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18.12.2014
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Horror-Shopping

Erwins Nerven liegen blank. Seine Frau Hedwig schleift ihn nun schon seit Stunden von einem Geschäft ins Nächste.
„Bleib gefälligst still stehen! Jetzt lass die Arme doch mal hängen, Erwin!“
„Hedi, das ist jetzt schon der dritte Anzug, den ich hier anhabe. Ich habe dir gesagt, dass mir der Erste am besten gefallen hat.“
„Papperlapapp, Erwin. Du hast doch keine Ahnung von Mode. Außerdem passte der nicht zu den Schuhen.“
„Da hätte ich die Slipper angezogen. Die schwarzen, die ich so gerne anziehe.“
„Die alten Dinger? Auf gar keinen Fall! Damit gehst du nicht auf die Firmung von der Chantal. Da zieht man was Neues an. Ich will mich nicht für dich schämen.“
Hedwig zupft jetzt schon gefühlte zehn Minuten an ihrem Mann herum.
„Jetzt verdreh nicht schon wieder die Augen. Ich seh das im Spiegel.“, ermahnt sie ihn.
„Mach mal ‚so‘.“
Erwin macht ‚so’ und Hedwig wirkt für den Bruchteil einer Sekunde halbwegs glücklich.
„Nee, der gefällt mir doch nicht so richtig.“, nörgelt Hedwig weiter.
„Dunkelblau steht dir nicht. Vielleicht passt ja was Graues besser. Ich guck mal. Nicht weglaufen.“

Erwin nutzt die Gelegenheit, und lässt sich auf den kleinen Hocker in der Umkleide sinken.
So eine Runderneuerung wird Erwin nicht nur Zeit kosten sondern auch Geld, viel Geld.
„Da bin ich wieder“, trällert Hedwig und hält ihm einen dunkelgrauen Anzug hin.
„Der ist hässlich, Hedi. Den zieh ich nicht an.“
„Woher willst du das denn jetzt wissen, Erwin? Du hast den ja noch nicht mal angehabt. Zieh den mal an!“, befiehlt Hedwig und zieht den Vorhang zu.
„Nee, der ist hässlich. Hab ich mir gleich gedacht“, erklärt Hedwig.
„Zieh nochmal den blauen an.“
Erwin verdreht erneut die Augen.
„Der wird jetzt nicht anders aussehen als vor fünf Minuten, Hedi“, argumentiert Erwin.
„Ja, aber es ist ein ganz anderes Licht. Dann sieht der anders aus.“
Erwin spürt, wie die Wut in ihm aufsteigt.
„Hedi, hier sind keine Fenster. Nur diese blöden Lampen. Da sieht alles gleich aus. Auch nach fünf Minuten.

Nach über dreißig Jahren Ehe kennt er diese Art von Hedwig. Vor ein paar Jahren war er noch froh, endlich in den Ruhestand zu gehen und den Rest seines Lebens als Rentner zu verbringen. Er träumte vom Ausschlafen unter der Woche, den Duschen, länger als fünf Minuten, und er wollte sich ein Hobby suchen. Er hatte an etwas Handwerkliches gedacht. Modellbau vielleicht. Fingerfertig war er ja schon immer gewesen.

Als Kind hatte er seinem Vater immer beim Bau von Vogelhäusern geholfen. Aber mit dem Vater starb auch das Interesse für dieses Hobby. Hinzu kam dann, dass er seine Ausbildung zum Industriekaufmann im Betrieb eines Freundes seines Vaters anfing. Gefolgt vom Aufstieg zum Abteilungs- und ein paar Jahre später zum Filialleiter und dem Bezirksleiter für das Ruhrgebiet.

