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Copywrite Diesseits

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16.03.2015
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Diesseits

„Als sich das Bewußtsein in mir entzündete,

war es seltsam tief gespalten zwischen Wachen und Träumen.

Und noch jetzt, da es sich dem Erlöschen nähert,

flackert es leise knisternd hin und her. (…)“

Max Dessoir 



Unentwegt starre ich in den Himmel und flehe, der Tag würde vorbeiziehen, bevor die dunklen Wolken ihn einholen. Vom Torbogen aus habe ich nicht nur das Wetter, sondern auch das Treiben im Innenhof gut im Auge. Auf dem Rasen tollen Kinder herum – Mädels in weißen Kleidchen und mit Schleifen im Haar; Buben in ebenso gebührlicher Garderobe, anstatt in gewohnten Knickerbockern.
Die meisten Gäste haben bereits auf den Stühlen Platz genommen, die vor dem Wassergraben arrangiert sind. Damen in schicken Cocktailkleidern und Herren in mondänen Smokings oder Cutaways. Sie ahnen nichts von dem Geschehen, das sich auf dem Anwesen abgespielt hat.
Mein Kopf pocht; verborgene Erinnerungen quellen empor. Die alte Gräfin mit dem jugendlichen Antlitz, die zwischen Zeiten und Welten zu schweben scheint. Die blasse Erscheinung, deren Gegenwart ich im Hier und Jetzt verspüre.

Ich beobachte, wie sich Tamara in die erste Stuhlreihe setzt und das Kostbarste auf dem Schoß nimmt, das wir besitzen: Charlotte, die in ihrem mit Spitzen und Stickereien geschmückten Taufkleid wie eine kleine Prinzessin ausschaut.
Mein Blick schweift weiter zum Taufbecken, das am Rand des Wassergrabens steht. Gut bewacht vom Mann am Kreuze an der rückwärtigen Backsteinmauer.

Tamara hatte mich mit ihrer überschwänglichen Freude angesteckt. Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit, hatte sie sichtlich bewegt über die geplante Segnung beim Taufgespräch gesprochen.
Das Wasser der Taufe schenkt dem Menschen neues Leben, so die feierlichen Worte unseres Priesters.
Die Brücke ist repariert und Wir lassen die Kleinen nicht unbeobachtet, dachte ich. Gesagt hatte ich aber nichts. Vielmehr musste ich meine Zunge im Zaum halten, um nicht die Worte auszusprechen, die mir eine fremde Macht auf die selbige gelegt hatte. Eine andere christliche Symbolik des Wassers: Durch die alles Böse vernichtende Kraft der Sintflut wird neues Leben möglich.

Jäh unterbricht mein Vater die Gedankengänge, als er seine Hand auf meine Schulter legt und irgendetwas tuschelt. Ich lächle verlegen und streife imaginäre Staubfussel vom Smoking. Verstohlen schaue ich ihn hinterher, bis er sich wieder hinsetzt. Ihm habe ich nichts von den Geschehnissen erzählt. Wie hätte er auch reagieren sollen? Jage nicht ständig alten Sagen hinterher. Das hätte er gesagt und es wäre nur recht und billig gewesen.
Noch immer habe ich Wasserplätschern und Gemurmel im Ohr, deren Klänge von den über dreihundert Jahre alten Backsteinen der Wasserburg reflektiert werden. Harmlose Geräusche, die sich in meinem Bewusstsein als flutende Strömung und panisches Geschrei eingebrannt haben.
Mein Blick bleibt bei den Mäulern der drei Löwenköpfe am Springbrunnen hängen. Mir kommt es vor, als führten sie ein Eigenleben und spien das Wasser nur tröpfchenweise. In Anlehnung an die Bibelstelle, die noch immer auf meiner Zunge liegt, stelle ich mir vor, wie die Mäuler alle Flüssigkeit einhalten und dann plötzlich und mit voller Wucht den Graben überfluten.
Um mich herum verstummt es und ich vernehme nur das Rascheln von Seide und das Schnurren einer Katze. Geräusche, die mich seit der Begegnung mit der Gräfin quälen.
Das Aufzucken eines Blitzes holt mich endlich in die Gegenwart zurück. Flüsternd zähle ich die Sekunden bis zum Donnerschlag. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig.

oOo​

Begonnen hatte es vor anderthalb Jahre bei einer Spazierfahrt durch unsere neue Heimat. Ich hatte gerade den Professorenstuhl der Psychologischen Fakultät besetzt, beschäftigte mich seit geraumer Zeit auch mit der Parapsychologie, hatte an Séancen teilgenommen und war fasziniert von dem schmalen Grat zwischen Realität und gemeinhin angenommener Unwirklichkeit. Mein Ziel war es, diesen im Kollegium eher belächelten Wissenschaftszweig zu etablieren, die psychischen Fähigkeiten, die jenseits des normalen Wachbewusstseins liegen, nachzuweisen.
An jenem nebeligen Sonntagmorgen stießen Tamara und ich auf ein Ödland, das so gar nicht zu den umliegenden grünen Wiesen und dichten Getreidefeldern passen mochte.
Ohne Vorankündigung stöhnte der Kühler meines Maybachs auf. Heißer Wasserdampf quoll empor und bildete ein Rinnsal auf der einsamen Landstraße. Während mein Chauffeur Joseph peu à peu Wasser nachfüllte, küsste ich Tamara auf die Wange und gab vor, draußen frische Luft zu schnappen.
Als ich die Füße auf den Boden setzte, traten die höllischen Kopfschmerzen zum ersten Male auf. Draußen herrschte eine ungewöhnliche, fast schon gespenstisch anmutende Leere und eine Lautlosigkeit, dass ich mir unsicher war, das Richtige zu tun.
Die Stirn massierend schaute ich zum Rheinufer hinunter, wo sich allmählich zwei schemenhafte Umrisse aus dem Nebelschleier herausdrängten. Wachsam blieb ich noch eine Weile am Automobil stehen, bis das Hämmern im Kopf auf ein erträgliches Maß abgeklungen war.
Ein paar Schritte ging ich vor und versuchte, mir ein genaues Bild von den Silhouetten zu machen. Tatsächlich erkannte ich zwei schmale, rote Türme. Ich drehte mich zurück und sah, wie Tamara durch die Scheibe auf die Umrisse starrte. In ihrem Gesicht erkannte ich die gleiche Neugier und das Verlangen, das auch mich antrieb.

Ich half Tamara aus der Limousine. Joseph legte sogleich seine Mütze auf den Beifahrerplatz und nutzte die Pause zum Zeitung lesen.
Nachdem sich Tamara noch ihren Glockenhut bis tief in die Stirn heruntergezogen hatte, folgte sie mir auf den Fersen. Ich musste vorsichtig sein, war der schmale, im Dunst der Morgensonne liegende Feldweg doch relativ steinig.
Nach einigen Metern bekam ich das Gefühl, eine unsichtbare Grenze zu überschreiten. Wie gefangen blieb ich stehen und stellte fest, dass ich an einer dürren Wurzel hängengeblieben war. Mir fiel auf, dass der Weg weder Spuren von Kutschen oder Automobilen, noch andere Lebenszeichen aufwies. Ebenso verdutzt sah ich zu, wie sich die beiden Türme langsam wieder in die getrübte Atmosphäre zurückzogen.

Kurze Zeit später standen wir vor dem rundbogigen Toreingang eines Backsteinbaus, einer kleinen, freistehenden Burg mit Zinnen und zwei Türmen, vielleicht zweihundert Meter vom Rhein entfernt. Vergeblich suchte ich nach einer Glocke und klopfte dann am Tor. Rasch staubte ich noch meinen Stresemann ab und schlug ein weiteres Mal gegen das Holz, diesmal entschlossener.
Alles sah verlassen aus, verwahrlost, als hätte sich seit dem Krieg keiner mehr hier aufgehalten. Die Mauersteine vertrugen frischen Zement, die Eisenstäbe an den Fenstern und am Tor hatten Rost angesetzt, und das Kopfsteinpflaster, das die Burg einrahmte, war grünlich.
Wir warteten kurz. Dann stellten wir uns auf die Fußspitzen, lugten durch eine kleine Toröffnung und waren wie verzaubert ob dieses Anblickes: ein barocker Innenhof und ein ebendieser Springbrunnen. Es war zwar alles dürftig erhalten, aber wie prächtig musste die Wasseranlage im Ursprungszustand gewesen sein!
In diesem Moment trafen wir die stumme Übereinkunft, dass diese Wasserburg mit dem Springbrunnen der Ort für die Taufe unseres Kindes sein würde. Wir konnten da nicht ahnen, dass Tamara in der vierten Woche schwanger war.
Hinter uns raschelte es immer lauter. Wir drehten uns um und vernahmen eine Bewegung in einem Rosenbaum. Schnurrend kam eine weiße Perserkatze aus dem blattlosen Strauch hervor. Es raschelte erneut, diesmal von der anderen Seite des Busches. Eine gebückte Gestalt in weißen Gewändern erschien. Das Tier näherte sich zögerlich der Frau, die genüsslich vor sich hin lächelte.
Bevor ich etwas sagen oder tun konnte, machte die Frau mit einem langanhaltenden Räuspern ihre Stimme klar, als müsste sie ihren Stimmbändern erst wieder das Sprechen beibringen. Sie entschuldigte sich für ihr unvermitteltes Auftreten und stellte sich als die Gräfin vor. „Es ist das Anwesen unserer Familie. Wir leben nicht ständig hier. Ich bin nur da, weil ich in dieser Welt noch etwas zu Ende bringen muss.“
„Angenehm. Julian Ferdinand Altenrath, Medizinische Fakultät zu Köln, Professor der Psychologie“, sagte ich mit einem mulmigen Gefühl ob der seltsamen Worte der Gräfin. „Und das ist meine Gattin, Tamara.“
Obwohl mir bewusst war, dass sich das nicht gehörte, hielt ich der Gräfin meine Hand entgegen. Bevor ich meinen Fauxpas erkannte, griff die Dame zu. Ich umfasste eine knochenlose Hand, kalt wie Wasser.
„Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns ein wenig umschauen?“ Ich wollte meinen eigenen Worten nicht trauen, dachte ich doch eher daran, wieder umzukehren.
Die Dame musterte meine Frau und setzte ein wissendes Lächeln auf. Wortlos kramte sie in ihrer Tasche nach einem Schlüssel und öffnete das Tor. Schnell ließ sie uns herein, als hätte sie Sorgen, wir überlegten es uns anders.
Wie an einer unsichtbaren Schnur zog sie uns hinter sich her. Ich fühlte mich nicht Herr meiner Sinne und umklammerte feste Tamaras Hand.
Mit einer Mischung aus Aufgeregtheit und Begeisterung stellte Tamara tausend Fragen, dass ich erstaunt war, ob sie denn nichts Ungewöhnliches empfand. Die Gräfin beantwortete alles geduldig. Wir erfuhren, dass die Burg früher eine von Weihern umgebene uneinnehmbare Verteidigungsanlage war. Nach der Trockenlegung wurde sie zum Sommersitz umgebaut und blieb während des Weltkrieges, wie zuvor im Deutsch-Französischen Krieg, unbewohnt.
So wie die Burgherrin von ihren Plänen sprach, das Anwesen zu sanieren und einen Gasthof zu eröffnen, eruierte ich, dass ihre Bewegungen und die gewählte Ausdrucksweise durchaus einer edlen Dame entsprachen.
Jedoch war ihre Kleidung archaisch und so abgenutzt, als trüge sie seit Jahrzehnten nichts anderes. Überhaupt wirkte sie mit dem weißen, schütteren Haar und den Altersflecken auf der blassen Haut auch verhältnismäßig bejahrt. Nur ihr Antlitz hatte etwas Jugendliches bewahrt: Es schien das einer Mittzwanzigerin zu sein.
Nach einigem Grübeln kamen mir Fälle des vorzeitigen Alterns in den Sinn, auf die ich während meiner Famulatur – allerdings nur bei Kindern – gestoßen war. Die Burgherrin hielt ich für einen Fall von Progeria adultorum, das erst kürzlich beschriebene Krankheitsbild bei Erwachsenen.
Ich fragte mich, wo sich der Herr des Hauses, ihr Gemahl, befand und ob es Nachkommen gab. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagte sie mit dünner Stimme, dass der Graf vor zwei Jahren gestorben war. „Ich würde Ihnen gerne auch die Innenräume zeigen, aber mein kränklicher Sohn hat sich dort zum Ausruhen hingelegt.“ Wirkte die Dame bei Erwähnung ihres verstorbenen Gatten schon relativ bitter, so liefen ihr nun auch dicke Tränen aus den müden, glasigen Augen.
Ich räusperte mich und setzte meine professionelle Stimme auf. „Wenn Sie erlauben, hole ich meine Arzttasche und schaue nach Ihrem Sohn.“
„Ist schon gut, vielen Dank“, sagte sie und versuchte dabei, ihr Gesicht zu einer heiteren Miene zu verziehen. „Er hat einen solch tiefen Schlaf, dass ich ihn nicht wecken möchte.“
Ich war enttäuscht, wollte ich doch wissen, wie alt ihr Sohn war, um so Rückschlüsse auf das Alter der Dame zu ziehen.

