte sich bei den beiden nach ihrem Wohlergehen.

*​

Peter zog die Kapuze über den Kopf. Wind und Wetter machten ihm nichts aus, er war es durch die Feldarbeit gewohnt; er sorgte sich nur um die Kopfhörer, für die er solange hatte sparen müssen.
Links und rechts der dunklen Straße lagen die Äcker und die großen, saftigen Wiesen des Straetmans-Anwesens, dem Grundstück seiner Familie. Nach dem Agrarstudium wollte Peter die alte Familientradition wieder aufgreifen und auf dem ungenutzten Wiesenland eine große Apfelplantage anlegen. Er würde mit den Einnahmen alle erdenklichen Behandlungen für Jonas bezahlen. Sein Bruder könnte vielleicht sogar im künftigen Bioladen mitarbeiten, sich gebraucht fühlen. Sein geliebter Bruder, der nach seinem Sturz von einem Apfelbaum vor sechs Jahren seine Beine nicht mehr bewegen konnte und sich seit dem fast nur noch im Haus aufhielt. Neben seiner Fröhlichkeit hatte Jonas auch nach und nach seine lustigen Sommersprossen verloren. Die Sommersprossen, die Peter immer an den fleckigen Apfel erinnerten.
Peter erkannte gedämpftes Licht im Stall. Er schaltete die Musik aus und band die Kapuze zu. Wenn er sich beeilte, konnte er seinem Vater noch bei der Geburt helfen.
Er lief los und übersprang eine große Pfütze. Mit dem Fuß stieß er gegen einen armdicken Ast, den der Wind in die Wasserlache gefegt hatte. Er verlor das Gleichgewicht und fiel kopfüber. Knackend schlug zuerst seine rechte Hand auf die Fahrbahn, dann das Kinn. Benommen blieb er bäuchlings liegen. In seinem Kopf hämmerte es wild. Mit schmerzverzerrtem Gesicht probierte er, aufzustehen. Erfolglos. Seine Hand hielt den Druck nicht aus. Er ließ sich wieder auf den Boden fallen und hechelte stark.
Bilder aus der Kindheit schwebten vor seinem inneren Auge. Wie er jedes Mal nach einigen kräftigen Atemzügen seine Schmerzen verscheuchen konnte, wieder einfach aufgestanden war und weiterspielte, nachdem ihm seine Mutter noch ein buntes Pflaster aufgeklebt hatte. Nur Jonas hatte ein einziges Mal nicht so viel Glück gehabt.
Peter atmete tief ein und aus und versuchte, die Gedanken an Kummer, Schmerzen und Leid zu verjagen. Wie in Zeitlupe drehte er seinen Kopf, als er ein schleifendes und quietschendes Geräusch vernahm. Mit einer Mischung aus Sehnsucht und Traurigkeit blickte er auf das, was da auf ihn zu schlitterte.
Vor dem Aufprall schloss er die Augen und glaubte, rasch gedeihende Äpfel zu sehen. Eine Plantage grüner Früchte mit ihrer charakteristischen Punktierung. Jene Poren, die das Obst angeblich aktiv öffnen und schließen konnte, um am Leben zu bleiben. Ein Trugschluss.
Peter nahm einen letzten, kräftigen Zug durch die Nase und vernahm den intensiven Duft der Ananasrenette. Es war die Sorte, die seine Vorfahren in der Gegend eingeführt hatten, die er jetzt zum letzten Mal roch.
Die Äpfel mit den gleichen Sommersprossen, wie sein Bruder sie einst hatte. Das Obst, dem er in seiner Plantage wieder neues Leben einhauchen wollte.
Jonas’ Lieblingsapfel.

*​

Hans Sirowka war seit zehn Jahren nicht mehr in den Gassen von Niederkrümpten gewesen. Im Licht der späten Mittagssonne wirkte das Dorf düsterer, als er es in Erinnerung hatte. Es war, als versteckten sich die Menschen hinter den Fassaden aus der Gründerzeit oder den Grabsteinen auf dem Friedhof.
In der Dorfkneipe, die an diesem Sonntag gut besucht war, roch es staubig und süß, wie bei alten Leuten. Gäste saßen und tranken; einige würfelten oder spielten Karten. Hans bestellte sich an der Theke einen Schnaps, der ihn in den Eingeweiden brannte.
Ihm wurde schwindelig vor Aufregung, als er den Gesprächen der Männer lauschte. Es gab nur ein Thema. Der tote Junge vom Hof.
Vor seinem inneren Auge tauchte wieder die bewegungslose Silhouette auf. Er nahm den metallischen Duft des Blutes wahr, das aus dem Körper des toten Jungen floss und sich in den Pfützen mit dem Wasser vermischte.
„Kannten Sie Peter auch?“, riss ihn der Wirt aus seinen Gedanken, während er mit einem Handtuch ein Glas polierte.
„Nein, nein“, beeilte sich Hans. Er klang rau, als wäre ihn der Hals zugeschnürt.
„Schrecklich …“, sagte der Wirt. „Ich hoffe, es war keiner von hier. Sein Vater würde ihm die Gurgel durchdrehen, wenn ihm nicht schon seine Frau zuvorkäme.“
Hans nickte stumm und versuchte, seine Erregung zu unterdrücken.
„Noch’n Schnaps oder ’n Bier?“
„Wissen Sie, wann und wo die Beerdigung ist?“

*​

Alle Blicke ruhten auf Paul Straetmans, der sich als erster aus der vorderen Reihe erhob. Er schob einen Rollstuhl voran, in dem zusammengekauert sein zwölfjähriger Sohn Jonas saß. Nachdem sie ihr Taschentuch weggesteckt hatte, folgte ihm gebückt seine Frau Magda und hielt sich an Pauls Arm fest. Nacheinander standen die Restlichen auf und bildeten eine Prozession, die bedächtig über den Aschenweg schritt.
An einer Einmündung stoppten sie und die Menge schloss auf. Einige der Leute gafften Magda nach, die mit verzerrten Gesichtszügen nach vorne wackelte und das grüne Marmorgefäß streichelte. Für einen Moment herrschte absolute Stille. Dann brüllte sie ihren ganzen Schmerz auf einmal heraus.

Zwanzig Minuten später wurde die kleine Schaufel letztmalig zurück in den Eimer gesteckt, in dem sich zuvor Erde befand. Der Pfarrer verabschiedete sich und ließ die drei Straetmans alleine am offenen Grab zurück. Paul die Schultern fallen.
Entgeistert hatte Esther die groteske Szenerie beobachtet, wie Magda Straetmans unaufhaltsam die Gummireifen von Jonas` Rollstuhl vom Lehm befreite und sie keiner daran hinderte.
Esther trat näher, räusperte sich und sprach Paul Straetmans an, der sie trotz seiner ergrauten Haare an Peter erinnerte. „Mein herzliches Beileid. Ich bin Esther van gen Hasselt, eine Kommilitonin von … Peter.“

