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Die Kehrseite von vielem

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22.10.2011
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Die Kehrseite von vielem

Der Brief in ihrer Jackentasche schien mit jeder Minute schwerer zu werden. Als sie ihn aus dem Briefkasten geholt hatte, war er noch leicht, ein normales Stück Papier, einfach eine Einladung. Auf dem Weg zur Kanzlei fühlte sie ihn deutlich. Schwer, heiß, unangenehm ziehend wie ein Bauchschmerz.
Im Büro überreichte die Sekretärin ihr die Terminliste und die Unterschriftenmappe. Wanja warf beides auf den Schreibtisch, von wo die Ordner zusammen mit einem Stapel Akten auf den Boden rutschten. Sie ließ den Papierberg liegen. Fälle, dachte sie. Ich habe keine Lust mehr, mich um Fälle anderer Leute zu kümmern. Wieder griff sie nach der Einladung. Ein Klassenfest nach zwanzig Jahren. Und dieses Mal im März.
Wolken ballten sich über der Stadt, flaumige, schneeweiße Gebilde. Schäfchenwolken, dachte sie und fuhr auf der Scheibe die Umrisse nach. Ihr Finger hinterließ einen schweißigen Abdruck. Sch machte sie, als wollte sie ein Kind beruhigen, und noch einmal sch, bis der Laut sich zu einem scharf zischenden Ton zugespitzt hatte.

Wenn sie an Tim dachte, sah sie nie sein Gesicht. Immer nur den Rücken. Die olivbraune, samtene Haut, die trägen Bewegungen, wenn er sich aus dem Bett erhob, um weiterzumalen, den Finger, der schnell noch über seine Schulter fuhr, bevor Tim zu weit weg war; und jedes Mal wunderte sie sich, dass es ihr Finger war.
Als sie Tim das letzte Mal sah, an jenem merkwürdigen Märztag, lief neben ihm Manou. Ihre wunderschöne, goldfarbene Freundin Manou. Ihr Rücken passte so seltsam gut zu seinem, dass es weh tat.
Sie hätten sich verliebt, hatten sie gebeichtet. Zwei treuherzige Hündchen, die nicht anders konnten, als zuzubeißen. Vom Balkon aus hatte sie ihnen hinterhergeschaut. Einträchtig wiegten sie sich davon, erst langsam, dann immer schneller und leichter. Ihre Rücken waren kleiner geworden, zwei Dreiecke im selben eleganten Rhythmus, makellos, ebenmäßig. Aber ebenmäßig waren auch Kamelärsche, wenn sie zum Horizont schaukelten. Am liebsten hätte sie ihnen hinterhergerufen, sie sollten sich verpissen. Doch sie schwieg, denn das taten sie ja schon. Und sie war ahnungslos gewesen, ein gutgläubiges, dickwolliges, sommersprossiges ...

Schaf, zischte sie, dummes, kleines Schaf, Frühlingsschaf. Viel zu viele Schs hatte der verdammte Frühling mit seinen Schneeglöckchen. Sie drehte die Klimaanlage ein paar Grad kühler und stellte das Gesteck mit den zarten, weißen Blüten, das ihr eine Kollegin geschenkt hatte, direkt in den Luftzug.

Für Trauer war keine Zeit geblieben, damals, als Tim und Manou sie verließen. Das Leben geht weiter, sagten die Eltern, die Kollegen, alle, die ihr und Tim ein Jahr zuvor zur Hochzeit gratuliert hatten. Du bist erst zwanzig. Geh in eine andere Stadt, vergiss den Verrat.
Also setzte Wanja ihr Leben fort oder webte ein neues, wer wusste das schon, ohne ihren Mann und die beste Freundin. Und tatsächlich, es schien haltbar, das Leben, wenn auch aus einem weniger leuchtenden Stoff.
Sie formte Körper und Karriere, bis nichts mehr an das dickliche Mädchen von einst erinnerte, heiratete, kaufte sich einen Golden Retriever, erfüllte dem Mann den Kinderwunsch. Nach einer Weile trennten sich ihre Wege. Den Hund behielt sie.

Noch einmal blickte Wanja auf die buntbedruckte Einladung in ihrer Hand. Es knisterte, so heftig faltete sie das Papier zusammen.

Das Treffen war in einem Seitengebäude der Schule, in die sie vor Jahren gegangen waren. Tim, Manou und sie. Der Hof war leer, ein Mülleimer lag umgekippt auf dem Boden, daneben kullerte eine Coladose. Letzte Sonnenstrahlen ließen den Sandstein der Fassade glühen.
Wanja blickte auf ihre Armbanduhr. Als die Tür hinter ihr zufiel, blieb sie einen Moment stehen, atmete tief ein und trat nach vorne, wo die Tische in einem lockeren Rund standen. Gesichter wandten sich ihr zu. Sie wartete, bis das Gemurmel verstummt war, zog langsam ihre Jacke aus, legte sie über den Arm, strich wie zufällig über den flauschigen Stoff und schob ein Bein nach vorn, um die Strümpfe und die teuren Pumps zu betonen. Dann lachte sie, weil sie sich vorkam wie ihr eigener Werbeclip und weil sie für einen Moment nicht mehr wusste, was sie hier wollte.
Tim war da, allein, er saß an einem der Randtische im Halbschatten, als gehörte er nicht richtig dazu.
Eine Freundin von damals, die Frau, die sie angeschrieben hatte, rauschte mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Wie schön, dass sie gekommen sei, nach so vielen Jahren, und so erfolgreich und elegant. Das Murmeln im Saal schwoll an und wieder ab, als die Hände der anderen Frau sie zu einem Platz inmitten der Tische geleiteten. Blicke strichen über sie hinweg, um gleich darauf zurückzukehren. Wellenmurmeln dachte sie, Wellenblicke. Alles kehrte wieder. Irgendwann. Aber es tat weh, was da wiederkehrte. Ihr Herz pochte in einem unregelmäßigen Rhythmus, als säße hinter ihrem eigentlichen noch ein anderes, ein kleineres Herz. Sie bestellte ein Glas Sekt, scherzte mit dem Kellner, als kenne sie ihn seit Jahren. Plauderte mit diesem und jener, erkannte alle, auch wenn das Aussehen ihrer ehemaligen Klassenkameraden nicht mehr zu den Namen und Plänen von einst zu passen schien, so sehr hatten Behäbigkeit und Alter verfremdend nüchterne Schichten auf die Gesichter gelegt. Sie fragte sich, ob es den anderen mit ihr genauso erging.
Immer, wenn sie nach links schaute, spürte sie Tims Blick. Später, als sie am Buffet stand, drehte sie sich zu ihm um. In den Händen einen Teller, direkt vor dem Bauch. Wie eine Opferschale, und dabei waren es doch nur Karotten und Bratenfleisch.
Studenten-Bourguignon. Das erste Essen, das sie und Tim in ihrer kleinen Dachwohnung gekocht hatten. Die Karotten waren ihr angebrannt und als sie traurig war, weil sie es doch schön haben wollte für Tim, hatte er Zucker darauf gestreut und gesagt, alles, was anbrennt, wird karamellisiert. Ganz einfach. In jener Nacht liebten sie sich, bis er auf einmal einen Hustenanfall bekam, mitten beim Vögeln, und so darüber lachen musste, dass sie mitlachte und beide sich schließlich auf dem Bett kugelten. Damals hatte sie geglaubt, dass es immer so sein würde. Bitteres süß machen, lieben und husten und lachen.
Tim stand auf und kam auf sie zu.
„Neben mir ist noch Platz.“
„Und Manou?“
„Später.“
Er schob ihr den Sitz zurecht, nahm den Teller, gab ihr ein Glas Sekt. Seine Hand berührte ihre ein wenig zu lang.
Als sie saß, erhob sie das Glas. „Auf mein Leben“, sagte sie. „Und vielleicht auf deines. Hustest du mit Manou auch?“
Er stutzte, nippte dann doch. „Wie ist es dir ergangen?“
„Gut. Sehr gut“, antwortete sie.
„Du siehst auch gut aus.“
„Ja“, sagte sie und musterte ihn. Sein Gesicht war hager, zwischen den Augenbrauen klaffte eine senkrechte Falte.
„Wir haben uns lange nicht gesehen.“ Er rieb mit dem Zeigefinger über die Nasenwurzel, als hätte er ihren Blick bemerkt.
„Stimmt.“
„Du führst eine große Kanzlei, habe ich gehört.“
„Ja.“
„Und privat?“ Er betonte das Wort, verlieh ihm eine intensive Bedeutung, ein Gefangener zum Beispiel würde Freiheit so aussprechen.
„Auch ja.“ Sie karikierte seinen Tonfall, registrierte, wie in seinen Augen etwas Trübes aufglomm. „Und du?“, fragte sie.
„Lehrer. Hier am Gymnasium.“
Sie blickte auf, tat erstaunt. „Hier? Wo du Schüler warst?“
Er rückte an seinem Stuhl. „Ich hab mich beworben. Konrektor.“
„Das freut mich für dich.“
„Warum klingt das, als würd ich alten Weibern die Fußnägel schneiden?“
Sie lachte. „Nein, es freut mich wirklich. Immerhin Ferien. Und nicht so viele“, sie wischte mit der Hand durch die Luft, „Herausforderungen.“ Sie lachte noch einmal und winkte dem Kellner. „Und was macht Manou? Hausfrau?“
Tim antwortete nicht. Als der Kellner herbeigeeilt war, dankte sie ihm und sagte: „Mir gefällt, wie Sie Ihren Job angehen.“
Der Kellner nickte, lächelte und brachte in Windeseile ein neues Glas. Als er wieder gegangen war, sagte sie: „Der wird nicht lang hier festhängen.“
„Woher willst du so was wissen?“
„Man sieht es. Genauso, wie man es sieht, wenn jemand stagniert. Wann kommt übrigens Manou?“
Tim schloss für einen Moment die Augen. „Weiß nicht, irgendwann.“ Er schluckte. „Du hast dich verändert“, fuhr er fort. „Früher … “
„Früher … was? Wäre ich schüchterner gewesen?“
„Ja.“
„Oder hätte einen anderen Geschmack gehabt?“ Sie streifte spielerisch mit dem Schuh an seinem Bein entlang. Er verzog irritiert den Mund und rückte mit dem Stuhl ab. Als sie kicherte, rückte er wieder näher.
„Das auch“, sagte er.
„Man lernt dazu.“ Sie hob ihr Glas.
„Trinkst du nicht ein bisschen zu schnell?“
„Vielleicht. Aber“, sie tippte ihm auf die Brust, „ich wäre nichts geworden in meinem Beruf, wenn ich nur vorsichtig wäre. Wenn man wirklich gut sein will, muss man sich was trauen. Und ein bisschen spielen. Früher wusstest du so was.“
„Das sagt sich so leicht.“
„Noch leichter lässt es sich tun. Wie wär's damit?“
„Womit?“
„Mit einem kleinen Spiel.“
„Was gibt’s hier schon zu spielen. Schau dich um.“ Er wies auf die anderen Gäste.
„Dann passen wir die Herausforderung der Umgebung an. Hier reicht es, wenn wir einfach rausgehen. Nicht miteinander, aber doch so, dass man uns beide sieht.“
Er schüttelte den Kopf. „Das soll eine Herausforderung sein?“
„Einfach rausgehen mit der Ex? Vor aller Augen? Wie der Bohemien von damals? So viel Fantasie braucht man jetzt nicht, um zu ahnen, worin die Herausforderung bestehen könnte.“ Er starrte sie so verblüfft an, dass sie laut herauslachte. „Ich mach nur Spaß. Aber ich würde die Spießermäulchen hier wirklich mal gern schnattern hören, wenn wir das tun. Früher hätte dir das gefallen. Aber vielleicht willst du ja Rücksicht nehmen. Auf Manou.“
Tim schwieg.
„Und so schweigsam warst du auch nicht.“ Sie rückte an ihrem Glas. „Ich glaube, du hast es nur ein einziges Mal geschafft, etwas Unerwartetes zu tun.“ Sie hob die Hand, um den Kellner zu rufen.
„Schon gut.“ Tim erhob sich und ging hinaus; sie folgte ihm. Bevor sie die Tür hinter sich schloss, hörte sie anschwellendes Gemurmel.

