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Copywrite Nasskalt

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11.05.2014
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Nasskalt

Zwei Stunden nachdem sie Dave in einer Kneipe kennen gelernt hatte, lag Claudia nackt auf seinem Bett. Während er im Badezimmer eine Melodie pfiff, befühlte Claudia die raue Bettwäsche und starrte auf ihren Venushügel; das hatte sie häufig getan, damals im Keller des Metzgers.
Licht drang aus dem Spalt unter der Badezimmertür, ansonsten war es dunkel. Daves Wohnung war spärlich eingerichtet. Er lebe noch nicht lange in Hooper Bay und würde auch nicht bleiben. Er arbeite als Hochseefischer und die Krabbensaison beginne in den nächsten Tagen. Während er Whiskey kippte, hatte Claudia gefragt, wo er wohne. Sie hatte sich dabei leicht vorgebeugt, so getan, als suche sie etwas in ihrer Handtasche, damit Dave ihren Ausschnitt bewundern konnte. Dann lächelte er schüchtern und sagte, er wohne in einer kleinen Hütte mitten im Dorfe.

Die Badezimmertür ging auf, Dave trat heraus. „Verdammt, du bist wunderschön“, sagte er, glotzte dabei auf ihre Titten.
Claudia zeigte auf seine Boxer-Shorts. „Runter damit, Süßer.“ Ihr deutscher Akzent gefiel ihm, das hatte sie schon im Fischerman's Garden bemerkt, als sie mit ihm trank und flirtete. Er bohrte nach, wenn sie etwas erzählt hatte, und er bat sie, sich zu wiederholen, so als hätte er sie nicht verstanden.
„Sehr gerne“, sagte Dave und entledigte sich seiner Shorts, warf sie in eine Ecke. Mondlicht erhellte seinen nackten Körper. Bauchspeck, unrasierte Brust, buschige Schamhaare. Sein Schwanz war nicht besonders groß, aber das kümmerte Claudia nicht.
Daves Blick verharrte zwischen ihren Schenkeln, dann wandte er sich ab. „Sicher ist sicher“, sagte er, ging zum Nachttisch und kramte ein Kondom hervor.
„Das brauchst du nicht, ich nehm die Pille“, sagte Claudia. Sie wusste nicht, wann sie zuletzt die Pille genommen hatte. Sorgen brauchte sich Dave dennoch nicht zu machen, sie war schon schwanger.
Dave hielt inne, zog die Augenbrauen zusammen. „So? Bist du sicher? Nicht, dass was schiefgeht.“
„Passiert schon nichts.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ohne ist's viel intensiver.“ Sie fuhr mit den Fingern über ihre Scheide, spreizte die Schamlippen. „Warum kommst du nicht näher?“
Dave lächelte. Alle Männer lächelten so, wenn sie Claudia nackt sahen. Dann blickte sie ihnen tief in die Augen, als wollte sie damit sagen, dass sie nur lebte, um in diesem Augenblick nackt zu sein, sich ficken zu lassen. Sie war ein braves Mädchen, musste Männer glücklich machen. Das sei ihre einzige Aufgabe, das hatte der Metzger stets betont.

Dave ließ das Kondom fallen und öffnete den Mund, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sein Schwanz wurde steif, sein Atem ging flacher. Er trat ans Bett, schlüpfte unter die Decke und begann, Claudias Oberschenkel zu streicheln. Seine Finger waren nicht schwielig, viel zarter als die des Metzgers. Er atmete schwer, küsste Hals, Schultern, dann die Brüste. Der Geruch des Pubs haftete noch an ihm. Sein Atem stank nach Whiskey, seine Haut nach Schweiß und Rauch. Während er eine Brustwarze mit der Zunge umspielte, berührte er die andere Brust, streichelte und drückte sie sanft. Speichel glänzte im Mondlicht. „Du schmeckst so gut“, sagte Dave.
„Fick mich endlich“, sagte Claudia und spreizte die Beine.

Dave richtet sich auf, sah tief in ihre Augen. Er packte seinen Penis, grinste dabei. Für einen kurzen Augenblick hoffte Claudia, er würde es sich anders überlegen, sein Schwanz wieder erschlaffen. Ein Lusttropfen rann seine Eichel herab. „Ich hat's noch nie mit einer Deutschen“, sagte er und drang in sie ein.
Claudia legte ihre Hände auf Daves Hintern, als er zu stoßen begann. „Fester“, sagte sie und hoffte, es wäre bald vorbei. Ein Ruck ging durch ihren Körper, dann wieder, immer schneller. Die Bettdecke raschelte, Holz knarzte. Claudia öffnete den Mund, spielte einen Orgasmus vor, obwohl sie nicht genau wusste, wie eine Frau dabei klang; solche Erfahrungen hatte sie nie gemacht. Sie wurde nie feucht, niemals geil. Claudia war taub zwischen den Beinen, spürte jedes Mal nur Haut, die gegen Haut rieb.
Dave umklammerte ihre Hüfte, Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Claudia sah aus dem Fenster und betrachtete den Sternenhimmel über Alaska; dann grunzte Dave, schenkte ihr das Lächeln, auf das sie gewartet hatte, und ergoss sich in sie.
„Wow“, sagte er, nachdem er sein Glied rausgezogen hatte und neben Claudia lag. Er schaute selig an die Zimmerdecke und sagte: „Das war unglaublich.“

Während Dave schlief, schnarchte er nicht. Claudia betrachtete sein Profil, seine Hakennase, sein kantiges Kinn. Er sah dem Metzger nicht ähnlich. Aber er roch nach ihm, nach warmem Fleisch und Sperma. Sie alle rochen so, und alle schenkten ihr dieses Lächeln, dieses lüsterne, leicht dümmliche, das Claudia zeigte, dass sie begehrenswert war, Männer geil machte. Nur sie konnte das. Sie hatte es zu oft bewiesen, damals, als sie dieses Lächeln auf das Gesicht des Metzgers zauberte. Und wenn nicht, wenn sie ein unwilliges Mädchen gewesen war, dann schlug er sie. Immer in den Bauch, das bemerkte niemand. Claudia hatte dagelegen, nackt und wund; und das Gefühl, jemanden glücklich zu machen, war verschwunden, wurde ersetzt von Ekel und einer einschläfernden Leere, die sich mit jedem Atemzug ausdehnte und ihren Körper erkalten ließ.