„Hatte Peter dir nicht auch Nachhilfe gegeben?“ Seine Stimme klang ruhig und gefasst.
Esther wollte die fleischige Hand, die so zerbrechlich wirkte, am liebsten gar nicht mehr loslassen. „Er hat versucht, mir sogar noch auf der Feier Matheformeln beizubringen.“
„Peter hatte große Pläne ...“, sagte seine Stimme voller Stolz und Kummer. Gedankenvoll blickte er auf das Grab, dann auf seine Frau.
Esther dachte nicht daran, das qualvolle Schweigen zu brechen.
„Er wollte mit mir zusammen eine Apfelplantage anlegen“, sagte Jonas. Er kramte in seiner Jackentasche, holte grünes Obst hervor und polierte dessen fleckige Schale an seiner Hose, bevor er die Frucht seinem Vater rüberschob.
Paul Straetmans legte die prächtige, saftige Ananasrenette neben das Grab auf die feuchte Erde. „Esther, mein Kind, ich danke dir, dass du gekommen bist.“
„Ich kannte den Verhafteten.“ Tränen liefen ihr über das Gesicht. „Ich war dabei, als er mit Peter Streit anfangen wollte und ...“
„Ist schon gut, mein Kind“, sagte Paul und streichelte Esther über die Schulter.
Magda Straetmans beendete ihre fortwährende Reinigungsaktion und starrte auf die junge Frau. „Mörder!“ Sie spuckte das Wort geradezu aus. „Ich will, dass sie ihn hängen!“ Verbitterung und Verachtung huschte über ihre Züge.
„So beruhige dich doch, Magda. Er wird seine Strafe bekommen.“ Dann wisperte er Esther zu: „Meine Frau hat das mit Jonas nie überwinden können. Sie ist schwer krank. Ich weiß nicht, wie sie diesen neuen Schicksalsschlag übersteht.“ Nachdem er sich kurz zu seiner Frau umgedreht hatte, sprach er weiter: „Es wäre vielleicht besser, wenn du jetzt gehst. Nochmals vielen Dank.“
Als Esther die Wiese verlassen hatte, drehte sie sich letztmalig um. Sie putzte ihre Nase und schaute dabei auf die blauen Wolken am Himmel. Zwei Jahre später sollte sich Esther nur zu gut an die Worte von Paul Straetmans zurückerinnern.
Auf dem Aschenweg standen Gerda und Oswald Jansen und sprachen leise mit einem untersetzten Endfünfziger in löchrigen Jeans, der immer wieder den Kopf schüttelte. Oswald streichelte dem Mann über seinen Arm und nickte ab und zu. Dann wischte sich der Mann seine Tränen aus den Augen und ging auf die Straetmans zu. „Es tut mir so leid.“ Mit gesenktem Blick stand er da und kaute auf seinen Fingernägeln. Als sich Magda demonstrativ wegdrehte, sagte er zu Paul: „Wenn das Wetter nicht so schlecht gewesen wäre. Wenn ich ihn doch nur eher gefunden hätte ...“
„Machen Sie sich keine Vorwürfe.“
„Kann ich irgendwas für Sie tun?“
„Ist schon gut, Herr Sirowka. Vielen Dank für Ihre Anteilnahme.“

*​

Lügen, Lügen, nichts als Lügen, dachte er. Ich halte es nicht mehr aus. Wütend schlug er zuerst auf das Lenkrad, dann auf die Plakette mit dem Schutzpatron der Reisenden. Vielleicht hätte er dieses Drama verhindern können, wenn er damals im Regen nicht so schnell gefahren wäre. Wenn er besser aufgepasst hätte. Und warum musste der Junge auch zu Fuß gehen, hatte sich nicht mitnehmen lassen oder ein Taxi genommen?
Er warf einen letzten Blick auf das Mahnmal, bekreuzigte sich und fuhr dann weiter. An der Zufahrt zum ehemaligen Straetmans-Anwesen stoppte er den Wagen. Er erinnerte sich, dass die Torwölbung früher mit prächtigen Rosen bewachsen war. Jetzt war das Holz verwittert; ein einziger, rostiger Nagel hielt das Metallschild. Er ließ die Scheibe herunter und glaubte, den beißenden Gestank von Verwesung zu riechen. Es herrschte eine sonderbare Ruhe, als würde alles einen weiten Bogen hierum machen.
Er blickte über den Feldweg auf das weitläufige Grundstück. Man musste schon genauer hinsehen, um unter dem Unkraut Spuren von Landmaschinen oder Traktoren zu erkennen, die davon zeugten, dass es hier einmal Leben gegeben hatte.
Verborgen am Waldrand lag sie. Die Ruine. Nichts weiter als tote Erde, Mauerreste und versengtes Holz. In dieser Gegend war es unmöglich, einen neuen Besitzer für das Gut zu finden, dessen Wiesen und Äcker schon lange verdorrt waren, von dem man sagte, es sei von einem Fluch gezeichnet. Der Fluch des Todes.
Erneut tastete er in seiner Jackentasche nach dem Brief und wischte sich eine weitere Träne aus dem Auge. Lange genug war er feige gewesen. Viel zu lange. Entschlossen trat er auf das Gaspedal.

*​

„Ja, Mama, ich komme am Sonntag vorbei … Nein, Mama, ich habe heute keine Zeitung gelesen. … Was? Über die Scheunenparty vor fünf Jahren?“ Esther erfasste ein Kribbeln im Bauch. Sofort sah sie wieder den blonden, lebensfrohen Hünen vor sich. Wie er mit seiner Hand zärtlich ihren Arm streift, wie sie einfach nur seiner Stimme lauscht, ohne richtig zuzuhören. Peter, den sie so gerne näher kennengelernt hätte.
„Na ja, auf jeden Fall war dieser Profiler von der Kripo auch schon gestern im Fernsehen.“ Es war ein Rascheln durch die Leitung zu hören, während Esthers Mutter weiter sprach. „Der arme Peter … die armen Straetmans.“ Dann hatte sie die Stelle in dem Blatt gefunden und las vor. „'Fahrerflucht mit tödlichem Ausgang. Erfolglose Suche nach dem Fahrer des Ford Fiesta, Baujahr 2001 bis ...'“ Den Rest überflog sie nur noch. „2600 Fiesta-Halter überprüft, 20000 Handydaten gesichtet, 500 Personen befragt … der Verdächtige, der neunzehnjährige, vorbestrafte Jochen P., kam damals wieder schnell auf freien Fuß … Sag mal, du kanntest den doch auch?“
„Was haben die denn sonst noch gesagt, Mama?“ Esther ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie wusste noch zu gut, wie sie damals ihren Vater anrief, der sie sofort vom Zelt abholen kam. Aus sicherer Entfernung hatte sie zuvor noch Jochen beobachtet und ein mulmiges Gefühl bekommen, als er begann, mit zwei anderen jeden Winkel im Zelt abzusuchen. Wochenlang hatte sie sich Vorwürfe gemacht.
„Hier steht: 'Die Hinterbliebenen, die Eltern können in den meisten Fällen erst dann abschließen, wenn sie den Täter kennen. Erst dann können Verzweiflung und Wut schwinden'.“ Ihre Stimme stockte. „Wenn ich mir vorstelle …“
„Ist schon gut, Mama.“ Esther dachte wieder an die Nachricht vor zwei Jahren, als der Hof völlig niedergebrannt war und alle drei verbliebenen Staetmans ums Leben gekommen waren. Schmerzvolle Erinnerungen an Peters Beerdigung kreisten in ihrem Kopf. Der starke Vater, die schwache Mutter und Jonas.
„Als der Profiler das im Fernsehen gestern sagte, musste ich fast heulen: 'Der oder die Täter sowie mögliche Mitwisser sollen sich endlich melden – und zwar sofort'. Dann: 'Verjährung für Fahrerflucht und fahrlässige Tötung … abgelaufen. Auch wenn die Polizei einen Täter präsentiert: Es ist mehr als fraglich, ob ihn überhaupt eine Strafe erwartet. Das Verfahren wird nur dann zur Anklage gebracht, wenn die Staatsanwaltschaft Merkmale für die schweren Delikte Totschlag oder Mord findet'. Du hättest mal sehen müssen, wie er dann noch den Brief vorgelesen hat.“
Esther wischte ihre Tränen fort. Straffrei? Oh Gott … „Welchen Brief?“
„Hier steht es Wort für Wort: 'Ich möchte mich mit dieser Pressemitteilung, diesem persönlichen Brief direkt an Sie wenden. Auch wenn es jetzt verjährt ist und Familie Straetmans es nie mehr erfahren wird: Sie werden Ihre Schuldgefühle sowie die Angst, verraten oder entdeckt zu werden, nie mehr loswerden. Es wird Sie verfolgen. Für immer'.“