Der Gang war lang und schmal, rechts hingen riesige, bunte Gemälde, links verlief eine Glasfront mit tiefen Fensterbänken aus Kunststein, auf denen sie als Schüler gerne gesessen hatten. Sie in der Mitte; ein dicker, blonder Tropfen, nichtsahnend, zwischen den dunklen Pfeilen Tim und Manou. So, als ob sich das nie ändern könnte. Ein Bild fiel ihr auf, helle, unwirkliche Pastellfarben, die sich zu einem Gebirgsmassiv mischten, im Vordergrund Steppe. Mitten darin eine einsame Gestalt, die sich den Berghängen näherte. Ein sehnsüchtiges Bild. Sie malen schön, die Schüler von heute, dachte sie. Sie deutete auf das Steppenbild. „So ähnlich hast du früher gemalt.“
„Es ist von mir.“
Sie nickte. „Gibt es eigentlich die Dachterrasse noch? Wo wir früher geraucht haben und die Lehrer haben nicht gerafft, wo der Geruch herkam? Lass uns raufgehen. Oder hast du“, sie zögerte, „Angst?“
Wortlos führte er sie zu der Tür am Ende des Ganges, die den Aufgang zur Dachterrasse versperrte, und schloss auf.
Als sie die Stufen hinaufstieg, spürte sie seinen Blick auf ihren Hüften. Endlich. Sie schwang das Becken noch mehr, spürte die Pobacken gegeneinander reiben, seinen Blick auf ihrem Hinterteil, wie er das Hin und Her unter dem seidigen Stoff verfolgte.
Der Dachgarten lag im Dunkeln. Nur ein paar Sterne waren zu sehen. Wind pfiff, es war kalt.
Sie kicherte und sagte: „Fast wie früher, nur dunkler. Schade, dass wir keine Zigaretten haben.“
Sie lehnte sich weit über das Geländer und breitete die Arme aus, als wollte sie abheben. „Heho, ihr alle“, schrie sie. Schnell zerrte er sie zurück.
„Du bist wirklich sehr vorsichtig geworden, mein Lieber.“ Sie zog die Schultern hoch. „Kalt ist mir, Pullover her.“
Er stutzte. „Das hast du früher immer gesagt, sogar bei dreißig Grad. Du spinnst. Immer noch.“ Er lachte, zog den Pullover aus und legte ihn ihr über die Schultern, seine Hand streifte ihre Brust. Er stand so dicht, dass sie seinen Atem spürte. Spannung hing zwischen ihnen, ein harter, kleiner Ball, der direkt in den Bauch drückte, schmerzhaft und doch gut. Ihre Brustwarzen richteten sich auf, gleich, gleich hatte sie ihn.
Hinterher würde sie zu ihm sagen, dass es ganz nett war.
Er nahm sie an die Hand und zog sie zu der Wand am Ende der Dachterrasse. „Hier ist es wärmer“, sagte er und legte die Hände auf ihre Schultern. „Was ist jetzt wirklich mit der Herausforderung?“ Seine Stimme klang rau.
„Du kennst sie doch schon.“
Fahrig glitt er über ihre Arme, die Brust, der Pullover fiel zu Boden. Mit einem Ruck schob sie Tim von sich weg. „Nicht hier.“ Sie wies auf eine Lampe ein paar Schritte weiter. „Dort drüben. Im Licht. Wenn du dich das traust.“
Als es hell wurde, sah sie sich wie von fern auf einer hochstehenden Bühne, mitten im Scheinwerferlicht, eine schlanke, blonde Frau in den Armen eines Mannes. Ob noch jemand sie sah, so weit oben?
Er packte sie an den Hüften und zog sie eng an sich. Sein Atem streifte ihre Nase, roch er nach Bratenfleisch? Der Kuss schmeckte überraschend, da war nichts Vertrautes, aber auch nichts, das sie nicht gekannt hätte. Mit einer Hand griff er in ihr Haar, verzwirbelte es zu einem Knoten, mit der anderen schob er ihren Rock hoch. Sie wurde feucht, dieses Haareverknoten, wie nebenbei, das hatte er früher immer gemacht. Sie strich ihm über die Brust, spürte die körnige Haut, dann packte sie sein Hinterteil, zerrte ihn abrupt an sich heran und biss ihn in den Hals. Tim schrie auf und presste sich die Hand vor den Mund. Wanja schob sie zur Seite und nahm seinen Kopf in beide Hände. „Ich will in deine Augen sehen. Wenn du kommst. Und du in meine. Die ganze Zeit.“ Als er endlich in sie eindrang, hielt sie ihn mit ihrem Blick fest, fixierte das dunkelschillernde Braun der Iris, den grünen Rand, bis die Farben zu einem Brei verschwammen, dachte, das müsste ein endloser, tosender Moment werden, doch dann schweifte ihr Blick ab, konnte nicht halten, schweifte zur Wand, wo nur eine Spinne saß, eine Spinne mit kurzen, dicken Beinen und während Tim in sie hineinpumpte, wanderte die Spinne über den fleckigen Verputz, bis sie endlich in einer dunklen Ecke verschwand.
Als er fertig war, küsste Tim sie beiläufig auf den Mund, murmelte, er habe immer bedauert, dass der Kontakt so abgebrochen sei, sie antwortete, manchmal seien die Küsse noch das beste, dann drehten sich beide weg.

Die Tür zum Festsaal quietschte. Köpfe wandten sich ihr zu, nickten, nickten heftiger, als hinter ihr Tim auftauchte, dann nickten sie wieder in andere Richtungen, als wäre nichts geschehen. Die beiden Stühle, auf denen sie vorher gesessen hatten, waren immer noch leer. Manou war nicht gekommen.
Wanja setzte sich, zog den Rock glatt und prüfte ihr Make-up im Spiegel. Tim schob sich neben sie, sein Mund sah fettig aus. Blitzschnell fuhr er mit der Zunge über den Rand der Lippen. Einmal, zweimal, eidechsenartig. So schmale Lippen, dachte sie, warum habe ich das nie bemerkt? Sie klappte ihren Spiegel zu. „Da hast du ja Glück gehabt, dass deine Frau nicht gekommen ist.“
„Manou“, er stockte und sprach dann so schnell weiter, dass sie ihn kaum verstand, „wird nicht kommen.“
Die Enttäuschung war heftig. Ein Gewicht, das sich jäh auf sie legte. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie Manou unbedingt hatte sehen wollen. Viel mehr als Tim.
„So ist das.“
„Ja.“
„Dann hoffe ich doch“, sie wies auf die nickenden Köpfe, von denen manche verstohlen herüberblickten, „dass die ihr nichts sagen.“
„Das werden sie nicht.“
„So?“
„Ich hab dir nicht die Wahrheit gesagt, Manou geht nicht aus. Nie. Schon lange nicht mehr. Die anderen hier wissen das.“
Sie griff nach ihrem Sektglas, drehte den Stiel zwischen ihren Fingern hin und her, dann leerte sie das Glas in einem Zug. „Warum hast du mir das nicht gesagt?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht dachte ich, das wäre egal. Vielleicht dachte ich auch, du wärst wegen mir da.“ Ohne sie anzusehen, fuhr er leise fort: „Wir hatten es doch schön zusammen.“
„Hatten wir das?“ Wanja lachte. „Aber das ist alles so lang her. Du täuschst dich, wenn du meinst, ich hätte das da oben wegen dir oder wegen damals gemacht.“ Sie schlug die Beine übereinander, dass ihr Rock nach oben rutschte. „Manchmal habe ich so verdammt Lust.“ Sie strich sich über den Schenkel. „Ich sollte wirklich mehr auf Qualität achten.“
Tim wandte sich ab, sein Atmen klang schwer. „Das sagst du doch jetzt nur, weil du immer noch sauer auf mich bist.“ Er sah sie wieder an. „Können wir das nicht einfach abschließen?“
„Es ist doch abgeschlossen. Ich wollte euch nur noch einmal sehen. Zusammen. Den Konrektor und die Hausfrau im Glück.“
Er schaute nach unten. „Es tut mir leid, dass ich dich damals so verletzt habe.“
Als sie ging und noch einmal zurücksah, saß er noch immer da, den Kopf gesenkt, die Schultern verkrampft, als gehörten sie nicht zu ihm.

Es war leicht, die Adresse von Tim und Manou herauszubekommen. Ein ruhiges Viertel mit engen Sträßchen, alten Häusern und einer Reihe rosa blühender Bäume. Es war früh am Morgen, nur ein paar Leute führten ihre Hunde aus. Der Taxifahrer setzte Wanja vor einem mehrstöckigen Mietshaus ab. Im Flur roch es nach frischer Farbe. Die Briefkästen waren mit Werbeverboten beklebt. Keine kostenlosen Zeitungen, keine unerwünschte Werbung, kein, kein, kein; pro Briefkasten mindestens dreimal. Einen Aufkleber gegen unerwünschte Besuche gab es nicht.

Tim öffnete, er sah aus, als hätte er sie erwartet.
Sie stellte ihren Fuß auf die Schwelle. „Nur ein kurzer Abschied. Unter sehr alten Freunden. Nichts Schlimmes.“ Ihr Lächeln kam ihr selbst falsch vor.
„Du musst mit mir vorlieb nehmen. Manou geht es nicht gut.“
„Ich komme aber zu euch beiden.“
„Ich möchte sie nicht beunruhigen.“
„Das fällt dir ja früh ein. Aber keine Sorge, ich will sie einfach nur sehen.“
„Es geht ihr wirklich nicht gut.“
„Was ist denn überhaupt los, warum verlässt sie nie das Haus? Ist sie krank? Keiner sagt irgendwas, egal, wen ich frage.“
„Sie ist nicht krank, aber ...“
„Ich will sie doch nur mal sehen. Weiß sie überhaupt, dass ich da bin?“
„Nein, ja, schon … “, er druckste herum, „sie will einfach keine Menschen sehen. Warum musst du überhaupt kommen? War dir das gestern Nacht nicht genug?“
„Keine Angst, ich erzähle ihr nicht, was ihr verlogener, kleiner Konrektor so treibt. Sie war meine beste Freundin. Du hast sie nur durch mich kennen gelernt. Und dann habt ihr euch mir weggenommen. Was weißt du schon, wie das damals war?“
„Mein Gott, das ist Jahre her.“
„Ich will sie sehen, so wie ich dich sehen wollte. Vorher gehe ich hier nicht weg.“
„Es ist besser. Wirklich.“
„Ist es dir egal, dass sie nicht mehr das Haus verlässt?"
„Wanja, es reicht."
"Was hast du davon, wenn du sie vor mir versteckst?"
"Das grenzt jetzt an Hausfriedensbruch."
"Mach dich nicht lächerlich, du vergisst, dass ich Anwältin bin." Als sie ihn zur Seite schob, gab er auf.
„Bitte, tu ihr nicht weh“, sagte er und ging vor ihr her durch einen Flur mit braungetüpfeltem Teppichboden, dessen Ränder über die Fußleisten nach oben ragten. Auslegeware, dachte sie, dafür haben sie mich eingetauscht, Auslegeware, die noch nicht mal richtig passt.
In dem Zimmer am Ende des Ganges herrschte erdrückende Hitze. Es war fast leer, ein paar Bilder, ein Regal voller Bücher. Direkt vor dem Fenster stand mit dem Rücken zu ihr ein hoher, breiter Sessel.
Es war merkwürdig, man hörte nichts, kein Atmen, kein Rascheln, kein Scharren. Die Gestalt in dem Stuhl blieb einfach sitzen und rührte sich nicht. Wanja sah zu Tim. Der nickte und wies ihr den Weg in den Raum. Wanja schloss die Augen und ging auf den Sessel zu, sie fühlte sich wackelig, als könnte sie jeden Moment irgendwo anstoßen. Sie hatte immer geglaubt, sie könnte Tim nicht verzeihen, dabei zählte Manou viel mehr. Eine Erinnerung kam ihr in den Sinn. Manou, wie sie vor ihr stand in einer viel zu weiten Latzhose, die Haare hochgebunden zu einer chaotischen Rolle, aus der Locken herauszipfelten. Mit einem frechen Grinsen spuckte sie Schimpfwörter für den Mathelehrer aus, für den Fall, dass er ihr wieder eine Fünf gab. Arschkrapfen, Dampfkacker, Schleimhorni, Krawattenbomber, Formelpupser. Und das Beste war, drei davon hatte sie tatsächlich an den Mathemann gebracht. Manou, so wild und so schön. So hatte sie immer sein wollen. Genau so. Knallorangefarbene Lippen wie Manou? Her damit, auch wenn Wanja aussah wie ein kotzender Clown. Einen Röschentanga? Über den dicken Arsch gezurrt, warum nicht. Manou war immer mit ihr gewesen und trotzdem schneller - ein Pfeil eben und kein Tropfen.
Als Wanja die Augen öffnete, stand sie vor dem gepolsterten Sessel. Die Gestalt darin war Manou und sie war es nicht. Sie war unförmig fett. So sehr, dass es weh tat, sie anzusehen. Da saß keine Frau, da lagerte ein menschlicher Wal, konturlos, ein gigantisches Anwesen aus Fett und Polstern und noch mehr Fett. Das Gesicht formlos, die Augen in Hautpolster gebacken, zwei tote Sicheln, wie von Milchhaut überzogen. Statt des Kinns flappten Wülste auf den Brustkorb. Unter dem Bauch flossen Fettlappen auf die gespreizten Oberschenkel.
„Manou“, ihre Stimme brach weg, nur ein Quieken wie von einem Ferkel kam aus ihrem Mund. Bittersaure Flüssigkeit quoll vom Magen hoch, brannte in der Brust. Sie hustete und schluckte, doch der Schmerz blieb.
Weshalb war sie hier? Hatte sie Manou weh tun wollen? War es so? Vielleicht hatte sie ja auch nur zeigen wollen, dass der Tropfen den Pfeil endlich eingeholt hatte. Und jetzt war da nichts, nur dieses erbarmungswürdige Geschöpf.
Manou bewegte sich nicht. Sie sah hinaus, als gäbe es nur das Fenster und die Welt vor dem Fenster. Selbst als Wanja sich direkt vor sie stellte, um ihr die Sicht zu versperren, war kein Erkennen in ihrem Blick, kein Aufmerken, nur tiefe Ruhe. Sie sah einfach durch Wanja hindurch mit ihren milchigen Augensicheln, als wäre da keine aufgestylte, nervöse, blonde Frau mit modisch frisierten Haaren, sondern etwas hinter all dem, etwas ganz anderes. Etwas Wichtiges. Ein Konzentrat, das mehr Gewicht besaß als Freundschaft oder gar Feindschaft.
Erst als Wanja sie ansprach, „Manou, ich bin hier, nach all den Jahren, bin ich hier, siehst du mich denn nicht?“, da wandte sie den Kopf. Es war nur eine einzige Bewegung, fließend trotz der Schwere. Wanja tauchte ein in diese Augen, suchte nach Trauer, nach Schmerz, nach Neid; doch da war nur Ruhe. Manou wusste, weshalb Wanja gekommen war, sie wusste es besser, als Wanja selbst. Dann zog der Blick weiter, zog über Wanja hinweg wie über eine vertraute, aber zu oft gesehene Landschaft, dann schaute sie wieder hinaus.
Wanja drehte sich um, da waren nur einer der rosa Bäume mit seinen spillerigen Zweiglein und vielleicht ein paar Blütenblättchen, die mit dem Wind davonstoben, vielleicht waren es aber auch nur Papierschnipsel, hochgewirbelter Unrat aus der Stadt, den keiner wollte.

 

Hola Novak,

als altes Küchenmonster wundere ich mich, dass Du diesen Trick kennst:

Die Karotten waren ihr angebrannt und als sie traurig war, weil sie es doch schön haben wollte für Tim, hatte er Zucker darauf gestreut und gesagt, alles, was anbrennt, wird karamellisiert.

Wenn es im Restaurant passiert, muss der Kellner diese Finesse dem Gast mit den richtigen Worten erklären, damit jener diesen Mehraufwand für sein Wohlbefinden auch wertschätzen kann. Gerade als Begleitung zum Boeuf Bourguignon.

Viele Grüße
José

PS: Ich hoffe sehr, Du hattest eine grandiose Fahrradtour unter dem Blütenhimmel der Pfalz!

