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11.02.2016
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Da kam er auch schon um das Häusereck. So wie jeden Freitag. Zwar sind seine Besuche über die Jahre immer seltener geworden, doch kann ich mich nicht erinnern, dass sein Kommen jemals ausblieb. Und er war pünktlich, wie immer. Auch diesmal kündigte das tapsende Geräusch seiner ein bisschen zu kurz geratenen Beine sein Erscheinen an. Er lugte um die Ecke und ging in meine Richtung. Dicht hinter ihm sein großer schlanker Boss, gehüllt in seinen braunen Mantel. Sein einst noch mit schwarzen Strähnen durchzogenes Haar war über die Zeit immer schütterer geworden und verblasst. Doch seine Laune verblasste nicht. Leider, denn sie war immer noch so schlecht, wie vor all den Jahren.

Demütig blieb er immer nahe seinem Boss, wagte nicht sich zu weit zu entfernen. Denn sein Boss hätte jedes Verhalten, dass nicht seinen Vorstellungen entsprach, sofort missbilligt, was bedeutete, dass er allein das Ventil dessen schlechter Laune werden würde. Ich konnte es ihm nicht verübeln.

Das Duo tat mir Leid. Ein Mann der nur das schlechte in der Welt sehen konnte und sein Partner, der unter den Launen von diesem litt. Es war ein komisches Duo, nicht nur was den Größenunterschied betraf.

Ich hatte den kleinen Kerl wirklich gern. Auch seinen Namen kannte ich. Walther hieß er. Dieser war das Einzige, was ich den geknurrten Befehlen seines Bosses entnehmen konnte, wenn ihn wieder einmal für das geringste Vergehen zurechtwies. Ob er meinen Namen kannte wusste ich nicht, denn wir wechselten nie ein Wort miteinander. Warum sollten wir auch? Oft würdigte er mich nicht einmal eines flüchtigen Blickes. Wir taten beide immer nur unseren Teil der Abmachung. Einer nie ausgesprochenen Abmachung. Einer Abmachung, die wenn sie durch einen Biologen bewertet werden würde, sofortig als Synthese-ähnliche Beziehung abgetan würde. Doch sie basierte genauso auf Vertrauen wie jede andere Abmachung. Zumindest von meiner Seite.
Es war ein typisches Geschäftsverhältnis. Wobei ihm seine Geschäfte immer wichtiger waren.

Gerade als er zu mir tappen wollte, hielt er kurz inne und wand seinen fragenden Blick zu seinem Boss, der beide Hände in den Tiefen seiner Manteltaschen verborgen hatte. Der alte Mann machte jedoch keine Anstalt, ihn aufzuhalten. Er blickte mit trüben Augen in die Ferne. Ob er an eine lange vergangene Zeit dachte oder sich ein Blick-Duell mit einem zähnefletschenden Tiger lieferte, der neben meinem Stamm kauerte, ich konnte es nicht sagen.

Während sein Boss in seiner typisch gebückten Manier unbeirrt weitergestakste, kam sein kleiner Partner mit aufgestellten Ohren genau auf mich zu. Es gibt da eine Sache, die Hunde gern mit Bäumen machten. Und Walther war da keine Ausnahme. Nach einem kurzen Schnupper hob er genüsslich ein Hinterbein, um sich zu erleichtern…

So war ich zumindest von meinem banalen Teil der Abmachung entbunden. Einer fairen Abmachung, wie ich fand.

Doch ich spürte den warmen Strom fast gar nicht mehr, der an meiner groben Rinde hinunterrann und zwischen meinen breiten Wurzeln versiegte, denn diese alte Borke war von Käfern zerfressen und fühlte nichts mehr. Ich war am Ende meines Lebens. Lange wird es nicht mehr dauern, bis ich geschwächt durch mein hohes Alter einer Krankheit oder der nächsten dreisten Windböe eines Herbstturms erliege. Denn diese geschädigten Wurzeln vermögen es nicht länger, meine Äste und die schwere Frucht, welche an diesen hängt, zu tragen.