Claudia presste die Lippen zusammen, unterdrückte ein Wimmern und hob die Bettdecke. Ganz vorsichtig, damit Dave nicht aufwachte. Barfuß tapste sie durch das Zimmer, klaubte ihre Klamotten auf. Als sie alles beisammen hatte, warf sie Dave einen letzten Blick zu. Er lächelte im Schlaf. Sie prägte sich den Anblick ein, immerhin könnte er morgen auf hoher See sein und Käfige ins Meer werfen. Vielleicht war sie die letzte Frau, mit der er vor seiner Abreise schlief. Der Gedanke war schön, fühlte sich besonders an. Claudia ging ins Bad.

Sie knipste kein Licht an und setzte sich auf die Toilette. Die Brille war kühl, bereitete ihr eine Gänsehaut. Claudia betrachtete ihre Füße, während sie pinkelte, stand dann auf und spülte nicht. Claudias Haut wirkte im Mondlicht beinahe leichenhaft. Sie streifte ihr Höschen über, blickte dabei in den Spiegel, der über dem Waschbecken hing. Ihr Bauch war noch flach, von Schwangerschaft keine Spur. Sie war auch erst in der sechsten Woche. Wer der Vater war, wusste sie nicht. Vielleicht der Inuit, der Student oder der Fischer. Am Wochenende nach Weihnachten hatte sie zu viel gesoffen, mit zu vielen Männern.

Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, versuchte das Leben zu spüren, das in ihr heranwuchs. Die Pille hatte sie nur unregelmäßig genommen, wochenlang gar nicht. Claudia sagte sich, sie vertrage sie nicht, obwohl es dafür keine Anzeichen gab. Während sie dastand und ihren Bauchnabel betrachtete, fragte sie sich, warum. Aber dann kamen die Erinnerungen hoch und Claudias Magen verkrampfte.

Claudia fuhr nach Hause. Eine Schneeschicht bedeckte den Asphalt und die Häuserdächer Hooper Bays. Claudia zitterte und konnte ihren Atem sehen. Die Fenster beschlugen. Sie stellte die Heizung ihres Chryslers auf die höchste Stufe, obwohl sie wusste, dass sie ihr Zuhause erreichen würde, bevor es warm im Auto wäre. Im Radio spielte ein Song von Taylor Swift. Claudia pfiff die Melodie und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, kräftig und im Takt. Als Miss Swift verstummte und die tiefe Stimme eines Nachrichtensprechers erklang, umklammerte Claudia das Lenkrad, starrte auf die Straße und pfiff nicht mehr. Sie wollte den Sender wechseln, doch so nah am Beringmeer empfing sie nur den einen.

Claudia parkte den Wagen vor ihrer Holzhütte – sie lag an einem See, ein gutes Stück außerhalb von Hooper Bay -, schlang ihren Schal enger um den Hals und öffnete die Autotür. Kalter Wind blies ihr ins Gesicht und zerrte an ihrer Kleidung. Ihre Wangen kribbelten, ihre Augen tränten im Windzug. Sie kramte den Hausschlüssel aus der Jackentasche. Ihre Finger waren taub und träge. Claudia ließ ihren Blick über den zugefrorenen See vor ihrem Haus schweifen. Das Gewässer war nicht sonderlich groß, zu klein für Boote. Aber es lebten Fische darin. Manchmal ging Claudia Eisfischen, nahm ihren Campingstuhl und ihre Angelrute und setzte sich vor ein Loch, wartete darauf, dass etwas anbiss. Ihr kleiner Bruder würde ihr sicher gern Gesellschaft leisten, aber er war in Deutschland und konnte nicht kommen. Nicht, solange er im Gefängnis saß.

Claudia saß auf ihrem Bett und knipste das Lämpchen auf dem Nachttisch an. Abtreibungspillen lagen darauf. Dunkelblaue Kapseln, die im Licht schimmerten. Wenn Claudia sie nähme, würde das Kind einen Tag später aus ihrem Inneren gepresst. Ein Haufen Fleisch und Schleim und Blut, weder männlich noch weiblich. Eine rötliche Masse, die Claudia das Klo hinunterspülen würde. Aber Claudia hatte sie bisher nicht angerührt. Noch war Zeit für eine Entscheidung, drei Wochen noch, dann würden die Pillen nicht mehr wirken. Dann müsste Claudia einen anderen Weg suchen, den Bastard wegzumachen.

Sie öffnete die oberste Schublade ihres Nachttisches. Eine Postkarte lag darin. Die Ränder der Pappe waren scharf. Auf der Karte standen nur wenige Sätze, mit krakeliger Handschrift geschrieben, hier und da fehlte ein Komma. Hallo Claudia. Mir geht es gut und wie geht es dir? Claudia nahm die Karte heraus und drehte sie um. Die Vorderseite war glatt und glänzte im Lampenschein. Bäume waren darauf zu sehen. Sie waren voller sattgrüner Blätter, anders als die kahlen Äste Alaskas. Der Himmel war blau. Im Hintergrund ragte ein Kirchturm in die Höhe. Rechts unten stand in geschwungener Schrift Komm ins Saarland. Claudia betrachtete das Bild; und wenn sie lang genug draufblickte, glaubte sie, das Gezwitscher von Amseln zu hören. Im Wald ertönte das Klopfen eines Spechts. Die Saar plätscherte, Rehe tranken daraus. Ein Junge radelte auf einem klapprigen Damenrad durch den Wald und schreckte die Tiere auf. Claudia schloss die Augen und erinnerte sich.

