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Die Farbe der Liebe

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15.03.2016
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Die Farbe der Liebe

Der fahle Schein des Vollmondes fiel durch die bodentiefe Fensterfront des Hotelzimmers. Die Suite lag im neunzehnten Stockwerk. Die Aussicht über den Fluss und die schlafende Stadt war atemberaubend. Seine Silhouette spiegelte sich im Fensterglas. Er saß bewegungslos am Schreibtisch. Es war totenstill. Die Lichter der Skyline tanzten auf dem schweren, silbernen Brieföffner, der zu seinen Füßen lag.
Er schob das Tintenfass, das er extra für diesen besonderen Anlass gekauft hatte, zurück und legte die Schreibfeder auf den Tisch. Das Weiß des Büttenpapiers leuchtete. Die geschwungenen Buchstaben wirkten wie aus einer anderen Zeit. Der Mond strahlte hell. Hell genug. Er hatte kein Licht gewollt und auch keines gebraucht. Was er geschrieben hatte, hatte eine besondere Stimmung verdient.
Er drehte sich auf dem Stuhl zu ihr um. Sie lag auf dem Bett. Nackt. Den Kopf in seine Richtung gewandt. Ihre langen, dunklen Haare ergossen sich in Wellen über ihren Rücken. Ihre helle Haut glänzte silbern im Mondlicht. Sie war schön. Wundervoll. Makellos. Ihr Gesicht ruhte auf Ihrem Arm. Die Lider waren geschlossen. Vollkommenheit war das Wort, das in ihm aufstieg. Ihr Mund, der ihn eben noch leidenschaftlich geküsst und liebkost hatte, war leicht geöffnet. Der Strauß mit Rosen, neben dem Bett, verströmte einen süßlichen Duft. Das Aroma erinnerte an ihr Parfum, an den Geruch Ihres Körpers, als sie sich geliebt hatten.
Er lächelte, ohne den Blick abzuwenden. Seine Gedanken ließen die vergangenen Stunden erneut Wahrheit werden. Der Abend war etwas Besonderes. Das Essen, der Wein. Perfekt. Sie redeten. Lachten. Schwiegen. Sahen sich an. Er ertrank in der Tiefe ihrer Augen. Sie war dem Himmel nahe gewesen, als seine Augen wie Sterne funkelten.
Sie liebten einander. Niemand, der sie im Restaurant gesehen hatte, hätte daran zweifeln können.
Nach dem Essen hatten sie getanzt. Auf der regennassen Straße. Zu einer Musik, die nur sie hörten. Es war, als wären sie allein auf der Welt. Sich selbst genug.
Er hatte sie in dieses Zimmer geführt. Eine gefühlte Ewigkeit standen sie dort. Wortlos. Mit ineinander verwobenen Händen. Keiner wagte, den anderen loszulassen. Die Verbindung zu trennen. Sie hatten sich alle Zeit der Welt genommen. Nie verloren sie den Kontakt zueinander. Nachdem das Kleid es nicht mehr tat, hüllten seine Küsse ihren Körper ein. Er hatte sie zum Bett getragen, sie sanft niedergelegt. Ihre Haut war so zart. Sie war so zerbrechlich. Ihr Anblick hatte sein Herz gerührt. Er hatte sich nicht erinnern können, wann er das letzte Mal von so viel unbändiger Freude, von so unendlichem Glück erfüllt gewesen war. Sie hatte gelächelt. Sein Gesicht in ihre Hände genommen, ihn zu sich gezogen. Geküsst, voller Hingabe.
Sie hatten sich geliebt. Sanft. Zärtlich. Bis die Welt um sie herum verschwamm und Leidenschaft und Lust die Oberhand gewannen. Irgendwann war sie in seinen Armen eingeschlafen. Geborgen. Wunschlos. Irgendwann reglos.
Er konnte nicht sagen, wie lange er dort gelegen und sie angesehen hatte. Seinen Engel, ohne dessen Liebe er nicht mehr leben wollte. Nicht mehr leben konnte. Das Wunder, dass ihn wieder zum Leben erweckt hatte.