Ich hatte ein langes erfülltes Leben, das nicht frühzeitig durch Axt und Keil beendet worden ist. Jeden Herbst erbrachte ich gute Ernte. Ich erinnere mich gern an die Gruppe von Menschen, die Leitern benutzen, um mich von der Last meiner Früchte zu befreien. Besonders die Jungen erfreuten sich immer an diesen. Viele Paare suchten im Sommer unter meinem Blätterdach Schatten. Erheitert dachte ich zurück an die Tage, an denen ich so manchen Denker, welcher an meinen Wurzeln sinnierte durch eine geschickte Nutzung der Erdanziehungskraft aus seinem Träumen riss. Es ist schon komisch letztendlich wird sie auch mich zu Fall bringen.

Der kleine Dackel ließ sich Zeit, zu viel nach der Meinung seines Bosses, der dieser mit einem genervten Knurren Ausdruck verlieh und bereits ein gutes Stück weiter den groben Kiesweg hinunter gelaufen war. Das veranlasste den kleinen Kerl sich zu beeilen und kurz darauf im Hunds-Trapp zu dem alten Mann aufzuholen. Als er schon an ein paar meiner Früchte, die sich im Gras unter meinen ausladenden Ästen häuften, vorbeigegangen war, machte er plötzlich Kehrt und hob die Luft prüfend die Schnauze. Seine Nase verschwand einen Augenblick zwischen den Halmen, als sie sofort darauf mit einem Apfel zwischen den Kiefern wieder auftauchte. Nur mit Mühe schafften es die Dackelkiefer mit ihren Zähnen den großen Apfel festzuhalten. Der Dackel wand sich wieder weg von mit und trappte zurück mit zu seinem Boss, der sich zum ihm mit einem skeptischen Blick in den Augen umdrehte. Dieser wich kurz darauf einem demonstrativen Augenrollen, als sich der Mann mit einem entnervten Seufzer umdrehte und weiterging. Schwanzwedelnd verschwand Walther mit seiner Wertvollen Fracht mit seinem Boss in der nächsten Straße. Es sollte das letzte Mal gewesen sein, dass ich ihn sah.

Was ist diesem Mann wohl für ein Schicksal erfahren, dass er so verschlossen und immer schlechter Laune war? Worin ist sein Trübsal, dass er auf der größten und tiefsten Tuba blies, begründet? Hat er keine Familie? Niemanden den er liebte? Gibt es nichts, was ihm wichtig ist? Will er nicht einmal eine gute Erinnerung hinterlassen, wenn er nicht mehr ist? Ich hab mich das schon gefragt, als er vor vielen Wintern das erste Mal an mir vorbeikam. Doch auf diese Fragen werde ich keine Antwort mehr erhalten. Niemand wird das mehr.

So viele Menschen vergeuden ihr Leben. Machen sich keine Gedanken was sie hier zurücklassen. Es war bestimmt nicht meiner Lebenserfahrung zu verschulden, die relative Gesehen der dieses armen Menschen entsprach; aber selbst ein Baum fragt sich was er Spuren in dieser Welt hinterlässt.

Mir ging es immer darum, meine Art zu erhalten und so werde ich in den kleinen Sprossen, die aus meinen Früchten hervorgehen werden, weiterleben. Doch hier unter meinem Blätterdach konnten sie nicht wachsen. Zum Glück wussten auch die vielen Vögel, die in meinen Ästen nisten oder im Frühling erschöpft von ihrer Rückkehr aus dem Süden auf mir rasten, meine Äpfel zu schätzen. So trugen sie meine Samen in die Welt hinaus.

Der kleine Dackel war auch ein Teil des großen Ganzen. Und er war mir immer treu geblieben, nicht so wie die eigensinnigen Vögel, die auch schnell beleidigt weiterzogen, wenn die Früchte nicht süß genug waren. Ob der kleine Dackel wusste, was er mir für einen großen Dienst erwiesen hat? Vermutlich nicht. Glücklicherweise nicht. Wüsste er es, hätte er bestimmt mehr verlangen.