Sie spazierte durch die Straßen Schwalbachs. Es war Samstag und sie sollte zusammen mit ihrem Bruder Kartoffeln kaufen. Kein Wind wehte, die Sonne schien mit voller Kraft. Claudia schwitzte in ihrem dünnen Kleidchen. Ihre Arme waren ganz rot. Die Luft roch nach Asphalt und Gras. Claudias Bruder saß auf dem pinken Fahrrad ihrer Mutter und radelte im Kreis, um Claudia Gelegenheit zu geben, ihn einzuholen. Die Speichen reflektierten das Sonnenlicht, die Katzenaugen warfen orangefarbene Schatten auf die Straße. Ihr Bruder trug ein graues Shirt, auf das Tick, Trick und Track gedruckt waren. Der Aufdruck war rissig. Wenn Claudia fragte, welche der Enten Track sei, gab er ihr immer eine andere Antwort. Er klang dabei sehr sicher und schenkte ihr ein Lächeln.

Als Claudia ihn eingeholt hatte, trat er kräftig in die Pedale und rief: „Hey Claudi, guck mal.“ Er ließ den Lenker los, riss die Arme in die Höhe. „Freihändig, ist das nicht voll cool?“ Er bereitete die Arme aus, als wäre er ein Vogel, und rief: „Ich bin frei.“
„Pass auf, dass du nicht stürzt“, sagte sie.
„Werd ich schon nicht, ich kann das.“
„Ich will aber nicht, dass du dir wehtust. Ich soll schließlich auf dich aufpassen. Du weißt, wie Michael ist.“ Sie senkte den Blick und sah erst auf, als ihr Bruder „ist gut“ sagte.
Er presste die Lippen zusammen und packte den Lenker.

Auf dem Rückweg vom Supermarkt trug er die Kartoffelsäcke. Er ächzte und schwitzte; aber wenn Claudia anbot, wenigstens einen Sack zu nehmen, wies er sie schroff zurück. „Bleib du auf dem Fahrrad, ich mach das schon.“

Auf dem Heimweg mussten sie ein kleines Waldstück durchqueren. Die Saar floss dort entlang, das Rauschen hörte man schon von Weitem. Manchmal fragte sich Claudia, ob Rehe hier lebten. Das war natürlich nicht möglich, es lebten keine Wildtiere mitten in der Stadt. Aber Claudia stellte sich gern vor, wie eine Geiß mit ihren Kitzen durch das Dickicht stolzierte. Mit ihren schwarzen Augen hielt sie Ausschau nach Gefahren, würde beim Anblick eines Menschen ihre Kinder beschützen und weglaufen; aber nicht bei Claudia. Das Reh würde stehenbleiben und Claudia gestatten, näherzukommen. Dann würde sie die Tiere streicheln und sich von ihnen beschnüffeln lassen. Die Kitze fräßen Kräuter aus ihrer Hand und Claudia würde dabei kichern; das machten normale Mädchen so.

Als sie ihr Elternhaus erreichte, sah Claudia ihr Spiegelbild in den Fenstern. Ein vierzehnjähriges Mädchen mit Sonnenbrand und Pickeln auf dem Kinn, das in der Schule an einem Einzeltisch saß und die Pausen allein verbrachte. Himmel, Hecken und Häuser, das alles wurde von den Fenstern gespiegelt, sodass es nicht möglich war, ins Innere zu blicken. Die Haustür lag im Schatten, als hinge eine Gewitterwolke über dem Dachgiebel.

Claudias Mutter stand am Herd und briet Fleisch. Tränen glitzerten in ihren Augen.
Claudia blieb in der Tür stehen. Auf dem Tisch standen vier Gedecke. „Kommt Michael heute?“
Ihre Mutter starrte an die weiße Raufaserwand und antwortete nicht. Stattdessen drehte sie sich um und verzog angewidert die Mundwinkel. „Du Flittchen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Sowas mit vierzehn. Mit welchem Bengel hast du's getrieben?“ Sie wedelte mit einem Kochlöffel. „Nein, sag nichts, es waren bestimmt mehrere.“
Ihr Bruder riss die Augen auf, sah erst die Mutter an, dann seine Schwester.
Claudia wollte etwas sagen, da betrat ihr Stiefvater den Raum. Er legte eine Hand auf die Schulter ihres Bruders und sagte: „Geh auf dein Zimmer, mein Junge. Die Kartoffeln schälen wir später.“
Claudias Bruder nickte und ging, warf ihr im Vorbeigehen einen fragenden Blick zu.
Michael deutete auf einen Stuhl. „Setz dich, wir müssen reden.“ Seine Stimme glich einem tiefen Brummen.
Claudia befolgte den Befehl. Sie faltete ihre Hände im Schoß und sah ihre Mutter an, die ihre Aufmerksamkeit auf den brutzelnden Braten richtete. „Was ist denn los?“, fragte Claudia.
Michael verschränkte die Arme vor der Brust. „Du bist schwanger, nicht wahr?“
Claudia erinnerte sich an das Plastikteil, auf das sie hatte pinkeln müssen. Michael sagte, es messe ihre Urinwerte. Er wolle nur wissen, ob sie gesund sei. Bei Teenagern wisse man nie. „Ich … bin schwanger?“
Die Mutter warf den Kochlöffel in die Spüle und schrie: „Tu nicht so scheinheilig, du Hure. Hattest du wenigstens deinen Spaß, ja? Wie willst du das Balg großziehen, hä? Von mir gibt's keinen müden Pfennig. Nee du, weg muss es.“ Sie sah Michael an und verstummte, senkte dann den Blick, knetete ihre Hände und atmete tief ein.
Claudia saß einfach da, starrte auf den Tisch und unterdrückte Tränen. Michael lehnte sich zu ihr. Seine Mundwinkel zuckten, deuteten ein Lächeln an. Dann sagte er mit verärgerter Stimme: „Ich ruf den Walter an, der leiht mir sicher sein Auto.“ Sein Gesicht kam Claudias nahe. Sie konnte seinen warmen Atem spüren. „Wir fahren nach Holland und lassen den Bastard wegmachen.“
Die Mutter schniefte, Tränen kullerten ihre Wangen hinab. „Ja, mach das.“ Dann verließ sie die Küche, knallte beim Hinausgehen die Türe zu.

