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Das Schweigen der Lämmer

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08.02.2016
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Das Schweigen der Lämmer

Die Schafe waren in Aufruhr. Überall hörte man es tuscheln und flüstern: "Der Wolf ist in der Nähe, gebt bloß acht auf euch!". Ein grauenhaftes Gerücht machte die Runde, er hätte angeblich ein Schaf gehäutet und sich dessen Haut übergestreift! Seit Langem verging kein Tag mehr ohne derartige Schreckensmeldungen und immer öfter hörte man daher in einzelnen Herden die wütende Forderung, man solle sich doch endlich von den Anderen lösen. Schließlich war er sicherlich nicht unter ihresgleichen, man hätte das doch bemerkt. Als Skepsis und Angst weiter um sich griffen, ließen sich auch bald die letzten Schafe von der Wichtigkeit dieser Maßnahme überzeugen.

So trennten sich die Wege der einzelnen Herden, doch an der Situation änderte das wenig. Noch immer war die Angst allgegenwärtig, vor Kurzem hatte der Wolf angeblich einhundert Schafe auf einmal gerissen. Es konnte nicht so weiter gehen, man musste gewiefter handeln. Da sich der Wolf wohl in einem Schafspelz versteckte, war von den großen Widdern entschieden worden, dass alle Schafe nach Nähten oder Ähnlichem abgesucht und im Fall der Fälle aus der Herde verstoßen werden sollten. Doch viele Schafe hatten im Laufe ihres Lebens Wunden und Kratzer abbekommen und diese waren leicht verwechselbar mit den nicht genauer bekannten Nähten des Wolfes. So wehrten sich einige gegen die immer radikaleren Positionen der starken Böcke. Als diese erbost und eindringlich warnten, wie grausam der Wolf doch sei, stimmte letztlich aber auch hier die Mehrheit schweren Herzens ein und viele der Schafe mussten die Herde verlassen. Zerstreut und hilflos fanden die Meisten von ihnen einen schnellen Tod.

Eines Tages kam ein Bock und schrie entsetzt: "Der Wolf ist hier, ich habe ihn gesehen, als er gerade am Flussufer trinken wollte!". Er musste den Schafspelz wohl kurz geöffnet haben, um an das Wasser zu kommen. Panisch flehten die übrigen Schafe die starken Böcke an, endlich etwas zu unternehmen. Sie hatten eine Idee: Der Wolf konnte unmöglich wie die Schafe blöken! So ließen sie alle einzeln antreten und vor den richtenden Augen der Böcke mähen. Jedes Schaf, das zu tief oder nicht ordentlich blökte, wurde aus der Herde verbannt.

Am Ende waren nur noch einige junge Schafe und die Böcke übrig, fast niemand hatte den Test bestanden. Die Kleinsten suchten winselnd Schutz an der Seite der wachenden Widder. Als eines von ihnen, geborgen und wärmend an den kräftigen Beinen eines Bockes hinauf sah, erstarrte es plötzlich vor Entsetzen. Im Fell des mächtigen Tieres blitzte etwas.

Es war ein Reißverschluss.

 

Hallo!

Hier und dort hast du ein paar Grammatik- und Zeichensetzungsfehler gemacht.


Ich finde es schade, dass die Geschichte so plötzlich endet. Mir fehlt das märchen-typische Ende.
Jedes Märchen, das ich kenne, endet mit einer "Strafe" für die Bösen und/oder einer Belohnung für die Guten.

Nehm die "7 Geißlein": Der Wolf wird aufgeschlitzt und der Bauch wird mit Steinen gefüllt.
Oder "Rotkäppchen": Der Wolf wird erschossen.

Die Geschichte ist toll und hat Fantasie, ABER: Das "Märchen-Ende" fehlt mir dann doch. So ists nur eine "Geschichte".

Glaube, du weißt, was ich meine!

LG

Betze

 

Hi 08/15!

Eine nette Geschichte hast du da geschrieben - durchaus ein paar sehr frappierende Parallelen, die man da entdecken kann, wenn man sich reindenkt. Absicht, oder?;)
Ich bin übrigens keineswegs der Meinung, dass deine Geschichte kein Ende hat. Im Gegenteil, ich weiß gar nicht, ob dieser Geschichte ein klassisches "Märchen-Ende" überhaupt gut tun würde.
Insbesondere, wenn man die Geschichte unter dem Tag "Gesellschaft" betrachtet.