*​

Von Schwindelgefühlen erschüttert, öffnete Oswald Jansen die Haustür und legte seine Mütze an den gewohnten Platz. Er tastete sich an den Nacken und fühlte Nichts. Ihm fiel wieder ein, dass er seinen Feldstecher erst vor einer Stunde im weiten Bogen aus dem Auto auf das Grundstück geworfen hatte.
Erst jetzt wurde es ihm langsam wieder bewusst. Wie zur Bestätigung griff er in seine Jackentasche. Der Brief war weg, er hatte es tatsächlich getan. Er wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß aus dem Gesicht, ging ins Wohnzimmer und ließ sich in seinen Fernsehsessel fallen.
„Da bist du ja … Musst du den Fernseher jetzt anmachen, Schnuckibärchen? Ich habe Kuchen gebacken. Komm, es gibt gedeckten Apfel mit Sahne.“ Die Alte blickte lächelnd auf ihren Mann, der seine gebrechlichen Hände in die Armlehnen krallte.
„Warst du wieder Vöglein beobachten, oder warum siehst du so abgekämpft aus?“, fragte sie, obwohl sie meinte, die Antwort zu kennen. „Das ist doch nichts mehr für dich. Wie lange willst du noch durch die Gegend kraxeln? Oder was für einen Unsinn hast du diesmal getrieben?“
„Ja, ja. Ist schon gut, Gerda. Komme sofort“, sagte er, ohne den Blick vom Bildschirm zu lassen. „Unsinn? Ich habe zum ersten Male in meinem Leben das Richtige getan“, sprach er zu sich. Dann kam die Eilmeldung:
‚Neuigkeiten im Fall des vor fünf Jahren unter rätselhaften Umständen ums Leben gekommenen Peter Straetmans. Am heutigen Sonntagvormittag fanden Beamte in Kleve einen Brief hinter dem Heckscheibenwischer ihres Streifenwagens.‘
Als die bekannten Fotos der Unfallstelle gezeigt wurden, faltete Oswald die knochigen Hände im Schoß und starrte ins Leere.
Es handelt sich bei dem Brief um vier handgeschriebene Seiten. Der Anonyme kennt viele Einzelheiten zum Fall Peter Straetmans und beschreibt den genauen Unfallhergang. Was genau in dem Brief steht, können wir Ihnen aus ermittlungstechnischen Gründen nicht sagen. Nur so viel: Er beginnt mit den Worten – ich zitiere: "Ich möchte mein Gewissen reinigen." Zitatende.‘
Oswald griff zur Fernbedienung und suchte den roten Knopf. Dann hörte er den Polizisten noch weiter sagen:
‚Ich möchte Sie bitten, dass Sie sich mit Namen zu erkennen geben.‘
Bei den letzten Worten schaltete er das Gerät aus. Er starrte auf den armen Kerl, der über dem Fernseher am Kreuz hing. Der Herr sah ihn so vorwurfsvoll an. Oswald hielt den durchdringlichen Blick nicht lange stand, senkte seinen Blick und saß da wie gelähmt. Er dachte nach, was er noch zu verlieren hatte, dass die Angaben im Brief die Polizei früher oder später sowieso zu ihm führen würden. Dass er das Warten nicht ertragen würde. Er stand auf und lehnte sich an den Esstisch, an dem seine Frau saß.
„Die armen Straetmans. Erst gestern waren wir am Kreuz. Erinnerst du dich noch, wie wir früher mit denen Kegeln waren? Du hast die beiden Jungen auch öfter mit in den Wald und auf den Hochsitz genommen. Trotz deines Rückens hast du Jonas später sogar noch über die Feldwege geschoben …“ Sie schüttelte den Kopf.
Oswald wartete geduldig, bis Gerda weitersprach.
„Ich konnte es damals gut verstehen, dass sich Magda und Paul nach dem Unglück mit Peter zurückgezogen haben und keinen mehr an sich heran ließen. Selbst uns nicht. Und dann der schreckliche Brand.“ Gerda machte eine Pause und schaute auf das Kreuz, das an der Wand neben dem großen Hirschgeweih hing. Sie bekreuzigte sich und küsste dann den Anhänger ihrer Kette. Während sie ihn wieder unter die Bluse zurücksteckte, blickte sie erneut auf die Wand. Ihr fiel wieder ein, dass ihr Mann zufälligerweise am Tag des Unfalles ein Wild angefahren hatte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Magda das Feuer ...“ Sie schüttelte erneut den Kopf und deutete auf die Kanne. „Komm, setz dich.“
Erwartungsvoll sah sie ihren Mann an, der einfach nur da stand, zu einer Antwort ansetzte und dann doch nichts sagte.
„Ich mochte den lieben Jungen so gerne. Meinst du, es war einer aus der Gegend?“ Sie füllte eine Kaffeetasse. „Meinst du, die finden das Schwein endlich, das den Jungen umgebracht hat, Schnuckibärchen?“
Oswald atmete schwer. Mit einer Mischung aus Gefasstheit und Demut ließ er den Blick nicht von seinen Händen, die er wie zu einem Gebet gefaltet hatte. Nur mühselig fand er in die Gegenwart zurück. Ein Hauchen entrang seinen trockenen Hals. „Für mich keinen Kaffee bitte. Ich muss weg. Sofort. Ich muss jetzt auch den zweiten Schritt tun.“

 

Hallo Holg,

vielen Dank für deinen Kommentar. RS-Fehler habe ich sofort korrigiert.

Ich hoffe, ich habe nun den Weg gefunden, wie die Geschichte zu erzählen ist und möchte am Ende auch auf die vorherigen diesbezüglichen Kommentare eingehen …

Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass Oswald der einzige (erkennbare) Ford-Fahrer in der Geschichte ist. Aber Jochen wird zum Hauptverdächtigen, während nach einem Fiesta gesucht wird. Der logische Schluss wäre, dass auch er einen solchen fährt (und genau deshalb in Verdacht gerät), aber das wird nirgends erwähnt.
Ja, das stimmt. Ist irgendwie blöd, dass Oswald einen Ford fährt und sonst keine anderen Personen bzw. keine Automarken erwähnt werden. Das lenkt das Augenmerk bei der Fahrerflucht zu sehr auf eine einzige Person. Das muss nicht sein. Jetzt könnte man weiterspinnen, dass Jochen anfangs verdächtigt war, und deshalb auch einen Ford gefahren haben musste. Aber da muss ja noch nicht klar gewesen sein, dass die Spurensicherung später auf ein bestimmtes Auto gekommen war. Um das alles zu umgehen, wird nun nicht gesagt, wer was fährt.


