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16.03.2015
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Diesseits

„Als sich das Bewußtsein in mir entzündete,

war es seltsam tief gespalten zwischen Wachen und Träumen.

Und noch jetzt, da es sich dem Erlöschen nähert,

flackert es leise knisternd hin und her. (…)“

Max Dessoir 



Unentwegt starre ich in den Himmel und flehe, der Tag würde vorbeiziehen, bevor die dunklen Wolken ihn einholen. Vom Torbogen aus habe ich nicht nur das Wetter, sondern auch das Treiben im Innenhof gut im Auge. Auf dem Rasen tollen Kinder herum – Mädels in weißen Kleidchen und mit Schleifen im Haar; Buben in ebenso gebührlicher Garderobe, anstatt in gewohnten Knickerbockern.
Die meisten Gäste haben bereits auf den Stühlen Platz genommen, die vor dem Wassergraben arrangiert sind. Damen in schicken Cocktailkleidern und Herren in mondänen Smokings oder Cutaways. Sie ahnen nichts von dem Geschehen, das sich auf dem Anwesen abgespielt hat.
Mein Kopf pocht; verborgene Erinnerungen quellen empor. Die alte Gräfin mit dem jugendlichen Antlitz, die zwischen Zeiten und Welten zu schweben scheint. Die blasse Erscheinung, deren Gegenwart ich im Hier und Jetzt verspüre.

Ich beobachte, wie sich Tamara in die erste Stuhlreihe setzt und das Kostbarste auf dem Schoß nimmt, das wir besitzen: Charlotte, die in ihrem mit Spitzen und Stickereien geschmückten Taufkleid wie eine kleine Prinzessin ausschaut.
Mein Blick schweift weiter zum Taufbecken, das am Rand des Wassergrabens steht. Gut bewacht vom Mann am Kreuze an der rückwärtigen Backsteinmauer.

Tamara hatte mich mit ihrer überschwänglichen Freude angesteckt. Umgeben vom Wasser, dem Symbol der Reinheit, hatte sie sichtlich bewegt über die geplante Segnung beim Taufgespräch gesprochen.
Das Wasser der Taufe schenkt dem Menschen neues Leben, so die feierlichen Worte unseres Priesters.
Die Brücke ist repariert und Wir lassen die Kleinen nicht unbeobachtet, dachte ich. Gesagt hatte ich aber nichts. Vielmehr musste ich meine Zunge im Zaum halten, um nicht die Worte auszusprechen, die mir eine fremde Macht auf die selbige gelegt hatte. Eine andere christliche Symbolik des Wassers: Durch die alles Böse vernichtende Kraft der Sintflut wird neues Leben möglich.

Jäh unterbricht mein Vater die Gedankengänge, als er seine Hand auf meine Schulter legt und irgendetwas tuschelt. Ich lächle verlegen und streife imaginäre Staubfussel vom Smoking. Verstohlen schaue ich ihn hinterher, bis er sich wieder hinsetzt. Ihm habe ich nichts von den Geschehnissen erzählt. Wie hätte er auch reagieren sollen? Jage nicht ständig alten Sagen hinterher. Das hätte er gesagt und es wäre nur recht und billig gewesen.
Noch immer habe ich Wasserplätschern und Gemurmel im Ohr, deren Klänge von den über dreihundert Jahre alten Backsteinen der Wasserburg reflektiert werden. Harmlose Geräusche, die sich in meinem Bewusstsein als flutende Strömung und panisches Geschrei eingebrannt haben.
Mein Blick bleibt bei den Mäulern der drei Löwenköpfe am Springbrunnen hängen. Mir kommt es vor, als führten sie ein Eigenleben und spien das Wasser nur tröpfchenweise. In Anlehnung an die Bibelstelle, die noch immer auf meiner Zunge liegt, stelle ich mir vor, wie die Mäuler alle Flüssigkeit einhalten und dann plötzlich und mit voller Wucht den Graben überfluten.
Um mich herum verstummt es und ich vernehme nur das Rascheln von Seide und das Schnurren einer Katze. Geräusche, die mich seit der Begegnung mit der Gräfin quälen.
Das Aufzucken eines Blitzes holt mich endlich in die Gegenwart zurück. Flüsternd zähle ich die Sekunden bis zum Donnerschlag. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig.