Michael streichelte über Claudias Wange. Seine schwieligen Hände kratzten über ihre Haut. „Hätt schon gern einen Sohn gehabt“, sagte er. „Aber das ist abartig.“ Er küsste sie auf den Mund und hauchte: „Sowas gibt's in anständigen Familien nicht.“ Er küsste sie erneut. „Ich liebe dich, meine Kleine.“ Claudia schmeckte seine Zunge und bemerkte eine Beule in seiner Jeans. Er lächelte liebevoll und sagte, er könne nur glücklich sein, wenn Claudia bei ihm wäre. Er roch nach Rexona, gepaart mit kaltem Rauch und Starkbier. Bevor er ging, sagte er, Claudia solle ihrer Mutter ja nichts erzählen, sie würde das besondere Band, das sie miteinander teilten, nur missverstehen.

Der Bastard war mit einer Saugglocke aus ihrem Körper entfernt worden. Michaels Gelüste musste Claudia dennoch befriedigen. Jeden Sonntag. Sie sollte ihm bei Arbeiten im Keller helfen, mal den Schrank furnieren, mal Tischbeine leimen. Claudia tat nichts von alldem. Sie lag nackt vor dem Metzger, räkelte sich auf einer durchgelegenen Matratze. Die Federn drückten gegen Rücken und Gesäß. Die Abtreibung hatte nur eines verändert; Michael zog seinen Schwanz aus ihrem Fötzchen – so nannte er ihr Geschlecht – bevor er kam, entlud seine Ladung auf Bauch, Rücken oder Brust. Warme Flüssigkeit spritzte auf ihre Haut und tropfte auf die Matratze. Dann lächelt Michael selig, tätschelte Claudia und sagte, er sei stolz auf sie, sie mache ihre Aufgabe gut. Und Claudia lächelte zurück und tief in ihr, unter dem Ekel und der Scham, da regten sich Stolz und ein Glücksgefühl, das sie immer dann verspürte, wenn sie ihn befriedigt hatte und dafür gelobt wurde. Und wenn Michael glücklich mit ihr war, streichelte er ihr Fötzchen, ganz langsam und liebevoll, als wär es etwas Wertvolles. Manchmal fühlte sich das gut an.

Es gab Sonntage, da fickte er sie gar nicht. Dann musste sie nur vor seiner Kamera posieren, jeden Winkel ihres Körpers zur Schau stellen, damit er später etwas zum Wichsen hatte, falls ihre Mutter wieder eine Migräne vortäuschte. Das tat sie oft, um sich nicht mit den Geschehnissen im Keller beschäftigen zu müssen. Michael zeigte Claudia gern die Fotos, die er geschossen hatte, fragte sie nach ihrer Meinung, als ob er sich ernsthaft dafür interessiere. Sie sah ihren blassen Hintern auf Hochglanzfotos, die so scharf waren, dass sie die Äderchen unter der Haut erkennen konnte. Sie sagte, sie wären schön geworden. Dann verstaute Michael das Fotoalbum mit den Bildern ihres Fötzchens unter einem Schrank; da würde Muttchen nicht suchen, sagte er. Claudia war sicher, dass er die Fotos auch in der Küche aufhängen könnte, ihre Mutter würde trotzdem wegsehen, sich nicht eingestehen wollen, welch Schwein sie ins Haus gelassen hatte. Das gab es nur im Fernsehen, nicht in einem Reihenhaus mitten in Schwalbach.

Wenige Monate später war Claudia abgehauen, hatte des Nachts ihre Sachen gepackt und war nach Norddeutschland getrampt. Vier Jahre und Dutzende Nebenjobs später besaß sie genug Geld, um nach Alaska zu reisen. In Deutschland hatte sie sich nie sicher gefühlt; und selbst jetzt, fünfzehn Jahre später, wachte sie immer noch schweißgebadet auf und befürchtete, in Michaels graue Augen zu sehen, obwohl sie wusste, dass er tot war.

***​

Zwei Tage nachdem Claudia mit Dave geschlafen hatte, kam sie von der Arbeit nach Hause und sah ihn vor ihrer Hütte stehen. Sie parkte in der Einfahrt und stieg aus. „Was machst du hier?“, fragte sie. „Woher weißt du, wo ich wohne?“
Er umarmte sie, bevor sie reagieren konnte. „Hab ein bisschen rumgefragt; hier leben ja nicht viele Claudias“, sagte er mit einem Lächeln.
„Und was willst du von mir?“
Er blickte an ihr vorbei. „Nun, die Nacht, die wir hatten, war … sehr schön.“ Er räusperte sich. „Und weil ich morgen fortgehe, wollte ich dich besuchen.“ Er blickte in ihre Augen. „Dich ein letztes Mal sehen.“
Claudia verschränkte die Arme. „Ich bin erschöpft, die Arbeit war stressig. Du solltest lieber gehen.“
„Wo arbeitest du denn?“, fragte er und tat so, als hätte er den Wink mit dem Zaunpfahl nicht vernommen.
„In einem Computerladen. Ich würd mich jetzt gern hinlegen.“ Sie sah in seine Augen und er sah in ihre.
„Soll ich heute Abend nochmal wiederkommen?“, fragte er.
„Nein, ich bin wirklich sehr müde, hab auch ein bisschen Migräne.“
Dave seufzte und presste die Lippen zusammen. „Nun gut, dann geh ich halt.“ Er schenkte ihr ein gequältes Lächeln, wandte sich dann ab.
Claudia sah ihm nach, während er ihre Einfahrt verließ. Sie hatte ihn nicht verletzen wollen. Das alles war schließlich ihre Schuld. Hätte sie ihn im Fischerman's Garden nicht angesprochen und nicht mit ihm geschlafen, dann wäre er jetzt nicht so geknickt. Und er hatte etwas an sich, etwas Liebevolles, Beschützendes, das Claudia an ihren Bruder erinnerte. Sie rief: „Und du musst morgen wirklich schon weg?“
Er sah über seine Schulter und bejahte.
Claudia knetete ihre Finger, während sie sagte: „Magst du Eisfischen?“