Erinnert mich ein wenig an das recht bekannte Zitat von Martin Niemöller: "Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen..."

Lediglich den Titel finde ich nicht so prickelnd - der ist mir ein bisschen zu platt und geht mehr so in Richtung Schenkelklopfer oder seichter Kalauer.

Viele Grüße vom Eisenmann

 

Hallo Nullachtfuchzehn,

Es ist eigentlich misslich, einen bekannten Slogan als Überschrift zu verwenden. Lesende werden gleich auf eine falsche? Fährte gelenkt oder beginnen Deine Geschichte zu vergleichen.

Am Ende waren nur noch einige junge Schafe und die Böcke übrig, fast niemand hatte den Test bestanden.
Ich würde auch das Komma durch einen Punkt ersetzen. Oder ich denke mir eben das denn vor dem fast.

Da ich zur Zeit viele Essays aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts lese, kam mir die Frage, warum die Schafe nicht beschließen, selber bei den Wölfen einzutreten. Nach 1945 gab es jedenfalls viele Wölfe, die nachweisen konnten, dass sie in Wahrheit Schafe waren.

Naja, eigentlich habe ich nur eine Frage: Was ist mit der Sabotage? (Oder war das der Titel?)

Liebe Grüße

Jobär

 
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Hallo Nullachtfuchzehn,

mir hat die Geschichte gefallen. Sowohl der sprachlichen Stil, als auch die unterschwelligen, gesellschaftlichen Anspielungen. Mag vielleicht etwas weit her geholt sein, erinnert mich aber an Animal Farm.

Zugegeben, ich habe nicht sofort begriffen. Was ich aber jetzt zu glaube scheine ist:
Alle Widder sind verkleidete Wölfe und versuchen die Schafe zu isolieren um sie besser fressen zu können.
Sehr schön, falls das so gemeint ist.
Ich habe zuerst angenommen, dass nur einen Wolf gibt. Damit würde sich auch erklären, warum die Widder die kleineren Schafe beim Test versagen lassen. Das hatte ich mich nämlich zunächst gefragt und erst beim Verfassen dieses Kommentares hatte ich dann eine Eingebung und musste mehrere Absätze wieder streichen. Macht man dann aber gerne.

Was ich zum Ende aber doch noch anzumerken habe, ist dass mich der Begriff "mähen" etwas verwirrt hat.
Da habe ich an Wiese stutzen gedacht, was ja auch auf Schafe zutreffen würde.
Mag wohl an mir liegen, aber ich fände eine durchgängige Verwendung von "blöken" besser.

Noch ein paar Fehler ohne Anspruch auf Vollständigkeit (ist auch nicht meine Stärke):

Überall hörte man es tuscheln und flüstern: "Der Wolf ist in der Nähe
So wie ich es gelernt habe, kommen zu Beginn der wörtlichen Rede im Deutschen die Anführungszeichen nach unten. (Im Englischen alle nach oben.)

Seit langem
und
Vor Kurzem

Kann man zwar sowohl groß, als auch klein schreiben, im Sinne der Kontinuität wäre es aber besser, wenn du dich für eine Variante entscheidest.

Die kleinsten suchten
Groß.


Beim Titel stimme ich Eisenmann zu.

Grüße,
D.H.K.

 
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Hallo nullachtfuffzehn,

ein Märchen ist deine Geschichte nicht, denn sie geht ja vermutlich nicht gut aus. Für mich ist es eine hübsche Fabel, die ohne Probleme zu entschlüsseln ist, wenn der Leser es möchte. Den Titel würde ich wirklich ändern. Der ist nun mal durch den Film "Das Schweigen der Lämmer" besetzt. Es sei denn, du wolltest dazu einen Bezug herstellen. Aber den hätte ich dann nicht kapiert.
Als Fabel hast du Sprache und Textlänge gut getroffen.

Gruß wieselmaus

Ach so: "mähen" habe ich auch falsch verstanden, ich dachte zuerst "Gras fressen" so wie "Kreide fressen", du weißt schon, wie der böse Wolf im Märchen!