 
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Was ich haben will, das krieg ich nicht,
und was ich kriegen kann, das gefällt mir nicht

Fehlfarben, Paul ist tot

Erinnerst du dich an diesen Fehlfarben-Refrain aus den 1980ern, Novak?
Der fiel mir beim Lesen nämlich ziemlich bald ein, weil er für mein Gefühl sehr schön das Dilemma von sowohl Wanja als auch Tim ausdrückt, na ja, überhaupt das Dilemma der Partnerwahl dieser eigenartigen Spezies Mensch.
Ja, das ist schon ein eindringliches Psychodrama, was du da ablieferst.
Wirklich interessant fand ich, wie schwer du es mir machst, den Figuren eindeutige Sympathien entgegenzubringen. Klar, zu Beginn war ich als Leser natürlich ganz auf Seite von Wanja, und stellte mir weiß Gott was vor, wie sie diesen erbärmlichen Wurm im Laufe des Klassentreffens zur Schnecke machen wird. Ich mein, dieser Tim scheint ja wirklich das ideale Opfer dafür zu sein, der frühere Künstler und Bohemien, der es letztendlich nur zum Zeichenlehrer gebracht hat, ja, da kam richtige Schadenfreude bei mir auf. Und Wanja hat ja wahrlich genug Grund, diesen Versager so richtig an die Wand fahren zu lassen.

„Ich weiß nicht. Vielleicht dachte ich, das wäre egal. Vielleicht dachte ich auch, du wärst wegen mir da.“ Ohne sie anzusehen, fuhr er leise fort: „Wir hatten es doch schön zusammen.“
„Hatten wir das?“ Wanja lachte. „Aber das ist alles so lang her. Du täuschst dich, wenn du meinst, ich hätte das da oben wegen dir oder wegen damals gemacht.“ Sie schlug die Beine übereinander, dass ihr Rock nach oben rutschte. „Manchmal habe ich so verdammt Lust.“ Sie strich sich über den Schenkel. „Ich sollte wirklich mehr auf Qualität achten.
Autsch!

Aber dann die Schlussszene, also ich weiß nicht, die ist ja beinahe gruselig, dieses phlegmatische Manou-Monster ... heilige Scheiße, du kannst nicht leugnen, Novak, dass du im Horrorgenre zuhause bist. :D Ja, da endlich beginnt mir dieser Tim so richtig leid zu tun. Der hat die Sünde seines Treuebruchs wohl mehr als abgebüßt. Und Manou sowieso.

Was bleibt?
Drei im Grunde unglückliche Menschen. Also irgendwie blieb am Schluss von meiner ursprünglichen Schadenfreude nicht viel übrig. Eher Beklemmung über diesen zwischenmenschlichen Aberwitz.

Später, sagte Wanja, als die Sekretärin ihr die Unterschriftenmappe reichte.
[…] Sch machte sie, als wollte sie ein Kind beruhigen, und noch einmal sch, bis der Laut sich zu einem scharf zischenden Ton zugespitzt hatte.
Wenn schon keine Anführungszeichen, würde ich es zumindest kursiv setzen.

dieses Haare Verknoten,
Und das kannst du ruhig zusammenschreiben, vergleichbar damit.

„Es tut mir Leid,
Es tut mir leid.

Darüber hinaus ist das wirklich toll geschrieben, Novak, wortgewandt und sprachkreativ, wie man es von dir gewohnt ist. Solltest ruhig öfter was schreiben, du kannst das nämlich richtig gut. :D

offshore

 

Hallo Novak!

Ich steige mal hier ein:

Wanja blieb keine Zeit zum Trauern, als Tim und Manou sie verließen.

Hier liegt der Hund begraben! Wanja hat nach dem Verlust ihres Freundes keine Trauerarbeit geleistet. Trauerarbeit ist ein langer, schmerzlicher Prozess, weil man seine Gefühle von einem geliebten Menschen lösen muss, aber dieses schmerzliche Losreißen ist Voraussetzung dafür, dass man innerlich frei wird und seine Gefühle auf einen neuen Menschen richten kann. Wanja aber hängt immer noch an Tim, ist immer noch auf ihn fixiert, und zwar in Hassliebe, denn Rachsucht, geboren aus der Kränkung, ist dazugekommen.

Dann kommt diese schreckliche Stelle:

... heiratete, kaufte sich einen Golden Retriever, erfüllte dem Mann den Kinderwunsch. Nach einer Weile trennten sich ihre Wege. Den Hund behielt sie.

Beim ersten Lesen kam mir deine Wanja als gefühlloses Monster vor: Hund und Kind nennt sie in einem Atemzug, und vom Hund die Rasse, aber vom Kind weder Namen noch Geschlecht! Als sei es ihr nicht wichtig, nicht erwähnenswert, keine Herzenssache! Eine Rabenmutter, der ihr Kind nicht gut genug ist, die es in ihrem Lebensrückblick mit einem lakonischen Satz abhandelt! - kam es mir in den Sinn!

Doch beim zweiten Lesen wurde mir klar: Wanja hat ihre Gefühle nicht von Tim gelöst, so dass sie den neuen Mann samt gemeinsames Kind nicht richtig lieben konnte. Das ist nicht monströs, sondern menschlich, allzumenschlich - Wanja verdient Mitleid, nicht Abscheu!

Interessant ist auch dies:

Später, als sie am Buffet stand, drehte sie sich zu ihm um. In den Händen einen Teller, direkt vor dem Bauch. Wie eine Opferschale ...

"Opfer" ist ja ein religiöser Begriff! Um da einen Sinn dranzukriegen, habe ich nach einem anderen Schlüsselwort gesucht, das zu "Opfer" passt, und dies gefunden:

Schaf, zischte sie, dummes, kleines Schaf, Frühlingsschaf.

Ein kleines Schaf ist ja ein junges Schaf, also ein Lamm. Und das Lamm als Opfertier spielt eine große Rolle in der Religion: als Opferlamm.

Vielleicht kann man das so verstehen: Wanja hat Tim ein Opfer dargebracht. Zum Beispiel das Essen, das sie für ihn gekocht hat und das symbolisch für etwas anderes steht. Vielleicht für ihre Unschuld, die sie ihm geopfert hat, oder ihre jugendliche Unbekümmertkeit, die er zerstört hat. Und der Undankbare hat sie sitzenlassen. Auch dass sie ihrem neuen Mann seinen "Kinderwunsch erfüllt" hat, klingt, als empfinde sie das Kind, dem sie das Leben schenkte, als Opfer.

Sie selbst macht sich also nicht nur den Vorwurf, ein naives, ein dummes Schaf gewesen zu sein, als sie sich mit Tim einließ, sondern auch ein Opferlamm: sie hat etwas von sich geopfert und wurde sitzengelassen.

Liebe Novak, eigentlich bin ich ja wegen einer politischen Meinungsverschiedenheit sauer auf dich, aber dein Text ist wieder so gut, dass ich mir meinen Kommentar nicht verkneifen konnte :).

Grüße
gerthans

 
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Lieber josefelipe,

als altes Küchenmonster wundere ich mich, dass Du diesen Trick kennst:
Naja, ich kenn ihn ja gar nicht, sondern der Tim. Der hat sich das einfach ausgedacht, wahrscheinlich, weil Novak karamellisierte (verdammt ist das ein furchtbares Wort, ich glaub, ich schreib es immer wieder falsch. Das L an der Stelle gehört verboten) Karotten kennt. Aber dass man das sogar im Restaurant so macht, das gefällt mir sehr. Dankeschön fürs Vorbeischauen, Lesen, für das arme fehlende u und vor allem für die lieben Grüße. Ja, die Mandelbäume waren toll Ich glaub, ich könnte alle Zeit der Welt damit verbringen, Blüten zu bestaunen.
Viele Grüße an dich, du Wenigschläferlein.



Lieber offshore,

Den Fehlfarbensong kenn ich nicht. Aber das hör ich mir mal an. Ich find das schön, auf welche Eindrücke Leser oft kommen und dann Stimmungen oder Liedtexte zitieren. Ich kann nachvollziehen, dass dir das einfällt, wobei das lustigerweise gar nicht mein treibendes Motiv zu der Geschichte war.
Ich muss mal gestehen, ich schreib das nachher noch genauer in der Antwort zu Marias Post, ich bin unheimlich froh, dass ich die Geschichte endlich los bin. Richtig erleichtert. Ich hätte sonst immer weiter dran
gewurstelt und sie nie fertig gekriegt. Aber irgendwann muss mal Schluss sein, sonst schreibt man nichts anderes mehr. Und deshalb hab ich mein Herz in beide Hände genommen und bin gesprungen, denn ich weiß/wusste genau, dass ich für diese Geschichte auch furchtbar Haue kriege. Und ich kann das ja auch verstehen. Ich habe mit der Geschichte ja selbst so einige Probleme. Irgendwie hab ich immer wieder so einen Drang, so komisches schwer-tragisches Psychozeugs zu schreiben.
Vielleicht sollte ich mal auf Geschichten über glückliche Margariten umsteigen, die sich in Rosen verlieben, denn eigentlich bin ich ja sowas von romantisch.

Ja, das ist schon ein eindringliches Psychodrama, was du da ablieferst.
Wirklich interessant fand ich, wie schwer du es mir machst, den Figuren eindeutige Sympathien entgegenzubringen. Klar, zu Beginn war ich als Leser natürlich ganz auf Seite von Wanja, und stellte mir weiß Gott was vor, wie sie diesen erbärmlichen Wurm im Laufe des Klassentreffens zur Schnecke machen wird. Ich mein, dieser Tim scheint ja wirklich das ideale Opfer dafür zu sein, der frühere Künstler und Bohemien, der es letztendlich nur zum Zeichenlehrer gebracht hat, ja, da kam richtige Schadenfreude bei mir auf. Und Wanja hat ja wahrlich genug Grund, diesen Versager so richtig an die Wand fahren zu lassen.
Wanja, diese Frau hier in meiner Geschichte, ehrlich gesagt finde ich die ziemlich gruslig. Ich möcht der nicht begegnen. Verwundert war ich deshalb, dass du die anfänglich mochtest. Ich muss sagen, ein bisschen hat mich das auch erleichtert, denn es war schon auch Absicht, sie nicht nur so aalglatt und bös zu zeigen, sondern eben auch verletzlich. Ja und deswegen bin ich einerseits erfreut über diese Rückmeldung aber auch ein bisschen irritiert, dass du sie am Anfang eben mochtest. Eigentlich sollte sie gerade in dem ersten Teil, in dem allerersten, echt hart rüberkommen. Zu Tode getroffen, aber eben auch verflucht hart und bitter.
Ist wahrscheinlich der Fluch der Vielschichtigkeit.

Aber dann die Schlussszene, also ich weiß nicht, die ist ja beinahe gruselig, dieses phlegmatische Manou-Monster ... heilige Scheiße, du kannst nicht leugnen, Novak, dass du im Horrorgenre zuhause bist. Ja, da endlich beginnt mir dieser Tim so richtig leid zu tun. Der hat die Sünde seines Treuebruchs wohl mehr als abgebüßt. Und Manou sowieso.
Ja der Schluss. Der ist ein Problem. Auch da in der Antwort zu Maria auf jeden Fall mehr.

Drei im Grunde unglückliche Menschen. Also irgendwie blieb am Schluss von meiner ursprünglichen Schadenfreude nicht viel übrig. Eher Beklemmung über diesen zwischenmenschlichen Aberwitz.
Ja, die Beklemmung, auf die kam es mir an. Und menschlicher Aberwitz stimmt auch. auch darauf kam es mir an.


Wenn schon keine Anführungszeichen, würde ich es zumindest kursiv setzen.

dieses Haare Verknoten,
Und das kannst du ruhig zusammenschreiben, vergleichbar damit.

„Es tut mir Leid,
Es tut mir leid.

Mach ich alles.

Darüber hinaus ist das wirklich toll geschrieben, Novak, wortgewandt und sprachkreativ, wie man es von dir gewohnt ist. Solltest ruhig öfter was schreiben, du kannst das nämlich richtig gut.
Na ich hoffe mal, das sagst du nicht nur, weil du so ein lieber offshore bist. Das Lob klingt furchtbar schön. Aber ich weiß, bei mir gibts noch eine Menge zu tun. Gar nicht mal so sehr der Stil, obwohl ich auch da furchtbar lange an ein und derselben Stelle sitze, sondern die Geschichtenelemente richtig zu gewichten, die Geschichte wirklich rund zu machen und nicht immer so sperrig zu konstruieren. Und das ist die Geschichte hier. Sperrig konstruiert. Das weiß ich selbst. Und war zu Teilen auch genau so gewollt. Wobei man ja die Wirkung auf andere dann nicht unbedingt abschätzen kann. Deshalb bin ich ja auch jetzt froh, sie endlich los zu sein und zu hören, was andere davon halten. Und ich hab ja auch schon tolle Kommentare gekriegt, die mir was von diesen Eindrücken erzählen. Von dir zum Beispiel.

Einen ganz ganz besonders lieben Gruß an dich. Ich war sehr sehr froh, dass du da warst, gelesen und deine Meinung dagelassen hast.
Und jetzt geh ich wieder Blüten gucken.

Liebe Maria und lieber gerthans, euch antworte ich später aber vielen vielen dank schon mal, eure Komms waren klasse.

 

Hallo Novak,

ist das nun ein typisches Frauenthema? Die eine "dicklich" und daher weniger liebenswert, die Freundin/Rivalin "wild und schön" und damit - dem Mainstream folgend - natürlich Siegerin. Du wolltest deine Prota im ersten Teil absichtlich als oberflächliche Zicke darstellen. Das ist dir bei mir gelungen. Einschließlich der Revanche beim Klassentreffen. Dass sie viel tiefer verletzt ist, auf einer anderen Ebene, das sollte meiner Meinung nach deutlicher herausgearbeitet werden. Vielleicht in der Begegnung mit dem "Monster" Manou. Manou scheint ja diejenige zu sein, die die tragische Verstrickung deutlicher für sich akzeptiert hat, aber Wanja steht wohl erst am Anfang, endlich zu erkennen, warum Ehemann und Freundin sich gegen sie verbündet hatten.