oOo​

Begonnen hatte es vor anderthalb Jahre bei einer Spazierfahrt durch unsere neue Heimat. Ich hatte gerade den Professorenstuhl der Psychologischen Fakultät besetzt, beschäftigte mich seit geraumer Zeit auch mit der Parapsychologie, hatte an Séancen teilgenommen und war fasziniert von dem schmalen Grat zwischen Realität und gemeinhin angenommener Unwirklichkeit. Mein Ziel war es, diesen im Kollegium eher belächelten Wissenschaftszweig zu etablieren, die psychischen Fähigkeiten, die jenseits des normalen Wachbewusstseins liegen, nachzuweisen.
An jenem nebeligen Sonntagmorgen stießen Tamara und ich auf ein Ödland, das so gar nicht zu den umliegenden grünen Wiesen und dichten Getreidefeldern passen mochte.
Ohne Vorankündigung stöhnte der Kühler meines Maybachs auf. Heißer Wasserdampf quoll empor und bildete ein Rinnsal auf der einsamen Landstraße. Während mein Chauffeur Joseph peu à peu Wasser nachfüllte, küsste ich Tamara auf die Wange und gab vor, draußen frische Luft zu schnappen.
Als ich die Füße auf den Boden setzte, traten die höllischen Kopfschmerzen zum ersten Male auf. Draußen herrschte eine ungewöhnliche, fast schon gespenstisch anmutende Leere und eine Lautlosigkeit, dass ich mir unsicher war, das Richtige zu tun.
Die Stirn massierend schaute ich zum Rheinufer hinunter, wo sich allmählich zwei schemenhafte Umrisse aus dem Nebelschleier herausdrängten. Wachsam blieb ich noch eine Weile am Automobil stehen, bis das Hämmern im Kopf auf ein erträgliches Maß abgeklungen war.
Ein paar Schritte ging ich vor und versuchte, mir ein genaues Bild von den Silhouetten zu machen. Tatsächlich erkannte ich zwei schmale, rote Türme. Ich drehte mich zurück und sah, wie Tamara durch die Scheibe auf die Umrisse starrte. In ihrem Gesicht erkannte ich die gleiche Neugier und das Verlangen, das auch mich antrieb.

Ich half Tamara aus der Limousine. Joseph legte sogleich seine Mütze auf den Beifahrerplatz und nutzte die Pause zum Zeitung lesen.
Nachdem sich Tamara noch ihren Glockenhut bis tief in die Stirn heruntergezogen hatte, folgte sie mir auf den Fersen. Ich musste vorsichtig sein, war der schmale, im Dunst der Morgensonne liegende Feldweg doch relativ steinig.
Nach einigen Metern bekam ich das Gefühl, eine unsichtbare Grenze zu überschreiten. Wie gefangen blieb ich stehen und stellte fest, dass ich an einer dürren Wurzel hängengeblieben war. Mir fiel auf, dass der Weg weder Spuren von Kutschen oder Automobilen, noch andere Lebenszeichen aufwies. Ebenso verdutzt sah ich zu, wie sich die beiden Türme langsam wieder in die getrübte Atmosphäre zurückzogen.