Mir fällt bloß gerade auf, dass Deinem Text irgendwann der Eyecatcher zum Einstieg abhandengekommen ist.
Die letzten Nächte habe ich mich auch immer wieder gefragt, wo der Eyecatcher geblieben ist, die kleine Vorschau, was da passiert sein mochte und die zu einem Weiterlesen animiert.
Ich glaube, diese Nacht ist mir die Idee gekommen, die ursprüngliche Anfangsszene („er“ – der Vogelbeobachter - fährt ans Holzkreuz und wirft sein Fernglas weg) in zwei Teile aufzuteilen.


Allerdings muss Dir bewusst sein, dass bereits in der unmittelbar folgenden Szene Oswald klar als Täter offenbart wird. Denn da ist der Bezug auf die Vogelbeobachtung drin, die zu keiner anderen Person passen kann.
Die Story beginnt nun mit einem nicht näher beschrieben Mann (kein Fernglas, kein Vogelkundler oder Jäger), der am Holzkreuz ist und das Lügen nicht mehr aushalten kann. Man erfährt von zwei „Geschehnissen“.


Falls Du aber die Spannung bis zum letzten Schluss erhalten willst, müsstest Du in der Szene am Holzkreuz ein paar verräterische Fakten rausnehmen.
Du sagst es.
Erst später (in der Gegenwart) wird diese Szene fortgeführt, nun aber auch ohne spezielle Hinweise auf den Täter.


Oder das Darling mit dem weggeworfenen Feldstecher killen
Ja, habe mich davon getrennt. Wird nun erst später in der „Auflösungsszene“ erwähnt:
Von Schwindelgefühlen erschüttert öffnete Oswald die Haustür und legte seine Mütze an den gewohnten Platz. Blindlings tastete er sich an den Nacken und griff ins Leere. Seinen Feldstecher hatte er erst vor einer Stunde im weiten Bogen aus dem Auto geworfen.


(wie du) … geduldig an Deiner Geschichte herumschraubst. Ich glaube, ich wäre an Deiner Stelle schon längst entnervt ...
Ja, ich möchte auch, dass sie rund ist und funktioniert. :Pfeif:
Schade, dass ich die Geschichte jetzt nicht selber zum ersten Mal lesen kann, um das besser zu beurteilen. :lol:
Es gibt so viele Möglichkeiten, einen Krimi zu schreiben. Nun denke ich aber, für diese Story den richtigen Weg gefunden zu haben. (Quasi ähnlich wie meine Geschichte „Spiritus Rector“, die auch live mit dem Teil beginnt, der kurz vor dem Ende geschehen ist, um dann zu erzählen, was davor und dann danach geschah.)


„Ich kann wahrscheinlich noch nicht mal eine rauchen gehen, ohne Kerle zu treffen, mit denen du nicht gebumst hast. ..."
Bei der dreifachen Verneinung verliert Jochen den Überblick ... Ist sicher nicht das, was Jochen ausdrücken will ... kann man aber trotzdem so lassen, ganz im Ernst. Immerhin ist der Mann betrunken und in Rage.
Schön, dass dir das aufgefallen ist.
Ja, das will Jochen bestimmt nicht ausdrücken, doch er bekommt es nicht mehr besser hin :lol:

Hals- und Beinbruch, mein Süßer.“
Fällt mir jetzt erst auf. Wie fies von Dir ...
Danke.


Das finde ich sehr gut. Oswald ist jetzt insgesamt ein selbstverständlicher Teil der Szenerie, und in diesem Bild wirkt er so unschuldig bemüht, als könnte er kein Wässerchen trüben. spricht dem Hans auch noch Trost zu mit genau dieser Heuchelei, die ihn später so fertigmacht.
Das ist genau das, was ich mir vorgestellt hatte: Die Person, die sich später als Schuldiger herausstellt, ist die ganze Zeit präsent,
Ja, Unglaublicher, habe mich da von den Avengers überzeugen lassen. (Hier nochmals meinen Dank auch an Eisenmann).


Und da möchte ich auch gerne auf schwups zurückkommen …

Was mir auch noch aufgefallen ist, mir fehlt ein wenig der Höhepunkt in der Geschichte.
… um zu erfahren, ob es nun so etwas wie einen Höhepunkt gibt oder gar die neue Anfangsszene als dies gesehen werden könnte. (?)


Ähnlich hatte es auch schwarze sonne gesagt …

Das Ende kommt relativ überraschend, und hat mir auch gefallen.
Der Spannungsbogen steigt mir aber zu wenig - und sinkt zu schnell.
… und ich bin da auf neue Eindrücke sehr gespannt.


Jetzt, wo es nach der neuen Bearbeitung wieder etwas mehr puzzelig geworden ist, würde mich auch interessieren, ob es noch zu sehr wie eine Collage wirkt …

Die einzelnen Teile für sich sind sicher gut und richtig, aber ich habe das Gefühl gehabt, es wird zu puzzle-ig. Vielleicht liegt das nur an mir. Ich habe mich auch mal eine Zeit an diesen Collagetexten versucht, aber Rückblenden über eine derart lange Zeit einzubauen, das funktioniert für mich jedenfalls als Leser nicht.

Vielen lieben Dank nochmals für deine Zeit.

Schönen Tag und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

was lange währt, wird endlich gut ... jetzt finde ich Deine Geschichte richtig rund. Der Spannungsbogen passt, die Informationen sind zur richtigen Zeit richtig dosiert, kein Täter ex machina mehr - super! Noch einmal ein paar Einzelbeobachtungen:

Der Anfang ist jetzt wieder schön verheißungsvoll, deutet ein dramatisches Geschehen an und lässt dabei ganz viel offen. Dass danach erst mal Peter ins Bild kommt, deutet die Möglichkeit an, dass er später zum Täter wird (nicht in dem Sinne, dass es verwirren würde, sondern einfach so, dass ganz viele Wege offen stehen und man sich erst mal auf die Geschichte einlässt). Oder halt Oswald, oder Jürgen, wie sie alle nach und nach auftreten. Finde ich super. :thumbsup:

In der flimmernden Frühlingsbrise sah es nun aus, als taumelten die kleinen Flammen und als weinten die Blumen dicke Tränen aus ihren Knospen.
(...)
Peter hatte im Zelt schon eine aufgeheizte Stimmung gespürt, als läge Ärger in der Luft oder als würde etwas Schlimmes passieren.
Ich würde in beiden Fällen den Nebensätzen das zweite "als" spendieren, nur so für den Klang.

Pass auf dich auf, mein JungePunkt

Dann blickte sich Jochen nochmals zum Imbissstand und sah seine beiden Kameraden
Da hast Du vermutlich ein "um" gestrichen, um eine Wiederholung zum vorigen Satz zu vermeiden. Das "sich" muss auch noch weg.

Dich kriege ich auch noch, dachte er.
Gehört wohl kursiv wg. Einheitlichkeit.

Er nestelte an seinem Feldstecher und betrachtete schließlich in den Himmel durch das Glas.

Der LKW schleuderte über den Asphalt

Er erinnerte sich, dass die Torwölbung früher mit prächtigen Rosen bewachsen war.

Und warum musste Peter auch zu Fuß gehen, hatte sich nicht mitnehmen lassen oder ein Taxi genommen?
Ein leise, unauffällige Andeutung, dass es sich um Oswald handelt. Merkt man m.E. nur, wenn man es schon weiß. Perfekt!