Irgendwann war er aufgestanden. Das Glück in seinem Bauch, in seinem Kopf. Es war so unermesslich. So überwältigend. Er hatte Angst zu zerspringen. Er war zu begrenzt, zu eng für dieses unendliche Empfinden. Er war wie ein Krug, der von einem Zuviel an Emotionen überquoll. Er wusste, dass es für ihn nur einen Weg gab. Er musste Schreiben. Die übermächtigen Gefühle mit Strichen und Punkten einfangen. In viele kleine und große Buchstaben wickeln. Worte waren ewig. Keine einzige Regung würde verloren gehen. Nur Papier und Tinte konnten diese Nacht bewahren. Sein Leben lang und für alle Zeiten danach.
Er schrieb. Über Sie. Über ihre strahlenden Augen. Ihre Klugheit. Ihre Empfindsamkeit. Ihre Zärtlichkeit. Über die vielen winzigen Augenblicke, in denen er sich ihrer vorbehaltlosen, kompromisslosen Liebe bewusst war. Seine Worte beschrieben sie. Neigten sich ihr zu und verewigten ihr Sein, das er vor ein paar Stunden kaum noch hatte ertragen können, weil es ihn durchströmte, überflutete und davonriss.
Er schrieb. Über Ihre Liebe. Das Miteinander. Über das wortlose Verstehen, blindes Vertrauen. Er suchte nach Begriffen, die nur einen Funken davon versprühten, nur ahnen ließen, was sie für einander waren. Wahre Freunde. Geliebte. Seelenverwandte. Untrennbar. Sie waren sich so nah wie die kleinsten Teilchen der Chemie und zusammen gehörte ihnen das Universum.
Die Worte strömten aus ihm heraus. Wie im Rausch füllten Bilder und Gefühle die Seiten des dicken Papiers unter seinen Händen. Er schrieb. Fließend. Ohne nachzudenken. Die Gedanken kamen und er gab ihnen nur die Form, nach der sie verlangten. Er durchlebte die Zeit mit ihr erneut. Die vielen Stunden bis zu dieser Nacht. Die besonderen Momente, die nur das Vorspiel zu dem gewesen waren, was dieser Abend aus ihnen gemacht hatte.
Jetzt, nachdem das letzte Wort aus ihm herausgeflossen war, fühlte er sich erschöpft. Leer. Ohne Emotion. All seine Gefühle füllten jetzt die beschriebenen Seiten, die vor ihm lagen.
Er schloss die Augen und atmete tief ein. Der Rosenduft konkurrierte mit dem Geruch nach Metall, der in der Luft hing. Er blickte erneut zum Bett. Die Szenerie aus Mondlicht und Schatten, aus Schwarz und Weiß hatte sich verändert. Ein tiefes, dunkles, fast schwarzes Rot zog den Blick des Betrachters auf sich. Das Blut, aus der tödlichen Wunde an ihrem Hals, hatte inzwischen das Laken durchtränkt.
Verlust und Trauer. Er spürte nichts. Mit ihrem Tod war die Liebe unsterblich geworden. Nie würde es ein böses Wort zwischen ihnen geben, nie eine Kränkung, nie eine Verletzung. Alles würde wunderbar und rein bleiben. Der Alltag war der Tod der Liebe. Aber niemals würde der Tod die Liebe sterben lassen. Er ergänzte die letzten Worte bevor er die Blätter vorsichtig zusammenschob. Er würde sie behüten. Beim Binden würde er die Seiten zärtlich berühren. Ihre Liebe würde in seinem Regal stehen. Wahr und unveränderbar. Eine Liebesgeschichte, wie kein Dichter sie hätte ersinnen können. Geborgen zwischen Buchdeckeln. Nie würde diese Liebe ihn verlassen. Sie würde ihn umfangen, in den dunklen Stunden seines Lebens. Wärme schenken, wenn die Einsamkeit ihn überzog und er zu erfrieren drohte.
Er zog sich an und küsste sie ein letztes Mal auf ihre kalten Lippen. Sie hatte es ihm gesagt. Sie würde ihn über alles lieben. Mehr als ihr Leben.
Er verließ das Hotel. Die klare Nachtluft umfing ihn und die letzten Gefühlsfragmente lösten sich auf, wie Schneeflocken im Sonnenschein. Er griff zum Handy. „Ich bin es. Ja, ich kann den Abgabetermin halten. In zwei Stunden haben Sie das Manuskript.“ Er war sich sicher. Heute Nacht hatte ihn die Muse geküsst. Seine Leserinnen würden die Geschichte lieben. Ihn lieben. Ihm einen Bestseller bescheren.