Solche Themen gefallen mir sehr gut, und ich brauche ja nicht extra zu betonen, dass sie bei dir gut aufgehoben sind. Die sprachliche Seite zu beleuchten, traue ich mich noch nicht so recht. Vielleicht kommt das ja noch - in ein paar Jahren:lol:

Herzliche Grüße

wieselmaus

 

Hallo Novak,

ähnlich wie Maria finde ich den Anfang zu allgemein fomuliert, bis auf den Satz "Und tatsächlich, es schien haltbar, das Leben, wenn auch aus einem weniger leuchtenden Stoff." Den finde ich wirklich schön (auch wenn du noch viel mehr richtig gute Sätze in dem Text hast.)

Die Sexszene finde ich auch nicht allzu spannend, wie jemand ebenfalls schon erwähnte, immer dieses "als er in sie eindrang" oder so ähnlich. Bis auf das mit dem "in sie hineinpumpen", was ich noch nie als Synonym für "poppen" gehört habe :D

Ich bin durchaus empfänglich für diese Art von Texten, wo man jemanden nach langer Zeit wieder sieht, man die Veränderungen der Personen nach all den Jahren thematisiert. Und auch für die Ungerechtigkeit des Heiratens und dann vom Mann und der besten Freundin verlassen zu werden, so was wünscht man keinem. Wanja hat sich sehr stark verändert, sie ist jetzt dünner und frecher. Der Dialog zwischen ihr und Tim gefällt mir deshalb sehr gut. Allgemein ist Wanja für mich das Highlight des Textes, weil sie einen irgendwie an der Hand nimmt und mit schleift als Leser.
Puh, das Ende beschäftigt mich. Schon sehr Stephen-King-mäßig wie du Manou am Ende beschreibst, schon cool und atmosphärisch, wenn auch glaube ich nicht zu dieser KG passend. Also überlege ich, was wäre ein alternatives Ende, da Manou ja auch nur apathisch dasitzt. Aber dann denke ich, es ist ja deine Geschichte und irgendwie hat das Ende auch was. Auf jeden Fall muss Wanja sie unangemeldet besuchen, das ist ein super Handlungselement.

So, jetzt hábe ich allerlei unzusammenhängende Kram fabriziert. Ich hoffe du konntest dennoch ein klein wenig für ich rausziehen oder "hineinpumpen". Auf jeden Fall habe ich den Text gerne gelesen, was zeigt, dass es es sich um eine qualitativ sehr ansprechende KG handelt.

Viele Grüße

Chico

 

Ergänzung: Ist die KG ansprechend, weil man sonst halt nicht zu Ende gelesen hätte oder ungern, nicht weil ich so ein geiler Macker bin :p

Lg

 
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Liebe Novak,

krass, erst habe ich voll mit Wanja mitgefiebert, denn ich konnte sie gut verstehen. Ich habe sowas nämlich auch schon durch, während meiner Schulzeit. Schwups, abgesehen von diesem schlimmen Gefühl, betrogen und verraten worden zu sein, hat man auch noch Freund und beste Freundin verloren. Zwei Menschen, die einem so nah standen. Zu meinem Glück war dieser Typ damals nicht mein Ein und Alles, sondern eher der erste Versuch, eine Beziehung zu führen. Verletzt war ich dennoch. Aber viel mehr von meiner besten Freundin. Da war ich auch sehr lange frustriert, empört und wütend. Weil das für mich in Freundschaften einfach gar nicht geht. Also echt GAR nicht. Daher war ich auch dann noch bei Wanja, als sie auf das Klassentreffen geht und auf Tim trifft. Diese Genießen, als sie Tims Blicke bemerkt. Der Racheplan. Ist zwar dämlich, weil es einem nichts bringt, kenne ich aber auch. Man wird da ganz komisch, bildet sich ein, man muss es den Menschen heimzahlen, zeigen, wie schön man doch jetzt ist und ach wie glücklich. Bla bla bla, alles nur Quatsch. Denn im Endeffekt muss man selbst damit abschließen. Und man darf auch nicht vergessen, dass Wanja ja nun keine 16 mehr ist. Sondern es sind JAHRE vergangen. Ja, und da kam ich ins Grübeln. Da fing ich an, sie erbärmlich zu finden. Ein bisschen unheimlich sogar. Also, das klingt jetzt hart. Vielleicht schwankte ich eher hin und her. Zwischen "Ihr habt es doch nicht anders verdient!" und "Meine Güte, Wanja, hab mal ein bisschen Stolz und komm drüber hinweg!" Und am Schluss, da war ich verwirrt. Diese ja fast schon monströse Manou hat mich völlig überrascht. Ich weiß auch noch gar nicht, wie ich das Ende finden soll. Da muss ich nochmal drüber schlafen.

Sprachlich fand ich es super, bis auf den Anfang. Da hab ich mich schwer getan. Nicht, weil er schlecht geschrieben wäre, nein! Sondern, weil mir das viel zu viel Info gepackt in wenige Zeilen war. Viel besser fände ich, wenn es hier losgehen würde:

Später, sagte Wanja, als die Sekretärin ihr die Unterschriftenmappe reichte.
Das ist ein toller Anfang. Vielleicht kann ja in diesen ersten Absatz, als sie über das Klassentreffen nachdenkt, die Vorgeschichte kurz angerissen werden. Ich finde, da braucht es gar nicht viele Worte, um zu begreifen, was Wanja passiert ist. Und später erinnert sie sich ja sowieso noch einmal genau an diese Szene.

Die, wie ich finde, wahnsinnig gut geschrieben ist.

Als sie Tim das letzte Mal sah, an jenem merkwürdigen Märztag, der alles auseinandergerissen hatte, lief neben ihm Manou. Ihre wunderschöne, goldfarbene Manou. Ihr Rücken passte so seltsam gut zu seinem, dass es weh tat.
Also hier hat mich richtig das Herz gepiekst! Allein schon bei der wunderschönen, goldfarbenen Manou. Wieviel Liebe in diesen Worten liegt! Und dann ihr Rücken, der so seltsam gut zu seinem passt, dass es weh tut. Ja, das hat auch mir weh getan. Richtig gut gemacht!

Den Dialog zwischen Wanja und Tim gefällt mir anfangs gut, musste da auch mal schmunzeln, als sie über seinen Job reden. Allerdings mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Da schaffst du es nämlich, zu zeigen, wie sein Künstlertraum geplatzt ist, ohne es explizit auszusprechen. Das finde ich auch sehr gut gemacht. Später stört mich diese Szene ein bisschen:

Der Kellner nickte, lächelte und brachte in Windeseile ein neues Glas. Als er es auf den Tisch stellte, griff sie nach seinem Arm. „Sie lieben das, was Sie tun“, sagte sie. Immer noch hielt sie seinen Arm fest. „Aber Sie verlangen auch was vom Leben.“ Die Augen des Mannes weiteten sich, er blickte auf ihre Hand, in ihre Augen, ungläubig, seine Mundwinkel zuckten. Als er wieder gegangen war, sagte sie: „Der wird nicht lang hier festhängen.“
Das ist mir irgendwie zu konstruiert. Als ob diese Szene darauf hinausläuft, dass Tim feststellt, dass sie ja jetzt nicht mehr so zurückhaltend ist wie früher. Hätte Wanja einfach charmant mit dem Kellner geflirtet, hätte ich die Szene als galanter empfunden. Oder willst du Wanja hier als so plump darstellen? Dann wäre das natürlich eine Facette, die ich zwar nicht mag, aber die wohl ihre Berechtigung hat.

Oben auf dem Dach habe ich dann (klingt hart, aber war so) völlig den Respekt vor Wanja verloren. Also leichter hätte sie es Tim ja nicht machen können. Nee, das war mir zu schnell, zu schörkellos und irgendwie zu verzweifelt. Aber auch hier: geil, wie du diese Szene geschrieben hast. Wanja denkt, sie hat die Oberhand, sie übt Rache, sie ist so heiß, dass ER, der sie damals betrogen hat, nicht die Finger von ihr lassen kann. Aber im Grunde ist es doch Tim, der hier die Oberhand hat. So habe ich es zumindest empfunden. Schon komisch, wo ich doch am Anfang so auf Wanjas Seite war ...

Bis hierhin hat mich deine Geschichte fasziniert, sprachlich mag ich deine Art zu schreiben sowieso total. Du benutzt immer Worte und Formulierungen, die noch nicht so verbraucht sind, das macht beim Lesen total Spaß. Aber das Ende hat mich echt verwirrt. Ich kann dir noch nicht einmal sagen, was ich erwartet habe. Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob ich diese Wendung gut finde. Völlig ratlos. Nur eins weiß ich, der Schlussatz, diese Aussage, dass Manou Mitgefühl für Wanja empfindet, das saß wieder richtig tief.

Liebe Grüße
RinaWu

 
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Liebe Novak,

ich habe es gleich zwei Minuten nach dem Einstellen gelesen. Wollte auch ganz bestimmt gleich einen Kommentar schreiben, war dann aber so ratlos, dass ich dachte, erst mal sacken lassen. Auf der einen Seite, hat mich die Geschichte total angesprochen, auf der anderen wollte sie mich aber auch nicht vom Hocker hauen, obwohl sie eigentlich alles hat, um es tun zu können. Ich kann auch nicht den Finger drauf legen und sagen, daran liegt's, so wie manche eben ganz klar ein Problem mit dem Ende haben. Ich auch, aber ein anderes :). Immerhin das konnte ich aufdröseln. Und ja, ich finde die Idee hinter der Geschichte total gut!

Zum Anfang wurde schon viel gesagt. Ich finde auch die Dichte an Informationen zu viel. Ich musste ihn drei mal lesen, bevor ich kapiert hab, was Du mir mit den wirklich schönen Sätzen sagen wolltest. Weil Du es aber auch rückwärts aufrollst, dass kommt für den Leser erschwerend dazu. Geh es langsamer an, drei Sätze mehr und es passt. Eigentlich mag ich den Einstieg nämlich.

Sie formte Körper und Karriere, bis nichts mehr an das dickliche Mädchen von einst erinnerte, heiratete, kaufte sich einen Golden Retriever, erfüllte dem Mann den Kinderwunsch. Nach einer Weile trennten sich ihre Wege. Den Hund behielt sie.

Das fand ich einen Knaller. Wirklich, wirklich gut. Schon weil sie nur den Hund behält und nicht das Kind. Das sagt viel über die Frau aus und auch die Liebe oder eben Nichtliebe zu dem "Ersatzmann".

Als sie Tim das letzte Mal sah, an jenem merkwürdigen Märztag, der alles auseinandergerissen hatte, lief neben ihm Manou. Ihre wunderschöne, goldfarbene Manou. Ihr Rücken passte so seltsam gut zu seinem, dass es weh tat.

Jaaaaaaa!

Ihre Rücken waren kleiner geworden, zwei Dreiecke im selben eleganten Rhythmus, makellos, ebenmäßig. Aber ebenmäßig waren auch Kamelärsche, wenn sie zum Horizont schaukelten. Am liebsten hätte sie ihnen hinterhergerufen, sie sollten sich verpissen. Doch sie schwieg, denn das taten sie ja schon. Und sie war ahnungslos gewesen, ein gutgläubiges, dickwolliges, sommersprossiges ...

Nimm es mir nicht übel, aber die Kamelärsche passen hier so gar nicht rein. Ich versteh das Bild, aber der Satz ist so ein Fremdkörper für mich.

Das Posieren beim Eintreten fand ich schon, na ja, aber ab hier hatte sie all meine Sympathie verloren:

„Wird interessant sein, euch zusammen zu sehen.“

Mir ist schon klar, dass Du damit die Treibjagd eröffnest, musst Du ja auch. Aber mal ehrlich, die Aussage hinter dem Satz, die ist doch doof. Was soll daran bitte interessant sein? Was glaubt sie denn, was sie zu sehen bekommt. Wenn sie von Manou im Jetztzustand wüsste, ja, dann wäre es interessant. Aber sie zusammen zu sehen? Ich mein, was ist an einem Ehepaar, welches zusammensitzt, denn interessant?

Als sie saß, erhob sie das Glas. „Auf mein Leben“, sagte sie. „Und vielleicht auf deines. Hustest du mit Manou auch?“

Alter, was für eine Zicke. Mann,Mann, Mann. Und das nach all den Jahren. Okay, sie ist nie drüber weggekommen, aber ... Also Frauen gibt es. Und weil es sie tatsächlich gibt, regen sie mich maßlos auf ;).

Wenn Du mich fragst, fände ich die Dialogeröffnung schöner, weil eigentlich auch natürlicher.

„Wie ist es dir ergangen?“
„Gut. Sehr gut“, antwortete sie.
„Du siehst auch gut aus.“

Dialog ist dann gut, wie ich finde. Und ganz ehrlich, eröffne die Treibjagd hiermit:

Sie lachte. „Nein, es freut mich wirklich. Immerhin Ferien. Und nicht so viele“, sie wischte mit der Hand durch die Luft,„Herausforderungen.“ Sie lachte noch einmal und winkte dem Kellner. „Und was macht Manou? Hausfrau?

Als der Kellner herbeigeeilt war, sagte sie zu ihm: „Mir gefällt, wie Sie Ihren Job angehen.“

Das finde ich auch so drüber. Diese ganze Kellnersache (auch im Folgenden) will mir gar nicht gefallen und sie gibt mir auch wenig. Klar, sie will ihre Attraktivität zur Schau stellen, aber das ist plumb. Und so plumb habe ich sie bisher nicht wahrgenommen. Und ehrlich, sie ist auch so schon Zicke. Ziel eigentlich bereits erfüllt.

Ich stelle gerade fest, dass die Geschichte immer mal richtig gut läuft und dann wieder einknickt und wieder läuft. Zu lange dran rumgeschraubt, möchte ich fast meinen, und dann die Darlings nicht alle erwischt.
Sie kann ihn ja mit "Bravheit" aufziehen, dafür brauchts den Kellner eigentlich nicht, um da den Übergang hinzubekommen. Beamter - Doppelhaushälfte? - Zusatzrentenversicherung? - Pauschalreisen ... was weiß ich.

Ein großer, blonder Hund, dem man eine Leckerei hinhielt.

Aua. Der Kellner selbst ist auch furchtbar, nicht nur der Zweck.

Als sie die Stufen hinaufstieg, spürte sie seinen Blick auf ihren Hüften. Endlich.

Das "endlich" ist so, so toll!