Es war ein Rascheln zu hören, während sie weiter sprach.
"Sie" ist sicher die Mutter, das könntest Du erwähnen.

„Ja, ja. Ist schon gut, Gerda. Komme sofort“, sagte er ohneKomma den Blick vom Bildschirm zu lassen.

Er saß da wie gelähmt und spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.

Kein größeres Gemecker mehr von mir. :D

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber GoMusik,
ich habe deine Geschichte jetzt zum zweiten Mal gelesen und jetzt glaube ich, dass ich alles verstanden habe. Es ist schon so viel gesagt worden, dass ich wahrscheinlich das eine oder andere wiederhole. Sieh es mir nach. Ich wollte mich nicht durch alle Kommentare kämpfen.

Zu deinen Fragen:

Sind die Figuren zu klischeehaft/stereotyp?
Nein, das finde ich eigentlich nicht. Ich konnte sie recht gut voneinander unterscheiden. Es geht ja in deiner Geschichte auch nicht darum, dass du hier differenzierte Charaktere entwickelst, es geht eher darum, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen.

Einmal hatte ich allerdings arge Probleme:

„Heh! Geht man so mit einer Dame um?“ Der Blonde stellte seinen Apfelsaft weg und musterte Jochen mit zusammengekniffenen Augen.
Den Blick seiner Kameraden im Rücken spürend, zog Peter sein Bein nach hinten, verlagerte das Gleichgewicht und hob seine linke Faust ans Kinn.
Mit einer schwungvollen Bewegung wich der Blonde dem Boxhieb aus und schlug dann zurück „Entschuldige dich sofort bei ihr ...“, sagte er eindringlich.
Who is who? Ich weiß natürlich jetzt, wen du meinst. Aber ich finde die Stelle so doch recht verwirrend.

Hat der Text noch eine angenehme Länge, wo besteht Kürzungspotential?
Also, mir wäre eine klarere Handlung lieber gewesen. Ich bin nicht sicher, welche Bedeutung der Unfall von Jonas in der Geschichte hat. Er vergrößert das Leid der Familie natürlich noch mehr. Aber was wäre eigentlich gewesen, wenn sich deine Geschichte nur um den unaufgeklärten Unfall gedreht hätte? So kommt dann noch der Brand dazu, dessen Bedeutung mir auch nicht so richtig klar ist. Mir gefallen Geschichten besser, die nicht zu viele Nebenschauplätze haben. Oder aber, sie müssen klar auf das eigentliche Geschehen bezogen sein. Die Sache mit der Apfelplantage finde ich als Zutat gut, sie bringt so etwas wie Tragik in das Geschehen – und natürlich ist sie wichtig für den Titel, der mir gut gefällt.

Sind es zu viele wechselhafte Szenen?
Eigentlich nicht, denn in ihnen entwickelst du die ganze Sache ja doch recht gut.

Ist der Plot zu verworren (Zeitsprung)?
Ich liebe es, wenn eine Handlung möglichst linear abläuft. Ich möchte auch zeitlich mitverfolgen können, was geschieht. Und auch bei deiner Geschichte hätte es mir besser gefallen, wenn sie vor dem Zelt begonnen hätte, dann die einzelnen Szenen , der Unfall, die Beerdigung und dann eben der Zeitsprung. Die Szene am Anfang finde ich eher verwirrend. Ich verstehe deine Intention, aber so richtig hat sie mich nicht gepackt. Da entstand bei mir keine wirkliche Fragehaltung. Vielleicht, wenn du diesen ‚er’ und sein Problem immer mal wieder auftauchen ließest, dann würde sich zum Schluss so etwas wie ein Kreis schließen. Aber so hatte ich diesen ersten Absatz zwischenzeitlich völlig vergessen. Kann natürlich auch an mir liegen.

Es sind mir noch ein paar Kleinigkeiten aufgefallen, die ich dir gerne mitteilen möchte:

Bin noch nicht allzulange hier.
allzu lange

„Oh, Entschuldigung“, näselte sie, als sie dem jungen Mann beinahe die Tür gegen das Knie gestoßen hatte.
nachdem

Mit einem befremdenden Gefühl beobachtete Peter
Was ist ein ‚befremdendes Gefühl’? Ich kenne ein befremdendes Verhalten, das ist ein Verhalten, was bei anderen Befremden auslöst. Umschreib es doch.

Mit den Einnahmen alle erdenklichen Behandlungen von Jonas bezahlen.
Hier fehlt ein Subjekt, so ist der Satz verkürzt – kann man machen (s. Isegrims), passt aber in deinem Text nicht so gut, weil du solche Verknappungen bisher nicht gemacht hast und auch später nicht machst.
Er würde mit ….

Wie in Zeitlupe drehte er seinen Kopf im Nacken,
Er dreht seinen Kopf im Nacken. Wie geht das?

was da auf ihn zu schlitterte.
zuschlitterte

Peter nahm einen letzten, kräftigen Zug durch die Nase und roch den intensiven Duft der Ananasrenette. Es war die Sorte, die seine Vorfahren als erste in Deutschland gezüchtet hatten.
Das ist nicht klar: Waren die Vorfahren die ersten, die diese Sorte gezüchtet hatten
oder
War diese Sorte die erste, die sie gezüchtet hatten.
Ich weiß was du meinst, aber hier ist es so nicht ganz klar.

Alle Blicke ruhten auf Paul Straetmans, der sich als erstes aus der vorderen Reihe erhob.
als erster

Einige der Leute gafften Magda nach, die mit verzerrten Gesichtszügen an den Wagen wackelte und das grüne Marmorgefäß streichelte.
Dieses ‚an den Wagen wackeln’ ist mir nicht klar.

Augenblicklich sackten Pauls Schultern hinunter.
Auch über diesen Satz würde ich noch mal nachdenken. Vielleicht:
Augenblicklich ließ Paul seine Schultern fallen.

„Er wollte mit mir zusammen eine Apfelplantage anbauen“, sagte Jonas.
Das ist natürlich wörtliche Rede. Aber man kann Getreide anbauen, eine Plantage vielleicht besser anlegen.

Dann putzte sie ihre Nase und schaute dabei auf die wattierten Wolken am Himmel.
Ich glaube, die Wolken erinnern an Watte, aber sie sind sicher nicht ‚wattiert’. Das sind z.B. warme Anoraks.

und kaute auf seinen Fingernägel(n)
Man musste schon genauer hinsehen, um unter dem Unkraut Spuren von Landmaschinen oder Traktoren oder andere Lebenszeichen zu erkennen.
Lebenszeichen gibt es z.B. von Menschen, die verschüttet sind.
Vielleicht besser:
Man musste … , um unter dem Unkraut Spuren von Landmaschinen oder Traktoren zu erkennen, die davon zeugten, dass es hier einmal Leben gegeben hatte. (oder so ähnlich)

In dieser Gegend war es unmöglich, einen neuen Besitzer für das Gut zu finden, das schon lange verdorrt war
Obst kann verdorren, ein Gut verfällt

Sofort sah sie wieder den blonden Hünen vor sich. Wie er mit seiner Hand zärtlich ihren Arm streift(e), wie sie einfach nur seiner Stimme lauscht(e), ohne richtig zuzuhören.
Von Schwindelgefühlen erschüttertK öffnete Oswald die Haustür und legte seine Mütze an den gewohnten Platz.
"Ich möchte mein Gewissen bereinigen."
reinigen.

bis Magda weiter sprach.
weitersprach

Während sie ihn wieder unter der Bluse zurücksteckte,
unter die Bluse

Mit einer Mischung aus Gefasstheit und Demut ließ er den Blick nicht von seinen Händen ab,
Ich würde das ‚ab’ weglassen.