Während wir der Gräfin weiter durch den Innenhof folgten, schaute ich mir die Burg näher an. Auch wenn das Anwesen noch nicht an die Elektrizität angeschlossen und kein Telegraphenmast auszumachen war, musste da doch zumindest irgendwo eine Kerze oder Gaslampe brennen. Aus den Kaminen entwich kein Qualm, sämtliche Glasscheiben waren trübe, nirgendwo hingen Gardinen oder Vorhänge.
Selbst der Innenhof wirkte gottverlassen. Auf dem mit Vogeldreck übertünchten Kopfsteinpflaster standen zwar Tische, aber keine Stühle. In einem unbeobachteten Moment strich ich über eine der Tischplatten. Dicker Staub blieb an meinem Finger haften.
Sie führte uns zum reichlich mit Ornamenten verzierten Springbrunnen mit den drei Löwenköpfen und erzählte von dessen Bau im siebzehnten Jahrhundert.
Das Wasser in den Rinnen war abgestanden. Tote Insekten trieben auf der fauligen Oberfläche. Ich musterte die Löwenköpfe und stellte fest, dass deren Mäuler gänzlich verstopft waren. Als ich sie berühren wollte, spürte ich etwas an meiner Wade. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Es war die Katze, die sich an mich schmiegte. Ich versuchte, ein auftretendes Gefühl des Unwohlseins zu verbergen. Dann war deutlich wieder das Geräusch zu hören: das Rascheln ihrer seidigen Röcke, das wie das Zischen einer Schlange klang, als sich die Dame bückte und das Tier auf den Arm nahm.
Sie sprach so liebevoll zu dem Geschöpf und streichelte es dermaßen zärtlich, dass ein jeder hätte denken müssen, sie sei ein besonders seelenvoller Mensch. Dem weißen Perser mochte ich aber ebenso wenig trauen, was aber vielleicht an meiner Aversion lag, da ich unzählige Male von übellaunigen Katzen gekratzt und gebissen worden war.

Kurz danach verabschiedeten wir uns von der Dame, die das Tor von innen schloss. Tamara lief voran zum Ufer. Ich folgte ihr bedachtsam und behielt meine Gedanken zunächst für mich.
Seelenruhig, fast schon unschuldig, schlängelte sich der Rhein zwischen saftigen Wiesen auf der gegenüberliegenden Uferseite und dem uns zugewandten, vertrockneten Grasteppich. Eine Fußgängerbrücke mit niedrigem Handlauf verband beide Seiten. Das Holz war morsch, außerdem fehlten einige Planken. Ich wunderte mich, dass die durch den Fluss getrennten Gebiete wie zwei gegensätzliche Welten wirkten.

Während der Rückfahrt sprachen wir über unsere Begegnung.
„Ja, ein wenig eigenartig war die Dame schon“, bestätigte Tamara meinen Eindruck. „Sie tat mir aber leid, schien sie doch viel Kummer in sich zu tragen. Ich wünsche ihr, dass ihr Sohn wieder gesund wird und das Anwesen aufblüht. Vielleicht können wir ja tatsächlich mal die Taufe hier feiern.“
„Die Alte hatte irgendetwas zu verbergen“, grübelte ich. „Ist dir auch aufgefallen, wie merkwürdig sie aussah? Sie verlor auch kein weiteres Sterbenswörtchen über ihren Sohn. Die Burg und die Gegend wirken … so tot.“
„Ja, sie ist kränklich, schwach. Die Dame braucht Beistand“, antwortete Tamara und fuhr dann lächelnd fort „… und vielleicht auch etwas Puder oder Schminke. Aber übertreib’ nicht gleich, Schatz.“
Joseph, der sich sonst nicht einmischte, hüstelte kurz. Im Innenspiegel sah ich, wie sich seine Stirn kräuselte. Er beschwor hoch und heilig, außer uns beiden niemanden am Tor oder sonst wo gesehen zu haben.
„Das muss am dichten Nebel gelegen haben, Joseph.“

oOo​

Endlich erklingt der vereinbarte Glockenlaut. Das Tor öffnet sich einen Spalt breit und Erika hastet herein. Aufgeregt tuschelt sie los. „Der Priester ist endlich eingetroffen. Das Automobil hatte eine Panne.“ Mit sorgenvoller Miene schaut sie nach oben. „Es ist ziemlich windig und es wird regnen, Herr Professor“, sagt sie eindringlich. „Während der Zeremonie könnten wir noch Glück haben. Aber danach … die Zelte. Und dann noch fünfzig Leute, … die Kinder. Wir sollten nach der Segnung alle nach Hause schicken oder nur mit dem engsten Kreis in die Räume ziehen.“
Ich schaue zu Tamara herüber, die gerade unser Baby liebkost. Mit ‚Es wird schon gutgehen´ lehne ich Erikas Vorschlag ab.
Grummelnd macht sie auf dem Absatz kehrt und wirft einen Blick auf den kleinen rothaarigen Buben, der abseits auf dem Rasen steht und mit großen Augen in den Himmel starrt. Ich kenne ihn nicht näher, weiß nur, dass er zu Tamaras entfernter Verwandtschaft gehört.

Tatsächlich sind die Wolken dunkler geworden. Die Luft ist nervös. Ich gebe das Zeichen zum Hinsetzen und nehme selbst meinen Platz neben Tamara ein. Das Geflüster wird leiser, bis es verstummt. Alle Augen sind auf das Tor gerichtet.
Plötzlich blitzt es aus kürzester Entfernung auf. Erschrocken schaue ich gen Himmel und beginne in Gedanken, die Sekunden zu zählen. Einundzwanzig, zweiund… Als ich jedoch einen typischen, metallischen Geruch vernehme, drehe ich mich zur Seite und sehe, wie Gustave hinter dem dicken schwarzen Tuch seiner Kamera hervorkommt. Fröhlich winkt er mir aus einer schwefeligen Rauchwolke zu, die das Aufnahmegerät samt Photographen eingenebelt hat.
Um auf andere Gedanken zu kommen, streichele ich Charlotte über die Wange, worauf sie mich mit ihren blauen Augen anstrahlt und glücklich aufjauchzt. Mir wird es warm ums Herz.
Dann erstarre ich vor Kälte. Das Gesicht, das vor meinem inneren Auge schwebt, verwandelt sich in eine Fratze. Das Antlitz der Gräfin, der alten Jungen, der jungen Alten.

oOo​

Vor einem halben Jahr hatten Tamara und ich die Wasserburg ein weiteres Mal besucht. Meine Frau wusste aus der Kölnischen Zeitung, dass das Anwesen für private Zwecke zu mieten war. Beim Gedanken an die skurrile Gräfin bekam ich zunächst Zweifel, dann nahm jedoch das überaus freudige Gefühl überhand, das Tamara und ich beim ersten Anblick der Wasseranlage hatten.
Diesmal war es der Motor, der just in dem Moment zu qualmen anfing, als wir auf die einsame Straße abbogen. Glücklicherweise kannte sich Joseph mit den technischen und mechanischen Apparaturen aus und bekam das Vehikel nach einiger Zeit wieder in Gang.
Eine großmütterlich wirkende Frau in einfacher Kleidung öffnete uns das Tor. Sie stellte sich als Erika vor. Viele Jahrzehnte war sie die Hausdame auf der Burg gewesen. Nun war sie für den Gastbetrieb verantwortlich, erzählte sie, während wir einen kurzen Rundgang im Innenhof machten.
War ich bereits überrascht, in welch blühenden Zustand sich der Außenbereich befand, wunderte ich mich, wie in dieser kurzen Zeit – es war ja kaum ein Jahr vergangen – auch der Innenhof und der Springbrunnen wieder den ursprünglichen barocken Zustand besaßen, den man zuvor nur hatte erahnen können.
Erika warf einen scheuen Blick auf Tamaras Bauch und zeigte stolz auf den Springbrunnen. „Ideale Bedingungen für Ihre Taufe. Und am Ufer, auf der Festwiese, können die Zelte für das Festmahl und die Feierlichkeiten aufgebaut werden.“
Auf mein Nachfragen zum Verbleib der Gräfin sah mich Erika unergründlich an. „Das Anwesen wird schon lange von einer Stiftung verwaltet.“ Dann berichtete sie von den fürchterlichen Geschehnissen, die sich vor dreißig Jahren zugetragen haben.
„Es geschah bei einer Familienfeier“, begann sie stockend. „Während sich die meisten Erwachsenen bei Kaffee und Kuchen im Innenhof aufhielten, waren die Kinder hinten auf der Wiese, wo sie schaukelten oder Räuber und Gendarm spielten.“
Nach einer kurzen Pause, in der sie sich wiederholt die Nase putzte, fuhr sie fort. „Blitzartig wurde das Wetter schlechter. Die Erwachsenen kamen herangeeilt, um die Kinder zu holen.“
Erika atmete kräftig aus und schaute kurz in den klaren Himmel. „Der kleine Robert, den wir wegen seinen leuchtend roten Haaren und seiner französischen Vorfahren alle nur Rouge nannten, stand plötzlich auf der morschen Holzbrücke. Der Wind musste wohl die Absperrung gelöst haben, nur so konnte Rouge sie überhaupt betreten.“
Ihre Stimme sank um eine halbe Oktave. „Der Sturm hat den Jungen blitzartig in den Rhein gestoßen. Er konnte nicht gut schwimmen, die Strömung war zu stark. Vom Ufer aus konnten wir nichts ausrichten. Außerdem war bei dem starken Regen und der Gischt kaum was zu sehen. Es gab keine langen Äste oder sonst etwas, womit man ihn hätte herausziehen können. Einige liefen zur Burg zurück, um Seile oder ähnliches zu holen. Die Gräfin war ins reißende Wasser gesprungen. Sie war beim Versuch, ihren Sohn zu retten, beinahe selbst untergegangen.“
Tamara hielt sich die Hand vor dem Mund. Ich musste schlucken. „Und das soll vor dreißig Jahren passiert sein?“, fragte ich nach einer angemessenen Pause.
„Ja, Herr Professor. 1891.“ Dann ergänzte sie schnell: „Aber keine Sorge. Die Brücke ist schon lange wieder in Ordnung. Außerdem war das der einzige ... Vorfall in der Geschichte der Burg. Die Gräfin war noch keine dreißig Jahre alt. Und erst kurz zuvor war ihr Mann, der Graf verstorben ...“ Sie schaute in mein verblüfftes Gesicht. „Frau Gräfin verschwand nur einen Tag nach der Beerdigung ihres Sohnes. Spurlos. Sie hatte alle ihre Sachen dagelassen, es fehlte kein einziges Teil. Einige Wochen später fanden Fischer flussabwärts eine Frauenleiche am gegenüberliegenden Ufer. Die unbekleidete Tote konnte nicht eindeutig identifiziert werden. Die Gendarmerie legte den Fall ungelöst zu ihren Akten.“ Erika wischte sich eine Träne fort. „Lassen Sie uns jetzt aber über Ihre Feier reden.“
„Glauben Sie, dass sie noch lebt?“, fragte Tamara.
Erika zögerte. „Das Verschwinden der Gräfin war noch jahrelang Thema aller Plaudereien. In sämtlichen Schichten. Manche wähnten, es gäbe einen geheimnisvollen Liebhaber, zu dem sie geflüchtet sei. Einige, noch fragwürdigere Quellen, berichteten gar, die Burgherrin noch Jahre später am Ufer gesehen zu haben.“

oOo​

Quietschend geht das Holztor auf. Alle erheben sich, als der Priester feierlich hereinschreitet, dem zwei junge Messdiener folgen. Der Geistliche blickt kurz in das Firmament, bekreuzigt sich und geht dann weiter. Er macht einen großen Schritt über den Wassergraben und stellt sich hinter den Altar.
Tamara strahlt mich an. Ich lächle zurück und halte dabei die Taufkerze so feste, dass ich sie beinahe zerdrücke.

Eine halbe Stunde später müsste ich eigentlich erleichtert sein, hatte uns doch der Sturm vor seiner erbarmungslosen Macht verschont. Auch die Wolken blieben die ganze Zeit über wie verleimt am Horizont stehen.
Hat sich der Sturm nur eine kurze Pause gegönnt? Eine kleine Waffenruhe, die er braucht, um seine Kräfte zu bündeln?
Wie in einer Prozession ziehen wir zum Ufer hinunter. Das Gras ist feucht, der Weg aufgeweicht. Damen halten den edlen Stoff ihrer langen Kleider hoch; einige Ältere werden von Jüngeren geleitet.
Es weht eine angenehme, lauwarme Brise. Dann blitzt in der Ferne das Gewitter wieder auf, das die ganze Zeit lang geschwiegen hat.
Vier Sekunden später höre ich den Donner.

Feiner Sprühregen legt sich wie ein dünner Schutzfilm auf die Tischreihen und Zeltplanen. Zwei Küchenhilfen beginnen, die Speisen sowie Gläser, Geschirr und Besteck mit Tüchern abzudecken. Noch bevor sie fertig sind oder sich erste Gäste schützend unter die Zelte gestellt haben, hört der Regen wieder auf.

Die Gäste versammeln sich an den Stehtischen, wo ihnen Champagner, Säfte oder Wasser gereicht wird. Während ich noch überlege, wie viele Leute in die beiden Zelte passen mögen und ob es genügend Regenschirme gibt, räuspert sich der Priester, nimmt den Kollar aus der Soutane und betrachtet begierig sein volles Champagnerglas.
Gedankenverloren blicke ich in die Runde. Tamara, die Charlotte in den Kinderwagen gelegt hat, nickt mir zu. Gustave legt eine neue Platte in seiner Kamera ein.
Jetzt liegt es an mir, die Feierlichkeiten mit einer kleinen Ansprache und dem obligatorischen Anstoßen zu eröffnen, ohne mir meine Befürchtungen und Ängste anmerken zu lassen.