 
Zuletzt bearbeitet:

Es war, als wären sie allein auf der Welt. Sich selbst genug.
schreibstu,

liebe Xayide -
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!,

und Du siehst in der Anrede, dass das Adjektiv beliebig geworden ist, seit es die alte Anrede „(sehr) geehrte/r ...“ ersetzt, die ja auch schon – besonders in der Übertreibung „sehr“ geehrte/r – nicht unbedingt wahrhaftig ist. So ist es mit Deinem Prot, der eine Frau in Herrenreitermanier gern hat als Quell der Inspiration, also ist weniger von der wahren Liebe die Rede als von der Ware Liebe – mit Aussicht auf Profit.

Als ich die ersten, adjektivlastigen Zeilen las, befürchtete ich Kitsch, wobei Du nicht vor Gegensätzen bis hin zu Widersprüchen zurückschreckst. Dem ersten Satz

Der fahle Schein des Vollmondes fiel durch die bodentiefe Fensterfront
um wenige Zeilen später hell zu leuchten, obwohl die Einleitung eine Momentaufnahme, also einen Augenblick beschreibt
Der Mond strahlte hell.
„der fahle Schein“ bedeutet ein schwaches Licht, „hell“ ein starkes, denn selbst
Das Weiß des Büttenpapiers leuchtete.
und selbst
Ihre helle Haut glänzte silbern im Mondlicht.
Zu viel in einem Raum, allein erhellt durchs fahle Mondlicht der ersten Zeile!

Ein weiteres Beispiel

Sie lag auf dem Bett. Nackt. Den Kopf in seine Richtung gewandt. Ihre langen, dunklen Haare ergossen sich in Wellen über ihren Rücken.
und
Ihr Gesicht ruhte auf Ihrem Arm.

Sie liegt demnach auf dem Bauch alles andere bedeutete zirkusreife Artistik mit einem verdrehten Kopf – selbst wenn ihr zuvor der Kopf verdreht wurde, im übertragenen Sinne. Aber wie kann er dann wissen, wie Stellung von Mund und Lidern sind?
Die Lider waren geschlossen. … Ihr Mund, der ihn eben noch leidenschaftlich geküsst und liebkost hatte, war leicht geöffnet.
*

Es ist sozusagen Gartenlaube mit kriminellem Hintergrund. Gleichwohl solltestu den Schwulst der Adjektive eindampfen aufs Notwendige. Dass Du schreiben kannst, zeigt sich m. E. deutlich, denn bis auf gelegentlichem Durchschimmern der Schulgrammatik ist da nix zu mäkeln (außer vielleicht, warum gelegentlich die Höflichkeitsform des „ihr“ gewählt wird und die Frage stellend, find ich die Antwort in den Besitzansprüchen des sklavenhaltenden Herrenreiters, der gottgleich über Leben und Tod bestimmt. Leichen fallen unters Sachenrecht.

Gruß aus'm Pott und schönen Restsonntag vom

Friedel

*Natürlich kann er sie auf den Bauch gelegt haben - um nicht in das Gesicht seiner (vermeintlichen) Liebsten schauen zu müssen.

 

Hej Xayide,

schön, dass du es ernst gemeint hast im Kommentar zu deiner letzten Geschichte und dich "um deinem ersten Mord gekümmert" hast. ;)

Auch deine dritte Geschichte besticht durch deinen Schreibstil. Wobei er mir hier ein bisschen die Lust verging, wenn du zu viele einzelne Worte und kurze Sätze nur aneinander gereiht, aufgezählt hast.

Liebe ist ein wunderbares Thema, von dem ich nie zu viel bekommen kann und das auch nichts Neues braucht. Ein Mord ist mitunter dann schon recht "belebend" tschabumm.

Und nein, lieber Ronnie, nicht der Alltag ist der Killer der Liebe, sondern Psychopathen, die sich damit selbst inszenieren und Liebe mit etwas anderem verwechseln. ;)

Freundlicher Gruß und vielen Dank für die Geschichte, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Klar: Rot ist die Farbe der Liebe und des Blutes, insbesondere Christi Blut (darum ist's die Farbe der Kardinäle) – aber auch die Farbe der Aggressivität/des Krieges/der Revolte, und wenn das Blut verkrustet nahtlos in die Trauer in den Symbolwert schwarz übergeht. Aber der Alltag ist nicht der Feind der Liebe, "lieber" Ronnie, wie Kanjischon richtig anmerkt, sondern Kälte und Machtspiele, die oft in Hass umschlagen.

Aber ist das überhaupt „Liebe“, von dem die Geschichte erzählt,

liebe Xayide?

Ich sag: Nee, und einen ersten Hinweis hab ich mit dem in Anreden missbrauchten Adjektiv lieb gegeben.