„Ich find den dunkelblauen Anzug besser“, erklärt Erwin selbstbewusst. „Das habe ich dir ja gleich gesagt.“
Erwin zieht den Vorhang zu und zieht sich um. Endlich wieder die Lieblingsslipper. Die sind zwar schon abgetragen und brauchen eigentlich neue Absätze, aber Erwin liebt sie abgöttisch.
Vor einer Anrichte bleibt Hedwig stehen.
„Erwin, komm man her“, fordert sie laut. „Guck mal, die Krawatte zu dem neuen Anzug. Sieht doch gut aus. Die nehmen wir mit.“
Erwin reicht es.
„Nee, ich geh ohne Krawatte“, entscheidet er. „Komm jetzt! Wir gehen bezahlen. Feierabend!“

 
Zuletzt bearbeitet:

Tja, betzebub, was soll ich zu diesem Geschichtchen groß sagen, außer dass ich den Tag Alltag angemessen finde? Darüber hinaus fällt mir nämlich wirklich nicht viel dazu ein, allerhöchstens, dass es eventuell Loriot geschafft hätte, aus dieser belanglosen Szene einer Ehe was Lustiges zu machen.
Ja, mir ist das einfach zu unlustig und zu belanglos und wäre es nur zwei Absätze länger gewesen, hätte ich’s wahrscheinlich nicht zu Ende gelesen.

Sorry, war nix für mich.

offshore

 

Herr betzebub,

das Problem, das an dieser Geschichte nagt wie ein Karnickel an einer Karrotte, ist, dass es genau diese Szene schon gefühlte 100.000.000 mal gegeben hat. Mann geht mit Frau einkaufen und findet es nicht toll. Er möchte lieber nach Hause gehen, aber die Frau mäkelt an seinem Outfit herum.

Der Text enthält nichts Neues und das bisschen Exposition über Erwins Vergangenheit ist obendrein total überflüssig, weil es mit der Geschichte überhaupt nichts zu tun hat. Alles in Allem könnte das eine Szene aus einer beliebigen Sitcom sein. Selbst bekannte Darsteller haben damit zu tun, diesem Klischee noch irgendetwas Lustiges abzugewinnen, denn das Thema hat sooooooo einen Bart.

Hättest du jetzt eine überraschende Wendung genommen - meinetwegen greifen Ausserirdische an und werden von Hedwig dazu verdonnert, für Erwin einen Anzug rauszusuchen - wäre dieser Szene etwas abzugewinnen gewesen. So sitze ich neben Edwin und warte darauf, dass etwas passiert.

Schade!

 

Danke für die Kritik. Damit habe ich mir wohl selber bewiesen, dass auch ich ne bescheidene Geschichte schreiben kann. :D :D :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo betzebub,

bevor ich was zu deiner Geschichte sage, mal eine kleine Rechtschreibinfo vorweg.

Erwins Nerven liegen blank. Seine Frau Hedwig schleift ihn nun schon seit Stunden von einem Geschäft ins Nächste.
nächste
Es steht zwar kein Nomen hinter dem Adjektiv nächste, so dass es wirkt, wals wäre es substantiviert. Aber wenn es glasklar ist, dass es sich auf das nächste Geschäft bezieht, was nur zwei Wörter davorsteht, dann ist es ein ganz stinknormales Adjektiv und muss kleingeschrieben werden.

Hier die Dudenregel dazu: Es ist Regel 73 zur Groß- und Kleinschreibung.
http://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/Gro%C3%9F-%20und%20Kleinschreibung#K72

„Hedi, das ist jetzt schon der dritte Anzug, den ich hier anhabe. Ich habe dir gesagt, dass mir der Erste am besten gefallen hat.“
Hier das gleiche Problem. Es muss erste heißen, weil es sich noch auf den Anzug bezieht.


„Mach mal ‚so‘.“
Erwin macht ‚so’ und Hedwig wirkt für den Bruchteil einer Sekunde halbwegs glücklich
.
Was soll "so" sein?

„Nee, der gefällt mir doch nicht so richtig(.)“, nörgelt Hedwig weiter.
KEIN PUNKT am Schluss der wörtlichen Rede. Weg mit dem Ding.

So eine Runderneuerung wird Erwin nicht nur Zeit kosten KOMMA sondern auch Geld, viel Geld.
Sondern ist eine Konjunktion, die einen starken Gegensatz anzeigt. Also hau ein Komma rein.