Ich bringe unsere leeren Teller zurück und blicke mich um. Die Gäste amüsieren sich, essen vom Kuchen, löffeln im Crème brûlée und behalten die Kinder im Blick, die auf der Wiese spielen.
Vor dem Ausschank hat sich mittlerweile eine feuchtfröhliche Gesellschaft gebildet. Der Priester trinkt aus einem Bowlenglas und unterhält angeregt die Menge mit Tiraden über Politik und Wirtschaft der Weimarer Republik, während sich die Messdiener mit Wasser begnügen. Noch immer ist es lauwarm. Die Stimmung ist trotz der Brise und des Nieselregens gut.
Wie aus dem Nichts wird der Regen stärker. In der Ferne donnert es. Ich bin viel zu aufgewühlt, um die Entfernung dieses Einschlages und des nächsten abzuschätzen.
Tamara schiebt den Kinderwagen unter ins große Zelt, gefolgt von unseren Taufpaten und Eltern. Auch einige Ältere gesellen sich unter das Zeltdach. Ich bleibe weiter auf der Wiese stehen und sehe an der Böschung zwei Buben, die Steine in den Fluss werfen. Als meine Base sie lautstark ermahnt, hören sie auf und ziehen mit herunterhängenden Schultern in Richtung Brücke.
Auf den glitschigen Holzbohlen, die als Befestigung auf der Wiese ausgelegt sind, rutscht der erste Knabe aus. Einige Kinder lachen. Andere legen mit Ästen und Steinen ein Muster für das Himmel-und-Hölle-Hüpfspiel auf die Wiese.
Gustave stößt mich an der Seite an. „Das ist der Wahnsinn! Schau‘ da drüben! Ein solches Gewitter sieht man nicht alle Tage.“ Ich sehe ihm noch hinterher, wie er mit seiner Fotoausrüstung auf einen kleinen Hügel steigt.
Plötzlich bekomme ich entsetzliche Kopfschmerzen. Tausend kleine Skalpellklingen zersplittern in meinem Schädel.
Schnell! Ich muss schnell zu Tamara und Charlotte.
Petrus zieht mit einem kräftigen Rutsch den Vorhang weg. Alles geht ganz schnell. Das Gewitter blitzt über uns auf und malt ein Gemälde aus schwarz-weißen Umrissen auf die Zeltplanen. Das folgende Donnern erschüttert den Boden.
Wieder zucken Blitze durch die Wolken. Spuren der elektrischen Entladung fahren ins Wasser. Hagelkörner stürzen herab.
Im Nu wird das kleinere der beiden Zelte vom Wind zerfetzt. Kuchen fliegt über die Wiese, Flaschen und Geschirrteile zerbrechen. Leute flüchten in Richtung Burg. Unter ihnen finde ich Tamara, renne hinüber und entreiße ihr den Kinderwagen, getrieben von nur einem Gedanken: In die Burg! Hinter uns klappern die Zeltstangen, der Wind zerrt an den Planen. Das Schieben ist mühsam. Ich nehme das Baby aus dem Wagen, presse es an mich, Tamara klammert sich an meinen Arm. „In die Burg!“, schreie ich. Die Sicht ist schlecht. Äste krachen. Der Priester stolpert, Leute steigen über ihn hinweg. Eine Gestalt eilt zurück zum Ufer.
Ich schreie gegen den Wind an, gestikuliere meinem Vater mit den Händen. Er versteht, nimmt Charlotte auf den Arm, drückt sie an sich. Sofort laufe ich zum Wasser, weiche riesigen Pfützen aus, halte mir die Hand vors Gesicht.
Unscharf erkenne ich eine kleine, rothaarige Gestalt, die sich in den ins Wasser ragenden Ästen verfangen hat. Daneben, am Ufer, steht mein Vetter und versucht, den Körper aus dem Wasser zu ziehen.
Die Strömung ist zu stark, gemeinsam können wir den Kleinen nicht halten. Er wird weggetrieben, bleibt an der anderen Uferseite im Geäst hängen. Mein Vetter springt hinein. Er paddelt wild um sich, kommt kaum gegen das aufpeitschende Wasser an.
Ich muss hinüber, zur anderen Uferseite! Wie im Wahn laufe ich auf die Brücke zu, denke dabei an den Sohn der Gräfin, rufe in Gedanken seinen Namen. „Rouge! Rouge!“
Mein Vetter tastet sich ans Ufer zurück. Allein. Entkräftet sinkt er schließlich in den matschigen Boden.
Ich verliere die Balance auf dem nassen Holz, rutsche aus, durchbreche den Handlauf und stürze in den Fluss. Mit den Füßen pralle ich auf etwas Hartem auf, das sofort nachgibt. Ich strecke meine Beine, reiße die Arme nach oben. Endlich ist mein Kopf über der Wasseroberfläche, kann ich nach Luft schnappen.
Die Gischt stiehlt mir die Sicht. Ich stecke den Kopf unter, schlucke Wasser, versuche, etwas zu erkennen. Ein dunkler Schatten. Etwas hat sich auf dem Grund in Wurzeln verfangen. Arme sind nach oben ausgestreckt, versuchen, zu greifen, nach etwas Festem, an das sie sich hochziehen könnten. Dann zuckt der Körper ein letztes Mal auf.
Ich schlucke erneut Wasser. Wieder versuche ich, den Körper zu erreichen. Doch ich werde zu sehr abgetrieben. Erschöpft schreie ich nach Hilfe. Stimmlose Laute. Ich sehe nichts. Niemand kann mich hören.
Ohrenbetäubend schlägt ein Blitz in die Brücke ein. Es riecht nach verkohltem Holz. Unwillkürlich paddele ich mit Armen und Beinen, versuche zurückzuweichen. Mein Herz hämmert, in meinen Augen verspüre ich einen pochenden Druck. Ich habe die Orientierung verloren, sehe Brücke und Ufer nicht mehr.
Dann verstummt alles. Ich vernehme nur das Rascheln von Seide und das Schnurren einer Katze. Ich blicke zum Ufer, wo ich verschwommen eine Gestalt in weißen Gewändern sehe, die sich bückt und ein lebloses Bündel auf den Arm nimmt. Mein Blick wird klarer. Ich sehe, wie sie dem kleinen Kind zärtlich über die roten Haare streichelt. Ich höre ihre liebevollen, geradezu innigen Worte, als wäre sie ganz in meiner Nähe. Das Kind bewegt sich und schreit. Laute eines Neugeborenen.
Die weiße Gestalt lächelt, küsst das Kind auf die Stirn. Behutsam legt sie den Körper auf das Gras ab, sieht mir für einen kurzen Moment direkt in die Augen, scheint mich zu fixieren. Das Gesicht der Gestalt verschwimmt mehr und mehr vor meinen Augen. Es wird faltig, runzelig, bis es das einer alten Frau gleicht. Die Alte nimmt eine weiße Katze auf den Arm und wird völlig eins mit dem Nebel.
Ich schließe meine Augen und lasse mich im Fluss treiben. Mein Kopf pocht nicht mehr.

Feuchten Schlamm spüre ich unter mir. Dicke Finger patschen auf meine Wange, zwei Hände pressen meinen Brustkorb.
Ich starre in das besorgte Gesicht meines Vaters, kralle meine Hände ins Gras, huste, gurgele, spucke wie ein Springbrunnen alles auf einmal heraus. „Charlotte! Tamara!“ Nichts mehr als stumme Schreie. Mein Vater lächelt erleichtert und deutet mit der Hand irgendwohin.

Aufgeregte Stimmen umhüllen mich. Ich drehe mich nach links und blicke auf Beine. Rastlose Beine in feuchten, schwarzen Anzugshosen, nackte Beine, die aus schlammbedeckten Kleidern herausragen. Dazwischen sitzt er, in einer warmen Decke gehüllt, der kleine rothaarige Bube. Er zittert, flüstert mir etwas zu. Von seinen Lippen lese ich ein „Danke“ ab.
Mir laufen Tränen aus den Augen, als ich auf den kleinen, bewegungslosen Körper schaue, der rechts neben mir liegt. Eine Frau und ein Mann sitzen gebückt vor dem Buben, weinen, schreien. Ich bekomme kaum Luft.
Die Frau umfasst die leblose Hand des Buben, ihr Blick ist stumpf. Der Mann streichelt zärtlich den Kopf – durch das nasse, strähnige Haar. Durch sein krustiges, blutverschmiertes Haar.
Ich heule, brülle aus Wut, wimmere vor Angst. In meinem Kopf beginnt es erneut zu pochen. Schmerzvolle Schläge wie die eines Schmiedehammers.
Rasiermesserscharfe Klingen zerstückeln meinen Schädel. Ich nehme kupferartigen Geruch wahr. Eine warme, zähe Flüssigkeit fließt aus meiner Nase. Ich wische sie mit der Hand ab. Rieche an ihr. Schmecke von ihr.
Jetzt wird mir bewusst, wo ich bin.
Diesseits.

 

Ich wählte Peeperkorns Geschichte Sturm als Vorlage, die durch ihre „minimalisierte“ Art – will meinen, reine Konzentration auf die Dialoge nach dem schrecklichen Geschehen – viel „künstlerische Freiheit“ bzgl. Plot, Figuren und Ort versprach :hmm:

Entstanden ist eine Geschichte, die dort aufhört, wo das Original anfängt – ein Prequel.

 

Beharrlich schlagen längliche Regentropfen auf die Wiese und spritzen auf Menschen und Tische. Der Aufprall scheint kein Ende zu nehmen. Der Regen erinnert, zumindest, was seine Stärke angeht, an einen tropischen Wolkenbruch.

Eine Besprechung, passend zum Spiel zu Augsburg gerade eben ...

lieber Go Music,

und als ich die beschreibungsfreudige Einleitung las, glaubte ich schon, E. T. A. Hoffmann goes Gartenlaube - was sich dann aber nicht bestätigte.

Entstanden ist eine Geschichte, die dort aufhört, wo das Original anfängt
kann man - großzügig betrachtet - so sehn, denn Peeperkorns Sturm weht ja weit nach der Weimarer Zeit und die sich häufenden Unwetter (die es ja immer schon gab) sind ja z. T. hausgemacht durch unsere Lebensweise. Wer den "Grenzen des Wachstums" immer noch nicht glauben schenkt, sollte auf einer Südseeinsel abgesetzt werden.

Schrecken empfand ich nicht so sehr durch die Erzählung und den Horror durch natürliche Ereignisse und ein bisschen Wiedergängerin, sondern durch die Flusen - wie ich meine, überwiegend durch Flüchtigkeit. Manchmal klappt's, dann wieder nicht. Also: Welchen Grund gibt es, sich hetzen zu lassen, gar selbst zu hetzen?

Der Anfang wirkt in seiner Beschreibungswut und sehr gewählten und eher umständlichen Ausdrucksweise nicht nur sehr gehoben, sondern schon abgehoben, dass Fragen nicht lange aus sich warten lassen, wie nach Ungleichbehandlung: Warum erhalten die Herren in … ein an sich entbehrliches Komma, wenn es zuvor die Damen in … (korrekterweise muss man sagen) nicht zugesprochen bekommen?

Die Damen in Cocktailkleidern, mit Bubiköpfen, mehrreihigen Perlenketten, Armbändern und Ohrringen kennen genauso wenig die Geheimnisse der Burg, wie die Herren, in mondänen Smokings oder ...

Ist ja nicht falsch, aber warum die Substantivierung „Geborgenheit“,
Unser Neugeborenes, das in den Armen ihrer Mama in Geborgenheit ist.
die zudem ein zwotes „in“ erzwingt? Gut, das Suffix war im ahd./mhd. selber Substantiv und bezeichnete ursprünglich das Leuchtende/Scheinende, die helle Person (man ahnt die Verwandtschaft zu „heiter“). Das Adjektiv tät es doch auch „…, das in den Armen der Mutter geborgen ist.“

Dem schließt sich die Unterwerfung unter die Schulgrammatik an. Hier drei Beispiele, die hintereinander über uns wegrollen

Drei Männer waren nötig gewesen, … // Es war die Idee von uns beiden gewesen, … // Es fing an, als ich von der Verletzung erfuhr, die sich ein Arbeiter beim Reinigen des Springbrunnens zugezogen hatte.

M. E. geht’s auch einfacher, ohne dass der Leser vergessen könnte, dass es eine Zeit vor der Zeit betrifft „Drei Männer waren nötig, … // Es war die Idee von uns beiden , … // Es fing an, als ich von der Verletzung erfuhr, die sich ein Arbeiter beim Reinigen des Springbrunnens zuzog.“ (Gelegentlich kommt dergleichen später auch noch vor. Müsstestu erst Mal selber schauen - und vor allem nicht von mir vorschreiben lassen, was Du zu tun hättest. Wir sind alt genug, das selbst zu entscheiden!)

Und auf einmal hastu's mit dem harmlosen m, das die Phase der Flüchtigkeit einleitet

Wahrscheinlich hat sie Recht. Trotzdem bin ich es, de[n] böse Gedanken plagen.
Ich unterstell da nicht, dass die Fälle-Falle zuschlüge, sondern Eile, so unnötig wie ein Kropf!
Mein Blick bleibt bei den Mäulern der drei Löwenköpfe am Springbru[nn]en hängen.
„Wenn Sie erlauben, hole ich meine Arzttasche und schaue nach Ihre[m] Sohn.“
..., da ich gerade ein[em] andere[n] Kind von der Schaukel herunter half.“
Tamara hielt sich die Hand vor de[n] Mund.
Ich pralle mit den Füßen auf etwas Harte[m] auf, das sofort nachgibt.
Sie versuchen, nach etwas zu greifen, nach etwas Feste[m], an das sie sich wieder

Aber dazu zählen nicht nur Tippfehler (unterstell ich einfach, m und n liegen ja nicht weit auseinander)
Begonnen hatte es vor anderthalb Jahren bei einer Spazierfahrt durch unsere n[e]ue Heimat.