Kurze Zeit später standen wir vor dem rundbogigen Toreingang eines Backsteinbaus, einer kleinen, freistehenden Burg mit Zinnen und zwei Türmen, vielleicht zweihundert Meter vom Rhein entfernt. Vergeblich suchte ich nach einer Glocke und klopfte dann am Tor. Rasch staubte ich noch meinen Stresemann ab und schlug ein weiteres Mal gegen das Holz, diesmal entschlossener.
Alles sah verlassen aus, verwahrlost, als hätte sich seit dem Krieg keiner mehr hier aufgehalten. Die Mauersteine vertrugen frischen Zement, die Eisenstäbe an den Fenstern und am Tor hatten Rost angesetzt, und das Kopfsteinpflaster, das die Burg einrahmte, war grünlich.
Wir warteten kurz. Dann stellten wir uns auf die Fußspitzen, lugten durch eine kleine Toröffnung und waren wie verzaubert ob dieses Anblickes: ein barocker Innenhof und ein ebendieser Springbrunnen. Es war zwar alles dürftig erhalten, aber wie prächtig musste die Wasseranlage im Ursprungszustand gewesen sein!
In diesem Moment trafen wir die stumme Übereinkunft, dass diese Wasserburg mit dem Springbrunnen der Ort für die Taufe unseres Kindes sein würde. Wir konnten da nicht ahnen, dass Tamara in der vierten Woche schwanger war.
Hinter uns raschelte es immer lauter. Wir drehten uns um und vernahmen eine Bewegung in einem Rosenbaum. Schnurrend kam eine weiße Perserkatze aus dem blattlosen Strauch hervor. Es raschelte erneut, diesmal von der anderen Seite des Busches. Eine gebückte Gestalt in weißen Gewändern erschien. Das Tier näherte sich zögerlich der Frau, die genüsslich vor sich hin lächelte.
Bevor ich etwas sagen oder tun konnte, machte die Frau mit einem langanhaltenden Räuspern ihre Stimme klar, als müsste sie ihren Stimmbändern erst wieder das Sprechen beibringen. Sie entschuldigte sich für ihr unvermitteltes Auftreten und stellte sich als die Gräfin vor. „Es ist das Anwesen unserer Familie. Wir leben nicht ständig hier. Ich bin nur da, weil ich in dieser Welt noch etwas zu Ende bringen muss.“
„Angenehm. Julian Ferdinand Altenrath, Medizinische Fakultät zu Köln, Professor der Psychologie“, sagte ich mit einem mulmigen Gefühl ob der seltsamen Worte der Gräfin. „Und das ist meine Gattin, Tamara.“
Obwohl mir bewusst war, dass sich das nicht gehörte, hielt ich der Gräfin meine Hand entgegen. Bevor ich meinen Fauxpas erkannte, griff die Dame zu. Ich umfasste eine knochenlose Hand, kalt wie Wasser.
„Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns ein wenig umschauen?“ Ich wollte meinen eigenen Worten nicht trauen, dachte ich doch eher daran, wieder umzukehren.
Die Dame musterte meine Frau und setzte ein wissendes Lächeln auf. Wortlos kramte sie in ihrer Tasche nach einem Schlüssel und öffnete das Tor. Schnell ließ sie uns herein, als hätte sie Sorgen, wir überlegten es uns anders.
Wie an einer unsichtbaren Schnur zog sie uns hinter sich her. Ich fühlte mich nicht Herr meiner Sinne und umklammerte feste Tamaras Hand.
Mit einer Mischung aus Aufgeregtheit und Begeisterung stellte Tamara tausend Fragen, dass ich erstaunt war, ob sie denn nichts Ungewöhnliches empfand. Die Gräfin beantwortete alles geduldig. Wir erfuhren, dass die Burg früher eine von Weihern umgebene uneinnehmbare Verteidigungsanlage war. Nach der Trockenlegung wurde sie zum Sommersitz umgebaut und blieb während des Weltkrieges, wie zuvor im Deutsch-Französischen Krieg, unbewohnt.
So wie die Burgherrin von ihren Plänen sprach, das Anwesen zu sanieren und einen Gasthof zu eröffnen, eruierte ich, dass ihre Bewegungen und die gewählte Ausdrucksweise durchaus einer edlen Dame entsprachen.
Jedoch war ihre Kleidung archaisch und so abgenutzt, als trüge sie seit Jahrzehnten nichts anderes. Überhaupt wirkte sie mit dem weißen, schütteren Haar und den Altersflecken auf der blassen Haut auch verhältnismäßig bejahrt. Nur ihr Antlitz hatte etwas Jugendliches bewahrt: Es schien das einer Mittzwanzigerin zu sein.
Nach einigem Grübeln kamen mir Fälle des vorzeitigen Alterns in den Sinn, auf die ich während meiner Famulatur – allerdings nur bei Kindern – gestoßen war. Die Burgherrin hielt ich für einen Fall von Progeria adultorum, das erst kürzlich beschriebene Krankheitsbild bei Erwachsenen.
Ich fragte mich, wo sich der Herr des Hauses, ihr Gemahl, befand und ob es Nachkommen gab. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagte sie mit dünner Stimme, dass der Graf vor zwei Jahren gestorben war. „Ich würde Ihnen gerne auch die Innenräume zeigen, aber mein kränklicher Sohn hat sich dort zum Ausruhen hingelegt.“ Wirkte die Dame bei Erwähnung ihres verstorbenen Gatten schon relativ bitter, so liefen ihr nun auch dicke Tränen aus den müden, glasigen Augen.
Ich räusperte mich und setzte meine professionelle Stimme auf. „Wenn Sie erlauben, hole ich meine Arzttasche und schaue nach Ihrem Sohn.“
„Ist schon gut, vielen Dank“, sagte sie und versuchte dabei, ihr Gesicht zu einer heiteren Miene zu verziehen. „Er hat einen solch tiefen Schlaf, dass ich ihn nicht wecken möchte.“
Ich war enttäuscht, wollte ich doch wissen, wie alt ihr Sohn war, um so Rückschlüsse auf das Alter der Dame zu ziehen.

Während wir der Gräfin weiter durch den Innenhof folgten, schaute ich mir die Burg näher an. Auch wenn das Anwesen noch nicht an die Elektrizität angeschlossen und kein Telegraphenmast auszumachen war, musste da doch zumindest irgendwo eine Kerze oder Gaslampe brennen. Aus den Kaminen entwich kein Qualm, sämtliche Glasscheiben waren trübe, nirgendwo hingen Gardinen oder Vorhänge.
Selbst der Innenhof wirkte gottverlassen. Auf dem mit Vogeldreck übertünchten Kopfsteinpflaster standen zwar Tische, aber keine Stühle. In einem unbeobachteten Moment strich ich über eine der Tischplatten. Dicker Staub blieb an meinem Finger haften.
Sie führte uns zum reichlich mit Ornamenten verzierten Springbrunnen mit den drei Löwenköpfen und erzählte von dessen Bau im siebzehnten Jahrhundert.
Das Wasser in den Rinnen war abgestanden. Tote Insekten trieben auf der fauligen Oberfläche. Ich musterte die Löwenköpfe und stellte fest, dass deren Mäuler gänzlich verstopft waren. Als ich sie berühren wollte, spürte ich etwas an meiner Wade. Meine Nackenhaare stellten sich auf. Es war die Katze, die sich an mich schmiegte. Ich versuchte, ein auftretendes Gefühl des Unwohlseins zu verbergen. Dann war deutlich wieder das Geräusch zu hören: das Rascheln ihrer seidigen Röcke, das wie das Zischen einer Schlange klang, als sich die Dame bückte und das Tier auf den Arm nahm.
Sie sprach so liebevoll zu dem Geschöpf und streichelte es dermaßen zärtlich, dass ein jeder hätte denken müssen, sie sei ein besonders seelenvoller Mensch. Dem weißen Perser mochte ich aber ebenso wenig trauen, was aber vielleicht an meiner Aversion lag, da ich unzählige Male von übellaunigen Katzen gekratzt und gebissen worden war.