Dass jemand, dessen Name schon bei Walther von der Vogelweide (Unter den Linden) auftaucht und den es schon im Althochdeutschen (fridil, mhd. fridel/vridel, von mir gelegentlich aus klanglichen Gründen zum Freatle entfremdet), das so einer sich für die ursprüngliche Bedeutung der Wörter germanistischer Zunge interessiert, sollte selbst Neueinsteigern nicht verwundern. Und die ältesten, schriftlichen Aufzeichnungen sind halt gotischen Ursprungs (4. Jh.) und erst satte vierhundert Jahre später gibt’s im Vertrag zu Verdun/Werden (damals noch mit dabbel-ju, als das w noch nicht erfunden war) das erste (alt)hochdeutsche Schriftdokument, ausgehandelt über die Dreiteilung des Karolingischen Erbes mit einem Rückfall in merowingische Zeiten unter den Enkeln Karls des Großen, in deutsch und französisch, das eine in der Sprache des Volkes (nix anderes bedeutet übers lat. theodisce übers thiudisc zum diutisc, das andere in walhisk, das heutig Welsch, das gelegetlich der Herr Kauder spricht.

Was die Grundbedeutung aller Varianten der Buchstabenfolge l i e b / e n als Adjektiv, Verb und Substantiv germanistischer Zunge ist, wenn man Köblers monumentalem Wörterbuch des Gotischen schenken darf, sind die Eigenschaften „gern haben, froh“ und „friedlich“, schon ein erster Stolperstein für den kleinen Text. Dem ahd. liob lautlich am nächsten kommen die gotischen Adjektive liufs (lieb, geliebt) und liubaleiks (lieblich).

Das gotische Substantiv für die Liebe, frijaþwa, (þ = auszusprechen wie das tea-aitsch im heutigen angloamerikanischen Raum, das deutsche Zungen schon lange nicht mehr hinkriegen, selbst wenn jeder, der zu Stuhle kriecht und buchstäblich auf seinem Thrönchen noch darauf sitzt) verweist in der ersten Silbe in eine andere Richtung, auf das Wort Freiheit frijei ( nhd. Freiheit, aber auch gern haben, schonen, lieben, friedlich, froh, nahe, bei). Das Verb lieben ist dann frijōn (auch: gern tun; gern haben, schonen, lieben, friedlich, froh), frijōn(s) ist der Kuss, das Liebeszeichen schlechthin. Die Freundin heißt gotisch frijōndi, der Freund frijōnds, Friede und Schutz werden mit der Vokabel friþus benannt. „Liebe“ ist da nicht nur ein Wort, sondern weist auf Freundschaft und Freiheit von Gleichen hin, Leuten also, denen man nahe steht und denen man vertrauen kann.

Kann da eigentlich noch verwundern, dass der Glaube mitschwingt, den wir modernen Menschen einfach als Nicht-wissen abtun. Das galaubjan verbindet vertrauen und glauben miteinander. Nichts von Besitzansprüchen oder Gewalt findet sich in der Liebe. Selbst die bezaubernde Anke Engelke hat es mal auf den Nenner gebracht: „Nicht an sich denken, das macht ja der andere schon“, und Yoko Ono: „Man fühlt sich wohl, ohne sich darum bemühen zu müssen. Wenn man sich darum bemühen muss, nicht man selbst zu sein, wenn man sich verstellen muss, dann handelt es sich nicht um Liebe. Liebe heißt, sich nicht verstellen zu müssen. Aber es ist sehr schwer, jemanden zu finden, bei dem das zutrifft.“ *

Nun soll keiner glauben, die gotischen Völker seien Gemeinschaften der Freien und Gleichen gewesen. Aber wer lebt schon die Dreiheit aus Glaube - Liebe - Hoffnung des Korintherbriefes?

Der Prot erfüllt nicht die kleinste Bedingung. Liebe ist ihm nur ein Wort im Machtspiel ums Eigentum.

Gruß

Friedel


* Das Zeitmagazin wollte im Dezember 2013 wissen: "Was ist Ihre Wahrheit über die Liebe?", und bekam 44 Antworten – und eine halbe. Am 19. Dezember 2013 - 07:00 Uhr unter Zeit online eingestellt. Yoko Ono unter 2, Engelke Nr. 6.

 

Hej Xayide,

ich möchte auf diesem Wege und in Inspiration durch Friedrichard ergänzen, was mir gerade durch Heinrich von Kleist über die Liebe unterkommt. In einem Brief an Wilhelmine von Zenge schrieb er:
"Edler und besser sollen wir durch die Liebe werden".

Die Wahrheit über die Liebe wird noch so manchen suchend umtreiben. Ich bin auf jeden Fall dabei ;)

Alles Liebe, Kanji

 

Hi @Xavide

Liebe, ja was ist Liebe. Ein mieses Wort, ein verbrauchtes Wort und es ist ziemlich müssig, sich auf eine Definition festlegen zu wollen. Das geht nicht, weil jeder eine andere hat. Gilt selbst für Wortverbindungen, wie beispielsweise Heimat- oder Vaterlandsliebe.
Aber das spricht nicht gegen den Text, der übrigens sprachlich durchaus gefallen kann.