Aber dann geht’s auf einmal konzentriert, als die m. E. zu aufwendige Einleitung abgeschlossen ist.

Hier wäre der Konjunktiv konsequenter

So h[ä]tten die Mauersteine frischen Zement vertragen können, …

Hier brächte das Erstaunen besser anstelle des Fragezeichen ein Ausrufezeichen zur Geltung
Es war zwar alles schlecht beschaffen, aber wie prächtig musste die Wasseranlage im Ursprungszustand gewesen sein?

Hier hätte der Konjunktiv noch eine weitere Wirkung, die des Trugs
Jedoch war ihre Kleidung archaisch und so abgenutzt, als tr[ü]g sie seit Jahrzehnten nichts anderes.

Verwechselung von schnauzen (= anschreien) und das Säubern der Nase (schnäuzen)
Nachdem sie sich ihre Nase geschnauzt hatte, …
geschnäuzt

Hier gibt's mal n Komma zu viel

Er konnte nicht gut schwimmen[...] und die Strömung war zu stark.

Verwechselung von liegen (lag) und legen

Die Gendarmerie l[egte] den Fall schließlich ungelöst zu ihren Akten.

Hier zeigt sich unsere Muttersprache von ihrer grausamsten Seite, denn stünde hier,
Auf mein Zeichen hin versammeln sich alle Gäste vor den Ständen, wo ihnen [Gläser (mit)] Champagner, Säfte oder Wasser gereicht werden, ...
(incl. der grammatischen Veränderungen der Flüssigkeiten) wäre er korrekt. So aber endet er im Singular: „wo ihnen … Wasser gereicht wird.“

& the last time

Mir wurden ein Mantel unter de[n] Kopf und eine Decke über meinen Körper gelegt.

Trotz der arebeit gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo GoMusic,

der Maybach hat mich auf die Spur gebracht, wo die Geschichte zeitlich einzuordnen ist. Zuerst dachte ich, wer schreibt denn in diesem Stil in diesem Forum und riskiert eine Menge Schelte? Das ist ja spätes neunzehntes Jahrhundert, wo deutsche Professoren den bürgerlichen Alltag prägten. So ganz bruchlos geht es aber nach dem ( ersten) Weltkrieg nicht mehr zu, die Welt der Bildungsbürgerlichen versinkt im gruseligen Chaos der Folgezeit. Der Herr Professor hätte sich besser mal um das Hier und Jetzt gekümmert als um Parapsychologie. Insofern kann man die Erzählung auch als Parabel interpretieren.

Als Copywrite ist der Text wohl absichtlich stark gegen die Vorlage gesetzt, vor allem, wenn es um den Einsatz von Dialogen geht. Und natürlich die moderne Erzähltechnik, die da lautet: Show, don't tell.
Ich selbst habe (ganz) früher Professorenromane aus unserer Pfarrbibliothek mit großer Begeisterung gelesen. Daher hatte ich mit deinem Text ein nostalgisches Lesevergnügen. Um Fehler hat sich ja Gott sei dank schon Friedrichard gekümmert.

Jetzt haben es ja fast alle geschafft.Zwei Stunden noch, dann kommt der Enzo mit dem Hackebeilchen ...

Fröhliche Grüße
wieselmaus

 

Mal ein paar Gedanken zum Titel,

lieber GoMusic, l -

und zwar über die Etymologie des Diesseits als Substantiv und/oder Adverb.

Das Diesseits/diesseits ist hier und jetzt, dessen irdische Freuden man sich leiblich hingeben kann (was ja bei der religiös bestimmten Taufe nicht auszuschließen ist, wohl aber in fundamental bestimmten, missionierenden Sekten, da wird das Vergnügen verschoben, reiner Kapitalismus, enthalte Dich hier und opfere Dich fürs Jenseits den 72 Jungfern– wo immer die herkommen und wer immer die außer Johnny Depp bedienen soll) - wobei gleichwohl ein Jammertal – als irdisches Leben überhaupt - nicht auszuschließen ist.
Das Diesseits wird also definiert auf eine andere Welt hin, in der man sich Lohn oder Strafe für eine andere (jenseitige) Welt verdient.

Das Gegenstück liefert das Jenseits/jenseits als das, was auf der gegenüberliegenden Seite ist/liegt. Im mhd. ist es eben „jene site“ die spiegelbildlich zum Hier und Jetzt aufleuchtet. Und dann passiert es schon im Althochdeutschen:

Jenseits (= enont) weist über etwas hinaus – nämlich: zurück. Wenn's denn Hollywood sein muss: Zurück in die Zukunft.

Wenn es denn also wäre, dass das Jenseits zurückweist auf hier und jetzt, dann haben wir die Si/ündflut und den begrenzte Bodenschätze verzehrenden Autofahrer schlechthin – der ja nicht unbedingt der sein muss, der Rinderherden oder sonstiges massenhaft Methan furzendes gezüchtet Fleisch verzehrt und zu brauchen vorgibt - uns redlich verdient.

 

Hej GoMusic,

das hat mir Spaß gemacht, mich von deiner Geschichte in die Anfänge des letzten Jahrhunderts zu begeben. Ein richtiges Kostümfest in schöner Umgebung mit spannender Story.

Nichtsdestotrotz erdreiste ich mich darauf hinzuweisen, woran ich hängenblieb. :D

War ich bereits überrascht, in welch guten Zustand sich der Außenbereich befand, wunderte ich mich, wie in dieser kurzen Zeit – es war ja kaum ein Jahr vergangen – auch der Innenhof und der Springbrunnen wieder den ursprünglichen barocken Zustand besaßen, den man zuvor nur hatte erahnen

... gutem Zustand, n'est-ce pas?

Ich halte mir die Nase zu, stecke den Kopf unter Wasser und versuche, unter mir etwas zu erkennen.

Ist es wirklich nötig, das Bild des toughen Professors damit anzukratzen? Nase zuhalten. :hmm:

Erschöpft schreie ich nach Hilfe.

Schreien, rufen, dies, das. Immerhin ist er erschöpft. :shy:

Egal, es war mir ein Vergnügen. Freundlicher Gruß, Kanji

 
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Hallo Friedrichard, lieber Friedel,

danke, dass du meine doch schon recht lange KG gelesen und kommentierst hast. :thumbsup:

Schrecken empfand ich nicht so sehr durch die Erzählung und den Horror durch natürliche Ereignisse und ein bisschen Wiedergängerin, sondern durch die Flusen - wie ich meine, überwiegend durch Flüchtigkeit.
Das ist nicht so gut, lag der Schwerpunkt doch in einer sinnvollen Zusammenreihung der Buchstaben zu einem Horrorszenario, nicht in den Buchstaben an und für sich selbst.

An den von dir aufgezeigten zwei Kommafehlern habe ich beim Schreiben eine ganze Weile überlegt, mich dann leider doch falsch entschieden.
Aber hej, was sind 2 Kommafehler bei über 20 Schreibmaschinenseiten? Ist doch gar nicht so schlecht. :Pfeif:

Bei den Grammatikfehlern (zumeist n / m) muss ich zugeben, dass nicht alle aus dem Abgabetermin resultieren. Ich bin zwar nicht unbedingt in der „Eh, zamma! Gibb mich ma der Gerät-“ oder „Mach ma dat Mäh ey-“Szene aufgewachsen, aber mit dem Genitiv, Dativ und der anderen Grammatik nahm man es in meinem Umfeld nicht so eng. Schon hatten sich die kleinen Ohren des jungen GoMusics daran gewöhnt – und beim Sprechen fällt der kleine Unterschied zwischen m und n auch nicht immer so sehr auf (vielleicht höre ich ja doch schlecht? :confused:).
Und selbst auf der Tastatur liegen diese beiden Zeichen nebeneinander …
Da hilft nur üben, üben, üben …

Deine Idee mit dem „geborgen sein“ ist sehr gut, habe ich auch übernommen, wie den schnelleren Umstieg von PQP auf „normale Vergangenheit“. Dabei hatte ich mir vorgenommen, max. nur 1 x, nämlich am Anfang, das PQP zu verwenden. Hat nicht hingehauen.

Danke für deine wertvolle Hilfe und auch für den interessanten Text über die Etymologie des Diesseits.


Liebe wieselmaus,

danke auch dir fürs Lesen und Kommentieren. :)

der Maybach hat mich auf die Spur gebracht, wo die Geschichte zeitlich einzuordnen ist.
Und ich dachte, ich hätte durch die Bubiköpfe und den Knickerbockern da schon vorher erfolgreich hingelenkt. :shy:

Zuerst dachte ich, wer schreibt denn in diesem Stil in diesem Forum und riskiert eine Menge Schelte?
Ja, das hatte ich auch erst gedacht. Entweder ich bekomme jetzt voll die Schelte ob dieses altertümlichen Schreibstils oder eben nicht. :D
Und wenn doch, hätte ich mich ja noch damit rausreden können dass wir uns hier beim CopyWrite ja nicht umsonst in der Kreativwerkstatt befinden. :lol:

Insofern kann man die Erzählung auch als Parabel interpretieren.
Interessanter Ansatz.

Ich selbst habe (ganz) früher Professorenromane aus unserer Pfarrbibliothek mit großer Begeisterung gelesen. Daher hatte ich mit deinem Text ein nostalgisches Lesevergnügen.
Das nehme ich jetzt mal gerne als Lob auf. Also scheint das mit dem Schreibstil „hundert Jahre zuvor“ bei dir funktioniert zu haben. :shy:


Liebe Kanji,

dir schon mal kurz ein Danke.
Ich komme auf dich noch zurück. Suche noch jede Menge „rufen“, „schreien“ etc. zusammen, um da mal aufzutäumen.

Wünsche euch einen schönen Tag.
Liebe Grüße,
GoMusic

 
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Hey GoMusic,

mein lieber Schwede, welch Epos! Und ich muss Dir leider auch sagen, dass ich es ziemlich schwer ertragen habe. Nein, kein Lob an den Horrortag, sondern ein "uff" an den Stil. Ich meine gar nicht mal die Sprache, ich meine diese über und über ausformulieren von Gefühlen, Räumen, jedes ... einfach Alles. Ich kam nie dazwischen. Ich kam nie in den Text. Er stand mir wie eine Wand vor mir. Fertig gemauert, jede Fuge gefüllt, alles wurde mir beschrieben und wenn man dachte, oh, das ärgert ihn jetzt sicher, dann stand da auch sogleich, es ärgerte mich (fiktives Beispiel). Irgendwann, so ab der Mitte dachte ich, wenn der Erzähler jetzt noch einmal sagt: mich beschlich ein ungutes Gefühl (oder eine Umschreibung dessen), dann trete ich ihm gegen das Schienbein. Und siehe da, er tat es! Gefühlt endet jeder Abschnitt mit genau diesem Satz. Es kommt natürlich viel weniger vor, aber wenn ich schon darauf warte, dass er es sagt, ist es auf jeden Fall zu oft und als dramatisches Element am Arsch. Genauso überstrapaziert fand ich die Spannungsmethode: da kam eine Gestalt aus dem Nebel. Es war eine Frau. Erst diese mystische, undefinierbare, furchteinflößende Ansage - und dann eben die Aufklärung dazu, die das "Fürchterliche" abwendet und banalisiert. Kann man ja mal machen, aber für mich war es im Text einfach zu oft als Stilmittel benutzt. Abgenutzt irgendwann. Und all die Adjektive, Adverbien, meine Fresse. Da bleibt einem als Leser wirklich nicht der Hauch einer Chance, was eigenes zu erleben, eigene Bilder zu entwerfen, ... Leider. Denn die Geschichte an sich, die ist ja wirklich spannend und auch die Überlagerung von damals und heute zum Ende hin, das hat ja was, da geht ja richtig was. In meinem Fall eher, da wäre ja was gegangen, wenn ich emotional reingekommen wäre.

Ich habe mir 'ne Menge Zeug angemalt, ich nehme mal exemplarisch eine Textstelle und schreib Dir für die alles auf. Zuvor aber noch, ich hatte anfangs ebenfalls Schwierigkeiten mit der zeitlichen Zuordnung. War richtig überrascht, als es dann hieß, der Chauffeur.

Im Nu wird das kleinere Zelt, in dem auch die Vorräte gelagert sind, vom Wind völlig zerstört. Kuchenstücke purzeln über die Wiese, Flaschen fallen übereinander, Scherben klirren. Ich renne zum großen Zelt, aus dem sich die Leute noch rechtzeitig retten können, bevor sie unter den Planen und dem Gestänge begraben werden. Ich nehme Tamara den Kinderwagen ab, sie hakt sich bei mir ein.
Die Sicht ist schlecht. Ich kann die Burg kaum erkennen. Regenschirme fliegen durch die Luft. Im starken Niederschlag und Wind haben manche ihren Schmuck, ihre Tücher, Hüte und die Orientierung verloren, laufen kreuz und quer auf der Wiese umher. Der Priester irrt mit einem Glas in der Hand durch Rosenbeete und fällt der Länge nach auf seinen Bauch. Die Messdiener eilen herbei.