Kurz danach verabschiedeten wir uns von der Dame, die das Tor von innen schloss. Tamara lief voran zum Ufer. Ich folgte ihr bedachtsam und behielt meine Gedanken zunächst für mich.
Seelenruhig, fast schon unschuldig, schlängelte sich der Rhein zwischen saftigen Wiesen auf der gegenüberliegenden Uferseite und dem uns zugewandten, vertrockneten Grasteppich. Eine Fußgängerbrücke mit niedrigem Handlauf verband beide Seiten. Das Holz war morsch, außerdem fehlten einige Planken. Ich wunderte mich, dass die durch den Fluss getrennten Gebiete wie zwei gegensätzliche Welten wirkten.

Während der Rückfahrt sprachen wir über unsere Begegnung.
„Ja, ein wenig eigenartig war die Dame schon“, bestätigte Tamara meinen Eindruck. „Sie tat mir aber leid, schien sie doch viel Kummer in sich zu tragen. Ich wünsche ihr, dass ihr Sohn wieder gesund wird und das Anwesen aufblüht. Vielleicht können wir ja tatsächlich mal die Taufe hier feiern.“
„Die Alte hatte irgendetwas zu verbergen“, grübelte ich. „Ist dir auch aufgefallen, wie merkwürdig sie aussah? Sie verlor auch kein weiteres Sterbenswörtchen über ihren Sohn. Die Burg und die Gegend wirken … so tot.“
„Ja, sie ist kränklich, schwach. Die Dame braucht Beistand“, antwortete Tamara und fuhr dann lächelnd fort „… und vielleicht auch etwas Puder oder Schminke. Aber übertreib’ nicht gleich, Schatz.“
Joseph, der sich sonst nicht einmischte, hüstelte kurz. Im Innenspiegel sah ich, wie sich seine Stirn kräuselte. Er beschwor hoch und heilig, außer uns beiden niemanden am Tor oder sonst wo gesehen zu haben.
„Das muss am dichten Nebel gelegen haben, Joseph.“

oOo​

Endlich erklingt der vereinbarte Glockenlaut. Das Tor öffnet sich einen Spalt breit und Erika hastet herein. Aufgeregt tuschelt sie los. „Der Priester ist endlich eingetroffen. Das Automobil hatte eine Panne.“ Mit sorgenvoller Miene schaut sie nach oben. „Es ist ziemlich windig und es wird regnen, Herr Professor“, sagt sie eindringlich. „Während der Zeremonie könnten wir noch Glück haben. Aber danach … die Zelte. Und dann noch fünfzig Leute, … die Kinder. Wir sollten nach der Segnung alle nach Hause schicken oder nur mit dem engsten Kreis in die Räume ziehen.“
Ich schaue zu Tamara herüber, die gerade unser Baby liebkost. Mit ‚Es wird schon gutgehen´ lehne ich Erikas Vorschlag ab.
Grummelnd macht sie auf dem Absatz kehrt und wirft einen Blick auf den kleinen rothaarigen Buben, der abseits auf dem Rasen steht und mit großen Augen in den Himmel starrt. Ich kenne ihn nicht näher, weiß nur, dass er zu Tamaras entfernter Verwandtschaft gehört.

Tatsächlich sind die Wolken dunkler geworden. Die Luft ist nervös. Ich gebe das Zeichen zum Hinsetzen und nehme selbst meinen Platz neben Tamara ein. Das Geflüster wird leiser, bis es verstummt. Alle Augen sind auf das Tor gerichtet.
Plötzlich blitzt es aus kürzester Entfernung auf. Erschrocken schaue ich gen Himmel und beginne in Gedanken, die Sekunden zu zählen. Einundzwanzig, zweiund… Als ich jedoch einen typischen, metallischen Geruch vernehme, drehe ich mich zur Seite und sehe, wie Gustave hinter dem dicken schwarzen Tuch seiner Kamera hervorkommt. Fröhlich winkt er mir aus einer schwefeligen Rauchwolke zu, die das Aufnahmegerät samt Photographen eingenebelt hat.
Um auf andere Gedanken zu kommen, streichele ich Charlotte über die Wange, worauf sie mich mit ihren blauen Augen anstrahlt und glücklich aufjauchzt. Mir wird es warm ums Herz.
Dann erstarre ich vor Kälte. Das Gesicht, das vor meinem inneren Auge schwebt, verwandelt sich in eine Fratze. Das Antlitz der Gräfin, der alten Jungen, der jungen Alten.