Ausschnitt aus einer Lokal-Zeitung:
[…]wurde der große Apfelbaum in der Dorfmitte, der[…], während des Herbstgewitters entwurzelt[…] Dieser schmückte unseren Marktplatz schon seit 1853 und […]

 

Hallo Zusammen!
Ich bin neu hier im Forum und hab euch gleich meine erste Kurzgeschichte mitgebracht, die aus einer Deutscharbeit entstanden ist. Hoffe sie gefällt euch und man versteht die Botschaft und die Pointe.
Ich freue mich schon auf die hoffentlich noch milde ausfallende Kritik zu diesem Text, der aufgrund meiner geringen Erfahrung und meinem Perfektionismus, sehr viel Zeit beansprucht hat.
Ich hoffe auch dass er euch genauso viel Freude bereitet wie mir:)

Lg Chocier

 

Hallo!

Ich habe nach dem vierten Abschnitt die Motivation verloren und nach dem sechsten endgültig aufgegeben zu lesen.

Grund: In dem, was ich gelesen habe, passiert rein gar nichts. Bis zum fünften Abschnitt hielt ich die Handlung für ein Treffen mit einem Mafia-Paten oder zwischen Kriminellen.
Im sechsten ging mir dann erst das Licht auf, dass es sich bei dem Gegenüber um einen blöden Köter handelt.

Wenn das jetzt ein Treffen zwischen irgendwelchen Kriminellen ist, hätte ich weiter gelesen.

Mir ist ein solches Thema einfach zu stupide und schon der lange "Weg" dahin, dass es sich um Hunde handelt, ist einfach zu lang.
Kürzen kannst du es aber leider kaum, weil sonst viele Infos wegfallen würden. Und die brauchst du als Leser.


Dein Style gefällt mir, auch wenn er sehr perfektionsorientiert ist - sehr gut. Aber wie schon gesagt: Ein Treffen unter Kriminellen fände ich interessanter.


LG

Betze

 

Danke für die Offenheit:)

Das mit dem kleinen Missverständnis ist ja eigentlich der Clou der Geschichte...doch wie ich es mir auch schon gedacht habe ist er vielleicht doch nicht ganz verständlich(oder logisch?) über die Bühne gegangen.

Mein bisherige Kurzgeschichten-Erfahrung reicht außerdem nicht über ein paar Geschichten, die ich hier gefunden habe, und unserem Schul-Deutschbuch hinaus.

Ich werde das bestimmt noch lernen:)

Lg Chocier

 

Hallo Chocier,

willkommen hier im Forum! Nur ein kurzer erster Eindruck (wollte eigentlich längst im Bett sein):

Ich fand Deine kleine Geschichte ganz amüsant. Ja, es zieht sich ein bisschen, bis Du zur "Pointe" kommst, dass es sich bei den Geschäftspartnern um Hund und Baum handelt. Aber das muss ja erst mal aufgebaut werden. Das ist bei Pointengeschichten immer ein gewisses Risiko, ich habe auch schon mal eine solche hier veröffentlicht, die dann mit dem Schlusssatz eine satirische Auflösung präsentierte. Daran schieden sich damals die Geister, damit muss man rechnen.

Ich würde allerdings nach hinten hin einiges wegkürzen, auch wenn's wehtut. Nachdem Walther sein Geschäft verrichtet hat, könnte eigentlich Schluss sein, denn durch die Auflösung ist aus der Geschichte so ziemlich die Spannung raus. Den Part mit dem Apfel, den der Hund mitnimmt, könnte/sollte man vielleicht noch retten, weil das wohl die Gegenleistung innerhalb des gemeinsam abgeschlossenen Geschäftes ist. Aber die pseudophilosophischen Überlegungen über das lange Leben des Baumes, das mögliche Schicksal des Mannes, verdeudete Lebenszeit und das, was man hinterlässt - das wirkt alles irgendwie angehängt, fast ein Fremdkörper, hat auch nichts mehr mit dem "Geschäft" zu tun. Das würde ich rauskicken - wie gesagt, auch wenn's wehtut - weil Du sonst im Grunde noch gleich eine zweite Geschichte erzählst. (Kill your darlings, lautet eine Autorenweisheit.)