Du willst hier eine bedrohliche Atmosphäre ob des Gewitters schaffen. So die Aufgabe dieses Auszugs. Fein. So weit so gut. Ich zeig Dir mal, warum es für mich nur leidlich funktioniert.

Im Nu wird das kleinere Zelt, in dem auch die Vorräte gelagert sind, vom Wind völlig zerstört.

Gewitter ist schnell. Du brauchst ein hohes Erzähltempo, da sind so streckende Einschübe echt nicht angebracht.

völlig zerstört - warum nicht zerfetzt? Ist viel, viel stärker.

Kuchenstücke purzeln über die Wiese, Flaschen fallen übereinander, Scherben klirren

"purzeln" ist niedlich - niedlich ist hier aber gar nix. "Übereinander" ist überflüssig (Tempo im Auge behalten).

Ich renne zum großen Zelt, aus dem sich die Leute noch rechtzeitig retten können, bevor sie unter den Planen und dem Gestänge begraben werden.

rechtzeitig retten können - hier wird gleich mal vorab sicher gestellt, keiner kommt zu Schaden. Das ist kein Drama. So baut man keine unheimliche Situation auf. Keinem passiert was. Hier ist grad die Hölle los, aber allen geht es gut. Ja, da leg ich mich als Leser doch zurück und denke, na dann ist ja gut. Alles okay bei denen.

Im starken Niederschlag und Wind haben manche ihren Schmuck, ihre Tücher, Hüte

Die Sicht ist schlecht. Er denkt nur noch daran, Kind und Frau ins Haus zu bringen, bevor ein Ast oder Baum oder Zeltstange oder sonstwas sie trifft. Eigentlich. Dein Erzähler aber hat Zeit, anscheinend genügend Sicht und vor allem den Nerv mitzubekommen, dass da irgendwem irgendein Schmuck fehlt. Nicht wirklich, oder?

Der Priester irrt mit einem Glas in der Hand durch Rosenbeete und fällt der Länge nach auf seinen Bauch.

Ist nicht gerade die passende Stelle für Komik ;).

Im Nu wird das kleinere Zelt vom Wind zerfetzt. Kuchen fliegt über die Wiese, Flaschen fallen, Geschirr zerbricht. Aus dem großen Zelt flüchten die Leute in Richtung Burg. Unter ihnen suche ich nach Tamara, renne hinüber und entreiße ihr den Kinderwagen, getrieben von nur einem Gedanken: 'In die Burg'. Hinter mir höre ich die Zeltstangen klappern, wie der Wind an den Planen zerrt. Das Schieben ist mühsam. Ich nehme das Baby aus dem Wagen, presse es an mich, Tamara klammert sich an meinem Arm. 'In die Burg.' Die Sicht ist schlecht. Äste krachen. 'In die Burg.' Vor uns stolpert der Priester. Ich steige über ihn hinweg. 'In die Burg.'

So wäre die Gefahr spürbar. Für mich jedenfalls :).

Das mal exemplarisch. Oft hatte ich das Gefühl, Du willst zu viel. Du willst das ganze Drama und auf keinen Fall das Risiko eingehen, dass der Leser es nicht erfährt, weshalb Du noch einen Vergleich nachschiebst oder eben konkret sagt, so ist die Situation, der Erzähler fühlt dies und das. Viel Erklärbär im Text.

Das war jetzt ziemlich viel und auch harte Kritik. Ich komme mir richtig schlecht vor. Irgendwie hoffe ich auch, es kommt wer, der sagt, für ihn war es ein Lesespaß, der das hier abschwächt, dem einen andere Lesart gegenüberstellt. Da steckt so verdammt viel Mühe im Text, dass merkt man ja. Und die Geschichte an sich, die mag ich.
Ich muss noch das Original lesen, um was zum Copyansatz zu sagen. Habe ich bisher noch nicht. Kann Dir aber sagen, eigenständig ist die Geschichte auf jeden Fall.

Beste Grüße,
Fliege

 
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Liebe Kanji,

dir auch vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. ;)

das hat mir Spaß gemacht, mich von deiner Geschichte in die Anfänge des letzten Jahrhunderts zu begeben. Ein richtiges Kostümfest in schöner Umgebung mit spannender Story.
Danke dafür.

... gutem Zustand, n'est-ce pas?
Ich überlege mir mal eine andere Formulierung. Je ne sais pas …

Ich halte mir die Nase zu, stecke den Kopf unter Wasser und versuche, unter mir etwas zu erkennen.
Ist es wirklich nötig, das Bild des toughen Professors damit anzukratzen? Nase zuhalten.
Hihi. Na ja, er ist halt kein Held, sondern ein “normaler” Professor

Erschöpft schreie ich nach Hilfe.
Schreien, rufen, dies, das. Immerhin ist er erschöpft.
Ja, das geht in die Richtung von Flieges Kommentar unten.
Zu viele Wiederholungen, alles zu sehr ausgeschmückt; alles wurde gesagt, es gibt zu wenig Freiräume für den Leser.
Muss hier auf jeden Fall mal kräftig mit dem Besen drüber und ausdünnen.


Liebe Fliege,

ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut, zeigt er mir doch deutlich auf, wo noch Schwächen im Text sind.
Gut, ich könnte jetzt sagen, es ist ja die Kreativwerkstatt, da probiert man was Neues aus. So ist es in etwa ja auch, doch ich möchte nicht nur ausprobieren, sondern auch diesen Stil, soll heißen eine erzählerische Geschichte „hundred years ago“, gut hinkriegen.

Und siehe da: Selbst in diesem Stil kommt es auf Tempo an, wenn der Sturm losbricht. Die ausführlichen Beschreibungen stören den Lesefluss in der Sturmszene und rauben dem Leser in den anderen Szenen und generell die eigene Fantasie.
Ewiges Wiederholen des immer gleichen Gefühls des Protas kann nerven, sehe ich auch so. Fiel mir gar nicht so auf, dass das so oft vorkommt. :Pfeif:
Das ist das, was ich kurz gesagt aus deinem Kommentar entnehme.

Alles Sachen, die man beheben kann, zumal es sich ja lohnt, die Geschichte dahingehend zu überarbeiten, denn …

… die Geschichte an sich, die ist ja wirklich spannend und auch die Überlagerung von damals und heute zum Ende hin, das hat ja was, da geht ja richtig was.
;)

Das war jetzt ziemlich viel und auch harte Kritik. Ich komme mir richtig schlecht vor.
Aber bloß nicht!
So ähnliche Kritik hatte ich auch schon von meiner besseren Hälfte gehört, der ich einzelne Passagen zwischendurch mal laut vorgelesen hatte. Aber da hatte ich mich schon für den ausführlichen Plauderton entschieden. :Pfeif:

Da steckt so verdammt viel Mühe im Text,.
Ja, ich habe die acht oder neun Wochen auch voll ausgenutzt. :shy:
Sorry noch mal an meinem Schatz für das nervige Vorlesen (falls du das mal irgendwann lesen solltest).

Meine Antwort an dich, liebe Fliege, ist noch nicht ganz zu Ende, jetzt beginnt erst die große Überarbeitung des Textes. Vielleicht kommen ja in der Zwischenzeit auch noch andere Kommentare.
Gerne würde ich dich anschließend noch Mal kontaktieren und auch näher auf deine einzelnen Punkte hier eingehen.

Abschließen möchte ich den Post mit dem schönen Satz:

Und die Geschichte an sich, die mag ich.

Vielen lieben Dank euch beiden und bis dann.

Liebe Grüße,
GoMusic


EDIT:
Fliege:

Erst diese mystische, undefinierbare, furchteinflößende Ansage - und dann eben die Aufklärung dazu, die das "Fürchterliche" abwendet und banalisiert.
Vielleicht kannst du mir hierzu näher erklären, was du damit meinst, wo banalisiert wird, was hier in deinen Augen nicht funktioniert hat. Danke.

 
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Hallo GoMusic

Trutzige Burg, steinerne Taufbecken, tiefer Wassergraben, die Erinnerung an die komische Gräfin.
Du zeichnest bereits zu Beginn eine dichte, angespannte Atmosphäre, in der das Böse lauert und auf seinen Auftritt wartet. Das altertümliche Setting, (irgendwo baute mein Hirn auch noch ein Streichkonzert unter einem Rosenberankten Pavillion ein) passt gut, wie auch die angestaubte Sprache. Der Maibach hat's verraten.

Dennoch, es wirkt bereits zu Beginn alles doch arg bedrohlich, hier würde ich auf keinen Fall für mein Kind eine Taufe abhalten. Da wünschte ich mir noch etwas mehr Leichtigkeit in der Erzählung (Hoffnung, alles wird gut, zum Beispiel Tamaras Unbeschwertheit, ihre überschwängliche Freude auf den schönen Tag als Gegenpol, irgend so etwas), ansonsten wirkt es halt recht früh wie eine "self-fulfilling prophecy".

Dann mit dem Beginn der Feierlichkeiten nahm auch dein Text Fahrt auf, ab da fühlte sich der Autor wohler, jetzt rockt er die Bühne, dachte ich. Klar, es wirkt ziemlich opulent, der Leser bekommt kaum Luft und da hat dir Fliege ja bereits tolle Hinweise geliefert.

Bezüglich der seltsamen Vergangenheit dachte ich erst, der Junge mit den roten Haaren sei real, zufällig am selben Ort, am Ende war es aber wohl doch Rouge, der vom Protagonisten gerettet wurde (und so seinen Frieden fand?). Tragisch, aber konsequent, dass an seiner Stelle ein anderes Kind die Rolle des Opfers einnimmt. Alles in allem ein Copy nach meinem Geschmack, etwas Balast ausmisten und eventuell dem Einstieg etwas mehr Optimismus schenken, dann wird's für mich eine runde feine Sache.

Noch ein paar faule Holzsplitter:

Er war so böse über den Wassergraben gestolpert, dass er mehrere Tage im Spital verbringen musste.
ev. unglücklich gestolpert, vermeidet die WW zum späteren "böse Gedanken"

sondern musste meine Zunge im Zaun halten,
im Zaum

dass die Burg früher eine von Weihern umgebene Verteidigungsanlage war, eine uneinnehmbare Wasserburg.
uneinnehmbare Festung

Plötzlich blitzt es aus kurzer Nähe auf. Erschrocken schaue ich gen Himmel und beginne, die Sekunden zu zählen. Einundzwanzig, zweiund…
Als ich einen typischen, metallischen Geruch vernehme, höre ich auf.[KOMMA] Ich drehe mich zur Seite und sehe, wie Vincent hinter dem dicken schwarzen Tuch seiner Kamera hervor kommt.
Hübscher Einfall mit dem "falschen" Blitz, hat mir gut gefallen, Kopfkino pur.

Der Sturm hat den Jungen blitzartig in die Rhein gestoßen.
den Rhein

bleibt am anderen Uferseite
an der anderen Uferseite, oder am anderen Ufer

Mein Körper durchbricht den Handlauf und stürzt in den Rhein.
hier verrutschte mir die Perspektive zu stark nach aussen.
-> und ich stürze in den Rhein.

Ich hielt mir die Nase zu
Scheint ein Darling von dir zu sein, aber nein, nicht wirklich jetzt, oder? :D
Der Professor ist voller Adrenalin, das Wasser schäumt über, er entwickelt den Retterinstinkt, der vergisst schlichtweg sich die Nase zuzuhalten.

Und trotz meinem Gemeckere, ich mag deine Grusel-Adaption zu Peeperkorns Orig. Doch, ist eine gute Copy, auch wenn der Trainer nicht allen StammspielerInnen genug Spielzeit zugestand. ;)

Ich fühlte mich gut unterhalten.

Liebe Grüsse,
dot

 

Hallo GoMusic

ich mach mich mal an deine Geschichte :) Du hast schon ein besonderes Faible für Burgen, unheimliche Geschehnisse, Franzosen und dazu was Parapsychologisches, ein Doktor... wie in deinem Roman :)
Ruhig und langsam erzählt, passend zur gewählten Zeitperiode... An manchen Stellen denke ich, da könnte mehr Fahrt reinkommen, da wiederholt sich was, das mag aber an der Textlänge liegen und hat mich nicht davon abgehalten die Geschichte in einem Zuge und mit Neugierde und zunehmender Spannung zu lesen.

mondänen Smokings oder Cutaways,
was ist an nem Smoking mondän?

sowie dem schmuckvollen Taufbecken.
mm schmuckvoll: dann schwimmen da Perlen drin?

so hatten Tamaras fromme

und streife imaginäre Staubfussel vom Smoking.
:)

Professor der Psychologie“, sagte ich dienstbeflissen.

wirkte sie mit dem weißem, schütteren Haar und den Altersflecken auf der blassen Haut auch verhältnismäßig bejahrt. Nur ihr Antlitz hatte etwas Jugendliches bewahrt, schien das einer Mittzwanzigerin zu sein.
wie soll das gehen: Altersflecken und gleichzeitig ein jugendliches Antlitz/Gesicht=?

dessen Bau im siebzehnten Jahrhundert.

Jeder hätte denken müssen, sie könnte doch kein schlechter Mensch sein.
mm: bis dahin gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie ein schlechter Mensch sein könnte...

Die Luft ist nervös.
das ist hübsch :)

„Es geschah bei einer Familienfeier“, begann sie stockend. „Während sich die meisten Erwachsenen bei Kaffee und Kuchen im Innenhof aufhielten, waren die Kinder hinten auf der Wiese.“ Sie deutete mit einer Hand zur Burgrückseite und wischte sich eine Träne weg.
finde ich bisschen abrupt, warum erzählt sie das, wenn die dort selbst eine Tauffeier ausrichten wollen?