oOo​

Vor einem halben Jahr hatten Tamara und ich die Wasserburg ein weiteres Mal besucht. Meine Frau wusste aus der Kölnischen Zeitung, dass das Anwesen für private Zwecke zu mieten war. Beim Gedanken an die skurrile Gräfin bekam ich zunächst Zweifel, dann nahm jedoch das überaus freudige Gefühl überhand, das Tamara und ich beim ersten Anblick der Wasseranlage hatten.
Diesmal war es der Motor, der just in dem Moment zu qualmen anfing, als wir auf die einsame Straße abbogen. Glücklicherweise kannte sich Joseph mit den technischen und mechanischen Apparaturen aus und bekam das Vehikel nach einiger Zeit wieder in Gang.
Eine großmütterlich wirkende Frau in einfacher Kleidung öffnete uns das Tor. Sie stellte sich als Erika vor. Viele Jahrzehnte war sie die Hausdame auf der Burg gewesen. Nun war sie für den Gastbetrieb verantwortlich, erzählte sie, während wir einen kurzen Rundgang im Innenhof machten.
War ich bereits überrascht, in welch blühenden Zustand sich der Außenbereich befand, wunderte ich mich, wie in dieser kurzen Zeit – es war ja kaum ein Jahr vergangen – auch der Innenhof und der Springbrunnen wieder den ursprünglichen barocken Zustand besaßen, den man zuvor nur hatte erahnen können.
Erika warf einen scheuen Blick auf Tamaras Bauch und zeigte stolz auf den Springbrunnen. „Ideale Bedingungen für Ihre Taufe. Und am Ufer, auf der Festwiese, können die Zelte für das Festmahl und die Feierlichkeiten aufgebaut werden.“
Auf mein Nachfragen zum Verbleib der Gräfin sah mich Erika unergründlich an. „Das Anwesen wird schon lange von einer Stiftung verwaltet.“ Dann berichtete sie von den fürchterlichen Geschehnissen, die sich vor dreißig Jahren zugetragen haben.
„Es geschah bei einer Familienfeier“, begann sie stockend. „Während sich die meisten Erwachsenen bei Kaffee und Kuchen im Innenhof aufhielten, waren die Kinder hinten auf der Wiese, wo sie schaukelten oder Räuber und Gendarm spielten.“
Nach einer kurzen Pause, in der sie sich wiederholt die Nase putzte, fuhr sie fort. „Blitzartig wurde das Wetter schlechter. Die Erwachsenen kamen herangeeilt, um die Kinder zu holen.“
Erika atmete kräftig aus und schaute kurz in den klaren Himmel. „Der kleine Robert, den wir wegen seinen leuchtend roten Haaren und seiner französischen Vorfahren alle nur Rouge nannten, stand plötzlich auf der morschen Holzbrücke. Der Wind musste wohl die Absperrung gelöst haben, nur so konnte Rouge sie überhaupt betreten.“
Ihre Stimme sank um eine halbe Oktave. „Der Sturm hat den Jungen blitzartig in den Rhein gestoßen. Er konnte nicht gut schwimmen, die Strömung war zu stark. Vom Ufer aus konnten wir nichts ausrichten. Außerdem war bei dem starken Regen und der Gischt kaum was zu sehen. Es gab keine langen Äste oder sonst etwas, womit man ihn hätte herausziehen können. Einige liefen zur Burg zurück, um Seile oder ähnliches zu holen. Die Gräfin war ins reißende Wasser gesprungen. Sie war beim Versuch, ihren Sohn zu retten, beinahe selbst untergegangen.“
Tamara hielt sich die Hand vor dem Mund. Ich musste schlucken. „Und das soll vor dreißig Jahren passiert sein?“, fragte ich nach einer angemessenen Pause.
„Ja, Herr Professor. 1891.“ Dann ergänzte sie schnell: „Aber keine Sorge. Die Brücke ist schon lange wieder in Ordnung. Außerdem war das der einzige ... Vorfall in der Geschichte der Burg. Die Gräfin war noch keine dreißig Jahre alt. Und erst kurz zuvor war ihr Mann, der Graf verstorben ...“ Sie schaute in mein verblüfftes Gesicht. „Frau Gräfin verschwand nur einen Tag nach der Beerdigung ihres Sohnes. Spurlos. Sie hatte alle ihre Sachen dagelassen, es fehlte kein einziges Teil. Einige Wochen später fanden Fischer flussabwärts eine Frauenleiche am gegenüberliegenden Ufer. Die unbekleidete Tote konnte nicht eindeutig identifiziert werden. Die Gendarmerie legte den Fall ungelöst zu ihren Akten.“ Erika wischte sich eine Träne fort. „Lassen Sie uns jetzt aber über Ihre Feier reden.“
„Glauben Sie, dass sie noch lebt?“, fragte Tamara.
Erika zögerte. „Das Verschwinden der Gräfin war noch jahrelang Thema aller Plaudereien. In sämtlichen Schichten. Manche wähnten, es gäbe einen geheimnisvollen Liebhaber, zu dem sie geflüchtet sei. Einige, noch fragwürdigere Quellen, berichteten gar, die Burgherrin noch Jahre später am Ufer gesehen zu haben.“