Deinen Sprachstil finde ich okay, ein bisschen ausschweifend vielleicht, aber hier passt das zur Thematik. Deinem bekennenden Perfektionismus zum Trotz habe ich auch noch einige Fehler gefunden, u.a. wechselst Du manchmal ohne erkennbaren Grund die Zeitformen (beispielsweise - aber nicht nur - in dem Absatz "Was ist diesem Mann wohl für ein Schicksal erfahren ..."). Und diese Stelle ist einfach irgendwie kaputtgegangen:

Es war bestimmt nicht meiner Lebenserfahrung zu verschulden, die relative Gesehen der dieses armen Menschen entsprach; aber selbst ein Baum fragt sich was er Spuren in dieser Welt hinterlässt.

Außerdem:
Einer Abmachung, die wenn sie durch einen Biologen bewertet werden würde, sofortig als Synthese-ähnliche Beziehung abgetan würde.
Da meinst Du wohl Symbiose, nicht Synthese.

Da ist also noch ein bisschen was zu tun, aber als erste Geschichte für einen Jungautoren (Schüler, wenn ich Deinen letzten Kommentar richtig verstehe) sieht das durchaus nach Potential aus.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chocier,

erstmal willkommen bei den Wortkriegern!

Sprachlich gesehen habe ich wenig auszusetzen. Deine Story liest sich flüssig, du kannst gut mit den Worten umgehen, und ich kann mir das Geschehen zwischen Hund und Herrchen plastisch vorstellen - wenn du mir nicht verschweigst, dass es sich um einen Hund handelt. ;)

Ansonsten stimme ich meinen Vorschreibern zu, da passiert einfach zu wenig. Das ist zwar ganz nett, dass du die wahre Natur Walthers und des Prots erst nach und nach preisgibst, aber viel mehr ist auch nicht dran an der Story. Es ist halt ein alter Baum, der vom Hund einmal die Woche (Wirklich? Wohin gehen die sonst immer?) angepinkelt wird. Eigentlich muss ich sagen, dass du mit diesem Kunstgriff viel mehr rausholen könntest. Was sieht der Baum während seines langen Lebens sonst alles noch? Welcher Dramen, groß und klein, war er Zeuge? Was tut sich so im Dorfleben? Wie war es vor hundert Jahren, vor fünfzig und heute? Da könnte man so einiges daraus machen. Aber hier passiert nichts anderes, als dass der Leser eine Zeitlang im Dunkeln gelassen wird, von wem oder was überhaupt die Rede ist.

Zum Text selbst:

Da kam er auch schon um das Häusereck. So wie jeden Freitag. Zwar sind seine Besuche über die Jahre immer seltener geworden
Achte auf die Zeiten, sie sollten einheitlich sein.

Demütig blieb er immer nahe seinem Boss, wagte nicht sich zu weit zu entfernen. Denn sein Boss hätte jedes Verhalten, dass nicht seinen Vorstellungen entsprach, sofort missbilligt, was bedeutete, dass er allein das Ventil dessen schlechter Laune werden würde. Ich konnte es ihm nicht verübeln.
Das klingt, als könntest du dem Boss nicht verübeln, dass er seine schlechte Laune an seinen Hund auslässt.

wir wechselten nie ein Wort miteinander. Warum sollten wir auch?
Ganz zu schweigen von: Wie? Ein Baum und ein Hund? (Nebenbei: "Warum auch?" ist prägnanter.)

Wir taten beide immer nur unseren Teil der Abmachung. Einer nie ausgesprochenen Abmachung. Einer Abmachung, die wenn sie durch einen Biologen bewertet werden würde, sofortig als Synthese-ähnliche Beziehung abgetan würde. Doch sie basierte genauso auf Vertrauen wie jede andere Abmachung. (....) So war ich zumindest von meinem banalen Teil der Abmachung entbunden. Einer fairen Abmachung, wie ich fand.
So viele Wiederholungen wirken sehr störend auf den Lesefluss.