Dave hämmerte mit dem Eispickel ein Loch in den gefrorenen See. Claudia saß auf ihrem Klappstuhl und sah ihm zu. „Soll ich dir helfen?“, fragte sie.
Er sah auf, wischte sich Rotz von der Nase und sagte: „Nein, ich mach das schon. Bleib du ruhig da sitzen.“ Sein Gesicht war gerötet, Atemwolken entstiegen Mund und Nase. „Ist eh gleich geschafft.“
Claudia hielt eine Bierflasche in der Hand. Sie trug Handschuhe, konnte das kalte Glas kaum spüren. Ein Tropfen lief den Flaschenhals entlang. Claudia überlegte, einen Schluck zu nehmen, tat es dann doch nicht. Sie musste an ihr Kleines denken, hatte noch nicht entschieden, ob sie es wegmachen wolle.
„Das wär's“, sagte Dave. Er legte den Pickel beiseite und packte die Angelrute. „Und jetzt halt ich das einfach da rein und warte ab?“
„Ja, einfach reinhalten.“
Er zuckte mit den Schultern. „Na dann, versuchen wir's.“

Gemeinsam saßen sie vor dem Loch und beobachteten das dunkelblaue Wasser. Dave trank Bier. „Willst du denn keins?“, fragte er.
„Hab 'ne Magenverstimmung“, sagte Claudia. Die Sonne stand über Hooper Bay, keine Geräusche drangen aus der Stadt. Die Ebene sah aus, als hätte jemand ein weißes Tuch ausgebreitet. Nur Dreckhaufen unterbrachen das Einheitsweiß, waren wie Felsen inmitten eines hellen Meers. Nahe der Stadt waren die Haufen besonders groß. Der Schnee funkelte und blendete im Sonnenlicht. „Wie kommst du eigentlich dazu, zur See zu fahren?“, fragte Claudia.
„Das fand ich schon als Kind toll, weißt du? Piraten und Matrosen, all das.“ Er nahm einen kräftigen Schluck, unterdrückte ein Rülpsen. „War schon immer scharf drauf, auf einem Schiff anzuheuern. Das Kreischen der Möwen und das Bimmeln der Schiffsglocken. Ja, das ist schon was. Fand ich schon am Lake Michigan toll.“
„Du kommst aus Chicago?“
„Jep, geboren und aufgewachsen.“
„Und was führt dich hier hoch?“
„Arbeit. Hab daheim in einem Lager gearbeitet, nahe des Hafens. War auch ganz nett, aber dann kam die Wirtschaftskrise und all der Scheiß. Schwups, war ich arbeitslos.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „War keine gute Zeit. Mein Bruder hat mir dann einen Job auf einem Kutter besorgt. Beim Krabbenfischen kann man gutes Geld verdienen, meinte er. Und recht hat er. Ist ein toller Kerl, mein Bruder.“ Er zog an der Angelschnur und blickte argwöhnisch in das Loch. „Meinst du, da beißt noch was an?“
„Klar, das dauert eine Weile.“
Er nickte, lächelte sie an und fragte: „Was ist mit dir? Was verschlägt dich in den hohen Norden? Hast du 'ne Familie?“
Claudia betrachtete das schwappende Wasser, sagte dann: „Meine Eltern sind schon tot. Ich hab noch einen Bruder, aber der ist in Deutschland. Er sitzt im Gefängnis.“
„Oh, das tut mir leid.“ Dave kratzte sich am Kinn und nahm schnell einen Schluck Bier, sah Claudia dabei nicht an.
„Ist schon gut, konntest es ja nicht wissen.“ Sie rückte ihre rosafarbene Wollmütze zurecht und sagte: „Hat jemanden umgebracht.“
„Hm.“ Dave nickte, sah neugierig aus, schwieg aber. Er traut sich wohl nicht, weiter nachzufragen.
„Sein Opfer war ein Schwein“, sagte sie. „Michael, so hieß er. Er war Metzger.“ Mit einem Messer hatte ihr Bruder ihm die Kehle aufgeschlitzt, ihn ausbluten lassen wie Vieh. Vor drei Jahren, kurz nachdem Claudia die grüne Postkarte erhalten hatte. Lebenslänglich bekam ihr Bruder für den Mord, hatte Claudia vor Gericht nicht mal erwähnt. Sie hatte ein einziges Mal mit ihm telefoniert. Er sagte, er hätte es für sie getan, damit sie das alles endlich hinter sich lassen könne. Sie solle glücklich werden, nicht mehr an das Schwein denken müssen. Nur das zähle.