Was mir nicht gefällt:

Zum einen ist der Text einfach völlig überladen, schwelgerisch, als müsste der Erzähler mit prunkenden Vergleichen und Anspielungen den späteren Mord rechtfertigen.
Hier ein Beispiel:

Ihre langen, dunklen Haare ergossen sich in Wellen über ihren Rücken. Ihre helle Haut glänzte silbern im Mondlicht. Sie war schön. Wundervoll. Makellos. Ihr Gesicht ruhte auf Ihrem Arm. Die Lider waren geschlossen. Vollkommenheit war das Wort, das in ihm aufstieg. Ihr Mund, der ihn eben noch leidenschaftlich geküsst und liebkost hatte, war leicht geöffnet. Der Strauß mit Rosen, neben dem Bett, verströmte einen süßlichen Duft. Das Aroma erinnerte an ihr Parfum, an den Geruch Ihres Körpers, als sie sich geliebt hatten.
das ist zu viel, die Frau ist ein Phantom...

Was völlig fehlt, ist der Blick auf den Mörder seiner Liebe selbst. Er wird nicht sichtbar, nur seine Reflexion.

Und schließlich: wo ist der Blick auf den Schrecken, den er angerichtet hat. Sie kann als Leiche unmöglich diese luzide Schönheit bewahren, nicht vollständig, da müsstest du mehr draufhalten.

Ich hoffe du kannst was mit anfangen
viele Grüße
Isegrims

P.S. Ich habe kürzlich eine Geschichte mit ähnlicher Thematik eingestellt. ("Elagabalus") da liegt der Fokus mehr auf dem Machtaspekt, den the one and only Friedrichard oben angemerkt hat,

 

Liebestöter - sind das nicht gemeinhin Unterhosen? Aber Scherz beiseite,

lieberRonnie

Gewohnheit (also Alltag) ist auf jeden Fall Killer Nr. Eins (da bleibe ich dabei
), darfstu ja auch, wenn das Deine Erfahrung belegt.

Sozusagen Empirismus und ggfs. durch teilnehmende Beobachtung bestätigt geglaubt.

Aber ist Gewohnheit nicht der Standard? Das Kind muss sich ja auch zu allererst an alles mögliche und - sofern's die erziehende Truppe so will - unmögliche gewöhnen. Das Ungewohnte ist eher gefährlich. Oder wie erklärt sich das Ausschalten von Solidarität, andere nennen's Nächstenliebe, gegen über den Flüchtlingen? Bei mir nebst dem angetrauten Weibe geht's morgens eher zu wie bei Loriot, man liest die Zeitung, trinkt Kaffee und schiebt sich das Brot zwischen die Kiefer. Jedes überflüssige Wort wird vom anderen mit hochgezogenen Augenbrauen bearg"wöhnt". Dass ich auch Freunde anderen Geschlechts habe hat nix mit Sexualität zu tun, die fälschlich mit der Liebe gleichgesetzt wird. Eine Liebe, die den Alltag nicht übersteht, war nie eine Liebe. Und warum klingt gewöhnen so ähnlich wie wohnen? Weil es davon abstammt. Es ist ein VERTRAUT machen und hernach sein.

Ich frag mal ganz provokant: Sollten nur Metzger und Unbehauste zur Liebe fähig sein?

Nix für ungut

Friedel

 

Wow, ich bin platt.

Ihr Lieben, traue ich mich kaum zu sagen. ;)

Die vielen Adjektive und Umschreibungen sind in dieser Geschichte volle Absicht.
Es sollte so perfekt sein. Liebe wie bei Romeo und Julia. Tristan und Isolde. Rein, selbstlos und
wunderbar. Die Erotik sollte nicht billig sein, sondern die wahre Liebe vollkommen machen.
Es sollte so sein, wie Liebe sein sollte, oder?

Das Blut, der Mord und die Berechnung sollten den krassen Gegensatz zur Lieblichkeit der Romanze bilden.

Aber das ist alles gar nicht mehr wichtig.

Ich hab hier etwas geschrieben, was Euch dazu gebracht hat, über die Liebe zu philosophieren, statt Euch groß um meine handwerklichen Mängel zu kümmern. Ich glaube kaum, dass man sich als Autor mehr wünschen kann. :)

Daher allen Beteiligten ganz lieben Dank. Ich fühle mich sehr geehrt.