Nach über dreißig Jahren Ehe kennt er diese Art von Hedwig. Vor ein paar Jahren war er noch froh, endlich in den Ruhestand zu gehen und den Rest seines Lebens als Rentner zu verbringen. Er träumte vom Ausschlafen unter der Woche, den Duschen, länger als fünf Minuten, und er wollte sich ein Hobby suchen. Er hatte an etwas Handwerkliches gedacht. Modellbau vielleicht. Fingerfertig war er ja schon immer gewesen.
Solche Infos über deine Hauptfigur verpuffen völlig, weil du nichts damit anfängst. Du könntest dir das glatt sparen. Entweder lässt du deinen Helden jetzt wirklich mal rumdenken, was das blöde Shoppen denn mit einem Hobby zu tun hat, dann machst du deine Szene lebendiger. Oder du lässt ihn mit seiner Frau drüber streiten. Du solltest jedenfalls die Chance nutzen und nicht nur einfach berichtend zusammenfassen, welche Wünsche er mal hatte, sondern du solltest diese Info zu einem Bestandteil deiner Geschichte machen, und damit in deinem Medium Geschichte auch das Erzählerische nutzen. Das, was kein anderes Medium so kann, wie z. B. einen inneren Monolog. Oder du zeigst uns eben was, was seine Wünsche verdeutlicht und den Konflikt dieses Mannes vorantreibt.

Ansonsten bin ich ehrlich gesagt ein bisschen entsetzt, weil du aus dieser Einkaufsszene gar so wenig machst. Gut, sowas kennt man natürlich schon. Aber wenn mans aus Übruingsgründen schon schreibt, dann würde ich auch daran stärker arbeiten. Damit meine ich: Also entweder drehst du das in die ernste Richtung und aus dem Shoppen entwickelt sich ein ernsthafter Streit zwischen beiden. Oder du willst das Humoristische, was dein Tag ja eigentlich schon sagt, dann kannst du die Szene unmöglich so flachbrüstig lassen, was den Humor betrifft. Und flachbrüstig ist das im Moemnt noch. Wenn du Lustiges wilst, dann überzeichne, mach was Überdrehtes daraus. Ich würd das ruhig mal probieren, selbst wenn alle anderen (und ich vermutlich auch :D)dann immer noch sagen, naja, Humor ist das Schwerste, und so richtig witzig wärs immer noch nicht, aber du hättest immerhin zwei Sachen für dich selbst erreicht, 1. deinem Text überhaupt mal eine Erzählrichtung zu geben, noch ist diese Richtung nämlich gar nicht da. Der winzige Text wirkt unentschieden. Und 2. könntest du mal eine Szene richtig aufbauen, damit meine ich, nicht nur solche knappen Dialoge zu schreiben, die man so schon häufig gelesen hat, und zwar in Witzen oder ähnlichem. Sondern du könntest den Mann als Charakter einführen, seine Hintergründe zeigen. Und die Szene ins Skurrile oder Überdrehte hin auskosten.


Viele Grüße von Novak

 

Tach!

"Humor"? Na ja , ich hab jetzt nicht so überwältigend geschmunzelt - mag daran liegen, dass ich an einer tyrannischen Nervensäge, die ihren Gatten wie einen Dreijährigen behandelt, nicht viel Witziges entdecken kann. Oder an einem resignierten Weichei, das sich mit seiner Pantoffelhelden-Lebensrolle abgefunden hat (wenn man mal das Ende der Geschichte außen vor lässt).
Insgesamt etwas, das mich mit den Schultern zucken lässt - sonst nix.

Grüße vom Eisenmann

 

Hallo betzebub,

nur zu Übungszwecken: Kehr doch einmal die Rollen um und lass den Rentner seine Frau in der Umkleide rumkommandieren. Du musst nur die Namen austauschen und die Klamotten anpassen.Da kriegst du bestimmt einen neuen Blick auf den Alltag. Vielleicht sogar in Richtung Satire.

Gruß wieselmaus

 

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