So saßen sie auf dem See und schwiegen, kein Fisch biss an, Dave leerte sein zweites Bier. Dann erhob er sich ruckartig und deutete gen Horizont. „Hey Claudia, sieh doch.“ Eine Tierherde wanderte über die Ebene. Große Viecher mit Geweihen und dichtem Fell. „Das sind Karibus, nicht wahr?“, fragte Dave. Seine Augen leuchteten, als sähe er etwas Großartiges zum allerersten Mal.
„Ja, sie kommen manchmal hier vorbei und suchen Futter“, sagte Claudia.
Dave nickte. „Schön.“ Er stellte sein Bier weg und winkte einem Bullen zu. „Wirklich schön.“
Ein Inuit winkte zurück. Er trug Tierfelle und umklammerte einen gekrümmten Wanderstock. Claudia kniff die Augen zusammen. Kurz dachte sie, er wäre der Vater ihres Kindes; aber sie konnte das Gesicht nicht erkennen. Er trieb die Karibus vorwärts, rief etwas in einer fremdartigen Sprache. Atem dampfte aus den Nüstern der Tiere, als sie zu laufen begannen. Sie verschwanden in der Ferne, wirkten bald so klein wie Käfer.
„Wie eine große Familie, nicht wahr?“, sagte Dave.
„Ja, das mag sein.“ Sie griff seine Hand, sah ihm tief in die Augen und lächelte. Wie eine Familie, das klang schön, nach Geborgenheit und Zukunft. Vielleicht war es an der Zeit, stehenzubleiben, nicht mehr von den Erinnerungen wegzulaufen. Vielleicht war Daves Erscheinen ein Zeichen des Schicksals, das bedeutete, sie solle sich endlich eine Mutter und Ehefrau werden. Das konnte doch sein. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.

Claudia erhob sich und streichelte über Daves Wange. Er lächelte und sah auf ihren Mund. Ihre Gesichter näherten sich, Claudia konnte seinen warmen Atem spüren. Ihre Lippen berührten sich und ihre Zunge spielte mit seiner. Sie schmeckte seinen Speichel und fühlte, wie seine Zunge hin und her zuckte, glitschig und feucht. Während sie sich küssten, blickte Claudia auf Daves geschlossene Augenlider und fühlte nichts. Kein Kribbeln, keine Erregung; da war nur die Wärme aufeinandergepresster Münder. Eine Träne kullerte aus ihrem Augenwinkel. Claudia beendete den Kuss.
„Stimmt was nicht?“, fragte Dave.
„Nein, es ist alles in Ordnung. Es ist nur … ich werde dich schrecklich vermissen.“ Sie presste ihr Gesicht an seine Brust und schluchzte. „Wann wirst du zurückkehren?“
Er streichelte ihren Hinterkopf und sagte: „In drei Monaten.“
„So lange?“
„Ich find's ja auch schwer. Dich die ganze Zeit nicht sehen zu können … das will ich mir nicht vorstellen.“ Er küsste ihre Stirn und sagte: „Eigentlich bin ich ja nicht so gefühlsduselig, aber verdammt … ich liebe dich.“
Sie lösten ihre Umarmung und sahen sich an. Claudia spielte mit dem Kragen seiner Jacke und sagte: „Warum schießt du nicht ein Foto von mir? Dann könntest du mich ständig sehen. Würde dich das glücklich machen?“
„Natürlich, sehr sogar. Das fänd ich toll.“ Er kramte ein Handy aus seiner Hosentasche.
Claudia berührte seine Hand und sagte: „Nein, nicht hier draußen.“ Sie streichelte über seinen Handrücken. „Bei mir im Schlafzimmer.“ Dann schmiegte sie sich wieder an ihn und hauchte ihm ins Ohr: „Wir machen ein paar ganz besondere Schnappschüsse.“

***​

Zwei Wochen nachdem Dave abgereist war, saß Claudia in ihrer Küche und blickte aus dem Fenster. Graue Wolken hingen über dem See, es würde bald regnen. Als Dave Fotos von ihrem Körper machte und wieder mit ihr schlief, schwor sie sich, auf ihn zu warten, das Kind zu behalten und fortan seine treue Geliebte zu sein. Eine eigene kleine Familie. Sie könnte ja erzählen, das Kind sei von ihm, etwas sei mit der Pille schiefgelaufen; vorausgesetzt, das Neugeborene sähe einem Eskimo nicht allzu ähnlich. Ja, kein Sex mit fremden Männer, das müsste doch machbar sein. Aber diese Gedanken verschwanden schnell. Bald wurde Claudia müde und antriebslos. Ohne Sex fühlte sie sich leer, ihr Dasein erschien ihr so sinnlos.

Sie hatte versucht, zu masturbieren und dabei ihre Gedanken zu verscheuchen. Unbeholfen hatte sie ihre Finger in die Scheide geschoben, aber sie hatte kaum etwas verspürt. Sie schmierte Spucke zwischen ihre Beine, in der Hoffnung, das würde etwas ändern. Aber nichts fühlte sich intensiver an. Da wurde nichts warm und feucht, nichts kribbelte. Da war nur ein nasskaltes Loch. Ihre Finger lächelten nicht und sagten nicht, Claudia sei wunderschön und mache sie glücklich.

Claudia wandte ihren Blick vom Fenster ab und betrachtete ihre Handfläche. Die Abtreibungspille fühlte sich rau an. Sie drehte sie hin und her, hielt sie ins Licht und roch daran. Sie hatte noch eine Woche, um sie zu schlucken, also warum nicht jetzt? Sie griff eine Wasserflasche und atmete durch.
Wenn sie das Kind bekäme, wer würde sich dann noch mit ihr abgeben? Welcher Mann würde eine Frau mit dickem Bauch wollen? Oder es mit Claudia treiben, wenn jederzeit der Schrei eines Babys durch das Haus gellen könnte? Ganz zu schweigen von den Veränderungen ihres Körpers. Schwangerschaftsstreifen und hängende Brüste, dafür war sie nicht bereit, das hielte sie nicht aus. Vielleicht, wenn sie Ende dreißig wär und nicht mehr ganz so schön; dann könnte sie immer noch ein Kind gebären.

Auf Dave warten wollte sie nicht. Drei Monate waren einfach zu lang. Und wer versicherte ihr, dass er ein guter Stiefvater wäre? Was geschähe, wenn sie eine Tochter bekäme, eine schöne, gut gebaute? Wenn sie in die Pubertät käme, ihre Brüste knospen und ihr Geruch sich verändern würde, sie nach Weiblichkeit und Fruchtbarkeit roch; würde sich Dave dann im Zaum halten können?