Viele Grüße

Xayide

 

äh Xayide

ich will dir ja jetzt nicht die liebevolle Stimmung vergrätzen, aber da haben sich einige Leute intensiv mit deinem Text auseinandergesetzt, findest du nicht, dass du auf die einzelnen Kommentare eingehen solltest, auf dass du einerseits was dazu lernst und andererseits ihnen so was wie liebreizenden Respekt entgegenbringst? :hmm:

Ich hab hier etwas geschrieben, was Euch dazu gebracht hat, über die Liebe zu philosophieren, statt Euch groß um meine handwerklichen Mängel zu kümmern. Ich glaube kaum, dass man sich als Autor mehr wünschen kann.
Als Autor darf man sich mehr wünschen: bessere Texte beispielsweise, näher dran, mehr machen... darf man, oh ja...

liebe Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Isegrims:

Entschuldigung! Du hast völlig Recht. Ich war nur völlig verblüfft, dass mein Text eine solche Diskussion angeregt hat. Mein Autorenleben steckt nach 6 Monaten noch in den Kinderschuhen. Da bin ich bei so viel Reaktion direkt in Euphorie verfallen. Jetzt haben die Füße aber den Teppich wieder.

Gerne möchte ich Deinem Hinweis folgen und noch etwas zu den obigen Kritiken sagen.
Wobei ich meine Einschätzung zum Thema Liebe mal weg lassen werde, um wieder mehr beim Text anzukommen. ;)

Friedrichard:

Vielen Dank für Deine ausführliche und wortgewandte Stellungnahme. Sorry, dass ich nicht so ganz mitgehen kann.

Fahles Mondlicht hat für mich gar nichts mit der Helligkeit, sondern nur mit der Farbe zu tun. Es ist Vollmond und das Licht ist hell. Hell genug um zu Schreiben und Papier leuchten zu lassen.
Es sollte fahl (farblos, kalt) sein, damit das Schwarz/Weiss der Situation mehr herausgestellt wird. Damit der Kontrast zum Rot des Blutes deutlicher wird. Meine Inspiration war übrigens ein Song von Brings (Der Mond). Nur mal so.

Zu den Adjektiven wiederhole ich mich hier einfach nochmal:
Die vielen Adjektive und Umschreibungen sind in dieser Geschichte volle Absicht.
Es sollte so perfekt wie möglich sein. Liebe wie bei Romeo und Julia. Tristan und Isolde. Rein, selbstlos und wunderbar. Die "leichte" Erotik sollte nicht billig sein, sondern die wahre Liebe vollkommen machen.
Die vielen, schönen Wörter sollten den Leser warm einlullen, in das vermeintliche Glück der beiden.
So wie die Kitschromane, die in meinem Schrank stehen und für die ich mich nicht schäme. ;)
Wir Mädchen brauchen immer was Warmes.
Ansonsten und zukünftig selbstverständlich wieder streng nach Twain: (Wenn Sie ein Adjektiv sehen, bringen Sie es um!)

@ Ronnie: Danke schön. Freut mich, dass mein Gefühl der Stimmung bei Dir angekommen ist. Für Dein Zuhause wünsche ich Dir ganz wenig Alltag. Ich glaube, wer hier schreibt, hat genug Kreativität um im Alltag zu bestehen ;) Ein Hoch auf die Liebe :)

@ Kanji: Lieb von Dir. Auf der Suche nach meinem Stil, hab ich eine ziemlich dunkle Seite von mir aufgetan. Der Mord hat Spaß gemacht. :sealed: Das darf man wohl auch nur hier schreiben ;)
Stimmt. Die Flüssigkeit des Textes leidet unter den vielen Worten, die ich für die Stimmung brauchte. Ich dachte, wenn man Schmetterlinge im Bauch hat und so viel Emotion auf einen einstürmt, dann darf der Text auch etwas mehr "hüpfen". Bei der nächsten Geschichte wieder mehr "Fluss".

@ Isegrims: Nochmals vielen Dank für Deinen Hinweis.

Das ich den Mann nur als Reflektion sichtbar werden lasse, ist mir erst durch Deine Anmerkung aufgefallen. Toll, was Du alles siehst. Ich muss gestehen, eigentlich gefällt mir dieser Sachverhalt sogar.
Es ging genau darum. Der Typ lebt diese viel zu große, überschwängliche Liebe, bei der einem die Umschreibungen fast an den Ohren wieder rauskommen.
Aber es geht ihm nie um diese Frau. Daher auch kein Schrecken über die Tat oder den Verlust. Sie ist austauschbar. Es geht nur um die Emotionen, die er erlebt, die er liebt, die er zu Papier bringt. Es geht nicht wirklich um ihn (daher passt das mit der Reflektion ganz gut), sondern letztlich geht es um die Gefühle, die er aufschreibt und die ihm einen Bestseller bescheren werden. Und Frauen, die ihn lieben werden. Und wahrscheinlich wird eine von ihnen sein nächstes Opfer.