oOo​

Quietschend geht das Holztor auf. Alle erheben sich, als der Priester feierlich hereinschreitet, dem zwei junge Messdiener folgen. Der Geistliche blickt kurz in das Firmament, bekreuzigt sich und geht dann weiter. Er macht einen großen Schritt über den Wassergraben und stellt sich hinter den Altar.
Tamara strahlt mich an. Ich lächle zurück und halte dabei die Taufkerze so feste, dass ich sie beinahe zerdrücke.

Eine halbe Stunde später müsste ich eigentlich erleichtert sein, hatte uns doch der Sturm vor seiner erbarmungslosen Macht verschont. Auch die Wolken blieben die ganze Zeit über wie verleimt am Horizont stehen.
Hat sich der Sturm nur eine kurze Pause gegönnt? Eine kleine Waffenruhe, die er braucht, um seine Kräfte zu bündeln?
Wie in einer Prozession ziehen wir zum Ufer hinunter. Das Gras ist feucht, der Weg aufgeweicht. Damen halten den edlen Stoff ihrer langen Kleider hoch; einige Ältere werden von Jüngeren geleitet.
Es weht eine angenehme, lauwarme Brise. Dann blitzt in der Ferne das Gewitter wieder auf, das die ganze Zeit lang geschwiegen hat.
Vier Sekunden später höre ich den Donner.

Feiner Sprühregen legt sich wie ein dünner Schutzfilm auf die Tischreihen und Zeltplanen. Zwei Küchenhilfen beginnen, die Speisen sowie Gläser, Geschirr und Besteck mit Tüchern abzudecken. Noch bevor sie fertig sind oder sich erste Gäste schützend unter die Zelte gestellt haben, hört der Regen wieder auf.

Die Gäste versammeln sich an den Stehtischen, wo ihnen Champagner, Säfte oder Wasser gereicht wird. Während ich noch überlege, wie viele Leute in die beiden Zelte passen mögen und ob es genügend Regenschirme gibt, räuspert sich der Priester, nimmt den Kollar aus der Soutane und betrachtet begierig sein volles Champagnerglas.
Gedankenverloren blicke ich in die Runde. Tamara, die Charlotte in den Kinderwagen gelegt hat, nickt mir zu. Gustave legt eine neue Platte in seiner Kamera ein.
Jetzt liegt es an mir, die Feierlichkeiten mit einer kleinen Ansprache und dem obligatorischen Anstoßen zu eröffnen, ohne mir meine Befürchtungen und Ängste anmerken zu lassen.