Claudia legte die Pille auf ihre Zunge und fragte sich, wem sie etwas vormachte. Sie würde nie eine gute Mutter sein, nie ein Kind großziehen können. Nicht heute, nicht mit Ende dreißig und auch sonst nie. Sie wäre vermutlich wie ihre eigene Mutter, würde wegsehen, wenn ihren Kindern Leid geschähe, würde nicht wahrhaben wollen, in welche Richtung ihr Leben verliefe. So wie sie jetzt lebte, hier oben, inmitten der Kälte mit fremden Männern schlafend, so war es gut, denn es verletzte keinen. Nur sie selbst und das war okay. Sie trank etwas Wasser und schluckte die Kapsel.

 

Hey Peeperkorn,

endlich komme ich dazu, dir zu antworten. Du hast mich an einem ungünstigen Zeitpunkt erwischt. Die halbjährliche Klausurphase steht wieder vor der Tür, und wenn ich dann mal Zeit habe, neben dem Nebenjob und dem Pflegen von Freundschaften, dann kümmere ich mich um die Fertigstellung meines Romans. Aber ich kann dich ja nicht ewig auf eine Antwort warten lassen. ;)

Viele Passagen, die du angesprochen hast, habe ich geändert, einiges gekürzt. So ist der ganze letzte Absatz (sorry, Friedel) der Schere zum Opfer gefallen. Und auch das Grundsätzliche, auf das du mich aufmerksam gemacht hast, nehme ich mir sehr zu Herzen.

So erhält die ganze Geschichte ein wenig die Form eines Berichts, einer Darstellung einer bestimmten Situation und der Plot, die Entwicklung geraten in den Hintergrund. Während ich also den Text im Detail grossartig fand, hat er mich als Ganzes nicht völlig überzeugen können.

Das Wort Bericht in einer Kritik zu lesen, das tut natürlich weh. Ganz klar, ich habe zu viel gewollt. Zu viele Details, zu viele Nuancen, sodass die Charakterentwicklung nicht so zur Geltung gekommen ist. Du hast recht, Claudia bleibt starr, ihr Charakter verändert sich nicht. Am Anfang und am Ende ist sie die gleiche, mit dem gleichen Gedanken und den gleichen Problemen, und ich erkläre nur, warum Claudia so ist. Das stimmt schon. Das liegt zum einen daran, dass der Text schon so lang ist und eine Entwicklung mehr Platz bräuchte (da hatte ich wohl einfach Schiss, dass das sonst keiner liest), zum anderen wollte ich dem Original gerecht werden, habe eine lange Rückblende eingebaut, die den Fokus der Narrative "unschärfer" macht. Ich mach das Copywrite ja auch zum ersten Mal und wollte der Vorlage hier gerecht werden. Wohl zu sehr. Dass das kein geschmeidiges Gesamtbild ergibt, da habe ich ehrlich gesagt nicht dran gedacht. :D Mea culpa. Vielleicht mach ich da noch was, spontan fällt mir aber nichts ein.

Die von dir vorgeschlagenen Kürzungen haben aber schon einiges bewirkt, die Linse schärfer gestellt. Und deine anderen Anmerkungen habe ich mir zu Herzen genommen. Das mit dem Trucker und das mit dem Mond (damit übertreibe ich es tatsächlich gerne mal); das sind wirklich tolle Anregungen, nicht nur für diese Geschichte sondern auch für das Schreiben generell. Vor allem diese erklärenden Passagen, die muss ich unbedingt ändern. Einen Bericht will schließlich niemand lesen. ;) Vielen Dank für die Hinweise, ich werde sie beherzigen, bei Nasskalt und auch zukünftig.

Du hast mir sehr weitergeholfen, lieber Peeperkorn. Sei bedankt für deine Zeit und Mühe.

Liebe Grüße
gibberish

 

Hallo gibberish,

ich will dir schon seit langem einen Kommentar zu deiner Geschichte schreiben, jetzt komm ich endlich zu. Habe die Kommentare nur überflogen, aber du scheinst noch eine Menge Feinarbeit investiert haben. Ich kenne nur die aktuelle Version. Und ich muss sagen: Mir ist sie unter die Haut gefahren. Trotz der Länge längt sie in meinen Augen an keiner Stelle. Du entrollst das Geschehen gekonnt von Absatz zu Absatz, sodass man weiterlesen will, um hinter die ganze Geschichte zu blicken. Die Andeutungen sind hervorragend gesetzt. Schon die Einstiegszene ist der Hammer.
Auch wenn ich kein Experte in diesem Bereich bin, wirkt das alles psychologisch sehr stimmig auf mich. Ich kauf das so.

Einzig hier war ich verwirrt:

Er schlenderte Richtung Tür, um das Licht anzuknipsen.
Claudis sagte: „Lass es aus, der Mond ist hell genug.“
Dave blieb stehen, nickte dann. „Ja, du hast recht.“

Finde das sehr untypisch, dass man geneigt ist, das Licht anzumachen, anstatt es zu dämpfen. Zumal anscheinend auch noch der Mond so prächtig scheint. Mich hat das wirklich rausgeworfen, weil ich dachte, das wäre irgendwie wichtig für den weiteren Verlauf
Naja, und ich will jetzt nichts sagen zu Condom vs Pille, soll ja Leute geben ...

Ein sehr starker Text

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo weltenläufer,

schön, dass du vorbeischaust und mir sogar einen Kommentar schreibst.

Mir ist sie unter die Haut gefahren. Trotz der Länge längt sie in meinen Augen an keiner Stelle. Du entrollst das Geschehen gekonnt von Absatz zu Absatz, sodass man weiterlesen will, um hinter die ganze Geschichte zu blicken. Die Andeutungen sind hervorragend gesetzt. Schon die Einstiegszene ist der Hammer.