Aufgeregte Stimmen umhüllen mich, in der Ferne ertönen Martinshörner.
gab es das schon in der 30ern, die Martinshörner?

Ich hoffe du kannst was mit anfangen :)
viele Grüße
Isegrims

 

Hallo dotslash,

habe mich sehr gefreut, dass du den Text gelesen und kommentiert hast. :)

Das altertümliche Setting, (irgendwo baute mein Hirn auch noch ein Streichkonzert unter einem Rosenberankten Pavillion ein) passt gut, wie auch die angestaubte Sprache.
Hehe, das mit der Musik ist gar nicht so weit hergeholt. Hatte ich auch erst im Kopf. Dann wäre wahrscheinlich so etwas wie bei „Titanic“ herausgekommen, dass die Streicher mit klattschnassen Haaren im Matsch weiterspielen, bis ihre Instrumente keine Töne mehr von sich geben. :D

Du zeichnest bereits zu Beginn eine dichte, angespannte Atmosphäre, in der das Böse lauert und auf seinen Auftritt wartet.
Ja, ich wollte schon am Anfang diese Atmosphäre aufbauen und nach und nach erzählen, was da in der Vergangenheit (bei ähnlichen Voraussetzungen) passiert ist, aber:

Dennoch, es wirkt bereits zu Beginn alles doch arg bedrohlich, hier würde ich auf keinen Fall für mein Kind eine Taufe abhalten. Da wünschte ich mir noch etwas mehr Leichtigkeit in der Erzählung (Hoffnung, alles wird gut, zum Beispiel Tamaras Unbeschwertheit, ihre überschwängliche Freude auf den schönen Tag als Gegenpol, irgend so etwas), ansonsten wirkt es halt recht früh wie eine "self-fulfilling prophecy".
Das ist ein guter Einwand. Habe einige Stellen geändert. Vielleicht wirkt es so weniger „schlimm“:

Ich wische mir Schweiß von der Stirn und tippele auf dem Boden. Was soll schon passieren? Dann beobachte ich, wie sich Tamara in die erste Stuhlreihe setzt

Tamara steckte mich jedoch mit ihrer überschwänglichen Freude an und beruhigte mich mit Worten wie ‚Die Brücke ist doch wieder in Ordnung‘ oder ‚Wir lassen die Kleinen ja nicht unbeobachtet.‘ Ich solle außerdem nicht immer den Teufel an die Wand malen. ‚Es wird schon gutgehen.‘

Verstohlen schaue ich meinen Vater hinterher, wie er sich kopfschüttelnd wieder hinsetzt. Ich habe ihm nichts von den Geschehnissen erzählt. Was hätte er dazu auch sagen können? ‚Unfälle passieren immer und überall. Kümmere dich um deine eigene Familie und jage nicht immer alten Sagen hinterher.‘ Das hätte er gesagt und es wäre nur recht und billig gewesen.


Habe die Fehlerchen korrigiert und auch die Perspektive beim Sturz in den Rhein geändert.
Schweren Herzens habe ich mich auch von meinem Darling verabschiedet, dem Nasezuhalten des Professors. :Pfeif:
Kanji hatte das ja auch schon angemerkt. Und es stimmt ja. Der Prof zieht sich ja auch nicht erst die Hosenbeine hoch, bevor er sich in die reißende Strömung stürzt. :lol:

Und trotz meinem Gemeckere, ich mag deine Grusel-Adaption zu Peeperkorns Orig. Doch, ist eine gute Copy, auch wenn der Trainer nicht allen StammspielerInnen genug Spielzeit zugestand
Danke. :)
Dafür hatten die Ersatzspieler aber ihre Einsätze ... :hmm:


Hallo Fliege,

ich habe mal kräftig ausgemistet, dabei sind viele Adjektive und Adverbien dem Rotstift zum Opfer gefallen. Die Sturmszene hat nun mehr Tempo (ich habe da deine Vorschläge teilweise übernommen, Sätze verkürzt etc) Manchmal hilft da ja schon das Ersetzen eines „und“ durch ein Komma :hmm:

Der Priester irrt mit einem Glas in der Hand durch Rosenbeete und fällt der Länge nach auf seinen Bauch.
Ist nicht gerade die passende Stelle für Komik .
Hast Recht. Die Slapstickeinlage des Priesters ist raus:Pfeif:


Vielen Dank und einen schönen Tag.

Liebe Grüße,
GoMusic


*** WIRD FORTGESETZT ***

 

Lieber Kollege,

feine Geschichte, hab sie im Urlaub alls Morgenlektüre gekostet. Und Kaffee hat gleich noch besser geschmeckt.

Kleinzeugerl:
Ist vielleicht kleinlich von mir, aber es hat mich hier gestört. Vielleicht gerade weil die Sprache hier so besonders sein will, da stößt man wohl eher drauf.

‚Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit, des neuen Lebens und der Taufe‘, so hatten Tamaras frommen als auch ergriffenen Worte über die geplante Segnung am Springbrunnen gelautet.
Falscher Kasus: so hatten Tamara fromme als auch ergriffene Worte gelautet. Davon ab, ich find, das klingt viel zu gestelzt, selbst wenn du so einen altertümlichen Sprachduktus nachbauen willst. Lass doch nur ergriffen, dass es fromm ist, sieht man doch eh am Inhalt. Oder besser noch lass beides weg.

Verstohlen schaue ich meinen Vater hinterher, wie er sich kopfschüttelnd wieder hinsetzt.
meinem

Mein Blick bleibt bei den Mäulern der drei Löwenköpfe am Springbrunnen hängen. Mir kommt es vor, als führen sie ein Eigenleben und speien das Wasser nur tröpfchenweise.
Ich würde hier Konjunktiv II verwenden. Man kann zwar bei diesen als ob Vergleichen auch den Einser nehmen, aber wenn der sich so gar nicht durch die Form vom Präsens unterscheidet, find ich das nicht so geschickt.


Hier muss ich mal Schluss machen, heute Abend geht es weiter.
Bis denn, lieber Gomusic

 

Hallo GoMusic!

Nur ganz kurz von mir (der Stil der Geschichte ist nun wirklich nicht meins), weil es (glaube ich) noch keiner angesprochen hat, zur zeitlichen Einordnung: Die Namen Tamara und Jessica waren vor hundert Jahren doch so gut wie nicht existent. Warum hast du sie gewählt?

Grüße,
Chris

 

Hallo Isegrims,

danke, dass du dir die Zeit für meine Geschichte genommen hast. :)

Du hast schon ein besonderes Faible für Burgen, unheimliche Geschehnisse, Franzosen und dazu was Parapsychologisches, ein Doktor... wie in deinem Roman
Jetzt, wo du es sagst … :Pfeif:
Diese Burg hier mit dem Springbrunnen und dem Wassergraben gibt es wirklich im Kölner Raum („Kommandeursburg“). Ich war mal zu einer standesamtlichen Trauung dort und hatte da sozusagen die Rolle von Vincent eingenommen und alles fotografiert und gefilmt. Als ich mir den Film kürzlich wieder angeschaut hatte, wusste ich, die muss unbedingt mal in eine meiner Geschichten rein. Hier passte es dann ganz gut.

Französisch eigentlich nur, weil ich einen Spitznamen für den rothaarigen Jungen brauchte. Wollte nicht, dass es einfach heißt „Der rothaarige Junge der Gräfin“, sondern eine nette Umschreibung haben. Französisch passte dann ganz gut, da ich auch den Deutsch-Französischen Krieg mit drin habe und das Rheinland eher einen Bezug zu Frankreich hat als zu allen anderen umliegenden Ländern.

Ein Arzt, bzw. Professor wurde es, weil ich etwas über die Parapsychologie einbauen wollte (die erst kurz vorher von Max Dessoir, dem Zitatgeber ganz oben) etabliert wurde und damit der Prota auch was über Vorzeitiges Altern weiß und eine Arzttasche hat. :shy:

Ruhig und langsam erzählt, passend zur gewählten Zeitperiode... An manchen Stellen denke ich, da könnte mehr Fahrt reinkommen, da wiederholt sich was, das mag aber an der Textlänge liegen und hat mich nicht davon abgehalten die Geschichte in einem Zuge und mit Neugierde und zunehmender Spannung zu lesen.
Hört sich gut. Danke. Mittlerweile ist der Text etwas gekürzt, so dass da weniger Wiederholungen sein sollten.

mondänen Smokings oder Cutaways,
was ist an nem Smoking mondän?
Nun, ich sehe mondän als Synonym für elegant und modern … halt gehobene, feine Kleidung.

sowie dem schmuckvollen Taufbecken.
mm schmuckvoll: dann schwimmen da Perlen drin?
Weiter unten heißt es, er sein mit Ornamenten verziert.

so hatten Tamaras fromme
Ja, das war falsch formuliert und ist nun raus. Novak hat mich unten überzeugt.

wirkte sie mit dem weißem, schütteren Haar und den Altersflecken auf der blassen Haut auch verhältnismäßig bejahrt. Nur ihr Antlitz hatte etwas Jugendliches bewahrt, schien das einer Mittzwanzigerin zu sein.
wie soll das gehen: Altersflecken und gleichzeitig ein jugendliches Antlitz/Gesicht=?
Das ist ja gerade das Besondere an der Frau. Später, wo der Junge gerettet wird, ist ihr Gesicht gealtert.

finde ich bisschen abrupt, warum erzählt sie das, wenn die dort selbst eine Tauffeier ausrichten wollen?
Guter Hinweis. Die Erinnerung scheint wohl aus ihr herausgebrochen zu sein …

Habe das geändert:
„Vor ziemlich genau dreißig Jahren, Herr Professor.“ Erika überlegte kurz, dann ergänzte sie schnell: „Aber keine Sorge. Die Brücke ist schon lange wieder in Ordnung. Außerdem war das der einzige … Vorfall in der Geschichte der Burg. Es war 1891. Die Gräfin ist …“

gab es das schon in der 30ern, die Martinshörner?
Du hast Recht. Es gab sie zwar schon, sie wurden aber erst später „offiziell“ bei Krankenwagen eingeführt. Habe das in „Sirenen“ geändert.
Das gefällt mir auch viel besser. Kann ja ein Krankenwagen sein oder einer der Bediensteten hat an einer altertümlichen Sirene gedreht.

Ich hoffe du kannst was mit anfangen
Na sicha datt. :thumbsup:

Vielen Dank, Isegrims.


Liebe Kollegin,

feine Geschichte, hab sie im Urlaub als Morgenlektüre gekostet. Und Kaffee hat gleich noch besser geschmeckt.
Wunderbar :huldig:

Freue mich schon auf die Fortsetzung deines Kommentars, liebe Novak


Hallo Chris,

danke, dass du drüber geschaut hast.

Die Namen Tamara und Jessica waren vor hundert Jahren doch so gut wie nicht existent. Warum hast du sie gewählt?
Jessica war vorgegeben durch die Vorlage „Sturm“ (Peeperkorn) für dieses CopyWrite.
Tamara hat mir gut gefallen. So hieß die Braut, die damals auf der Burg geheiratet hatte, als ich dabei war. (Siehe Antwort an Isegrims).

Dir auch noch einen schönen Tag.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo Isegrims,

Jeder hätte denken müssen, sie könnte doch kein schlechter Mensch sein.
mm: bis dahin gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie ein schlechter Mensch sein könnte...
Stimmt
Ich hoffe nun, eine passendere (geheimnisvollere?) Formulierung gefunden zu haben: :shy:

Sie sprach so liebevoll zu dem Geschöpf und streichelte es so zärtlich, dass ein Jeder hätte denken müssen, sie sei ein besonders seelenvoller Mensch.

(Sorry, hatte deinen Hinweis in deinem obigen Kommentar ganz übersehen und wollte ihn nicht unbeantwortet lassen …)


Liebe Novak,

vielen Dank nochmal, dass du meine Geschichte gelesen hast.

Da ich gerade im Bearbeitungs- und Antwort-Modus bin, komme ich direkt auch schon Mal auf deinen Punkt zu sprechen :Pfeif:

Mein Blick bleibt bei den Mäulern der drei Löwenköpfe am Springbrunnen hängen. Mir kommt es vor, als führen sie ein Eigenleben und speien das Wasser nur tröpfchenweise.
Ich würde hier Konjunktiv II verwenden. Man kann zwar bei diesen als ob Vergleichen auch den Einser nehmen, aber wenn der sich so gar nicht durch die Form vom Präsens unterscheidet, find ich das nicht so geschickt.
Boah, wie lange habe ich hier herumprobiert. Ist es in der Vergangenheitsform klar geregelt, kam ich hier in der Gegenwart gar nicht auf die Idee, mich auch ans Präteritum anzulehnen. Sehr gute Idee. Klingt so besser. Danke.
(Der Duden sagt auch, dass diese Formulierungen Vorstellungen beschreiben, die unmöglich sind oder Zweifel des Sprechers ausdrücken. Passt ja super.) :D

Wünsche euch einen schönen Tag. ;)

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber gomusic, ich mach noch ein bisschen weiter mit meinem Gemecker. So lange, bis ich zum Essen gehe. Dann hast du deine Ruhe vor mir. :D
Ich mach das, weil ich die Geschichte einerseits schön finde, aber andererseits übertreibst du es stilistisch für meinen Geschmack oft ein bisschen zu sehr. hab mal ein paar Beispiel rausgesucht. Ich hab das Gefühl, etwas dezenter wäre das hier besser.