Irgendwie träumen wir Mädchen doch alle von dem Prinzen auf dem Pferd. Meine Tote auch. Sie ist glücklich, glaubt ihn gefunden zu haben. Sie liebt. Für sie ist alles wahr.
Er genießt die Romanze, lässt sich überfluten von den Gefühlen, durchlebt sie mit ihr. Aber letztlich ist er eben doch kein Prinz, sondern ein narzisstisches "Mega-Arschloch". Er saugt sie aus, wirft sie weg und behält nur, was sie ihm gegeben hat. Ihre Liebe. Die sein Erfolg werden wird.

Und nein, die Geschichte hat keinen autobiographischen Hintergrund. ;)

Deine Geschichte hebe ich mir für den Heimweg auf. Das Thema Macht und Liebe hat auch seinen Reiz. Freu mich schon.

Nochmal ganz vielen Dank für Eure Reaktionen.

Viele Grüße

Xayide

 

Hallo Xayide,

bei dem Menschenbild, das du da entwirfst, schüttelt es mich:

Die Frau, ganz Hingabe, ganz Schönheit, weiter nichts.
Der Mann, der Vampir, der das Blut braucht, um seine Existenz zu sichern, immer wieder.

Mich wundert es überhaupt nicht, dass angesichts der Verknüpfung mit dem Begriff "Liebe" eine Diskussion entbrannt ist, zumal derzeit einige Geschichten unterwegs sind, die "Liebe" im Titel führen.
Interessant ist allemal, wie unterschiedlich das Verhältnis von Sex und Liebe gesehen wird. Der Spielarten gibt es wahrlich viele. Und da gibt es halt auch noch die vierte Dimension: Zeit. Aber dazu braucht man ein bestimmtes Alter;).

Freundliche Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Wieselmaus,

darf ich mich freuen, dass es Dich schüttelt? Damit hätte der Text Dich erreicht, oder?

Unabhängig von meiner Geschichte...
Ich glaube, das Schwierige an der Liebe ist, dass die Menschen eine so unterschiedliche Vorstellung davon haben. Wenn da nicht die passenden Erwartungshaltungen zusammenkommen, wird es schwierig.

Wer erwartet, dass die Schmetterlinge im Bauch nie eine Pause machen, verpasst vielleicht das unsagbar schöne Gefühl, wenn einem eine faltige, unendlich vertraute Hand, liebevoll über die Wange streichelt.
:)

Viele Grüße

Xayide *fest von der Topf und Deckel-Theorie überzeugt und auf keine Fall liebensmüde.

 

Hallo Xayide,
ich bekomme Karies von zu viel reinem Zuckersirup. Skyline, ergossen wellige Haare, Rosen, makellose Schönheit, Zartheit, Perfektion. Da bekomme ich Karies und Nesselsucht. Jeder Satz lässt nur mein Aggressionslevel weiter ansteigen. Da hilft es mir auch nicht, dass er ihr hernach den Hals aufschlitzt.
Ich kann das Argument verstehen, dass Du alles perfekt erscheinen lassen wolltest, damit die Pointe besser trifft.
Aber das funktioniert so nicht. Weil man die Protagonisten nicht ins Herz schließt, durch Perfektion. Sie bleiben dann der reine Platzhalter. Man empfindet so viel für sie, wie für ein Modell in der Shampoowerbung. Denn sie sind nicht menschlich.

Nimm Photoshop und Weichzeichner raus, hauch ihnen Leben ein. Und vermeide Groschenromanromantik. Dann berührst Du eher Deine Leser. Indem sie sich vielleicht ein bisschen identifizieren können.

Viel Freude dabei,
Gretha

 

Hallo Gretha,

ups, mein Text hat Dich ja so völlig auf dem falschen Fuß erwischt.
Ich freu mich aber sehr über Dein Feedback. So wird klar, dass die Geschichte bei jemanden auch voll daneben gehen kann.

Klar sind die Worte einen drüber, aber ich denke, hoffe, dass Liebe schon so sein kann.

Friedrichard hatte ja schon auf den Korintherbrief Kapitel 13, Vers 4 verwiesen.

"Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit; sie verträgt alles, sie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles." Auch kitschig, aber einer der meist gewählten Texte für Hochzeiten.