Ihre Brustwarzen richteten sich auf, gleich, gleich hatte sie ihn.
Hinterher würde sie zu ihm sagen, dass es ganz nett war.

Tschaka! Meine Güte, sie hat da ein echtes Trauma. Muss man schon mal so sagen. Und ja, ich finde gut, dass er dann so über sie herfällt. Ich brauch den Dachterreassensex ganz unbedingt in der Geschichte. Und ich finde sie auch wirklich ansprechend geschrieben. Und das hier ...

bis die Farben zu einem Brei verschwammen, dachte, das müsste ein endloser, tosender Moment werden, doch dann schweifte ihr Blick ab, konnte nicht halten, schweifte zur Wand, wo nur eine Spinne saß, eine Spinne mit kurzen, dicken Beinen und während Tim in sie hineinpumpte, wanderte die Spinne über den fleckigen Verputz, hin und her in einem geschäftigen Spinnenzickzack, bis sie endlich in einer dunklen Ecke verschwand.

... finde ich richtig groß. Das Kartenhaus fällt zusammen. der große Moment, auf den sie sich Jahre über vorbereitet hat, den sie Millionenfach durchfantasiert hat, der ist so dröge und nichtssagend und all die erwarteten Gefühle bleiben aus. Da ist 'ne Spinne. Allerdings reitest Du etwas lang drauf rum. Das ist wieder so ein Ding. Ganz große Szene und dann, wenn mit ganz wenig, ganz viel gesagt werden kann, sagst du ganz viel und dann verpufft die Wirkung.
Sie ist wieder der verlierer. Wie früher. und echt, mich hat es sooo gefreut. Okay, sie denkt ja noch an Eifersuchtsdramen a la Manou - sie reist wieder ab und lässt die beiden da im Spinnennetz zurück. So war doch sicher der Plan. Schön aber doch, wenn ihr der Plan nun weit weniger Freude bereitet, als geglaubt.

Die Enttäuschung war heftig. Ein Gewicht, das sich jäh auf sie legte. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie Manou unbedingt hatte sehen wollen. Viel mehr als Tim.

Ja, immer in die Fresse. Ach, wie ich es ihr gönne. Oh, ich mag sie wirklich nicht leiden. Gut gemacht.

Sie griff nach ihrem Sektglas, drehte den Stiel zwischen ihren Fingern hin und her. „Warum hast du mir das nicht gesagt?“

Ich finde, sie sollte es auf Ex kippen.

„Hatten wir das?“ Wanja lachte. „Aber das ist alles so lang her. Du täuschst dich, wenn du meinst, ich hätte das da oben wegen dir oder wegen damals gemacht.“ Sie schlug die Beine übereinander, dass ihr Rock nach oben rutschte. „Manchmal habe ich so verdammt Lust.“ Sie strich sich über den Schenkel. „Ich sollte wirklich mehr auf Qualität achten.“

Sehr, sehr geil!

Sie war unförmig fett. So sehr, dass es weh tat, sie anzusehen. Da saß keine Frau, da lagerte ein menschlicher Wal, konturlos, ein gigantisches Anwesen aus Fett und Polstern und noch mehr Fett. Das Gesicht formlos, die Augen in Hautpolster gebacken, zwei tote Sicheln, wie von Milchhaut überzogen. Statt des Kinns flappten Wülste auf den Brustkorb. Unter dem Bauch flossen Fettlappen auf die gespreizten Oberschenkel.

Schön. Gar nicht brav, gar nicht gesellschaftlich korrekt. Das haut bitter rein.

Vielleicht hatte sie ja auch nur zeigen wollen, dass der Tropfen den Pfeil endlich eingeholt hatte. Und jetzt war da nichts, was sich lohnte, einzuholen, nur dieses erbarmungswürdige Geschöpf. Sie fragte sich, warum sie keine Schadenfreude empfand.

Erklärdingens. Brauchts nicht.

Manou bewegte sich nicht. Sie sah hinaus, als gäbe es nur das Fenster und die Welt vor dem Fenster. Selbst als Wanja sich direkt vor sie stellte, um ihr die Sicht zu versperren, war kein Erkennen in ihrem Blick, kein Aufmerken, nur tiefe Ruhe. Sie sah einfach durch Wanja hindurch mit ihren milchigen Augensicheln, als wäre da keine aufgestylte, nervöse, blonde Frau mit modisch frisierten Haaren, sondern etwas hinter all dem, etwas ganz anderes. Etwas Wichtiges. Ein Konzentrat, das mehr Gewicht besaß als Freundschaft oder gar Feindschaft.

Wieder so nachgetreten. Das ist wirklich hübsch. Manou, die wirkliche Verlierin in dem ganzen Spiel wird wieder zur Siegerin, irgendwie. Und durch ihren "Sieg", ihre Ruhe, wird Frau Pompom gleich so richtig klein und erbärmlich und überhaupt. Das finde ich wirklich total interessant und böse und schön und alles auf einmal. Ich mag dieses Ende voll gern.

Wanja drehte sich um und sah selbst hinaus, doch da war wirklich nichts, nur einer der rosa Bäume mit seinen spillerigen Zweiglein und vielleicht ein paar Blütenblättchen, die mit dem Wind davonstoben, vielleicht waren es aber auch nur Papierschnipsel, hochgewirbelter Unrat aus der Stadt, den keiner wollte.
Wanja drehte sich zurück zu Manou. Endlich wandte diese den Kopf und sah Wanja an. Es war nur eine einzige Bewegung, fließend trotz der Schwere. In ihrem Blick lagen Ruhe und Gelassenheit. Manou wusste, weshalb Wanja gekommen war, sie wusste es besser als Wanja selbst. Und sie wusste auch, was geschehen war. Aber das galt ihr nichts. In Manous Blick waren kein Zorn und keine Verletztheit. Nur Mitgefühl.

So, Du gibst das Ende in die Hände des Erzählers und das mag ich an dem Ende nicht. Da kommt der her und erklärt mir alles, wie es richtig zu sein hat und wie ich das alles zu deuten hab. nein, nein, nein. Ich will ein szenisches Ende, ich will das erleben, erfahren, mir selbst erschließen, ich will, dass sie sich so klein und zerbrechlich und überhaupt alles fühlt vor dieser Übermacht Manou, im doppelten Sinne. Ach ist das gut.

Also, ich mag das Spiel mit den Figuren sehr, Wie sie Gewinner, Verlierer, wieder Gewinner und doch Verlierer sind. Und zwar alle drei. Sauber! Auch setting und Szenen find ich gut gewählt. Bisschen mehr Anfang, weniger Kellner, Erzähler am Ende mundtot machen. Ist eigentlich nicht viel. Also, ich würds machen, Du kannst natürlich ... ;).

Lieben Gruß,
die Fliege

 

Hey Novak,

gleich vorweg: Ich mag die Geschichte nicht, weil mir das ganze irgendwie egal ist und ich mich frage, warum erzählt Novak das jetzt. Was sind das für blutleere Figuren, die nix riskieren, die nichts zu verlieren haben bei ihren Handlungen. Das war mein Hauptproblem mit dieser Geschichte; was ist der Konflikt? Sie wurde vor zehn Jahren verlassen, ihr Herz wurde gebrochen, sie ist aber wieder aufgestanden, hat Karriere gemacht, hat nen geilen Körper, ist schön und begehrt und jetzt kann sie sich rächen - fein. Und dann will sie das tun und sie kriegt alles, was sie sich wünscht, fickt mit ihrem Ex, kann ihn demütigen - mit Körper und Karriere - hat seine Frau/ehemalige beste Freundin an Geilheit überholt - was ja mittlerweile nicht so schwer ist. So, und jetzt? Was genau ist das Problem?
Und der Tim hat eine dicke Frau bei sich zuhause und kann die geile Ex flachlegen, fühlt sich vielleicht dabei schlecht, aber naja a man's gotta do what a man's gotta do.

Zwei Szenarien:
Wanja müsste jetzt eigentlich in einer glücklichen Beziehung sein und trotzdem auch Tim kriegen wollen bei diesem Treffen. Das müsste ihr Konflikt sein.
Ein anderes Szenario wäre, wenn sie es schafft, sich bei Tim zu rächen und es tut und sie nach huase gehen und sie sieht Manu, die körperlich ein Wrack ist, aber Tim sich trotzdem liebevoll um sie kümmert und sie checkt, dass zwischen den beiden mehr ist, als nur dieses "Körperliche" - so bisschen in Richtung von Herrn Lollecks Geschichte mit der geilen Nachbarin, die krankheitsbedingt nicht mehr als Masturbationsvorlage dienen kann.
Wenn Wanja jedoch vor diesen beiden gescheiterten, aber glücklichen Menschen steht und ihr der "Sieg" dadurch genommen wird - fände ich das irgendwie reizvoller.

Ja, sorry, dass ich deine Geschichte gerne umgeschrieben gesehen hätte, aber so wie sie da steht, funktioniert sie für mich überhaupt nicht.

JoBlack

 

Jetzt gehts weiter.
Liebe Maria, vielen Dank für deine tolle Kritik. Es war klasse für mich, die zu lesen, weil ich immer genau nachvollziehen konnte, was dich stört. Natürlich wärs mir noch angenehmer gewesen, du hättest sie schön gefunden, aber ist ja auch egal, denn ich wollte diese Geschichte loswerden, diese Frau, die mir irgendwann echt auf den Senkel gegangen ist, ich mein die Wanja. Weil ich sie einigermaßen unangenehm finde. Mein Hintergrund war, dass ich jemanden kenne, die es einfach nicht schafft, zu verzeihen. Die es nicht schafft, etwas ad acta zu legen, die ihr ganzes Leben darauf ausgerichtet hat, an der Untreue, dem Bösen, das ihr widerfahren ist, festzuhalten. Und darüber, was das mit einem Menschen macht, wollte ich schreiben.
Ich hatte selbst Probleme mit der Geschichte. Mit dem Anfang und mit dem Ende.
Und trotzdem wollte ich es genau so ausprobieren. Die Haue war mir in dem Fall egal. Manchmal klappen Geschichten ja nicht und man versteht nicht, warum, hier kann ich es gut nachvollziehen, und es sind so ziemlich die Punkte, die du auch ansprichst.

Für meinen Geschmack geht das alles viel zu schnell. Ich fühle mich da überrumpelt. Als hättest du ein ganzes Leben über mich geschüttet und ich muss mich da irgendwie durchkämpfen, alles einordnen, damit ich das verdauen kann. Ich finde einfach, der Anfang ist zu überladen. Das ist eine riesige Vorgeschichte in wenigen Sätzen gepackt. Ja, es ist eine Kurzgeschichte, aber mit so vielen Details sollte ich als Leser nicht gleich am Anfang überrumpelt werden.
Ich weiß es, dieser Anfang widerspricht jedem Schreibratgeber. Und trotzdem hab ich das so gewollt. Meine Absicht war, die Frau auf diese Weise und zwar sehr abrissartig zu charakterisieren. Natürlich hätte man es als Rückblick machen können. das ist das Herkömmliche. ich weiß nicht, ich wollte es einfach mal so ausprobieren, wie ein Charakter wirkt, wenn man ihn so quasi insgesamt vorstellt und erst dann die eigentliche Handlung beginnt. Meine Hoffnung war, ich mache gerade dadurch neugierig auf die Person. Und zum Teil bestätigst du es ja auch.
Für mich wird ab diesem Zeitpunkt die Geschichte interessant. Okay, da hat der vorherige Teil diese Frage überhaupt interessant gemacht, aber dennoch hätte ich mir einen deutlich einfacheren Anfang gewünscht. Obwohl mir das sehr gut gefallen hat:
Das ist eben der Punkt, ich glaube, gerade diese Hund-Kind-Geschichte macht diese Frau so unangenehm, dass man gespannt ist, wie die weiteragiert. Das spricht wieder so ein bisschen für diesen berichtenden Beginn.

Es ist so. Ich überleg natürlich. Ich hör mir das alles an, was ihr sagt. Ich sondiere und denke und vielleicht ändere ich Teile. Vielleicht mehr, vielleicht nur ein bisschen. Ich kann das jetzt im Moment einfach noch nicht sagen.
Im Moment bin ich immer noch einfach nur erleichtert, dass ich sie losgeworden bin, sie der Diskussion überantworte und in Ruhe überlegen kann, was wie funktioniert und was nicht. Und dann entscheide ich weiter.

Und dieses Hündchending zieht sich über den ganzen Text. Keine Ahnung, was für eine psychologische Bedeutung sie hat. Um das zu definieren bin ich etwas zu blöd :/, aber mir gefällt das. Ich finde das in einem Text immer so schön. Kein Kritikpunkt, sondern bloß Respekt
Maria, ganz ehrlich, ich merk das erst jetzt, wo du es sagst, dass da gleich ein paar Hunde im text vorkommen. Sonst sind das bei mir Blumen. Jemand hat auch schon eine gehörige Anzahl von Vögeln in meinen Texten gezählt. Ich weiß nicht, wie das kommt, das ist unbewusst geschehen.


Eine etwas fülligere Person ist dünner geworden und erfolgreicher. Davon habe ich jetzt viel zu viele Geschichten gelesen, das ist schon leider ein Klischee. Damit ich ihr diesen Erfolg gönne, hätte es mehr sein müssen, mehr Qualen, mehr Leiden und vor allem eine ordentliche Portion Wut. Also nicht unbedingt, aber du hättest mir die Figur irgendwie näher bringen müssen, mehr aufbauen, mehr Sympathie. Erst als sie einen Dialog mit ihrem Ex führt, da baut sich etwas zusammen und erst da beginne ich, in ihre Haut zu schlüpfen. Davor bleibe ich ein Zuseher, neugierig, aber distanziert.
Diese Stelle ist ja eigentlich nur ihre Einführung in den Saal. Ihr Leiden zu zeigen war ja nicht meine Absicht, deshalb auch nur der kurze Abriss am Anfang. Die Wut spürt man doch aber auch in dem Gespräch. Ach was solls, ich glaub, ich hab deinen Einwand hier einfach nicht richtig verstanden.

Ich fand den Dialog sehr interessant. Eigenartig, aber interessant. Und wie sie immer wieder markiert, dass sie sich geändert hat, eine starke Person ist, das fand ich toll, da hat sie mir gefallen und diese Idee mit dem Spiel, das war auch cool. Jeder soll uns sehen, jeder soll hinter unserem Rücken murmeln, also das hat mir Spaß gemacht.
Gut, dass das funktiuoniert hat.