Ich bringe unsere leeren Teller zurück und blicke mich um. Die Gäste amüsieren sich, essen vom Kuchen, löffeln im Crème brûlée und behalten die Kinder im Blick, die auf der Wiese spielen.
Vor dem Ausschank hat sich mittlerweile eine feuchtfröhliche Gesellschaft gebildet. Der Priester trinkt aus einem Bowlenglas und unterhält angeregt die Menge mit Tiraden über Politik und Wirtschaft der Weimarer Republik, während sich die Messdiener mit Wasser begnügen. Noch immer ist es lauwarm. Die Stimmung ist trotz der Brise und des Nieselregens gut.
Wie aus dem Nichts wird der Regen stärker. In der Ferne donnert es. Ich bin viel zu aufgewühlt, um die Entfernung dieses Einschlages und des nächsten abzuschätzen.
Tamara schiebt den Kinderwagen unter ins große Zelt, gefolgt von unseren Taufpaten und Eltern. Auch einige Ältere gesellen sich unter das Zeltdach. Ich bleibe weiter auf der Wiese stehen und sehe an der Böschung zwei Buben, die Steine in den Fluss werfen. Als meine Base sie lautstark ermahnt, hören sie auf und ziehen mit herunterhängenden Schultern in Richtung Brücke.
Auf den glitschigen Holzbohlen, die als Befestigung auf der Wiese ausgelegt sind, rutscht der erste Knabe aus. Einige Kinder lachen. Andere legen mit Ästen und Steinen ein Muster für das Himmel-und-Hölle-Hüpfspiel auf die Wiese.
Gustave stößt mich an der Seite an. „Das ist der Wahnsinn! Schau‘ da drüben! Ein solches Gewitter sieht man nicht alle Tage.“ Ich sehe ihm noch hinterher, wie er mit seiner Fotoausrüstung auf einen kleinen Hügel steigt.
Plötzlich bekomme ich entsetzliche Kopfschmerzen. Tausend kleine Skalpellklingen zersplittern in meinem Schädel.
Schnell! Ich muss schnell zu Tamara und Charlotte.
Petrus zieht mit einem kräftigen Rutsch den Vorhang weg. Alles geht ganz schnell. Das Gewitter blitzt über uns auf und malt ein Gemälde aus schwarz-weißen Umrissen auf die Zeltplanen. Das folgende Donnern erschüttert den Boden.
Wieder zucken Blitze durch die Wolken. Spuren der elektrischen Entladung fahren ins Wasser. Hagelkörner stürzen herab.
Im Nu wird das kleinere der beiden Zelte vom Wind zerfetzt. Kuchen fliegt über die Wiese, Flaschen und Geschirrteile zerbrechen. Leute flüchten in Richtung Burg. Unter ihnen finde ich Tamara, renne hinüber und entreiße ihr den Kinderwagen, getrieben von nur einem Gedanken: In die Burg! Hinter uns klappern die Zeltstangen, der Wind zerrt an den Planen. Das Schieben ist mühsam. Ich nehme das Baby aus dem Wagen, presse es an mich, Tamara klammert sich an meinen Arm. „In die Burg!“, schreie ich. Die Sicht ist schlecht. Äste krachen. Der Priester stolpert, Leute steigen über ihn hinweg. Eine Gestalt eilt zurück zum Ufer.
Ich schreie gegen den Wind an, gestikuliere meinem Vater mit den Händen. Er versteht, nimmt Charlotte auf den Arm, drückt sie an sich. Sofort laufe ich zum Wasser, weiche riesigen Pfützen aus, halte mir die Hand vors Gesicht.
Unscharf erkenne ich eine kleine, rothaarige Gestalt, die sich in den ins Wasser ragenden Ästen verfangen hat. Daneben, am Ufer, steht mein Vetter und versucht, den Körper aus dem Wasser zu ziehen.
Die Strömung ist zu stark, gemeinsam können wir den Kleinen nicht halten. Er wird weggetrieben, bleibt an der anderen Uferseite im Geäst hängen. Mein Vetter springt hinein. Er paddelt wild um sich, kommt kaum gegen das aufpeitschende Wasser an.
Ich muss hinüber, zur anderen Uferseite! Wie im Wahn laufe ich auf die Brücke zu, denke dabei an den Sohn der Gräfin, rufe in Gedanken seinen Namen. „Rouge! Rouge!“
Mein Vetter tastet sich ans Ufer zurück. Allein. Entkräftet sinkt er schließlich in den matschigen Boden.
Ich verliere die Balance auf dem nassen Holz, rutsche aus, durchbreche den Handlauf und stürze in den Fluss. Mit den Füßen pralle ich auf etwas Hartem auf, das sofort nachgibt. Ich strecke meine Beine, reiße die Arme nach oben. Endlich ist mein Kopf über der Wasseroberfläche, kann ich nach Luft schnappen.
Die Gischt stiehlt mir die Sicht. Ich stecke den Kopf unter, schlucke Wasser, versuche, etwas zu erkennen. Ein dunkler Schatten. Etwas hat sich auf dem Grund in Wurzeln verfangen. Arme sind nach oben ausgestreckt, versuchen, zu greifen, nach etwas Festem, an das sie sich hochziehen könnten. Dann zuckt der Körper ein letztes Mal auf.
Ich schlucke erneut Wasser. Wieder versuche ich, den Körper zu erreichen. Doch ich werde zu sehr abgetrieben. Erschöpft schreie ich nach Hilfe. Stimmlose Laute. Ich sehe nichts. Niemand kann mich hören.
Ohrenbetäubend schlägt ein Blitz in die Brücke ein. Es riecht nach verkohltem Holz. Unwillkürlich paddele ich mit Armen und Beinen, versuche zurückzuweichen. Mein Herz hämmert, in meinen Augen verspüre ich einen pochenden Druck. Ich habe die Orientierung verloren, sehe Brücke und Ufer nicht mehr.
Dann verstummt alles. Ich vernehme nur das Rascheln von Seide und das Schnurren einer Katze. Ich blicke zum Ufer, wo ich verschwommen eine Gestalt in weißen Gewändern sehe, die sich bückt und ein lebloses Bündel auf den Arm nimmt. Mein Blick wird klarer. Ich sehe, wie sie dem kleinen Kind zärtlich über die roten Haare streichelt. Ich höre ihre liebevollen, geradezu innigen Worte, als wäre sie ganz in meiner Nähe. Das Kind bewegt sich und schreit. Laute eines Neugeborenen.
Die weiße Gestalt lächelt, küsst das Kind auf die Stirn. Behutsam legt sie den Körper auf das Gras ab, sieht mir für einen kurzen Moment direkt in die Augen, scheint mich zu fixieren. Das Gesicht der Gestalt verschwimmt mehr und mehr vor meinen Augen. Es wird faltig, runzelig, bis es das einer alten Frau gleicht. Die Alte nimmt eine weiße Katze auf den Arm und wird völlig eins mit dem Nebel.
Ich schließe meine Augen und lasse mich im Fluss treiben. Mein Kopf pocht nicht mehr.