Das sind vielleicht nur Korinthen. Mach, was du möchtest damit.

Auf jeden Fall habe ich mich - wie schon an anderer Stelle gesagt - sehr stark an meine niederrheinische Heimat erinnert gefühlt.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Holg,

danke für deinen Kommentar.

jetzt finde ich Deine Geschichte richtig rund. Der Spannungsbogen passt, die Informationen sind zur richtigen Zeit richtig dosiert, kein Täter ex machina mehr - super!
Freut mich sehr, dass du das so siehst.
Jetzt sind tatsächlich ganz viele Wege offen, wie du es so schön sagst. Wenn man jetzt bloß die Gabe eines ersten Lesens hätte ... :D

Fehlerchen habe ich korrigiert; Verbesserungsvorschläge soweit angenommen.

Dann blickte sich Jochen nochmals zum Imbissstand und sah seine beiden Kameraden
Da hast Du vermutlich ein "um" gestrichen, um eine Wiederholung zum vorigen Satz zu vermeiden. Das "sich" muss auch noch weg.
Ja, wegen Vermeidung Wortwiederholung. Was du so alles siehst ;)

Kein größeres Gemecker mehr von mir. 
Prima.

Habe mich sehr gefreut.

Schönes Wochenende.

barnhelm:
Zu deinem Kommentar melde ich mich später nochmals. Du hast da auch eine solche gute Idee gehabt, über die ich die ganze Zeit schon nachdenke ...

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Lieber GoMusic

gut geschrieben, die Szenen funktionieren und du schaffst es eine gewisse Spannung bis zum Schkuss aufrecht zu erhalten. Saubere Dialoge und sprachlich gut gemacht.
Mein Problem mit dem Text ist ein anderes (und vielleicht ist es auch gar keins, weil ich den Text gern schon zweimal gelesen habe :D): das ist keine Kurzgeschichte, eher eine Erzählung. Du brauchst Raum für die Schilderung des Unfalls und du brauchst Raum für die Situation fünf Jahre danach. Für den inneren Konflikt deines Protas und des ganzen Umfelds. Um beides auszuschreiben, intensiver zu machen, wünschte ich mir einen längeren Text. Die Alternative ist ein komplett reduzierter Text. Dann müsstest du dich auf deinen Prota konzentrieren und so schlaglichtartige Rückblenden gestalten. Dein Text ist so ein Mittelding und insofern nicht ganz konsequent.
Aber wie gesagt: ein guter Text.

Ich schau noch mal bisschen rein:

traf man sich am Mahnmal, schwelgte in alten Erinnerungen und tauschte schöne Erlebnisse aus
Erinnerungen sind immer irgendwie alt und schöne Erlebnisse, welche?

Er konnte das Lügen nicht mehr ertragen.
hier bräuchte es vielleicht mehr Innenschau...

„Ach komm, Peter. Wie früher, als ihr noch klein wart. Hm?“ Er strahlte ihn an. „Fürs Taxi. Und bestell Jonas und deinen Eltern liebe Grüße. Pass auf dich auf, mein Junge.“
die ganze Szene ist toll: du zeigst die Gemeinschaft des Dorfes, den Zusammenhalt...

‚Kommt ihr? Lust auf eine kleine Keilerei?’
klingt gekünstelt, könnte ruhig härter ausgedrückt werden... so eher: ich will euch die fresse polieren...

Mit gemischten Gefühlen beobachtete Peter, wie die Frau sich nur ein winziges Stückchen weiter in die Mitte setzte und ihr es nichts ausmachte, dass ihr Rock dabei hochgerutscht war. Dann instruierte sie den Fahrer. „In die Stadt.“
gut gemacht, wie du hier die aufgeladene atmosphäre wiedergibst ...

Vor dem Aufprall schloss er die Augen und glaubte, rasch gedeihende Äpfel zu sehen. Eine Plantage grüner Früchte mit ihrer charakteristischen Punktierung. Jene Poren, die das Obst angeblich aktiv öffnen und schließen konnte, um am Leben zu bleiben. Ein Trugschluss.
gut gemacht

„Meinst du, die finden das Schwein endlich, das den Jungen umgebracht hat, Schnuckibärchen?“
was für ein grässliches wort :)


So weit von mir, Ich hoffe du kannst was damit anfangen :Pfeif:
ich geh gleich mal nette ananas(se) retten
Isegrims

 

Liebe barnhelm,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar. :)

Die Fehler habe ich korrigiert und das mit den Personen geändert (Zuordnung wer ist wer?). Guter Hinweis.

Ich bin nicht sicher, welche Bedeutung der Unfall von Jonas in der Geschichte hat. Er vergrößert das Leid der Familie natürlich noch mehr.
Ja, zuerst das Gebrechen von Jonas (soll tatsächlich nur zur Dramatisierung dienen) und dann Peters Tod sind zu viel für die Mutter und so steckt sie schließlich den Hof in Brand.


Aber was wäre eigentlich gewesen, wenn sich deine Geschichte nur um den unaufgeklärten Unfall gedreht hätte?
Dann wäre es eine reine Unfallfahrerflucht-Story geworden.:Pfeif:
Aber ich wollte das halt weiter ausbauen. :hmm:


Die Sache mit der Apfelplantage finde ich als Zutat gut, sie bringt so etwas wie Tragik in das Geschehen – und natürlich ist sie wichtig für den Titel, der mir gut gefällt.
Danke dafür.
Ich liebe solche Titel, die sich erst aus der Geschichte ergeben. (So wie z.B. auch dein „Vivo“) :)


Ich liebe es, wenn eine Handlung möglichst linear abläuft. Ich möchte auch zeitlich mitverfolgen können, was geschieht. Und auch bei deiner Geschichte hätte es mir besser gefallen, wenn sie vor dem Zelt begonnen hätte, dann die einzelnen Szenen , der Unfall, die Beerdigung und dann eben der Zeitsprung.
Ja, die erste Szene, der Rückblick ...
In der ersten Fassung hier war diese noch viel länger und hatte für starke Verwirrung gesorgt, so dass ich sie dann in die Mitte, also in der zeitlichen Reihenfolge (linear) eingebaut hatte. Leider gelang es mir dadurch nicht, Spannung in der Geschichte aufzubauen, da sie einfach nur vor sich hin plätscherte, bis dann mittendrin endlich der Unfall geschah.
Also entschied ich mich für die aktuelle Version, die am Start einen kleinen Vorgeschmack auf das bieten soll, was geschieht/geschehen ist.

Ich habe nun einige Szenen zusammengeführt, so dass nun weniger Szenenwechsel stattfinden. So wird z.B. die Sache mit dem LKW-Fahrer Hans in einem Rutsch durch erzählt.