Und für eine Spielerin hätte ich mir erwartet, dass sie ihn am Dach quält, es in die Länge zieht und nicht einfach sagt, dass sie es unter der Laterne treiben sollen, sondern ihn so verführt und er so bescheuert ist und ihm dann irgendwann auffällt, dass er unter der Laterne steht, für jeden Sichtbar und so weiter. Aber dieses Spiel wird nicht fortgeführt. Er dringt rein, pumpt sie und ja, so wirklich habe ich da nicht teilgenommen. Dann taucht irgendwo eine Spinne, sie betrachtet sie, und irgendwie haut mich das aus dem Text und ich verdrehe fast verärgert die Augen. Ich weiß nicht, wofür die Spinne steht, was für ein Symbol sie sein soll, doch so wirklich interessant fand ich das nicht. Die eigentliche Sexszene raubt der Geschichte die Kraft und ich sag es ganz brutal: Es war sehr langweilig.
Die Sexszene, so, wie sie geschildert ist, hat niemanden anregen sollen, denn der Frau geht es ja gar nicht um Sex. Sie hat gehofft, ihren Ex umzudrehen. Sie hat gehofft, dass sie sicSpinne. Sie erwartet einen ekstatischen Moment. Einen Riesenerfolg. Nicht einen normalen Orgasmus, nein eine Art Psychoorgasmus, weil sie in der Lage ist, ihren Ex zu manipulieren. Und dieser Erfolg wird ihr versagt.

Erst als sie zurückkehren, bekommt die Geschichte wieder Kraft und als er ihr sagt, dass Manu nicht kommt, da war ich genauso enttäusch wie der Prot. Das ist großartig gemacht worden. Das fand ich toll! Diese Enttäuschung hat mich wirklich wütend gemacht, weil ich mir gedacht habe: Na supa, alles umsonst.
Gut.


Und dann der Schluss. Er gefällt mir nicht. Ich finde es toll, dass sie bei ihr in der Wohnung auftaucht, unangekündigt natürlich, nur um es ihr heimzuzahlen. Doch das ist schon ein Klischee, abgenutzt und wiederkaut. Und Manu ist dann die Unglückliche. Übertrieben fett, gruselig fett, kaum mehr ein Mensch und irgendwas eben. Ich habe ein Finale erwartet, so ein Ha-Ha-Right-In-Your-Fucking-Face-Ende, aber das hier ist echt übertrieben. Und auch wenn es nicht übertrieben wäre, wäre Manu normal gewesen und schockiert, ich weiß nicht, ob ich mit so einem Ende auch klar gekommen wäre. Also, das Ende gefällt mir überhaupt nicht. Ich weiß nicht einmal, was ich von der dicken Manu halten soll. Sie ist irgendwie nur ein Monster, so ein sinnloses Monster, die dem ganzen Text die Kraft raubt.
Ja Schiet, ich hatte schon erwartet, dass es mit der Manou Stress geben wird. Diese merkwürdige Frau, die Wanja einholen wollte. Und dann lohnt sich das Einholen gleich zweifach nicht.
Dass das gar nicht rüberkommt, was es damit auf sich hat, das ist natürlich blöd. Ich bin da jetzt ganz gespalten, was ich davon halten soll. Es ist ein sehr merkwürdiges Ende, das gebe ich gerne zu. Aber ist ja auch doof, wenn es so gar nicht klar wird, warum ich dieses Ende gesetzt habe.

Ich finde, du hast die Figur Wanya sehr gut gezeichnet, stark, anders, interessant. Die anderen Figuren sind Randfiguren, die halt nur mitspielen und hier hat mir das nicht zu sehr etwas ausgemacht, weil ich gerne Wanya gefolgt bin, aber der Schluss ruiniert einfach für mich die gesamte Geschichte und das hat mich ja so zwiegespalten gelassen.
Ja Mist. Aber ich hab mich trotzdem gefreut, dass du die Geschichte interessant fandst. Und das ist sie meiner Meinung nach auch. Sperrig halt. Wahrscheinlich hab ich mal wieder zu vieler Sachen im Kopf gehabt. Und dann wird es schwer. Schon gleich dann, wenn mans mit dem runden plot eh nicht so hat.

Boah, wie spät es schon ist.
Ich mach mal morgen weiter.
Viele Grüße und tausend Dank noch mal. Du hast das, was ich eh befürchtet hatte, bestätigt Maria, und das tut mir irgendwie gut, auch wenn das komisch klingt.
Ich weiß nur noch nicht, wie ich dazu stehen soll. Aber das braucht Zeit.
Jetzt hab ich neuenn input, mit derm ich total was anffangen kann.
Viele Grüße nochmal. Bis morgen.

 
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Geh in eine andere Stadt, vergiss den Verrat.

Interessante Geschichte (schön kann ich schwerlich behaupten, wenn Liebe, und sei's die verflossene, zur /zum Macht/spiel missbraucht wird),

liebe Novak,

aber es ist für mich ein durchaus gelungenes Kunststück über Liebe und Verrat, an dem ein Kühlschrank und ein auf Distanz bedachter Mensch wie ich sich richtig um das entscheidende Wort „Verrat// verraten“ in seine Vieldeutigkeit suhlen kann, denn wie wer oder etwas verraten werden kann, so lässt sich das Verb selbstreflexiv verwenden, wenn einer seine eigenen Maßstäbe und somit sich selbst verrät.

Aber keine Bange, nicht das Nibelungenlied, sondern die „Kehrseite“ von so manchem/Manchem bleibt das Thema. Doch zuvor und bevor ich's zum Schluss doch noch vergess,

Make up
bedarfs in der wunderbaren Sprache unserer Mutter des Bindestrichs „Make-up“.

Das Verb raten ist zunächst mal zwodeutig. Es bedeutet sowohl das deuten (am deutlichsten im erraten) als auch sinnen (i. S. von überlegen) und darauf vorschlagen und empfehlen, um etwa vorzusorgen, was ja in mancher Beziehung – muss ja nicht gleich das Institut der Ehe sein – keine unbedeutende Rolle spielt und die positive Seite darstellt.

Es ist zunächst der gute Rat.

Die Kehrseite beginnt mit der Vorsilbe ver…, die i. d. R. eine Negation von etwas Positivem bewirkt oder wenn man ein Ziel verfehlt. Am deutlichsten wird es, wenn sich einer ver+läuft – das Ziel ist mal erst verpasst/-loren. Ähnliches geschieht, wenn jemand veraten wird, sich verraten fühlt oder seine eigenen Grundsätze über Bord wirft (wobei das immer, um auch die erstgenannte Deutung hineinzubringen) zumeist eine rätselhafte Handlung ist.

Die ursprünglichste Bedeutung des farratan (ahd), mhd. bereits ver(r)aten - aber da war's noch „bekennen, was unbekannt bleiben sollte“ -, aber auch schon im Übergang zum nhd. „irre leiten“, um dann mit dem nhd. über die Zwischenstufe „eine Sache auf ungehörige Wege leiten“ und bösartig zu werden in der Bedeutung „einem andern durch falschen Rat (bekannt machen und) in die Hände liefern“ von weiß Gott wem. Womit wir – wie nebenbei – beim Versuch der Namensdeutung der jungen Dame wären – Wanja, Kurzform der hebr. Johana = Gott ist gnädig, denn es ist ein vergebender Gott (nur kleine sünden bestraft er sofort). Aber muss darum erst die beste Freundin gestraft werden, den besten Freund ausgespannt zu haben?

Verrat der eigenen Gruppe (was anderes will mir das Eingangszitat nicht verraten als eben von der kleinsten Gruppe – dem Paar – bis zum harten Kern der Gesellschaft in der Familie) muss gesühnt werden, denn der harte Kern (von der Familienehre über Peergroup und der Vielzahl von Gruppierungen vom Freundes- und Bekanntenkreis zu diversen Organisations- und Institutsformen) deutet hin auf die harte Schale, die nix und niemand ausbrechen lässt (und wo's denn gelingt, ist der Ausbruch aus der Gemeinschaft selbst der Verrat), weil es das erste Anzeichen des Ver-/Zerfalles bietet.

Umso schlimmer in der Liebe, wenn sie zum reinen Machtspiel verkommt und sich mit dem animalischen Erbe begnügt des Ich am andern und/oder des Andern an mir. Wer aber geliebt hat und zudem das eigene Bild der Liebe verrät – wie hier bei der, die Gott gefallen müsste dem Namen nach, um zudem in Verkennung der Rollenverteilung den vermeintlichen Verräter zur Schau zu stellen – tut nicht nur dem eigenen Bild von dem, was sei, schlimmes an. Da wirft jemand den ersten Stein. Doch Treue, welche durch Gesellschaft/Gruppe/Tradition den Partnern anbefohlen, gar erzwungen wird, wird zum Gefängnis, gelegentlich zum goldenen Käfig. Da ist es gut, ob gewollt oder eher zufällig, dass das Ende die Verse verwirklicht “God, grant me the serenity to accept the things I cannot change, / Courage to change the things I can, / And wisdom to know the difference“ in der hilflosen Person, die einmal ein Konkurrentin war, als hätte marktliches Treiben was in der Liebe zu suchen.

Wie immer, gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber gerthans
Oh Weh, dachte ich, als ich das hier las:

Liebe Novak, eigentlich bin ich ja wegen einer politischen Meinungsverschiedenheit sauer auf dich, aber dein Text ist wieder so gut, dass ich mir meinen Kommentar nicht verkneifen konnte :).
Da kann ich aber von Glück sagen, dass du nicht nachtragend bist. Ich weiß schon, dass ich manchmal sehr deutlich und spitzig werden kann in Auseinandersetzungen, gerade in politischen, aber dich als Mensch persönlich treffen oder verärgern wollte und will ich auf keinen Fallt. Komm, sei nicht mehr sauer mich.

Ich hab mich über deinen Kommentar wahnsinnig gefreut. Und zwar, weil ich meine Intentionen verstanden fühlte. Gerade die Stelle mit dem Hund und dem Kind, die war mir wichtig, weil das zeigt, wie Wanja geworden ist durch die mangelnde Auseinandersetzung mit dem Verlust ihrer Freunde. Sie hat, wie du richtig siehst, ihre Trauer nicht verarbeitet und ist bitter und rachsüchtig geworden.
Gerade deshalb war mir dieser Vorspann am Anfang wichtig. Und ich fand es auch in Ordnung mal mit der geheiligten Regel zu brechen, eine Kurzgeschichte müsse immer gleich in medias res gehen.
Ich fand das schön, dass du da mitgehen konntest.

Beim ersten Lesen kam mir deine Wanja als gefühlloses Monster vor: Hund und Kind nennt sie in einem Atemzug, und vom Hund die Rasse, aber vom Kind weder Namen noch Geschlecht! Als sei es ihr nicht wichtig, nicht erwähnenswert, keine Herzenssache! Eine Rabenmutter, der ihr Kind nicht gut genug ist, die es in ihrem Lebensrückblick mit einem lakonischen Satz abhandelt! - kam es mir in den Sinn!
Ja.

Was du über das Opfern geschrieben hast, das war mir zwar gar nicht bewusst. ich hab mich selbst gewundert, warum ich die Szene am Buffet so beschrieben habe, aber ich habe es auch immer lassen wollen. Deine Anmerkungen dazu öffnen mir ein bisschen die Augen. Komisch ist das schon manchmal, was sich so unter der Hand in Texte einschleicht. Gut, das mit dem Schaf legt es natürlich auch etwas nahe, aber Schaf sagt man ja auch. wenn man jemanden als naiv schelten will. So in der Richtung hatte ich es gemeint. Aber deine Sicht passt sehr gut und ich fühle mich damit wohl. Das Gefühl, etwas von sich geopfert zu haben, was unwiderbringlich ist, das würde vielleicht auch das Festhalten an dem Zorn den beiden gegenüber erklären.

Ich hab mich sehr sehr sehr gefreut, dass du nicht nur gelesen, sondern auch kommentiert hast, und das so freundlich und wohlwollend und positiv, obwohl du dich geärgert hattest und das vielleicht am Ende immer noch tust. Das rechne ich dir hoch an, und irgendwie bin ich auch ein bisschen gerührt, weil ich dein Verhalten sehr großherzig finde. Dafür danke ich dir.
Viele liebe Grüße an dich.
Novak

PS: Bitte nicht ärgern, dass ich so säumig bin mit den Antworten, aber ich hab grad privat einiges zu erledigen, was ich vorher nicht absehen konnte. Dadurch bin ich jetzt noch lahmer als sonst schon immer beim Antworten. Bitte habt bisschen Geduld mit mir.

 

Liebe Novak

Die Thematik, die psychologische Studie, das ist mein Ding, das ist die Art von Text, die ich am liebsten lese. Deine Grundidee gefällt mir ausgesprochen gut, sprachlich ist das alles wunderbar rund. Ich empfinde den Text auch überhaupt nicht als sperrig, da fügt sich alles sehr schön aneinander, ineinander. Nur mit dem Beginn hatte ich Mühe:

Es waren die Blicke Fremder, die ihr in den ersten Monaten halfen. Blicke, die sich auf ihre Beine richteten oder den prallen Arsch. Blicke, die sie mit unsichtbaren Seilen am Boden verankerten und verhinderten, dass sie mit dem Wind davonflog.

Damit schürst du Erwartungen, die anschliessend enttäuscht werden: Dass ich als Leser Details über die Trennung erfahre, oder wie genau es Wanja nach der Trennung ergangen ist. Überhaupt habe ich die Funktion dieser Passage nicht ganz verstanden.
Mit dem Rest der „Einleitung“ kann ich gut leben, allerdings hat sich auch mir die Frage gestellt, ob man nicht einfach mit „Später, sagte Wanja …“ beginnen und die wichtigsten Infos nachliefern könnte. Das hätte zudem den Vorteil, dass Wanja in ihrem Chrakter nicht schon so schnell, na ja, nicht festgelgt, aber doch ziemlich bestimmt würde („den Hund behielt sie“. Wunderbar! Aber eben, so früh im Text.) Denn danach wird es schwierig, Sympathie zu Wanja aufzubauen, oder sie als ambivalent zu erleben, oder ihre Entlarvung mitzuverfolgen, denn sie ist hier bereits ziemlich (nicht völlig, klar) entlarvt.