 

Hi 0815, mir hat deine Geschichte gut gefallen. Ein Märchen muss nicht gut ausgehen. Es gibt ja bekannte Märchen wie der Struwwelpeter oder der Zappelphillip. Von den Gebrüdern Grimm wurden viele Märchen auch geschönt und mit einem positiven Ende versehen. Das bekannteste Beispiel ist hierfür wohl das Rotkäppchen.

Trotzdem fehlen mir die Märchenelemente. Eine Fabel ist es eher für mich. Ist aber auch Wurst. Ich find die Geschichte gut und passend formuliert. Das schweigen der Lämmer solltest du aber andern. Vielleicht in das blöken der Vernichtung ;)

 

Hallo an alle,

meine Freundin hatte mich eindringlich darum gebeten, die Nachricht nüchtern zu schreiben. Sie ist nun aber eingeschlafen. Weil ich das aber nicht kann, folgt jetzt eine wahrscheinlich etwas ziellose Antwort auf ihre Fragen.

Der Ursprüngliche Titel lautet: "Der Kampf gegen den Terror", ich musste aber so hart lachen, als mir der jetzige Titel in den Sinn kam, dass ich es mir nicht verkneifen konnte ihn so zu posten.

Ja, es sollte eine Parabel sein, kein Märchen. Ich konnte den passenden Tag nicht finden, deshalb hab ich "Märchen" gewählt. Die Geschichte ist mehr an die jetzige Situation als an die Kriegs/Nachkriegszeit angelehnt und soll den momentan politischen Trend aufgreifen, den ich mehr als nur erschreckend finde.
Beim schreiben habe ich sowohl an Orwell als auch an Niemöller denken müssen. Das Ihnen so etwas auffällt, schmeichelt mir :)

Was das mähen betrifft, wollte ich schlicht Redundanz vermeiden. Jetzt hört es sich zwar blöd an, ist aber wenigstens nicht wiederholend :)

Zum Thema Sabotage kann ich nur soviel sagen: Sabotiert wird, was sabotiert gehört :) Diese Seite gibt mir allerdings bis jetzt keinen Anlass dafür. Ich bin für das Feedback äußerst dankbar und schätze die Mühe sehr.

In den Medien wird oft ein schwarz-weiß Bild gezeichnet, deshalb fand ich es treffend, am Anfang nur von einem Wolf zu reden. Das es eigentlich sehr viele gibt, wird jedem klar, der sich abseits von Bildzeitungsartikeln bewegt.

Berauschte Grüße,

Nullachtfuchzehn

 

Hallo Nullachtfuchzehn!

Auch mir gefällt deine Parabel. Da ihr Thema Unterwanderung und die Furcht vor ihr ist, getraue ich mich, sie gattungsmäßig einzuordnen: Es handelt sich um Invasionsliteratur. Und natürlich gibt es auch Invasionsfilme, und an eine Invasions-Serie, die in den 70er Jahren im Fernsehn lief, erinnert sie mich: Invasion von der Wega.

In dieser US-amerikanischen Serie sind es Außerirdische von der Wega, die Menschengestalt annehmen, um die Menschheit zu unterwandern. In deiner Erzählung sind es Wölfe, die Schafsgestalt annehmen, um Schafherden zu unterwandern.

Nun hat Invasion von der Wega nicht nur Unterhaltungswert, sondern auch eine politische Dimension. In ihr spiegelt sich die damalige, von rechts noch geschürte Kommunistenfurcht der McCharty-Ära. Die Kommunistenfurcht war sicherlich übertrieben und machte viel böses Blut und schadete der Gesellschaft. Ähnliches gilt wohl auch für deine Geschichte, denn du hast ja eine politische Dimension angedeutet. Auch in deiner Parabel schadet die Wolfsfurcht den Schafherden. So las ich deine Erzählung anfangs als Warnung vor paranoider Furcht vor gefährlichen Fremden, vor Furcht, die nur schadet. Doch der Schluss deiner Erzählung bringt die Wende. Die Wolfsfurcht ist nicht, oder nicht nur paranoid: Eine Unterwanderung findet tatsächlich statt.

Grüße
gerthans

 

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