Die Szene am Anfang finde ich eher verwirrend. Ich verstehe deine Intention, aber so richtig hat sie mich nicht gepackt. Da entstand bei mir keine wirkliche Fragehaltung. Vielleicht, wenn du diesen ‚er’ und sein Problem immer mal wieder auftauchen ließest, dann würde sich zum Schluss so etwas wie ein Kreis schließen.
Das ist eine sehr gute Idee.
Habe ich nun so versucht:
Der erste Auftritt des Täters (im Rückblick) endete ja mit „Er konnte das Lügen nicht mehr ertragen.“ (Dann kommt ja die Story von vor fünf Jahren).
In der Gegenwart, also nach dem Unfall, wird diese Szene nun fortgeführt mit:
„Lügen, Lügen, nichts als Lügen, dachte er. Ich halte es nicht mehr aus. Wütend schlug er auf das Lenkrad. Vielleicht hätte er dieses Drama verhindern können,“

Ist es das, was du so in etwa meinst, liebe barnhelm?

Das mit den Vorfahren/Apfelzucht habe ich angepasst;
das mit dem „Wagen“ bei der Beerdigung vereinfacht und auch deine anderen Hinweise umgesetzt. :thumbsup:


Auf jeden Fall habe ich mich - wie schon an anderer Stelle gesagt - sehr stark an meine niederrheinische Heimat erinnert gefühlt.
Das freut mich sehr. :)

Danke nochmals und ein schönes Restwochenende.

Liebe Grüße,
GoMusic

Danke auch schon mal an Isegrims
Ich denke über deinen Kommentar/deine Ideen noch nach.

 

Hallo GoMusik,
nur ganz kurz zu deiner Frage:

In der Gegenwart, also nach dem Unfall, wird diese Szene nun fortgeführt mit:
„Lügen, Lügen, nichts als Lügen, dachte er. Ich halte es nicht mehr aus. Wütend schlug er auf das Lenkrad. Vielleicht hätte er dieses Drama verhindern können,“

Ist es das, was du so in etwa meinst, liebe barnhelm?

Ja, in diese Richtung hatte ich gedacht. Morgen habe ich etwas mehr Zeit und werde mir deine Geschichte noch mal durchlesen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Isegrims,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar, mit dem ich viel anfangen konnte.

das ist keine Kurzgeschichte, eher eine Erzählung.
Als ich sie geschrieben hatte, hatte ich sogar schon ein Exposé für einen Roman im Kopf. :)


Dein Text ist so ein Mittelding und insofern nicht ganz konsequent.
Verstehe, was du damit meinst.


Du brauchst Raum für die Schilderung des Unfalls und du brauchst Raum für die Situation fünf Jahre danach. Für den inneren Konflikt deines Protas und des ganzen Umfelds. Um beides auszuschreiben, intensiver zu machen, wünschte ich mir einen längeren Text.
Schön, dass du dir einen längeren Text wünscht. Da macht es Spaß, weiter an der Geschichte zu schreiben. :)

Habe mir Gedanken gemacht, wie ich hierbei im Einzelnen vorgehen könnte. Vor allem eine Frage beschäftigt mich: Wer ist „der (Haupt-)Prota“? Nur das Opfer oder auch der Täter? Oder auch ein anderer Verdächtiger? Gar nicht so einfach, da eine Wertigkeit vorzunehmen.

Habe mich nun entscheiden, eine Figur weiter auszubauen: Hans, der LKW-Fahrer. Eine neue „mysteriöse“ :Pfeif: Szene zwischen dem Unfalltod und der Beerdigung.

Nicht auszuschließen, dass ich später noch weitere Anpassungen vornehme.
Ich habe diese Erweiterung nun eingebaut und stelle sie der Kritik. :read:
Vielleicht gibt es ja auch noch andere Meinungen dazu.


Habe mich auch sehr über dein Lob gefreut.
Schönen Abend noch und liebe Grüße,

GoMusic

 

Hallo Gomusic,

ich habe gerade deine Geschichte am Pool gelesen, und mir gefällt sie gut. Das wollte ich schon mal loswerden. Weiteres Feedback wird noch folgen, vielleicht die kommenden Tage!

Beste Grüße schwarze sonne

 

Hallo GoMusic,

ich hab deine Geschichte sehr gern gelesen. Hab ich doch drei Jahre in Niedersachsen auf dem Land gelebt und jedes Zeltfest gerne mitgenommen.
Den Text musste ich allerdings zweimal lesen. Das erste Mal war ich sehr verwirrt. Erst beim zweiten Mal Lesen habe ich fest gestellt, dass eigentlich alle Hinweise da waren. Deshalb muss ich auch widersprechen, dass der Täter am Ende aus dem Nichts gekommen sei. (Vielleicht in einer früheren Version?)

Ich habe doch ein paar Sachen gefunden, über die ich gestolpert bin, und die du vielleicht ändern möchtest:
Als erstes erscheinen mir Peter und Jochen beide relativ schlicht in der Darstellung, evtl. ein bisschen sehr beschränkt auf wenige hervorstechende Merkmale. Aber das wurde schon erwähnt.
Und vielleicht kann man das 'fünf Jahre zuvor' irgendwie in den ersten Satz des Absatzes einbauen? Das steht da ein bisschen zu demonstrativ und der Übergang zurück in die Gegenwart findet ja auch eher still und leise statt.
Die Unterhaltung zwischen Esther und ihrer Mutter fand ich ein wenig unklar. Ist es ein Telefonat und sind sie beide im selben Raum? Es ist aber auch für den Verlauf nicht wirklich wichtig. Ich bin lediglich darüber gestolpert.
Ebenfalls verwundert hat mich, dass Peter als Agrarwissenschaftler der Theologin Esther Nachhilfe gibt.
Und was veranstaltet der Ornithologe in der Lastkraftfahrerszene genau? Was sucht er? Warum fährt er so zerstreut davon?

Alles andere sind Wörter, über die ich gestolpert bin:

Peter trat heraus
Woraus? Wo sind wir?

schließlich war Selma trächtig und kalbte bald
Würde bald kalben?

Drinnen statt

?

die ich noch gerne sprechen würde.“
Klingt etwas holprig, passt sprachlich evtl. nicht zu einem Mann Anfang zwanzig.

zwischen engen Röcken, blickdichten Strümpfen und lehmigen Pfennigabsätzen
Da hab ich mich gefragt, in welcher Zeit die Geschichte spielt.

zog Jochen sein Bein nach hinten, verlagerte das Gleichgewicht und hob seine linke Faust ans Kinn.
Wessen Kinn? Das Bild in meinem Kopf sah lustig aus. Ausserdem beschreibst du die Bewegung so detailliert und gedehnt, dass eine Entschleunigung eintritt. Die Bewegung geht aber schnell und passiert plötzlich. In meinem Kopf läuft sie in Zeitlupe ab, so wie du sie beschreibst. :)

Nochmal statt

nochmals
?

bemitleidende Miene
Er sah sie mitleidig an?

Dunkelgekleidete
Du beschreibst eine festliche Szene, aber dieses Wort klingt zu salopp. Es ist einfach ein Stolperwort für mich. Ebenso wie
Kastenwagen
.

Die Schwarzhaarige
klingt im Gespräch mit Peters Vater sehr unpersönlich und lieblos, obwohl er sehr freundlich zu ihr ist.

Ich hoffe, du kannst mit dem ein oder anderen etwas anfangen.
Ich bin kein Krimileser, aber deine Figuren haben mich bei der Stange gehalten. :)


Joa, soviel von mir.
Liebe Grüße
Zantje

 

Hallo NWZed,

ich hatte schon deine erste Fassung zu lesen begonnen, aber irgendwie bin ich nie zum Ende gekommen. Das lag aber nicht am Text.