Er blickte mit trüben Augen in die Ferne. Ob er an eine lange vergangene Zeit dachte oder sich ein Blick-Duell mit einem zähnefletschenden Tiger lieferte, der neben meinem Stamm kauerte, ich konnte es nicht sagen.
Er sieht den Mann, aber nicht, ob neben seinem Stamm ein Tiger liegt? Oder liegt da ein Tiger, aber er weiß nicht, ob der Mann den Tiger sieht? Ich finde diese Stelle nicht gelungen.

weitergestakste
weiter stakste

Ich war am Ende meines Lebens. Lange wird es nicht mehr dauern
Wieder eine zeitliche Inkonsistenz

dreisten Windböe
Was muss ich mir darunter vorstellen?

Herbstturms
Herbststurms

Der Dackel wand sich wieder weg von mit und trappte zurück mit zu seinem Boss, der sich zum ihm mit einem skeptischen Blick in den Augen umdrehte.
Da musst du nochmal drüber.

Wertvollen
wertvollen

Worin ist sein Trübsal, dass er auf der größten und tiefsten Tuba blies, begründet?
Zeitinkonsistenz. Und: die größte und tiefste Tuba? Was soll das heißen?

Hat er keine Familie? Niemanden[KOMMA] den er liebte? Gibt es nichts, was ihm wichtig ist? Will er nicht einmal eine gute Erinnerung hinterlassen, wenn er nicht mehr ist? Ich hab mich das schon gefragt, als er vor vielen Wintern das erste Mal an mir vorbeikam. Doch auf diese Fragen werde ich keine Antwort mehr erhalten. Niemand wird das mehr.
Plötzlich Präsens, warum? (Aber: Niemanden, den er liebte.)

relative Gesehen
relativ gesehen

selbst ein Baum fragt sich[KOMMA] was er Spuren in dieser Welt hinterlässt.
Was er an Spuren hinterlässt. Oder: Welche Spuren er hinterlässt.

Wüsste er es, hätte er bestimmt mehr verlangen.
verlangt

Beste Grüße
Hopper

 

Guten Morgen Chocier,

selbstverständlich hatte ich anfangs ein seltsames Bild vor Augen von diesem "Duo", wovon der eine "tapsende Geräusche" beim Gehen machte und der andere "schlechte Laune" und graue Haare hatte. Und ich dachte wieder einmal 'kapier' ich nicht', aber die doch schnelle Auflösung kam gerade rechtzeitig und ich habe mich größtenteils gut unterhalten.

Die Idee, einen monotonen, notwendigen Ausgang mit einem alten Hund aus der Sicht eines alten Apfelbaumes, hat mich echt amüsiert und mir gut gefallen.

Im 10. Absatz habe ich dann etwas schneller gelesen, aber Wurscht.

Auch der Zusatz mit dem angerissenen Zeitungsartikel über das Ende des Baumes, sagt mir zu.
Vielleicht hätte man es deutlicher machen können?

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Ok ich fange jetzt mal an:)

Bevor ich meine Kurzgeschichte geschrieben habe, habe ich sie "gecluster". Wie mir jetzt auch aufgefallen ist bin ich dadurch viel zuweit von der eigentlich lustigen kleinen Geschichte abgekommen, die ich im Kopf hatte. Der Text wurde dadurch auf eine viel zu philosophische Ebene gerückt...
Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich mir mit dem Anfang so schwer getan habe,dass ich erst die hinteren Teile bearbeitet habe. Und dann ist es wohl mit mir durchgegangen, weil es plötzlich so gut geklappt hat mit dem Schreiben und so viel Spaß gemacht hat:)

Und Hopper ich muss sagen es ist erstaunlich wie viele Fehler man in so einem Text finden kann, wenn er nicht der eigene ist :D
Danke ich werde sie verbessern.

Was ich allerdings noch sehr interessant an eurer Kritik fand, war, dass es sich der eine noch ausführliche wünscht, während es dem anderen schon weit genug geht.

Daraus entnehme ich, dass sich die Geschichte wohl auf einem schmalen Grat dazwischen befindet.