Noch immer habe ich Wasserplätschern und Gemurmel im Ohr, dessen Klänge von den über dreihundert Jahre alten Backsteinen reflektiert werden.
deren Klänge - sind ja zwei Sachen, die er hört.

Ich hatte an einigen Seancen teilgenommen und war überwältigt von dem schmalen Grat zwischen Realität und Unwirklichkeit. Mein Ziel war es, die Existenz solcher Phänomene zu beweisen, um diesen im Kollegium eher belächelten Wissenschaftszweig zu etablieren.
Streng genommen ist die Rede vorher nicht von Phänomenen, sondern von der Unwirklichkeit, Der Bezug darauf stimmt so nicht.

Ich musste an früher denken, als ich die Geschichten über Schlossgespenster oder Geister so gerne gehört hatte. Später faszinierten mich die alten Sagen und Legenden, die solche Anwesen umhüllen.
Ich würd was kürzen. Denn das ist so ziemlich dasselbe.

Tamara wischte sich ihre Pumps mit einem Taschentuch ab. Ich drehte mich noch einmal kurz zum Automobil um, das ich zwischen feuchter Luft und vertrockneten Büschen kaum noch erkennen konnte.
feuchte Luft und die verdorrten Büsche, das passt atmosphärisch für mich nicht zusammen.


Es war zwar alles schlecht beschaffen, aber wie prächtig musste die Wasseranlage im Ursprungszustand gewesen sein!
erhalten


Mit schwachen Lauten entschuldigte sie sich für ihr unvermitteltes Auftreten und stellte sich als die Gräfin vor.
Hier z. B. drückst du dich, finde ich, etwas übertrieben aus. Ich weiß schon, warum du das machst, aber es kommt mir halt trotzdem übertrieben vor, mit schwachen Lauten zu schreiben. Lass sie flüstern oder schreib es aus der Sicht des Prot, dass der sie kaum verstehen kann, aber "mit schwachen lauten" klingt einerseits zu ungenau, andererseits etwas übertrieben.

„Angenehm. Julian Ferdinand Altenrath, Medizinische Fakultät zu Köln, Professor der Psychologie“, sagte ich dienstbeflissen, mit einem mulmigen Gefühl. „Und das ist meine Gattin, Tamara.“
Wieso mulmiges Gefühl? Wieso dienstbeflissen? Ich hatte vorher nicht von ihm den Eindruck der Untertänigkeit.

Ich umfasste eine muskellose, knochige Hand, die stark pigmentiert, zerbrechlich wie Pergamentpapier und kalt wie Wasser war.
Das soll er alles mit einem einzigen Händedruck feststellen? Ist zuviel des Guten. Soweohl von der Beobachtung her als auch vom Stil her. Sind auch zu viele Eindrücke, die Frau soll unheimlich wirken. Ich würde mich da etwas beschränken. Lieber einen Eindruck hervorheben und betonen. Zum Beispiel "knochenlos". Das gefällt mir hier.

Ich wollte meinen eigenen Worten nicht trauen, hatte ich mir doch ganz andere zurechtgelegt, nämlich die für einen fingierten Grund zur Umkehr.
Warum genau?

Wortlos kramte sie in ihrer Tasche nach einem Schlüssel und öffnete das Holztor. Sie schaute sich kurz zu allen Seiten um und machte dann eine solch einladende Geste, als hätte sie Sorgen, wir überlegten es uns noch anders.
nach allen Seiten um
auch das klingt nicht gut. Nenn die Dinge doch lieber beim Namen. Lass sie winken oder weisen. aber "machte eine Geste", "machte ein Geräusch", das ist nicht gut.

Die Dame zog uns wie an einer unsichtbaren Schnur hinter sich her.
Schön

Unterdessen hatte die Anlage einen miserablen Zustand bekommen.
Nee - wie vorhin, ist einfach ungenau.

Während die Burgherrin weiter voran schlenderte und von ihren Plänen sprach, das Anwesen zu sanieren und einen Gasthof zu eröffnen, eruierte ich, dass ihre Bewegungen und die gewählte Ausdrucksweise durchaus von der einverleibten Eleganz einer edlen Dame zeugten.
Das klingt unfreiwillig komisch.

Überhaupt wirkte sie mit dem weißem, schütteren Haar und den Altersflecken auf der blassen Haut auch verhältnismäßig bejahrt.
weißen

So, hier hör ich mal auf, lieber Gomusic, bevor du mich in der Luft zerreißen willst. :D Ich weiß, ich bin echt meckerig. Aber mir scheint auch, du hast das aus Zeitnot so und leider viel zu ungenau geschrieben. Ich würd nochmal gucken.
Ist eine schöne Geschichte, wär sehr schad drum, wenn da solche Sprachungenauigkeiten drin blieben.
Viele Grüße an dich von Novak


PS:

Streng genommen ist die Rede vorher nicht von Phänomenen, sondern von der Unwirklichkeit, Der Bezug darauf stimmt so nicht.
Sorry, da hab ich Kappes erzählt. Du beziehst dich ja auf die Seancen. Also - war Quatsch von mir. War wohl schon der Hunger, der mir in die Grammatik geknurrt hat.

 

Liebe Novak,

danke für deine Zeit. Habe mich sehr gefreut.
Hoffe, das Essen hat dir gestern Abend geschmeckt. ;)

Habe die Korrekturen sofort eingebaut.

Ich musste an früher denken, als ich die Geschichten über Schlossgespenster oder Geister so gerne gehört hatte. Später faszinierten mich die alten Sagen und Legenden, die solche Anwesen umhüllen.
Ich würd was kürzen. Denn das ist so ziemlich dasselbe.
Habe das zu ungenau ausgedrückt. Es sollte die Entwicklung von der kindlichen Vorliebe zum Interesse als Erwachsener ausdrücken. Ist nun geändert:

Eine kleine, freistehende Burg mit Zinnen und zwei Türmen, fünfhundert Meter vom Rhein entfernt. Ich war fasziniert. Schon als Kind hörte ich gerne Gruselmärchen über Schlossgespenster oder Geister. Später, im Erwachsenenalter, wurden es die historischen Geschichten über solche Anwesen, die mich fortan interessierten.
Ich wollte die Burg unbedingt von innen sehen.

Tamara wischte sich ihre Pumps mit einem Taschentuch ab. Ich drehte mich noch einmal kurz zum Automobil um, das ich zwischen feuchter Luft und vertrockneten Büschen kaum noch erkennen konnte.
feuchte Luft und die verdorrten Büsche, das passt atmosphärisch für mich nicht zusammen.
Es sollte schon so sein, dass es nebelig/feucht ist, aber nahe der Burg sehr trocken/tot.
Ich denke noch Mal darüber nach …

Mit schwachen Lauten entschuldigte sie sich für ihr unvermitteltes Auftreten und stellte sich als die Gräfin vor.
Hier z. B. drückst du dich, finde ich, etwas übertrieben aus. Ich weiß schon, warum du das machst, aber es kommt mir halt trotzdem übertrieben vor, mit schwachen Lauten zu schreiben. Lass sie flüstern oder schreib es aus der Sicht des Prot, dass der sie kaum verstehen kann, aber "mit schwachen lauten" klingt einerseits zu ungenau, andererseits etwas übertrieben.
Hast mich überzeugt. Ist geändert:
Bevor ich etwas sagen oder tun konnte, machte die Frau mit einem langanhaltenden Räuspern ihre Stimme klar, als müsste sie ihren Stimmbändern erst wieder das Sprechen beibringen. Ich konnte sie kaum verstehen, als sie sich für ihr unvermitteltes Auftreten entschuldigte und als die Gräfin vorstellte. „Es ist das Anwesen

Angenehm. Julian Ferdinand Altenrath, Medizinische Fakultät zu Köln, Professor der Psychologie“, sagte ich dienstbeflissen, mit einem mulmigen Gefühl. „Und das ist meine Gattin, Tamara.“
Wieso mulmiges Gefühl? Wieso dienstbeflissen? Ich hatte vorher nicht von ihm den Eindruck der Untertänigkeit.
Mulmig wegen der seltsamen Worte der Alten.
Dienstbeflissen sollte eigentlich nicht untertänig bedeuten, sondern ein Synonym zu „professionell“/„beruflich“ sein, wie es weiter unten vorkommt. Habe es rausgeschmissen, da es doppelt vorkommt und nicht unbedingt sein muss und den Satz nun geändert:

„Angenehm. Julian Ferdinand Altenrath, Medizinische Fakultät zu Köln, Professor der Psychologie“, sagte ich mit einem mulmigen Gefühl ob der seltsamen Worte der Gräfin. „Und das ist meine Gattin, Tamara.“

Ich umfasste eine muskellose, knochige Hand, die stark pigmentiert, zerbrechlich wie Pergamentpapier und kalt wie Wasser war.
Das soll er alles mit einem einzigen Händedruck feststellen? Ist zuviel des Guten. Soweohl von der Beobachtung her als auch vom Stil her. Sind auch zu viele Eindrücke, die Frau soll unheimlich wirken. Ich würde mich da etwas beschränken. Lieber einen Eindruck hervorheben und betonen. Zum Beispiel "knochenlos". Das gefällt mir hier.
Ja, jetzt wo du es sagst. :D
Habe da tatsächlich wohl alles reingeworfen, was mir eingefallen ist und es anschließend bei der Überarbeitung nicht auf die wesentliche Aussage gekürzt.
Dein Vorschlag „knochenlos“ war in einer alten Version auch schon dabei, und er rutscht nun wieder nach oben. „Kalt wie Wasser“ bleibt als Andeutung zum Wasser des Rheins später.

Als ich sie wieder zurückziehen wollte, ergriff die Dame meine Rechte. Ich umfasste eine knochenlose Hand, die kalt wie Wasser war.

Ich wollte meinen eigenen Worten nicht trauen, hatte ich mir doch ganz andere zurechtgelegt, nämlich die für einen fingierten Grund zur Umkehr.
Warum genau?
Okay, hast Recht. Könnte man etwas präziser machen:

„Hätten Sie was dagegen, wenn wir uns etwas umschauen?“ Ich wollte meinen eigenen Worten nicht trauen, war ich mir doch nicht sicher, ob ich bleiben oder besser umkehren wollte.

Wortlos kramte sie in ihrer Tasche nach einem Schlüssel und öffnete das Holztor. Sie schaute sich kurz zu allen Seiten um und machte dann eine solch einladende Geste, als hätte sie Sorgen, wir überlegten es uns noch anders.
nach allen Seiten um
auch das klingt nicht gut. Nenn die Dinge doch lieber beim Namen. Lass sie winken oder weisen. aber "machte eine Geste", "machte ein Geräusch", das ist nicht gut.
Stimmt, „Bewegungen oder Geräusche machen“ ist immer zu ungenau.

Sie schaute sich kurz nach allen Seiten um und wies uns schnell ein, als hätte sie Sorgen, wir überlegten es uns noch anders.

durchaus von der einverleibten Eleganz einer edlen Dame zeugten.
Das klingt unfreiwillig komisch.
Hm … Okay … :hmm:

eruierte ich, dass ihre Bewegungen und die gewählte Ausdrucksweise durchaus wie die einer edlen Dame wirkten.

So, hier hör ich mal auf, lieber Gomusic, bevor du mich in der Luft zerreißen willst. Ich weiß, ich bin echt meckerig. Aber mir scheint auch, du hast das aus Zeitnot so und leider viel zu ungenau geschrieben. Ich würd nochmal gucken.
Ja, die liebe Zeitnot.
Ansonsten lass ich eine Geschichte nach mehrmaligem Überarbeiten noch mehrere Wochen liegen usw. Du kennst das ja. Vielleicht habe ich mir auch eine viel zu lange Geschichte für die beschränkte Zeit des CopyWrites aufgebürdet.

Ist eine schöne Geschichte, wär sehr schad drum, wenn da solche Sprachungenauigkeiten drin blieben.
Danke dafür und für deine Unterstützung. :thumbsup:

Wünsche dir noch schöne Tage und würde mich freuen, wenn du wieder reinschaust.

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo GoMusic

Gleich vorneweg: Ich habe deinen Text gern gelesen, zunächst mal einfach als Geschichte an sich, dann aber natürlich auch als Copy, ich musste jedes Mal grinsen, wenn wieder eine „meiner“ Figuren auftauchte, besonders, wenn sie für die Geschichte völlig unnötig war, wie Isabelle, das französische Au-Pair. :) Hätte ich ansonsten bemängelt, ist innerhalb des Copywrite aber witzig.

Und natürlich dem Autor des Originals noch ein wenig Honig ums Maul geschmiert:

Ich erinnere mich an eine Novelle, die ich sehr gerne gelesen habe. In ihr heißt es: ‚Dicht über die Wiese und den Fluss schwirrten schwarze Mückenschwärme. Die Luft fühlte sich an wie ein heißer nasser Lappen auf dem Gesicht. Die Natur hielt inne und holte Atem für den großen Befreiungsschlag.‘
Es gibt keine bessere Beschreibung für das, was ich hier und jetzt sehe und fühle.
:)

Deine Geschichte ist ja stilistisch eine Art Antithese zu meiner Vorlage, das fand ich konsequent. Und dann nimmst du die Geschehnisse und stellst sie in einen ganz neuen Rahmen, mit neuen Zutaten, das ist deutlich mehr als ein Prequel.
Der Plot hat mir mit zwei Einschränkungen gefallen. Zum einen schliesse ich mich dot an. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, weshalb die jetzt die Taufe dort abhalten wollen, wo doch alles auf dieser Burg so unheimlich ist. Das würde ich vielleicht noch etwas abschwächen. Zum anderen fand ich die erste Begegnung mit der Gräfin etwas gar in die Länge gezogen. Du erwähnst vorher die Parapsychologie und das gibt dem Folgenden natürlich einen anderen Touch und man liest die Begegnung mit der Gräfin im „Unheimlich-Modus“. Dennoch fand ich diese Vorbereitungsarbeit etwas langfädig. Dann aber, wenn es losgeht und der Sturm aufzieht, hat’s mir gut gefallen, ich sehe deine Stärke bei actionreichen Szenen.
Zum Stil: du kannst dir denken, dass ich das zuweilen doch sehr überladen fand. Gehen wir aber davon aus, dass der bewusst so gewählt ist und zählen keine Adjektive. Dennoch noch ein paar Anmerkungen zum Text.