Das die Frau schön und makellos ist, passte für mich besser zur Geschichte und zum Mord als übergewichtig, mit Zahnlücke und Orangenhaut. Der Realität wäre das bestimmt näher, aber einfach weniger stimmungsvoll. Mir ist das Mädel ja auch zu perfekt, aber nicht weitersagen. ;)

Mir ging es eigentlich gar nicht darum, Sympathien für die Personen zu wecken, sondern mehr darum, zu zeigen, dass Liebe, egal wie groß sie erscheint, manchmal gar keine ist. Und das sich, unter scheinbar reiner Liebe, ungeahnte Abgründe verbergen können.

Schade, dass mein Versuch bei Dir völlig schief gelaufen ist. Hoffentlich gibt's Du einer meiner nächsten Geschichten eine neue Chance.

Viele Grüße

Xayide

 

Ob der

Korintherbrief Kapitel 13, Vers 4 ... [a]uch kitschig [sei]
, weil er auf Hochzeiten verteilt würde (auch schon mal in sonstigen Urkunden wie etwa zur Konfirmation), bezweifel ich,

liebe Xayide.

Kitsch, das Wort ist vielleicht von mundartlich kitschen, „Straßenschmutz zusammenkehren“, um 1870 im Münchner Kunsthandel entstanden und meinte damals einen billigen Kunstersatz. Es kann kein Zufall sein, dass das Wort zu Zeiten der Courts-Mahler (Pilcher würden wir sie heute nennen) und der Gartenlaube aufkam. Heute wird der Begriff abwertend verwendet, was bei Dir so'n bissken durchscheint genau zum falschen Objekt.

Der Duden versucht eine Annäherung von Definition durch "aus einem bestimmten Kunstverständnis heraus als geschmacklos [und sentimental] empfundenes Produkt der darstellenden Kunst, der Musik oder Literatur; geschmacklos gestalteter, aufgemachter Gebrauchsgegenstand". Kitsch ist also bestenfalls gelungenes Kunsthandwerk, was nix gegen handwerkliche Fähigkeiten besagt (ohne die geht auch keine Kunst. Hier heißt es, die Schriftsprache zu beherrschen, beim Schauspieler sauber sprechen zu können + den Text zu behalten oder doch wenigstens so abzuändern, dass es passt und keinem negativ auffallen kann, der Bildhauer sollt auch einen Grabstein ordentlich behauen können, der Maler mein Gesicht ohne Bart wiedererkennbar zeichnen können. Mit Bart kann ich es selber ganz gut. Usw.)

Aber die Bibel ist alles zugleich: Mythos, Sage, Märchen, erzählendes Geschichtswerk, Dichtung (Psalmen und der ganze Salomo), Prophezeiung und Apokalypse, manches Gleichnis kommt geradezu als Kurzgeschichte daher, kurz: Die gesammelte Kunst von Jahrtausenden und der Korinther gibt an der beklagten Stelle ein Definition, die auf das hinausläuft, wie die Goten sie definierten. Kann auch gar nicht anders sein, den Ulfila, der die Bibel ins Gotische übertrug, war eigentlich noch größer als Luther: Er musste die alte Runenschrift in Buchstabenschrift übertragen und seine Bibel wurde selbst in Spanien gelesen.

So, nu ist genug, und - da bin ich von überzeugt - wir werden uns verstehen.

Vorsorglich ein schönes Wochenende ohne Rummel vom

Friedel

 

Lieber Friedrichard,

wenn die Leute wüßten, was die Bibel literarisch zu bieten hat, hätte sie mehr Leser.
Beim Hohelied des Salomons war ich beim ersten Lesen schwer von den Socken.

Dir ein schönes Wochenende.

Liebe Grüße
Xayide

 

Beim Hohelied des Salomons war ich beim ersten Lesen schwer von den Socken.

Bin ich auch, von Dir, und darum: Wir verstehn uns,

liebe Xayide,

das ist das erste Stück Weltliteratur schlechthin. Oder wüsstestu was vom Gilgamesch? Das ist die erste, vor allem ältere nicht mosaische Version der Sintflut.

Wenn man denn so will. Aber alle Völker/Mythen kennen das Ereignis auf diese oder jene Weise. Und die Archäologie ahnt, wo Zivilisation vor dem Zweistromland und dem Niltal entstand (könnt man auch in dem Fall mit d statt t schreiben, den Anfang und Ende sind da gleich).

So, morgen gibt's Jatz für den Landwirt. Also:

Bis bald & schönes Wochenende vom

Friedel

 

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