Wie könnte ich die Geschichte nun verbessern?
Soll sie lieber eine lustige Kurzgeschichte oder ein etwas längere, mit philosophischen Aspekten sein?

Abschließend bedank ich mich noch einmal für die konstruktive und auch aufbauende Kritik, die ich bis jetzt erhalten habe. Ich bin von euren Aussagen doch recht zufrieden gewesen, weil ich das ganze als eine Art Experiment gesehen, selber einmal etwas zu schreiben, anstatt zu lesen:D

 

Hallo,

du hast ein ganz klassisches Anfängerproblem: Du zeigst nicht.

Ein Beispiel: Demütig blieb er immer nahe seinem Boss, wagte nicht sich zu weit zu entfernen.

Das ist eine Behauptung, die der Erzähler einfach austellt. Es ist indirekt erzählt, und derjenige, der es erzählt, hat es bereits gefiltert, er wertet das. Für den Leser bleibt nichts mehr übrig, du bietest ihm nichts an, womit er sich den Charakter erarbeiten kann. Du entfernst den Leser damit von deinem Text, von deiner Figur.

Entpacke das mal. Sage nicht, er ist demütig und bleibt nahe an seinem Boss, sondern zeige das. Wie äußert sich Demut? Wie äußert sich ein so hündisches Verhalten, was macht einen Speichellecker aus? Nicht sagen, sondern dem Leser dieses Verhalten zeigen.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chocier,
einen kleinen Willkommensgruß für dich. Fühl dich wohl bei uns.
Ich schreib dir, obwohl ich zur Zeit wenig Lust und Laune zum Kommentieren habe, aber du antwortest wenigstens und setzt dich mit den Kommentaren auseinander. Und dann machst du das auch noch so sympathisch, da hatte ich dann doch Lust, was zu schreiben.
Aber hör, es ist jetzt nicht grad alles positiv. Trotzdem ist es hilfreich und freundlich gemeint.

Ich hab deine Geschichte zuerst ohne die Kommentare gelesen und hab mich sofort tierisch (hehe) geärgert. Der Grund ist der Anlass deiner kleinen story, das Verschweigen des Dackels. Ich liebe zwar stories, in denen der Leser mit einem unsicheren Erzähler rechnen muss (Filme, die ich z. B. mag, sind sixth sense oder shutter island). Trotzdem geschieht die Irreführung des Lesers oder Zuschauers da auf andere Weise. Durch die Sicht auf die Ereignisse und im nachhinein passen diese dann auch logisch zusammen. Du hast die Irreführung lediglich dadurch vorgenommen, dass da einem Tier und einem Baum menschliche Eigenschaften zugeschreiben hast, ohne das zu sagen. Wenn du wüsstest, wieviele Male wir hier im Forum das schon lesen mussten. Und jeder, der diese simple Irreführung wählt, denkt natürlich, er hätte sich jetzt mit dem Stein der Weisen auf den Kopf gehauen. Dafür, dass wir das hier so häufig lesen, kannst du natürlich nichts, aber trotzdem, überleg einfach mal mit, warum es doch einen Haufen Menschen gibt, der sich darüber ärgert, auf diese simple Weise reingelegt zu werden. Es ist halt nicht eine Gestaltung eines Handlungsablaufes mit all seinen Charakteren, eine irrwitzige story, die man aus unterscheidlichen Blickwinkeln sehen kann, in der man sich am Ende freut, reingelegt worden zu sein, sondern es ist halt bloß ein Trick. Mehr fällt mir an dem Punkt leider nicht ein als Begründung.
Ich würde an deiner Stelle deinen Text trotzdem als Fingerübung sehen, als Einstieg ins Schreiben. Nicht als mehr. Aber auch nicht als weniger. Denn deine Geschichte ist mit Sorgfalt geschreiben, das merkt man an der Sprachgestaltung. Schon allein die Spielereien mit dem Wort Geschäft. Ob das nun der Geschäftspartner war oder die geschäftliche Abmachung. Solche Spielereien, die fand ich goldig, die zeugen auch einfach vom Spaß, den du mit deiner Idee hattest. Und ich glaube, mich reißt das oft so ein bisschen mit, wenn man einem Text eine liebevolle Sorgfalt anmerkt. Und die merkt man deinem Text an. Da guckt man dann doch über ein paar Sachen weg.