Eine spannende Geschichte um Schuld und Sühne. Was ich herauslese, so hat der alte Oswald auch das Feuer gelegt. Hat aber nicht geholfen. Was wird nun sein zweiter Schritt sein? Geht er zur Polizei? Geht er mit einem Strick in den Wald?

Manchmal fiel es mir nicht so leicht, der Geschichte zu folgen, sie sprang bisschen hin und her. Aber ich habe das Ende gefunden. :D

Hier noch bisschen was, das ich gefunden habe:

Den Blick seiner Kameraden im Rücken spürend, zog Jochen sein Bein nach hinten, verlagerte das Gleichgewicht und hob seine linke Faust ans Kinn.

Also, ich bin der Meinung, sein Gleichgewicht kann man finden oder halten, aber nicht verlagern. Er kann nur sein Gewicht verlagern.

Er würde mit den Einnahmen alle erdenklichen Behandlungen von Jonas bezahlen.

Sollte es nicht heißen: alle erdenklichen Behandlungen für Jonas ? Das von hatte mich bisschen irritiert.

„So beruhige dich doch, Magda. Alles wird gut. Er wird seine Strafe bekommen.“

Sagt man das wirklich am Tag, an dem der eigene Sohn beerdigt worden ist: Alles wird gut?
Ich glaube, das beruhigt sie nicht unbedingt.

Du hättest mal sehen müssen, wir er dann noch den Brief vorgelesen hat.“

..., wie er dann noch den Brief vorgelesen hat.

Dann stand er auf und lehnte sich an den Esstisch, an [den] dem seine Frau saß.

Das den ist zu viel

Trotz deines Rückens hast du Jonas später sogar noch über die Feldwege geschoben …“
Oswald wartete geduldig, bis Magda weitersprach.

Müsste er nicht warten, bis Gerda weitersprach? Sie redet doch von Magda.

Gerne gelesen!

Schönen Gruß
khnebel

 

Hallo Zantje,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar.
Wir hatten noch nicht das Vergnügen hier und so möchte ich dich auf diesem Wege auch ganz herzlich hier bei den Wortkriegern grüßen.
Schön, dass du dich schon so gut hier eingefunden hast. :)

Ja, die Story wurde schon überarbeitet, so dass nun alle Hinweise auf den Täter da sind.

ich hab deine Geschichte sehr gern gelesen.
Das freut mich sehr. :shy:

Als erstes erscheinen mir Peter und Jochen beide relativ schlicht in der Darstellung, evtl. ein bisschen sehr beschränkt auf wenige hervorstechende Merkmale.
Ja, ich hatte bei er letzten Überarbeitung die Figur Hans (LKW-Fahrer) weiter ausgebaut, wie du auch sagst, ist bei Peter und Jochen noch Bedarf.
Ich mache mir hierzu noch Gedanken.


vielleicht kann man das 'fünf Jahre zuvor' irgendwie in den ersten Satz des Absatzes einbauen?
Stimmt, das ist als einziges noch übrig geblieben bei den Streichungen der Zeitangaben. Ist nun raus.


ist es ein Telefonat und sind sie beide im selben Raum?
Ja, ist ein Telefonat. Ist jetzt wieder drin:
Es war ein Rascheln durch die Leitung zu hören, während Esthers Mutter weiter sprach.


Ebenfalls verwundert hat mich, dass Peter als Agrarwissenschaftler der Theologin Esther Nachhilfe gibt.
Guter Hinweis.
Er hat halt Stärken in einem Fach, was beide haben. Habe es nun mit näher spezifiziert:
„Er hat versucht, mir sogar noch auf der Feier Matheformeln beizubringen.“

Und was veranstaltet der Ornithologe in der Lastkraftfahrerszene genau?
Der Vogelkundler Oswald ist ja nicht richtig in der Lastkraftfahrerszene unterwegs. Nur Hans ist LKW-Fahrer. Oswald ist halt im Festzelt um was zu trinken, davor und danach beobachtet er weiter seine Vögelchen.


Ich hoffe, du kannst mit dem ein oder anderen etwas anfangen.
Und ob! Danke auch für deine Wörter, über die du gestolpert bist. Habe das meiste davon gut gebrauchen können.
Die Boxszene wirkt tatsächlich zu langsam. Habe sie nun etwas beschleunigt.

Ich bin kein Krimileser, aber deine Figuren haben mich bei der Stange gehalten.
Das freut mich, dass es dir als „Genrefremden“ auch gefallen hat.

Vielen Lieben Dank und
liebe Grüße,
GoMusic


*** wird fortgesetzt ***

 

Hallo khnebel,

danke für deine Zeit und deinen Kommentar.

Eine spannende Geschichte um Schuld und Sühne.
Freut mich, zu hören. :)

Was ich herauslese, so hat der alte Oswald auch das Feuer gelegt. Hat aber nicht geholfen.
Du bist jetzt der erste, der das herausliest (vielleicht, weil ihm einer der Familie auf die Schliche kam …?), obwohl es einen Hinweis gibt, dass die Mutter verdächtigt war (Hinweise müssen ja nicht immer stimmen).
Das ist vielleicht genauso offen wie dieses hier: :Pfeif:
Was wird nun sein zweiter Schritt sein? Geht er zur Polizei? Geht er mit einem Strick in den Wald?

Manchmal fiel es mir nicht so leicht, der Geschichte zu folgen, sie sprang bisschen hin und her. Aber ich habe das Ende gefunden.
Ja, es gibt immer noch relativ viele Szenen und Personen …
Hoffe, du fandest das nicht viel zu viel. Irgendwie sehe ich diese Szenen alle als notwendig, um die Geschichte erzählen zu können. Die Reihenfolge/die Sprünge hatte ich schon bei einer vorherigen Überarbeitung durch Zusammenfügen von Szenen ein wenig optimiert …
Isegrims und Zantje wünschten sich ja sogar noch mehr Personenbeschreibungen bzw. Text … Dazu unten mehr.

Danke auch für deine textlichen Hinweise, die alle wertvoll waren und sofort eingeflossen sind.

Schönen Abend und liebe Grüße,
GoMusic


Zantje und Isegrims: Ihr hattet noch einige Personenbeschreibungen vermisst. Habe nun Jochen und Esther etwas mehr beschrieben:

Seine jetzige Aufmerksamkeit galt der hübschen, auf ihn wartenden Schwarzhaarigen, die er letzte Woche im Supermarkt zum ersten Mal gesehen hatte. Er hatte die Gleichaltrige dort einfach angesprochen, da es mit seiner Freundin gerade nicht so gut lief. Esther war wohl Single, sonst hätte sie sicher nicht zugesagt, sich mit ihm auf dem heutigen Scheunenfest zu treffen. Es hätte für ihn keinen besseren Ort geben können, bot dieser doch mit seinen dunklen Ecken, den angrenzenden, dichten Feldern oder auch sein Auto, das er extra etwas abseits geparkt hatte, die beste Gelegenheit, zu prüfen, ob sie noch Jungfrau war. Heute wollte er die Theologiestudentin, die am Tisch neben dem Flipper auf ihn warten wollte, aus ihren Zwängen befreien.

Ist nicht viel, aber womöglich reicht es für diesen beiden Figuren ja :Pfeif:
Dem LKW-Fahrer Hans hatte ich ja zwischenzeitlich noch eine eigene Szene gegönnt …

Besten Dank nochmals und liebe Grüße,
GoMusic

 

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