Das fröhliche Herumtollen der kleinen Kinder auf dem Rasen füllt den Innenhof mit Leben. Mädels in weißen Kleidchen und mit Schleifen im Haar, Buben in ebenso gebührlicher Garderobe, anstatt in gewohnten Knickerbockern. Unschuldige Schutzbefohlene, für die ich mich verantwortlich fühle.

Nach „klein“ und „weiss“ kann man das "Unschuldige" sehr gut weglassen. Vor allem auch, weil diese Kennzeichnung ja nicht unbedingt etwas mit der Verantwortung des Prot zu tun hat. Oder gibt’s auf dem Gelände noch schuldige Kinder, für die er sich nicht verantwortlich fühlt? :)

Tamaras ergriffene Worte über die geplante Segnung

Entweder war Tamara ergriffen oder die Worte ergreifend, aber nicht die Worte ergriffen.

Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit, des neuen Lebens und der Taufe

Das Wasser als Symbol der Taufe? Die Taufe ist selbst ein symbolischer Akt. Ich würde das weglassen.

Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit, des neuen Lebens und der Taufe‘, so hatten Tamaras ergriffene Worte über die geplante Segnung am Springbrunnen gelautet.
‚Das Wasser der Taufe schenkt dem Menschen neues Leben‘, hatte unser Priester beim Taufgespräch noch feierlich ergänzt.

Der Priester ergänzt etwas, das schon gesagt wurde.

war überwältigt von dem schmalen Grat zwischen Realität und Unwirklichkeit.

Von etwas Schmalem überwältigt zu werden, passt m.E. nicht so ganz. Vielleicht „fasziniert“?

. Mein Ziel war es, die Existenz solcher Phänomene zu beweisen, um diesen im Kollegium eher belächelten Wissenschaftszweig zu etablieren.

Novak hat’s schon angemerkt, dann aber wieder zurückgenommen. Dennoch: Es ist nicht klar, worauf sich das „solche“ beziehen soll, denn du hast kein Phänomen genannt. Eine Séance ist selbst kein Phänomen, zumindest keines, das bewiesen werden muss. Das gibt’s wirklich. :)

Allmählich drängten sich dort zwei schemenhafte Umrisse aus dem Nebelschleier heraus.

Vielleicht: „zeichneten sich ab“.

In ihrem Gesicht erkannte ich die gleiche Neugier und Befangenheit, die auch mich antrieb.

Ist es nicht vielmehr so, dass sie die Neugier antreibt und die Befangenheit zurückhält?

Dicker Staub blieb auf meinem Finger haften.

„an etwas haften bleiben“, würde ich glaub’s sagen.

Kurz danach verabschiedeten wir uns freundlich von der Dame, die daraufhin das Tor von innen schloss.

Warum will der Erzähler betonen, dass sie freundlich zur Frau waren?

In diesem Moment trafen wir die Übereinkunft, dass dies später der Ort für die Taufe unseres Kindes sein würde.

Ich würde einfach „dass dies der Ort … sein sollte“ schreiben.

Um auf andere Gedanken zu kommen, streichele ich Jessica zärtlich über die Wange, woraufhin sie mich mit ihren blauen, unschuldigen Augen anstrahlt und glücklich aufjauchzt. Mir wird es warm ums Herz.

Wir sprechen nicht über Adverbien / Adjektive, aber was zu viel ist, ist zu viel. :)

Glücklicherweise erwies sich Joseph wiederholt als sehr geschickt im Umgang mit den technischen und mechanischen Apparaturen und bekam das Vehikel nach einiger Zeit wieder in Gang.

Ziemlich sperrige Formulierung.

„Wann, sagten Sie, ist das passiert?“, fragte ich schließlich nach einer angemessenen Pause.
„Vor ziemlich genau dreißig Jahren, Herr Professor.“

Diese Info hat der Leser schon.

Die Gräfin ist gerade achtundzwanzig geworden. Und zwei Jahre zuvor war erst ihr Mann, der Graf gestorben ...“

„war …geworden“ / „Und erst zwei Jahre zuvor war …“

halte mit dir Hand vor dem Gesicht.

halte mir die Hand vors Gesicht

Unscharf erkenne ich im Wasser eine dunkle Gestalt mit rot leuchtenden Haaren.

Also rot leuchtend ist für mich etwas anderes als leuchtend rot. So stelle ich mir vor, dass von den Haaren ein rotes Licht ausgeht.

Manche wähnten einen geheimnisvollen Liebhaber

erwähnten

Stummlose Laute

Stimmlose. Aber klingt ziemlich witzig. :)

Hat Spass gemacht, dich als Kopisten zu haben, lieber GoMusic! Danke dir!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Peeperkorn,

danke, dass du dir die Zeit für meine Geschichte genommen hast. :thumbsup:

Gleich vorneweg: Ich habe deinen Text gern gelesen, zunächst mal einfach als Geschichte an sich, dann aber natürlich auch als Copy
Puh, schon mal gut. :Pfeif:

Ich musste jedes Mal grinsen, wenn wieder eine „meiner“ Figuren auftauchte, besonders, wenn sie für die Geschichte völlig unnötig war, wie Isabelle, das französische Au-Pair.
Das mit den Grinsen ging mir auch so, als ich das Copy zu meiner Story gelesen hatte.
Ja, Isabelle hat hier ihre so genannten 15 Minuten :lol:

Und natürlich dem Autor des Originals noch ein wenig Honig ums Maul geschmiert:
Hehe. Sollte aber keine Bestechung sein. :sealed:

Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, weshalb die jetzt die Taufe dort abhalten wollen, wo doch alles auf dieser Burg so unheimlich ist. Das würde ich vielleicht noch etwas abschwächen.
Okay, dann haben meine Änderungen nach dotslash s Anmerkungen nicht richtig gefruchtet. Muss das ein paar Tage liegen lassen, um in Ruhe darüber nachzudenken.

Zum anderen fand ich die erste Begegnung mit der Gräfin etwas gar in die Länge gezogen.
Ein zweiter Punkt, den ich mir in den nächsten Tagen vorknüpfe.

Dann aber, wenn es losgeht und der Sturm aufzieht, hat’s mir gut gefallen, ich sehe deine Stärke bei actionreichen Szenen.
Ja, irgendwie mag ich actionreiche Szenen. Danke für diese Einschätzung. Das macht mir Mut für neue Stories. :thumbsup:

Nach „klein“ und „weiss“ kann man das "Unschuldige" sehr gut weglassen. Vor allem auch, weil diese Kennzeichnung ja nicht unbedingt etwas mit der Verantwortung des Prot zu tun hat. Oder gibt’s auf dem Gelände noch schuldige Kinder, für die er sich nicht verantwortlich fühlt?
Hast in beiden Punkten Recht. „Klein“ + „weiß“ ergibt „unschuldig“.
Und Schuldige gibt es hier ja nicht.

Tamaras ergriffene Worte über die geplante Segnung
Entweder war Tamara ergriffen oder die Worte ergreifend, aber nicht die Worte ergriffen.
Ja, "Tamara ist ergriffen" hört sich besser an. Ist angepasst ("sichtlich bewegt").

Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit, des neuen Lebens und der Taufe‘
Das Wasser als Symbol der Taufe? Die Taufe ist selbst ein symbolischer Akt. Ich würde das weglassen.
Hm … Hier musste ich mir erst wieder die Zitate raussuchen, die ich dazu gefunden hatte, wie „Das Wasser ist das wichtigste Symbol bei der Taufe.“ oder „... gilt Wasser als Symbol für das Leben“, woraus ich mir das konstruiert hatte.
Mir gefällt das alles gar nicht mehr.
Habe es nun geändert, so dass auch die Wiederholung des Priesters wegfällt:
‚Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit‘, hatte Tamara sichtlich bewegt über die geplante Segnung am Springbrunnen gesagt.

war überwältigt von dem schmalen Grat zwischen Realität und Unwirklichkeit.
Von etwas Schmalem überwältigt zu werden, passt m.E. nicht so ganz. Vielleicht „fasziniert“?
Angenommen.

Mein Ziel war es, die Existenz solcher Phänomene zu beweisen, um diesen im Kollegium eher belächelten Wissenschaftszweig zu etablieren.
Novak hat’s schon angemerkt, dann aber wieder zurückgenommen. Dennoch: Es ist nicht klar, worauf sich das „solche“ beziehen soll, denn du hast kein Phänomen genannt. Eine Séance ist selbst kein Phänomen, zumindest keines, das bewiesen werden muss. Das gibt’s wirklich.
Habe versucht, eine bessere Formulierung zu finden, es näher an die Geschichte zu bringen:
Ich hatte an einigen Séancen teilgenommen und war fasziniert von dem schmalen Grat zwischen Realität und gemeinhin angenommener Unwirklichkeit. Mein Ziel war, diesen im Kollegium eher belächelten Wissenschaftszweig zu etablieren; die psychischen Fähigkeiten, die jenseits des normalen Wachbewusstseins liegen, nachzuweisen. In Wahrheit wollte ich nichts anderes, als das Leben nach dem Tode zu begründen.

Kurz danach verabschiedeten wir uns freundlich von der Dame, die daraufhin das Tor von innen schloss.
Warum will der Erzähler betonen, dass sie freundlich zur Frau waren?
Hm, sollte so klingen, dass sie sich „im Guten“ verabschiedet haben. Ist aber Quatsch, ist nun raus.

Die anderen Hinweise bzgl. abzeichnen, Befangenheit, Finger haften, freundlich, dass dies der Ort, war/geworden habe ich gerne ingebaut.

Um auf andere Gedanken zu kommen, streichele ich Jessica zärtlich über die Wange, woraufhin sie mich mit ihren blauen, unschuldigen Augen anstrahlt und glücklich aufjauchzt. Mir wird es warm ums Herz.
Wir sprechen nicht über Adverbien / Adjektive, aber was zu viel ist, ist zu viel.
Okay, okay ;)
5 in 2 Sätzen ist echt too much.
Habe es angepasst.
Um auf andere Gedanken zu kommen, streichele ich Jessica über die Wange, woraufhin sie mich mit ihren blauen Augen anstrahlt und glücklich aufjauchzt. Mir wird es warm ums Herz.

Glücklicherweise erwies sich Joseph wiederholt als sehr geschickt im Umgang mit den technischen und mechanischen Apparaturen und bekam das Vehikel nach einiger Zeit wieder in Gang.Ziemlich sperrige Formulierung.
Hehe. Mit dem Hintergrund, dass dies sperrig ist/sein soll, habe ich versucht, es flüssig laut aufzusagen. Ich bin gescheitert.
Änderung:
Glücklicherweise kannte sich Joseph mit den technischen und mechanischen Apparaturen aus und bekam das Vehikel nach einiger Zeit wieder in Gang.

„Wann, sagten Sie, ist das passiert?“, fragte ich schließlich nach einer angemessenen Pause.
„Vor ziemlich genau dreißig Jahren, Herr Professor.“

Diese Info hat der Leser schon.
Es ist ja eher ein Nachfragen, weil er zweifelt. Habe es geändert:

Tamara hielt sich die Hand vor den Mund. Ich musste schlucken. „Und das soll vor dreißig Jahren passiert sein?“, fragte ich schließlich nach einer angemessenen Pause.
Ja, Herr Professor. 1891.“ Erika überlegte kurz, dann ergänzte sie schnell: „Aber keine Sorge. Die Brücke ist schon lange wieder in Ordnung. Außerdem war das der einzige … Vorfall in der Geschichte der Burg. Die Gräfin war gerade achtundzwanzig geworden. Und erst zwei Jahre zuvor war ihr Mann, der Graf gestorben ...“

Also rot leuchtend ist für mich etwas anderes als leuchtend rot. So stelle ich mir vor, dass von den Haaren ein rotes Licht ausgeht.
Natürlich. Wie dumm von mir. :(

Manche wähnten einen geheimnisvollen Liebhaber
erwähnten
„Wähnte“ ist hier bewusst gewählt worden für:
gehoben, veraltend etw. irrtümlich annehmen, fälschlich meinen

Stummlose Laute
Stimmlose. Aber klingt ziemlich witzig.
Mist. Wie ich mich schäme. :dozey:

Hat Spass gemacht, dich als Kopisten zu haben
Danke.

Vielen Dank für deinen wertvollen Hinweise. Konnte ich sehr gut gebrauchen.
Die beiden offenen Punkten baue ich, wie gesagt, nach einem kleinen Brainstorming noch um.

Schöne Woche und liebe Grüße,
GoMusic


EDIT; Die Szene der ersten Begegnung mit der Gräfin ist nun etwas gekürzt.

 

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