Dann denke ich, ähnlich wie Fliege, dass du dem Leser manchmal nicht ganz traust und dich noch mal versichern musst, dass der alles mitkriegt. Am deutlichsten war das für mich beim Schlusssatz. Ich finde den ziemlich schrecklich, weil er mir als Leser sagt, was ich über Wanja (auch) denken könnte/sollte. Natürlich nicht direkt. Aber indirekt, via Figur, eben schon. Bei der Szene mit dem Kellner ist das ähnlich. Ich finde das grundsätzlich eine gute Idee, aber auch hier ist es Tim, der stellvertretend für mich sagt („Du kannst den doch nicht einfach anfassen.“), wie man diese Szene deuten könnte/sollte.

Bezüglich der Figurenzeichnung bin ich hin- und hergerissen. Zum Teil hätte ich mir die drei etwas weniger eindeutig gezeichnet gewünscht, vor allem Wanja. Wenn die eine Spur weniger fixiert auf ihre Rache wäre, auch mal versuchen würde, davon abzulassen, zweifeln würde, bevor sie Manou besucht, das würde mir wohl gefallen. Und dann diese Manou. Da dachte ich zuerst auch, dass man die vielleicht weniger extrem zeichnen könnte. Aber diese Passage ist so wuchtig, die Figur so monströs, das passt. Vor allem gefällt mir, dass du nicht sagst, was genau mit ihr los ist.

Insgesamt habe ich das wirklich sehr gern gelesen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Novak,
deine Geschichte hat mich sehr berührt. Zeigt sie doch, wie alles oft anders kommt, als man denkt.

Meine Lieblingsstellen

Und dann habt ihr euch mir weggenommen.
Auslegeware, dachte sie, dafür haben sie mich eingetauscht, Auslegeware, die noch nicht mal richtig passt.
„Manou“, ihre Stimme brach weg, nur ein Quieken wie von einem Ferkel kam aus ihrem Mund.

Ich denke, du willst ausdrücken, dass Manou an einer schweren Depression leidet. Dann passt ihr Mitgefühl nicht, weil diese durch Gefühlstaubheit gekennzeichnet ist.

Nur Mitgefühl.
Würde ich weglassen.


Wenn du vor dem unmittelbaren Wiedersehen der beiden Frauen etwas kürzt, käme die Pointe überraschender.

„Bitte, tu ihr nicht weh“, sagte er
Würde ich zum Beispiel weglassen.


Sehr gern gelesen!
Lieben Gruß Damaris

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Novak.

Schön sind ja Zuverlässigkeiten.
So finde ich zuverlässig immer halbjährig Geschichten, die man gerne liest und dann auch noch kommentiert, und genauso zuverlässig sind auch immer deine dabei. Gott sei Dank.

Tja, was kann ich groß sagen.
Mich haste gepackt und begeistert (zuverlässig wie stets) mit deiner neuen, wie ich meine, ganz großen Story, die meiner Meinung nach auch noch einen schönen und passenden Titel trägt (ich glaube, du warst es, die hier hinsichtlich ihrer Titel immer sehr stark ins Gericht mit sich ging - nun hier ist es dir definitiv gelungen).

Nee, liebe Novak, ich hab nüschts was mich hier kritteln lässt. Na, gut bis auf eine Sache (und die ist noch nicht mal originell, weil ich mich einfach nur milde in die Kritik meiner Vorkritiker mit einreihe): Das mit Wanjas Werdegang: Heirat, Kind, Trennung, ist auch mir viel zu schnell und nebensächlich. Finde ich, braucht es gar nicht.
Der Fokus liegt hier auf dem Dreieck: Wanja - Tim - Manou. Das ganze funktioniert für mich vollkommen, wenn ich weiß, Wanja ist jetzt erfolgreich, schlank etc. - wozu also ihre schnelle Familiengeschichte, die in eins zwei Sätzen eben so abgebügelt ist wie der Ehegatte verschwunden?
Nur durch diesen Absatz war ich kurz verwirrt als du diesen Satz schriebst:

Ihre wunderschöne, goldfarbene Manou
,

weil ich hier ernsthaft im ersten Moment dachte, dass muss ihr Golden Retriever sein und dann gleich als zweites: Hä? Der kommt doch erst viel später! Echt, ich musste da dreimal lesen bis ich begriff: Nee, das ist doch Manou, ihre beste Freudin. - dabei ist Manou ein guter Hundename ... auch für einen Golden Retriever.

Äh, wäre da noch was? Klar. Ansonsten eine starke Geschichte hier. Ich finde ja (und muss es hier einfach mal sagen) - bis auf einige kleine Experimente (die mich immer noch unterhalten) wirst du immer besser.
Wie auch nicht bei Sätzen, die mich ehrlich umwerfen:

Sie malen schön, die Schüler von heute, dachte sie

In den Händen einen Teller, direkt vor dem Bauch. Wie eine Opferschale, und dabei waren es doch nur Karotten und Bratenfleisch.
,

und natürlich:

... schweifte zur Wand, wo nur eine Spinne saß, eine Spinne mit kurzen, dicken Beinen und während Tim in sie hineinpumpte, wanderte die Spinne über den fleckigen Verputz, hin und her in einem geschäftigen Spinnenzickzack, bis sie endlich in einer dunklen Ecke verschwand.
,

und - ach, jede Menge mehr.

Und, okay ... etwas Stephen King ist halt auch drin (auch hier plapper ich einfach nur anderen nach - aber zurecht, wie ich meine)!

Also, ich sagte schon: ganz, ganz groß.

Am Ende alle unglücklich: Wanja - Tim - Manou (wahrscheinlich auch Ehemann und Kind, ja sogar der Golden Retriever!).

Und einer sehr, sehr glücklich: Der Leser (wenigstens ich)!

LG fvg

Ps: Bevor ich's vergess.

rechts hingen riesige, bunte Gemälde, links verlief eine Glasfront mit tiefen Fensterbänken aus Marmor, auf denen sie als Schüler gerne gesessen hatten

Auf was für eine Schule gehen denn die feinen Herrschaften? Hogwarts? Bei uns war immer nur alles Beton und Kunststoff!

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak,
diesmal tue ich mich schwer mit deiner Geschichte. Mir gefallen wie immer die Details, die Beobachtungen, die du in ihr einbaust und die mir die Szene nahebringen. Den Rahmen des Treffens kann ich mir fast plastisch vorstellen und auch die Interaktionen.
Mit Wanja habe ich es schwerer, sie kommt mir als Mensch nicht richtig nahe. Ich verstehe, dass ihr der Boden unter den Füßen entzogen wurde, sie sich mit Kraft aus dem Tal der Tränen herausgearbeitet hat und nun als attraktive und selbstbewusste Frau ihre Rache sucht. Doch Wanja bleibt für mich (wenn ich die Schlussszene erst einmal außer acht lasse) eine Frau, deren Haupteigenschaft mir Zynismus zu sein scheint. Zynisch betrachtet sie (oder der Erzähler) rückblickend ihr Leben

Sie formte Körper und Karriere, bis nichts mehr an das dickliche Mädchen von einst erinnerte, heiratete, kaufte sich einen Golden Retriever, erfüllte dem Mann den Kinderwunsch. Nach einer Weile trennten sich ihre Wege. Den Hund behielt sie.
Zynisch geht sie sogar mit den geschenkten Pflanzen um:
Sie drehte die Klimaanlage ein paar Grad kühler und stellte die Hyazinthe, die ihr eine Kollegin geschenkt hatte, direkt in den Luftzug.
Aber Zynismus hat für mich immer auch etwas mit Distanziertheit zu tun und auf dieser Ebene bleibt Wanja für mich über weite Strecken des Textes. Ich kann ihre Verletztheit, ihr Bedürfnis nach Rache und ihre Genugtuung erahnen, aber nicht wirklich spüren.
Es ist klar, Wanja will sich rächen, Tim demütigen, Manou verletzen. Alles das dafür, dass die beiden sie betrogen haben. Soweit so gut. Es gelingt ihr nicht. Manou ist nicht da und Tims Reaktion ist nicht die gewünschte
Als er fertig war, küsste Tim sie beiläufig auf den Mund, murmelte, er habe immer bedauert, dass der Kontakt so abgebrochen sei, sie antwortete, manchmal seien die Küsse noch das beste, dann drehten sich beide weg.
Tim ist damit abgehakt, jetzt kommt es zum Eigentlichen der Geschichte: zum Treffen mit Manou und zur Schlussszene. Während ich den Text bis zu dieser Stelle ohne Probleme gelesen habe (bei der Person des Kellners geht es mir wie Fliege), ihn logisch und konsequent aufgebaut finde, komme ich mit dieser Szene zum Schluss überhaupt nicht zurecht. Du packst in den Schluss die Auflösung für alles: Ich erfahre in komprimierter Form, warum für Wanja Manou wichtiger ist als Tim, warum ihr Versuch, sich zu rächen, scheitern muss, warum der Verlierer Wanja ist.
Manou war immer mit ihr gewesen und trotzdem schneller.
Das ist, wie ich finde, psychologisch gut begründet. Es ist also gar nicht die echte Manou, sondern das Idealbild einer Manou, das immer in ihrem Kopf herumspukt, sie einerseits antreibt, sie gleichzeitig aber auch nicht sie selber sein, nicht frei sein lässt.
Was mir nicht so recht gefallen hat, ist folgendes: Warum bleibt mir diese psychologische Sache bis zum Schluss verborgen? So findet sich alles erst dort – mit seiner ganzen Wucht. Und da sehe ich es ähnlich wie @maria-meerhaba. Diese Wucht des Endes schiebt für mich den anderen Teil der Geschichte in den Hintergrund. Es ist mir, als wäre ich die ganze Zeit auf einen anderen Pfad gelockt worden. Ich hätte mir gewünscht, dass dieses Manou-Thema sich schon im ersten Teil des Textes andeutete. So erfahre ich dort nur, das Manou nicht da ist, nicht kommt und endlich, dass es Wanja sehr wichtig ist, Manou zu sehen. Nicht mehr. Nichts vom eigentlichen Problem, was Wanja mit Manou hat.
Und dann kommt dieses Monstrum. Ich empfinde diese Überzeichnung wie ernst offshore als Sprung in ein anderes Genre und kann mich überhaupt nicht damit anfreunden. Diese Person ist mir in sich zu widersprüchlich: Auf der einen Seite ein menschliches Unwesen
Sie war unförmig fett. So sehr, dass es weh tat, sie anzusehen. Da saß keine Frau, da lagerte ein menschlicher Wal, konturlos, ein gigantisches Anwesen aus Fett und Polstern und noch mehr Fett. Das Gesicht formlos, die Augen in Hautpolster gebacken, zwei tote Sicheln, wie von Milchhaut überzogen. Statt des Kinns flappten Wülste auf den Brustkorb. Unter dem Bauch flossen Fettlappen auf die gespreizten Oberschenkel.
, auf der anderen ein Mensch, der tiefe Erkenntnis und Empathie zeigt.
In ihrem Blick lagen Ruhe und Gelassenheit. Manou wusste, weshalb Wanja gekommen war, sie wusste es besser als Wanja selbst. Und sie wusste auch, was geschehen war. Aber das galt ihr nichts. In Manous Blick waren kein Zorn und keine Verletztheit. Nur Mitgefühl.
Das passt für mich nicht zusammen und irgendwie erscheint mir diese Überzeichnung unnötig. Ich komme einfach nicht dahinter, warum es ihrer bedurfte.
Manou, so wild und so schön.
Für mich wäre das Ende glaubhafter und nachvollziehbarer gewesen, wenn Manou irgendwie dement/lethargisch oder von Schönheitsoperationen entstellt gewesen wäre. Das hätte etwas mit der früheren Manou zu tun gehabt. Aber ich kann nicht nachvollziehen, warum sie sich in dieses menschliche Monstrum verwandelt haben soll. Das gibt ihre Charakterisierung (als junge Manou) für mich nicht her.
Liebe Novak, du siehst, mich hat deine Geschichte sehr beschäftigt und das tut sie noch.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Und weiter gehts mit dem Antworten.

Liebe wieselmaus,

ist das nun ein typisches Frauenthema? Die eine "dicklich" und daher weniger liebenswert, die Freundin/Rivalin "wild und schön" und damit - dem Mainstream folgend - natürlich Siegerin.
Keine Ahnung, ob das ein typisches Frauenthema ist, die Figur ist ja austauschbar. Und mit Konkurrenztypen hat man es in beiden Geschlechtern zu tun.

Ich wollte nicht einfach nur eine Zicke zeigen, obwohl sie natürlich eine ist, sondern eine zutiefst verbitterte Frau, die von ihrem Verlust nicht loslassen kann.

Dass sie viel tiefer verletzt ist, auf einer anderen Ebene, das sollte meiner Meinung nach deutlicher herausgearbeitet werden.
Da bin ich mir unsicher. Deine Anmerkung steht auch auf meiner Todo-Liste. Also als ein Punkt, den ich am Überlegen bin. ich bin mir unsicher, weil es ja bei einigen geklappt hat, die haben gemerkt, dass Wanja nicht einfach eine verzickte junge Frau ist, sondern dass die unverarbeiteten Erlebnisse sie kalt und zynisch gemacht haben. Eigentlich war es ja auch nicht mein Thema, zu zeigen, wie und warum jemand verbittert wurde, sondern eher zu zeigen, was passiert, wenn jemand bereits verbittert ist.

Vielleicht in der Begegnung mit dem "Monster" Manou. Manou scheint ja diejenige zu sein, die die tragische Verstrickung deutlicher für sich akzeptiert hat, aber Wanja steht wohl erst am Anfang, endlich zu erkennen, warum Ehemann und Freundin sich gegen sie verbündet hatten.
Diesen Hinweis verstehe ich nicht. Wanja ist von beiden verlassen worden. Aber nicht, weil sie damals etwas Blödes oder gar Böses getan hätte, sondern weil das eben manchmal so ist in der Liebe. Die beiden hatten sich auch nicht verbündet, sondern sich schlicht und einfach verliebt. Und sie wollten wohl einen Umgang, der ehrlich ist, sonst hätten sie nicht mit ihr gesprochen. In der Liebe geschehen Sachen, die tun saumäßig weh, aber niemand hat Schuld an irgendwas. Wanjas Umgang danach, also ihr Umgang mit dem "Verrat" der ist es, der sie in die schädliche Sackgasse führt.