Nun zu deiner Frage:

Wie könnte ich die Geschichte nun verbessern?
Soll sie lieber eine lustige Kurzgeschichte oder ein etwas längere, mit philosophischen Aspekten sein?

Ich würde sie nicht künstlich verlängern und noch mehr philosophische Aspekte reinbringen. Das ist eh schon so ein bisschen viel und auseinanderlaufend und inkonsistent. Deine Geschichte lebt von der Tier-Mensch-Verwechslung, den Wortspielereien und der "Botschaft", dass es mehr gab zwischen Baum und Hund als lediglich den warmen gelben Strom. Und auf dieses spezielle Mehr würde ich mich ein wenig konzentrieren, aber eben bezogen auf Baum und Hund und nicht auf all die Nebenaspekte, die du sonst noch reingebracht hast in den Abschnitten weiter hinten.
Das heißt also, ich würd kürzen (gegen Ende) und verdeutlichen (auch gegen Ende). Verdeutlichen, was der Dackel dem Baum gebracht hat und umgekehrt. Eine Idee wäre, dass der Baum lediglich durch den Dackel bemerkt, dass er am Ende seines Lebens steht, du hast das ja sowieso schon drin, aber genau das würde ich etwas ausbauen und vor allem verdeutlichen.

Was kannst du sonst noch tun? Nimm unbedingt den Rat von Jimmy an, das bedeutet dann, arbeite am Anfang und immer mal wieder viel deutlicher aus, was der Dackel alles macht, dass er und wie er die Demut seinem Herrn gegenüber zeigt, wie seine Stimmung sich wandelt, wenn er dann das Beinchen hebt und an seinem Lieblingsbaum angelangt ist.
Das macht einen Text einfach lebendiger, weil der Leser in die Szene mitgenommen wird.
Und - das merk ich jetzt, nachdem ich die nächsten Abschnitte schon geschreiben habe, vielleicht enttarnst du den Dackel eher, als du das gemacht hast. Sonst kannst du vielleicht gar nicht so in die Szene gehen.

Ansonsten gibts natürlich noch paar handwerkliche Fehler, die eher auf der technischen Seite liegen. Rehtschreibung und Zeitenfehler.

Ich mach mal paar Details:

Zwar sind seine Besuche über die Jahre immer seltener geworden, doch kann ich mich nicht erinnern, dass sein Kommen jemals ausblieb.
Du hast deine Geschichte in der Vergangenheit begonnen, dann musst du klassischerweise in das Plusquamperfekt rutschen, wenn du auf eine zurückliegende Handlung schaust.
Zwar waren seine Besuche ... doch konnte ich ... jemals ausgeblieben war.

Wenn du eine längere Rückblende machst, brauchst du dann nicht die ganze Zeit im PQP bleiben, das klingt auch ziemlich mies, sondern du rutschst wieder zurück ins Präteritum. Der Leser rafft das durch die Anfangssätze der Rückblende, dass es eine ist.

Sein einst noch mit schwarzen Strähnen durchzogenes Haar war über die Zeit immer schütterer geworden und verblasst.
Es gibt einen Haufen Wörter, die man beim mündlichen Reden oft einsetzt, sogenannte Füllwörter, bei denen sollte man mal ein Auge riskieren, ob man sie tatsächlich braucht. Oft braucht man sie schon, aber es gibt mehr als genug Fälle, wo man sie einfach wegstreichen könnte. "Noch" ist hier so ein Fall. Was willst du hier sagen? Dass er nun graue oder weiße Haare hat, die früher mal von schwarzen Strähnen durchzogen waren? Dann schreib das so. Oder lass eben dieses "noch" weg, es ist dann immer noch dieselbe Info. Im Moment beißt sich das "einst" mit dem "noch", weil sie beide dasselbe inhaltlich ausdrücken.