Das freut mich wirklich sehr. Ich habe gerade mal nachgeguckt, da ich die Urfassung noch auf meiner Festplatte habe, und die Version hier bei den Wortkriegern ist tatsächlich ~600 Wörter leichter. Und das merkt man auch. Viel stringenter. Wirklich toll, wie die Wortkrieger es immer wieder schaffen, jeden Text zu verbessern. Dass du keine Längen feststellen konntest und dir die Story gut gefallen, da fällt mir natürlich ein Stein vom Herzen. Das hört man immer gerne. :)

Auch wenn ich kein Experte in diesem Bereich bin, wirkt das alles psychologisch sehr stimmig auf mich. Ich kauf das so.

Das bin ich auch nicht, lieber weltenläufer. Aber das ist ja das Gute am Schreiben. Alles ist möglich, man muss es nur glaubhaft rüberbringen.
Um es mit den Worten von Elmore Leonard zu sagen: "It doesn't have to make sense, it just has to sound like it does."
Wenn mir das gelungen ist, ja, was will ich mehr. ;)

Die angesprochene Stelle ist bereinigt. Erst dachte ich, so ungewöhnlich ist das doch gar nicht; aber je länger ich darüber nachdachte, desto merkwürdiger kam es mir dann doch vor. Danke dir.

Vielen lieben Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Liebe Grüße
gibberish

 

Lieber Gibberish,

jetzt freu ich mich noch mehr, dass du mein Ewigkeitsprojekt kommentiert hast. Dadurch bin ich auf das hier gestoßen und was soll ich sagen - das liest sich wirklich gut. Die Bilder, die Stimmung, das Tempo - sehr gut gemacht!

Aufgefallen ist mir nur, dass ein paar Mal die Zeiten nicht so ganz stimmen. Hier ein paar Beispiele:

"Er lebte noch nicht lange in Hooper Bay und würde auch nicht bleiben. Er arbeite als Hochseefischer und die Krabbensaison beginne in den nächsten Tagen" - statt beginne vielleicht begann?

"Er hatte nachgebohrt, wenn sie etwas erzählte, und sie gebeten, sich zu wiederholen, so als hätte er sie nicht verstanden." Zuerst muss sie erzählen, dann kann er nachbohren. Also "erzählt hatte".

"Sie stellte die Heizung ihres Chryslers auf die höchste Stufe, obwohl sie wusste, dass sie ihr Zuhause erreichte, bevor es warm im Auto würde." Erreichen würde? erreicht haben würde? Erreicht fühlt sich da nicht richtig an.

"Wenn Claudia fragte, welche der Enten Track sei, hatte er ihr immer eine andere Antwort gegeben. Er klang dabei sehr sicher und schenkte ihr ein Lächeln." das passiert alles gleichzeitig - also "gab" statt "hatte gegeben". Davon abgesehen - was für ein geniales Bild! Ich kann mir da ihren Bruder richtig gut vorstellen.

Und dann noch zwei Stellen, an denen ich ein bisschen gestolpert bin:

"Die Ränder der Pappe waren scharf, konnten einem in die Finger schneiden." Mit der Pappe kämpft du *grins* riechen darf sie nicht, haben andere gemeint. Und ich finde, man kann sich daran nicht schneiden. Dafür ist Pappe einfach zu dick.

"Da wurde nichts warm und feucht, nichts kribbelte. Da war nur ein nasskaltes Loch. Ihre Finger lächelten nicht und sagten nicht, Claudia sei wunderschön und mache sie glücklich."

Sie vermisst, es dabei feucht zu werden. Wurde sie das beim Metzger? Am Anfang steht ja "Sie wurde nie feucht, niemals geil." Irgendwie noch nicht ganz schlüssig. Nachdem es hier ja wirklich drum geht ist mir das aufgefallen als "nicht ganz rund".

Alles in allem ... selten hat es mir so gefallen etwas so deprimierendes zu lesen! :-)

 

Hallo velvet,

schön, dass du vorbeischaust und mir sogar einen Kommentar dalässt. Freut mich sehr. ;)

Ich habe dank deiner Anmerkungen ein paar Korrekturen vorgenommen. Ich hoffe, einiges ist jetzt klarer.

Zu zwei Passagen möchte ich noch was sagen:

"Er lebte noch nicht lange in Hooper Bay und würde auch nicht bleiben. Er arbeite als Hochseefischer und die Krabbensaison beginne in den nächsten Tagen" - statt beginne vielleicht begann?

Naja, ist ja indirekte Rede, also würde ich den Konjunktiv I schon gerne behalten. ;)

"Da wurde nichts warm und feucht, nichts kribbelte. Da war nur ein nasskaltes Loch. Ihre Finger lächelten nicht und sagten nicht, Claudia sei wunderschön und mache sie glücklich."

Hier geht es ja darum, dass Claudia zum ersten Mal masturbiert, vorher hat sie ja nur mit Männern geschlafen. Sie hofft, etwas würde sich jetzt ändern, nach der Begegnung mit Dave und der aufkeimenden Hoffnung, endlich normal werden zu können. Aber nichts ändert sich. Das Feuchte ist nur die Spucke, sie wird immer noch nicht von selbst feucht, wurde es noch nie. Vielleicht ist das nicht optimal rübergekommen.

Die restlichen Anmerkungen habe ich umgesetzt, vielen Dank dafür.

Und natürlich freut es mich sehr, dass dir mein Text gefallen hat. Ist natürlich harter Tobak und gewiss nicht jedermanns Sache. Dass du es gerne gelesen hast, obwohl es deprimierend ist, ja, was will ich mehr. Heute Abend schau ich mal in das erste Kapitel deines Romans rein. Ich bin gespannt.

Liebe Grüße
gibberish

 

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