Die sprachliche Seite zu beleuchten, traue ich mich noch nicht so recht. Vielleicht kommt das ja noch - in ein paar Jahren
Och, das kannst du ruhig, so wie du schreibst, weißt du mehr von der sprachlichen Seite, als du denkst. Also nur Mut. Ich dachte das am Anfang auch, dass ich das schlecht beurteilen kann. Ich hab dann einfach Sachen rausgesucht, die ich schön geschrieben fand. Man ist ja auch Leser und hat sich da einen Geschmack entwickelt. und wenn mein derzeitiger Thrillerschreiber mal wieder einen Vergleich hat, bei dem sich mir die Fußnägel aufrollen, dann ist das meine "Leserseite", die gequält aufschreit.
Liebe Grüße an dich und tausend Dank für dein Feedback
Novak


Und hallo Chico,

ähnlich wie Maria finde ich den Anfang zu allgemein fomuliert, bis auf den Satz "Und tatsächlich, es schien haltbar, das Leben, wenn auch aus einem weniger leuchtenden Stoff." Den finde ich wirklich schön (auch wenn du noch viel mehr richtig gute Sätze in dem Text hast.)
Der Anfang ist auf meiner Liste. Im Moment habe ich es so gelöst, dass ich den Anfang geknickt habe und habe den bisherigen Anfang später als kurzen Rückblick eingebaut. Mal schauen, ob das besser geht.


Die Sexszene finde ich auch nicht allzu spannend, wie jemand ebenfalls schon erwähnte, immer dieses "als er in sie eindrang" oder so ähnlich. Bis auf das mit dem "in sie hineinpumpen", was ich noch nie als Synonym für "poppen" gehört habe
Also ihr süßen kleinen Ferkelchen, du und Maria, :D die Sexszene soll doch auch gar nicht spannend sein. Da gehts weniger um Sex als um ganz ganz schmutzige Wäsche, die Zicke Wanja unbedingt waschen will. Und dafür brauchts die Gewissheit, den Ex rumkriegen zu können. Das ist es, worüber sie sich definiert. Mit Sex oder Erotik hat das so viel zu tun wie ein besuch bei der Pediküre mit einem Abenteuerurlaub. :D
Aber falls du eine bessere Idee für dieses "eindringen" hast, immer her damit. ich fand das Wort bisher ganz gut, weil es eher sachlich, technisch ist, weniger etwas mit Gefühl zu tun hat oder gar mit Erotik, aber wie gesagt, ich grübel echt rum nach einem anderen Wort und wenn mir keins einfällt, dann bleibt das auch. Also vielleicht auch mal als Gegenargument: Wenn du den simplen Vorgang des Laufens benennen willst, dann suchst du ja eventuell auch nicht künstlichhektisch nach einem Synonym.

Wanja hat sich sehr stark verändert, sie ist jetzt dünner und frecher. Der Dialog zwischen ihr und Tim gefällt mir deshalb sehr gut. Allgemein ist Wanja für mich das Highlight des Textes, weil sie einen irgendwie an der Hand nimmt und mit schleift als Leser.
Ja, das sollt so sein. Freu mich, wenn das so ankommt.

Puh, das Ende beschäftigt mich. Schon sehr Stephen-King-mäßig wie du Manou am Ende beschreibst, schon cool und atmosphärisch, wenn auch glaube ich nicht zu dieser KG passend. Also überlege ich, was wäre ein alternatives Ende, da Manou ja auch nur apathisch dasitzt. Aber dann denke ich, es ist ja deine Geschichte und irgendwie hat das Ende auch was. Auf jeden Fall muss Wanja sie unangemeldet besuchen, das ist ein super Handlungselement.
JA genau, das trifft schon den Nagel auf den Kopf oder den Inhalt meiner Befürchtungen. ich hatte immer Schiss, dass die Leute hier das Ende als nicht zur KG passend sehen würden. und vielleicht ists ja echt so, dass ich einfach viel zu sehr immer in Horrorkategorien denke. Also dein Unbehagen mit dem Ende deckt sich ja ganz genau mit meinen Befürchtungen.
Zur Erklärung. das mit dem Ende kann man ja auch so sehen: Die Geschichte handelt von einer Frau, die voller Verbitterung immer noch an den alten Beziehungen festhängt. Sie will endlich gewinnen. Und sie tut es auch. Sie gewinnt. Aber was hat sie davon? Den Ex rumzukriegen, das findet sie in der Situation selbst schal, ohne aber die Kraft zur Introspektion aufweisen zu können, denn dann wäre sie nachhause gefahren und hätte sie diesem schalen Gefühl gestellt. Und dann geht sie hin zur Exfreundin und wieder gewinnt sie und gewinnt gleichzeitig doch wieder nicht.

So, jetzt hábe ich allerlei unzusammenhängende Kram fabriziert. Ich hoffe du konntest dennoch ein klein wenig für ich rausziehen oder "hineinpumpen". Auf jeden Fall habe ich den Text gerne gelesen, was zeigt, dass es es sich um eine qualitativ sehr ansprechende KG handelt.
Nein, kein unzusammenhängender Kram, ganz im Gegenteil, wichtige Punkte, die mir noch mal ein paar Punkte und Quäntchen mehr zum Nachdenken geben.
Viele liebe Grüße an dich, Chico

Liebe RinaWu,

krass, erst habe ich voll mit Wanja mitgefiebert, denn ich konnte sie gut verstehen. Ich habe sowas nämlich auch schon durch, während meiner Schulzeit.
Oh weh, wenn ich mir vorstelle, mir wär das passiert. Ich find das echt herb, egal in welchem Alter. Wenn man so jung ist, hat man ja auch noch nicht so viel Souveränität, um so einen Schlag abzuwehren. Da denkt man ja, das haut einen um.

Verletzt war ich dennoch. Aber viel mehr von meiner besten Freundin. Da war ich auch sehr lange frustriert, empört und wütend.
Also ich finde ja auch, die Freundin hat manchmal eine noch viel tiefere Bedeutung als so die ersten Freunde. Und bei ihr, bei der Wanja ist das ja auch so. Es war weniger der Tim, der sie auf den Tod getroffen hat, als ihr Idealbild Manou.

Man wird da ganz komisch, bildet sich ein, man muss es den Menschen heimzahlen, zeigen, wie schön man doch jetzt ist und ach wie glücklich. Bla bla bla, alles nur Quatsch. Denn im Endeffekt muss man selbst damit abschließen. Und man darf auch nicht vergessen, dass Wanja ja nun keine 16 mehr ist. Sondern es sind JAHRE vergangen. Ja, und da kam ich ins Grübeln. Da fing ich an, sie erbärmlich zu finden. Ein bisschen unheimlich sogar.
Sehr schön, ganz genau, ein bisschen unheimlich sollte sie einem werden mit diesem fürchterlichen Trieb, sich ganz unbedingt rächen zu wollen.

Diese ja fast schon monströse Manou hat mich völlig überrascht. Ich weiß auch noch gar nicht, wie ich das Ende finden soll. Da muss ich nochmal drüber schlafen.
Bisher bleibt das Ende so, auch mit dieser überzeichneten Frau. Ich schau höchstens noch, dass ich sogar am Ende etwas kürze. Entsprechend den Hinweisen von Fliege und Peeperkorn.

Viel besser fände ich, wenn es hier losgehen würde:
Später, sagte Wanja, als die Sekretärin ihr die Unterschriftenmappe reichte.
Das ist ein toller Anfang. Vielleicht kann ja in diesen ersten Absatz, als sie über das Klassentreffen nachdenkt, die Vorgeschichte kurz angerissen werden. Ich finde, da braucht es gar nicht viele Worte, um zu begreifen, was Wanja passiert ist. Und später erinnert sie sich ja sowieso noch einmal genau an diese Szene.
Ich hab das jetzt ein bisschen anders hingedrechselt. Siehe in der Antwort an Chico, der Anfang ist weg iund in eine Rückblende allgemeinerer Art verwandelt, bisschen was getsrichen auch aus dem Anfang.

Als sie Tim das letzte Mal sah, an jenem merkwürdigen Märztag, der alles auseinandergerissen hatte, lief neben ihm Manou. Ihre wunderschöne, goldfarbene Manou. Ihr Rücken passte so seltsam gut zu seinem, dass es weh tat.
Also hier hat mich richtig das Herz gepiekst! Allein schon bei der wunderschönen, goldfarbenen Manou. Wieviel Liebe in diesen Worten liegt! Und dann ihr Rücken, der so seltsam gut zu seinem passt, dass es weh tut. Ja, das hat auch mir weh getan. Richtig gut gemacht!
RinaWu, ich bin richtig richtig glücklich, dass du das schreibst. Denn das zeigt mir auch, dass die Beziehung zu Manou aUCH vorher schon wahrgenommen werden kann. Genau diese Stelle, auch das besitzergreifende "ihre" schöne Manou, das sollte eine gewisse Innigkeit zu dieser Frau ausdrücken.

Das ist mir irgendwie zu konstruiert. Als ob diese Szene darauf hinausläuft, dass Tim feststellt, dass sie ja jetzt nicht mehr so zurückhaltend ist wie früher. Hätte Wanja einfach charmant mit dem Kellner geflirtet, hätte ich die Szene als galanter empfunden. Oder willst du Wanja hier als so plump darstellen? Dann wäre das natürlich eine Facette, die ich zwar nicht mag, aber die wohl ihre Berechtigung hat.
Bist ja nicht die einzige, die die Kellnerszene zu plump findet. Ich wollte Wanja nicht unebdingt plump zeigen, aber so, dass sie eben aufs Ganze geht, dass sie ihrer Verführungskraft nicht ganz traut und deswegen immer noch einen draufsetzt. ;al schauen. im Moment tendiere ich dazu, die Sezene zu streichen oder zumoindest stark zu kürzen. aBER als ich vorhin dran saß, hab ich das so übnerhaupt nicht hingekriegt, das rund zu machen, dass ich es erst mal wieder gelassen habe. Aber ja, deine Kritik ist angekommen.

Wanja denkt, sie hat die Oberhand, sie übt Rache, sie ist so heiß, dass ER, der sie damals betrogen hat, nicht die Finger von ihr lassen kann. Aber im Grunde ist es doch Tim, der hier die Oberhand hat. So habe ich es zumindest empfunden.
Ja, so sollte das auch ankommen. Immerhin weiß der ja auch die ganze Zeit, dass Manou nicht zum Klasasentreffen kommen wird. Und das sagt er so direkt mnicht zu Wanja, sondern er sagt "später". Also so ein armer Wicht ist er auch nicht.

Bis hierhin hat mich deine Geschichte fasziniert, sprachlich mag ich deine Art zu schreiben sowieso total. Du benutzt immer Worte und Formulierungen, die noch nicht so verbraucht sind, das macht beim Lesen total Spaß.
Huuiii, das klingt aber schön. naja, ich geb mir ja auch ziemlich lang und ziemlich intensiv Mühe. Da sollte wemngistens bissel was hängen bleiben an einer ordentlichen sprachlichen Gestaltung.

Aber das Ende hat mich echt verwirrt. Ich kann dir noch nicht einmal sagen, was ich erwartet habe. Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob ich diese Wendung gut finde. Völlig ratlos. Nur eins weiß ich, der Schlussatz, diese Aussage, dass Manou Mitgefühl für Wanja empfindet, das saß wieder richtig tief.
Ach Mensch, ja, das war auch meine Idee, das ist ja so widersinnig, dass da ein Mensch auf Rache aus ist und dann hat das Opfer Mitleid mit dem Rächer. Dass das bei dir ankommt, das ist cool. aber es gab ja andere, die diesen mitfühlenden Blick überzeichnet fanden. Ach Mensch, an der Stelle bin ich jetzt ganz unschlüssig.
Da muss ich jetzt erst noch mal ein bisschen ins Gericht gehen mit mir.

Liebe Grüße zurück an dich. Und vielen Dank für die Eindrücke, die du mir geschenkt hast.
Novak

 

Hallo Novak,

ich freue mich, eine Geschichte von dir lesen zu können, und ich habe eine verdammt gute Geschichte gelesen. Danke.

Natürlich frage ich, wie Manou so werden konnte. Lag es an Tim, der seine erste Frau (ich weiß jetzt gar nicht, ob man ihren Namen kennt) nicht vergessen konnte und Manou nicht die Aufmerksamkeit schenkte, die sie erwartet hätte. Hat sie sich vor Gram fett gefressen? Ist es eine Krankheit? Ich glaube, das kann jeder Leser für sich entscheiden, was passiert sein könnte.

Dass deine Protagonistin zu Tim und Manou gegangen ist, um sich zu verabschieden, ist mir nicht ganz logisch. Nur um die Frau an Tims Seite so sehen zu wollen. Eine Erwartung, was mit ihrer einstigen besten Freundin ist, muss sie ja gehabt haben und der Abschied war sicher ein Vorwand, dennoch wirkt das auf mich ein bisschen konstruiert. Ist aber nur mein Empfinden.

Sprachlich ist natürlich nichts auszusetzen, aber zwei Sachen habe ich gefunden.

Also setzte Wanja ihr Leben fort oder webte ein neues, wer weiß das schon, ohne ihren Mann und die beste Freundin. Und tatsächlich, es schien haltbar, das Leben, wenn auch aus einem weniger leuchtenden Stoff.
Sie formte Körper und Karriere, bis nichts mehr an das dickliche Mädchen von einst erinnerte, heiratete, kaufte sich einen Golden Retriever, erfüllte dem Mann den Kinderwunsch. Nach einer Weile trennten sich ihre Wege. Den Hund behielt sie.

Da sie schon mit Tim verheiratet war, würde ich hier schreiben heiratete wieder.

Schäfchenwolken, dachte sie und fuhr auf der Scheibe die Umrisse nach.

Das hat mich gestört. So, wie es dasteht, vergleicht sie die Wolkenformen mit Schäfchen. Es ist aber genau die Bezeichnung der lockeren Wolkenbällchenfelder, auch wenn der Fachausdruck Cirrocumulus lautet.

Sehr gerne gelesen!

Schönen Gruß
khnebel

 

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