Feuchten Schlamm spüre ich unter mir. Dicke Finger patschen auf meine Wange, zwei Hände pressen meinen Brustkorb.
Ich starre in das besorgte Gesicht meines Vaters, kralle meine Hände ins Gras, huste, gurgele, spucke wie ein Springbrunnen alles auf einmal heraus. „Charlotte! Tamara!“ Nichts mehr als stumme Schreie. Mein Vater lächelt erleichtert und deutet mit der Hand irgendwohin.

Aufgeregte Stimmen umhüllen mich. Ich drehe mich nach links und blicke auf Beine. Rastlose Beine in feuchten, schwarzen Anzugshosen, nackte Beine, die aus schlammbedeckten Kleidern herausragen. Dazwischen sitzt er, in einer warmen Decke gehüllt, der kleine rothaarige Bube. Er zittert, flüstert mir etwas zu. Von seinen Lippen lese ich ein „Danke“ ab.
Mir laufen Tränen aus den Augen, als ich auf den kleinen, bewegungslosen Körper schaue, der rechts neben mir liegt. Eine Frau und ein Mann sitzen gebückt vor dem Buben, weinen, schreien. Ich bekomme kaum Luft.
Die Frau umfasst die leblose Hand des Buben, ihr Blick ist stumpf. Der Mann streichelt zärtlich den Kopf – durch das nasse, strähnige Haar. Durch sein krustiges, blutverschmiertes Haar.
Ich heule, brülle aus Wut, wimmere vor Angst. In meinem Kopf beginnt es erneut zu pochen. Schmerzvolle Schläge wie die eines Schmiedehammers.
Rasiermesserscharfe Klingen zerstückeln meinen Schädel. Ich nehme kupferartigen Geruch wahr. Eine warme, zähe Flüssigkeit fließt aus meiner Nase. Ich wische sie mit der Hand ab. Rieche an ihr. Schmecke von ihr.
Jetzt wird mir bewusst, wo ich bin.
Diesseits.

 

Hey GoMusic

„Wähnte“ ist hier bewusst gewählt worden für:
gehoben, veraltend etw. irrtümlich annehmen, fälschlich meinen

Ja, ich habe mir überlegt, ob du das wohl so gemeint hast. Aber "wähnen" verlangt entweder einen Relativsatz: "Manche wähnten, es gebe einen Liebhaber." oder eine Präzisierung: "Manche wähnten den Liebhaber in Australien." Einfach: jmd. wähnen geht glaub grammatikalisch nicht.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hi Peeperkorn,

danke, dass du nochmal reingeschaut hast. :thumbsup:

"wähnen" verlangt entweder einen Relativsatz … oder eine Präzisierung
Hast Recht. Habe es angepasst. Danke dafür.

Manche wähnten, es gäbe einen geheimnisvollen Liebhaber, zu dem sie geflüchtet sei.

Mittlerweile habe ich auch an einigen Stellen die Schräubchen gedreht, warum sie denn dort die Taufe abhalten, wo der Prota doch alles so furchtbar findet und voller Angst ist (deine Anmerkungen und die von dotslash). War nicht so einfach, sollte doch noch erkannt werden, dass durchaus Restzweifel vorhanden sind, die er nicht einfach ausschalten kann. Vielmehr redet er sich jetzt selber ein, dass alles gut werden wird.

Genauso wenig wie die Damen in den schicken Cocktailkleidern, ahnen die Herren in ihren mondänen Smokings oder Cutaways von dem Geschehen, das sich auf dem Anwesen abgespielt hat. Müssen sie auch nicht. Niemand muss sich Sorgen machen.

Eine blasse Erscheinung, deren Gegenwart ich im Hier und Jetzt verspüre und an die ich jetzt gar nicht denken darf.

Ein paar Tage zuvor hatte sich ein Arbeiter beim Reinigen des Springbrunnens verletzt, als er unglücklich über den Wassergraben gestolpert war. Ein ganz normaler Arbeitsunfall, der immer wieder mal vorkommen kann und der nichts bedeutet.
Auch wenn unser erster Besuch unter etwas seltsamen Umständen stattfand, war da heute nichts, was einen beunruhigen sollte. Sonst hätten wir nicht die Taufe unbedingt auf der ehemaligen Wasserburg ausrichten wollen. Tamara hat mich noch heute Morgen mit ihrer überschwänglichen Freude angesteckt. ‚Die Brücke ist ja wieder in Ordnung‘ und ‚Wir lassen die Kleinen ja nicht unbeobachtet‘, sagte sie. ‚Es wird schon gutgehen‘.
Natürlich hat sie Recht. Aber hätte sie besser mal gar nichts gesagt.

Ich hoffe, das es so besser rüberkommt (?)

Liebe Grüße,
GoMusic

 

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