Doch seine Laune verblasste nicht. Leider, denn sie war immer noch so schlecht KEIN KOMMA (,) wie vor all den Jahren.
nicht - eventuell nie
denn - Füllsel

Demütig blieb er immer nahe seinem Boss, wagte nicht sich zu weit zu entfernen. Denn sein Boss hätte jedes Verhalten, dass nicht seinen Vorstellungen entsprach, sofort missbilligt, was bedeutete, dass er allein das Ventil dessen schlechter Laune werden würde.
Da hat Jimmy was zu geschreiben. Zeig den Hund, wie er zurückbleibt, wie sein Boss meckert und einen scharfen Befehl zischt, wie der Schwanz des Hundes herabhängt, was so Hunde halt alles machen, wenn sie unterwürfig werden. Ach so, das kannst du ja jetzt nicht schreiben mit dem Schwanz, hihi, ich lass es trotzdem stehen, weil das grad komisch ist, aber du verstehst was ich meine, such dir halt aus dem Repertoire der Hundeverhaltensweisen die aus, die auch zu einem unterwürfigen Angestellten passen würden.

Das Duo tat mir Leid. Ein Mann KOMMA der nur das schlechte in der Welt sehen konnte KOMMA und sein Partner, der unter den Launen von diesem litt
.
-Auch hier: Zeig das. Lass den Mann doch mal was sprechen, zeig, wie die Bez. der beiden ist.
-das Schlechte in der Welt
-sehen konnte - aus solche Konstruktiuonen aufmerksam werden, ich mach die auch oft, offensichtlich relatisiert man dauernd in der Alltagssprache. Hier vielleicht besser: sah
-von diesem - umständlich. Warum nicht ... der unter dessen Launen litt

Ich muss leider mal Schluss machen, die Zeit kneift grad.
Ich wünsch dir noch viel Spaß hier.

 
Zuletzt bearbeitet:

Wie schon gesagt war der Text ein Experiment, ich hatte diese abwegige Idee und wollte sie umsetzten. Ermutigt hatte mich auch die kleinen Kniffe, die mir dann dazu eingefallen sind:)
Vielleicht habe ich mir mit der Irreführung selbst ein Bein gestellt, weil ich wie ihr schon gesagt habt, den Hund wenig beschrieben habe/konnte.

Dazu fällt mir im übrigen noch etwas ein: Ich war vor gewisser Zeit in einem Workshop eines Krimi-Autors. Es ging darum, wie man einen Krimi spannend macht. So konnte ich zumindest ein bisschen theoretische Erfahrung sammeln. Ersagte mir, dass es das wichtigste sei Charakter in Geschichten nicht einfach nur zu beschreiben, sondern ihnen durch spezielle Handlungen Charakteristiken zu verleihen (In einem seiner Krimis fuhr z.B. der seelisch angeschlagene Protagonist aus Frust mit seinem Fahrrad über ein paar Erdnüsse, die ihm vorher herunter gefallen waren :) ...So etwas merkt man sich)

Das hatte ich bei der Geschichte ganz vergessen! Es ist jedoch auch nicht so leicht einzubauen, weil ein " herabhängender Schwanz" oder "aufgestellte Ohren" etc. noch mehr Verwirrung stiften würden :D

Und das mit den Füllwörter ist mir bei meinem jetzigen Schreibstil immer etwas aufgefallen; ich werde versuchen sie zu vermeiden.

Vielen dank nach mal, dass ihr euch alle in diese langen Kritik-Texte reinsteigerte und auch so viel Geduld hatte:) (Auch wenn einzelnen schon fast die länge meiner Geschichte erreichen)

Kleine Anmerkung für Novak: Ich habe versucht zu vermeiden, die zwei mit zu vielen menschlichen Charakteristiken zu beschreiben und sie so zu wählen, dass sie noch ungefähr für ein Tier passen würden. Das Bild von zwei Menschen ensteht meistens von selbst:)

Jetzt muss ich die ganze Kritik erst mal verdauen :)

 

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